Tiffany Sexy Band 54

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AGENTEN KÜSSEN BESSER von SHALVIS, JILL
In letzter Sekunde flieht Abby mit dem Agenten Conner Hawk ins Dunkel der Nacht! Sie müsste um ihr Leben fürchten - doch stattdessen genießt sie das heiße Abenteuer mit Hawk. Denn es heißt nicht zu Unrecht, er habe alle verführerischen Qualitäten von James Bond …

DER PERFEKTE LOVER von BORRILL, LORI
Wie, wo und wann haben Sie Sex? Das will die Partneragentur Single Inc. von ihren Angestellten wissen! Carly schummelt bei den Antworten. Das Ergebnis ist falsch - und trotzdem perfekt: Sie und der Webdesigner Matt Jacobs sind im Job und im Bett ein Dreamteam …

EINE RASANTE AFFÄRE von COHEN, JULIE
Die New Yorker Taxifahrerin Zoe ist überzeugter Single - bis sie mit Nick Giroux eine rasante Affäre beginnt! Aber leider muss der Mann, der sie so in Fahrt bringt, die City bald wieder verlassen. Soll Zoe aus lauter Lust und Liebe durchstarten und ihn begleiten?


  • Erscheinungstag 14.12.2008
  • Bandnummer 0054
  • ISBN / Artikelnummer 9783862952212
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

LORI BORRILL

Der perfekte Lover

Carly brennt darauf, die neue Website der Partneragentur Single Inc. zu entwerfen! Aber dafür muss sie ausgerechnet mit Matt Jacobs, ihrem schärfsten Rivalen, zusammenarbei-ten. Denn ein Fragebogen, den alle bei Single Inc. ausfüllen mussten, hat ergeben: Theoretisch passen Carly und Matt im Job und im Bett perfekt zusammen. Und praktisch …?

JULIE COHEN

Eine rasante Affäre

Heiße Stunden mit einer tollen Frau! Eigentlich ist Nick nur nach New York gereist, um einem Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen. Doch dann begegnet er dort der sexy Taxifahrerin Zoe. Eine rasante Affäre beginnt – bis Nick wieder zurück nach Maine muss. Ihre lustvolle Zeit scheint vorbei. Es sei denn, Zoe gibt Vollgas und fährt mit …

JILL SHALVIS

Agenten küssen besser

Ein Schuss hallt durch die Nacht – in letzter Sekunde kann der Agent Conner Hawk mit der schönen Abby fliehen! Aber wie soll er seine aufgeregte Kollegin nur beruhigen? Erst versucht er es mit einem Kuss, dann beweist er Abby in einer sinnlichen Nacht, dass auch ein gefährliches Abenteuer sehr befriedigende Momente haben kann …

1. KAPITEL

Ich bin eher konservativ, was Sex angeht.

Carly Abrams las die Antworten, die in dieser Umfrage vorgegeben waren.

Sollte sie ankreuzen, was tatsächlich auf ihr Liebesleben zutraf, oder sich nach dem richten, was sie sich wünschte? Mit sechsundzwanzig Jahren hatte sie ihre Grenzen noch nie ausgetestet. Aber das war nicht ihre Schuld. Mit dem richtigen Partner könnte sich das jederzeit ändern – ganz schnell.

„Oh ja“, murmelte sie und klickte das mit falsch benannte Kästchen an. Sie überlegte kurz, ob sie nicht doch völlig falsch wählen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Es war sinnlos, die Fragen zu genau zu analysieren. Denn es war nur ein Partnervermittlungs-Fragebogen, einen Seelenverwandten würde sie im Designerteam von Hall Technologies ohnehin nicht finden. Es ging bei dieser Übung nur darum, die beiden geeignetsten Webdesigner für den neuesten Kunden Singles Inc. zu finden, der eine Online-Partnervermittlung betrieb und eine neue Website brauchte.

Auch andere Firmen hatten sich um den Auftrag beworben. Aber obwohl Hall Technologies kein Marktführer war, hatte Brayton Hall mit seiner unkonventionellen Art und seinen innovativen Konzepten den Zuschlag erhalten.

Und wer sich um den Job bewerben wollte, musste den Fragebogen ausfüllen, auch wenn es den Angestellten freistand, Fragen, die ihnen unangenehm waren, unbeantwortet zu lassen.

Wie die nächste beispielsweise.

Was Sex angeht, ist nichts zu gewagt für mich. Hol die Spielzeuge heraus, fessle mich, und lade einen Freund ein mitzumachen. Je hemmungsloser, desto besser, ist mein Motto.

Carly grinste. Würde Mr. Hall nicht sehr schockiert sein, wenn sie diese Feststellung mit absolut richtig kommentierte? Nicht, dass sie damit rechnete, dass er die Antworten zu Gesicht bekam. Man hatte ihnen versichert, dass nur Singles Inc. die Ergebnisse erhalten und niemand bei Hall Technologies Einblick in die Testergebnisse erhalten würde.

Falls Mr. Hall sie jedoch trotzdem sah, wäre es zum Schreien komisch. Die nette „Miss Sonnenschein“, als die Carly hier bekannt war, outete sich plötzlich als eine Frau mit Vorlieben für Bondage, Dildos und Dreier. Allein der Gedanke an Mr. Halls schockierte Reaktion reizte Carly dazu, nur so zum Spaß absolut richtig anzuklicken und es dabei zu belassen. Obwohl es gelogen war. Sexspielzeug und Bondage mochten zwar ihre Fantasie anregen, aber der Sprung von dort zu einem Dreier war ihr dann doch etwas zu groß.

„Was Sex angeht, ist nichts …“ Die leise, tiefe Stimme hinter ihr ertönte. Carly zuckte zusammen, und sie legte rasch eine Hand über den Bildschirm.

Hoffentlich war es nicht der, von dem sie glaubte, dass er es war!

„… zu gewagt für mich.“

Mist, verdammt. Er war es. Matt Jacobs, der Fluch ihrer Existenz. Und der Star deiner erotischen Fantasien.

Oh nein. Streich diesen letzten völlig abwegigen Gedanken. Matt Jacobs war definitiv kein Bestandteil ihrer erotischen Fantasien. Ihre einzige Fantasie in Bezug auf Matt bestand darin, dass er sich vor möglichst vielen Leuten lächerlich machte, gefeuert wurde, seine Sachen packte und beim Hinausgehen auch noch über die Schwelle stolperte.

„Würde es dir was ausmachen …?“, fragte sie stirnrunzelnd über die Schulter. Doch anstatt zurückzutreten, kam er leise lachend noch näher. Fatalerweise löste der Klang seiner Stimme ein Prickeln in Carly aus, das ihre letzten Gedanken völlig ad absurdum führte.

Na gut, vielleicht hatte sie ihre Schwärmerei für ihn ja doch noch nicht ganz überwunden. Die hatte vor zwei Jahren begonnen, als Matt von einer Konkurrenzfirma zu Hall Technologies gewechselt war. Für Hall war er ein großartiger Fang gewesen und für Carly, die führende Webdesignerin der Firma, eine Riesenfrustration. Es war die Rede davon gewesen, dass sie ein Team bilden sollten, das sich mit den größten Projekten der Firma befassen würde. Doch das war, bevor Matt Jacobs hereinspaziert war und dem Management erklärt hatte, er käme allein zurecht. So hatte er Carly von ihrem ersten großen Projekt ausgeschlossen und sich seither auch jeden anderen guten Auftrag unter den Nagel gerissen.

Dass sie für ihn geschwärmt und diese Schwärmerei noch immer nicht ganz überwunden hatte, beschämte und bestürzte sie. Und dass er sich ausgerechnet diesen Moment aussuchte, um ihr einen Besuch abzustatten, war die Höhe. Dies könnte als denkwürdiger Moment in Carly Abrams’ Leben in die Geschichte eingehen, falls er ihre Antwort auf die letzte Frage gesehen hatte. Es war schlimm genug, dass er sie zurückgewiesen hatte … Allerdings könnte nichts demütigender sein, als wenn der Fluch ihrer Existenz jetzt auch noch dachte, sie stünde auf äußerst ungewöhnlichen Sex.

Während sie mit der rechten Hand den Monitor bedeckte, griff sie etwas unbeholfen mit der linken nach der Maus, um das Fenster schnell zu minimieren.

„Ich hätte dich nie für eine Frau gehalten, die auf Dreier steht“, raunte Matt ihr zu, um ihr zu verstehen zu geben, dass er die Antwort schon gesehen hatte.

Carly errötete und drehte sich ärgerlich zu ihm um. „Was kann ich für dich tun, Matt?“, fragte sie kühl und würdigte seinen Kommentar keiner Antwort.

Er lehnte sich jedoch an ihren Schreibtisch, und ein Hauch von seinem Aftershave drang ihr in die Nase und berauschte sie mit seinem ungeheuer maskulinen Duft.

Okay, dann musste sie eben die Luft anhalten. Kein Problem.

Aber als sie es tat, ihre plötzlich trockenen Lippen befeuchtete und versuchte, nicht seinen harten, muskulösen Oberkörper anzusehen, kam sie sich auf einmal schrecklich dumm vor und stöhnte innerlich. Warum verwandelte sie sich in der Nähe dieses Mannes immer in eine Idiotin? Seine verheerende Wirkung auf sie würde sie noch umbringen. Mark Jacobs verdiente ihre Gefühle nicht, aber ihrem Gehirn war es bis heute nicht gelungen, das auch dem Rest ihres Körpers klarzumachen. Selbst jetzt, trotz ihres Ärgers, reagierten ihre Brustspitzen.

„Was du für mich tun kannst?“, wiederholte er. „Nach dem, was ich jetzt weiß, hätte ich schon die eine oder andere Idee.“

Carly zuckte vor Schreck ein bisschen zusammen, doch sie schaute gerade noch rechtzeitig zu ihm, um sein Augenzwinkern zu bemerken. Diese verfluchten grauen Augen verhöhnten sie mit ihrem wissenden Blick. Und plötzlich kam ihr der Gedanke, wie schlimm das Ganze für sie enden konnte. Denn Matts Blick besagte, dass er stark versucht war, auf sämtliche Toilettenwände Wenn du Spaß willst, ruf Carly an zu kritzeln. In einem verzweifelten Versuch, seinen Eindruck von ihr zu berichtigen, sagte sie: „Das war gelogen. Meine Antwort ist nicht wahr.“

Er hob beschwichtigend die Hände. „Hey, dein Privatleben geht mich nichts an.“

Die Arme vor der Brust verschränkt, um ihre verräterischen Brustspitzen zu verbergen, entgegnete Carly: „Allerdings nicht. Ich habe diese Antwort nur gegeben, um mir einen Spaß mit Mr. Hall zu erlauben.“

Matt starrte sie an. „Du hast was?“

„Es war ein Scherz. Oder auch eine Lektion. Hall sagte zwar, die Umfragen wären vertraulich. Aber falls er sich unsere Antworten doch ansieht, wollte ich ihn ein bisschen aus der Fassung bringen.“

Matt blinzelte, dann warf er den Kopf zurück und lachte. „Ich wusste nicht, dass du das kannst.“

„Was?“

„Dir einen Scherz erlauben. Das ist … köstlich.“

Wieder war sie perplex. Was war schlimmer – dass er sie für abartig hielt oder für humorlos?

„Ich kann sogar sehr witzig sein“, verteidigte sie sich, worauf er sein erneutes Lachen mit einem Hüsteln zu verbergen versuchte.

„Das glaube ich gerne“, erwiderte er, aber sein Ton besagte etwas völlig anderes.

Carly stand auf und rief über die Wand ihrer Bürokabine ihrem Mitarbeiter Neil zu: „Ich bin doch lustig, oder, Neil?“

„Urkomisch“, stimmte er ihr zu, obwohl sogar seine Antwort wie die eines genervten Ehemannes klang, der nur den Familienfrieden bewahren wollte.

Pah, dachte Carly, als sie sich wieder setzte. Matt versuchte sie doch nur zu ärgern, weil er wahrscheinlich empört darüber war, dass der Singles Inc. Etat ihm nicht auf einem Silbertablett serviert wurde wie alle anderen Top-Projekte. Und wenn sie jetzt genauer darüber nachdachte – wann hatte er je seine Ecke verlassen, um sich mit den anderen Designern abzugeben? Sein Schreibtisch stand direkt vor den Direktionsräumen, was es ihm ermöglichte, sich bei den Bossen anzubiedern, ohne irgendjemandem über den Weg laufen zu müssen.

Aber heute hatte er sich zu einem Besuch entschlossen. Und warum? Weil die Firmenleitung auch ihn hinsichtlich dieses letzten Auftrages getäuscht hatte. Sie bestanden nicht nur darauf, dass ein Mann und eine Frau gemeinsam daran arbeiteten, sondern Matt würde, um das Projekt zu bekommen, zudem auch noch eine gewisse Verträglichkeit mit einem weiblichen Mitglied des Team beweisen müssen.

Und um mit einer Frau zu harmonieren, müsste er sich zunächst einmal die Mühe machen, eine kennenzulernen.

Ha, dachte Carly. Mr. High and Mighty hatte keine Chance, und das wusste er. Deshalb, statt die Umfrageformulare auszufüllen und es darauf ankommen zu lassen, spazierte er hier draußen herum, um die Antworten der anderen spitzzukriegen und sie dann mit seinen eigenen zu vergleichen. Warum sonst hätte er wohl gleich beim Hereinkommen auf ihren Monitor geschaut?

Sie warf ihm einen bösen Blick zu. „Was willst du eigentlich hier?“

Sein Lächeln besagte, dass ihr böser Blick so gut wie keine Wirkung hatte.

„Ich wollte mir dein HTML-Handbuch ausleihen. Ich habe meins zu Hause liegen lassen.“

„Bist du sicher?“, fragte sie.

„Wie bitte?“

„Es muss dich doch wurmen, wie alle anderen um das Singles Inc. Projekt wetteifern zu müssen.“

„Es ist kein Wetteifern. Es geht um Kompatibilität.“

„Genau, und du hast wahrscheinlich gerade erst kapiert, dass du von diesen Dingen keine Ahnung hast. Deine Aussichten, die höchste Kompatibilität mit jemandem zu erreichen, sind bestenfalls nur sehr gering.“

Er verschränkte die Arme vor der Brust zu einer Haltung, die ihn so aufreizend bedrohlich wirken ließ, dass Carly einige äußerst unpassende Gedanken unterdrücken musste. Er war einfach umwerfend attraktiv und besaß die Art von erotischer Ausstrahlung, der sich keine Frau entziehen konnte.

Für Carly war er der Inbegriff des idealen Liebhabers: ernst, stark und still und doch zu einem Lächeln fähig, das auch der vernünftigsten Frau den Verstand vernebeln konnte.

Ein Anflug von dunklen Bartstoppeln ließ sein Gesicht, das sonst fast zu schön gewesen wäre, ein wenig härter wirken. Sein dunkles, welliges Haar reichte ihm bis knapp über die Ohren – kurz genug fürs Büro, aber auch lang genug, um mit den Fingern hindurchzufahren –, und wenn er lächelte, wurden seine markanten Züge weicher und schienen alles um ihn herum aufzuwärmen.

Seine silbergrauen Augen hatten die Angewohnheit, seine Gedanken zu verraten – wie jetzt zum Beispiel seinen Ärger –, aber trotz seiner verführerischen Nähe war Carly fest entschlossen, die Oberhand zu behalten. Es war das erste Mal, dass sie ihn mit ihrer Meinung konfrontierte, und da würde sie sich doch nicht von der Versuchung, diese breiten Schultern zu berühren, den Schwung nehmen lassen.

„Du denkst, ich sei hier, um Antworten zu vergleichen?“, fragte er scheinbar überrascht.

„Dies ist das erste große Projekt, mit dem du nicht sofort betraut wurdest. Da willst du mir doch nicht erzählen, dass du die Ergebnisse dem Schicksal überlässt?“

Er sah sie an, als wäre sie verrückt, aber das war vermutlich nur eine Fassade, hinter der er seine Beschämung darüber zu verstecken versuchte, dass sie ihn so mühelos durchschaut hatte.

„Ich borge mir nur dein Buch und gehe dann gleich wieder“, stellte er klar und griff über ihre Schulter, um das Handbuch vom Regal zu nehmen.

Carly verkniff sich ein Grinsen. „Behalt es, so lange du willst.“

Und als er ihren Arbeitsplatz verließ, lächelte Carly zufrieden. Nachdem sie zwei Jahre lang die zweite Garnitur nach Matt Jacobs gewesen war, würde sie nun endlich doch mit ihrem großen Auftritt glänzen.

Natürlich war auch ihre Teilnahme an dem Projekt nicht sicherer als seine. Aber allein die Tatsache, dass der Singles Inc. Etat aufgrund von etwas anderem vergeben wurde als Matts Fähigkeit, dem Boss zu schmeicheln, gab ihr das Gefühl, dass die Gerechtigkeit zu Brayton Hall Technologies zurückgekehrt war.

Und falls zufällig sie und nicht Matt das Projekt bekam, wäre das das Sahnehäubchen auf dem Kuchen.

„Warum lasse ich zu, dass sie mir derart auf die Nerven geht?“

Matt gab etwas Ketchup über seine Pommes frites und reichte die Flasche dann Adam, seinem Mitarbeiter und engsten Freund bei Hall Technologies.

Die beiden Männer waren sich letztes Jahr nähergekommen, als Adam entdeckt hatte, dass Matt früher bei den Anaheim Nationals gespielt hatte. Da sich alles in Adams Leben um seine Softballmannschaft drehte, hatte er Matt unbedingt unter Vertrag nehmen wollen, seit er von dessen Vergangenheit erfahren hatte. Zu Adams Pech jedoch hatte Matt nicht vor, je wieder ein Spielfeld zu betreten, und mit der Zeit hatte Adam gelernt, sich damit abzufinden.

Normalerweise holten sie sich mittags Sandwichs fürs Büro und nutzten den kurzen Weg, um sich die Beine zu vertreten und über Sport zu reden. Matts Begegnung mit Carly heute Morgen hatte ihn jedoch veranlasst, Adam zu Hamburgern im Quimbly’s, einem kleinen Restaurant im Stil der Fünfzigerjahre, zu überreden.

„Weil sie heiß ist“, sagte Adam jetzt.

Matt schüttelte den Kopf. „Viele Frauen sind heiß, und keine von ihnen macht mich verrückt. Aber diese Carly Abrams macht mich wahnsinnig. Sie dachte doch tatsächlich, ich sei zu ihr gekommen, um mir ihre Antworten zu der Umfrage anzusehen. Was für ein verdrehtes Frauenzimmer“, schloss er irritiert.

Es stimmte wirklich, dass er nicht mit dieser Absicht in Carlys Büro gegangen war, aber ihre Antworten hatte er trotzdem gesehen. Und was er gesehen hatte, ließ ihm keine Ruhe mehr – und je mehr er darüber nachdachte, desto weniger glaubte er ihre Geschichte, sie habe sich mit dem alten Hall nur einen Scherz erlauben wollen. Netter Versuch, aber Matt wurde den Verdacht nicht los, dass Carly Abrams im Bett tatsächlich ganz schön wild sein konnte.

Und irgendwie wurde er seitdem auch das bemerkenswerte Ziehen in seinen Lenden nicht mehr los.

„Du musst zugeben, dass du zum ersten Mal ein großes Projekt nicht sofort bekommen hast“, sagte Adam. „Man munkelte schon darüber, wie du damit umgehen wirst.“

„Ich pfeife auf Singles Inc. Ich habe Hall zwei Jahre bewiesen, was ich kann. Ich brauche kein weiteres großes Projekt, um meine Fähigkeiten zu beweisen.“

Und das stimmte. Matt war nicht zu Hall Technologies gewechselt, um noch mehr Webseiten zu entwickeln. Er war gekommen, um etwas von Brayton Hall zu lernen, dem Mann, der das traditionelle Webdesign revolutionieren würde. Hall war zwanzig Jahre bei IBM gewesen, hatte sämtliche Regeln der Internet-Technologie von Grund auf bei einem führenden Unternehmen gelernt und sich dann selbstständig gemacht, um sie zu brechen.

Während die größeren Firmen Unternehmensstrukturen aufbauten, die sie langsam und schwerfällig machten, blieb Hall Technologies beweglich, indem es einige der besten unabhängigen Webdesigner einstellte, die es nicht nur gewöhnt waren, innovative Ideen hervorzubringen, sondern sie auch sehr schnell verwirklichten. Für die Global Players waren sie nur ein leises Knacken im Radar, aber Matt wusste, dass sich das sehr bald ändern würde. Und wenn es so weit war, wollte er der Mann an Braytons Seite sein.

„Weil du ohnehin einen Posten im Management in Aussicht hast, nicht wahr?“, bemerkte Adam.

Matt, der gerade in seinen Cheeseburger beißen wollte, hielt inne. „Das hast du schon gehört?“

„Es spricht sich herum. Ich weiß nicht, inwieweit es stimmt, aber wir haben über ein Dutzend Designer in der Abteilung, und die Firma wächst. Da wäre es doch einleuchtend, wenn ein weiterer Geschäftsführer ernannt würde.“

„Was genau hast du gehört?“

„Nur, dass er ein spezielles Projektteam aufbauen will. Hall will einige der größeren Kunden gewinnen und hat auch schon Ideen, wie sich das machen ließe, ohne uns in eine weitere träge Unternehmensschnecke zu verwandeln. Worin diese Ideen bestehen, weiß ich nicht, aber ich habe gehört, dass er jemandem die Leitung übertragen will, damit er sich weiter auf Akquisitionen konzentrieren kann.“

„Ja“, sagte Matt. „Das habe ich auch gehört“. Es war genau das, worauf er gewartet hatte, der exakte Grund, warum er seinen bequemen Job gekündigt hatte, um sein Können bei Brayton Hall erneut unter Beweis zu stellen. Der Mann war brillant, und Matt wollte der Empfänger seiner Weisheit sein, um eines Tages entweder Partner zu werden oder Hall mit seiner eigenen Designerfirma Konkurrenz zu machen.

So oder so war es für ihn eine Situation, in der er nicht verlieren konnte, und statt sich mit Singles Inc. abzugeben, wollte er lieber in Erfahrung bringen, was er tun musste, um diese neue Stellung zu erlangen.

Und wenn er sie bekam, würde er froh sein, dass zwischen ihm und Carly nichts gewesen war. Denn trotz ihrer Geringschätzung für ihn war sie einer der klügsten Köpfe bei Hall Technologies, und wenn Matt den Job bekam, würde sie die Erste sein, die er für sein Team verlangen würde. Natürlich bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie ihn auslachte. Sie hatte ihn von seinem ersten Arbeitstag an nicht gemocht, und sein Besuch bei ihr heute Morgen war nur ein weiterer Versuch von ihm gewesen, sich ihr zu nähern, um vielleicht einen Waffenstillstand zu erreichen.

Aber wie immer hatte er das Falsche gesagt und ihr ihre Verachtung für ihn nur bestätigt. Er hatte wirklich nichts zu der Umfrage sagen wollen. Er hatte nur zufällig ihre Antworten gesehen, war total von ihnen angeturnt gewesen und hatte das Erste gesagt, was ihm in den Sinn gekommen war – dass ihre Antwort nicht wahr sein konnte.

Weil er wollte, dass sie es nicht war.

Denn wenn er die Chance bekam, dieses neue Team zusammenzustellen, und Carly dabei war … Er war auch so schon heiß genug auf sie gewesen, bevor er etwas über ihre sexuellen Neigungen erfahren hatte.

„Und ich nehme an, du bist der Richtige für diesen Job?“, bemerkte Adam.

„Ich hoffe es. Gibt es irgendwelche Gerüchte darüber?“

„Nur Spekulationen. Da es bei uns nicht viele Leute mit den nötigen Fachkenntnissen gibt, wird vermutet, dass sie jemanden aus unserem Ressort, wahrscheinlich dich oder Carly, nehmen werden.“

„Carly?“, fragte Matt mit erhobener Braue.

„Sie war von Anfang an hier und war Halls Nummer Eins, bevor du kamst. Und sie ist teamfähig und bei allen Mitarbeitern sehr beliebt. An deiner Stelle würde ich sie als ernsthafte Konkurrenz betrachten.“

Matt machte ein zweifelndes Gesicht. Es stimmte, was Adam über Carly sagte, aber seit Matt an Bord war, hatte Hall ihn für einen Platz in der Firmenleitung aufgebaut, und alles deutete darauf hin, dass sie eines Tages für ihn arbeiten würde und nicht umgekehrt. Aber er wollte sein Verhältnis zu ihr nicht noch mehr trüben, indem er diese Idee verbreitete.

Und deshalb schwindelte er.

„Ja, Carly wäre wohl auch eine geeignete Kandidatin.“ Er wandte sich wieder seinem Essen zu. „Wir werden abwarten müssen, wie die Dinge sich entwickeln.“

2. KAPITEL

„Findest du mich komisch?“, fragte Carly ihre Freundin Bev, als sie aus dem Bürogebäude in die helle Sonne hinaustraten. Seit gut einem Jahr verbrachten die beiden Frauen ihre Mittagspause mit Powerwalking auf dem Industriegelände nördlich San Franciscos, auf dem Hall Technologies und einige andere Hightechfirmen untergebracht waren.

Natürlich nicht bei schlechtem Wetter oder wenn eine von ihnen einen dringenden Abgabetermin hatte. Oder wenn sie Besorgungen zu machen hatten oder es einen Schlussverkauf bei Paulson’s gab. Und niemals freitags, wenn im Sub Shack Sandwichs für zwei zum Preis von einem zu haben waren.

„Was meinst du? Komisch wie witzig oder komisch wie merkwürdig?“, fragte Bev.

„Witzig. Humorvoll. Wie jemand, der einen Scherz machen und auch einen vertragen kann.“

Bev zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Ich würde dich für witzig halten, denke ich.“

Denkst du?“

„Na ja, du würdest es nicht in meine Top Ten der witzigen Leute schaffen, aber du hast deine drolligen Momente.“

Carly runzelte die Stirn, als Bev mit wippendem blonden Pferdeschwanz vor ihr den Pfad hinunterjoggte. Da sie die zwanzig Pfund verlieren wollte, die sie seit ihrer Hochzeit vor vier Jahren zugenommen hatte, brachte Bev etwas mehr Enthusiasmus für ihre Workouts auf, und Carly hatte Mühe mitzuhalten, obwohl sie sehr viel größer war als Bev.

„Warum fragst du, ob du witzig bist?“

„Weil Matt Jacobs denkt, ich sei es nicht.“

Bev beäugte Carly neugierig. „Seit wann interessiert dich, was er denkt?“

„Das tut’s auch nicht. Ich war nur verblüfft, als er sagte, er hielte mich nicht für fähig, einen Scherz zu machen.“ Seit Matt heute Morgen wieder gegangen war, saß ihr diese Bemerkung wie ein Kloß im Hals. „Ich kann nicht glauben, dass er das denkt“, schloss sie.

„Und ich kann nicht glauben, dass es dir was ausmacht. Du bist nett und freundlich, und alle mögen dich. Da musst du nicht auch noch der Büroclown sein.“

„Du meinst also, er irrt sich?“

Bev zuckte mit den Schultern. „Wieso regst du dich überhaupt so darüber auf, was Matt denkt? Neil beleidigt dich andauernd, und du zuckst nicht einmal mit der Wimper.“

„Weil Neil mich immer aufzieht.“ Und weil er nicht der breitschultrige, dunkelhaarige, umwerfend sexy Kollege war, der ihre Träume jede Nacht beherrschte.

„Vielleicht tat Matt das ja auch“, meinte Bev.

„Bestimmt nicht.“ Carly hatte das Gespräch ein Dutzend Mal Revue passieren lassen und wusste nur zu gut, dass er sie nicht nur aufgezogen hatte. Er war aufrichtig schockiert gewesen, als sie ihm ihren Scherz hinsichtlich der Umfrage erklärt hatte.

Und natürlich erinnerte sie sich auch an das Flattern in ihrem Magen, als sich sein ursprünglicher Schock in Belustigung verwandelt hatte. Er schien geradezu entzückt gewesen, eine Seite von ihr zu entdecken, die er nicht erwartet hatte, und für den Bruchteil einer Sekunde hatte ihr Körper mit purer Freude darauf reagiert.

Bis seine Worte in ihr Bewusstsein gedrungen waren und den Moment gründlich verdorben hatten.

„Vergiss, was Matt gesagt hat, ich habe dir Wichtigeres zu erzählen“, keuchte Bev, da es inzwischen ziemlich heiß geworden war. „Es betrifft diese Umfrage für das Singles Inc. Projekt. Erinnerst du dich an Patty, meine Freundin dort?“

„Ja.“

„Ihrer Aussage nach sind die Dinge nicht ganz so, wie man uns erzählt hat.“ Bev sah sich kurz um, bevor sie fortfuhr: „Sie hörte, dass einer der Kandidaten schon von Hall herausgefiltert worden war. Diese ganze Geschichte mit der Kompatibilitätsumfrage dient nur dazu, herauszufinden, wer mit ihm an diesem Projekt arbeiten wird.“

„Mit Matt?“

Bev nickte. „Ja, Hall hat sich bereits für ihn entschieden. Und das heißt, dass alle anderen Männer, die sich mit der Umfrage befassen, nur ihre Zeit verschwenden. Ihre Antworten werden nicht mal in Betracht gezogen. Nur die der Frauen sind wichtig.“

Carly schüttelte den Kopf. „Das verstehe ich nicht.“

„Das Ganze ist ein Trick, Carly. Hall sucht nicht die beiden am besten zusammenpassenden Designer innerhalb der Firma, sondern nur die Frau, die mit dem Mann zurechtkommt, den er für den Job bereits bestimmt hat.“

Als Carly zu verstehen begann, verkrampfte sich ihr Magen vor Empörung. „Und du bist sicher, dass es Matt ist?“

„Absolut.“

Unbändige Wut durchzuckte Carly, bis sie sich an ihre morgendliche Konfrontation mit Matt erinnerte und ihr Ärger sich in Furcht verwandelte. Sie war so schnippisch zu ihm gewesen und hatte ihn obendrein beschuldigt, beim Ausfüllen der Umfrage zu schwindeln. Und dabei hatte Hall ihn ohnehin für das Projekt vorgesehen!

Sie seufzte und ging langsamer. Wie lange würde sie sich noch vor diesem Mann zum Narren machen? Es war schlimm genug, dass ihre Schwärmerei für ihn sie zu einer brabbelnden Idiotin machte, wann immer er in ihrer Nähe war. Und als sie ausnahmsweise einmal ihre fünf Sinne beisammengehalten hatte, um ihm Bescheid zu sagen, hatte sie sich auch noch geirrt.

Es war zu demütigend, um auch nur darüber nachzudenken.

„Weiß er es?“

„Ich glaube nicht. Patty sagte, es wäre noch geheim. Nur sie, ihr Chef und ein Analytiker dort kennen Halls Anweisungen zur Auswertung der Umfragen.“

„Dann sind also all die Umfragen für nichts und wieder nichts?“

„Die der Männer, ja. Die der Frauen werden ausgewertet und mit Matts verglichen.“

„Ich kann es nicht glauben.“ Carly schäumte. „Matt hat sich also wieder ein Top-Projekt geschnappt! Was finden alle eigentlich so toll an ihm? Selbst wenn er zwei Diplome hat. Na und? Er ist arrogant und überheblich und kein bisschen interessiert daran, sein Talent mit jemand anderem im Team zu teilen. Warum sie den Mann auf die Ebene eines Idols erheben, werde ich wohl nie verstehen.“ Carly runzelte die Stirn. „Er verdient diese ständigen Belobigungen nicht. Es erfordert erheblich mehr, eine Bereicherung für Hall Technologies zu sein, als nur gutes Webdesign zu liefern.“

„Das ist wahr“, pflichtete Bev ihr bei und ließ sich auf eine Parkbank fallen. „Obwohl er durchaus ein paar Vorzüge hat, die gewissen Leuten sehr gefallen würden.“ Sie lächelte, als Carly sich neben sie setzte. „Hast du ihn schon mal freitagnachmittags in Jeans gesehen? Er hat genau den richtigen Po dafür …“

Gesehen? Carly hatte diesen Po so oft angestarrt, dass sie nur die Augen zu schließen brauchte, um ihn zu sehen.

„Er spielte früher Baseball“, fügte Bev hinzu. „Kannst du dir diesen knackigen Hintern in einer dieser engen Baseballhosen vorstellen?“

Er hatte bei den Anaheim Nationals gespielt, zwei Jahre in der ersten Liga, bevor seine Karriere „vorzeitig beendet worden war“, wie Adam es genannt hatte. Mehr hatte er nicht gesagt, aber es reichte, um ein paar heiße Fantasien von Matt in einem Trikot entstehen zu lassen – oder auch ohne.

Carly verdrängte den Gedanken. Bei dieser Unterhaltung ging es nicht um Matts körperliche Vorzüge, sondern um die Frage, wie er zu ihrem ganz persönlichen Ballast geworden war. Und wenn dieser jüngste Schachzug von Mr. Hall nicht ausreichte, um ihre Lust auf diesen Mann für immer auszumerzen, sollte sie vielleicht ernsthaft eine Psychotherapie erwägen.

„Können wir bitte wieder zum Thema kommen? Wir sprachen über Singles Inc. und wer den Job verdient. Mr. Hall hat uns alle belogen. Es sollte doch angeblich ein fairer Kampf um das Projekt werden.“

Bev seufzte mitfühlend. „Ich weiß, aber irgendwie überrascht mich all das nicht. Es ist unser größter Etat. Hall würde das Projekt nie wahllos irgendwelchen Mitarbeitern übergeben. Er brauchte eine Person im Team, die dafür sorgt, dass alles glattgeht.“

„Und diese Person hätte ich nicht sein können?“

„Carly, du liebst deine Arbeit. Du und Matt, ihr seid die besten Designer in der Firma. Sie betrachten dich noch immer als eine unserer besten Mitarbeiter.“

„Das war, bevor Matt bei uns anfing. Wer weiß, was sie denken? Ich hatte seit über einem Jahr kein anspruchsvolles Projekt mehr. Es ist immer nur der gleiche alte Kram. Wie soll ich meine Fähigkeiten entfalten, wenn ich bloß Grafiken und Text auf Seiten setze?“

Ihre Karriere entwickelte sich anders, als Carly es geplant hatte. Mit sechsundzwanzig Jahren hätte sie nicht gegen eine unsichtbare Barriere stoßen, sondern ein gutes Stück weiter oben auf der Karriereleiter stehen und einen besseren Job und ein höheres Gehalt haben sollen. Und als sich neue Möglichkeiten eröffneten, hatte sie auch geglaubt, sie wäre weiterhin im Rennen. Doch seit Matt an Bord war, schien ihre Karriere zu stagnieren, und wenn sie weiterkommen wollte, war es vielleicht Zeit, zu akzeptieren, dass sie sich woanders umsehen musste.

Andererseits hatte sie gerade erst ein Haus gekauft, das mit einer hohen Hypothek belastet war. Sie konnte nicht riskieren, es zu verlieren, indem sie einen sicheren Job für etwas Unbekanntes aufgab. Und wohin sie auch ging, sie würde überall die Neue sein und die Erste, der gekündigt würde, falls die Firma sich verkleinerte oder in einen anderen Staat verlegt wurde.

Carly seufzte. „Es ist nicht fair. Hall sollte jedem von uns die Gelegenheit geben weiterzukommen. Als sie bekannt gaben, wie sie mit dem Auftrag von Singles Inc. verfahren wollten, dachte ich, sie hätten das endlich eingesehen und etwas unternommen. Aber das war ja wohl ein Irrtum.“

„Ich weiß nicht. Ich habe heute noch ein anderes Gerücht gehört.“

„Etwas Gutes?“

„Je nachdem“, sagte Bev. „Soviel ich hörte, will Hall eine neue leitende Position schaffen.“

Das war wirklich eine Neuigkeit. Mr. Hall hatte bisher nur zwei Geschäftsleiter unter sich – Hugh Simonds, dem die Programmierer unterstanden, und Frank Meyer, der Carlys Chef und Leiter des Designerteams war. Die Vertreter sowie Renee und Andrea, die beiden Frauen, die in der Personalabteilung und Buchhaltung beschäftigt waren, unterstanden direkt Mr. Hall. Die mögliche Schaffung einer neuen Führungsposition war eine großartige Neuigkeit.

„Hast du eine Ahnung, wer den Job bekommt?“

Bev schüttelte den Kopf. „Ich weiß nur, dass er ein Team zusammenstellen will, das nur die großen Projekte übernimmt, und dass er einen Leiter für dieses Team sucht.“

„Und wenn er jemanden aus der Firma dafür nimmt, kannst du dir ja wohl vorstellen, an wen er denkt.“

Bev hob die Hand. „Niemand hat gesagt, dass Matt den Job bekommt.“

„Aber es ist offensichtlich, dass er dafür in Betracht kommt. Schließlich bekommt er ja auch das Singles Inc. Projekt, nicht wahr?“

Dass Bev nur mit den Schultern zuckte, irritierte Carly noch mehr. „Ich bringe mich um, wenn er den Job bekommt!“

„Carly, du denkst zu weit voraus. Niemand weiß, ob Hall überhaupt jemanden aus dem Team befördern wird. Er könnte diese Stellung ebenso gut einem Golffreund oder einem früheren Kollegen von IBM anvertrauen. Selbst wenn er jemanden aus der Firma nimmt, wer sagt dann, dass du das nicht sein kannst? Du warst von Anfang an hier, hast genauso viele große Projekte wie Matt bearbeitet und kannst sehr viel besser mit Menschen umgehen als er. Ein Team zu leiten erfordert erheblich mehr als technisches Know-how.“

Das war Carly klar, aber wusste Mr. Hall das auch? Und wenn er nun technisches Know-how für wichtiger hielt? Wenn ja, würde der, der das Singles Inc. Projekt bekam, die beste Chance haben, sein Können zu beweisen.

Und sie wollte unbedingt dieses Projekt.

Sie verdiente es. Eigentlich hätte sie nach all den Jahren nicht mal darum kämpfen müssen, sondern es einfach so bekommen sollen. Aber Mr. Hall sah das anscheinend anders, und das hieß, dass sie es ihm zeigen musste.

„Ich muss dieses Projekt bekommen“, sagte sie. „Ich brauche diesen Job.“

„Dann müssten deine Antworten besser zu Matts passen als die jedes anderen im Team.“

Carlys Hoffnung sank. „Und von allen Frauen hier weiß ich wahrscheinlich das Wenigste über ihn.“

„Aber wir beide sind die einzigen Frauen im Team, die wissen, dass er der Mann ist, zu dem wir passen müssen.“

Richtig, diesen Vorteil hatte sie. Doch dank ihres zweijährigen Grolls und ihrer erbarmungslosen Hingezogenheit zu diesem Mann hatte sie Matt von Anfang an gemieden. Was sie über ihn wusste, hätte auf einen kleinen gelben Merkzettel gepasst. Sie wusste, dass er Junggeselle war, in einer schicken Eigentumswohnung in Sausalito wohnte, einen BMW fuhr, früher Baseball gespielt hatte und einfach toll in ausgeblichenen Jeans aussah. Das war alles, was sie wusste. Genug, um ihre erotischen Tagträume zu nähren, aber doch wohl kaum genug, um bei einer Kompatibilitätsumfrage einen Glückstreffer zu landen.

Und ein Versuch, ihre Antworten zu verändern, um sie seinen anzupassen, wäre ein totaler Schuss ins Dunkle. Es sei denn, sie hätte Unterstützung …

„Wie gut bist du mit Patty befreundet?“

Bev schüttelte den Kopf. „Oh nein! Du könntest großen Ärger kriegen. Wenn Singles Inc. herausfände, dass wir uns an ihrer Umfrage zu schaffen gemacht haben, würden Köpfe rollen. Und ich brauche meinen Job und Patty ihren. Ich kann sie nicht bitten, Matts Antworten für dich herauszugeben.“

Carly runzelte die Stirn. „Ich will natürlich nicht, dass du deinen Job riskierst. Hilf mir nur, zu überlegen, wie ich das hinkriege. Wir haben doch noch bis Donnerstagabend Zeit, die Fragen zu beantworten, oder nicht?“

„Ich glaube, ja.“ Bev überlegte kurz. „Brian könnte dir vielleicht die Information besorgen.“

Carly grinste. Natürlich. Brian Shanahan, einer ihrer jüngsten Programmierer, der sich gern mit seinen Hacker-Fähigkeiten brüstete und auch wirklich ziemlich gut war. Ha – so wie sie Brian kannte, hatte er sich wahrscheinlich ohnehin schon eingehackt, nur um alle Antworten zu sehen.

„Ich weiß nur nicht, ob du dich darauf verlassen kannst, dass er den Mund hält“, warnte Bev.

„Das riskiere ich. Ich kann nicht kampflos zusehen, wie Mr. Hall uns alle zum Narren hält. Wenn er Matt für das Projekt will, hätte er ihm einfach einen Partner zuteilen sollen, statt sich diese lächerliche Umfragegeschichte auszudenken.“

3. KAPITEL

Carly hörte das Telefon klingeln, als sie ihre Tür aufschloss, und rannte hinein. Wenn das Brian Shanahan war, mit dem sie heute Nachmittag gesprochen hatte, war er noch besser, als sie dachte.

„Hallo?“

„Hi, Liebes, ich bin’s, Mom.“

Carly ließ enttäuscht die Schultern sinken. „Was gibt’s, Mom?“

„Ich habe gerade die Informationen für Jodis Softball-Camp erhalten.“

„Na prima. Dann haben wir sie ja noch rechtzeitig angemeldet.“

Zum Semesterabschluss hatte Carly ihrer jüngeren Schwester einen einwöchigen Aufenthalt in einem Softball-Camp geschenkt. Im Grunde war es nicht nur für Jodi, sondern auch für ihre Mutter ein Geschenk, da Jodi das ganze Jahr davon geträumt hatte und ihre alleinerziehende Mutter zwischen ihrem Vollzeitjob und ihren Abendkursen an der Uni dringend einen Urlaub brauchte.

„Ja, und sie ist begeistert. Sie macht dir ein besonderes Dankeschön-Geschenk, wenn du am Freitag rüberkommst.“

Carly lächelte. „Das ist lieb von ihr.“

„Aber ich muss dich leider noch um einen weiteren Gefallen bitten.“ Ihre Mutter seufzte. „Der Riemen an Jodis Rucksack ist zerrissen und lässt sich nicht mehr reparieren.“

„Braucht sie einen neuen Rucksack?“

„Du sagtest doch, du gingst manchmal zu diesem Laden mit Verkauf ab Werk. Könntest du dich da nach einem lila Rucksack umsehen? Ich war bei Deal-Mart, aber sie hatten keine in Lila, und ich habe keine Zeit, in der Stadt herumzulaufen und zu suchen.“

„Klar, ich sehe mich mal um“, versprach Carly.

„Es besteht keine Eile. Sie kann noch eine Weile ihren alten nehmen, aber ich habe Prüfungen …“

„Kein Problem, Mom. Ich besorge Jodi einen lila Rucksack.“

„Du bist ein Schatz. Hör mal, ich muss jetzt das Abendessen machen, aber wir sehen uns ja am Freitagabend bei Jodis Spiel, nicht wahr?“

„Ich werde da sein.“

„Ich hab dich lieb, Schatz“, sagte ihre Mutter, bevor sie das Gespräch beendete.

Carly legte auf und seufzte. Ein lila Rucksack vor den großen Ferien. Kein Problem.

Als sie in die Diele zurückging, um ihr Abendessen zu holen, wünschte sie, sie hätte auf den Burrito verzichtet und sich zu Hause etwas zurechtgemacht. Die sieben Dollar hätte sie nun gern zurück. Nicht, dass sie nicht gut verdiente; es war nur so, dass sie sich hohe Ziele für ihre finanzielle Absicherung setzte.

Carly bestand darauf, zehn Prozent ihres Einkommens in einen Rentenfonds einzuzahlen. Wenn man das zu der Hypothek für ihren kleinen Bungalow hinzuzählte, zu den Abzahlungen ihres Studiendarlehens und der unerwarteten Reparatur ihres Wagens, war es kein Wunder, dass sie am Ende jedes Monats kaum noch einen Dollar in der Tasche hatte. Es half auch nicht, dass ihre Mutter und ihre Schwester nur gerade so über die Runden kamen dank eines Vaters, der regelmäßige Unterhaltszahlungen für Frau und Kinder nicht für zwingend hielt.

Es war ein ständiger Kampf für Carly, einerseits ihrer Familie unter die Arme zu greifen und sich andererseits davor zu schützen, selbst einmal wie ihre Mutter zu enden – ohne Ausbildung, Unterhalt und noch immer verliebt in einen Mann, der nie gelernt hatte, für jemand anderen als sich selbst zu sorgen.

Nicht halb so hungrig, wie sie eben noch gewesen war, nahm sie die Papiertüte und trug sie in ihre pinkfarbene Küche. Wenn es so weiterging, würde sie länger als geplant mit dem Dekor des Vorbesitzers leben müssen – und dabei wahrscheinlich irgendwann ihren Verstand verlieren.

Obwohl das Haus solide gebaut und von einem großzügigen Garten umgeben war, war es, wie in einer gigantischen Flasche mit pinkfarbenem Hustensaft zu leben. Zu sagen, die Vorbesitzer liebten Pink, war untertrieben. Sämtliche Wände, Böden und Kacheln waren in verschiedenen Abstufungen von Pink gehalten, und obwohl Carly in einigen Räumen schon die Teppichböden herausgerissen und die Wände neu gestrichen hatte, erstrahlten die Küche und das einzige Bad noch immer in ihrem ursprünglichen kaugummifarbenen Rosa.

Aber damit konnte sie erst mal leben. Das Haus gehörte ihr, das war das einzig Wichtige. Ihr Gehalt hatte als Bürgschaft für die Hypothek gereicht, und sie hatte gleich auch noch ein Stück Land in einem alten, aber angesehenen Viertel von Marin dazugekauft. Es war die Sicherheit für sie, die sie in ihrer Kindheit nie gehabt hatte, und wenn sie den Wert des Hauses mit ihrer Renovierungsaktion verdoppelt hatte, würde dies das Bankguthaben sein, das sie ebenfalls noch nie gehabt hatte.

Sie wickelte den Burrito aus und legte ihn auf einen Teller. Das Rascheln der Alufolie war für ihren Kater Mr. Doodles wie eine Glocke, die zum Essen rief. Er sprang prompt auf die Anrichte, um zu sehen, was sie Schönes vorbereitet hatte.

Carly schob ihn herunter und fuhr ihn an: „Das tut man nicht!“, aber ihre Bemühungen, den Kater zu erziehen, hatten sich längst als sinnlos erwiesen. Mr. Doodles war ein schrecklich unartiger grauer Tigerkater, der im Haus herumstreifte, als ob es ihm gehörte und er tun und lassen könnte, was er wollte. Und da Carly keine Ahnung hatte, wie sie ihm besseres Benehmen beibringen sollte, hatte sie sich damit abgefunden, dass Mr. Doodles sich nicht ändern würde. Und liebte ihn trotz seines Eigensinns.

Als sie zum Kühlschrank ging, um sein Abendessen herauszuholen, klingelte erneut das Telefon.

„Hallo?“

„Ich bin drin.“

Carly zögerte kurz, da sie die Stimme nicht sofort erkannte.

„Brian?“

„Manchmal staune ich über mich selbst.“

Ja!, dachte Carly. „Du hast Matts Antworten?“

„Ich habe aller Leute Antworten“, erklärte Brian triumphierend.

Das dämpfte ein wenig Carlys freudige Erregung. Sie war gar nicht auf die Idee gekommen, dass Brian wegen ihrer Bitte auch Zugang zu allen anderen Antworten erhalten würde – ihrer eigenen eingeschlossen.

Na ja, und wenn schon. Was immer er auch über sie und ihre sexuellen Neigungen denken mochte, spielte keine Rolle, solange sie nur das Projekt bekam.

„Es gibt nur ein Problem. Kennst du zufällig Matts Codenamen?“

„Seinen Codenamen?“

„Erinnerst du dich an die Verschlüsselungen, die Hall uns gab, um unsere Privatsphäre zu schützen? Ohne sie kann ich die IDs der einzelnen Workstations nicht entschlüsseln.“

„Und was bedeutet das?“

„Dass wir, falls du Matts Codenamen nicht kennst, nur erraten können, welcher seiner ist.“

Das fehlte gerade noch. Wie sollte sie bloß an diesen verflixten Code kommen? Carly zerbrach sich den Kopf nach einer Lösung. „Wie viele Leute haben das Formular schon ausgefüllt?“

„Sechzehn, also zwei Leute weniger, als wir Mitarbeiter haben. Die beiden Fehlenden müssen Holly und Paul sein, die noch in Urlaub sind.“

Die Anzahl überraschte Carly nicht. Sie hatte heute Nachmittag nachgefragt, und obwohl die Umfrage nicht zwingend war, hatten alle beschlossen mitzumachen, weil sie neugierig auf die Resultate waren.

„Einige können wir durch Logik ausschließen“, fuhr Brian fort. „Ich kenne meine Antworten, du kennst deine, und ich denke, den Codenamen nach kann ich Männer und Frauen trennen.“ Da Carly den Nicknamen Gidget erhalten hatte, stimmte wohl, was Brian sagte. Gidget war eine amerikanische Teenie-Film- und Fernsehheldin aus früheren Zeiten. „Aber dann hast du immer noch zehn Männer. Du wirst einen Weg finden müssen, Matts Namen herauszufinden, ohne Verdacht zu erwecken.“

Enttäuscht, aber keineswegs entmutigt, begann Carly zu überlegen. Sie hatte keine Ahnung, wie, aber irgendwann zwischen heute und Donnerstag musste sie Matts Schlüsselwort in Erfahrung bringen.

Zwei Tage, um einen lächerlichen kleinen Code herauszufinden? Kein Problem.

Matt blickte von seinem Computerbildschirm auf und sah zwei aquamarinblaue Augen, die ihn über die Trennwand hinweg ansahen.

Er war zutiefst verblüfft über den Anblick. Carly Abrams hatte ihn noch nie besucht, und er hatte sie auch noch nie lächeln gesehen, wenn sie in seine Richtung blickte. Was bedeutete, dass er entweder an seinem Schreibtisch eingeschlafen war und träumte oder dass etwas sehr Merkwürdiges im Gange war.

Sie trat um die Trennwand herum und kam herein, sodass er ihr Lieblingstop ganz aus der Nähe sehen konnte – ein tief sitzendes Wickelshirt, das ihre Kurven unterstrich und ihre Brüste auf eine Art und Weise hervorhob, die an einem Arbeitsplatz verboten sein müsste. Das Ganze wurde an der Taille von einer simplen Schleife zusammengehalten, die ihn mit dem Wissen zu verhöhnen schien, dass er nur daran zu ziehen brauchte, um diese schönen Brüste seinen Blicken freizugeben.

Er zwang sich, seinen Blick zu ihren Augen zu erheben. „Carly“, sagte er mit rauer Stimme, weil sein Mund plötzlich wie ausgetrocknet war. „Was kann ich für dich tun?“

„Ich wollte fragen, ob du mein Buch noch brauchst. Ich muss etwas nachsehen.“

„Ich habe es gestern wieder in dein Regal gestellt.“

Ihre Brauen fuhren in die Höhe, und ihre weichen Lippen formten ein O, so wie in seinen Fantasien, die er nicht mehr loswerden konnte, seit er gestern ihre Antworten auf die Umfrage gesehen hatte. Nur hatte sie in seinem Traum diesen Ausdruck, nachdem er Karamellsirup auf ihre Brüste geträufelt und noch einen Klacks Schlagsahne darauf gegeben hatte.

„Wie dumm von mir, ich habe nicht mal nachgesehen.“ Sie lachte nervös. „Ich bin manchmal so in Gedanken, dass ich alles andere vergesse.“

Er kannte das Gefühl. Es war das gleiche, mit dem er sich herumschlug, seit ihm bewusst geworden war, dass seine so begehrenswerte Mitarbeiterin eine geheime Vorliebe für ungewöhnliche Sexpraktiken hatte. Dieses Gefühl hatte irgendwann heute Morgen in der Frühe seinen Höhepunkt erreicht, als er mit einer fast schmerzhaften Erektion und Carly Abrams lustvollem Stöhnen in den Ohren aus dem Tiefschlaf aufgeschreckt war.

Und seitdem konnte er diesen Traum nicht mehr aus dem Kopf bekommen.

Es war schwer genug, sich heute Morgen auf den Job zu konzentrieren. Aber dass sie sich ausgerechnet den heutigen Tag ausgesucht hatte, um ihren ersten Besuch auf seiner Seite des Flurs zu machen, schien eine Art kosmischer Streich zu sein.

Sie lehnte sich an seinen Tisch und schlug ihre langen Beine übereinander. Ihr geblümter Rock erinnerte ihn an einen Garten, und er bemühte sich nach Kräften, das alte Bild, das er von ihr gehabt hatte, wiederherzustellen. Das ungefährliche Bild. Das Bild, das ihm erlaubte, ihren sexy Körper zu vergessen und sich auf sein Vorankommen bei Hall Technologies zu konzentrieren.

„Und da ich schon mal hier bin, möchte ich mich auch gleich für gestern entschuldigen“, sagte sie in seine Gedanken hinein.

„Für gestern?“, fragte Matt verwirrt.

„Wegen der Sache mit der Umfrage. Du hattest mich in einem schlechten Moment erwischt. Ich war gereizt, und es war nicht nett von mir, das an dir auszulassen. Dafür wollte ich mich entschuldigen.“

„Ich hatte das Gespräch auch nicht gerade sehr geschickt begonnen“, gab Matt nach kurzer Überlegung zu.

„Aber das war kein Grund, dich derart anzugreifen.“ Sie streckte ihm die Hand hin. „Frieden?“

Er starrte auf ihre schlanken Finger mit den perfekt manikürten Nägeln und dachte, wie ironisch es doch war, dass sie gekommen war, um das Gleiche zu versuchen, was er gestern hatte erreichen wollen. Sein Versuch, Freundschaft mit ihr zu schließen, war gescheitert, aber wenn alles so lief, wie er wollte, würde sie bald seine Untergebene sein, und er müsste dem Himmel dankbar sein für diese zweite Chance.

Er drückte ihre zarte Hand und versuchte, die prickelnde Wärme zu ignorieren, mit der sein Körper auf ihre Berührung reagierte. „Verzeih du mir, und ich verzeihe dir.“

„Einverstanden.“ Sie entzog ihm ihre Hand und strahlte. „Sag mal, hast du dich eigentlich auch dazu entschlossen, diese alberne Umfrage zu beantworten?“

Matt räusperte sich. „Ja. Ich dachte, warum nicht?“

„Dann haben wohl alle teilgenommen. Das überrascht mich. Einige Leute befassen sich nicht gern mit größeren Projekten – aber sie fanden es wohl einfach spannend, hierbei mitzumachen.“

„Kann sein“, erwiderte Matt unverbindlich.

Danach breitete sich ein etwas unbehagliches Schweigen aus, und je länger es dauerte, desto mehr wunderte sich Matt, was sie eigentlich wirklich von ihm wollte.

Als er sie gerade fragen wollte, sagte sie: „Es scheint, als interessierte Mr. Hall sich sehr für Filme.“

Matt krauste die Stirn. „Das wusste ich nicht.“

„Na ja, die Codenamen, die wir für die Umfrage bekamen, scheinen alle von Persönlichkeiten aus Filmen zu stammen. Meiner war übrigens Gidget“, gab sie grinsend zu.

Matt konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Sorry“, sagte er dann rasch. „Es ist einfach nur so … passend.“

Carly zuckte mit den Schultern. „Was soll ich sagen? Wahrscheinlich betrachten manche Leute mich als …“

„Quirlig?“, warf er ein.

Eine leichte Röte stieg ihr in die Wange, und Matt wünschte, er würde endlich lernen, seinen Mund zu halten. Irgendwie sagte er stets das Falsche, wenn sie in der Nähe war. Das war der Hauptgrund, warum er zu Frank gegangen war und ihn gebeten hatte, ihn allein an jenem ersten Projekt arbeiten zu lassen. Er hatte einen guten Eindruck in der neuen Firma machen wollen und schnell erkannt, dass das unmöglich wäre in Carlys Nähe, wo seine Männlichkeit pausenlos nach Aufmerksamkeit gierte und sein Verstand nicht richtig funktionieren wollte.

Und zwei Jahre später hatte sich noch immer nichts daran geändert.

„Jedenfalls haben wir die Namen im Büro verglichen“, sagte sie. „Weißt du, welchen Neil erhielt?“

Matt verneinte.

„Patton!“ Sie lachte ein wenig übertrieben. „Ist das nicht zum Schreien?“

„Ja, das ist ein guter Witz.“

„Und wen haben wir sonst noch?“, überlegte sie. „Ah ja, Bevbekam Scarlett und Brian Hal. Wir nehmen an, dass Hal der putzige Computer aus der Weltraum Odyssee ist.“

Matt nickte, lächelte und schwieg, um sie nicht unabsichtlich wieder in Verlegenheit zu bringen. Wenn sie damit einverstanden war, für ihn zu arbeiten, musste er dieses Magnetfeld zwischen ihnen überwinden, das seine Gedanken durcheinanderbrachte und ihn völlig konfus machte. Aber das war nicht leicht, wenn ihre Brüste wogten, wenn sie lachte, oder ihr blumiges Parfüm ihm in die Nase stieg oder diese blauen Augen so voller Wärme waren, dass er Carly am liebsten in die Arme nähme und – oh, verdammt. Vielleicht waren sie wirklich besser dran, wenn sie sich hassten.

„Was für einem Film hat Mr. Hall denn dich entnommen?“, riss Carlys Stimme ihn aus seinen Gedanken.

„Pardon?“

„Dein Codename. Welchen hat er dir gegeben?“ Dann hob sie rasch die Hand. „Du brauchst natürlich nicht zu antworten, ich weiß,dass es vertraulich ist. Wir machen uns nur einen Spaß daraus, zu sehen, wem Mr. Hall welchen Namen gegeben hat.“ Kichernd fügte sie hinzu: „Vielleicht hat seine Frau sie ja sogar erfunden. Oder er hat sie aus einer Liste von Singles Inc.“ Wieder errötete sie und begann rückwärts auf den Ausgang zuzugehen. „Oder es könnte auch ganz …“

„Rocky.“

Carly verhielt den Schritt. „Was?“

„Rocky. Er gab mir Rocky.“

Einen Moment lang starrte sie ihn mit offenem Mund an, dann erschien ein Glanz in ihren Augen, der ihm plötzlich höchst verdächtig vorkam. Irgendetwas bezweckte sie mit ihren Fragen, aber was? Sie wollte seinen Decknamen? Ohne Passwort nützte er ihr gar nichts. Woher also dieses plötzliche Interesse, ihn in den Büroklatsch einzuweihen?

„Rocky ist gut. Ich würde mich geschmeichelt fühlen an deiner Stelle.“

Matt zuckte die Schultern. „Er war nicht gerade eine große Leuchte.“

Carly zog spöttisch eine Braue hoch. „Gidget auch nicht. Aber Rocky war wenigstens ein Held. Er verkörperte Stärke und Entschlossenheit.“

Nun, das zumindest stimmte.

Mit einem tiefen Atemzug trat sie zurück. „Dann will ich dich nicht länger stören. Ich wollte mich nur für gestern entschuldigen …“

„Kein Problem.“

Sie nickte. „Gut. Wir sehen uns.“

Dann ging sie – oder flitzte vielmehr geradezu hinaus. Er sah ihr nach, als sie den Korridor hinuntereilte, und schüttelte den Kopf.

Das war das seltsamste Gespräch, das er in seinen zwei Jahren bei Hall Technologies geführt hatte – aber es hatte ihn wenigstens vorübergehend davon abgelenkt, sie nackt in seinem Bett haben zu wollen.

Denn nun konzentrierten sich all seine Gedanken auf die Frage, was Carly Abrams wohl im Schilde führen mochte.

4. KAPITEL

„Danke, dass du mich deinen Computer benutzen lässt“, sagte Carly zu Bev. Ihre Antworten zu ändern, damit sie mit Matts übereinstimmten, war etwas zu Privates, um es im Büro zu tun, und Carlys eigenen Computer hatte ihre Schwester.

„Ich kann es selbst kaum erwarten, die Ergebnisse zu sehen“, sagte Bev. „Hat er alles ausgefüllt?“

Carly überflog die nummerierten Antworten, die Brian ihr gegeben hatte. „Alles.“

„Dann beeil dich, und lass sehen, was unser gut aussehender Kollege über Sex zu sagen hat.“

Carly warf Bev einen strengen Blick zu. „Du bist verheiratet, meine Liebe.“

Bev zuckte mit den Schultern. „Na und? Das heißt nicht, dass ich nicht neugierig sein darf. Matt ist ein scharfer Typ. Hast du dich noch nie gefragt, wie er im Bett sein mag?“

Carly errötete und wandte sich rasch wieder dem Computer zu.

Aber Bev hatte es bereits gesehen. „Ha! Du wirst nicht rot wie eine Tomate wegen eines Mannes, für den du dich nicht interessierst. Ich habe da anscheinend einen Nerv getroffen.“ Sie wackelte mit ihren Augenbrauen. „Ich frage mich nur, wie tief dein Interesse geht.“

„Es ist rein oberflächlicher Natur“, erklärte Carly. „Ich finde ihn attraktiv, mehr nicht. Welche Frau würde das nicht? Er sieht sehr gut aus. Aber er ist auch ein verdammter Mistkerl.“

„Ach, so schlimm ist er auch nicht, nur etwas zu ehrgeizig. Er ist nicht sehr gesellig im Büro, aber Adam sagt, er sei ein guter Typ, wenn man ihn erst einmal richtig kennt.“

„Na, dann werden wir ihn ja jetzt kennenlernen“, sagte Carly, als sie die Website der Singles Inc. öffnete und sich in ihr Profil einloggte. Das Blatt, das Brian ihr gegeben hatte, enthielt nur Buchstaben und Zahlen für die Antworten, die Carly jedoch mühelos übersetzen konnte, indem sie ihre eigenen Resultate mit den Fragen auf dem Monitor verglich. Es gab fünf mögliche Antworten auf jede Frage, die von völlig falsch bis zu absolut richtig gingen. Es war alles sehr einfach. Sie brauchte nur noch zu entscheiden, inwieweit sie ihre Antworten Matts anpasste, ohne gleich zu übertreiben.

„Fang mit dem Abschnitt über Sex an. Wie abartig ist unser Loverboy?“

Carly tat, was Bev ihr sagte, da sie selbst neugierig war. War er wild und hemmungslos oder mehr ein traditioneller Liebhaber? Ihr war nicht einmal der Gedanke gekommen, dass ihr die Antwort vielleicht nicht gefallen würde, bis sie das erste Statement sah und ihr Mund ganz trocken wurde.

Ich bin eher konservativ, was Sex angeht.

Er hatte mit völlig falsch geantwortet und damit etwa ein halbes Dutzend ihrer Fantasien beantwortet und Realität werden lassen.

Sie überprüfte noch einmal die Zahlen, in der Hoffnung, sich geirrt zu haben. Sie wollte nicht, dass Matt Jacobs genau die Art von Liebhaber war, die sie gesucht hatte. Wenn dies hier klappte und sie das Projekt bekam, würde sie mit ihm zusammenarbeiten müssen, wahrscheinlich oft sogar bis spät in die Nacht … sie beide ganz allein …

„Nun?“, drängte Bev. „Was steht denn da?“

Carly schluckte. „Dass dieser große, dunkle, gut aussehende Mann auch eine wilde Seite hat.“ Und als sie die Antwort auf die nächste Frage las, schien die Temperatur im Raum zu steigen. „Und er scheint auch ausgefallenen Spielchen nicht abgeneigt zu sein.“

Bev lachte. „Überrascht dich das? Welcher Mann steht nicht auf Spielchen?“

So gut wie jeder Mann, mit dem Carly bisher etwas gehabt hatte. Jeder von denen hatte nicht mal herkömmlichen Sex wirklich gut beherrscht – mit einem Vibrator und einer Dose Schokoladenkörperfarbe könnten die wahrscheinlich gar nichts anfangen. Überflüssig zu erwähnen, dass sie selbst so etwas auch nie vorgeschlagen hatte.

Als wollte sie sich selber quälen, glitt ihr Blick zur nächsten Behauptung. Es macht mir nichts aus, einem vertrauten Partner die Kontrolle zu überlassen. Dominiert zu werden kann genauso interessant sein, wie die Zügel selbst zu halten.

Er hatte absolut richtig angekreuzt und damit Carlys Tagtraum, in dem es um Federn, ein Lederbustier und zwei flauschige Handschellen ging, sogar noch ordentlich angeheizt.

Ihr Puls beschleunigte sich, und eine bestimmte Vorstellung trat ihr vor Augen – von Matt natürlich, an Händen und Füßen gefesselt auf ihrem Bett, wo sie ihn auf intimste Weise mit dem Mund verwöhnte und ihn zum Orgasmus brachte, indem sie …

Sie musste bei dem Gedanken sehr merkwürdig ausgesehen haben, denn Bev lachte.

„Das ist nicht komisch“, murmelte Carly und spürte die Schweißtröpfchen, die sich zwischen ihren Brüsten bildeten. Wieso war es so heiß hier drinnen?

„Ich finde es urkomisch. Du solltest dich mal sehen – du bist knallrot geworden! Und reiß mir kein Loch in meinen Stuhl. Wir haben ihn erst vor ein paar Monaten gekauft.“

Carly senkte den Blick auf ihre Hände, die den mit Vinyl bezogenen Sitz umklammerten. Kein Wunder, dass ihre Finger schmerzten. Sie rieb sich ihre feuchten Hände an ihrer Jeans ab und versuchte, ihre erotischen Gedanken zu verdrängen. Schließlich waren das hier nur Antworten auf ein paar dumme Fragen.

Möglicherweise war es ja auch nur Matts Ego, das hier sprach, das leere Geschwätz oder Wunschdenken eines Mannes, der nicht besser im Bett war als die Hälfte aller anderen Männer in Marin County. Dass er behauptete, eine Vorliebe für ausgefallenen Sex zu haben, hieß noch lange nicht, dass er ihn auch zu praktizieren wusste.

Aber du weißt, dass er es kann.

Carly versuchte, die kleine Stimme zu überhören, die sie daran erinnerte, dass sie schon immer das Gefühl gehabt hatte, Matt kenne sich sehr gut mit Frauen aus. Nicht ohne Grund war er der Star ihrer erotischen Fantasien. Er präsentierte seine Sinnlichkeit immerzu: in seiner Haltung, in dem natürlichen Selbstvertrauen, mit dem er sprach, und in der ruhigen Gelassenheit, die nur jemand zur Schau stellen konnte, der sehr wohl wusste, dass er hielt, was er versprach.

Oh ja, Matt Jacobs würde ein hervorragender Liebhaber sein, der beste, den sie je gehabt hatte. Falls sie noch Zweifel gehegt hatte, löschten seine Antworten sie aus. Und deretwegen würde sie dem Mann nie wieder in die Augen schauen können, ohne an ihrem eigenen Speichel zu ersticken.

„Was sagt er zu der Frage mit dem romantischen Abend?“, fragte Bev.

Carly wollte gar nicht hinschauen, aber für die Anpassung ihrer eigenen Antworten war es leider unvermeidlich.

Auf die Frage nach dem idealen romantischen Abend hatte er Antwort C gewählt: ein Fertiggericht, Kerzen und ein Schaumbad zu zweit.

Exakt die gleiche Antwort wie die ihre.

Oh Mann, sie hielt das nicht mehr lange aus!

Sie versuchte Bevs Frage zu beantworten, konnte aber ihre Lippen nicht bewegen, und zum Glück blieb es ihr auch erspart. Wie ein Ritter in glänzender Rüstung erschien Bevs Mann Kurt in der Tür, was die Stimmung im Raum abrupt veränderte und Carly eine dringend benötigte Ablenkung verschaffte.

„Ich dachte mir, dass das dein Wagen in der Einfahrt ist.“

Sie lächelte und hoffte, dass ihre Wangen nicht so glühten, wie sie sich anfühlten. „Hi, Kurt!“, krächzte sie.

Sein Blick glitt zu seiner Frau. „Was gibt’s zum Abendessen?“, fragte er. „Ich bin hungrig wie ein Wolf.“

Bev verdrehte die Augen und erhob sich. „Mal sehen, was wir haben.“

Dann war Carly allein. Um Bev und Kurt nicht beim Essen zu stören, übersprang sie den Rest des Abschnitts über sexuelle Gewohnheiten und Vorlieben und konzentrierte sich auf andere Teile der Umfrage, um ihre Antworten Matts anzugleichen.

Sie ging wieder zum Anfang des Fragebogens. Es dauerte nicht lange, bis sie feststellte, dass sie und Matt außer ihren sexuellen Vorlieben praktisch nichts gemeinsam hatten. Buchstäblich jede ihrer Antworten musste von einem Ende des Spektrums zum anderen verschoben werden, und Carly dachte, dass sie, wenn sie nicht geschummelt hätte, nie auch nur annähernd zu Matt gepasst hätte.

Er hatte ihr all ihre Eindrücke von ihm bestätigt – seine Arroganz, sein Desinteresse anderen gegenüber und seine rücksichtslose Ichbezogenheit. Matt Jacobs interessierte sich für nichts und niemand anderen als sich selbst.

Ich helfe anderen gern. Falsch.

Mich interessiert, was die Leute von mir denken. Absolut nicht.

Ich halte mich für intelligenter als die meisten. Richtig.

Ich bin attraktiv. Stimmt.

Ich habe Opfer gebracht für die, die mir am Herzen liegen. Falsch.

Und so ging es weiter mit den Statements, die das Bild des narzisstischen, nur auf seinen eigenen Vorteil bedachten Blödmanns zeichneten, für den Carly Matt immer schon gehalten hatte. Und obwohl ein kleiner Teil von ihr enttäuscht war, erfüllte die Umfrage sie doch letztlich mit Erleichterung. Seine Antworten führten Carly zu der Frage, wie sie in seiner Nähe sein konnte, ohne ihm die Kleider vom Leib zu reißen und ihn auf seinem Schreibtisch zu verführen. Das Persönlichkeitsprofil allerdings verringerte seine Anziehungskraft auf sie doch deutlich.

Matt Jacob war wie ein Ebenbild ihres Vaters, und wenn Carly ein zentrales Ziel im Leben hatte, dann war es, niemals so zu enden wie ihre Mutter.

Carlys Anspannung wich Erleichterung und freudiger Erregung. Sie hatte Matt durchschaut. Diese Umfrageergebnisse lieferten ihr das nötige emotionale Werkzeug, um sich auf ihren Job zu konzentrieren und dieses latente Begehren zu vergessen, das sie nach dem Mann gehabt hatte – egal, wie gut er als Liebhaber sein mochte. Er war ein Wolf im Schafspelz, und im Gegensatz zu ihrer Mutter ließ sie sich weder von der Verkleidung täuschen, noch war sie ignorant genug, zu glauben, er könne sich ändern.

Der richtige Mann für sie würde attraktiv und sexy sein, aber auch fürsorglich und zuverlässig. Er würde seine Familie an die erste Stelle setzen, ihre Bedürfnisse direkt neben seine stellen und eine Partnerschaft akzeptieren, in der beide gaben und nahmen. Und wenn es irgendetwas gab, was diese Umfrage klar und deutlich offenbarte, dann, dass Matt Jacobs definitiv nicht dieser Mann war.

„Sie sind perfekt füreinander!“

Matt saß am Konferenztisch, starrte den aufgeregten Brayton Hall an und dachte, dass Singles Inc. sich auf dem besten Wege zum Bankrott befinden musste, wenn sie ihn und Carly wirklich als perfektes Team bezeichnet hatten. Carly Abrams passte ungefähr genauso gut zu ihm, wie ein Ballettröckchen zu tragen und zur Musik von Schwanensee zu tanzen.

Was bedeutete, dass irgendjemand hier in diesem Raum eine ganz schön linke Tour durchzog.

Er sah sich die Verdächtigen am Tisch einen nach dem anderen an – Brayton, Andy Mac Gee, den Marketingleiter von Singles Inc., und Carly, die überhaupt nicht erstaunt über all das schien.

Wusste sie etwas, was er nicht wusste?

„Wer hätte gedacht, dass wir das ideale Paar direkt in unserer Mitte haben?“, fügte Brayton stolz hinzu.

„Bei einer so perfekten Übereinstimmung könnten wir Sie beide vielleicht schon sehr bald in die Flitterwochen verschwinden sehen“, warf Andy ein und wandte sich dann lachend Brayton zu. „Vielleicht war es doch keine so gute Idee. Wir müssen dieses Projekt termingerecht beendet.“

Matt zog unwillkürlich seine Augenbrauen hoch. Machten sie Witze?

„Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen“, sagte Carly. „Wir werden das Projekt sehr ernst nehmen. Hall Technologies ist hocherfreut, Singles Inc. zu seinen Kunden zählen zu dürfen, und wir werden alles tun, um Sie zufriedenzustellen.“

Andy zwinkerte ihr zu. „Eine durch Singles Inc. zustande gekommene Lovestory ist uns auch immer willkommen. Schließlich sind wir Experten auf diesem Gebiet.“

Matt musste ein Lachen unterdrücken. Der Mann war durch und durch Marketingfachmann und dachte wahrscheinlich schon an die Publicity, die eine solche Liebesgeschichte mit sich brächte.

„Einem Experten widerspreche ich nicht gern“, sagte Carly. „Aber warum machen wir nicht zuerst die Arbeit und sehen dann, was kommt?“

Sie war die Ruhe selbst. Falls sie den Ergebnissen misstraute, zeigte sie es nicht. Aber bevor Matt sich fragen konnte, warum, warf sie ihm einen verheißungsvollen Blick zu, der sofort sein Blut in seine Lenden schießen ließ.

Sie war verdammt schön, wenn sie es wollte. Und heute, vor dem Boss und ihrem Kunden, bot sie ihren ganzen Charme auf. Matt sah sie so normalerweise nur bei Konferenzen, wenn sich die Gemüter erhitzten und jemand schlichten musste. Carly war sehr gut darin, die geborene Diplomatin.

Als Matt sich das Blatt ansah, das Andy ihm zugeschoben hatte, stellte er fest, dass Carlys Resultate sich zu siebenundachtzig Prozent mit seinen deckten – womit sie natürlich ganz oben auf der Liste stand. Die Nächste war Laine, mit der er hin und wieder redete und die er sehr sympathisch fand, und sogar sie hatte nur vierundfünfzig Prozent erreicht. Zu denken, Carly könnte Laine mit dreiunddreißig Prozent übertreffen, war bestenfalls absurd. Da hätte er noch eher darauf gesetzt, dass Aliens in Graceland landeten und Elvis wiederbelebten.

Und nun begann sie auch noch über das Projekt zu sprechen, als hätte sie sich seit Wochen darauf vorbereitet. Ihre Kopie des Angebotes war mit Anmerkungen übersät, während er seine bisher nicht mal angesehen hatte. Matt begann sich unvorbereitet und ein bisschen dumm zu fühlen, weil er nicht mal einen Stift dabeihatte. Während Carly, Brayton und Andy über das Projekt sprachen, versuchte er, sich auf dem Laufenden zu halten und gleichzeitig die Papiere vor sich durchzusehen, um vielleicht auch etwas zu dem Gespräch beitragen zu können.

Wie hatte sie das Projekt nur so schnell an sich reißen können? Er hatte seinen Schreibtisch heute höchstens zwei Stunden verlassen, und da saß sie und redete, als wäre sie der Teamleiter statt eines gleichberechtigten Partners bei dem Projekt.

Und Braytons und Andys anerkennende Blicke irritierten Matt noch mehr. Er hasste es, in den Hintergrund gedrängt zu werden, und nach seiner Baseballkarriere hatte er sich ohnehin geschworen, nie wieder der Zweitbeste zu sein. Trotzdem hielt Carly nach wenigen Minuten den Stab fest in der Hand und rannte ohne ihn voraus.

„Was meinen Sie, Matt?“, unterbrach Brayton seine Überlegungen. „Ich weiß, dass Sie sich die vorläufigen Vereinbarungen noch nicht angesehen haben, aber vielleicht haben Sie ja irgendwelche Vorschläge zu dem Projekt?“

Alle drei sahen Matt mit erwartungsvollen Mienen an, aber er hatte kein Wort von dem vorher Gesagten mitbekommen.

„Nun ja, ich …“

Während er nach einer Antwort suchte, konnte er sehen, wie Carlys Augen glitzerten. Sie beherrschte das Spiel, während er wie ein Stein versank, und sie wusste das nicht nur, sondern genoss es auch. Bevor er seinem Ärger jedoch Ausdruck geben konnte, warf sie ihm ganz unerwartet eine Rettungsleine zu.

„Ich glaube nicht, dass ihre Umstellung auf Oracle Auswirkungen auf unsere Arbeit haben wird, aber du hast vielleicht mehr Erfahrung darin als ich.“

„Nun … nein. Wir können auch mit Oracle arbeiten.“ Und als er sie ansah, um sich zu vergewissern, dass er auf der richtigen Spur war, nickte sie unmerklich und ermutigte ihn fortzufahren. „Jede von uns benutzte Software kommt mit Ihrem System zurecht.“

Andy schien erfreut über die Antwort. „Das und unser neues Logo sind die einzigen Neuentwicklungen, die wir den anfänglichen Spezifizierungen hinzugefügt haben.“ Er sammelte seine Papiere ein und steckte sie in seine Aktenmappe. „Falls Sie also keine Fragen mehr haben, lassen wir Sie beide die Dokumente gründlich durcharbeiten und sehen dann weiter.“

Brayton nahm seinen elektronischen Terminkalender und drückte ein paar Knöpfe, bevor er sich an Matt und Carly wandte. „Lassen Sie sich für Ende nächster Woche einen Termin bei mir geben, damit wir Ihre ersten Vorschläge besprechen können.“

Carly notierte sich etwas, und Brayton wandte sich an Andy. „Wir melden uns dann kurz danach bei Ihnen.“

„Gut“, sagte Andy und stand auf. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen beiden.“ Dann schnalzte er mit den Fingern und setzte noch hinzu: „Auch für die andere Sache hege ich die größten Hoffnungen.“

Carly lächelte und erwiderte seinen Händedruck, aber Matt konnte seinen Ärger nicht mehr dämpfen. Kein Computerprogramm würde ihn zum Liebhaber bestimmen, schon gar nicht zu dem einer Frau, die für ihn arbeiten würde, bevor das Jahr zu Ende ging. Und auch wenn Carly die Geduld für diesen Schwachsinn aufbringen mochte, hatte er genug gehört.

Mit einem erzwungenen Lächeln verabschiedete er sich und verließ den Konferenzraum.

„Matt!“, rief Carly ihm nach, und er hielt nur äußerst widerstrebend inne, weil er viel zu schlecht gelaunt für eine Unterhaltung war. Aber was hätte er sonst tun sollen? Weglaufen?

Und so drehte er sich um und sah das andere große Problem mit diesem Szenario – nämlich dass er in den nächsten Monaten eng mit Carly Abrams zusammenarbeiten würde. Und ihre Fähigkeit, ihn vollkommen konfus zu machen, war das Letzte, was er jetzt brauchen konnte. Er wollte seinen Boss beeindrucken und nicht wie ein Idiot vor ihm dastehen, und obwohl er eines Tages mit Carly zusammenarbeiten wollte, täte er das lieber erst, nachdem er die Beförderung erhalten hatte.

Für einen Moment kam ihm der Gedanke, sie einfach mit nach Hause zu nehmen, mit ihr ins Bett zu gehen und nicht eher wieder herauszukommen, bis er sie ganz und gar aus seinem Kreislauf herausgeschwitzt hatte. Aber als er ihre sinnlichen blauen Augen sah, das glänzende Haar, das ihr Gesicht umrahmte, und diesen seidenen blauen Hosenanzug, der ihre Figur so hervorragend zur Geltung brachte, bezweifelte er, dass selbst diese krasse Idee sich als nützlich erweisen würde. Er würde sie nur noch mehr begehren, und genau aus diesem Grund würden die nächsten Monate für ihn die reinste Hölle sein.

„Wie sieht es mit deinen Terminen aus?“, fragte Carly. „Wir müssen uns zusammensetzen, bevor wir Brayton treffen.“

Ihre blauen Augen waren völlig emotionslos, und wieder verblüffte es ihn, wie gleichmütig sie die Ergebnisse der Umfrage aufgenommen hatte. „Wie denkst du über die Umfrage? Hältst du die Ergebnisse für korrekt?“

Sie zuckte die Schultern, obwohl sie leicht errötete. „Sie sagten in der Konferenz, viele der Fragen wären nicht berücksichtigt worden. Sie suchten nur die heraus, die sie für unerlässlich für das Arbeitsklima hielten.“

„Also haben sie den Abschnitt über Sex ignoriert?“

Ihr Erröten vertiefte sich. „Ich wüsste nicht, was das mit der Arbeit zu tun haben sollte.“

„Das heißt, dass unsere Ergebnisse sogar noch besser hätten ausfallen können.“

Sie schluckte. „Oder schlechter.“

Er starrte sie an. Die Atmosphäre zwischen ihnen war wie elektrisch aufgeladen, als er seinen Blick in diesen aquamarinblauen Augen versenkte. Er konnte die Chemie zwischen ihnen nicht bestreiten; sie verdichtete die Luft und erhitzte den Raum, der sie umgab, und wenn er nicht völlig sein Gefühl für Frauen verloren hatte, spürte sie es auch.

Aber das Wichtigste war zunächst mal, herauszufinden, was sie über die Umfrage dachte, damit sie die Sache klären und sich an die Arbeit machen konnten. „Der Prozentsatz ist sehr hoch“, sagte er. „Fast unglaublich hoch.“

Ihre Augenlider flatterten. „Wie gesagt, wer weiß, wie viele unserer Antworten sie überhaupt benutzten. Hätten sie alle verwertet, wäre das Ergebnis vielleicht anders ausgefallen. Und wenn du heute Morgen zu der Konferenz erschienen wärst, dann wüsstest du das auch.“

„Ja“, stimmte er zu, obwohl er das Gefühl hatte, dass sie nur vom Thema ablenken wollte. „Da habe ich wohl genau das Richtige verpasst.“

„Ja, und warum, wenn ich fragen darf? Die anderen konnten es alle kaum erwarten, die Ergebnisse zu hören.“

Matt zuckte die Schultern. „Ich dachte nicht, dass ich den Job bekäme.“

Carlys Augen verdunkelten sich vor Ärger. „Dann bist du also nur nicht hingegangen, weil du dachtest, es ginge ausnahmsweise einmal nicht um dich?“

„Nein, ich …“ Ihm fiel beim besten Willen keine Antwort ein. Sie hatte recht. Aber das gäbe er natürlich niemals zu. „Ich hatte etwas Besseres zu tun.“

„Als was?“

„Als meine Arbeit.“

Da war er wieder, dieser böse Blick. Was war nur ihr Problem mit ihm?

Sie öffnete ihre Akte und schlug eine Seite auf, die wie ein Ausdruck ihres Terminkalenders aussah. „Anfang nächster Woche habe ich noch Termine frei. Ist das Zeit genug für dich, dir den Papierkram anzusehen?“

„Reichlich.“

„Soll ich dann einen Termin festsetzen?“

„Jederzeit.“

Sie rang sich ein Lächeln ab. „Gut. Dann tue ich das.“ Und damit ging sie ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei und steuerte auf ihren Tisch zu.

5. KAPITEL

Nachdem Matt sich den größten Teil des Montags mit dem Singles Inc. Projekt befasst hatte, ging er für eine kurze Pause ins Labor. Er liebte diesen großen Raum, der in erster Linie dazu diente, Testprogramme auf verschiedenen Plattformen zu speichern. Es war ein stiller Ort, der nicht sehr oft benutzt wurde und an dem er dem Geschwätz entkommen und sich in seine Arbeit vertiefen konnte.

Sein Lieblingsplatz befand sich am Ende der etwa ein Dutzend Macs und mehrerer PCs entlang der langen Wand. Er konnte mit seinem Sessel von einer Workstation zur anderen rollen und mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, und nur ein Dutzend Computer konnten mit ihm mithalten, wenn er in Stimmung kam und richtig loslegte.

Er hatte gerade verschiedene Fotobearbeitungsprogramme geöffnet, als die Tür aufging und Adam hereinkam.

„Was führt denn dich in diese abgelegene Ecke?“, fragte Matt.

Autor

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