Überraschung, Darling!

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Kenzie hat es geahnt: Für sie als City-Girl ist das Leben auf dem Lande nicht das Richtige! Doch während sie an der Seite des Tierarztes Sam Long von einer kleinen Katastrophe in die nächste stolpert, verliebt sie sich jeden Tag mehr ...


  • Erscheinungstag 18.04.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733767686
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich bin gegen Männer allergisch“, verkündete ich meinen Freundinnen, während ich genüsslich meinen Salat verspeiste.

Da sie meine teilweise obskuren Äußerungen gewohnt waren, kauten sie unverdrossen weiter. Der Reihe nach sah ich sie an, um festzustellen, wer zuerst kapitulierte. Mein Blick fiel auf Denise, die die Augen verdrehte. Bei Denise konnte ich damit rechnen, dass sie meine Bemerkungen aufgriff, wenn auch nur widerwillig.

„Okay, Kenzie, du hast es geschafft. Wie zeigt sich deine Allergie?“

„Wenn ich Männern begegne, bekomme ich Ausschlag.“

Jackie schüttelte den Kopf. „Du bist ein hoffnungsloser Fall. Du bist allergisch gegen Federn, Schimmelpilze, Pollen, Milchprodukte, Gummi und jetzt noch gegen Männer?“

„Vergiss die Haustiere nicht.“

Nun zeigte Jackie mit der Gabel auf mich. „Kenzie Mansfield, du bist hypochondrisch veranlagt.“

Damit lag sie gar nicht so falsch. Meine Ausgabe von Krankheit und Diagnose war so zerlesen wie bei anderen das Kamasutra. Ich hatte schon geglaubt, eine vergrößerte Milz, das Tourette-Syndrom oder einen Gehirntumor zu haben. Obwohl sich durch intensive Untersuchungen gezeigt hatte, dass ich nicht an diesen Krankheiten litt, waren meine zahlreichen Allergien dokumentiert.

„Wenn ich ein Hypochonder bin, dann leidest du an Wahnvorstellungen, Jackie. Wer sucht einen Mann schon nach seinen Schuhen aus?“

Jetzt wurde Jackie wütend. „Bei mir hat es funktioniert. Ted und ich sind seit zwei Monaten zusammen. Außerdem haben Cindy und Denise meine Schuhtheorie ausprobiert und auch Männer kennen gelernt.“

Die anderen nickten. Ich biss mir auf die Unterlippe. Während ich schwer für die Zeitschrift Personality schuftete, hatte ich viel Spaß mit meinen Freundinnen verpasst. Alle waren mit Männern zusammen, die gute Schuhe trugen. Ich hatte keinen Freund und bekam langsam einen Juckreiz, den ich auf den Kontakt zu unserem italienischen Kellner zurückführte.

Jackie schaute mich kritisch an. „Außerdem habe ich nie behauptet, dass meine Theorie auf wissenschaftlichen Grundlagen beruht. Ganz anders als bei deiner komischen Allergiegeschichte.“

„Aber die allergische Reaktion findet tatsächlich statt“, insistierte ich. „Statt von männlichen Pheromonen angezogen zu werden, spielt mein Körper verrückt. Meine Nebenhöhlen sind verstopft, und meine Haut wird fleckig. Das sind klassische Symptome einer Allergie.“

„Hast du die Allergie entwickelt, bevor oder nachdem James dich fallen gelassen hatte?“ wollte Jackie unbeeindruckt wissen.

„Ich habe mit James Schluss gemacht, und heute glaube ich, dass meine zunehmende Abneigung gegen ihn der Beginn meiner Allergie gegen Männer war. “

Jackie zog eine Braue hoch. „Wenn du mich fragst, war deine wachsende Abneigung gegen James der Moment, an dem du deinen Verstand wieder eingeschaltet hast.“

„Das natürlich auch“, räumte ich ein. „Aber zum Schluss konnte ich seinen Geruch nicht mehr ertragen.“ Ich rümpfte die Nase. „Jedes Mal, wenn er sich mir näherte, wurden mein Hals und meine Brust fleckig.“

„Reagierst du auch auf Arbeitskollegen allergisch?“ erkundigte sich Denise.

„Nein, aber meine Kollegen sind fast alle schwul. Sicher wirken ihre Pheromone bei mir nicht.“ Ich zog ein Notizbuch aus der Tasche und blätterte es durch. „In den letzten beiden Wochen habe ich über meine Reaktion auf Männer Buch geführt. Bei Machos waren die Symptome am stärksten.“

Unser attraktiver Kellner erschien wieder, um Brot zu bringen. Er zwinkerte mir zu, und sofort musste ich mich kratzen. Schnell eilte er davon.

„Seht ihr?“ rief ich und zeigte die nun gerötete Unterseite meiner Arme.

Meine Freundinnen schienen immer noch zu zweifeln.

„Also habe ich richtig verstanden, dass du gegen große, starke Männer allergisch bist?“ fasste Jackie zusammen.

„Richtig.“

„Für das, was du da beschreibst, gibt es natürlich auch einen Namen“, meinte sie nachdenklich.

„Und der wäre?“

„Lesbe.“

Denise und Cindy schüttelten sich vor Lachen, aber ich war alles andere als amüsiert.

„Begreift ihr denn nicht? Bis jetzt habe ich mich immer für denselben Typ Mann interessiert, aber alle Beziehungen waren komplette Reinfälle. Offensichtlich hat mein Körper diese Allergie entwickelt, um mich vor mir selbst zu schützen. Sicher soll ich mir einen netten, ruhigen Mann aussuchen, der überhaupt nicht sexy ist.“

Jackie spießte ein Salatblatt auf. „Alles dummes Gerede, weil du am Donnerstag Geburtstag hast und es keinen Mann in deinem Leben gibt“, erwiderte sie abschätzig.

„Das ist lächerlich. Ich versuche nur zu erklären, dass es vielleicht ein neues evolutionäres Konzept gibt, das den menschlichen Paarungsprozess völlig verändert.“

Sie starrten mich an.

„Außerdem hatte ich den Geburtstag vergessen“, log ich.

In Wahrheit kam mir der einunddreißigste Geburtstag bedrohlicher als alle anderen vorher vor. Seit ich Assistentin der Chefredakteurin Helena Birch war, schien es, als würde mein unspektakuläres Leben durch meine abgearbeiteten Hände gleiten. An einem typischen Arbeitstag verließ ich meine Wohnung im Dunkeln und kehrte im Dunkeln zurück. Falls ich Glück hatte, sah ich ein wenig Tageslicht, wenn ich Stapel von Berichten in Helenas Büro im dreizehnten Stock des Woolworth-Gebäudes ablieferte. (Mein eigenes Büro war ein Wandschrank in einem düsteren Flur.) Heute war es das erste Mal seit Ewigkeiten, dass ich mit meinen Freundinnen in unserem Lieblingscafé saß.

„Nun, wir haben deinen Geburtstag nicht vergessen“, verkündete Denise. „Wir laden dich ins Fitzgerald’s ein, wenn du um fünf Uhr Feierabend machen kannst.“

Ich lächelte, obwohl ich mich vor diesem Gespräch mit Helena schon fürchtete. Meine Chefin war fest entschlossen, Personality zur Nummer eins zu machen, und sie verlangte großen Einsatz von uns allen. Da ich ständig arbeitete und mein Privatleben zu kurz kam, hatte ich mich heute Morgen spontan mit meinen Freundinnen zum Lunch verabredet.

„Ich werde bei Fitzgerald’s sein“, versprach ich.

Jackie grinste. „Vergiss dein Antiallergikum nicht, falls du einen Mann triffst.“

Im Woolworth-Gebäude angekommen, wählte ich die Treppe, um meine Mittagspause noch ein klein wenig auszudehnen. Dabei stellte ich fest, dass mein Pieper nicht funktionierte. Ich marschierte hoch und redete mir ein, dass während meiner nur zweiundsechzigminütigen Abwesenheit nichts Schlimmes passiert sein konnte. Als ich jedoch den Eingangsbereich erreichte, stand Helena vor der verängstigt wirkenden Empfangsdame und fuchtelte wild mit ihren dünnen Armen.

Helena Birch verfügte über alle Merkmale einer bissigen Chefredakteurin: Sie war groß und drahtig, hatte stahlblaue Augen und eine spitze Zunge. Sie war ein temperamentvolles Genie, unverheiratet und unverfroren. Bei meinem Vorstellungsgespräch hatte ich regelrecht Angst vor ihr gehabt, aber merkwürdigerweise hatten wir uns recht gut verstanden. Inzwischen hatte ich eine Beziehung zu ihr, die ich vielleicht auch zu meiner ehrgeizigen, energischen Mutter gehabt hätte, wenn sie nicht verstorben wäre.

Die Empfangssekretärin schaute in meine Richtung. „Da ist Kenzie, Miss Birch.“

Helena wirbelte herum. „Wo sind Sie gewesen?“

„Ich hatte doch gesagt, dass ich mit Freundinnen zum Essen gehen wollte.“

Sie runzelte die Stirn. „Tatsächlich?“

„Ja.“

„Nun …“ Sie fasste sich und verschränkte die Arme. „Über den Pieper konnte ich Sie nicht erreichen.“

Wie immer fühlte ich mich verärgert und geschmeichelt zugleich. „Die Batterie ist leer. Was gibt es denn?“

„Ich möchte Sie bitten, einen Termin für mich zu übernehmen.“ Meine Laune besserte sich schlagartig. Helena vertreten? Ihr Vertrauen erstaunte mich. „Natürlich, kein Problem.“

Schon dachte ich an die mögliche Publicity und deren Bedeutung für meine Karriere. Ein Treffen bei der Industrie- und Handelskammer? Ein Symposium im Guggenheim-Museum? Eine Expertenkommission für Werbung? Ich war froh, dass ich ein vernünftiges Kostüm und passende Schuhe trug.

„Wohin soll es denn gehen?“

Helena lächelte freundlich. „Ich wusste doch, dass ich auf Sie zählen kann. In meinem Büro erfahren Sie mehr.“

Sofort wurde mein Gang energischer, und ich kämpfte gegen ein zufriedenes Grinsen an. Endlich machte meine Chefin ihr Versprechen wahr und delegierte wichtige Aufgaben an mich. Wenn es um Donald Trump oder den Bürgermeister gehen sollte, würde ich die Männerallergie einfach ignorieren. Schließlich musste man Opfer bringen, wenn man vorwärts kommen wollte.

Schwungvoll öffnete Helena die Tür zu ihrem Büro, und ich hielt inne, als ich den Besucher erblickte, der auf einem Sessel saß. Ein kleiner Hund mit langem Haar sah mich an und gähnte. Ein unangenehmes Gefühl machte sich neben meinem Salat in der Magengrube breit.

„Das ist Angel“, stellte Helena vor und hielt das Hündchen so dicht vor meine Nase, dass ich erkennen konnte, dass das rosafarbene Schleifchen auf seinem Kopf aus Seide war. Und von Versace.

„Das ist Kenzie“, gurrte Helena.

Was mich noch mehr überraschte als der Hund in Helenas makellosem Büro, war der Tonfall meiner Chefin. „Ich wusste gar nicht, dass Sie einen Hund haben.“

„Gestern Abend habe ich sie in einer Tierhandlung gekauft. Ist sie nicht goldig?“

„Wirklich goldig“, stimmte ich zu.

„Angel ist ein Yorkshireterrier und hat schon an Wettbewerben teilgenommen“, schwärmte Helena.

„Ah.“ Ich versuchte, Angel zu streicheln, als sie ein nicht gerade engelhaftes Knurren von sich gab. Sofort zog ich meine Hand zurück.

Ihr Frauchen lachte. „Das meint sie nicht so. Angel ist zahm wie ein Lamm. Sie muss Sie nur besser kennen lernen. Wenn Sie von Tatum’s zurückkommen, werden Sie die besten Freunde sein.“

„Ist das der Termin, den ich wahrnehmen soll?“

„Richtig“, erwiderte Helena. „Gerade habe ich einen Anruf vom Büro des Bürgermeisters erhalten. Man will sich für den positiven Bericht über die Stadt bedanken: Ich soll mit dem Bürgermeister fotografiert werden. Natürlich konnte ich diese Bitte nicht abschlagen. Angel hat jedoch einen Termin bei Tatum’s, dem exklusivsten Hundesalon der Stadt. Wenn ich mit ihr nicht hingehe, kommt sie auf die schwarze Liste, und wir haben keine Chance auf einen neuen Termin.“

Da ich schon lange in Manhattan wohnte, wusste ich, dass selbst Tiere in bestimmten gesellschaftlichen Kreisen verkehrten. Was aber meine Aufgaben als Assistentin betraf, so ging die Tätigkeit als Hundesitterin über die normalen Tätigkeiten wie Kleider aus der Reinigung holen, Theaterkarten besorgen oder Tische reservieren hinaus. „Helena, Sie meinten doch, dass der nächste Auftrag für meine Karriere förderlich wäre …“

„Völlig richtig, Kenzie. Ich verspreche Ihnen, dass Sie den nächsten Auftrag erhalten, der auf meinem Schreibtisch landet. Tun Sie mir nur diesen klitzekleinen Gefallen.“

„Aber ich bin gegen Tiere allergisch.“

„Ich schulde Ihnen dann auch etwas“, versuchte Helena, mich zu überreden.

„In diesem Falle möchte ich am Donnerstag gern früher nach Hause gehen“, entgegnete ich seufzend.

Sie verzog ihren perfekt geschminkten Mund. „Wie früh?“

Ich zog eine Braue hoch.

„Okay … geht in Ordnung.“ Helena grinste gequält und drückte mir Angel in die Arme.

2. KAPITEL

„Was musstest du tun, um früher aus dem Büro zu kommen?“ fragte mich Jackie über unsere Margaritas hinweg.

Den Mädels gegenüber wollte ich nicht zugeben, dass ich die niedere Aufgabe einer Hundesitterin hatte wahrnehmen müssen, also zuckte ich nur mit den Schultern. „Helena ist nicht so schrecklich, wie alle glauben. Sie hat ein weiches Herz.“ Ich verkniff mir hinzuzufügen: Für ihr Hündchen. Als ich ihr die Nachricht der Hundefriseurin übermittelt hatte, dass sie Angel sterilisieren lassen sollte, war meine Chefin empört gewesen. Ich glaube, ihr Widerwille, Angel so etwas anzutun, hatte etwas mit ihrem Kampf gegen die einsetzenden Wechseljahre zu tun.

Diesmal beschloss ich, sie erst wieder zu verteidigen, wenn meine Karriere wirklich einen Aufschwung erlebte. Ich fühlte mich unausgeglichen, und außerdem machten mich Margaritas immer ein wenig scharf. Ole.

Ich blickte kurz zur Bar – nach meiner bedauerlichen Affäre mit James und meinem neuen Job hatte ich mich auf dem Markt nicht mehr umgeschaut. Unter den vielen Gesichtern fiel mir ein Mann mit dunkelblondem Haar auf, der sich mit dem Barkeeper unterhielt. Er passte nicht ganz an den Ort, denn mit seinem T-Shirt von L. L. Bean und seiner braunen Haut sah er sehr nach Naturbursche aus. Dass er allein war, schien ihn nicht zu stören, und er schaute sich auch nicht dauernd um, weil er feststellen wollte, ob jemand auf ein Abenteuer aus war.

So wie ich – zum Beispiel.

„Was macht deine Männerallergie?“ wollte Cindy wissen und riss mich aus meinen Gedanken.

Verflixt, die hatte ich fast vergessen. „Noch aktiv“, murmelte ich und erkannte, dass der Mann an der Bar genau dem Typ entsprach, der mir gefiel. Was bedeutete, dass mein Stoffwechsel völlig durcheinander geraten würde.

„Sag bloß, du klammerst dich immer noch an diese erbärmliche Entschuldigung, um keine Männer kennen zu lernen“, meinte Jackie.

„Ich erwähnte doch schon, dass ich durch die Allergie davor bewahrt werde.“

„Nun, du wirst einen Allergieanfall riskieren müssen“, meinte Denise und grinste Cindy und Jackie viel sagend an.

„Zumindest für eine Nacht.“

„Was habt ihr vor?“

„Viel Glück zum Geburtstag“, gratulierte Denise und legte ein buntes Päckchen auf den Tisch. „Von uns allen.“

„Das war doch nicht nötig!“ rief ich erfreut.

Denise, Jackie und Cindy hatte ich kennen gelernt, als wir vor vier Jahren bei einem Verlag gearbeitet hatten. Obwohl wir inzwischen beruflich getrennte Wege gingen, standen wir immer noch in Kontakt.

Pflichtbewusst las ich die witzige Karte und riss dann das Päckchen auf. Die Mädchen wussten sicher, womit sie mir eine Freude machen konnten.

Als ich jedoch den Aufdruck auf dem Karton las, stellte ich fest, dass die Mädels voll danebengegriffen hatten. „Ein Dildo zum Selberbasteln?“

„Ist das nicht toll?“ juchzte Denise.

Ich starrte die Schachtel an, auf der eine zufrieden aussehende Frau abgebildet war. „Meinen eigenen herstellen? Ich bin kein großes Basteltalent!“

„Du musst den Dildo nicht modellieren, du machst einen Abdruck“, erklärte Jackie verächtlich.

„Wovon?“

„Natürlich von einem Original, Dummerchen.“

Ich japste. „Du meinst …?“

Alle schrien vor Lachen und nickten. „Nachdem du gegen sexy Männer allergisch bist, wollten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.“

„Erstens musst du einen heißen Mann für einen One-Night-Stand finden, der bereit ist, sich in Silikon verewigen zu lassen“, verkündete Denise.

„Dann“, fuhr Cindy fort, „hast du eine Erinnerung an Mr. Sexy, wenn du dich mit Mr. Unsexy zusammentust.“

Obwohl ihre Worte durchaus Sinn ergaben, musste ich sie auf einen Fehler in ihrer Denkweise aufmerksam machen. „Ich hatte noch nie einen One-Night-Stand.“

„Nun, Kenzie“, begann Jackie feierlich und hob ihr Glas, „du wirst leider nicht jünger.“

Bevor ich etwas erwidern konnte, fiel mein Blick auf das Schrecklichste, das eine Frau sich vorstellen kann: auf einen Kuchen, auf dem genauso viele Kerzen standen, wie man Jahre alt war. Meine Freundinnen sangen eine nicht sehr melodische Version von „Happy Birthday“, und alle Besucher der Bar schauten zu mir.

Obwohl ich vom Alkohol etwas benebelt war, atmete ich so tief ein, wie ich konnte, und schaffte es, fast alle Kerzen auszublasen. Der blonde Typ an der Bar grinste in meine Richtung. Als ich merkte, dass unser Blickkontakt zu intensiv wurde, sah ich weg.

Jackie hatte jedoch aufgepasst. „Beute entdeckt, Mädels – Typ Pfadfinder.“

Bevor ich sie noch bitten konnte, nicht hinzuschauen, hatten sich alle schon umgedreht. Ich duckte mich.

„Er ist perfekt“, schwärmte Denise.

„Außerdem guckt er dich an“, verkündete Cindy.

Ich schloss kurz die Augen. „Weil er so ein Schauspiel schon seit der sechsten Klasse nicht mehr geboten bekommen hat.“ Ich nahm ein Messer. „Jetzt schneide ich den Kuchen an.“ Oder eine Arterie.

Trotz bester Ernährungsvorsätze liebte ich Süßigkeiten. Gerade leckte ich meine Finger ab, als mir auffiel, dass der Typ an der Bar mich beobachtete. Meine Augen schmerzten schon, weil ich krampfhaft versuchte, nicht zu ihm hinzusehen.

Ich verdrängte den Mann aus meinen Gedanken und bestellte noch eine Runde Drinks. Während der nächsten Stunde redeten wir über die Arbeit, Musik und Filme und waren uns einig, dass Klimaanlagen im Büro schädlich für die Haut sind. Ein oder zwei Mal schaute ich versehentlich zur Theke und bemerkte, dass der Pfadfinder immer noch da war. Etwas an der lässigen, athletischen Körperhaltung sprach mich an, aber ein Mann, der so gut aussah, war sicher schon vergeben.

Genau in diesem Moment blickte er auf und merkte, dass ich ihn anstarrte. Ein Lächeln spielte um seinen Mund, und mein Herz spielte verrückt. Niemals hatte ich mich von einem Mann so angezogen gefühlt, und deshalb führte ich dieses Gefühl auf den vielen Alkohol und den Wunsch, an meinem Geburtstag nicht so brav zu sein, zurück. Schon wollte ich mein charmantestes Lächeln aufsetzen, als mich ein heftiger Juckreiz im Nacken daran erinnerte, warum ich mit einunddreißig immer noch Single war: Ich suchte mir immer wieder den falschen Typ Mann aus.

Also tat ich so, als würde ich mir etwas hinter der Schulter des Mannes angucken, und mischte mich dann wieder in das Gespräch meiner Freundinnen ein, in dem es um den besten Lippenstift ging.

Als Jackie auf die Uhr schaute, fiel mir ein, dass sie sicher noch mit Ted verabredet war, und ich beschloss, die Runde aufzulösen.

„Vielen Dank für alles, Mädels.“ Gerührt betrachtete ich die Frauen, die mir in den letzten vier Jahren zur Seite gestanden hatten.

„Mach das Paket noch auf, bevor wir gehen“, drängte Denise.

Sofort erstarb meine Rührung. „Hier?“

„Lies wenigstens die Anleitung“, meinte Cindy.

Da ich nicht undankbar erscheinen wollte, stellte ich die Schachtel auf den Tisch, wobei ich versuchte, so viel wie möglich von der Beschriftung zu verdecken. Ich hob den Deckel wenige Zentimeter an und entdeckte einen harmlos aussehenden Behälter und einen Zylinder aus Karton. Alles wirkte wie die Ausrüstung für einen wissenschaftlichen Versuch. Anschließend zog ich ein rosafarbenes Blatt Papier heraus: die Bedienungsanleitung.

Meine Freundinnen rückten näher, während ich leise den Text las. Das Material für den Abdruck sollte mit Wasser vermischt werden, die Mischung in den Pappzylinder gegeben werden, der an einem Ende verschlossen war. Dann sollte das entsprechend vorbereitete „Modell“ in den Zylinder eingeführt werden. Der Mann müsste sich sofort zurückziehen, denn das Abdruckmaterial würde erhärten. Zum Schluss würde die Form mit Silikon gefüllt, müsste zwei Stunden trocknen, und danach könnte man den Dildo herausziehen und „genießen“.

Während meine Freundinnen lauthals lachten, las ich den Rest der Anleitung. Nachdem man den Dildo „genossen“ hätte, könnte er in der Spülmaschine gereinigt werden.

„Das wird super“, versprach Jackie. „Du musst uns unbedingt das Endprodukt zeigen.“

„Natürlich, aber ich muss dich warnen. In der nahen Zukunft wird es keine ‚Abdruckpartys‘ geben.“

„Nun“, warf Denise fröhlich ein, „der Mann an der Bar schaut immer noch zu uns hin.“

Ich wollte mich nicht umdrehen, konnte jedoch ein frivoles Lächeln nicht unterdrücken. „Wirklich?“

„Wenn du einen One-Night-Stand haben willst, musst du die Grundregeln kennen“, meinte Jackie.

„Ich werde keinen One-Night-Stand haben“, insistierte ich und schüttelte den Kopf. „Gibt es Grundregeln?“

Jackie nickte. „Du musst irgendjemandem mitteilen, mit wem du zusammen bist.“

„Damit wir der Polizei eine Beschreibung liefern können, falls du erwürgt wirst“, sagte Cindy ernst.

„Ah.“

„Mach dir keine Sorgen, ich könnte ihn mit geschlossenen Augen beschreiben“, verkündete Denise und schloss die Augen. „Braunes Haar, Chinos, T-Shirt, Cowboy-Hut.“ Sie öffnete die Augen. „Wie war ich?“

„Das T-Shirt stimmt“, antwortete ich.

Denise runzelte die Stirn und drehte sich um. „Verdammt, warum dachte ich, er trägt einen Cowboy-Hut?“

„Weil er so aussieht, als könne er etwas mit dem Lasso einfangen.“ Jackie betrachtete mich. „Oder jemanden.“

Ich kratzte mich. „Das wird nicht passieren.“

„Nimm ihn nicht mit zu dir nach Hause und geh nicht zu ihm“, riet Cindy.

„Genau“, stimmte Denise zu. „Am besten ist ein Hotelzimmer.“

„Dann weiß er nicht, wo du wohnst.“

„Oh, und verrat ihm nicht, wo du arbeitest. Vielleicht ist er ja ein Stalker.“

„Nenn ihm nicht deinen richtigen Familiennamen.“

„Oder deine wirkliche Telefonnummer.“

Vom vielen Hin- und Herschauen war mir ganz schwindelig. „Habe ich euch richtig verstanden? Gesetzt den Fall, dass ich mich mit dem Mann unterhalte, bevor ich mit ihm ins Bett steige, soll ich ihm lauter Lügen erzählen?“

„Korrekt“, bekräftigte Denise.

„Darf er reden?“

„Natürlich“, entgegnete Jackie. „Aber geh davon aus, dass auch er lügt.“

„Verlass ihn am nächsten Tag, bevor er aufwacht“, empfahl Denise.

„So vermeidest du die peinliche Situation am Morgen danach“, erläuterte Cindy.

„Obwohl du ihm ein kleines Andenken hinterlassen könntest“, schlug Jackie vor. „Ich habe einmal einen Ohrring zurückgelassen.“

„Die kleine Rose von meinem BH“, erinnerte sich Cindy träumerisch.

„Einen Strumpfgürtel“, gab Denise zu.

Ungläubig lachte ich. „Warum lässt man sich überhaupt auf so etwas Kompliziertes ein?“

„Guter Sex“, schwärmte Jackie.

„Fantastischer Sex“, ergänzte Cindy.

„Wunderbarer Sex“, bekräftigte Denise. „Es ist sehr befreiend, sich mit jemandem einzulassen, den man nie wieder sieht.“

„Genau“, meinte Jackie. „Sex mit jemandem, den du liebst, ist das Beste, aber Sex mit einem Fremden kommt an zweiter Stelle.“

„Es ist fast so, als wäre man für eine Nacht ein Mann“, sagte Cindy. „Wunderbarer Sex und keine Verpflichtungen.“

Alle nickten, und ich fühlte mich als Außenseiterin. Eine befreiende Erfahrung war genau das, was mir fehlte, um einen unbedeutenden Geburtstag zu etwas Besonderem zu machen. Ich schaute zur Bar, wo der dunkelblonde Typ immer noch saß. Natürlich war es eine Sache, freche Gedanken zu haben, aber wirklich zu handeln war etwas völlig anderes.

„Angenommen, der Typ hat Lust auf einen One-Night-Stand, wie fragt man einen Mann, ob man einen Abdruck von seinem Penis machen darf?“

Jackie zuckte mit den Schultern. „Ein Mann sucht doch immer nach einem interessanten Platz für seinen kleinen Freund.“

„Ja“, stimmte Cindy zu. „Sag ihm, dass er in Silikon verewigt wird, und tu so, als würdest du ihn davon abhalten wollen, sein Ding in die Masse zu stecken.“

„Oder“, fügte Denise hinzu und deutete auf den Zettel in meiner Hand, „zeig ihm die Anleitung und frag ihn, ob sich das nicht lustig anhört.“

Jackie blickte auf ihre Uhr. „Cindy, Denise, wollen wir uns ein Taxi teilen?“

„Sicher“, antworteten sie einstimmig und griffen nach ihren Taschen.

„Ich bleib nicht allein hier!“ rief ich und versuchte, Dildobausatz, Karte und Geschenkpapier in meiner Tasche zu verstauen.

Jackie protestierte. „Kenzie, er wird nicht mit dir reden, wenn du verschwindest. Ciao.“ Die drei winkten und gingen zur Tür.

Wieder schaute ich zur Bar, und der Typ schien zu überlegen, ob er einen Vorstoß wagen sollte. Schon wollte ich meinen Freundinnen folgen, als mir schwindelig wurde. Ich griff nach dem Tisch, und mein Hab und Gut fiel auf den Boden. Langsam ließ das komische Gefühl nach, und ich erblickte den Pfadfinder. Von nahem sah er sogar noch besser aus.

„Geht es Ihnen gut?“ fragte er mit angenehmer Stimme.

Gesundes und dichtes Haar, hohe Wangenknochen und braune Schlafzimmeraugen. In meinem Mund sammelte sich Speichel, und pure Lust packte mich. „Ich … ja.“

Er zeigte ein Killer-Lächeln, und meine Knie wurden weich. Gleichzeitig bückten wir uns, um meine Habseligkeiten aufzuheben. Gott sei Dank war der Karton mit dem Dildo auf der beschrifteten Seite gelandet, aber der Inhalt war weggerollt. Er sammelte die Behälter ein und gab sie mir. Als unsere Finger sich berührten, raste mein Herz, und ich hörte Hochzeits-, äh, Kirchenglocken. Wenn ich mit diesem Mann zusammenkäme, wäre mein Plan, einen netten, sexy Mann zu finden, gefährdet. Fast hatte ich mich in ihn verliebt, und ich wusste nicht einmal, wie er hieß.

Während ich die Schrift auf der Schachtel verdeckte, packte ich die Behälter ein und versuchte, möglichst gelassen zu sein. „Danke, äh …“

„Sam“, sagte er.

Netter Name. „Danke, Sam.“ In seinen Augen lag ein Versprechen, das wahrscheinlich zu einem Allergieanfall meinerseits führte.

„Und du bist?“

„Dabei zu gehen“, entgegnete ich mit einem knappen Lächeln.

„Oh.“ Er wirkte enttäuscht, schien die Situation aber zu akzeptieren.

„Dann alles Gute zum Geburtstag.“

„Danke.“

„Schön, dich fast kennen gelernt zu haben.“

Ich bedauerte meine Antwort sofort, denn der Mann hatte eine sinnliche Ausstrahlung, auf die mein Körper reagierte. „Ja, das Gleiche gilt für mich.“

Während ich mir einredete, dass ich vielleicht einen netten Mann kennen lernen würde, wenn ich auf ein Taxi wartete, ging ich zur Tür.

„He!“ rief er. „Du hast etwas vergessen.“

Autor

Stephanie Bond
Kurz bevor Stephanie Bond ihr Studium der Informatik abschloss, schlug einer ihrer Dozenten vor, es mit dem Schreiben zu versuchen. Natürlich hatte dieser eher akademisches Schreiben im Sinn, doch Stephanie Bond nahm ihn wörtlich und veröffentlichte ihre ersten Liebesromane. Nach dem großen Erfolg ihrer Bücher widmete sie sich ganz dem...
Mehr erfahren