Traummann mit Geheimnissen

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"Ich bin Peyton Johnson aus der Firmenzentrale." Als der sexy Fremde unerwartet in Megans Laden auftaucht, gerät erst ihr Job in Gefahr – und dann ihr Herz. Denn zwischen ihnen sprühen sofort sinnliche Funken. Aber ist der erfolgsverwöhnte Traummann wirklich ein einfacher Buchhalter?


  • Erscheinungstag 18.05.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751522533
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die meisten Menschen wurden nostalgisch, wenn sie zu ihren Wurzeln zurückkehrten – auf Clay Jenkins traf das nicht zu.

Er saß in einem unauffälligen Geländewagen im Schatten der Bäume an der Hauptstraße von Brighton Valley, gerade mal drei Gebäude von der alten Computerwerkstatt entfernt, in der er vor neun Jahren seiner ersten Job bekommen hatte. Aber der gehörte zu dem alten Leben, das er hinter sich gelassen und zu vergessen versucht hatte.

Natürlich hätte er jemanden herschicken können, um die kränkelnde Filiale wieder in Ordnung zu bringen, aber genau hier hatte auch sein neues Leben begonnen.

Hank Lazaro, sein Freund und Ratgeber, hatte ihm damals etwas zu tun gegeben. Anstatt wie manche seiner Altersgenossen Probleme mit der Polizei zu bekommen, hatte er nach der Schule viel übers Geschäft und über harte und ehrliche Arbeit gelernt. Hier hatte er den Geldgeber kennengelernt, mit dessen Hilfe er seine Software auf den Markt gebracht hatte und schon vor dem reifen Alter von zwanzig Multimillionär geworden war.

Clay wusste, dass der Anblick des malerischen alten Hauses ihn nicht wehmütig stimmen sollte, erst recht nicht in einer texanischen Kleinstadt, aus der er als Teenager gar nicht schnell genug hatte verschwinden können. Doch als er die letzten Vierteljahresberichte gelesen und erkannt hatte, dass die Filiale kurz vor dem Ruin stand, war ihm klar geworden, dass er sich persönlich darum kümmern musste.

Er stieg aus dem Wagen, den er nach der Landung seines Privatjets in Houston gemietet hatte, und atmete die frische Landluft ein. Als ihm der Duft aus Caroline’s Diner in die Nase stieg, knurrte sein Magen. Außer einem Bagel am frühen Morgen in seinem Büro in Silicon Valley hatte er heute noch nichts gegessen.

Wenn es um Hausmannskost ging, kochte niemand besser als Caroline. Er kannte ihre Speisekarte auswendig und konnte nur hoffen, dass das Angebot noch so aussah wie früher. Als er hier gearbeitet hatte, war er jeden Mittag dort gewesen. Obwohl er sich inzwischen gesünder ernährte, war er fest entschlossen, sich so bald wie möglich ihren Hackbraten schmecken zu lassen.

Clay nahm die Sonnenbrille ab, denn er bezweifelte, dass irgendein Einheimischer ihn wiedererkennen würde. Er sah nicht mehr aus wie der junge Computerfreak, der sich bei Ralph’s Electronics Geld dazuverdient hatte. Vor sieben Jahren war Ralph verstorben, und Clay hatte der Witwe das Geschäft für das Zehnfache des Werts abgekauft und zu einer Filiale seiner Zorba-the-Geek-Kette gemacht, einer Tochtergesellschaft von Geekon Enterprises, der auch die GeekMarts gehörten, die ihren Erfolg den innovativen Geekon-Computern verdankten.

Vor sechs Monaten hatte er Don Carpenter eingestellt und ihm das Geschäft in Brighton Valley übergeben. Dann war er nach Silicon Valley zurückgeflogen und hatte die traurigen Erinnerungen an die Kleinstadt hinter sich gelassen. Jedenfalls hatte er das geglaubt.

Jetzt war er wieder hier, in Kakihose und schwarzem Poloshirt, und hoffte, dass er in dem ländlichen Idyll nicht weiter auffiel. Er wäre lieber in Kalifornien, in einem seiner vielen Maßanzüge, auf irgendeiner Party. Doch als die jährlichen Umsatzzahlen aus Brighton Valley ausgeblieben waren, hatte er gewusst, dass etwas nicht stimmte. Er wollte nicht glauben, dass jemand Geld unterschlug oder ein anderes krummes Ding drehte, aber bei Hunderten von Filialen in der ganzen Welt wäre es nicht das erste Mal.

Natürlich hätte er einen Privatdetektiv herschicken können, aber er wollte das Problem lieber selbst lösen, auch wenn er dazu verdeckt ermitteln musste. Zum Glück war er Don Carpenter noch nie persönlich begegnet. Bisher hatten sie nur miteinander telefoniert oder E-Mails ausgetauscht.

Da Clay im nahegelegenen Wexler aufgewachsen war, kannte ihn in Brighton Valley so gut wie niemand. Dass ausgerechnet hier jemand sein Foto in einer Business-Zeitschrift gesehen hatte, war eher unwahrscheinlich. Trotzdem hatte er sich den trendigen Bart abrasiert, das schulterlange Haar gekürzt und die modische Brille durch Kontaktlinsen ersetzt. Nur seine selbstbewusste Haltung, die er sich so hart erarbeitet hatte, legte er nicht ab, als er die schattige Straße entlangging.

In Brighton Valley schien sich nicht viel verändert zu haben, seit er jeden Nachmittag sein gebrauchtes Fahrrad an die Parkuhr vor der Werkstatt gekettet hatte. Er selbst dagegen war ein ganz anderer Mensch geworden. Er war jetzt sechsundzwanzig, und nichts erinnerte mehr an den schmächtigen Teenager, der Angst gehabt hatte, dass die Jungen aus dem Footballteam der Schule sein Rad stehlen, pink anstreichen und in die Ulme vor der Sporthalle werfen würden. Heute war er so reich und mächtig, dass niemand es wagen würde, sich mit ihm anzulegen.

Vorausgesetzt, sie wussten, wer er wirklich war.

Doch sie sollten es nicht wissen. Noch nicht.

Als er den einst vertrauten Laden betrat, läutete die Türglocke. Er ließ den Blick über die Regale mit neuen und reparierten Computern und den Holztresen wandern, der den Eingang zur Werkstatt versperrte.

Unwillkürlich atmete er tief durch und nahm einen unerwarteten Geruch wahr. Es dufte nach … Zimt und … Zucker?

Warum roch es bei Zorba the Geek nicht mehr nach Staub und Druckerfarbe? Und wo steckte das Personal? Hatten sie das Läuten nicht gehört?

Er hatte früher alles stehen und liegen gelassen, um jeden zu begrüßen, der hereinkam. Keine Frage, der Kundenservice hatte sich deutlich verschlechtert.

„Hallo“, rief er.

Schritte waren zu hören, dann erschien eine attraktive Rothaarige mit dem Telefonhörer am Ohr. Sie trug enge Jeans und ein blaues Oberteil, das ihre Rundungen nicht betonte, aber auch nicht versteckte.

Als sie ihn bemerkte, hob sie einen Finger.

Vielleicht lag es nur daran, dass er hungrig war, oder an dem Zimt-und-Zucker-Duft, aber die Farbe ihrer großen braunen Augen erinnerte ihn an den Kaffee mit Karamellgeschmack, den seine Assistentin ihm jeden Morgen von Starbucks holte.

Aber der Zauber war vorbei, als die hübsche Rothaarige ihn mit einem ärgerlichen Blick in die Realität zurückholte.

„So etwas hat er noch nie gemacht“, sagte sie in den Hörer. „Sind Sie sicher, dass er es war?“

Clay vermutete, dass sie einen unzufriedenen Kunden zu besänftigen versuchte.

„Hmm.“ Sie nagte an der Unterlippe. „Was ist mit dem anderen Jungen? Hat er behauptet, dass Tyler angefangen hat?“

Das klang nicht nach einer geschäftlichen Unterhaltung. Führte sie etwa ein Privatgespräch? Während direkt vor ihr ein Kunde darauf wartete, dass er bedient wurde?

Okay, technisch gesehen war Clay kein Kunde, aber das konnte sie nicht wissen.

Trotz ihrer hübschen braunen Augen und reizvollen Figur fiel es Clay schwer, ruhig zu bleiben.

Kein Wunder, dass der Laden Probleme hatte.

„Bestimmt war es ein einmaliger Vorfall, Mrs Paxton. Sagen Sie Tyler, dass ich so bald wie möglich komme.“ Sie beendete das Telefonat und rieb sich die Schläfen.

Dann holte sie einen Teller mit Keksen unter dem Tresen hervor. „Es tut mir leid. Das war die Schule meines Sohns und … Darf ich Ihnen einen Keks anbieten? Ich habe sie erst heute Morgen gebacken.“

Jetzt wusste er, woher der Zimtduft stammte.

Aber Kekse für Kunden? Die Idee stammte ganz gewiss nicht aus seiner PR-Abteilung.

Trotzdem wollte er nicht den strengen Chef spielen. Außerdem hatte er Hunger, und trotz aller gesunden Ernährung hatte er Süßigkeiten nie ganz widerstehen können.

Er nahm einen Keks. „Ist Don Carpenter hier?“

„Tut mir leid, der ist den Rest des Nachmittags unterwegs. Kann ich Ihnen helfen?“

„Ich bin Peyton Johnson. Die Zentrale in Houston hat mich hergeschickt, um Ihre neue Buchhaltung einzurichten. Don erwartet mich.“

Clay nahm einen Bissen, schloss kurz die Augen und genoss den süßen Geschmack.

Bevor die Rothaarige antworten konnte, läutete das Telefon erneut. Sie schaute aufs Display, nahm den Anruf entgegen und ignorierte Clay zum zweiten Mal in kürzester Zeit.

„Ja?“, meldete sie sich und hob dabei wieder den Zeigefinger.

Sie war hübsch, und mit ihren schmalen Händen backte sie verdammt leckere Kekse, aber so langsam verlor er die Geduld.

Offenbar hatte sie keine Ahnung, wen sie vor sich hatte, denn niemand ließ Clayton Jenkins warten.

„Hat die Schwester keinen Eisbeutel?“, fragte sie.

Clay biss in das Zimtplätzchen und fragte, was um alles in der Welt so wichtig war, dass die Frau ihren Job riskierte.

„ Mrs Paxton, mein Sohn wurde von Conner Doyle verprügelt. Ich finde es also ehrlich gesagt nicht so schlimm, dass ein Schulhoftyrann wie Conner seinen Aufsatz über den Regenwald noch mal schreiben muss, weil er ihn nicht abgespeichert hatte.“

Schulhoftyrann? Der Keks schmeckte plötzlich wie Kreide. Es war gar nicht so lange her, dass ein gewisser Mitschüler Clay das Leben zur Hölle gemacht hatte.

„Na ja, aber wenn er abgespeichert war … Hatte er ihn denn nicht mit einem Passwort geschützt? … Ich verstehe … Tyler ist garantiert kein Hacker.“

Hacker? Das Wort weckte eine durchaus angenehme Erinnerung. Vor Jahren hatte Clay sein Computertalent genutzt, um sich gegen die größeren und stärkeren Mitschüler zu wehren.

„Vom Unterricht ausgeschlossen? Finden Sie das nicht etwas zu extrem?“

Offenbar steckte ihr Sohn in Schwierigkeiten.

„Ist Conner auch suspendiert?“ Die braunen Augen wurden noch größer. „Was soll das heißen, ‚dieses Mal nicht‘? Nein, sagen Sie es nicht. Ich bin gleich da.“

Sie legte auf und bedeutete Clay, ihr nach hinten zu folgen.

Niemand winkte ihn zu sich, aber er beherrschte sich und ging mit ihr zu einem Schreibtisch, wo sie die unterste Schublade aufriss.

Gegen seinen Willen beneidete er ihren Sohn. Seine eigene Mutter hatte nie so für ihn gekämpft. Er nahm es ihr nicht übel, denn sie hatte genug eigene Probleme gehabt, und oft genug hatte er auf sie aufpassen müssen.

„Hören Sie, Mr …“ Sie hob den Kopf.

„Johnson“, wiederholte er seinen Decknamen. „Peyton Johnson. Und Sie sind …?“

„Megan Adams.“ Sie nahm eine schwarze Handtasche heraus, die ihre besten Zeiten hinter sich hatte, und schloss die Schublade mit einem Fußtritt. „Es tut mir leid, Mr Johnson, aber könnten Sie sich ein paar Minuten um den Laden kümmern? Ich muss in die Schule. Sie liegt ganz in der Nähe. Ich bin gleich zurück.“

Sie hielt ihre Schlüssel in der Hand und eilte durch die Hintertür, bevor Clay widersprechen oder auch nur nicken konnte. Als er einen Wagen losfahren hörte, drehte er sich zum Schreibtisch um, auf dem sich neben einem aufgeschlagenen Auftragsbuch Rechnungen voller Kaffeeflecken türmten.

Er konnte nicht fassen, dass sie ihn mit all den wertvollen Geräten und vertraulichen Unterlagen allein ließ. Außer ihrem Namen wusste er noch nichts über die Frau, aber ihr Verhalten und das Chaos auf dem Schreibtisch deuteten nicht gerade auf einen Arbeitseinstellung hin, wie Geekon Enterprises sie von seinen Angestellten erwartete.

Dass sie äußerst sinnliche Augen hatte und es ihn in den Fingern juckte, ihr rotes Haar zu berühren, änderte daran nicht das Geringste.

Und die verdammt leckeren Kekse trösteten ihn auch nicht.

Das Geschäft kam zuerst. Clay würde tun, was für den Laden das Beste war – selbst wenn er dazu die erste Mitarbeiterin feuern musste, der er begegnet war.

Megan hätte sterben können, als der attraktive dunkelhaarige Fremde den Laden betreten und sich als Buchhaltungsspezialist aus der Firmenzentrale vorgestellt hatte. Aber sie wusste auch, dass sie in Brighton Valley dringend fachmännische Hilfe brauchten. Sie wollte nur nicht, dass ihr Chef gefeuert wurde.

Als Don Carpenter sie vor einigen Monaten eingestellt hatte, war es für sie ein Geschenk des Himmels gewesen. Und obwohl sie wenig über Computer und kaum mehr über Buchhaltung wusste, hatte sie schnell gemerkt, dass der Laden in großen Schwierigkeiten steckte.

Don war ein wunderbarer Mensch, ein gutherziger Chef und ein liebevoller Ehemann, aber die Sorge um seine Frau und die vielen Arzttermine, zu denen er sie fahren musste, wirkten sich negativ auf seine Arbeit aus. Don konnte es sich nicht leisten, seinen Job zu verlieren, zumal seine Frau sich derzeit einer Chemotherapie unterziehen musste. Deshalb hatte Megan ihren zwölfjährigen Sohn gebeten, ihm bei den einfacheren Reparaturen zu helfen. Leider bereitete Tyler ihr in letzter Zeit eher Stress.

Sie warf einen Blick auf den Jungen, der im Wagen neben ihr saß. Seine Lippe war aufgeplatzt, und er hatte kein Wort gesagt, seit sie ins Büro seiner Rektorin gestürmt war und sich mit der Frau – und Conner Doyles Eltern – angelegt hatte.

Conner mobbte Tyler, seit sie im letzten Sommer nach Brighton Valley gezogen waren. Ihr Sohn hatte sich verändert. Der früher so fröhliche und aufgeschlossene Junge war still geworden und zog sich immer häufiger in sein Zimmer zurück. Sie musterte ihn unauffällig. Er hatte rotes Haar und war schlank, fast schmächtig. Megan fragte sich, woher er seine erstaunliche Intelligenz hatte. Sie selbst war nie eine besonders gute Schülerin gewesen, und Todd Redding, ihr Exmann, hatte nur auf dem Footballfeld, aber nicht im Klassenzimmer Höchstleistungen gebracht.

Außerdem hatte Todd sich nie sehr für seinen unsportlichen Sohn interessiert. Auch deshalb hatte Megan nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen.

Als sie an einer Kreuzung hielt, strich sie ihrem Sohn übers Haar. „Egal, was passiert ist, ich habe dich lieb, Tyler. Und sobald du darüber sprechen möchtest, höre ich dir zu.“

Er antwortete nicht, wich aber auch nicht zurück.

Als sie in der Gasse hinter Zorba’s hielt, fragte sie sich, wie sie ihrem Sohn helfen sollte. Auf keinen Fall durfte sie Mr Johnson noch länger im Geschäft allein lassen. Wäre er nicht da, hätte sie einfach abgeschlossen und Pause gemacht.

Megan warf einen Blick in den Rückspiegel und wünschte, sie hätte Lipgloss und Mascara dabei. Seit ihrer Scheidung gab sie sich keine besondere Mühe, für irgendjemanden attraktiv auszusehen. Sie hatte ohnehin zu wenig Geld, um sich Make-up oder schicke Sachen zu leisten. Außerdem war ein Mann, der sich für sie interessierte, das Letzte, was sie jetzt brauchte.

Warum war es ihr überhaupt wichtig, wie sie auf Mr Superbuchhalter wirkte?

„Hat Mr Carpenter das MacBook dagelassen, das ich mir anschauen soll?“, fragte Tyler beim Aussteigen.

O nein! Sie hatte vergessen, ihrem Sohn zu erzählen, dass Mr Johnson hier war. Hastig eilte sie hinter Tyler her.

„Wow!“, rief der Junge, bevor sie ihn einholen konnte. „Wer sind Sie?“

Mr Johnson saß an Don Carpenters Schreibtisch und drehte sich zu ihnen um. Täuschte sie sich, oder sah er besser aus als vorhin? Warum fiel ihr erst jetzt auf, wie blau seine Augen, wie markant das Kinn und wie voll und sinnlich seine Lippen waren?

„Ich bin Peyton Johnson.“ Er stand auf und gab Tyler die Hand. „Ich arbeite bei Zorba the Geek.“ Dann kniff er die Augen zusammen. „Und könnte jemand so freundlich sein, mir zu sagen, wer ihr beide seid?“

O nein. Hatte sie sich etwa nicht vorgestellt?

„Tut mir leid. Ich bin Megan Adams und helfe Mr Carpenter im Büro. Dies ist mein Sohn Tyler. Er hatte ein Problem in der Schule, und das hat mich etwas durcheinandergebracht. Normalerweise bin ich nicht so.“

Peytons eindringlicher Blick machte sie nervös.

„Und was genau machen Sie bei Zorba the Geek?“, fragte Mr Johnson. „Sind Sie Computertechnikerin?“

„Ha!“ Ihr Sohn lachte. „Mom könnte ein Gigabyte nicht von einem IC-Baustein unterscheiden.“

Peyton musterte Megan mit hochgezogenen Brauen. „Und du kannst es?“

„Natürlich. Sehen Sie die Geekon-Festplatte da?“ Tyler zeigte auf einen zerlegten PC und erzählte etwas von integrierten Schaltkreisen, Logikgattern, Signalen und Dualzahlen. Megan verstand kein Wort. „Die Geekon-Serie verwendet IC-Bausteine.“

„Was hältst du von der Geekon-Serie?“, fragte Peyton den Jungen, der in der ganzen Woche zu ihr nicht mehr als drei Sätze gesagt hatte.

Tyler ließ sich über Mikroprozessoren und Transistoren aus. „Kurz gesagt, Geekon-Computer sind die besten, die man kaufen kann. Aber sie sind nicht die besten, die man bauen kann.“

„Tyler“, ermahnte Megan ihn. „Mr Johnson arbeitet bei Zorba the Geek, also einem Tochterunternehmen von Geekon Enterprises, vergiss das nicht.“

Ihr Sohn tätschelte eine Festplatte, die auf dem Tisch vor ihm lag. „Dann möchte Mr Johnson bestimmt sehen, wie ich das Baby hier verbessern kann.“

O nein.

„Weißt du was, Tyler? Das würde ich sogar sehr gern sehen, aber ich komme aus der Buchhaltung. Wenn ich hier fertig bin, könnte ich ein paar Kollegen aus der Produktion anrufen und dich mit jemandem zusammenbringen, der die Dinger konstruiert.“

„Cool!“

Als Peyton sich wieder zu Mr Carpenters Schreibtisch umdrehte, betrachtete er ihn, als wollte er ihn mitsamt den Papierbergen darauf in den Müllcontainer hinter dem Haus befördern. Genau das hatte Megan sich schon oft vorgestellt, denn sie hatte keine Ahnung, wo sie beginnen sollte, um Ordnung ins Büro zu bringen.

Peyton seufzte. „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.“

Großartig, der Mann war Buchhalter und konnte Gedanken lesen.

„Seit Mrs Carpenter krank ist, sind wir etwas im Rückstand“, gab Megan zu. „Wie lange bleiben Sie?“, fragte sie und hoffte, dass es sich nur um Stunden handelte.

„So lange wie nötig. Die Zentrale hat für mich ein Zimmer im Night Owl gebucht.“

Das Motel lag am Highway, nicht weit vom Stagecoach Inn, einem örtlichen Nachtklub. Sie bezweifelte, dass ein Mann wie Peyton Johnson sich in einem der beiden wohlfühlen würde.

„Schade, dass Sie nicht in der Wohnung über dem Laden übernachten können“, warf Tyler ein. „Dann hätten Sie es viel näher.“

Megan erstarrte.

„Da gibt es ein Bett und einen Fernseher und eine Küche“, fügte ihr Sohn hinzu.

„Ist sie denn frei?“

„Ja.“

Sie schluckte. Wie konnte sie Tyler zum Schweigen bringen? „Die Firma hat Mr Johnson im Motel untergebracht und das Zimmer bestimmt schon angezahlt. Und selbst wenn nicht, fällt wahrscheinlich eine Stornierungsgebühr an. Außerdem ist in der Innenstadt von Brighton Valley abends nicht viel los, da ist er im Night Owl besser aufgehoben, weil es in der Nähe Restaurants und so etwas gibt.“

Megan rang sich ein Lächeln ab. Einen Aufseher im Büro zu haben war schlimm genug. Der Mann musste nicht auch noch hier wohnen.

„Ich denke, ich rufe in der Zentrale an“, sagte Peyton. „Über dem Laden zu übernachten wäre viel bequemer. Je früher ich hier fertig bin, desto mehr Geld spart die Firma.“

Als er sein Handy herausholte, hätte sie es ihm am liebsten weggenommen, aber das ging natürlich nicht. Nach der Scheidung hatte sie drei lange Jahre gebraucht, um ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, und jetzt sah sie endlich Licht am Ende des finanziellen Tunnels. Ausgerechnet jetzt tauchte Peyton Johnson auf und gefährdete alles, was sie sich so mühsam aufgebaut hatte.

Aber Megan war bereit, sich zu wehren. Auf keinen Fall würde sie kampflos zusehen, wie der nächste Mann ihre Träume zerplatzen ließ.

Clay nahm sein Handy heraus und rief seine Assistentin Zoe an, die natürlich wusste, dass er als Buchhalter getarnt verdeckte Nachforschungen anstellte.

„Über dem Geschäft in Brighton Valley gibt es eine Wohnung. Ich weiß nicht, wie die Erbsenzähler in der Zentrale damit umgehen werden, aber es wäre praktischer, wenn ich dort übernachte. Das Hotel, das Sie für mich reserviert haben, liegt auf der anderen Seite der Stadt.“

„Das Haus gehört Ihnen“, erwiderte Zoe. „Wenn Sie dort übernachten, kostet es die Firma keinen Cent.“

„Genau, richtig, Ma’am. Könnten Sie es mit der Spesenabteilung klären?“

„Ich …“ Zoe zögerte. „Dieser Anruf gehört zu Ihrer Tarnung?“

„Stimmt.“

„Und ich soll einfach nur zuhören, während Sie reden?“

„Das wäre gut, ja.“

„Sehr schlau. Ihre Sekretärin muss also Ihre rätselhaften Anrufe entschlüsseln?“

„Das wäre sinnvoll, jedenfalls solange ich in Brighton Valley bin“, bestätigte er.

„Sie können sich auf mich verlassen, Clay … Peyton, meine ich.“

„Danke, Zoe.“ Clay lächelte. „Dann klären Sie das bitte. Wann können Sie mich zurückrufen?“

„In fünf Minuten?“

„Einverstanden.“

„Bis gleich, Chef. Die Uhr läuft.“

Clay steckte das Handy wieder ein und sah, wie Megan ihrem Sohn einen grünen Rucksack in die Hände drückte und zum Ladentresen zeigte. „Nicht solange er hier ist“, flüsterte sie dabei.

Tyler warf ihm einen Blick zu und ging widerwillig nach vorn.

Was sollte der Junge nicht tun, solange „Peyton Johnson“ hier war?

Sie lächelte Clay zu, aber es wirkte etwas gezwungen.

Warum war sie so nervös?

„Soll ich Ihnen den Laden zeigen?“, fragte sie.

Clay hatte schon mit sechzehn hier gearbeitet, außerdem gehörte ihm das Gebäude. Er brauchte keine Besichtigungstour, aber das musste sie nicht wissen.

„Gern.“ Je früher er diese Filiale wieder auf Vordermann brachte, desto früher konnte er aus Brighton Valley verschwinden. Und diesmal würde er es für immer tun.

„Den Verkaufsraum haben Sie ja schon gesehen“, begann sie. „Dort bieten wir unsere aufgearbeiteten Computer und einige neue Geekon-Modelle an. Wir haben nicht viel Bargeld in der Kasse, nur genug, um den Kunden herauszugeben. Wir nehmen auch Kreditkarten, aber damit brauchen Sie sich nicht zu befassen.“

Autor

Judy Duarte
<p>Judy liebte es schon immer Liebesromane zu lesen, dachte aber nie daran selbst welche zu verfassen. „Englisch war das Fach in der Schule, was ich am wenigsten mochte, eine Geschichtenerzählerin war ich trotzdem immer gewesen,“ gesteht sie. Als alleinerziehende Mutter mit vier Kindern, wagte Judy den Schritt zurück auf die...
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