Träumen erlaubt - verlieben verboten?

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Er ist Brandon Slade! Und ich bin … einfach nur ich! Kein Tag vergeht, an dem Isabelle sich das nicht beschwörend sagt. Aber vergebens. Seit sie mit dem berühmten Autor unter einem Dach wohnt, drehen sich all ihre Träume um ihn. Was nicht nur daran liegt, dass Brandon ihr Lieblingsautor ist - Isabelle findet es bezaubernd, wie lieb er sich um seine kleine Tochter kümmert. Dieser Mann hat ein großes Herz! Und eines Nachts, als Brandons Tastatur ruht, zieht er Isabelle an sich und beweist ihr, wie zärtlich er als Mann sein kann. Selbst wenn es nur ein Glück auf Zeit ist …


  • Erscheinungstag 19.03.2013
  • Bandnummer 1876
  • ISBN / Artikelnummer 9783954464272
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Maizie Sommers blickte von ihren fünf Karten auf und beobachtete das Mienenspiel ihrer beiden besten Freundinnen Theresa Manetti und Cecilia Parnell. Die wöchentliche Pokerpartie war für die drei Frauen eine willkommene Auszeit von der Arbeit – und Gelegenheit, den neuesten Klatsch auszutauschen. Theresa bevorzugte dafür allerdings den Ausdruck „sich auf den aktuellen Stand der neuesten lokalen Nachrichten bringen“.

Ebenso wichtig waren seit Kurzem ihre Bemühungen auf dem Gebiet der Heiratsvermittlungen, worin sie ziemlich erfolgreich waren.

„Nun, Mädels, irgendwelche Projekte oder Planungen in Aussicht?“, fragte Maizie erwartungsvoll, während ihr Blick zwischen den Freundinnen hin und her wanderte.

In den vergangenen Wochen hatten sie kaum miteinander telefoniert, weil sie bis über beide Ohren in Arbeit steckten. Maizie leitete ein Maklerbüro, Cecilia besaß ein Reinigungsunternehmen und Theresa betrieb einen Catering-Service, der ganz klein in ihrer Küche begonnen hatte. Alle drei Frauen waren ausgesprochen erfolgreich in ihrem Beruf.

Stirnrunzelnd legte Cecilia vier ihrer fünf Karten verdeckt auf den Tisch. „Nun ja, ich weiß nicht, ob es sich dabei wirklich um ein ‚Projekt‘ handelt“, begann sie. „Aber Anastasia del Vecchio hat sich neulich mal wieder um ihren Sohn Sorgen gemacht, weil er noch immer unverheiratet ist. Als ich das letzte Mal meine Putzkolonne in ihr Haus begleitet habe, das übrigens eher einem Museum gleicht, hat sie mir erzählt, dass sie für die nächsten sechs Monate auf Tournee geht. Und während sie jeden Abend auf der Bühne steht, hätte sie ihn und ihre Enkelin gern in guten Händen gewusst.“

Maizie überlegte kurz. „Ihr Sohn ist doch der Schriftsteller, nicht wahr? Der diese Bestseller-Krimis schreibt.“

„Brandon Slade“, kam ihr Cecilia zu Hilfe. „Sein Haus reinigen wir auch.“ Verschwörerisch kam sie näher. „Für einen Mann ist Brandon sehr organisiert. Anastasia dagegen ist die reinste Chaotin.“

„Sie ist Schauspielerin. Ordnung halten gehört nicht zu ihrer Rolle“, meinte Maizie lachend. „Was ihre Hoffnung angeht, Brandon in ‚guten Händen‘ zu sehen – ich glaube, wer so berühmt ist, braucht sich über einen Mangel an weiblicher Gesellschaft bestimmt nicht zu beklagen.“

„Es gibt einen Unterschied zwischen ‚weiblicher Gesellschaft‘ und einer verlässlichen Frau, mit der ein Mann den Rest seines Lebens verbringen kann“, gab Theresa zu bedenken.

Die anderen wussten, wovon sie sprach. Ihr Sohn Kullen, ein sehr erfolgreicher und gut aussehender Anwalt, war jede Woche mit einer anderen Frau unterwegs gewesen. Schließlich hatte das Trio dafür gesorgt, dass die Frau, die ihm am meisten bedeutete, wieder in sein Leben kam. Die Hochzeit stand unmittelbar bevor.

Maizie verlor das Interesse an ihrem Blatt und legte die Karten verdeckt auf den Tisch. Prüfend sah sie Theresa an. „Diesen Ton kenne ich doch. Du hast für Anastasias Sohn schon jemanden im Auge, stimmt’s?“

Theresa lächelte. Von den Dreien war sie zwar die Zurückhaltendste, aber ihre Überzeugungen wusste sie genauso vehement zu vertreten wie ihre Freundinnen, zu denen sie in unverbrüchlicher Treue hielt.

„Sagen wir mal so: Ich kenne jemanden, der nur noch zur Quelle geführt werden müsste“, erwiderte sie geheimnisvoll.

„Erzähl“, befahl Cecilia. Sie war auf die Kante ihres Stuhls vorgerückt und sah ihre Freundin erwartungsvoll an.

„Ich habe neulich ein Essen für die ‚Helfenden Hände‘ geliefert – das ist eine private physiotherapeutische Klinik“, begann Theresa, um Cecilias und Maizies offensichtliche Neugier zu stillen. „Deren Leiterin Zoe Sinclair hat mir anvertraut, dass sie sich Sorgen um ihre jüngere Schwester Isabelle macht. Sie habe sich mit Haut und Haaren dem Beruf verschrieben. Was natürlich einerseits gut fürs Geschäft, andererseits aber schlecht für Isabelles Liebesleben sei, das, soviel sie wisse, seit Jahren brachliege.“

Cecilia seufzte. „Ich weiß, wie das ist“, murmelte sie.

Alle drei wussten es. Sie waren seit der dritten Schulklasse befreundet und hatten sich bei allen Höhen und Tiefen ihres Lebens – Liebschaften, Hochzeit, Kinder – gegenseitig unterstützt. Und natürlich auch in der schwersten Phase ihres Lebens: als alle drei Witwen geworden waren.

Nichtsdestotrotz waren sie unverbesserliche Romantikerinnen, die sich um das Leben ihrer Töchter ebenso „kümmerten“ wie um das von Theresas Sohn. Sie sahen es als Herausforderung an, den Kindern ihrer Freunde und Klienten bei der Suche nach dauerhaften Beziehungen behilflich zu sein. Sie taten es aus reiner Nächstenliebe. Es machte ihnen einfach Spaß, zwei Menschen zusammenzubringen.

Ohne auf Cecilias Worte einzugehen, zeigte Theresa ihren Freundinnen ein Foto von der Schwester ihrer Kundin. Es war auf einer Party aufgenommen worden.

Lachend holte Cecilia aus ihrer übergroßen Handtasche den jüngsten Thriller von Brandon Slade hervor; ein Geschenk von ihm, das er ihr in die Hand gedrückt hatte, als ihr Team zuletzt bei ihm geputzt hatte. Auf der Rückseite war ein Bild des Schriftstellers. Sie legte das Buch neben Isabelle Sinclairs Foto.

Maizie sah abwechselnd von Isabelle zu Brandon und nickte nachdenklich. „Die beiden gäben ein schönes Paar ab.“ Fragend sah sie ihre Freundinnen an. „Nur – wie können wir die beiden zusammenbringen?“

Das war die Frage, auf die sie jetzt eine Antwort finden wollten.

1. KAPITEL

Das Theater war Anastasia del Vecchios Leben. Schon als Dreijährige hatte sie im Scheinwerferlicht gestanden. Deshalb sah man es ihr gern nach, wenn sie bisweilen auch im Privatleben allzu theatralisch wurde. Seit sie im Geschäft war, hatte sie sich immer wieder neu erfunden. Mittlerweile galt sie als eine der letzten wirklichen Diven im Theaterbetrieb. Schüchtern und zurückhaltend waren jedenfalls Begriffe, die nicht in ihrem Wörterbuch standen.

Alles im Leben der legendären Schauspielerin galt inzwischen als überdimensional. Wenn irgendetwas nicht in großem Stil umgesetzt werden konnte, sah sie keinen Sinn darin, es überhaupt in Angriff zu nehmen. Ihre Energie war sprichwörtlich. Davon zeugten nicht zuletzt ihre fünf Ehen und zahllose Affären ebenso wie ihr unermüdlicher Arbeitseifer.

Daher kam es für sie selbstverständlich einer Katastrophe gleich, als sie nach einem Sturz von der Bühne ins Krankenhaus gebracht werden musste, wo sie sich ausgiebig über ihre Schmerzen beklagte, gleichzeitig aber weigerte, Medikamente zu nehmen, um ihre Qualen zu lindern.

„Es wird mir nützlich sein“, behauptete sie dem Arzt gegenüber, der ihr eine Morphiumspritze geben wollte. Zwar trieben ihr die Schmerzen echte Tränen in die Augen, aber sie biss die Zähne zusammen. „Ich werde mich daran erinnern, wenn ich eine Frau spiele, die heftige Schmerzen ertragen muss.“

Zu oft hatte Anastasia nämlich miterlebt, dass viele ihrer Kollegen drogen- oder medikamentenabhängig geworden waren und die Kontrolle über sich verloren hatten. Und die Kontrolle über ihr Leben wollte sie auf keinen Fall aus der Hand geben.

Es waren die letzten Worte der Schauspielerin, bevor sie in der Notaufnahme wegen der höllischen Schmerzen in Ohnmacht fiel.

Während seine Mutter die Folgen ihres Unfalls erdulden musste, hatte Brandon Slade mit einem Gegner zu kämpfen, der ihm bis dahin vollkommen unbekannt gewesen war: mit einer Schreibblockade. Und wie alle Schriftsteller, die darunter leiden, war ihm jede Abwechslung willkommen. Deshalb nahm er sofort den Hörer ab, als das Telefon in seinem Arbeitszimmer klingelte.

Am anderen Ende war ein völlig aufgelöster Regisseur. Tyler Channing bat ihn, sofort ins Theater zu kommen.

Drei Minuten später saß Brandon bereits in seinem Wagen und schaffte es gerade noch rechtzeitig, zu seiner Mutter in den Krankenwagen zu klettern, ehe die Türen geschlossen wurden.

Der Sanitäter warf ihm einen verunsicherten Blick zu, als er der bewusstlosen Schauspielerin eine Spritze gab. „Ist sie immer so?“, wollte er wissen.

„Immer.“ Brandon lächelte versonnen und hielt die Hand seiner Mutter fest.

Brandon Slade, ein Liebling der Medien, war Anastasias einziger Sohn aus ihrer zweiten Ehe. Sie hatte sich damals Hals über Kopf in einen australischen Schauspieler verliebt und ihn geheiratet. Leider beschränkten sich seine Liebesschwüre nicht auf die ihm rechtmäßig angetraute Gattin.

Achtzehn Monate lang hatte Anastasia die Affären ihres Mannes schweren Herzens ertragen, bis sie es nicht länger aushielt und dem treulosen Mann den Laufpass gab – obwohl sie bereits im achten Monat schwanger war.

Kevin Slade, ein eher mittelmäßig begabter Mime, war noch einmal kurz aufgekreuzt, um durch die Scheiben der Säuglingsstation einen Blick auf seinen Sohn zu werfen, bevor er endgültig aus seinem und dem Leben seiner Mutter verschwand.

Brandon wurde von einer Reihe von Kinderfrauen aufgezogen. Einige waren gut, andere weniger. Aber die Liebe seiner Mutter hatte er nie vermisst, selbst wenn Anastasia nur gelegentlich zu Hause war. Allerdings bemühte sie sich häufig um Engagements in ihrer Heimatstadt oder zumindest in deren Nähe. Außerdem half ihre Mutter ihr, so gut sie konnte, sodass Brandon niemals allein war.

Trotz seiner chaotischen Kindheit hatte er sich nie vernachlässigt gefühlt und auch niemals um Beachtung kämpfen müssen. Als Kind einer Schauspielerin war er eine Rarität. Er wuchs in geordneten Verhältnissen auf und nahm seiner Mutter ihr exzentrisches Verhalten nicht übel. Sie war eben Anastasia del Vecchio – ein Hurrikan, der in unregelmäßigen Abständen über ihn hinweg zog.

Brandon genoss sein Leben und freute sich, wenn seine Mutter Zeit für ihn hatte. Als er seinen eigenen Weg im Leben zu finden versuchte, gab es niemanden, der ihn mehr dabei unterstützt hätte. Niemals hätte sie ihm seine Berufswahl auszureden versucht. Und dafür liebte er sie.

Wie sehr, wurde ihm bewusst, nachdem seine erste Frau ihn verlassen hatte – zufälligerweise, bevor er seinen ersten Erfolg mit einem Kriminalroman hatte, der es auf die Bestsellerliste der New York Times schaffte. Er und sein Leben langweilten sie zu Tode, hatte sie ihm vorgeworfen.

Mit gebrochenem Herzen blieb er zurück und versuchte, seinen Alltag wieder in den Griff zu bekommen – auch und vor allem wegen seiner Tochter Victoria, die zu jenem Zeitpunkt gerade einmal vier Monate alt war. Zuerst hatte er gar nicht gewusst, wie er mit einem Baby fertigwerden sollte.

Als Anastasia hörte, was passiert war, hatte sie sofort sämtliche Verpflichtungen abgesagt und eine kleine Rolle in einer Fernsehserie angenommen, die in Los Angeles gedreht wurde. Das ermöglichte ihr einen mehr oder weniger geregelten Alltag, sodass sie ihren Sohn unterstützen konnte.

Anders als andere Menschen, die Opfer brachten, hatte Anastasia sich nie darüber beklagt, dass sie zurückstecken musste. Es führte allerdings dazu, dass sie praktisch aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwand. Außerdem hatte sie Brandon verschwiegen, dass die Frau, die nach Anastasias Absage ihren Part in einem Film übernommen hatte, dafür mit einem Oscar ausgezeichnet worden war.

Brandon hatte es fünf Jahre später von ihrer besten Freundin gehört – einer Haarstylistin namens Olga Newton. Hätte sie den Mund gehalten, hätte er niemals davon erfahren.

Jetzt war er an der Reihe, ihr zu helfen. Brandon grübelte darüber nach, während er die Hand seiner bewusstlosen Mutter hielt.

Wie sich herausstellte, hatte Anastasia sich bei dem Sturz eine Hüfte gebrochen. Als sie elf Stunden später wieder aufwachte, erfuhr sie zu ihrem Entsetzen, dass man eine Notoperation hatte machen müssen und dass dort, wo vorher ein Knochen war, nun ein Stück Titan saß.

„Wie beim Sechs-Millionen-Dollar-Mann?“ Anastasias Missfallen war nicht zu überhören, als man ihr die Neuigkeit mitteilte.

„So ähnlich – abgesehen von dem Umstand, dass du nicht so schnell laufen kannst“, antwortete Brandon amüsiert. „Die gute Nachricht ist: Der Arzt hat dich nach der neuesten Methode operiert …“

„Hat er mich etwa als Versuchskaninchen benutzt?“, rief Anastasia entsetzt.

„Nicht als Versuchskaninchen. Die Methode ist anerkannt. Es handelt sich um eine Hüft-Totalendoprothese, die äußerst schonend implantiert wurde. Du wirst schneller wieder auf den Beinen sein, weil bei dieser OP keine Muskeln beschädigt wurden. Sie wurden nur etwas gedehnt. Wenn ich zu Hause bin, wirst du schon wieder herumlaufen“, versprach er ihr.

Inzwischen hatte sein Agent auch seine zwölfjährige Tochter Victoria zum Krankenhaus gebracht. Mit sorgenvollem Gesichtsausdruck saß sie nun am Bett ihrer Großmutter.

Brandon hatte die Hände auf die schmalen Schultern seiner Tochter gelegt, während er seine Mutter über die Operation informierte. „Ach ja, deine Sachen habe ich übrigens ins Gästezimmer bringen lassen.“

Anastasia runzelte die Stirn und stieß einen Seufzer aus. Erschöpft fiel sie in ihre Kissen zurück. Theatralik und Heldenmut. „Du weißt doch gar nicht, was ich brauche.“

Brandon ließ sich nicht beirren. Schließlich kannte er seine Mutter. „Nein“, gab er zu. „Aber du wirst mir bestimmt sagen, wenn ich etwas vergessen habe.“

Mit düsterer Miene griff Anastasia nach Victorias Hand. „Es wäre einfacher gewesen, mich zu Hause zu lassen und mir eine Krankenschwester zu besorgen.“

Brandon verkniff sich ein Grinsen. „Du weißt, dass es niemand rund um die Uhr mit dir aushält“, gab er zu bedenken. „Wer soll außerdem die Leute besänftigen, mit denen du Streit anfängst?“

Seine Mutter war alles andere als einfach im Umgang, wenn sie sich nicht wohlfühlte, und unter den jetzigen Umständen würde sie sich mindestens einen Monat lang schlecht fühlen. Vielleicht sogar noch länger. „Es hat keinen Zweck, darüber zu diskutieren, Mom. Es ist alles schon in die Wege geleitet.“

„Ich störe dich doch nur bei deiner Arbeit“, protestierte Anastasia der Form halber. Es bestand kein Zweifel daran, dass Brandon die Auseinandersetzung längst für sich entschieden hatte. Aber seine Mutter wollte es zumindest gesagt haben, damit ihr später niemand einen Vorwurf machen konnte, falls er sich über ihre Anwesenheit in seinem Haus beklagen sollte. „Viele Leute werden mich besuchen. Sehr laute Leute.“

„Ich werde mich damit arrangieren“, versprach er. „Der Arzt hat gesagt, dass du so bald wie möglich mit einer Physiotherapie anfangen sollst.“

„Das ist doch nur etwas für alte Leute“, wehrte sie ab. Dieses Mal war es ihr ernst.

„Nein“, widersprach Victoria altklug. „Es ist etwas für Leute, die auf der Bühne zu viele Schritte rückwärts machen.“

Zeugin dieses verbalen Schlagabtauschs war Cecilia Parnell, die bei Anastasia nicht nur für ein sauberes Haus sorgte, sondern im Lauf der Zeit auch deren Vertraute und Freundin geworden war.

„Ich kenne eine ausgezeichnete Physiotherapeutin“, meldete sie sich zu Wort. „Sie geht voll und ganz in ihrer Arbeit auf und hat sehr gute Referenzen.“

Anastasia war Brandons Mutter, und er würde keinerlei Risiken eingehen, wenn es um ihr Wohlbefinden ging. „Diese Referenzen würde ich gern mal sehen“, sagte er.

„Wenn Cecilia sagt, dass sie gut ist, dann ist sie es auch“, zischte Anastasia. „Mach dich nützlich. Leite alles in die Wege“, befahl sie. Mit ihren violetten Augen blickte sie die Frau an, die ihr Haus in Ordnung hielt. „Man hat mir versprochen, ich könnte nach zwei Tagen zurück nach Hause. Erkundige dich, ob diese Wunderheilerin am Mittwochmorgen anfangen kann. In sechs Wochen muss ich wieder auf den Beinen sein und tanzen können. Wenn sie es schneller schafft, bekommt sie eine Extraprämie.“

„So geht das aber nicht, Mom“, entgegnete Brandon geduldig und warf Cecilia einen Blick zu.

„Ich bin geradezu unanständig reich, Brandon. Wenn ich das will, dann geht es auch so.“ Anastasias Selbstbewusstsein war unerschütterlich.

Cecilia lächelte zufrieden. Sie sah aus wie jemand, bei dem alles so verlief, wie sie es geplant hatte.

Brandon war sich nicht sicher, was ihn erwartete, als er am Mittwochmorgen um zehn Uhr die Tür öffnete, um die von Cecilia Parnell empfohlene Physiotherapeutin eintreten zu lassen. Insgeheim hatte er damit gerechnet, dass Isabelle Sinclair eine jener stämmigen Frauen war, groß und stark genug, um es mit einer mittelgroßen Patientin locker aufnehmen zu können. Natürlich war das eine Klischeevorstellung, aber wie die meisten Menschen verband er Kraft mit Größe.

Die Frau, die ihm gegenüberstand, sah jedoch so aus, als wäre sie höchstens einem Streifenhörnchen gewachsen. Einem eher kleinen.

Auf jeden Fall hatte er nicht mit einer zierlichen jungen Blondine gerechnet, die den Eindruck machte, als könnte der erste starke Windstoß, der durch die Gemeinde von Newport Beach blies, sie hinwegfegen. Deshalb glaubte er zuerst, die Frau auf der Türschwelle sei aus einem anderen Grund gekommen als dem, seine Mutter wieder auf die Beine zu bringen.

Vielleicht war sie nur eine Krankenschwester, die sich vor Beginn der Therapie nach den Bedürfnissen seiner Mutter erkundigen sollte, ehe die eigentliche Therapeutin mit ihrer Arbeit anfing.

Isabelle erkannte ihn zunächst nicht. Ihr war zwar bewusst, dass sie zu einem hochgewachsenen, dunkelhaarigen, charmanten und gut aussehenden Mann aufschaute, der etwas Jungenhaftes hatte, und dass dieser Mann sie von oben bis unten musterte. Aber sein Gesicht sagte ihr nichts – zumindest in den ersten dreißig Sekunden ihres Kennenlernens.

Und plötzlich machte es bei ihr Klick.

Natürlich!

Es war Brandon Slade! Der Brandon Slade, Autor von mindestens zehn Bestsellern. Und außerdem der Sohn der Filmlegende, die sie therapieren sollte. Sie wusste nicht, was sie mehr beeindruckte – ihre Kundin oder deren Sohn.

Isabelle Sinclair hatte jeden seiner Romane und manche sogar mehrfach gelesen und war fasziniert von seinem Talent. Und weil er außerdem noch so gut aussah, hatte sie das Gefühl, einen Sechser in der Lotterie gewonnen zu haben.

Deshalb hatte Zoe ihr zum Geburtstag gratuliert, als sie ihr den Auftrag vermittelt hatte.

Zunächst hatte sie es nur dem merkwürdigen Humor ihrer Schwester zugeschrieben. Doch jetzt verstand sie. Im Haus des Schriftstellers, den sie bewunderte, sollte sie seine Mutter therapieren. Als Jugendliche hatte sie die Schauspielerin angebetet. Anastasia del Vecchio dabei zuzuschauen, wie sie jede Situation meisterte, hatte sie mächtig beeindruckt, und sie nahm sich vor, ihrem Idol im wirklichen Leben nachzueifern.

Da ihn die Frau auf der Türschwelle nur stumm anstarrte, fragte Brandon: „Kann ich Ihnen helfen?“

Oh ja. Und wie! Doch das sagte sie nicht. Stattdessen lächelte sie. „Ich bin hier wegen Ihrer Mutter, Mr Slade.“ Sie reichte ihm die Hand und stellte sich vor. „Isabelle Sinclair von der Agentur ‚Helping Hands‘. Ich bin die Physiotherapeutin.“

„Das muss ein Witz sein.“ Bevor er sich beherrschen konnte, hatte er die Worte ausgesprochen.

Seine Reaktion verwirrte sie. „Ganz und gar nicht. Warum sollte ich über so etwas Witze machen?“

Jetzt musste er zusehen, wie er aus diesem Fettnäpfchen wieder herauskam. „Sollten Sie nicht viel … kräftiger sein?“ Mit den Händen unterstrich er seine Bemerkung.

Sie lächelte. Es war ein strahlendes Lächeln, das einen Raum aufhellen konnte. Eines, das andere Menschen ebenfalls zum Lächeln brachte.

Brandon jedenfalls erwiderte es sofort.

„Ich bin groß genug, Mr Slade“, versicherte Isabelle ihm. „Das können Sie mir glauben.“

Er hatte seine Zweifel. Aber wenn sie Hilfe benötigte, war er ja in der Nähe. Es konnte also nichts passieren. „Wenn Sie das sagen“, murmelte er. „Kommen Sie, ich bringe Sie zu meiner Mutter. Sie erwartet Sie bereits.“

2. KAPITEL

Isabelle spürte Schmetterlinge im Bauch, als sie Brandon folgte. Gleich würde sie ihrem Idol zum ersten Mal gegenüberstehen. Sie war noch nie so nervös gewesen.

Brandon führte Isabelle ins Wohnzimmer, wo seine Mutter derzeit residierte. Er ließ die Therapeutin eintreten und zog sich zurück, um seiner Mutter die Bühne zu überlassen.

„Ich bin unten, wenn Sie mich brauchen“, flüsterte er Isabelle zu.

Seine tiefe Stimme ließ Isabelle am ganzen Körper erschauern. Doch als sie Sekunden später in Anastasia del Vecchios violette Augen schaute, vergaß sie den Schriftsteller fürs Erste. Wow! Dieses Wort traf ihre Gefühle am besten.

„Erzählen Sie mir von sich, meine Liebe“, forderte Anastasia sie mit einer hoheitsvollen Geste auf.

Anastasia hielt Hof auf einem riesigen Sofa, das im Wohnzimmer stand, denn sie wollte mittendrin im Geschehen sein. Brandons Vorschlag, ins Gästezimmer zu ziehen, hatte sie empört abgelehnt.

Isabelle tat ihr Bestes, um vor Anastasias prüfendem Blick zu bestehen. Sie schien sie nicht als Therapeutin, sondern vielmehr als junge Frau wahrzunehmen, mit der sie Einiges vorhatte.

Ihr Lächeln ist sympathisch, dachte Anastasia. Sie hat schönes Haar und eine zarte Haut. Aber sie könnte noch ein bisschen mehr an ihrem Aussehen arbeiten. Andererseits: Wenn sie nicht so viel Wert auf ihr Äußeres legte, bedeutete das wohl, das sie voll und ganz in ihrer Arbeit aufging. Und deshalb hatte sie sie schließlich engagiert.

Hoffentlich hast du recht, Cecilia, sagte Anastasia sich im Stillen.

Das ist Anastasia del Vecchio. Isabelle bemühte sich krampfhaft, nicht wie ein begeisterter Fan zu wirken. Die Anastasia del Vecchio.

Sie konnte es kaum fassen.

Hier im Süden von Kalifornien liefen einem zwar häufig Film- und Fernsehstars über den Weg. Trotzdem war dieser Moment für Isabelle nicht weniger ehrfurchtsgebietend. Sie hatte schon viele Prominente gesehen, aber noch nie eine solche Berühmtheit – und ganz gewiss noch keine, die sie von Jugend an fasziniert hatte, als sie sich so oft in ihre eigenen Traumwelten zurückzog.

„Sie können jetzt reden“, forderte Anastasia sie amüsiert auf.

Ehrlichkeit war immer Isabelles beste Strategie gewesen. Deshalb gestand sie der Frau den wahren Grund für ihr ehrfürchtiges Schweigen, anstatt ihr weiszumachen, dass sie sich gerade einen Therapieplan für ihre Patientin ausdachte. „Tut mir leid, Miss del Vecchio. Mir fehlen die Worte. Ich bin ein großer Fan von Ihnen.“

Erfreut richtete Anastasia sich auf. Ihre Augen lächelten zuerst. Es war ein unglaublich ausdrucksvoller Anblick – das wusste sie. „Das braucht Ihnen nicht leidzutun, meine Liebe.“

„Ich muss mich erst daran gewöhnen, mit Ihnen im selben Zimmer zu sein“, gestand Isabelle. Sie bemühte sich, nicht allzu sehr nach Luft zu schnappen.

Anastasias zufriedenes Lächeln wurde breiter. „Ich verstehe, meine Liebe.“ Sie wollte sich vorbeugen, stellte jedoch fest, dass ihre Hüfte sich jeder Bewegung verweigerte. Im Stillen verfluchte sie ihre Behinderung. „Erzählen Sie mir – welche meiner Filme haben Sie gesehen?“

„Alle.“

„Wirklich?“ Anastasia dehnte die Silben, während sie die Antwort der jungen Frau auslotete. Der Blick in ihrem immer noch erstaunlich jungen Gesicht wurde lauernd. Vielleicht sagte die junge Frau das ja nur, weil sie glaubte, dass jemand von Anastasias Berühmtheit genau das hören wollte. „Und wie viele waren das genau?“

Isabelle musste gar nicht lange nachdenken. „Dreiundfünfzig Kinofilme, drei Fernsehserien und zwei Miniserien auf PBS.“

Anastasia zog eine perfekt geformte Augenbraue hoch. „Zweiundfünfzig Kinofilme“, korrigierte sie großzügig.

„Sie hatten einen Auftritt in It Takes Two, der im Abspann nicht erwähnt wurde“, erinnerte Isabelle sie tapfer.

Aufs Höchste beeindruckt, erklärte Anastasia mit freundlicher Stimme: „Isabelle, Sie sind engagiert. Wann können Sie einziehen?“

Isabelle blinzelte verwundert. Sie hatte sich wohl verhört. „Wie bitte?“

„Ich brauche jemanden rund um die Uhr“, erklärte Anastasia, sichtlich nicht gewohnt, etwas im Zusammenhang mit ihrer Person erklären zu müssen. „Nichts von diesem ‚Heute-eine-Stunde-Unsinn‘ und dann bis Dienstag. Ich muss demnächst in einem Stück auftreten, Isabelle“, fuhr sie sehr ernst fort. „Ich übernehme eine Hauptrolle in einer Wiederaufführung von Eine kleine Nachtmusik. Ich singe ‚Wo sind die Clowns?‘“

Autor

Marie Ferrarella
<p>Marie Ferrarella zählt zu produktivsten US-amerikanischen Schriftstellerinnen, ihren ersten Roman veröffentlichte sie im Jahr 1981. Bisher hat sie bereits 300 Liebesromane verfasst, viele davon wurden in sieben Sprachen übersetzt. Auch unter den Pseudonymen Marie Nicole, Marie Charles sowie Marie Michael erschienen Werke von Marie Ferrarella. Zu den zahlreichen Preisen, die...
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