Traumprinz sucht Prinzessin

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Wo sind sie bloß, die Traummänner von Chicago? Um ihnen zu begegnen, planen die hübsche Kim und ihre Freundinnen eine Party der besonderen Art: Jede von ihnen muss zwei gut aussehende Junggesellen mitbringen. Und alle bestehen darauf, dass Kim den erfolgreichen Tanner Callahan dazu mitbringt: Singe, umwerfend attraktiv - aber leider auch Kims größter Geschäftsrivale, dem sie lieber aus dem Weg geht. Doch kaum steigt die Party, verhält Tanner sich völlig überraschend: Er hat nur Augen für Kim, flirtet mit ihr und umwirbt sie zärtlich. Als würde sein Herz sich schon lange nach ihr sehnen ...


  • Erscheinungstag 08.04.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777074
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Je länger Mr. Pettigrew spricht, umso mehr klingt seine Stimme wie das Summen einer müden Hausfliege, dachte Kimberley. Hinzu kam, dass sein Büro klein, trocken und überheizt war. Kein Wunder, dass sie sich leicht benommen fühlte, als würde sie in eine Art Trance hinüberdämmern. Wenn der Mann nicht gewesen wäre, der mit ihr am Schreibtisch Mr. Pettigrew gegenübersaß …

Aber vielleicht war es gut so, dass Mr. Pettigrew sie beide zu sich gebeten hatte, um ihnen zu eröffnen, wer den Druckauftrag für den Jahresbericht erhalten sollte.

Neben Tanner Callahan bleibe ich wenigstens wach.

Ohne den Kopf zu bewegen, versuchte Kim, Tanner von der Seite zu betrachten, doch er saß so neben ihr, dass sie nur seine Hand sah, die er entspannt auf das Knie seiner grauen Hose gelegt hatte. Er hatte lange, kräftige Finger und kurze, gepflegte Nägel.

Wetten, dass er nicht mal feuchte Hände hat, dachte Kim. Sie konnte es kaum erwarten, den Schweißfleck auf seiner makellosen Bügelfalte zu sehen, wenn sie ihm den Vertrag vor der Nase weggeschnappt hatte.

Natürlich konnte sie auch ohne diesen Triumph leben, aber es wäre nett zu entdecken, dass Tanner Callahan längst nicht so ruhig war, wie er sich gab.

Mr. Pettigrew näselte weiter, doch plötzlich fiel Kims Name, und sie riss sich aus ihrem hypnoseähnlichen Dämmerzustand.

Jetzt! dachte Kim. Jetzt erlebst du dein blaues Wunder, Tanner Callahan!

„Deshalb danke ich Ihnen für Ihr Angebot, Miss Burnham“, sagte Pettigrew. „Die Entscheidung war knapp, und ich rechne auch in Zukunft mit Ihren Angeboten.“ Er stand auf. „Mr. Callahan, ich schicke Ihnen den Durchschlag der endgültigen Spezifikationen heute Nachmittag, damit Sie sofort loslegen können. Wie Sie wissen, stehe ich mit der Bilanz unter Zeitdruck und möchte sie schleunigst in Angriff nehmen.“

Er klang durchaus nicht gehetzt, eher so, als würde er ein Wörterbuch vorlesen.

In Kims Ohren rauschte es. Sie musste sich verhört haben! Vielleicht war sie wirklich eingenickt und hatte einen Albtraum.

Doch Mr. Pettigrew stand auf und reichte Tanner Callahan über den Schreibtisch hinweg die Hand. Es war vorbei. Kim wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. Benommen stand sie auf und bedankte sich bei Mr. Pettigrew pflichtschuldig für die Prüfung ihres Angebots.

Ehe sie die Tür öffnen konnte, war Tanner Callahan zur Stelle und hielt sie Kim auf. „Immer Gentleman“, bemerkte sie leise. „Außer wenn’s um Geld geht.“

Er zog eine Braue hoch. „Sie wollen doch sicher nicht, dass ich meine Angebote frisiere, damit Sie gewinnen, Kim?“

„Natürlich nicht!“

„Worüber beklagen Sie sich also? Geht es Printers Ink so schlecht, dass der Verlust von Pettigrews Auftrag Sie in die roten Zahlen bringt?“

„Selbst wenn es so wäre, würde ich mich bestimmt nicht an Ihrer Schulter ausweinen“, erwiderte sie schnippisch. „Warum werden Sie immer gleich ironisch, wenn Sie den Namen meiner Firma erwähnen?“

Einen Moment lang schien Tanner zu überlegen. „Weil er so … süß ist.“

Kim wollte davonstürmen, doch er fiel neben ihr in Schritt. „Den Auftrag hätte ich bekommen müssen“, sagte sie endlich. „Ich hatte Sie unterboten.“

Nun wirkte er leicht interessiert. „Wäre nett zu wissen, wieso Sie sich dessen so sicher sind. Jetzt frage ich mich natürlich, ob es nur ein Schuss ins Blaue war oder ob Sie in meiner Firma einen Spion haben?“

Ihr Gewissen ließ es nicht zu, seine Angestellten schuldlos in Verdacht zu bringen. „Niemand hat’s mir verraten“, gab sie zu. „Mein Angebot muss einfach besser als Ihres sein.“

„Vielleicht war meins in anderer Hinsicht überzeugender.“

Ein junger Mann tauchte aus einer Büronische auf und eilte den Gang entlang hinter Ihnen her. „Miss Burnham!“, rief er ihr nach, „Miss Burnham!“

Am liebsten hätte Kim sich taub gestellt. Was der junge Mann ihr zu sagen hatte, ging Callahan nichts an.

Doch der blieb höflich stehen. „Der junge Mr. Pettigrew möchte Sie sprechen.“

„Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten“, erklärte Kim übertrieben liebenswürdig. „Die Spezifikationen werden gleich in Ihrem Büro sein, und sicher möchten Sie sich sofort über den wichtigen Auftrag hermachen.“

„Ach, ich brauche mich nicht zu beeilen. Das ist der große Vorteil meiner neuen Druckpressen – sie sind nicht nur schnell, sondern auch leistungsstark.“

Also stimmten die Gerüchte über Callahan und seine neue technische Ausrüstung. Und er hatte sich offenbar nicht nur eine neue Maschine zugelegt, sondern gleich einen ganzen Park. Vielleicht hat er mich doch unterboten, überlegte Kim. Wenn die Neuanschaffungen sich rentieren sollen, braucht er jeden Auftrag, den er bekommen kann, ganz gleich, wie knapp seine Gewinnspanne ausfällt.

Tanner fuhr fort: „Und da ich auch langfristig auf Aufträge von den Pettigrews hoffe, ist es gut, wenn ich mit der nachrückenden Generation ebenso vertraut bin wie Sie.“ Er blickte über ihre Schulter zu dem jungen Mann und setzte vertraulich hinzu: „Na ja, vielleicht nicht ganz so vertraut wie Sie.“

Kim warf ihm einen vernichtenden Blick zu und drehte sich zu Jasper Pettigrew um. Er war noch sehr jung, ziemlich knochig und rührend ernsthaft und himmelte sie mit seinen blauen Augen durch seine dicken Brillengläser an.

„Miss Burnham, ich wollte Ihnen nur sagen, ich hab mir Mühe gegeben, meinen Vater zu überzeugen … Sie wissen schon, wegen Ihres Angebots.“

„Danke, Jasper“, erwiderte Kim. „Das war sehr lieb von Ihnen.“

„Ich wollte Ihnen nur Bescheid geben. Gern hätte ich mehr für Sie getan.“ Unruhig blickte er über die Schulter zurück. „Ich muss wieder an meinen Schreibtisch.“

„Natürlich.“ Am liebsten hätte Kim ihm den Kopf getätschelt.

Im Nu war er wieder in seiner kleinen Bürozelle verschwunden.

„Aha“, sagte Tanner und hielt Kim die Ausgangstür auf. „Jetzt weiß ich, wieso Sie so sicher waren, den Auftrag zu bekommen. Sie sollten sich schämen, Kim, Ihre weiblichen Reize spielen zu lassen, um den jungen Pettigrew dazu zu verführen, seinen Vater zu beeinflussen.“

Kampflustig warf Kim den Kopf zurück. „Als Nächstes sagen Sie mir, was Sie witziger finden –, dass ich weibliche Reize besitze oder dass Jasper Pettigrew seinen Vater beeinflussen könnte.“

„Darüber würde ich nicht mal im Traum reden. Wie Sie selbst sagten, bin ich ein Gentleman. Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen?“

Wenn er es für unhöflich hält, die Wahrheit zu sagen, muss er eine wenig schmeichelhafte Meinung von mir haben, dachte Kim. Wie konnte ein Mann so gerissen und doch so höflich sein! Ihr wurde bewusst, was er sie gefragt hatte.

An der Tür hielt sie abrupt inne. „Kaffee? Wieso?“, fragte sie gespielt verwundert. „Weil ich Ihnen wegen des weggeschnappten Auftrags leid tue?“

„Der Cappuccino soll kein Trostpreis sein. Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten. Sie wissen schon, was man in der Branche redet, wie die Geschäfte laufen …“

„Glauben Sie wirklich, das würde ich Ihnen verraten?“

„Also laufen sie nicht so gut.“

„Das habe ich nicht gesagt“, widersprach Kim scharf. „Warum fragen Sie überhaupt? Wollen Sie mir einen Auftrag zuschanzen? Wenn ja, wird er einen Haken haben, sonst würden Sie nicht versuchen, ihn loszuwerden.“

„Sie sind schrecklich misstrauisch, Kim. Ich möchte einfach nur mit Ihnen reden.“

Nachdenklich sah sie ihn an. „Mein lieber Tanner, Sie führen etwas im Schilde. Einem Mann in Ihrer Position dürfte es kaum schwer fallen, eine Frau zu finden, die mit ihm Kaffee trinkt. Wenn Sie mich so nett einladen, frage ich mich, was Sie vorhaben. Nein, ich kann mit Ihnen keinen Kaffee trinken gehen. Heute Abend habe ich etwas viel Wichtigeres vor.“

„Lassen Sie mich raten.“ Er blieb nicht bei den Gästeparkplätzen stehen, wo Kim seinen Mercedes entdeckt hatte, sondern ging mit ihr zum Bahnsteig an der Ecke weiter. „Wollen Sie sich die Haare waschen? Die Nägel lackieren? Nein, etwas so Normales würden Sie nicht tun. Sie müssen Ihren Hamsterkäfig ausmisten.“

Kim biss sich auf die Lippe, um nicht loszulachen.

„Das darf doch nicht wahr sein!“ Tanner gab sich überrascht. „Sie haben tatsächlich fast gelächelt.“

„Ich habe eine wichtige Besprechung mit meinen Mitbewohnerinnen“, klärte Kim ihn auf. „Einmal im Monat gehen wir die Ferngespräche auf der Telefonrechnung durch und einigen uns, wer was bezahlt. Dort kommt mein Zug. Entschuldigen Sie mich.“

Sie war bereits auf dem Bahnsteig, als Tanner ihr nachrief: „Die Telefonrechnung, Kim? Ihnen hätte ich zugetraut, dass Sie sich etwas Originelleres einfallen lassen. Sie enttäuschen mich.“

„Fein!“, rief sie zurück. „War mir ein Vergnügen, Sie zu enttäuschen.“

Die Pizza war längst verzehrt, doch ihr Duft hing immer noch im Raum, nachdem die Telefonrechnung abgehakt war. Kim lehnte sich an die Armstütze des Sofas und überflog den Ausdruck. „Eigentlich ist es traurig.“

Marissa saß auf dem Boden neben der Truhe, die als Couchtisch diente, und kratzte den letzten Brocken Käse vom Pizzakarton, um ihn sich in den Mund zu schieben. „Was ist traurig?“

Am anderen Ende des Sofas streckte Brenna eine Hand aus und begutachtete ihre Nägel. „Sie meint, dass drei wahnsinnig attraktive, talentierte, faszinierende junge Damen niemand Besseren anzurufen haben als Verwandte. Doch das ist ein Irrtum.“

Marissa nickte. „Als wahnsinnig attraktiv würde ich uns nicht unbedingt bezeichnen.“

„Da sprichst du nur für dich, Schätzchen“, bemerkte Brenna trocken.

Nun musste Kim lächeln. „Du meinst also, jede von uns führt in einer Kategorie. Die wahnsinnig Attraktive bist du, Brenna. Da bleibt es Marissa und mir überlassen, uns darum zu prügeln, wer die Talentierte und wer die Faszinierende ist.“

Grob gesagt stimmt das sogar, dachte Kim und warf die Telefonrechnung auf die Truhe. Brenna sah wie ein Covergirl aus, während sie selbst sich mit ihrem dunkelbraunen Haar und den grünen Augen für durchschnittlich hielt. Und Marissa lief eher unter unscheinbar.

Marissa stimmte ihr zu. „Vielleicht sollten wir es den Männern überlassen, das zu entscheiden“, schlug sie vor. „Aber wer käme da schon infrage? Die einzigen Typen, die ich treffe, beschäftigen sich eher mit Akne und Stimmbruch als mit dem schönen Geschlecht. Da fällt mir ein, ich muss für den Unterricht morgen noch Aufsätze korrigieren.“ Sie stand auf.

Geschmeidig wie eine Raubkatze rekelte Brenna sich. „Das meinte ich auch gar nicht mit Irrtum. Die Männer müssen uns anrufen, nicht umgekehrt. Ihre Anrufe erscheinen also nicht auf der Telefonrechnung.“

„Vielleicht könntest du den Männern das klarmachen“, riet Marissa finster, die aus der Küche mit einer Tüte Schokoladen-Erdnussnestern zurückgekehrt war. „Sie scheinen es nicht zu wissen. Möchte jemand ein Schokoplätzchen?“

„Ich nicht“, wehrte Brenna ab. „Heute Morgen hatte ich ein halbes Kilo mehr drauf. Für mich gibt’s in den nächsten Tagen nur gedämpften Broccoli. An der Pizza hätte ich nicht mal schnuppern dürfen. Weißt du, Marissa, wenn du nicht immer nur in die Schule gehen würdest, sondern …“

Marissa winkte ab. „Du meinst die Singlebars? Nein, danke. Die sind nichts. Ständig das gleiche Gewäsch, ich kann’s nicht mehr hören. Das ist das Hauptproblem im modernen Leben. Es gibt keine Orte mehr, an denen man tolle Männer kennen lernen kann. Singlebars sind langweilig, und Bekanntschaftsanzeigen erwecken den Eindruck, als wären sie für ’ne Frau die letzte Rettung.“

„Und? Weißt du was Besseres?“

„Nein. So verzweifelt bin ich nun auch wieder nicht. Ich möchte einfach nur ’nen Kerl, mit dem man nett ausgehen kann.“

„Mehrere fände ich besser“, mischte Brenna sich nachdenklich ein.

Jetzt war Marissa in ihrem Element. „Das Internet ist gefährlich, weil man nie weiß, ob der Kerl, mit dem man chattet, wirklich ist, was er behauptet.“

„Noch schlimmer ist“, trumpfte Kim auf, „dass man nicht mal weiß, ob’s überhaupt ein Kerl ist.“

„Genau. Und wenn man sich mit jemandem von seinem Arbeitsplatz verabredet, gibt’s meist Ärger …“

„Da wäre noch die alte Masche, dem Kirchenchor beizutreten“, bemerkte Kim trocken.

„Als ich’s das letzte Mal versucht hab, ging der attraktive Tenor mit dem Bariton nach Hause“, murrte Marissa.

Brenna klatschte laut in die Hände, und die anderen beiden verstummten. „Da liegst du falsch, Marissa. Unser Problem ist nicht, Männer kennen zu lernen. Wir kennen alle drei mehr als genug.“

„Und mit wie vielen Männern, die du kennst, möchtest du ausgehen?“, fragte Marissa zweifelnd.

Schulterzuckend gab Brenna zu: „Mit keinem. Vielleicht kenne ich sie alle zu gut.“

„Weil sie nichts Geheimnisvolles, Romantisches mehr an sich haben?“ Kim richtete sich auf. „Das ist es. Nehmen wir nur mal Tanner Callahan …“

„Den würde ich mit Handkuss nehmen“, erklärte Brenna. „Dabei kenne ich ihn noch nicht mal persönlich. Ich hab alle nur von ihm schwärmen hören.“

„Genau das meine ich. Ich finde ihn unerträglich, während er für dich genau der Richtige sein könnte. Aber woher willst du das wissen, wenn du ihn nie kennen lernst?“

Seufzend schloss Brenna die Augen. „Ich warne dich, Kim. Wenn du mir weiter mit so deprimierenden Wahrheiten kommst, versündige ich mich an Marissas Schokoplätzchen.“

„Du hast recht, Bren. Genau genommen kennen wir alle drei genug Männer“, triumphierte Kim. „Wir müssten sie einfach nur gegenseitig weiterreichen.“

„Und wie willst du das machen?“ Marissa biss ins nächste Erdnussplätzchen. „Sollen wir unsere Adressbücher austauschen?“

„Es muss eine Möglichkeit geben.“ Angestrengt dachte Kim nach. „Wir geben eine Party“, sagte sie langsam. „Wenn jede von uns, sagen wir mal, drei Frauen einlädt …“

Prompt warf Marissa ein: „Moment mal … Weiber? Ich dachte, wir wollten …“

„Dann wären wir insgesamt zwölf. Und wenn jede von den zwölf Frauen zwei Männer mitbringt …“

Brenna öffnete ein Auge. „Du meinst, Männer, an denen sie selbst nicht interessiert ist?“

„Genau“, bestätigte Kim. „Männer, die sie kennt, mit denen sie aber nichts anfangen würde. Am Ende der Party kennt jede Frau über zwanzig neue Typen, die sie normalerweise nie treffen würde.“

„Irgendwo muss da ein Haken sein“, bemerkte Marissa zweifelnd.

„Na ja“, fuhr Kim nachdenklich fort, „wir müssten natürlich vereinbaren, dass jede von uns sich an die Regeln hält. Jede muss garantieren, dass die Männer, die sie mitbringt, ledig sind, keinen Dachschaden haben, eigenes Geld verdienen …“

„Nicht schwul sind“, setzte Marissa hinzu.

„Und nicht auf Bewährung auf freiem Fuß“, warf Brenna ein.

„Die Einzelheiten können wir noch festlegen“, erklärte Kim. „Schließlich sitzen wir Frauen alle im selben Boot, und jede wird das verstehen.“

„Aber die Männer haben vielleicht was gegen eine Party, bei der zwei von ihnen auf eine Frau kommen.“

„Es ist doch nur ’ne Party.“ Marissa legte die Plätzchentüte nieder. „Die Typen brauchen ja nicht zu erfahren, dass es keine gewöhnliche Party ist.“

„Ein Junggesellenbasar“, sagte Kim verträumt. „Das wäre wie Kaviarkanapees.“

Unvermittelt richtete Brenna sich auf. „Gib mir mal die Telefonrechnung.“

Kim griff danach. „Warum?“

„Weil ich auf der Rückseite eine Liste der Frauen und Männer machen will, die wir einladen. In einer von den Fotoagenturen, mit denen ich arbeite, ist ein neuer Typ … Wen bringst du mit, Marissa? Euren neuen Schuldirektor?“

„Vielleicht. Mal sehen.“

„Und du, Kim? Wen lädst du als Zweiten ein?“

Verwundert sah sie Brenna an. „Was meinst du denn mit ‚Zweiten‘?“

„Na ja, der Erste steht doch fest.“ Brenna begann zu kritzeln, dann blickte sie unschuldig auf. „Natürlich Tanner Callahan, wer sonst?“

Wenn Kim normalerweise an der S-Bahnstation in der Nähe ihrer Firma ausstieg, würdigte sie den Bürokomplex auf der anderen Straßenseite von Printers Ink keines Blickes. Obwohl der blitzende Bau aus Stahl und Glas schon dort stand, solange sie zurückdenken konnte, wirkte er sehr viel neuer und moderner als das Gebäude ihrer Firma. Und genauso lange war er Kim ein Dorn im Auge.

Nicht nur, dass sie neuerdings bei fast jedem Auftrag gegen Tanner Callahan antreten musste, die beiden Firmen lagen im selben Industriepark, obendrein auch noch in derselben Straße einander gegenüber. Völlig unverständlich, warum Tanners Vater den Neubau der Firmenzentrale nicht woanders hingestellt hatte …

Weil er die Vorstellung genoss, dass mein Vater den „Protzpalast“ aus Glas und Stahl Tag für Tag vor Augen haben würde, musste Kim sich grimmig eingestehen. Und Ben Burnham hatte genauso reagiert wie Charles Callahan erwartet hatte.

Ben hatte es nie verwunden, dass sein früherer Partner nach ihrem Bruch so erfolgreich geworden war, während seine eigene Firma gerade so über die Runden kam. Aus Mitgefühl mit ihrem Vater hatte Kim es sich im Lauf der Jahre angewöhnt, den „Protzpalast“ auf der anderen Straßenseite einfach nicht zu sehen.

Heute jedoch blieb ihr keine Wahl. Sie musste Tanner Callahan anrufen und ihn zu ihrer Party einladen.

Was ihr im ersten Moment als tolle Idee erschienen war, erwies sich jetzt als Querschläger. Einen Junggesellenbasar zu veranstalten war im Grunde genommen völlig logisch. Tag für Tag wurden Stellen, Lehr- und Ausbildungsmöglichkeiten über Computer angeboten. War es da nicht praktisch, sich der modernen Technik auch privat zu bedienen, um den Mann fürs Leben zu finden?

Nur hätte sie gestern Abend Tanner Callahan nicht erwähnen dürfen!

Sicher, er erfüllte alle Bedingungen, die sie sich ausgedacht hatten. Er war ledig, hatte keinen Dachschaden – obwohl es nicht besonders klug gewesen war, sie bei Pettigrew zu unterbieten, denn sie hatte so knapp kalkuliert, dass Tanner an dem Auftrag unmöglich etwas verdienen konnte, wenn er ihn für weniger übernahm.

Und er verdiente seinen eigenen Lebensunterhalt –, auch da kein Warnpiepser auf dem Radarschirm. Viele Männer in Tanner Callahans Position kleideten sich elegant, fuhren einen Mercedes und arbeiteten in Gebäuden aus Stahl und Glas, doch meist lebten sie auf Pump. Tanner gehörte nicht zu dieser Sorte. Sein „Protzpalast“ war längst bezahlt, und falls das bei seiner Garderobe und dem Mercedes nicht der Fall sein sollte, dann nur, weil er noch nicht dazu gekommen war, die Schecks auszustellen. Seine Kreditwürdigkeit war Platinklasse, das wusste Kim von einem Kunden, der ihr vor zwei Monaten klargemacht hatte, warum er lieber mit Callahans Firma als mit Printers Ink arbeitete.

Nicht schwul … In dem Punkt gab es auch nichts zu deuteln. Obwohl sie gesellschaftlich nicht in denselben Kreisen verkehrten, gab es von der Handelskammer gelegentlich Veranstaltungen, die sie beide besuchten. Und da hatte Tanner jedes Mal eine Blondine im Schlepptau gehabt.

Natürlich nicht immer dieselbe. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, war es auch nicht immer eine Blondine gewesen. Bei der letzten Weihnachtsfeier der Baufirma, die den Industriepark hochgezogen hatte, war Tanners Begleiterin eine Rothaarige gewesen.

Nein, an weiblicher Gesellschaft mangelte es ihm bestimmt nicht. Genau deshalb war seine gestrige Einladung zum Kaffee hochinteressant. Fast wünschte Kim jetzt, sie hätte sie angenommen. Dann wäre sie gestern Abend nicht bei der Runde dabei gewesen, bei der die Schnapsidee mit dem Junggesellenbasar geboren worden war.

Womit sie wieder da war, wo sie angefangen hatte, nur dass sie jetzt obendrein Kopfschmerzen hatte. In ihrem Büro würde sie gleich ein Aspirin nehmen, das half immer. Vielleicht macht es mich ja auch immun gegen Leute wie Tanner Callahan, sagte sie sich mit Galgenhumor.

Sobald Kim die Eingangstür der mit rotem Teppich ausgelegten Empfangshalle von Printers Ink betreten hatte, war ihr klar, dass es Ärger gab. Ein großer Mann stand mit dem Rücken zum Eingang und stemmte sich drohend mit den Händen auf das Empfangspult. Die Rezeptionsdame erklärte ihm gerade: „Tut mir leid, Sir, aber unsere Geschäftsleitung ist noch nicht da. Falls Sie einen Termin haben …“

„Falls?“, wiederholte der Mann empört. „Was fällt Ihnen ein, an meinen Worten zu zweifeln? Meine Zeit ist kostbar, und wenn Ihr Geschäftsführer seine Termine vergisst, gehe ich mit meinen Aufträgen anderswohin.“

Blitzschnell überlege Kim. Etwas so Wichtiges wie eine Besprechung mit einem Kunden hätte sie bestimmt nicht vergessen. Außerdem hätte sie den Mann kennen müssen.

Marge, die Empfangsdame, entdeckte Kim und wirkte erleichtert. „Hier kommt unsere Geschäftsführerin, Sir“, erklärte sie.

Im Stillen wappnete Kim sich, als der Mann sich umdrehte.

„Wird auch Zeit, dass Sie kommen“, erklärte er aufgebracht. „Ich bin nur geblieben, um Ihnen zu sagen, dass ich ganz bestimmt nicht …“ Er verstummte. „Sie sind nicht der Geschäftsführer.“

„Wie bitte?“

„Der Geschäftsführer ist ein Mann.“

Der Typ scheint von gestern zu sein. Kim straffte sich. „Mein Vorname kann männlich oder weiblich sein“, klärte sie ihn auf. „Das mag Sie irregeführt haben.“

Doch der Mann schüttelte den Kopf. „Dass eine Frau Tanner heißen kann, ist mir neu.“

Kim atmete tief durch. „Das erklärt alles. Sie sind im falschen Gebäude. Dort drüben ist die Firma, zu der Sie wollen.“ Sie deutete zur gegenüberliegenden Straßenseite.

Nun wirkte er verunsichert. „Aber hier ist doch die Druckerei …?“

„Ja. Und im Gebäude dort drüben befindet sich eine zweite Druckerei. Beeilen Sie sich lieber, Mr. Callahan ist ein viel beschäftigter Mann und in Termindingen fast so ungeduldig wie Sie.“

Sie sah dem Mann nach, bis er die Straße überquert hatte und im „Protzpalast“ verschwand. Dann sagte sie erleichtert zu Marge: „So einen Kundenanwärter verliere ich gern. Jetzt kann der Tag eigentlich nur noch besser werden.“

„Darauf würde ich nicht wetten“, warnte die Empfangsdame. „In Ihrem Büro wartet Ihre Stiefmutter auf Sie.“

Kim rieb sich die Schläfen. „Sie haben nicht zufällig ein Aspirin?“

Sie spülte die Tablette mit einem Schluck Kaffee herunter, ging mit der Tasse zu ihrem kleinen Büro und öffnete die Tür. An ihrem mit Unterlagen übersäten Schreibtisch saß eine große weißhaarige Frau im roten Designerkostüm. Ein Blick auf die Papiere genügte, und Kims Blutdruck stieg.

Mühsam beherrscht sagte sie: „Guten Morgen, Letha. Soweit ich mich erinnere, habe ich dich nicht gebeten, die Bilanz einzusehen.“

Letha Burnham blickte nicht einmal von den Unterlagen auf. „Ich habe das Recht, mir die Bücher anzusehen, wann immer ich möchte. Schließlich gehört mir noch ein Teil dieses Betriebes.“

Gewissermaßen. Kim antwortete nicht.

Endlich schob Letha die Bücher beiseite und blickte auf. „Die Geschäfte laufen schlecht, stimmt’s, Kim?“

„Das letzte Quartal war schwierig.“

Hinter ihr wurde die Bürotür geöffnet. Was ist los mit Marge? fragte Kim sich gereizt. Sie weiß doch, dass eine Besprechung mit Letha immer nervig ist. Als Kim noch ein Kind war, hatte Marge bei Ben Burnham angefangen – ehe ihre Mutter gestorben war und Ben wieder geheiratet hatte.

„Ein Anruf, Kim“, flüsterte Marge ihr zu.

Kim seufzte, doch ihr war klar, dass es wichtig sein musste, wenn Marge sie störte. „Entschuldige mich, Letha.“

Kim nahm den Hörer auf. „Kim Burnham.“

Eine gelassene Männerstimme meldete sich. „Guten Morgen.“

Wenn man vom Teufel spricht, dachte Kim. Vor drei Jahren hatte sie Printers Ink übernommen, doch noch nie mit Tanner telefoniert. Und ausgerechnet an dem Morgen, an dem sie ihn anrufen musste, kam er ihr zuvor.

Überraschend herzlich fuhr er fort: „Offenbar verdanke ich es Ihnen, dass mein erster Gesprächspartner für heute Morgen zu spät kommt und auch noch schlecht gelaunt ist.“

Da Kim mit Letha beschäftigt gewesen war, hatte sie den unerfreulichen Kunden fast vergessen. „Es war nicht meine Absicht, ihn zu ärgern“, versuchte sie sich zu rechtfertigen. „Nachdem er mir erklärt hatte, was er wollte, habe ich ihn rübergeschickt.“

Nun war Lethas Interesse erwacht. „Redest du mit …?“

Den Namen sprach sie nicht aus. Kim konnte sich nicht erinnern, dass ihre Stiefmutter ihn je über die Lippen gebracht hätte.

Wortlos kehrte Kim dem Schreibtisch den Rücken zu. Ihre Neugier trug den Sieg davon. „War er immer noch wütend, als er zu Ihnen rüberkam?“

„Eigentlich wirkte er eher zerknirscht und hat sich für die Verspätung entschuldigt. Sie hätten ihm gesagt, ich sei ein Pünktlichkeitsfanatiker.“

„Stimmt nicht ganz“, widersprach Kim. „Ich habe ihm nur geraten, sich zu beeilen.“

„Um ihn loszuwerden.“

„Das auch. Hören Sie, Tanner, da ich Sie gerade am Apparat habe …“ Gleich bekommt Letha einen Anfall! „Ich würde Sie gern zu einem Kaffee einladen.“

Das Schweigen, das nun folgte, dauerte so lange, dass Kim sich fragte, ob Tanner noch in der Leitung war.

„Irgendwann“, setzte sie unsicher hinzu. „Wann es Ihnen passt.“

„Meine liebe Kim, was führen Sie im Schilde? Wenn Sie mich so nett einladen, frage ich mich, was Sie vorhaben“, zitierte er sie ironisch.

Unwillkürlich zuckte sie zusammen. „Ich möchte nur mit Ihnen reden, das ist alles.“

„Kommen Sie gegen eins rüber“, schlug Tanner vor. „Ich lade Sie zum Essen ein.“

„Das hatte ich nicht …“

Ehe sie weiterreden konnte, hatte er aufgelegt. Langsam legte Kim den Hörer auf. Mittagessen. Na ja, wenigstens würde sie dann genug Zeit haben, ihn zu fragen: Wie wär’s, Tanner, hätten Sie Lust, zu meiner Party zu kommen?

Klingt, als wäre er wirklich meine letzte Rettung, dachte Kim.

Letha kniff die Augen zusammen. „Dein Vater würde sich für dich schämen.“

Resigniert seufzte Kim. „Ich bin sehr beschäftigt, Letha. Kommen wir also lieber gleich zur Sache. Was willst du diesmal?“

Autor

Leigh Michaels
Leigh Michaels ist die Autorin von über 70 Romanen für Harlequin. Mehr als 27 Millionen Kopien ihrer Bücher sind weltweit gedruckt und in 20 Sprachen übersetzt worden. Fünf ihrer Bücher waren Finalisten bei den RITA® - Verleihungen. Sie hat den “Reviewers Choice award” für Family Secrets, den Robert Bliss Award...
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