Traumfrau mit Hindernissen

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Der erfolgreiche New Yorker Geschäftsmann Quinn Cassidy glaubt nicht an die Liebe. Bis seine beste Freundin Clare wettet, dass sie mit ihrer Dating Agentur auch für ihn die Traumfrau findet. Und nicht nur Quinn eine Überraschung erlebt …


  • Erscheinungstag 12.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727352
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Er kommt nicht.“

„Was soll das heißen, er kommt nicht?“ Clare O’Connor wandte sich vom Spiegel ab und blickte ihn forschend an. Nicht, dass sie ihr Gegenüber gut genug kannte, um ihm irgendetwas von den Augen ablesen zu können. Groß, dunkel und grüblerisch hatte sie ihn nach ihrem ersten Zusammentreffen genannt. Und obwohl sie seitdem gelegentlich seinen boshaften Humor bemerkt hatte, fand sie noch immer, dass ihr erster Eindruck richtig gewesen war.

„Ist ihm etwas zugestoßen?“

Ein Muskel zuckte in seinem Gesicht.

Nervös auflachend schüttelte Clare den Kopf. Unmöglich. Es konnte nicht sein, dass Jamie ihr das angetan hatte. Nicht jetzt.

„Es tut mir leid, Clare.“

Ihr wurde ein bisschen schwindlig. „Wo ist er?“

„Er ist weg.“

So etwas passierte im wirklichen Leben nicht! Warum jetzt? Warum nicht gestern oder vorgestern oder vorvorgestern? Als noch Zeit genug gewesen wäre, alles abzublasen und allen Bescheid zu geben. Warum hatte er sie über den Atlantik nachkommen lassen, wenn er …?

„Er hatte nicht den Mumm, dir gegenüberzutreten.“

„Und da hat er dich geschickt, um es mir zu sagen?“ Ausgerechnet ihn hatte Jamie dafür ausgesucht? Es war fast komisch. „Kein Anruf? Kein Brief? Ist das ein Witz?“

„Nein. Er ist weg, und er wird nicht zurückkehren.“

An den Rändern ihres Gesichtsfelds wurde es schwarz. Als Clare schwankte, umfasste er ihre Arme, um sie zu stützen.

„Du musst dich hinsetzen.“

Sie riss sich los und konzentrierte sich auf die Schmutzflecke auf seinem Jackett. Wie sie dort hingeraten waren, interessierte sie nicht. Sie musste nachdenken … Ihr Blick glitt zur Tür, und ihre Augen wurden groß vor Entsetzen.

„Ich werde gehen“, bot er an.

Du lieber Himmel. All die Leute hinter der Tür warteten auf sie. Wie sollte sie ihnen bloß ins Gesicht sehen? Aber sie konnte nicht ihn die Drecksarbeit für sie machen lassen. Natürlich war das Angebot verlockend. Nur warteten sie auf sie, und einige von ihnen waren Tausende von Meilen geflogen. Für sie. Also musste sie es ihnen mitteilen.

„Warte.“ Clare legte ihm die Hand auf den Arm. „Gib mir noch einen Moment hier drin.“

Sie atmete tief ein und aus, und irgendwie brachte sie die Kraft auf, ruhig zu sprechen. „Ist er mit ihr weggegangen?“

„Clare …“

„Ist er?“

„Wie lange weißt du es schon?“

Sie hatte es nicht mit Sicherheit gewusst, bis er diese Frage stellte. Jetzt hatte sie ihre Antwort. So viel dazu, sich zu sagen, sie leide unter Einbildungen.

Mit einem energischen Nicken ließ Clare seinen Arm los. Wenn der Preis für Naivität das Ende der romantischen Träumerin war, dann wäre das erledigt. Und auf sie wartete jetzt eine Strafe im großen Stil.

„Ich werde es ihnen sagen. In erster Linie sind sie meinetwegen dort draußen.“

„Du musst das nicht tun.“

„O doch.“ Clare unterdrückte ein Schluchzen. Später, befahl sie sich. Später, wenn sie allein war. „Jamie mögen sie ja gleichgültig sein, aber mir nicht. Sie werden es von mir erfahren.“

Als sie Respekt in seiner Miene erkannte, spürte sie, wie ein hysterisches Lachen in ihr aufstieg. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass ihr etwas so Erniedrigendes den Respekt des Mannes einbrachte, der von vornherein nicht mit ihr einverstanden gewesen war.

Er trat zurück, öffnete die Tür für sie und ragte über Clare auf, die tief Atem holte und dann zögerte.

„Ich bin hier, wenn du mich brauchst.“

Durch einen Tränenschimmer lächelte sie ihn an und ging in den angrenzenden Raum, den Blick auf den blumengeschmückten Bogen an der Vorderseite gerichtet statt auf das Meer der Gesichter, die sich ihr zuwandten.

Es war die größte Demütigung ihres Lebens.

„Leider muss die Hochzeit heute ausfallen …“

1. KAPITEL

„Ich rufe dich an.“

„Ja, bitte.“

Quinn öffnete seine Bürotür, nicht sicher, was ihn missbilligend die Stirn runzeln ließ. War es das Ende des Gesprächs oder der Anblick seiner persönlichen Assistentin, die von einem Mann umarmt wurde, den er noch nie gesehen hatte? Schließlich sollte er über alles informiert sein, was in seinen Büros vorging. Und er hatte das unangenehme Gefühl, dass er ausgeschlossen war – etwas, was er niemals duldete.

An den Türpfosten gelehnt, wartete er mit zusammengekniffenen Augen, bis sich der Unbekannte von ihr löste und hinausging.

„Neuer Freund?“

Strahlend grüne Augen fesselten seinen Blick. „Nein. Wann sollte ich denn wohl Zeit für einen Freund haben?“

„Nur Arbeit und kein Vergnügen tut nicht gut.“

Kopfschüttelnd beugte sich Clare vor und nahm ein Blatt Papier von ihrem Schreibtisch. Flüchtig musterte Quinn ihre perfekt sitzende cremefarbene Bluse und die schlichte Leinenhose, dann beobachtete er Clares anmutige Bewegungen. Wenn er ein Romantiker wäre, hätte er behauptet, sie würde sich bewegen wie eine Ballerina.

Zweifellos hatte sie den feingliedrigen, schlanken Körper einer Tänzerin. Ein paar Rundungen mehr, vielleicht. Nicht, dass Clare sie jemals mit offenherzigen Outfits zur Schau stellte. Oder dass Quinn schon einmal genau genug hingesehen hatte, um sicher zu wissen, dass sie da waren.

Aber seit Quinn Cassidy mit Auszeichnung eine harte Schule absolviert hatte, fehlte ihm so ziemlich jeder Sinn für Romantik. Deshalb würde er einfach das Wort „feminin“ wählen, um zu beschreiben, wie sich Clare bewegte.

Von Anfang an hatte ihm gefallen, dass sie niemals das Bedürfnis hatte, einen Mann auf diese Weiblichkeit aufmerksam zu machen. Es war einer der vielen Gründe, warum Clare nun schon so lange seine persönliche Assistentin war. Ihre Vorgängerin hatte gar nicht schnell genug ihre Jacke ausziehen können, um ihm ihr Dekolleté vorzuführen. Quinn war es vorgekommen, als würde er das Büro mit einem Barrakuda teilen.

Ihm schauderte bei der Erinnerung.

„Da wir gerade von Arbeit sprechen …“ Gelassen wartete Clare, bis er sich vom Türpfosten abstieß und einen Schritt nach vorn machte, dann gab sie ihm das Blatt Papier. „Hier ist eine Liste mit all deinen Terminen für heute. Versuch zur Abwechslung einmal, es zu ein paar davon pünktlich zu schaffen.“

Sie begleitete ihre Worte mit einem wissenden Lächeln, und Quinn musste es einfach erwidern, obwohl er gerade gerügt wurde. Er fand, dass er seine Termine immer gut eingehalten hatte. Seit Clare vor einem Jahr bei ihm angefangen hatte, sollte er jedoch überall mindestens zehn Minuten zu früh erscheinen.

Quinn sah das nicht ein. Wenn er zu jeder einzelnen Besprechung zu früh kam und Däumchen drehen musste, bis sein Gesprächspartner auftauchte, würde er auf lange Sicht viel Zeit verschwenden.

Aus Prinzip rebellierte Quinn also regelmäßig dagegen.

Nachdem er die Liste überflogen hatte, blickte er auf. Nachdenklich setzte sich Clare auf die Schreibtischkante und ließ die Beine baumeln. Schließlich sagte sie mit ihrem weichen, melodischen irischen Akzent: „Und was das Vergnügen betrifft – es ist schon eine Weile her, dass ich zu ‚Tiffany‘ musste …“

„Und?“ Quinn zog die Augenbrauen hoch.

„Ich möchte nur sichergehen, dass ich nicht in Rückstand gerate. Bis vor Kurzem habe ich daran gedacht, einen Vorrat an diesen kleinen blauen Schmuckschächtelchen anzulegen, um Zeit zu sparen.“

Plötzlich entdeckte sie einen Kugelschreiber, der bis an die Schreibtischkante gerollt war. Flüchtig runzelte sie die Stirn, dann warf sie ihn mit einem zufriedenen Lächeln in den Behälter.

Es erstaunte Quinn immer wieder, wie viel Freude Clare an den einfachsten Dingen fand.

„Du vermisst einfach deine Einkaufstouren bei Tiffany. Ich kann doch nicht überall in Manhattan Herzen brechen, nur damit du dich noch ein paar Stunden mehr in deinem Lieblingsladen amüsieren darfst.“

„Das hat dich früher nicht abgehalten.“ Zum Spaß machte Clare einen Schmollmund und warf Quinn einen Schmachtblick zu.

Sie hatte recht. Aber Quinn wollte sich nicht in eine weitere Diskussion über sein Liebesleben hineinziehen lassen, wenn er sich doch plötzlich viel mehr für Clares interessierte. „Wer war der Wall-Street-Typ?“

„Warum?“

„Vielleicht muss ich ihn fragen, was für Absichten er gegenüber meiner Lieblingsangestellten verfolgt.“

„Willst du jetzt etwa alle meine Freunde überprüfen?“

Quinn verschränkte die Arme und hielt die Liste lässig zwischen Daumen und Zeigefinger fest. „Du hast behauptet, er sei nicht dein Freund.“

„Ist er nicht.“ Clare rutschte von der Schreibtischkante und ging zu ihrem Drehstuhl. „Er ist ein Klient.“

„Dieses Heiratsvermittlungsspiel ist jetzt ein Geschäft, stimmt’s?“

„Vielleicht. Hast du ein Problem damit?“

„Vielleicht.“

„Weil ich es während meiner Arbeitszeit betreibe? Oder weil du das Ganze noch immer für einen großen Witz hältst? Ich gerate nicht in Rückstand mit meiner Arbeit.“

Auf den Gedanken wäre Quinn niemals gekommen. Dank Clare lief sein Berufsleben wie eine gut geölte Maschine. Natürlich hatte er früher auch alles erledigt, aber mit Clare war es eindeutig weniger stressig. Die Zeiten, in denen er unter Druck richtig aufgeblüht war, lagen hinter ihm. Und diese Heiratsvermittlungssache ging ihm allmählich auf die Nerven.

„Ich hätte gedacht, dass gerade du verstehen würdest, wie gefährlich es ist, einen naiven, romantischen Menschen mit jemandem zu verkuppeln, der ihm möglicherweise das Herz bricht.“

Angesichts ihrer Vergangenheit war das ein Tiefschlag. Doch Quinn kannte Clare ziemlich gut. Wenn in ein paar Monaten Dutzende von Leuten zurückkamen, um sich an ihrer Schulter auszuweinen, würde sich Clare verantwortlich fühlen und entsetzlich leiden. Sie schaufelte sich ihr eigenes Grab. Quinn hielt es für seine Pflicht, ihr die Schaufel aus der Hand zu nehmen.

„Wenn das so hoffnungslose Fälle sind, dass sie ohne deine Hilfe keinen Partner finden, dann …“

Ungläubig blickte Clare ihn an. „Manche Menschen haben es einfach satt, in der üblichen Singleszene zu suchen. Nicht jeder hat den …“, sie malte Anführungszeichen in die Luft, „… ‚Erfolg‘, den du bei Frauen hast.“

Quinn ignorierte die spöttische Bemerkung. „Dann muss ich also von jetzt an damit rechnen, dass hier die Mauerblümchen und Muttersöhnchen Schlange stehen?“ Es hatte ihn nicht gestört, solange Clare in ihrer Freizeit Freunde von gemeinsamen Freunden verkuppelt hatte. Aber irgendwo musste die Grenze gezogen werden.

Gerade als er ihr das sagen wollte, stand sie auf und ging zu den Aktenschränken.

„Keine Sorge, Quinn. Wenn es sich weiter so schnell herumspricht wie in den vergangenen Monaten, dann verdiene ich bald so viel Geld, dass ich mir ein eigenes Büro leisten kann. Und dann ist es nicht mehr dein Problem.“

„Du willst kündigen?“ Bei dem Gedanken, eine neue persönliche Assistentin einarbeiten zu müssen, runzelte Quinn die Stirn. Vor Clare hatte er sechs in fast ebenso vielen Monaten erduldet.

„Wenn du eine Gehaltserhöhung willst, brauchst du es nur zu sagen.“

„Es geht gar nicht um eine Gehaltserhöhung.“ Clare durchsuchte eine Schublade. „Ich möchte mir selbst etwas aufbauen. Umso besser, wenn ich dabei einige Menschen glücklich machen kann.“

Okay, dass sie das Bedürfnis hatte, auf eigenen Beinen zu stehen, verstand er ja. Aber er war ziemlich sicher gewesen, dass ihre Vereinbarung für sie beide gut funktionierte. Warum den gegenwärtigen Zustand durcheinanderbringen?

Quinn ging zum Schreibtisch und setzte sich auf Clares Platz. „Offensichtlich denkst du schon eine Weile darüber nach. Wieso erfahre ich erst jetzt davon?“

„Vielleicht, weil du nicht gefragt hast.“

„Ich frage jetzt.“ Zu finden, was auch immer sie suchte, konnte doch unmöglich so lange dauern. Nicht mit Clares Superablagesystem. Die Hälfte der Zeit lagen Informationen bereits vor ihm, bevor er überhaupt darum gebeten hatte. Sie vermied es, ihn anzusehen.

„Clare …“

„Wenn du die Liste gelesen hättest, die ich dir gegeben habe, wüsstest du, dass du in weniger als zwanzig Minuten eine Besprechung hast.“

Netter Versuch. Quinn warf das Blatt Papier hin, stand auf und war mit zwei großen Schritten bei Clare. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und drehte Clare herum, sodass sie ihn ansehen musste. „Für mich zu arbeiten ist also doch zu schwierig, stimmt’s?“, fragte er mit einem spöttischen Lächeln. „Aber ich hatte dich am Anfang gewarnt …“

Ihr sinnlicher Mund zuckte. Beide wussten sie, dass sie wirklich gut mit ihm fertig wurde, selbst an den Tagen, an denen jeder andere ihm lieber aus dem Weg ging.

„Tja, manchmal muss ich mir ziemlich fest auf die Zunge beißen. Aber das hat nichts mit der Arbeit zu tun. Ich tue es für mich. Wenn ich es hier schaffe, kann ich es überall schaffen.“

Quinn runzelte wieder die Stirn. „Und wann willst du kündigen?“

„Oh, noch nicht.“

Kommen würde es. Clare meinte es ernst. Und ihr Job ging schon lange über das hinaus, was eine persönliche Assistentin zu leisten hatte. Sie war seine Allroundmitarbeiterin: Sie koordinierte die Clubs, sorgte für ein ausreichendes Personal, stellte die Promotion zusammen, buchte Live-Nummern und sprang ein, wenn jemand krank wurde – selbst wenn es bedeutete, fünfzehn Stunden durchzuarbeiten.

Dass sie mit ihrer Rolle in seinem Unternehmen nicht zufrieden war, ärgerte Quinn maßlos. Weil er hätte merken müssen, dass sie es nicht war.

Und wie sollte er eigentlich alles, was sie für ihn tat, in einer Stellenanzeige aufzählen, wenn Clare wirklich kündigte?

In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass seine Hände tiefer geglitten waren und er mit den Daumen ihre Oberarme streichelte. Abrupt ließ er Clare los und trat zurück. „Du würdest den ganzen Wahnsinn hier vermissen.“

„Werde ich. Ich liebe meinen Job.“ Ihre Stimme war weicher geworden.

Also war sie doch zufrieden. Was Quinn nicht beruhigte. Dass Clare nicht „würde ich“ oder „könnte ich“, sondern „werde ich“ gesagt hatte, ging ihm unter die Haut.

Er versteckte sich hinter Humor. „Dann sollte ich wohl besser nicht vergessen, selbst eine von den blauen Schächtelchen bei Tiffany für dich bestücken zu lassen, oder?“

Das Lächeln ließ ihr Gesicht aufleuchten und machte den Raum noch heller, als es die Sonne schon tat, die durch die großen Fenster schien.

„Ich habe eine Wunschliste …“

„Darauf stehen ein oder zwei Diamanten, wette ich.“

Energisch nickte Clare. „Diamanten sind der beste Freund einer Frau, heißt es. Aber übertreib nicht, Quinn. Schließlich musste ich nicht erst an gebrochenem Herzen leiden, um von dir ein Schmuckstück in der berühmten türkisblauen Verpackung zu bekommen.“

Mit Akten in der Hand kehrte Clare zu ihrem Schreibtisch zurück. Sie blickte auf ihre Armbanduhr. „Jetzt noch zwölf Minuten. Der Countdown läuft.“

Quinn holte sich die Liste, und sein Blick fiel auf die Margeriten, die in einer Vase auf ihrem Schreibtisch standen. Sie waren überall, wo Clare Zeit zubrachte. Die schlichten Blumen waren fast ein Spiegelbild ihrer strahlenden Persönlichkeit. Sobald Quinn irgendwo Margeriten sah, dachte er an Clare.

Als er sich nicht rührte, blickte sie ihn amüsiert an. „Was ist jetzt noch?“

„Darf ich nicht mal fünf Minuten lang in meinem eigenen Empfangsbereich herumstehen, wenn ich Lust dazu habe?“

„Nein, darfst du nicht. Ich habe zu tun. Mein Boss macht mir die Hölle heiß, wenn ich die Arbeit nicht erledige.“

Stirnrunzelnd ging Quinn in sein Büro und zog das Jackett an, das er über einen Stuhl gelegt hatte. An den Glastüren mit dem Namen seines Unternehmens blieb er stehen. „Es bleibt doch bei unserem Essen im ‚Giovanni’s‘?“

Clare sah auf. Einen Moment lang musterte sie verwirrt sein Gesicht. „Natürlich. Warum?“

„Soll ich zurückkommen und dich abholen?“

„Nein. Ich glaube, ich schaffe es allein bis nach Brooklyn. Das habe ich bisher immer getan. Bist du heute Morgen mit dem linken Bein zuerst aus dem Bett irgendeiner bedauernswerten Frau aufgestanden? Du benimmst dich seltsam.“

„Ist das die Belohnung dafür, wenn ich rücksichtsvoll zu sein versuche? Kein Wunder, dass ich es nicht allzu oft tue.“

Zehn Minuten, formte Clare unhörbar mit den Lippen und tippte auf ihre Armbanduhr.

„Also das werde ich nicht vermissen, wenn du weg bist.“

Ihr Lächeln ließ sein Stirnrunzeln verschwinden. „Ich verlasse nicht das Land, Quinn. Wir werden uns weiter sehen. Und wir werden uns weiterhin mittwochabends bei Giovanni’s treffen. Das ist inzwischen zu einer festen Einrichtung geworden.“

Er blieb weitere dreißig Sekunden an der Tür stehen. Als Clare leise lachend den Kopf über ihn schüttelte, löste sich eine Strähne ihres glänzenden kastanienbraunen Haars aus ihrem Knoten. „Würdest du jetzt bitte gehen? Ich habe genauso viel zu tun wie du. Und ich werde noch mehr zu tun haben, wenn ich den ganzen Tag Anrufe von Leuten entgegennehmen muss, die wissen wollen, warum du zu spät kommst. Und zu deiner ersten Besprechung in acht Minuten kannst du es schon mal nicht schaffen.“

„Wollen wir wetten?“

Clare verdrehte die Augen. „Fünf Dollar, dass du es nicht mehr schaffst.“

„Na hör mal, für fünf lumpige Dollar lohnt es sich ja nicht einmal, durch diese Tür zu gehen.“

„Wenn du nicht sofort verschwindest, kostet dich die Taxifahrt zum nächsten Krankenhaus dasselbe.“

Bei der leeren Drohung unterdrückte Quinn ein Lachen. „Der Verlierer zahlt das Abendessen.“

„Abgemacht. Jetzt ab mit dir. Husch, husch!“

Während Quinn auf die Fahrstühle zusteuerte, griff er nach seinem Handy. Ihm wurde klar, dass er die täglichen Wetten vermissen würde. Alles war gut so, wie es jetzt war. Warum musste sein Leben wieder aus dem Gleichgewicht gebracht werden? War nicht schon die Hälfte davon aus dem Lot gewesen?

Er verstand ja Clares Wunsch, sich etwas aufzubauen. Nur war die blöde Dating Agentur nicht der richtige Weg. Nicht für Clare.

„Mitch? Quinn Cassidy hier. Ich habe heute einen vollen Terminkalender. Können wir uns auf halbem Weg treffen?“

Gelegentlich musste ein Mann die Regeln ein bisschen großzügig auslegen, um eine Wette zu gewinnen. Unfair spielen, wenn nötig. Manchmal musste er auch kreativ sein. Und Quinn hielt sich für ziemlich kreativ. Vielen Frauen war seine schöpferische Kraft zugutegekommen. Noch nie hatte sich eine beklagt …

Ihm würde eine Möglichkeit einfallen, Clare dazu zu bringen, Vernunft anzunehmen. Er brauchte nur den passenden Ansatzpunkt. Und es war schließlich zu ihrem Besten. Auf lange Sicht würde sie ihm dankbar sein.

Wozu waren Freunde da?

2. KAPITEL

„Ich glaube, ich nehme noch ein Dessert.“ Quinn klopfte sich auf seinen Waschbrettbauch und zwinkerte Clare übermütig zu.

„Du hast gemogelt.“

„Du hast behauptet, ich würde zu spät kommen. Bin ich nicht. Also habe ich gewonnen.“

Sie konnte das Lachen nicht mehr zurückhalten, das sich dank seiner lächerlich großen Schadenfreude den ganzen Abend in ihr aufgebaut hatte. Aber andererseits war Quinn schon immer imstande gewesen, sie zum Lachen zu bringen, selbst wenn er völlig unverschämt war.

„Ich möchte lieber mit jemandem anders zwölf Stunden täglich herumhängen.“ Clare blickte in die Runde, um zu sehen, ob einer ihrer gemeinsamen Freunde das Angebot aufgreifen würde. „Einer von euch?“

„Nein, ich bin unersetzlich.“ Quinns faszinierend blaue Augen funkelten, während er einen nach dem anderen am Tisch musterte. „Hat sie euch erzählt, dass sie heute gekündigt hat?“

„Hört ihm nicht zu.“

„O Schatz, das tun wir nie“, sagte Erin.

Alle lachten, bevor Quinn mit seiner rauen Stimme weiterredete, die die meisten Frauen dazu brachte, ihn sprachlos anzulächeln. „Ja, sie serviert mich ab, um den Traurigen und Einsamen zu helfen.“

„Und lässt dich traurig und einsam zurück?“

Clare lachte, als Evan für sie Partei ergriff. „Er würde es niemals zugeben, aber er würde mich vermissen …“

„Rob und Casey haben sich verlobt“, berichtete Madison. „Das macht jetzt drei, stimmt’s?“

Fast seufzte Clare vor Zufriedenheit und Freude. „Vier. Und ich hatte zehn Anfragen in zehn Tagen.“

„Nimmst du das neue Honorar, über das du gesprochen hast?“

„Ja. Und gestern habe ich mich mit einem Websitedesigner unterhalten. Er meint, wir können ungefähr in einem Monat einen Internetauftritt fertig haben.“

„Sorg dafür, dass irgendwo eine Verzichterklärung steht“, warf Quinn ausdruckslos ein.

„Nur weil du nicht an die Liebe glaubst, müssen andere Leute es ja nicht auch tun.“ Clare blickte ihn finster an.

„Ich glaube sehr wohl daran.“

Sie schnaufte skeptisch. „Seit wann?“

Autor

Trish Wylie
<p>Alles geschieht aus einem bestimmten Grund, davon ist Trish Wylie überzeugt. So war ein Reitunfall innerhalb ihrer beruflichen Karriere als Pferdedresseurin der Auslöser dafür, dass sie wieder zu schreiben begann, obwohl sie diese Leidenschaft im Laufe der Jahre erfolgreich in den Hintergrund gedrängt hatte. Dabei sammelte Trish schon in der...
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