Tiffany Sexy Band 68

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ICH WILL SPASS! von MAYBERRY, SARAH
Als Zoe ihre Jugendliebe wiedertrifft, fühlt sie sich sofort zu Liam hingezogen. Aber sie kann ihm nicht verzeihen, dass er sie einst abblitzen ließ. Liebe kommt für sie nicht mehr in Frage. Zoe will nur noch Spaß und heißen Sex. Doch Liam möchte mehr … viel mehr!

EINE FRAU MIT VERGANGENHEIT von HOFFMANN, KATE
Auf der Flucht vor ihrem Verlobten landet Payton im australischen Outback - direkt in den Armen eines aufregenden Fremden. Hals über Kopf stürzt sie sich in eine leidenschaftliche Affäre mit Brody Quinn. Doch schneller als gedacht holt ihre Vergangenheit sie ein …

NUR AUS LUST UND LEIDENSCHAFT? von WEBER, TAWNY
Prickelnder Champagner, köstliche Leckereien und sinnliches Spielzeug: Die Eventmanagerin Belle lässt nichts unversucht, um den attraktiven Unternehmer Mitch Carter zu verführen. Natürlich aus rein geschäftlichen Gründen, nicht aus Liebe …


  • Erscheinungstag 09.02.2010
  • Bandnummer 0068
  • ISBN / Artikelnummer 9783862952359
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

SARAH MAYBERRY

Ich will Spaß!

Erregt betrachtet Liam die verführerische Schöne auf dem Aktgemälde. Ist das etwa seine Jugendliebe Zoe? Muss sie aus Geldnot Modell stehen? Liam spürt Zoe auf, um ihr zu helfen, und stellt fest: Aus dem süßen unschuldigen Mädchen von einst ist eine verführerische Frau geworden. Doch warum will sie nur aus Spaß Sex mit ihm haben? Sehnt sie sich nicht nach Liebe?

TAWNY WEBER

Nur aus Lust und Leidenschaft?

Nur der erfolgreiche Geschäftsmann Mitch Carter kann die Hotelkette von Belles Vater vor dem Ruin bewahren. Doch seit Belle Mitch vor dem Altar hat stehen lassen, hasst er sie leidenschaftlich. Trotzdem versucht sie, ihn wieder für sich zu gewinnen: mit prickelndem Champagner, verführerischen Snacks und ihrem aufregenden Körper …

KATE HOFFMANN

Eine Frau mit Vergangenheit

Brody Quinn ist von Payton hingerissen: Die sexy Amerikanerin geht ihm nicht mehr aus dem Sinn. Spontan nimmt er sie auf die Ranch seiner Familie im Outback mit und beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihr. Doch dann taucht ein Privatdetektiv auf, der Payton aufspüren soll. Hat die Schöne etwas zu verbergen?

PROLOG

Melbourne, Australien Oktober 1997

Es war so dunkel, dass Liam Masters kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Er stieß mit den Stiefeln gegen eine unebene Stelle im Boden, als er von der Einfahrt der Fords auf den gepflasterten Pfad zum Hinterhof abbog. Vor ihm in der Finsternis konnte er schwach das Gartenhaus erkennen.

Wäre er auf der Party geblieben, dann würde er jetzt wahrscheinlich Sally Kendrick die Unterwäsche vom Leib reißen. Trotz seiner Jugend war er erfahren genug, um seine Erfolgsaussichten einschätzen zu können.

Warum er sich trotzdem entschlossen hatte, nach Hause zu gehen, war ihm selbst nicht ganz klar. Er war eben dumm.

Ein Schatten bewegte sich neben dem Gartenhaus. Liam erstarrte. Da hörte er jemanden tief und zittrig einatmen. Die warme Nachtluft trug den honigartigen Duft von Geißblatt zu ihm herüber.

Zoe.

Er schob die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans. Dort waren sie am sichersten aufgehoben, wenn Zoe Ford in der Nähe war.

„Du bist früh zurück“, stellte sie fest.

„Was machst du hier?“ Seine Stimme klang schärfer, als er beabsichtigt hatte.

„Ich habe auf dich gewartet.“

Liam wusste nicht, wie er auf ihre direkte Antwort reagieren sollte.

„Du solltest nicht hier sein“, sagte er. „Was ist, wenn Tom nach Hause kommt und dich sieht?“

Tom, ihr Bruder, hatte einen ausgeprägten Beschützerinstinkt.

Liam wusste, dass Zoe unwillig die Stirn runzelte, obwohl er ihr Gesicht nicht erkennen konnte. Aber er konnte sich vorstellen, wie ihre grünen Augen unter den dunklen Brauen eigensinnig funkelten.

„Ich habe es satt zu warten“, erklärte sie.

Mist.

Er wünschte, er hätte nicht die drei Bier auf der Party getrunken. Er war leicht benebelt. Er konnte nicht so klar denken, wie es nötig war, wenn die kleine Schwester seines besten Freundes in Reichweite war.

„Niemand hat dich gebeten zu warten“, entgegnete er.

Sie redeten nicht von seinem Nachhausekommen. Beide wussten es.

„Ist es wahr?“, fragte Zoe.

„Was?“

„Was Tom mir erzählt hat. Ist es wahr, dass du mit Sally Kendrick gehst?“

„Du musst ins Haus zurück, bevor deine Eltern uns hören“, erwiderte er.

„Gehst du mit ihr oder nicht?“ Ihre Stimme zitterte.

„Nein.“

Ich hätte lügen sollen, dachte Liam. Er hätte Zoe sagen sollen, dass Sally und er verrückt nach einander waren, dass er gerade aus ihrem Bett kam.

„Ist das der Grund, weshalb du so früh zurück bist? Weil es mit Sally nicht so läuft?“

Zoe kam näher. Liam konnte ihr blasses ovales Gesicht sehen und den süßen Duft ihrer Lieblingsbodylotion riechen.

Sie ist fünfzehn, Mann. Fünfzehn und die Tochter der Leute, die dich bei sich aufgenommen haben, als niemand anders dich wollte.

Er musste sie dazu bringen, in ihr Zimmer zurückzukehren. „Ich weiß nicht, warum ich schon nach Hause gekommen bin“, meinte er.

Sie trat noch einen Schritt näher. Ihre Augen schimmerten im schwachen Licht.

„Küss mich“, flüsterte sie. „Bitte.“

Liam krallte seine Finger in den Jeansstoff. „Du musst jetzt reingehen.“ Seine Stimme war zu leise. Er klang nicht überzeugend. Eher verzweifelt.

Zoe musste den gleichen Eindruck haben, denn sie machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, sodass sie ganz nah bei ihm stand. Liam spürte ihre Wärme, ihre kleinen festen Brüste an seinem Oberkörper, ihren Atem an seinem Hals.

„Ich halte es nicht mehr aus, Liam. Dir beim Frühstück und Abendbrot gegenüberzusitzen, dich in der Schule und zu Hause zu sehen. Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken. Bitte küss mich.“

Jeder Muskel in ihm spannte sich an, als Zoe die Arme um seine Taille schlang. Sie drängte sich an ihn und hauchte zarte Küsse auf sein Schlüsselbein und seinen Hals. Ihr Mund war weich und feucht.

Liam war bereits erregt. Er war es schon seit dem Moment, in dem er den feinen Duft von Geißblatt wahrgenommen hatte. Zoe presste ihr Becken an ihn. Unwillkürlich stöhnte er.

„Nein“, sagte er und griff nach ihren Schultern und wollte sie von sich schieben.

Doch stattdessen schob er seine Hände in ihr Haar und hob ihr Gesicht an. Dann küsste er sie.

Zoe war noch nie geküsst worden. Er wusste es, weil sie es ihm vor zwei Monaten erzählt hatte. Seitdem hatte er davon geträumt, der Erste zu sein. Er wollte perfekt für sie sein.

Zärtlich fuhr er mit der Zungenspitze über ihre Unterlippe und saugte zart daran. Zoe schluchzte leise auf. Sie schmeckte so süß, so rein und süß.

Er ließ eine Hand über ihren Rücken gleiten und umfasste ihren Po, um sie noch fester an sich zu pressen. Er war so heiß. Mann, er wollte … Er wollte so viel, dass er fürchtete, die Beherrschung zu verlieren.

Zoe zerrte am Saum seines T-Shirts. „Zieh das aus. Ich möchte dich berühren.“

Liam ließ sie lange genug los, damit sie ihm das Shirt über den Kopf ziehen konnte. Danach spürte er ihre Hände auf seinem Körper, ihn zaghaft und verführerisch zugleich erkundend.

Er konnte nicht denken. Wollte es nicht. Mit zittrigen Fingern holte er seine Schlüssel aus der Hosentasche und schloss die Tür zum Gartenhaus auf, in dem er vorübergehend wohnte. Dann küsste er Zoe wieder und schob sie dabei rückwärts in den Raum.

Sie stieß mit den Kniekehlen ans Bett und blieb stehen. „Warte“, bat sie.

Er hörte das Rascheln von Stoff, als Zoe ihr T-Shirt abstreifte.

Sie trug nie einen BH, obwohl ihre Mutter sie deswegen immer wieder rügte. Liam hatte schon so lange davon geträumt, Zoe zu berühren. Er wollte wissen, welche Farbe ihre Brustspitzen hatten, ob sie so süß und prall waren, wie sie durch den Stoff ihrer T-Shirts wirkten.

„Zoe, ich muss dich sehen.“

Er schaltete die Nachttischlampe ein. Zoe blinzelte im plötzlichen Lichtschein und hielt schützend die Hände vor sich. Liam fasste behutsam nach ihnen und zog sie langsam herunter.

Bei Zoes Anblick verschlug es ihm den Atem. Ihre Brustspitzen waren wie kleine Beeren, rosig und fest, obwohl er sie noch nicht einmal berührt hatte.

„Zoe“, raunte er andächtig.

Sie zitterte, als er seine Hände an ihrem Oberkörper hochschob. Ihre Haut war wie Seide, so weich und glatt. Er umfasste ihre Brüste und reizte die Knospen mit seinen Daumen. Zoe biss sich auf die Unterlippe.

„Das fühlt sich so gut an“, flüsterte sie mit halb geschlossenen Augen.

Sie sah schön aus, so wie sie jetzt nur in Jeans und mit nackten Füßen vor ihm stand. Ihr langes dunkles Haar fiel ihr über den Rücken, ihre Wangen waren gerötet. Liam küsste Zoe wieder und streichelte sie. Ihr Herz klopfte wild, als er seine Lippen von ihrem Mund über ihren Hals zu ihren Brüsten wandern ließ, wo er eine der aufgerichteten Spitzen mit seiner Zunge umspielte.

„Oh“, hauchte sie und wand sich in seinen Armen. Sie schob ihre Finger in sein Haar und drückte seinen Kopf fest an ihre Brust. Ihr Atem ging keuchend. „So gut, Liam, so gut“, wisperte sie immer wieder.

Er drängte sie mit dem Rücken aufs Bett und legte sich auf sie. Instinktiv spreizte sie die Schenkel.

Minutenlang küssten und berührten sie einander. Ihre Hüften rieben sich durch die Jeans aneinander, erregend, aber nicht annähernd befriedigend.

Liam glitt mit der Hand zwischen ihre Beine und drückte fest auf die dicke Naht im Schritt. Zoe klammerte sich an seine Schultern und hob das Becken.

„Liam“, flüsterte sie sehnsüchtig und wand sich unter ihm. „Ja.“

Er wünschte sich so sehr, mit ihr eins zu werden. Langsam schob er seine Finger unter den Bund ihrer Hose. Zoe hielt kurz den Atem an, dann spreizte sie die Beine einladend noch weiter. Ermutigt tastete er tiefer. Sie bewegte sich nicht, als er sich ihrer empfindsamsten Stelle immer weiter näherte.

Er drückte sich an ihren Oberschenkel und strich mit einem Finger über ihren sensibelsten Punkt.

„Liam!“, stieß sie hervor. „Das ist … unglaublich!“

Er lächelte und beobachtete sie genau, während er sie streichelte. Sie erschauerte. Ihre Brüste hoben sich mit jedem Atemzug.

„Hör nicht auf“, bat sie. „Was immer du tust, hör nicht auf.“

Er beugte sich über sie und umschloss eine rosige Knospe mit seinen Lippen. Gleichzeitig streichelte er Zoe zwischen den Beinen, bis sie ihm auffordernd die Hüften entgegendrängte. Sie fühlte sich so wunderbar an, dass er lustvoll aufstöhnte.

„Zieh deine Jeans aus. Ich möchte dich sehen. Ich möchte dich berühren“, sagte Zoe keuchend.

Sie zog seinen Kopf hoch und schaute ihm in die Augen. „Ich möchte, dass du der Erste bist, Liam.“

Sein Herz klopfte wild bei dem Gedanken, sich zu nehmen, was Zoe ihm so großzügig und leidenschaftlich anbot.

Er liebte sie. Sie war so schön. Nie war sie schöner als in diesem Moment gewesen, mit heißem Verlangen im Blick und gerötetem Gesicht.

„Ich möchte dich berühren“, wiederholte sie sehnsüchtig und ließ ihre Hand an seinem Körper hinabgleiten. Liam schloss die Augen, als sie durch den Stoff über seine Erektion strich.

„Alles andere ist mir egal. Ich will dich. Ich habe dich immer gewollt“, fuhr sie fort. Sie löste den Knopf seiner Jeans und öffnete den Reißverschluss.

„Ich will dich auch“, flüsterte er atemlos. Zoe schob die Hand in seine Hose, umschloss ihn mit ihren Fingern – zuerst zögernd, aber als sie fühlte, wie sehr er sie begehrte, zunehmend selbstbewusst.

Liam begann seinen Finger in einem aufreizenden Rhythmus zu bewegen. Zoe bog den Kopf in den Nacken und drängte ihre Hüften an ihn.

„Bitte, Liam. Bitte“, bettelte sie.

Er wusste nicht, warum er noch zögerte. Sein kühnster Traum war wahr geworden: die schöne, zarte, süße Zoe in seinem Bett, sich voller Verlangen nach ihm verzehrend. Wie oft hatte er nachts wach gelegen und sich diese Szene ausgemalt, sich vorzustellen versucht, wie sie schmeckte, wie sie sich anfühlte?

Zu oft. Beinahe jede Nacht, seit er nach dem Tod seiner Mutter bei den Fords eingezogen war. Ein ganzes Jahr.

Zoe stieß einen enttäuschten Laut aus, als er seine Hand aus ihrer Jeans zog, doch sie lächelte, als er den Knopf löste und den Reißverschluss herunterzog.

„Ja. Endlich!“, flüsterte sie.

Sie trug einen schlichten weißen Slip mit irgendeinem aufgedruckten Schriftzug. Erst als sie das Becken hob, konnte Liam die Worte lesen.

Loving And Giving.

Er verharrte und atmete scharf ein.

Loving and Giving. Genau das war Zoe. Liebevoll und großzügig. Außerdem war sie klug, mutig und eigensinnig. Sie konnte außergewöhnlich gut zeichnen und schreckte vor keiner Herausforderung zurück. Sie trug auch nie Röcke oder Make-up. Sie wusste, wie man den Starter im alten Mini ihres Vaters auswechselte. Wie man Kricket und Fußball spielte.

Und vor allem hatte sie keine Ahnung, wie umwerfend sie war. Wie viele Jungs in der Schule ihr nachstarrten, wenn sie in Jeans und ohne BH unter dem T-Shirt an ihnen vorbeiging. Ihre grünen Augen, ihr ovales Gesicht und das Grübchen in ihrem Kinn machten sie unwiderstehlich. In ein paar Jahren würde sie erkennen, wie toll sie war.

„Liam“, drängte sie ungeduldig. „Beeil dich!“

Sie würde diesen Moment bereuen. Denn wer war er schon? Liam Masters, schlecht in der Schule, ohne Zuhause, elternlos. Allein, ohne große Zukunft. Hier bei den Fords wohnen zu dürfen war die erste glückliche Fügung in seinem Leben. Er rechnete nicht damit, dass dieses Glück anhielt.

Er wusste, wer er war. Was er war. Durch seinen Vater hatte er es beizeiten gelernt.

Er war nicht gut genug für Zoe. Ganz sicher nicht gut genug, um ihr Erster zu sein.

„Was ist los?“ Zoe stützte sich auf beide Ellbogen und musterte ihn verwirrt.

„Ich kann das nicht.“ Er zog ihre Jeans hoch.

Sie runzelte die Stirn. „Was? Was meinst du damit? Ich verstehe nicht.“

„Wir werden es nicht tun, Zoe. Du musst dich jetzt anziehen und ins Haus zurückgehen.“

Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Liam konnte an ihrem Blick sehen, wie verletzt sie war.

„Habe ich … habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte sie. „Sag mir, was ich tun soll, und ich werde es tun, Liam.“

„Du musst dich anziehen“, wiederholte er.

Er zog den Reißverschluss ihrer Jeans hoch. Zoe schob ihn von sich, als er den Knopf schließen wollte.

„Ich verstehe nicht, was das gerade soll“, sagte sie. Tränen schimmerten in ihren Augen. Sie setzte sich auf und zog die Knie an die Brust. „Liam, bitte. Tu das nicht.“

„Es wäre ein großer Fehler. Ich tue dir einen Gefallen, wenn ich dich jetzt fortschicke. Wirklich.“ Er stand auf, zog seine Jeans zurecht und schaute zu Zoe. „Du musst gehen, bevor uns jemand erwischt.“

Sie blinzelte ihre Tränen fort. „Ist es das, wovor du Angst hast? Dass du meinetwegen Ärger bekommst? Ich würde es doch niemandem erzählen. Ich liebe dich. Du weißt das. Ich würde dich niemals in Schwierigkeiten bringen.“

„Es geht nicht, Zoe. Tom vertraut mir, deine Eltern vertrauen mir. Sie haben mich bei sich aufgenommen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Quatsch. Das hat nichts mit meinen Eltern oder meinem Bruder zu tun. Sag mir ehrlich, was nicht stimmt. Liegt es daran, dass ich noch Jungfrau bin? Oder an meinen Brüsten? Ich weiß, dass sie klein sind, aber ich dachte, das macht dir nichts aus. Mom meint, sie wachsen noch …“

Liam fluchte unterdrückt und fuhr sich durchs Haar.

„Es hat nichts mit dir zu tun, Zoe. Es liegt an mir, okay? Du kannst nicht wollen, dass ich der Erste bin.“

„Doch, das will ich. Mehr als alles andere.“ Sie blickte ihn mit ihren großen Augen ernst und vertrauensvoll an.

„Du hast keine Ahnung, wer ich wirklich bin.“ Er dachte an die Mädchen, mit denen er geschlafen hatte, an die Prügeleien, an denen er beteiligt gewesen war, an die Dinge, die er gestohlen hatte, die Lügen, die er erzählt hatte. Er dachte daran, wie er und seine Mom mitten in der Nacht vor seinem alten Herrn geflohen waren, ihre gesamten Habseligkeiten in einen einzigen schwarzen Müllsack gestopft. „Du willst mich nicht.“

Zoe schüttelte den Kopf. „Doch. Du bist der Einzige, den ich will.“ Sie schwang die Beine über die Bettkante, stand auf und fasste nach seinen Händen. „Ich will dich. Siehst du?“ Sie presste seine Hände an ihre Brüste und schaute ihn flehend an.

Liam spürte ihre warme weiche Haut unter seinen Fingern. Nur zu gern hätte er Zoe an sich gerissen und sich genommen, was sie ihm anbot.

Stattdessen schob er sie von sich. Sie schnappte nach Luft.

Er bückte sich und hob ihr T-Shirt auf. „Zieh dich an“, forderte er sie auf.

Sie starrte ihn an, die Arme jetzt schützend vor ihren Brüsten verschränkt.

„Ich liebe dich, Liam“, sagte sie. „Bitte tu das nicht.“

„Du wirst mir eines Tages dankbar sein“, erwiderte er.

Er ließ das T-Shirt aufs Bett fallen und wandte ihr den Rücken zu, um sie keine Sekunde länger ansehen zu müssen. Nie würde er ihren Blick voller Schmerz und Verwirrung vergessen.

Eine hastige Bewegung und das Geräusch einer zuschlagenden Tür signalisierten ihren Abgang. Er schloss die Augen.

So nah dran. Er war so nah daran gewesen, sich etwas zu nehmen, das ihm nicht zustand. Etwas Perfektes.

Er setzte sich auf die Bettkante und stützte den Kopf in die Hände. Er sah wieder vor sich, was vor ein paar Minuten passiert war: er und Zoe zusammen, Zoes Brüste, feucht von seinen Küssen, ihre Augen, funkelnd vor Verlangen, ihr stockender Atem, als er seine Hand zwischen ihre Beine geschoben hatte.

Er wusste, was er zu tun hatte. Entschlossen holte er seine Reisetasche unter dem Bett hervor. Er brauchte nicht lange, um zu packen. Das Leben hatte ihn gelehrt, mit leichtem Gepäck zu reisen.

Sein Motorrad stand in der Garage. Vorsichtig schob er es bis zum Ende der Einfahrt, stellte es im Lichtschein einer Straßenlaterne auf den Ständer und wartete darauf, dass Tom nach Hause kam.

Gegen zwei Uhr morgens bog Tom um die Ecke. Liam stand von der kalten Bordsteinkante auf, als sein Freund lächelnd vor ihm stehen blieb.

„Hey, Kumpel. Was machst du hier draußen?“ Toms Blick war verschleiert; er war leicht angetrunken. „Warum hast du dich so früh verdrückt? Die Party fing gerade erst richtig an. Sally war ziemlich sauer auf dich.“

Da bemerkte er Liams Motorrad, die Reisetasche auf dem Rücksitz. Sein Lächeln schwand.

„Was ist hier los?“

„Ich gehe. Es ist Zeit weiterzuziehen“, sagte Liam.

Tom runzelte die Stirn. „Wie bitte? Was soll das heißen?“

„Ich möchte eure Gastfreundschaft nicht überstrapazieren“, erklärte Liam mit einem Schulterzucken.

„Keine Chance. Du kannst nicht einfach so gehen. Mom wird ausflippen. Dad kriegt zu viel. Keine Ahnung, wie Zoe reagieren wird. Du weißt, dass sie den Boden anbetet, auf den du deine Füße gesetzt hast.“

Liam zog einen Brief, den er an Toms Eltern geschrieben hatte, aus seiner Gesäßtasche. Es stand nicht viel darin: eine schlichte Danksagung, eine fadenscheinige Erklärung sowie sein gesamtes Bargeld, damit sie seine offenen Rechnungen begleichen konnten.

Tom starrte auf den Umschlag, ohne ihn anzunehmen.

„Ich kann nicht fassen, dass du es ernst meinst. Was ist passiert? Hast du etwas von deinem Dad gehört? Wenn er Ärger macht, können wir zur Polizei gehen“, sagte Tom.

„Ich muss einfach gehen.“

Tom musterte ihn. Dann ging er zum Motorrad, zog den Zündschlüssel ab und steckte das Schlüsselbund in seine Tasche.

„Hey!“

„Erzähl mir, was passiert ist, und du kriegst es wieder“, sagte Tom.

„Nichts ist passiert.“

„Blödsinn.“

„Gib mir die Schlüssel, Tom. Verlass dich darauf, dass ich das Richtige tue.“

„Es ist richtig, sich mitten in der Nacht fortzuschleichen? Ja, wirklich nobel.“

„Gib mir die Schlüssel.“ Liam bewegte sich vor, doch Tom trat einen Schritt zurück.

„Sag mir, was los ist.“

Liam fluchte und stürzte sich auf seinen Freund. Tom wich seitlich aus.

„Tom …“, knurrte Liam warnend. Er stürzte sich wieder auf ihn, doch Tom wich wieder aus.

„Sag es mir.“

„Nein.“

„Sag es mir.“

Liam griff Tom zum Schein links an und erwischte ihn am Shirt, als er rechts zupackte. Sie rangen stumm miteinander, die Fäuste in die Kleidung des anderen krallend, weil sie einander nicht wehtun wollten. Nach ein paar Minuten ließen sie keuchend von einander ab und taxierten sich gegenseitig. Bevor Liam es verhindern konnte, rutschte ihm die Wahrheit heraus.

„Es ist wegen Zoe. Ihretwegen kann ich nicht bleiben.“

Tom zog die Brauen zusammen. „Weil sie eine Schwäche für dich hat? Ich weiß, dass sie einem ganz schön auf den Wecker fallen kann, aber es ist nicht so schlimm, dass …“

Liam sah ihn schweigend an. Plötzlich begreifend schüttelte Tom den Kopf.

„Das ist nicht wahr“, entfuhr es ihm fassungslos.

„Nichts passiert.“

Tom wich einen Schritt zurück, immer noch kopfschüttelnd. „Du und meine Schwester? Sag mir, dass das ein Scherz ist.“

Liam konnte sich denken, was in diesem Moment in Tom vor sich ging. Sie hatten über Mädchen geredet. Tom wusste daher, dass Liam mehr als nur ein paar gehabt hatte und nie lange blieb, nachdem er bekommen hatte, was er wollte.

„Nichts ist passiert. Ich habe sie fortgeschickt, bevor die Dinge aus dem Ruder laufen konnten.“

„Verdammt! Was hat sie überhaupt allein bei dir gemacht? Wie lange geht das schon?“

Liam schüttelte den Kopf. „Da ist nichts. Ich meine, ich habe sie von Anfang an gemocht. Aber ich habe sie vorher noch nie angefasst.“

Tom fluchte und warf die Hände in die Luft. „Du hast meine Schwester angefasst?“

„Ich habe nicht mit ihr geschlafen, falls du das denkst“, erwiderte Liam.

Blitzartig verpasste Tom ihm einen kräftigen Kinnhaken. Liam taumelte. Ihm dröhnten die Ohren.

„Du Mistkerl. Verdammt, du Mistkerl“, fluchte Tom.

Liam blieb fest. „Deshalb glaube ich, dass es besser ist zu gehen.“

Tom holte die Schlüssel aus seiner Hosentasche und schleuderte sie Liam entgegen. Liam reagierte zu langsam und wurde an einem Wangenknochen getroffen. Er fühlte ein warmes Rinnsal Blut über sein Gesicht laufen, als er sich bückte, um das Bund aufzuheben.

Nochmals hielt er Tom den Brief hin, aber sein Freund musterte ihn nur kalt. Daraufhin steckte Liam den Umschlag in den Briefkasten.

„Wenn du es wissen willst, ich liebe Zoe“, sagte er und griff nach seinem Helm.

Tom wandte sich von ihm ab und ging die Einfahrt hoch. Liam schaute ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Dann klappte er den Ständer des Motorrads ein und schob es bis zum Ende der Straße.

Erst dort stieg er auf. Der Motor heulte auf, die Maschine vibrierte zwischen seinen Schenkeln. Liam schaute nicht zurück, als er Gas gab und davonbrauste.

Er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Er wusste es.

1. KAPITEL

Zwölf Jahre später

Liam fingerte am Knopf seines Jacketts, während er sich dem hell erleuchteten Eingang von Hartman’s Art Gallery näherte. Im Foyer wartete eine große, elegante Frau um die dreißig auf ihn. Ihr platinblonder Bob umspielte ihr Kinn, als sie sich zu Liam umdrehte.

„Liam. Du bist tatsächlich gekommen“, stellte Jacinta Hartman lächelnd fest.

„Natürlich.“

Ihr Lächeln verblasste, als sie ihn genauer musterte. „Du trägst nicht die Krawatte, die ich dir gekauft habe.“

„Nein.“

„Liam …“

Er breitete die Arme aus, um ihre Aufmerksamkeit auf die gut sitzende Stoffhose, das Jackett und das maßgefertigte Oberhemd zu lenken. „Sieh mal, hieran ist nichts auszusetzen. Nicht ein Zentimeter Denim oder Leder“, betonte er.

„Du trägst auch nicht die schönen neuen Schuhe“, kritisierte Jacinta weiter, während sie unglücklich seine Lieblingsstiefel betrachtete.

Er legte einen Arm um ihre schlanke Taille und zog sie an sich. „Ich habe gesagt, dass du es ruhig versuchen kannst, einen zivilisierten Menschen aus mir zu machen. Ich habe nicht versprochen, dass es funktionieren wird“, erinnerte er sie. Er küsste sie, doch sie löste sich von ihm, bevor er ihr mit seinem Mund den Lippenstift verschmieren konnte.

„Liam, die Leute können uns sehen.“

Die Bemerkung brachte ihn zum Lachen. Jacinta brachte ihn ständig zum Lachen mit all ihren steifen Regeln und Vorschriften, die allerdings nur in der Öffentlichkeit galten. Hinter verschlossenen Türen konnte sie ein richtiges Luder sein. Sie waren seit Jahren befreundet, und, wenn es sie überkam, konnte es auch schon einmal passieren, dass sie miteinander im Bett landeten. Als sein neues Haus am Strand von St. Kilda fertig gewesen war, hatte sie ihm angeboten, ihm bei der Einrichtung zu helfen. Der Haken an der Sache war, dass sie jetzt auch noch ihn umstylen wollte – ihn „zivilisieren“, wie sie es nannte.

„Ich weiß nicht, warum du dich so sehr dagegen sträubst“, fuhr Jacinta fort. „Wenn du wüsstest, wie gut du im Anzug aussiehst, würdest du nicht zögern.“

„Ich baue Motorräder. Die meiste Zeit stecke ich im ölverschmierten Overall.“

„Du bist Millionär. Du bräuchtest dir nie wieder die Hände schmutzig zu machen, wenn du es nicht wolltest.“

„Baby, du hast deine Welt, ich habe meine. Ich werde dich nicht bitten, für mich Metall zu verbiegen. Und du kriegst mich nicht dazu, Krawatte zu tragen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Wie kann man nur so stur sein? Komm, ich zeige dir die Stücke, die ich für dich ausgesucht habe“, sagte sie und führte ihn an der Hand in die Galerie.

Ein paar Leute drehten sich nach ihnen um, während sie an asymmetrischen Skulpturen, pastellfarbenen Leinwänden und sperrigen Metallgeflechten vorbeigingen. Vor fünf Jahren noch hätte Liam gedacht, dass man ihn anstarrte, weil es so offensichtlich war, dass er nicht dazugehörte. Sein Haar war zu lang, sein Gang zu schaukelnd, seine Hände zu rau. Inzwischen ignorierte er die Blicke, weil er niemandem etwas zu beweisen brauchte. Er hatte ein großes Haus, ein großes Auto und ein dickes Bankkonto.

Jacinta blieb vor einem Obelisken aus glänzendem weißen Stein stehen. „Ich finde, dieses Stück würde sich gut auf dem Westbalkon machen“, meinte sie.

Liam musterte die Skulptur lange, ohne etwas zu sagen. Jacinta warf ihm einen schrägen Blick zu.

„Es gefällt dir nicht, oder?“

„Nein“, antwortete er. „Es sieht aus wie ein riesiger Dildo. So etwas würde jeder meiner Männer in der Werkstatt noch vor der Mittagspause hinbekommen. Von Kunst erwarte ich mehr handwerkliches Können.“

Jacinta überlegte kurz, bevor sie bestimmend nickte. „Komm mit. Ich zeige dir eine kleine Sammlung in einem der Nebensäle. Die Werke von Paulo Gregorio dürften eher deinen Geschmack treffen.“

Liam folgte ihr. Während er ihren Hüftschwung bewunderte, fragte er sich, ob sie Strapse und Strümpfe trug wie beim letzten Mal, als sie über Nacht geblieben war. Er hatte eine Schwäche für Frauen in roten Spitzendessous.

„Dieser Künstler arbeitet traditioneller. Sein handwerkliches Können ist offensichtlich“, sagte Jacinta beim Betreten eines kleineren Raums.

Acht riesige Gemälde hingen an den vier Wänden. Es waren Darstellungen von mehr oder weniger bekleideten Frauen. Jacinta deutete auf das erste Bild, etwa einen Meter fünfzig mal einen Meter fünfzig groß. Darauf lag eine Frau auf einer Chaiselongue. Ein hauchzartes Negligé war ihr von den Schultern gerutscht und umspielte nun ihre Beine.

„Viele verschiedene Farben. Ausdrucksstarke Technik. Und ein Motiv, von dem ich weiß, dass es dir gefällt“, verkündete Jacinta.

Er schmunzelte, während er das Bild betrachtete. „Gute Arbeit“, meinte er anerkennend.

„Gute Arbeit? Dies ist keins deiner Motorräder, Liam.“

Er warf einen Blick auf die Preisliste in ihrer Hand. „Stimmt. Ein nach den speziellen Wünschen eines Kunden angefertigtes Motorrad von Masters Mechanics ist dreimal so viel wert.“

Sie verdrehte die Augen. „Was ist mit dem hier? Ich finde, es würde toll in dein Badezimmer passen, direkt über die riesige Wanne.“

Gehorsam richtete Liam seine Aufmerksamkeit auf das nächste, noch etwas größere Gemälde: eine Frau, vollkommen nackt auf einer dunkelgrünen Decke. Mit weit ausgebreiteten Armen lag sie auf dem Rücken; ein Knie war angewinkelt und fiel zur Seite. Liam folgte der Linie ihrer Waden mit seinem Blick zu ihren Oberschenkeln und dem geheimnisvollen Schatten dazwischen. Der Künstler hatte nur angedeutet, was ein Mann in Wirklichkeit sehen könnte, aber es war genug. Mehr als genug.

Wenn er dieses Gemälde in seinem Bad hängen hätte, würde er jeden Tag kalt duschen müssen.

„Der Künstler gibt wohl nicht zufällig die Telefonnummern seiner Modelle heraus?“, fragte er, nur halb im Scherz.

Jacinta schnaubte ungeduldig. „Heißt das, dass dir das Bild gefällt?“

Er löste seinen Blick von den prallen Brüsten auf dem Gemälde und betrachtete dafür das Gesicht.

Da stockte ihm der Atem.

Er trat einen Schritt zurück.

Fluchte unterdrückt.

Grüne Augen. Grübchen im Kinn. Langes dunkles Haar.

Ein Gesicht, das er in seinen Träumen vor sich sah. Die bitter-süßeste Erinnerung seines Lebens.

Zoe.

„Verdammt.“

Jacinta berührte seinen Arm. „Liam. Was ist?“

Er starrte weiter auf das Gemälde, nach einem Beweis suchend, dass er sich irrte. Wieder sah er die gespreizten Schenkel, ihre Hüften, ihre Brüste. Und Zoes Gesicht. Unbestreitbar Zoes Gesicht.

Er trat einen Schritt vor.

Warum mochte sie das getan haben? Weshalb hatte sie sich auf diese Art und Weise zur Schau gestellt? Die kleine Zoe, ausgebreitet an der Wand, sodass jeder Mann sie anstarren konnte.

„Liam! Was tust du da?“, fragte Jacinta erschrocken, als er die Leinwand zu beiden Seiten packte.

„Wer hat das noch gesehen? Wie lange wird das schon ausgestellt?“, fragte er.

„Liam, lass es hängen. Mein Gott, was ist los mit dir?“

Er nahm das Bild vom Haken und drehte es um. Erst, als es mit der Vorderseite zur Wand hing, entspannte er sich.

„Lass es einpacken. Ich will nicht, dass jemand anders es anschaut.“

„Würdest du das Bild bitte wieder umdrehen?“

Er zog sein Scheckbuch heraus. „Wie viel kostet es? Ich nehme es mit.“

Jacinta starrte ihn an. „Du meinst es ernst, oder?“

Er wartete darauf, dass sie den Preis nannte.

„Fünfzehntausend Dollar“, sagte sie schließlich.

Er schrieb den Scheck aus und riss ihn heraus. „Ich möchte mit diesem Paulo sprechen. Heute Abend.“

„Hör mal, ich weiß nicht, was hier abläuft, aber …“

„Ich kenne sie“, gestand er freiheraus. „Zumindest habe ich sie einmal gekannt. Ich weiß nicht, was der Typ ihr als Honorar geboten hat, doch sie gehört nicht hier an die Wand.“

„Meine Güte, Liam, du klingst geradezu hinterwäldlerisch. Das ist Kunst, keine Pornografie.“

„Kannst du mir die Telefonnummer dieses Mannes besorgen oder nicht?“

Jacinta musterte ihn stirnrunzelnd. „Ich möchte nicht, dass du einen meiner Künstler anrufst und bedrängst. Was willst du wissen? Wie du sie erreichen kannst, nehme ich an?“

„Für den Anfang, ja.“

„Gib mir fünf Minuten.“

Jacinta ging in den hinteren Teil der Galerie, wo sich ihr Büro befand. Liam fuhr sich durchs Haar und schloss kurz die Augen. Ihm war übel. Als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt.

Dieser Paulo musste Zoe viel Geld geboten haben, damit sie für ihn posierte. Sie musste in einer verzweifelten Notlage gewesen sein. Verdammt, konnte Tom nicht besser auf seine kleine Schwester aufpassen?

Jacinta kehrte zurück und reichte Liam einen Zettel.

„Keine Privatnummer, nur ihre Arbeitsstelle. Paulo zufolge will sie nicht, dass jeder weiß, dass sie das auf dem Bild ist.“

Er las die Adresse und Telefonnummer. „The Blue Rose“ im westlichen Teil von Footscry. Nicht gerade ein angesagter Stadtteil. Liam überlegte, was für eine Art Geschäft das sein mochte.

„Kannst du mir das Bild gleich einpacken lassen?“

„Es hat wohl keinen Zweck, dich zu fragen, ob es dir etwas ausmacht, es bis zum Ende der Ausstellung hier hängen zu lassen?“, entgegnete Jacinta.

„Nein.“

Sie seufzte. „Das habe ich mir gedacht.“ Sie ging wieder fort, blieb jedoch im Türrahmen stehen. „Übrigens habe ich ihn gefragt, was er ihr gezahlt hat.“

„Und?“

„Sie hat es umsonst gemacht. Kein Honorar.“

Liam schüttelte den Kopf. Er weigerte sich, das zu glauben. „Unmöglich.“

Jacinta zog nur die Augenbrauen hoch, bevor sie sich umdrehte und den Raum verließ.

Vierzig Minuten später hielt Liam vor der Adresse, die Jacinta ihm gegeben hatte. Er spähte durch die Windschutzscheibe, um sich zu vergewissern, ob die Hausnummer über der Ladentür die richtige war.

„The Blue Rose“ war ein Tattoostudio.

Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Er starrte lange auf das schmuddelige Schaufenster, bevor er mit seinem schwarzen Geländewagen nach Hause fuhr. Die ganze Zeit über dachte er mit einer Mischung aus Schuldgefühlen, Bedauern und Dankbarkeit an die Fords. Ohne sie wäre er vermutlich in einem Heim für schwer erziehbare Teenager gelandet.

Die Fords hatten ihm schon während der kurzen, aber schweren Krankheit seiner Mutter beigestanden. Nach ihrem Tod hatten sie ihm angeboten, bei ihnen zu wohnen, und ihm ihr Gartenhaus hergerichtet. Sie hatten es sogar für ihn renoviert – neuer Anstrich, neuer Teppich und eine ordentliche Isolierung, damit er im Sommer nicht zu sehr schwitzte.

Tom und er waren die besten Freunde gewesen, obwohl Liam nur schwer Vertrauen zu Fremden fasste. Doch Tom hatte es ihm leicht gemacht, so wie auch seine Familie. Und Zoe …

Er konnte sich immer noch daran erinnern, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Tom hatte ihn nach der Schule mit nach Hause genommen, und sie hatten an der offenen Kühlschranktür gestanden und Mineralwasser aus der Flasche getrunken, als Zoe die Küche betreten hatte. Sie hatte abgeschnittene Jeans und ein ärmelloses Top getragen, ihr dunkles, glattes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden gewesen. Ihre Beine waren lang und schlank gewesen; ihre Brüste hatten sich verführerisch unter ihrem Top abgezeichnet, ohne dass sie sich dessen bewusst gewesen war. Und diese Augen … diese unglaublich grünen Augen.

Er hatte nur einen Blick auf sie geworfen und sich am Mineralwasser verschluckt.

Sie war etwas Besonderes. Er hatte es im ersten Moment erkannt. Jede Sekunde mit ihr hatte es nur bestätigt. In den vergangenen zwölf Jahren hatte er sich oft gefragt, wie es ihr ging, was aus ihr geworden sein mochte. Sie musste jetzt siebenundzwanzig sein. Er hatte sich immer vorgestellt, dass sie heiraten und Kinder haben würde.

Als er nach Hause kam, lehnte er das verpackte Gemälde im leeren Esszimmer an die Wand und starrte auf Zoes nackten Körper, der durch die Luftpolsterfolie nur verschwommen zu erkennen war.

Dies war etwas, das er sich nie hätte vorstellen können.

Er wandte sich ab. Zu groß war die Versuchung, die Folie abzureißen und sich an Zoes Anblick zu weiden. Doch er beherrschte sich. Er schloss die Augen und versuchte sich an Zoes Lachen zu erinnern, an ihren vertrauensvollen, ehrlichen Blick und an die Verletzlichkeit, die sich auf ihrem Gesicht widergespiegelt hatte, als sie ihm ihre Liebe gestanden hatte.

Zoe Ford verdiente Besseres als dieses Gemälde und einen Job in einem schäbigen Tattoostudio. Gleich morgen früh würde er sie aufsuchen und tun, was immer nötig war, um ihre Welt wieder in Ordnung zu bringen.

„Hey, wie geht’s uns an diesem wundervollen Morgen?“, fragte Zoe, als sie durch die Hintertür in den Arbeitsraum vom „Blue Rose“ trat.

„Zoe! Mann, ich hatte deinetwegen schon Schweißausbrüche“, erwiderte Jake Lewis und warf ihr einen leidenden Blick zu.

Sie schaute demonstrativ auf ihre Armbanduhr. „Ich bin genau pünktlich für meinen Termin um halb elf, Jake“, sagte sie ihrem Chef.

„Würde dir ein Zacken aus der Krone brechen, wenn du einmal zwanzig Minuten früher hier wärst?“

„Du weißt, dass ich keine Vorbereitungszeit brauche. Es ist alles hier oben drin.“ Sie tippte sich an die Schläfe.

Lässig warf sie ihre Jeansjacke über einen Stuhl und begann ihren Arbeitsplatz für ihren ersten Kunden herzurichten: Tintenfässchen für den einmaligen Gebrauch, neue Nadeln.

„Trittst du heute Abend auf?“, fragte Jake, als sie ihre sterilisierte Tätowierpistole aus dem Dampfkochtopf holte.

„Ja, um neun. Willst du kommen?“

„Ich weiß nicht, ob mein Blutdruck das aushält.“

Sie verdrehte die Augen. „Feigling.“

Jake ging in den vorderen Teil des Ladens. Zoe zog ihr langärmeliges T-Shirt aus, das sie über einem eng anliegenden Tank Top trug. Ihr wurde beim Arbeiten immer warm, und sie konnte nicht mittendrin innehalten, um ihre Sachen abzulegen.

Sie hörte die Ladenglocke klingeln und schaute auf die Uhr. Ihr Kunde war offensichtlich überpünktlich. Dabei war er bei der Terminabsprache so nervös gewesen, dass sie sich schon innerlich darauf eingestellt hatte, dass er vielleicht gar nicht erscheinen würde.

„Sicher, gehen Sie durch. Sie ist hinten“, hörte sie Jake sagen.

Mit schweren Schritten kam ihr Kunde näher. Aus irgendeinem Grund verkrampfte sie sich plötzlich. Ein Schauer raste ihr über den Rücken. Vor Aufregung? Angst? Oder war es eine Vorahnung?

Sie stand mit dem Rücken zur Tür, als eine tiefe Männerstimme ertönte.

„Zoe?“

Sie traute ihren Ohren nicht. Sie bekam eine Gänsehaut und drehte sich um.

Liam. Da stand er, in Fleisch und Blut, größer und kräftiger, als sie ihn in Erinnerung hatte. Sein zerzaustes schwarzes Haar streifte den Kragen seiner Lederjacke, seine Augen waren tiefbraun, sein ausgeprägtes Kinn verriet Eigensinn. Seine Brust war breiter geworden, wodurch seine Hüften noch schmaler wirkten, und seine Oberschenkel waren muskulöser als damals mit siebzehn. Aus dem Jungen war ein Mann geworden. Ein großer, interessanter Mann.

Kaum hatte sie den Schock, ihn wiederzusehen, verdaut, schäumte ihre Wut wieder auf. Er hatte ihre Liebe mit Füßen getreten und sich ohne ein Wort aus dem Staub gemacht. Danach war sie nicht mehr dieselbe gewesen.

„Masters“, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war stolz darauf, wie kühl und gelassen ihre Stimme klang. „Welch eine Überraschung. Lange nicht gesehen.“

Er musterte sie von Kopf bis Fuß. Sein Blick schweifte über ihre hautenge Jeans und das knappe Top mit dem tiefen Dekolleté, die mit dunklem Kajal betonten Augen, die tiefrot geschminkten Lippen.

„Meine Güte, Zoe“, entfuhr es ihm. „Was zum Teufel machst du hier?“

„Wonach sieht es denn aus? Ich arbeite hier. Wenn du ein Tattoo willst, wirst du später wiederkommen müssen. Ich habe gleich einen Termin.“

Er betrachtete den abgewetzten Fußboden und die welligen Poster an den schäbigen Wänden.

„Weiß Tom davon?“, fragte er in missbilligendem Ton.

„Wie bitte?“

Er fuhr sich durchs Haar, eine Geste, die sie von früher kannte.

„Du gehörst nicht hierher“, meinte er.

Zoe richtete sich auf und stützte die Hände an die Hüften. „Ach was? Woher willst du das wissen, Liam? Was weißt du schon über mich?“

Sein Blick streifte kurz ihre Brüste. Hastig sah er ihr wieder ins Gesicht.

„Ich habe gestern Abend ein Bild gekauft. Von Paulo Gregorio.“

Sie starrte ihn einen Moment lang an. Dann lachte sie. Er war also nicht zufällig in dieses Studio gekommen. Er war ihretwegen hier.

„Verstehe. Du hast Paulos Bild gekauft und beschlossen, mich zu besuchen. Was soll das, Liam? Hast du plötzlich erkannt, was du vor all den Jahren verpasst hast?“

Er runzelte die Stirn. „Ich wollte herausfinden, was schiefgelaufen ist.“

Sie hob das Kinn und kniff die Augen zusammen. „Wieso schiefgelaufen?“

„Dass du so etwas tun musstest.“

Sie schüttelte den Kopf über seine Überheblichkeit. „Wow. Du bist unter die Moralapostel gegangen. Aber sei unbesorgt. Mir geht es gut. Sogar besser als gut. Ich bin genau da, wo ich sein will.“

„Das glaube ich nicht.“

Zoe lachte trocken auf. „Es schert mich einen Dreck, was du glaubst oder nicht. Was bildest du dir eigentlich ein? Platzt einfach in mein Leben, erzählst mir, dass bei mir etwas schiefgelaufen ist, und siehst mich dabei an, als hätte ich dir gerade für zehn Dollar Oralverkehr angeboten.“

„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht“, erklärte er.

Sie fluchte und starrte an die Decke, mühsam um Beherrschung ringend. Als sie Liam wieder anschaute, lächelte sie spöttisch.

„Zwölf Jahre zu spät, Baby“, erwiderte sie. „Wie wäre es, wenn du jetzt verdammt noch mal von hier verschwinden würdest?“

Er rührte sich nicht vom Fleck.

„Geh!“, herrschte sie ihn an. „Ich will dich nicht sehen oder mit dir reden.“ Zu ihrem Entsetzen fühlte sie Tränen in sich aufsteigen. Es kostete sie ungeheure Willenskraft, sie zu unterdrücken.

„Na schön. Aber damit ist die Sache noch nicht erledigt.“ Er bedachte sie mit einem letzten, langen Blick, bevor er sich umdrehte und ging.

Zoe stützte sich am Tisch hinter ihr ab, weil ihr die Knie zitterten. Plötzlich wurde ihr übel. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und schaffte es gerade noch zur Toilette, um sich zu übergeben.

Wie sehr sie Liam hasste! Wie sehr sie sich selbst dafür hasste, dass sie nach all den Jahren überhaupt noch etwas für ihn empfand!

Sie hielt den Kopf übers Waschbecken und spülte sich den Mund aus. Müde musterte sie sich im angestoßenen Spiegel. Zum ersten Mal seit ewiger Zeit spürte sie den Phantomschmerz, der sie nach der Operation noch so lange gequält hatte. Sie presste eine Hand auf ihren Bauch.

Ein Klopfen ertönte an der Tür.

„Bist du da drin, Zoe? Dein Kunde ist da!“, rief Jake.

„Ich komme gleich“, antwortete sie.

Sie spülte sich noch einmal den Mund aus und kühlte ihre heißen Wangen mit ihren nassen Händen.

Zum Teufel mit Liam Masters. Er und die Meinung, die er von ihr hatte, waren ihr gleichgültig. Sie verließ den Waschraum und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf für den ängstlichen Teenager, der sich sein erstes Tattoo stechen lassen wollte.

„Rodney. Schön, dich zu sehen“, begrüßte sie ihn. „Dann wollen wir dich mal in ein lebendes Kunstwerk verwandeln, Baby.“

Liam dachte bei der Arbeit pausenlos an Zoe. Er dachte an ihren Blick, als sie sich zu ihm umgedreht und ihn erkannt hatte. Er dachte an ihre abwehrende Haltung und all die spitzen Bemerkungen, die sie gemacht hatte. Er dachte an ihre langen Beine und ihre vollen Brüste, die sie in ihrer hautengen Kleidung zur Schau stellte. Er dachte an das Tattoo an ihrem Hals, eine verblühende Rose in Grautönen und Schwarz.

Zoe. Seine Zoe, ganz erwachsen. Und überhaupt nicht so, wie er sie sich immer vorgestellt hatte, glücklich verheiratet mit Kindern.

Er konnte die Frau, die er heute getroffen hatte, in seinem Kopf nicht mit dem Mädchen von vor zwölf Jahren in Einklang bringen. Es war unfassbar, dass sich das reine, unschuldige, großzügige Wesen von damals in eine so harte und zynische Frau verwandelt hatte.

Dabei konnte er es sich gerade zu diesem Zeitpunkt nicht leisten, sich ablenken zu lassen. Die Werkstatt war voll ausgelastet, und wie immer brannte es an mehreren Stellen gleichzeitig. Er setzte sich mit Lieferanten auseinander, besprach technische Probleme mit seinem Chefdesigner Vinnie und machte seinen Leuten Druck, um sicherzugehen, dass sie den Zeitplan einhielten. Um Viertel vor sieben zog er seine Lederjacke an und ging zur Tür.

„Wo willst du hin?“, fragte Vinnie überrascht. Liam verließ die Werkstatt meistens als Letzter.

„Ich habe noch etwas zu erledigen.“

„Ich muss noch mit dir über den Designwettbewerb reden. Willst du immer noch mitmachen?“, fragte Vinnie.

Liam boxte ihn auf den Oberarm. „Klar. Es wird zwar nervig sein, aber es ist gute Werbung für uns. Ich suche gleich morgen früh einen Entwurf aus.“

Mit den Autoschlüsseln in der Hand überquerte er den Parkplatz. Masters Mechanics hatte während der letzten drei Jahre eine rasante Entwicklung zu verzeichnen. Das Auftragsvolumen hatte sich nur durch Mundpropaganda zunächst verdoppelt, danach verdreifacht. Der Umsatz belief sich auf Millionen. Liam hatte über dreißig Mitarbeiter, darunter sogar einen Marketingmanager. Die Zeiten, in denen er sich in der Werkstatt eingeschlossen und vor sich hin gebastelt hatte, waren vorbei. Er trug Verantwortung, hatte Verpflichtungen. Und er war ehrgeizig. Er wollte nicht den Weltmarkt erobern, aber Masters Mechanics sollte die Adresse für individuelle Motorräder in ganz Australien und Neuseeland werden.

Liam fuhr mit seinem gepflegten alten Mustang durch die Stadt und hielt um Viertel vor acht vor dem „Blue Rose“. Er hatte sich die Öffnungszeiten des Studios gemerkt und sich darauf verlassen, dass Zoe bis zum Schluss arbeiten würde. Im Laden brannte noch Licht. Liam sah, dass sie sich am Tresen mit zwei Kunden unterhielt, und beschloss zu warten, bis die beiden jungen Männer gegangen waren. Danach würde er versuchen, noch einmal mit ihr zu reden, ohne dass sie sich in die Enge getrieben fühlte. Er zuckte jedes Mal zusammen, wenn er sich daran erinnerte, wie heftig sie auf seine Frage, was in ihrem Leben schiefgelaufen war, reagiert hatte. Zoe war immer ein stolzer Mensch gewesen. Kein Wunder, dass sie so aggressiv geworden war.

Trotzdem sollte sie wissen, dass er ihr gerne helfen würde, falls sie seine Unterstützung brauchte. Das war das Mindeste, was er ihr und ihrer Familie schuldete.

Er lächelte sarkastisch. Oh, was war er doch für ein Heiliger. Zu dumm, dass er nicht aufhören konnte, an das Gemälde zu denken, an die geheimnisvollen Schatten zwischen Zoes Schenkeln. Oder an ihre Brüste, die jetzt gerade über den Ausschnitt ihres Tops quollen, als sie sich mit einem Ellbogen auf den Tresen stützte und etwas auf ein Blatt Papier zeichnete. Ihre Kunden musterten sie ungeniert. Liam umklammerte das Lenkrad so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.

Kurz vor acht verließen die beiden Männer das Studio. Sie lachten und schlugen sich gegenseitig auf den Rücken. Einer von ihnen schaute über die Schulter zu Zoe zurück. Liam wusste genau, dass sie über sie sprachen, über das, was sie mit ihr machen würden, wenn sie das Glück hätten, sie nackt in die Finger zu bekommen.

Ohne nachzudenken, riss er die Autotür auf. Er überquerte die Straße, die Hände zu Fäusten geballt. Aus nächster Nähe sah er, dass es Jugendliche waren, vermutlich gerade mal alt genug, um den Führerschein zu machen. Wie angewurzelt blieb er stehen und ließ sie unbehelligt ziehen.

Beinahe hätte er die Beherrschung verloren. Was zum Teufel war los mit ihm?

Liam atmete tief ein und langsam wieder aus. Er war stolz darauf, dass es viele, viele Jahre her war, dass er das letzte Mal vor Wut handgreiflich geworden war. Neben seiner Entschlossenheit, Single zu bleiben, war es einer seiner Vorsätze, niemals die Kontrolle zu verlieren.

Er ging zum Laden und wollte die Tür öffnen. Sie war verschlossen. Zoe musste abgeschlossen haben, während er seine Zeit auf dem Bürgersteig verschwendet hatte. Im nächsten Moment erlosch drinnen das Licht.

Auch gut. Dann würde er eben morgen wiederkommen. Er stieg ins Auto und wollte gerade losfahren, als ein klappriger Subaru mit Zoe am Steuer an ihm vorbeifuhr.

Spontan fuhr er ihr nach. Er hatte inzwischen herausgefunden, dass sie nicht im Telefonbuch stand. Wenn er ihr nachfuhr, würde er wenigstens bald wissen, wo sie wohnte.

2. KAPITEL

Liam folgte Zoe zwanzig Minuten lang durch die dunkle Stadt, bis sie die Straßen von North Melbourne erreichten, wo die Häuser mit Graffiti besprüht waren. Als Zoe, ohne vorher zu blinken, an den Bürgersteig fuhr, bremste er so scharf, dass er fast befürchtete, sie würde ihn bemerken. Er überholte sie und parkte fünfzig Meter entfernt. Dann drehte er sich im Sitz herum und beobachtete Zoe beim Aussteigen.

Sie trug eine Sporttasche und ging zielstrebig auf einen Nachtklub zu.

Etwa fünf Minuten lang beobachtete Liam den Eingang, durch den sie verschwunden war. Doch Zoe kam nicht wieder heraus. Mit einem Schulterzucken stieg er ebenfalls aus. Er würde da drinnen mit ihr reden. Der Ort spielte keine Rolle.

Ein bulliger Kerl in einem engen schwarzen T-Shirt versperrte die Tür, die Arme vor der Brust verschränkt. Liam schaute auf den Namen des Klubs – „Thrashed“ –, bevor er den Türsteher herausfordernd ansah. Der musterte ihn abschätzend und ließ ihn schließlich durch.

Liam betrat ein kleines Foyer und zahlte zehn Dollar Eintritt. Aus dem Klub tönte laute Musik. Liam schob sich durch die Schwingtüren in einen schwach beleuchteten Raum mit Tischen und Stühlen. An der Wand, die sich gegenüber von der langen Theke befand, gab es eine Bühne. Da es noch früh war, saßen erst eine Handvoll Leute an den Tischen. Zoe war nicht unter ihnen.

Liam ließ seinen Blick über die Stühle vor dem Tresen schweifen, aber dort entdeckte er sie auch nicht. Wo zum Teufel steckte sie? Er wartete zehn Minuten, in der Hoffnung, dass sie vielleicht auf der Toilette war, dann ging er hinaus, um sich zu vergewissern, dass ihr Auto immer noch da war. Es stand am selben Fleck.

Er kehrte in den Klub zurück und bestellte ein Bier. In den nächsten zwanzig Minuten füllte sich der Klub langsam. Und immer noch keine Spur von Zoe. Die laute Musik ging ihm inzwischen auf die Nerven, sodass er beschloss, das Warten aufzugeben und Zoe am nächsten Tag aufzusuchen. Schließlich hatte sie zwölf Jahre ohne ihn überlebt. Sie würde auch noch eine weitere Nacht überleben.

Er bahnte sich den Weg zum Ausgang, als die Scheinwerfer plötzlich grell aufleuchteten. Das Publikum begann zu klatschen und zu pfeifen. Eine Band schlenderte auf die Bühne: ein Schlagzeuger mit langem strähnigen Haar und zu vielen Piercings, ein Bassgitarrist mit muskulösen Oberarmen und krummer Nase und der Leadgitarrist in enger Lederhose und mit nackter Brust. Letzterer beugte sich zum Mikrofonständer.

„Hey! Wir sind Sugar Cane, und ihr wisst, was ihr zu tun habt, Leute. Zeigt Vixen, wie sehr ihr sie wollt!“, brüllte er.

Die Menge fing an zu toben, schrie, pfiff und trampelte mit den Füßen. Liam wandte sich zum Ausgang. Er wollte verschwinden, bevor ihm das Trommelfell platzte.

„Entspannt euch, Leute. Vixen ist mehr als bereit für euch“, raunte eine erotische weibliche Stimme über Lautsprecher.

Liam drehte sich zur Bühne um. Etwas in ihm warnte ihn, dass ihm nicht gefallen würde, was er gleich zu sehen bekommen würde. Die Zuschauer flippten noch mehr aus, als eine Frau in schwarzen, zehn Zentimeter hohen Stilettos auf die Bühne trat. Sie trug schwarze Netzstrümpfe mit roten Strapsen und knappe Hot Pants aus Leder. Ihre Brüste und ihr Bauch waren von einer engen schwarzen Lederweste nur knapp verhüllt. Ihr Gesicht war weiß geschminkt wie das einer Geisha, ihre Augen waren dick mit schwarzem Kajal umrandet, sodass sie wie maskiert wirkte. Ihre Lippen stachen leuchtend rot hervor, passend zu einer einzelnen farbigen Strähne in ihrer wilden Mähne.

Stocksteif stand Liam da und starrte Zoe an, die langsam und aufreizend mit dem Becken kreiste.

„Los geht’s, Lovers!“, schrie sie ins Mikro, und lauter, rhythmischer Beat dröhnte aus den Lautsprechern.

Zoe fing an zu singen, mit starker, leidenschaftlicher Stimme. Wie entfesselt wirbelte sie über die kleine Bühne. Sie reckte den Arm in die Luft und führte zuckende Bewegungen mit den Hüften aus. Sie fuhr mit der Hand über ihren Schritt und warf wie in Ekstase den Kopf zurück, während sie über Sex und Begierde sang und von ihrer Entschlossenheit, sich zu nehmen, was sie wollte und wann sie es wollte.

Liam blieb den ersten Song lang wie angewurzelt stehen. Schließlich drängte er sich durch die Menge an den Tresen, von wo aus er Zoe mit verschränkten Armen bei ihrer Performance beobachtete.

So etwas wie sie hatte er noch nie gesehen. Sie verkörperte puren, zügellosen Sex und schien jeden Mann im Publikum aufzufordern, sie zu befriedigen.

Beim zweiten Song zerrte sie an den Nieten ihrer Weste und riss sie auf, um einen schwarzen Spitzen-BH und ein zweites Tattoo über ihrer Hüfte und ihrem Bauch zu enthüllen. Die Menge johlte begeistert. Zoe strich mit den Fingern von einer Brust zur anderen und sang dazu, dass sie harten und schnellen Sex liebte. Dann drehte sie sich um und zog die Weste halb herunter. Liam starrte wie gebannt hin, als noch mehr von ihrer Tätowierung zu sehen war.

In verschiedenen Schattierungen von Schwarz und Grau wand sich das Tattoo um ihre Hüfte, um an ihrem Rückgrat hochzuranken: eine dornige Kletterrose, die ebenso viel Freude wie Schmerz verhieß. Sie verschwand unter Zoes langen Haaren, bis sie an ihrem Hals wieder sichtbar wurde.

Eine Bewegung vorn im Publikum erregte Liams Aufmerksamkeit. Ein stämmiger Glatzkopf mit nacktem Oberkörper, offensichtlich betrunken, hievte sich über den Rand der Bühne. Instinktiv eilte Liam sofort zu Zoe, um ihr zu Hilfe zu kommen. Doch er hatte kaum drei Schritte gemacht, da ging Zoe direkt zu dem Störenfried und setzte ihm ihren spitzen Absatz mitten auf die Brust. Ohne einen Ton auszulassen, schob sie den Mann mit dem Fuß von der Bühne.

Liam blieb stehen und starrte sie an.

Er hatte keine Ahnung, wer sie war, was sie zu dieser Frau auf der Bühne gemacht hatte, die vierhundert Leute in Raserei versetzte.

Langsam kehrte er zu seinem Platz an der Bar zurück.

Es würde eine lange Nacht werden.

Schweiß rann Zoe über den Rücken, während sie über die Bühne wirbelte. Zum ersten Mal an diesem Tag war sie ganz sie selbst. Liam Masters nach so langer Zeit wiederzusehen hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Aber jetzt hatte sie sich wieder im Griff, und als sie auf den Knie sank und aus voller Kehle „Release Me“ sang, fühlte sie sich unbesiegbar.

Sie liebte diese Konzerte. Als der einleitende Riff von „Make It Hurt“ erklang, stellte sie sich breitbeinig hin und schob die Hüften vor. Beim Singen schaute sie in die Dunkelheit des Klubs. Sie konnte kaum etwas erkennen, doch manchmal wurden einzelne Gesichter von dem umherschweifenden Scheinwerfer angestrahlt.

Als das gleißende Licht auf den Tresen fiel und sie dort einen großen Mann mit verschränkten Armen stehen sah, der sie mit seinem Blick zu durchbohren schien, drehte sich ihr fast der Magen um. Es war nur ein flüchtiger Moment, aber sie wusste sofort, wer dieser Mann war: Liam.

Ihre erste Reaktion war Wut. Sie war wütend, weil er sie nicht in Ruhe ließ. Dann erinnerte sie sich daran, wie er sie an diesem Morgen gemustert hatte, und es gelang ihr, der Situation noch etwas Komisches abzugewinnen.

Wenn er schon damit Probleme gehabt hatte, dass sie in einem Tattoostudio arbeitete, konnte sie sich lebhaft vorstellen, was jetzt in ihm vorging.

Der Gedanke war so amüsant, dass sie beinahe ins Mikro gelacht hätte.

Zu wissen, dass er sie beobachtete, verlieh jeder ihrer Bewegungen von nun an eine besondere Würze. Wenn sie ihre Brüste berührte und den Rücken dabei nach hinten bog, achtete sie darauf, dass er sie besonders gut sehen konnte. Als sie ihrem Publikum den Po zuwandte und langsam mit den Hüften kreiste, malte sie sich aus, wie er bei ihrem Anblick mit den Zähnen knirschte, weil alles so „schiefgelaufen“ war.

Nach ihrem letzten Song war sie geradezu high. Sie verbeugte sich mit ihrer Band, aber ihre Augen suchten Liam. Sie konnte in der Dunkelheit nur seine Silhouette ausmachen und warf ihm ein freches Lächeln zu, bevor sie sich umdrehte und die Bühne mit provozierendem Hüftschwung verließ.

Ja, glotz mich nur an, du Pfeife.

„Was für ein Konzert! Das beste seit ewigen Zeiten“,schwärmte Derek auf dem Weg zu den Umkleideräumen.

„Zoe, Baby, du bist heute richtig abgegangen“, meinte Mickey, der Leadgitarrist. „Ich dachte schon, wir müssten das Publikum mit Knüppeln abwehren.“

„Ihr wart einfach toll“, erwiderte Zoe. „Das hat mich inspiriert.“

Kane, der Drummer, nahm ein Sechserpack Bier aus dem Kühlschrank und bot jedem reihum ein Bier an. Zoe schüttelte den Kopf und griff stattdessen nach einer Flasche Bourbon, die sie vor der Show geöffnet hatte.

„Mann, ist mir heiß“, stöhnte sie und hob das Haar im Nacken hoch. „Ich gehe mich erst einmal abschminken.“

Sie nahm den Flaschenhals zwischen zwei Finger und schlenderte über den Flur in ihre winzige Garderobe. Dort trank sie einen Schluck direkt aus der Flasche und musterte sich im Spiegel. Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als sie sich vorstellte, wie Vixens Performance auf Liam gewirkt haben musste.

Zu komisch.

Da hörte sie Schritte und wandte den Kopf um. Liam stand im Türrahmen und füllte ihn mit seiner großen Statur fast aus.

Sie grinste. Salutierend hob sie die Flasche.

„Wie hat dir die Show gefallen?“ Sie hielt einen Finger hoch und gab ihm keine Gelegenheit zu antworten. „Nein, lass mich raten. Du findest, es ist alles schiefgelaufen.“

Wortlos kam er herein und machte die Tür hinter sich zu.

Plötzlich wirkte der Raum deutlich kleiner. Zoe trank noch einen Schluck Whiskey.

„Wir müssen reden“, sagte Liam.

„Müssen wir das?“

„Ich möchte dir helfen. Falls du Geld brauchst oder Unterstützung bei einem Neuanfang. Was auch immer. Ich gebe dir, was immer du brauchst.“

Langsam stellte sie die Flasche ab. Er bot ihr Almosen an wie einem heruntergekommenen Junkie oder einem Strichmädchen.

„O danke, Lord Liam. Wie nobel von dir, dich wohltätig unters Volk zu mischen. Ich fühle mich ja so geehrt, dass ich auserwählt wurde.“

Er musterte sie von Kopf bis Fuß.

„Wissen deine Eltern von dieser Sache? Dein Bruder?“

Zoe hatte seinen überheblichen Tonfall allmählich satt. „Diese Sache? Was genau meinst du damit, Liam? Mein Singen? Meinen Beruf?“

„Ich meine die Art, wie du dich zur Schau stellst“, entgegnete er. „Du lässt dich von den Männern anstarren und weckst schmutzige Fantasien in ihnen.“

Sie zuckte mit den Schultern, wohl wissend, dass diese Reaktion ihn wirklich ärgerte.

„Die Männer können sich vorstellen, was sie wollen. Ich bin diejenige, die entscheidet, wann und was sie berühren dürfen.“

Herausfordernd hob sie den Kopf. Sie wartete auf seine Antwort. Stattdessen schwieg er so lange, dass es ihr wie eine Ewigkeit vorkam.

„Was ist mit dir passiert, Zoe?“, fragte er schließlich leise.

Sie blinzelte, weil sie auf den aufrichtigen Schmerz in seiner Stimme nicht gefasst gewesen war.

„Du bist gegangen, und ich bin erwachsen geworden“, entgegnete sie und wandte ihm den Rücken zu. Sie traute sich nicht, ihm in die Augen zu sehen, spürte aber, dass er sie beobachtete, als sie ihre Kosmetika in den Schminkkoffer steckte.

„Lass mich dir helfen. Um der alten Zeiten willen.“

Zoe schloss die Augen. Sie verachtete sich dafür, dass Liam immer noch solche Wirkung auf sie hatte. Zum zweiten Mal an diesem Tag kämpfte sie mit den Tränen.

Verdammt, er musste aus ihrem Leben verschwinden. Ein für alle Mal.

Mit halb gesenkten Lidern drehte sie sich zu ihm um. Gleichzeitig hakte sie einen Daumen in den Bund ihrer Hot Pants.

„Ich brauche keine Hilfe von dir, Liam“, sagte sie. „Das Einzige, was ich von einem Mann brauche, ist das Einzige, was ich selbst nicht habe. Falls du verstehst, was ich meine.“

Als ihm die Bedeutung ihrer Worte dämmerte, wurde seine Miene noch düsterer.

„Spiel keine Spielchen mit mir“, erwiderte er. „Es muss etwas geben, das du brauchst.“

„Und ob“, bestätigte sie. „Besonders nach einem Auftritt. Die Show macht mich immer heiß.“

Mit einer Hand fächelte sie sich Luft zu, mit der anderen löste sie den Knopf ihrer Hot Pants. Liams Blick fiel auf ihre Taille.

„Nicht interessiert?“, fragte sie, während sie den Schieber des Reißverschlusses mit den Fingerspitzen fand.

Plötzlich hatte sie deutlich vor Augen, wie Liam vor zwölf Jahren erst die Hand unter den Bund ihrer Jeans geschoben hatte, bevor er den Reißverschluss aufgemacht hatte. Was hatte sie gebettelt, dass er sie endlich richtig berührte!

Sie zog langsam den Reißverschluss auf.

„Nicht!“ rief Liam. Ein Muskel in seiner Wange zuckte.

Gut. Sie wollte ihn ins Schwitzen bringen. Sie wollte, dass er verschwand. Und sie genoss es, zur Abwechslung einmal die Kontrolle über die Situation zu haben. Einst hatte sie ihn angefleht, sie zu lieben, doch er hatte sie einfach zur Tür hinausgedrängt und sich dann ohne Abschied aus dem Staub gemacht. Heute Nacht war sie diejenige, die das Zepter in der Hand hielt.

Sie hakte die Daumen in die Gürtelschlaufen und streifte die Hot Pants von ihren Hüften, bis sie nur noch im schwarzen Spitzentanga und BH, roten Strapsen und dunklen Netzstrümpfen vor ihm stand.

„Also, wie ist es, Liam? Wirst du mir geben, was ich brauche, oder muss ich mich selbst um mich kümmern?“

Sie berührte die Kuppe ihres Mittelfingers mit der Zunge und glitt mit dem Finger über ihre linke Brust, bis sie die aufgerichtete Spitze durch den BH fühlte. Sie fing sie zwischen Daumen und Zeigefinger ein und drückte zu. Eine Hitzewelle schoss durch ihren Körper.

Zoe konnte Liam atmen hören.

„Ich will dir nur helfen“, sagte er.

„Und ich habe dir verraten, wie du das tun kannst.“

Sie hatte vorgehabt, Liam mit ihrer Provokation zu vertreiben, aber sein intensiver Blick hatte einen eigenen Effekt auf sie. Plötzlich war es kein Spiel mehr.

Diesmal würde sie nicht zulassen, dass er sie mit ihrem Verlangen allein ließ. Sie trat einen Schritt zurück, bis sie die kühle Kante des Garderobentischs an den Oberschenkeln spürte. Sie lehnte sich mit dem Po dagegen und stellte ein Bein auf den Stuhl. Dabei ließ sie Liam nicht einen Moment aus den Augen, beobachtete, wie er sie beobachtete.

Er begehrte sie. Wenn sie dafür noch einen Beweis gebraucht hätte, hätte die deutliche Wölbung im Schritt seiner Jeans wohl genügt.

„Was ist los, Liam? Ich bin nicht mehr Toms unschuldige kleine Schwester. Keine Eltern, die uns stören könnten. Nur du und ich.“

Sie behielt ihre linke Hand auf ihrer Brust und schob die rechte über ihren Bauch bis zum Ansatz ihres Stringtangas. Aufreizend ließ sie die Finger unter den Stoff und zwischen ihre Schenkel gleiten.

Genießerisch schloss sie die Augen und seufzte tief, als sie anfing, sich zu streicheln.

„Das fühlt sich so gut an, Liam. Willst du’s mal versuchen?“

Liam fluchte. Er war so erregt, dass es schon wehtat, und ihm gingen die Gründe aus, warum er die Hände von Zoe lassen sollte, die sich in diesem Moment unmittelbar vor seinen Augen selbst befriedigte. Noch nie war er so zwischen Vernunft und Verlangen hin und her gerissen gewesen.

Aber dies war Zoe. Zoe mit den großen vertrauensvollen Augen und der seidigen unberührten Haut und der atemberaubenden, völlig arglosen Sinnlichkeit. Er konnte nicht im Hinterzimmer eines schäbigen Klubs über sie herfallen.

„Beeil dich lieber, Liam, sonst ist die Show gleich vorbei.“ Sie zog einen Cup ihres BHs herunter und entblößte eine volle, cremig weiße Brust.

Das genügte. Den ganzen Abend hatte er sie nun schon beobachtet und sich mit Erinnerungen gequält. Er war nicht aus Stein, und er war auch kein Heiliger.

Mit zwei Schritten war er bei Zoe. Sie riss die Augen auf, als er sie fest an den Armen packte.

Dann küsste er sie wild, presste seinen harten Oberkörper an ihre weichen Brüste, drängte sich mit den Hüften zwischen ihre weit gespreizten Schenkel. Er war so heiß auf sie, dass er kaum wusste, was er zuerst tun sollte. Ungeduldig streifte er die Träger des BHs von ihren Schultern und zog die Cups herunter, um beide Brüste zu entblößen. Zoe atmete erschauernd ein, als seine Hände über ihren Körper glitten. Er küsste ihren Hals, liebkoste ihr Ohr mit der Zunge und kniff so fest in ihre Brustspitzen, dass sie sich in seinen Armen wand.

Keuchend schloss sie die Augen. Mit beiden Händen umfasste sie seinen Po und zog Liam näher heran. Er rieb sich an ihr, während er mit den Fingern unter ihren Stringtanga tastete. Er schob den dünnen Stoff beiseite und fühlte, wie bereit sie war.

Jetzt konnte er keine Sekunde länger warten. Doch Zoe war schneller als er. Sie löste den Knopf seiner Jeans, öffnete den Reißverschluss und strich aufreizend über seinen harten Schaft. Liam stöhnte. Sein ganzer Körper spannte sich an, als er seine Erektion zwischen ihre Schenkel führte.

„Warte“, bat sie leise mit heiserer Stimme.

Er hörte das Knistern von Folie, bevor Zoe ihm mit geschickten Fingern ein Kondom überstreifte. Kaum war sie damit fertig, drang er in sie ein. Ihr entfuhr ein überraschtes Stöhnen. Liam vergaß Zeit und Raum, als er sich rhythmisch in ihr zu bewegen begann.

Sie hob die Beine und legte sie um seine Taille. Ihr Kopf fiel in den Nacken. Ihr Körper erzitterte unter seinen kraftvollen Stößen, und sie biss sich auf die Unterlippe, um einen Schrei zu unterdrücken. Liam beugte sich vor und umspielte eine Brustspitze mit seiner Zunge. Er biss hinein und genoss es, wie Zoe zuckte und sich unter ihm wand.

Schließlich hielt er ihre Hüften fest, um noch tiefer, härter in sie einzudringen. Ihr Rücken bog sich, und sie grub die Fingernägel in seinen Po. Ein Ausdruck von süßer Qual glitt über ihr Gesicht, als sie heftig erschauernd den Gipfel ihrer Lust erreichte. Im nächsten Moment erlebte er selbst einen so intensiven Höhepunkt, dass ihm der Atem stockte. Sekundenlang rührte er sich nicht, um die erlösenden Momente zu genießen.

Er spürte ihren Atem an seinem Hals, ihre Hände an seinem Po. Allmählich nahm er den gedämpften Klang von Musik aus dem Klub wahr.

Sein Herz klopfte schnell. Er holte tief Atem und versuchte sich zu sammeln.

Ein Beben ging durch Zoes Körper. Liam lehnte sich zurück, um ihr Gesicht zu betrachten. Sie lachte stumm, kopfschüttelnd.

„Ich sollte dir jetzt wohl danken“, meinte sie. „Damals hast du mir prophezeit, dass ich es eines Tages tun würde. Ich muss sagen, es hat sich gelohnt, zwölf Jahre darauf zu warten.“

Liam löste sich von ihr und wandte sich ab, um das Kondom zu entsorgen. Er warf es in den Mülleimer. Diese Beschäftigung war ein willkommener Vorwand für ihn, Zoe nicht anschauen zu müssen. In ihrem Blick war eine solche trostlose Leere gewesen, dass er am liebsten irgendetwas zerschlagen hätte.

Er machte seine Jeans zu. Zoe zog ihren BH hoch und fing an, die Strümpfe von den roten Strapsen zu lösen.

„Ich wollte nicht, dass das passiert“, sagte er.

„Ob du’s glaubst oder nicht, ich auch nicht. Aber es war ziemlich gut, findest du nicht?“

Sie rollte die Strümpfe herunter und schlüpfte aus den Stilettos. Liam zwang sich, fortzusehen, als sie den Stringtanga von den Beinen streifte. Er wusste jetzt, dass sie bis auf einen schmalen Streifen Haar zwischen den Schenkeln rasiert war.

„Können wir irgendwo hingehen? Um zu reden?“, fragte er, nachdem sie ihre Jeans und ihr Top anzogen hatte.

„Ich habe es dir bereits gesagt. Ich will und brauche deine Hilfe nicht, Liam. Du hast mir gerade alles gegeben, was ich wollte.“

Ihr Blick ließ keinen Zweifel daran, dass sie es ernst meinte. Liam fühlte sich machtlos.

„Wie lange singst du schon?“, fragte er. Er musste Zeit schinden, bis er wieder einen klaren Kopf hatte.

„Seit fünf Jahren. Seit drei Jahren als Vixen. In der Rolle macht es besonders viel Spaß.“

Zoe stellte sich vor den Schminktisch und griff nach einem Cremetiegel. Dann schaute sie Liam im Spiegel an. „Was ist mit dir, du barmherziger Samariter? Womit verdienst du deine Brötchen?“

„Ich baue Custombikes, das heißt Motorräder, die nach individuellen Kundenwünschen zusammengesetzt werden. Hauptsächlich Chopper.“

Sie band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und verteilte Creme auf ihrem Gesicht. Dann schloss sie die Augen und entfernte das Make-up. „Das passt. Du hast immer gern in der Garage herumgebastelt.“

Sie wischte sich das Gesicht mit einem Papiertaschentuch ab. Als sie danach die Augen öffnete, sah er die alte Zoe vor sich, das Mädchen, das er vor so langer Zeit gekannt hatte. Kein schwarzer Kajal, kein dickes Make-up – nur natürlich lange Wimpern, klare grüne Augen und helle Haut.

Sie griff nach der Mascara. Spontan hielt er ihre Hand fest.

„Nein.“

Sie runzelte die Stirn. „Wie bitte?“

„Du siehst ohne besser aus.“

Zoe schüttelte seine Hand ab und beugte sich vor, um ihre Wimpern zu tuschen. „Ich glaube, du gehst jetzt besser. Danke für deinen Besuch. Er war … interessant“, sagte sie, ohne den Blick von ihrem Spiegelbild abzuwenden.

Liam rührte sich nicht. Schließlich sah sie ihn im Spiegel an und zog eine Augenbraue hoch.

„Was? Du willst noch mehr hören? Okay, danke für den Sex. Du warst besser als jeder andere seit langer Zeit. Glücklich?“

Nicht wirklich. Doch Liam begann zu begreifen, dass er heute nichts mehr bei ihr erreichen würde. Sie würde sich eher die Zunge abbeißen, als ihn um Hilfe zu bitten.

Wortlos wandte er sich zur Tür. Im Flur hörte er, wie Zoe hinter ihm abschloss. Er ging hinaus in den Regen und wurde von Schuldgefühlen überwältigt.

Er hatte die Kontrolle verloren. Dass Zoe ihn provoziert hatte, war keine Entschuldigung für sein Verhalten. Er hatte ihr helfen wollen und stattdessen einfach seinem Verlangen nachgegeben.

Es würde nicht wieder passieren.

3. KAPITEL

Zoe blieb lange im Umkleideraum sitzen, nachdem Liam gegangen war.

Langsam begann sie ihre Sachen einzupacken. Sie machte sich nicht die Mühe, ihr restliches Make-up aufzutragen. Sie warf einfach ihren Schminkkoffer und ihr Bühnenkostüm in die Sporttasche.

Draußen schloss sie die Augen und hielt ihr Gesicht in den kühlen Regen. Erst als ihr Top und ihre Jeans nass waren, stieg sie in ihren Wagen.

Sie brauchte zehn Minuten bis zu ihrem Apartment in der Vorstadt Essendon. Zitternd betrat sie die kleine Einzimmerwohnung. Sie redete sich ein, dass die Kälte an ihrem Zittern schuld war.

Ein schwaches Miauen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die getigerte Katze, die sie vor zwei Tagen völlig entkräftet und mit aufgeblähtem Bauch vor ihrer Tür gefunden hatte. Vermutlich waren die Kätzchen schon bald fällig.

„Wie geht’s dir, kleine Miss? Schon wieder hungrig?“

Zoe nahm sich Zeit, die Katze, die sie Lucky getauft hatte, mit einer Dose Thunfisch zu füttern, ehe sie sich auszog und unter die Dusche ging. Sorgfältig wusch sie sich, um jede Spur von Liam Masters von ihrer Haut zu tilgen. Sie wollte nicht einmal von einem Hauch von Aftershave an das erinnert werden, was an diesem Abend passiert war.

Warum war Liam nach all den Jahren wieder in ihr Leben getreten? Alles war in bester Ordnung gewesen, bis er aufgetaucht war und alles aus dem Lot gebracht hatte.

Sie ging in die Küche, um eine Flasche Wodka aus dem Eisfach zu nehmen, lehnte sich an die Kühlschranktür und trank erst ein Glas pur, dann noch eins. Der Alkohol brannte ihr in der Kehle und im Bauch. Zoe schloss die Augen, nur um von einer Erinnerung heimgesucht zu werden. Sie stellte sich vor, wie Liam kraftvoll in sie eingedrungen war.

Sie öffnete die Lider und goss sich noch einen Wodka ein.

Sie hatte geglaubt, dass sie nach dem Sex mit Liam einen Schlussstrich unter Jahre voller Schmerz und Sehnsucht ziehen könnte, aber es hatte sich nicht danach angefühlt, dass es zu Ende war. Nicht annähernd.

Zoe kletterte ins Bett und stellte die Wodkaflasche auf ihren Nachttisch. Das Brennen in ihrem Magen breitete sich in ihrem Körper aus und hüllte alles um sie herum in Nebel.

Sie wollte einfach nur vergessen. Mehr hatte sie nie gewollt. Nur so tun, als ob das alles nie geschehen wäre.

Unter der Decke fanden ihre Finger die dünne, saubere Narbe auf ihrem Bauch. Die Linie bildete den Ursprung ihres Tattoos, das sich über eine Hüfte und ihren Rücken bis zu ihrem Hals hochschlängelte. Sie zeichnete die Narbe immer wieder mit einem Finger nach, bis sie schließlich beide Hände flach auf ihren Bauch presste.

Warum bist du gekommen, Liam? Warum konntest du mich nicht einfach in Ruhe lassen?

Sie drehte sich auf die Seite und umarmte ihr Kissen. Im Dunkeln hörte sie den Wecker ticken und das Rascheln von Lucky in dem Pappkarton, der der Katze als Schlafplatz diente. Noch nie war Zoe so dankbar für die Nähe eines anderen Lebewesens gewesen.

Diese Nacht war keine Nacht zum Alleinsein.

Am nächsten Morgen verspätete sich Zoe bei der Arbeit. Jake sagte kein Wort, aber sie wusste, dass er verstimmt war. Sie war nachts eingeschlafen, ohne vorher den Wecker zu stellen. Außerdem hatte sie zu viel getrunken. Normalerweise trank sie nicht allein. Jedenfalls schon lange nicht mehr.

Sie machte Liam für alles verantwortlich.

Zoe konnte immer noch nicht fassen, dass sie tatsächlich Sex mit ihm gehabt hatte. Zwölf Jahre zu spät, um für sie noch von Bedeutung zu sein.

Bis zum Mittag hatte sie ihr inneres Gleichgewicht wiedererlangt. Jake redete wieder mit ihr, und als Entschädigung brachte sie ihm Pizza aus der Pause mit.

Dann, am späten Nachmittag, kam Liam mit einem Blumenstrauß – bestehend aus Lilien und Rosen – zur Tür herein. Jake grinste. Zoe runzelte missmutig die Stirn.

„Nein“, sagte sie, bevor Liam überhaupt den Mund aufmachen konnte.

„Du weißt doch gar nicht, weshalb ich hier bin“, entgegnete Liam.

„Es spielt keine Rolle. Ich werde nicht wieder mit dir schlafen. Ich mag keine Blumen, und ich will nicht mit dir reden. Bitte geh.“

„Ich möchte ein Tattoo“, erklärte er.

Zoe starrte ihn an. Damit hatte sie nicht gerechnet.

„So eine Entscheidung will gut überlegt sein. Eine Tätowierung lässt sich nicht einfach wieder abwaschen“, belehrte sie ihn.

Liam drehte sich um und zog sein T-Shirt hoch, um ihr seinen Rücken zu zeigen. Er hatte bereits drei Tattoos – das Emblem einer Biker-Gang auf seiner linken Schulter, drei Zeilen in gotischer Schrift auf Latein auf seiner rechten Schulter und einen Drachen in seiner Taille.

Zoe trat näher, um die Arbeiten zu begutachten. „Der Drache ist gelungen. Dieses Symbol dagegen ist etwas schwach. Da fehlt Farbe.“

Liam wandte sich zu ihr um. „Kannst du eine Sitzung für mich in deinen Terminkalender einschieben?“

„Nein“, behauptete sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Jake räusperte sich hinter ihr.

„Zieh’s von meinem Gehalt ab“, sagte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen.

„Was ist los, Zoe? Hast du Angst, ich könnte dich zu etwas überreden, das du nicht willst?“, fragte Liam.

Autor

Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen. Am nächsten Morgen ging sie zu ihrer Buchhandlung, kaufte ein Dutzend Liebesromane von verschiedenen Autorinnen und...
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<p>Sarah Mayberry wurde in Melbourne in Australien als mittleres von drei Kindern geboren. Sie hat die Leidenschaft für Liebesromane von Ihren beiden Großmüttern geerbt und wollte Schriftstellerin werden, solange sie denken kann. Dieses Ziel verfolgte sie ehrgeizig, indem sie zunächst eine Bachelor in professionellem Schreiben und Literatur machte. Trotzdem hat...
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