Unter dem Himmel von Nizza

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Weit spannt sich der Himmel über der Bucht von Nizza, aber Sofies Herz ist eng vor Kummer. Hätte sie sich bloß niemals darauf eingelassen, Lucas an die Côte d'Azur zu begleiten und seiner Großmutter das heiß verliebte Paar vorzuspielen! Denn mit jeder Umarmung spürt sie mehr: Sie hat tatsächlich nie aufgehört, ihn zu lieben. Er dagegen scheint nichts als unbändiges Verlangen zu empfinden. Denn auf ein Zeichen seiner Liebe wartet sie vergeblich. Will er sich etwa immer noch an ihr rächen, weil sie ihm sechs lange Jahre ihr Geheimnis verschwieg?


  • Erscheinungstag 23.06.2008
  • Bandnummer 1746
  • ISBN / Artikelnummer 9783863493387
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Sofie Antonetti seufzte zufrieden. Noch konnte sie nicht ahnen, dass ihr Leben sich von diesem Tag an für immer verändern würde …

Ein vertrauter Duft stieg ihr nun in die Nase. „Kaffee!“ Lächelnd schlug sie die Lider auf und blickte in die faszinierenden blauen Augen ihres Mannes.

„Ich würde dich sofort wieder heiraten. Du machst wunderbaren Kaffee“, neckte sie ihn.

Seine Augen funkelten mutwillig. „Nur das?“

Langsam ließ sie die Hände über seine nackte Brust gleiten. Mit Lucas zu schlafen war das Aufregendste, was sie bisher erlebt hatte. „Na gut, du bist auch toll im Bett.“ Als er sich zu ihr beugte, schob sie ihn weg. „Aber jetzt brauche ich etwas zum Wachwerden.“

Lachend zog er sich zurück, damit sie sich aufsetzen und die Decke hochziehen konnte, um ihre Brüste zu bedecken. „Ich weiß, was darunter ist“, meinte er, während er ihr den Becher reichte.

Er hatte sich nur ein Handtuch um die Hüften gewickelt und nahm eine große Schachtel und seinen Becher vom Frisiertisch.

„Was ist das?“ Sie überlegte, ob es sich um ein verspätetes Hochzeitsgeschenk handeln könnte. Nachdem Lucas und sie von den Flitterwochen auf den Seychellen zurückgekehrt waren, hatten sie einige Tage damit verbracht, die vielen Geschenke auszupacken, doch es trafen immer noch welche ein.

Lucas stellte seinen Becher ab und machte es sich auf dem Bett bequem. „Es sind die Hochzeitsfotos, die Jack für uns abgezogen hat.“

Sofort stellte auch Sofie ihren Becher weg und nahm ihm die Schachtel aus der Hand. Die offiziellen Aufnahmen hatten Lucas und sie schon nach wenigen Tagen bekommen, aber ihr Kollege Jack, der auch Fotograf war, hatte ihnen selbst ein Album zusammengestellt.

„Darauf habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut!“, rief sie, während sie das Geschenkpapier abriss und die Schachtel öffnete. Unter dem Seidenpapier kam ein weißes Lederalbum zum Vorschein.

Natürlich waren die Fotos sehr professionell, wie sie beim Blättern feststellte. Doch schon bald verlor sie sich in Erinnerungen an jenen Tag und wie sie sich kennengelernt hatten …

Alles war perfekt. Die Sonne schien am strahlend blauen Himmel, und es herrschte eine fröhliche Stimmung. Doch niemand war so glücklich wie sie und Lucas. In dem Cutaway sah er einfach überwältigend aus.

Lucas und sie hatten sich erst wenige Monate zuvor in einem Hotel auf Bali kennengelernt – es war ein typischer Urlaubsflirt gewesen. Erst im Nachhinein hatte Lucas ihr gestanden, dass er sie unbedingt hatte wiedersehen wollen. Als sie kurz nach der Reise nach London fuhr, um die neue Zentrale der Antonetti Corporation zu fotografieren, fand sie heraus, dass die Firma seinem Vater gehörte und er der Geschäftsführer war, wie er ihr später erzählte.

Als sie das Büro betrat und sich ihm gegenübersah, war sie so schockiert, dass sie über den Teppich stolperte und Lucas direkt in die Arme fiel. Genau in diesem Moment verliebte sie sich hoffnungslos in ihn. Lächelnd hob er sie hoch, wurde aber wieder ernst, sobald er ihr in die Augen blickte.

„Eigentlich hatte ich nicht vor, es dir jetzt zu sagen, aber ich kann nicht länger warten. Ich liebe dich“, sagte er bewegt.

„Und ich liebe dich“, flüsterte Sofie überglücklich.

Als er sie dann zärtlich küsste, wusste sie, dass nichts wieder so sein würde wie vorher. Es war ein unbeschreibliches Gefühl gewesen, und von dem Augenblick an hatte sie jedes Mal so empfunden, wenn sie Lucas ansah.

Schon bald darauf heirateten sie. Es gab eine große Feier, denn Lucas und sie wollten alle an ihrem Glück teilhaben lassen. Am nächsten Tag waren sie auf die Seychellen geflogen und hatten dort eine wundervolle Zeit verbracht, bevor sie vor einigen Wochen zurückgekehrt waren.

Versonnen betrachtete Sofie jetzt den Schnappschuss, der sie beim Tanzen mit ihrem Vater zeigte. Er hatte ihr gesagt, wie schön sie sei, und genau wie in jenem Moment traten ihr Tränen in die Augen.

„O nein, da ist meine Tante mit dem schrecklichen Hut!“, rief Lucas aus, woraufhin Sofie das Gruppenfoto betrachtete, auf das er zeigte. Es war vor der Kirche entstanden. „Haben wir all diese Leute wirklich eingeladen? Wer ist das?“, fügte er hinzu.

„Wen meinst du?“

„Den da.“ Er zeigte auf einen Mann, der am Ende einer der hinteren Reihen stand.

Als sie ihn erkannte, schien es ihr, als würde eine eisige Hand ihr Herz umklammern. Nein! Bitte nicht! Warum war er zu ihrer Hochzeit gekommen? Wie war es möglich, dass sie seine Anwesenheit nicht gespürt hatte?

„Kennst du ihn?“, hakte Lucas nach, und sie zuckte erschrocken zusammen.

Sie spürte wieder die alte Angst in sich aufsteigen, versuchte sich aber nicht anmerken zu lassen, dass etwas nicht stimmte. „Nein. Wahrscheinlich ist er der Freund oder Mann von einem der weiblichen Gäste.“ Erleichtert stellte sie fest, dass ihre Stimme fast normal klang. In ihrem Inneren sah es allerdings ganz anders aus. Die Furcht wurde stärker, und sie wusste aus Erfahrung, dass es noch schlimmer werden würde. Lucas durfte es auf keinen Fall merken.

Sofie blickte auf den Wecker. „Du meine Güte, so spät ist es? Wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir zu spät!“ Schnell sprang sie aus dem Bett und nahm ihren Bademantel vom Stuhl. „Du hast eine Besprechung mit … Du weißt schon, wen ich meine. Geh du ins Bad. Ich dusche im Gästebad.“

Bevor Lucas etwas einwenden konnte, suchte sie alles Nötige zusammen und eilte hinaus in den Korridor. Sobald sie sich in dem kleinen Raum befand, schloss sie ab und ließ ihre Sachen fallen. Am ganzen Körper zitternd, sank sie gegen die Tür und presste sich die Hand vor den Mund. Dann rutschte sie zu Boden, legte den Kopf auf die Knie und schlang die Arme um sich.

Warum ausgerechnet jetzt? Es war einige Jahre her, dass sie den Mann zum letzten Mal gesehen hatte. So lange, dass sie geglaubt hatte, ihn endlich los zu sein. Doch offenbar hatte sie sich getäuscht. Tränen rannen ihr über die Wangen, während sie sich hin und her wiegte. Bei der Vorstellung, dass er auf ihrer Hochzeit gewesen war, wurde ihr übel. Er hatte gewartet. Sie beobachtet. Und zum Schluss hatte er sich für das Foto mit aufgestellt, wohl wissend, dass sie es später sehen würde.

Ihr drehte sich der Magen um, und sie schaffte es gerade noch rechtzeitig zur Toilette. Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen hatte, sank sie gegen die geflieste Wand. Zum Glück zitterte sie nicht mehr, nun, da sie den ersten Schock überwunden hatte.

Ihr Herz krampfte sich zusammen. Sie hatte es gewagt, glücklich zu sein. Hatte nach vorn geschaut statt zurück. Aber nichts hatte sich geändert. Gary Benson war immer noch da. Und ihn hatte sie einmal gemocht!

Damals war sie neunzehn gewesen, als sie ihn kennenlernte. Er studierte am selben College wie sie und wirkte wie ein ganz normaler junger Mann. Doch schon nach wenigen Verabredungen merkte sie, dass er völlig auf sie fixiert war, und beendete die Beziehung. Dass sie seine Gefühle nicht erwiderte, wollte er nicht wahrhaben. Ständig rief er sie an, tauchte bei ihr auf oder wartete einfach draußen, bis sie gezwungen war, auf ihn zuzugehen und ihn wegzuschicken.

Als er irgendwann nicht mehr anrief, glaubte sie, er hätte aufgegeben. Stattdessen begann Gary, sie nun zu verfolgen. Natürlich schalteten ihre Eltern die Polizei ein und erwirkten eine einstweilige Verfügung gegen ihn – vergeblich.

Fast zwei Jahre dauerte dieser Albtraum an, bis er irgendwann ein Ende fand. Den Grund dafür hatte Sofie nie erfahren. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass Gary Benson sich nicht mehr für sie interessierte und sich ein anderes Opfer gesucht hatte. Und sie war dankbar dafür, wieder ein normales Leben führen zu können.

Das war es allerdings nur dem Anschein nach. Sie konnte keinem Mann mehr vertrauen und zog sich zurück, um sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Es dauerte sehr lange, bis sie sich wieder ohne Angst auf die Straße wagte.

Die Zeit und die Begegnung mit Lucas hatten diese Wunden geheilt. Sie hatte neuen Mut gefasst und Gary Benson vergessen – bis das Foto aufgetaucht war. Jetzt wusste sie, dass er sie nur vorübergehend in Ruhe gelassen hatte. Er betrachtete sie noch immer als sein Eigentum.

Seine Vermessenheit machte Sofie wütender als je zuvor. Sie würde nicht zulassen, dass er ihr das alles noch einmal antat! Sie wollte zur Polizei gehen. Allerdings konnte man es kaum als Stalking bezeichnen, wenn jemand nur auf einem Foto auftauchte.

Was sollte sie bloß tun? Ihr Instinkt riet ihr, sich Lucas anzuvertrauen. Doch er hatte momentan andere Sorgen, weil gerade die Übernahme einer Firma bevorstand. Sie konnte noch ein paar Tage warten, denn allein seine Nähe gab ihr das Gefühl von Sicherheit. Er war das Gegenteil von Gary – anständig und ehrenwert.

Trotzdem schauderte Sofie bei der Vorstellung, dass Benson sich in der Nähe aufhielt und sie beobachtete. Wahrscheinlich wartete er nur den richtigen Zeitpunkt ab und würde dann überraschend vor ihrer Tür stehen. Jetzt war sie allerdings keine wehrlose junge Frau mehr, sondern hatte einen starken Mann an ihrer Seite, der sie beschützte.

Es klopfte an ihre Tür. „Sofie! Bist du da drinnen eingeschlafen?“, rief Lucas.

Erschrocken sprang Sofie auf. „Ich bin fast fertig!“ Schnell zog sie ihren Bademantel aus und trat unter die Dusche. „Du kannst mir schon Toast machen.“ Sicher würde sie keinen Bissen hinunterbringen, aber sie musste so tun, als wäre alles in Ordnung – zumindest bis Lucas nicht mehr so unter Druck stand.

Nachdem sie in Rekordzeit geduscht und sich angezogen hatte, ging sie nach unten in die Küche, wo Lucas am Tisch vor einer Schale Müsli saß.

Er blickte auf und betrachtete sie stirnrunzelnd. „Was ist,

cara?“

Sie rang sich ein Lächeln ab und schüttelte den Kopf. „Nichts. Ich habe nur gerade daran gedacht, wie sehr ich dich liebe.“

Sofort streckte er ihr die Hand entgegen. „Komm her, und sag es mir.“

Bereitwillig ließ sie sich von ihm auf den Schoß ziehen. Während sie ihm durchs Haar strich, sah sie ihm tief in die Augen. „Ich liebe dich, Lucas. Und ich werde dich immer lieben.“

Lucas lächelte. „Das freut mich, denn ich empfinde genauso für dich. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Wenn ich nicht in einer Stunde diese Besprechung hätte, würde ich es dir beweisen.“

Sofie wünschte, Lucas und sie könnten wieder ins Bett gehen und alles andere vergessen, doch das war nicht möglich. „Du kannst mir ja einen kleinen Vorgeschmack geben“, meinte sie verführerisch.

Lachend beugte er sich vor, sodass sie nur noch von seinem Arm gestützt wurde. „Und ob …“, erwiderte er, bevor er sie verlangend küsste.

Als er sich irgendwann von ihr löste, sehnten sich beide nach mehr. „Vielleicht war das keine so gute Idee. Wir machen später weiter“, erklärte er schroff, und seufzend stand Sofie auf.

„Das wird ein langer Tag.“

Lucas erhob sich ebenfalls. „Ja, aber denk an heute Nacht.“ Er nahm sein Jackett von der Lehne und zog es an. „Ich muss los, cara. Denk an mich, während du deine Fotos schießt.“

Das würde sie tun. Er war immer in ihren Gedanken.

Sie brachte ihn zur Tür, und als er ging, winkte sie ihm nach, wie sie es meistens tat. Gerade als sie die Tür schließen wollte, nahm sie eine Bewegung auf der anderen Straßenseite wahr. Im Schatten eines Baumes stand ein Mann. Ein eiskalter Schauder überlief sie. Während sie noch regungslos dastand, kam er schon über die Straße auf sie zu. Sosehr es ihr auch widerstrebte, mit ihm zu sprechen, sie musste es tun. Sie musste wissen, warum er zurückgekehrt war. Also ging sie die Stufen hinunter zum Tor und blieb dort mit verschränkten Armen abwartend stehen.

Gary Benson war ein unscheinbarer Mann und wirkte inzwischen etwas heruntergekommen. „Hallo, Sofie“, begrüßte er sie, als hätte er sie erst vor wenigen Tagen zuletzt gesehen.

Kühl funkelte Sofie ihn an. „Was willst du, Gary?“, fragte sie schroff.

„Dich. Nur dich.“

Sie musste einen kühlen Kopf bewahren und riss sich zusammen. „Du kannst mich nicht haben. Ich bin verheiratet, falls du es vergessen haben solltest.“

Er lachte. „Du hast mich auf dem Foto gesehen. Ich hatte es gehofft. Du warst sehr schön.“

Sofie atmete scharf ein. „Du hattest kein Recht, da zu sein. Die Hochzeit war nicht öffentlich.“

Wie immer ignorierte Gary einfach, was er nicht hören wollte. „Wie konntest du ihn heiraten? Du gehörst zu mir! Du liebst mich!“

Wie oft hatte sie diese Worte schon gehört? Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das tue ich nicht. Ich liebe meinen Mann, nicht dich.“

„Das glaubst du. Aber wenn er weg ist, wird dir klar, dass du einen Fehler gemacht hast. Dann wird alles besser, du wirst sehen“, behauptete er selbstgefällig.

Sofie hatte keine Ahnung, was er damit meinte. „Er wird nirgendwohin gehen. Du bist derjenige, der geht. Verschwinde, und halte dich von mir fern“, befahl sie, so energisch sie konnte.

Gary lächelte nur. „Du weißt, dass du es nicht so meinst, Sofie.“

Am liebsten hätte sie laut aufgeschrien. Sie drang einfach nicht zu ihm durch. „Wenn du mich weiter belästigst, rufe ich die Polizei.“

Selbstgefällig grinste er. „Die ist doch unfähig. Außerdem habe ich nichts verbrochen. Ich habe dir nie etwas getan. Ich liebe dich über alles. Ich möchte nur, dass wir zusammen sind.“

„Das kann nicht dein Ernst sein!“, höhnte sie, und wahrscheinlich zum ersten Mal erlebte sie ihn richtig wütend, als sie zu lachen begann.

„Lach gefälligst nicht über mich, Sofie. Ich mag es nicht, wenn andere sich über mich lustig machen!“ Er wandte sich ab und stapfte aufgebracht davon.

Aufgewühlt blickte Sofie ihm nach, bis er um die Ecke verschwand. Irgendwie musste sie ihm einen Schlag versetzen. Vielleicht würde er sie dann in Ruhe lassen.

Am Spätnachmittag bereitete Sofie eines von Lucas’ Lieblingsgerichten zu, denn heute würde es für mindestens eine Woche ihr letzter gemeinsamer Abend sein. Er musste geschäftlich nach Seattle fliegen, und diese Nacht sollte etwas ganz Besonderes werden. Während das Essen im Backofen garte, nahm sie ein Bad und zog danach einen eleganten Hausanzug an. Leise vor sich hin summend, ging sie nach unten ins Wohnzimmer, um Cocktails zu mixen.

Lucas kam eine Viertelstunde später als sonst. Sobald sie hörte, wie der Schlüssel im Türschloss gedreht wurde, überlief sie ein erwartungsvolles Prickeln. Mit zwei Gläsern in der Hand ging sie in die Eingangshalle, um ihn zu begrüßen.

„Hallo“, sagte sie verführerisch. Dann stellte sie die Gläser auf den Flurtisch und umarmte Lucas stürmisch.

„Hallo“, erwiderte er lachend, bevor er seine Aktentasche abstellte und sie an sich zog. „Was ist los?“

Sofie legte den Kopf zurück, um ihm in die Augen sehen zu können. „Ich habe dich vermisst, das ist alles.“ Sie hauchte ihm verführerische Küsse auf Hals und Kinn.

„Ich dich auch, cara.“ Er presste die Lippen auf ihre.

Da es die erste Trennung seit ihrer Hochzeit sein würde, legte Sofie die ganze Liebe, die sie für ihn empfand, in diesen Kuss. Wie immer flammte sofort heiße Leidenschaft zwischen ihnen auf. Und schon bald erwiderte Lucas das erotische Spiel ihrer Zunge mit derselben Begierde.

„Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe momentan keinen Appetit auf Essen“, gestand er, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten.

Zärtlich strich Sofie ihm mit dem Finger über die Lippen. „Ich dachte, du hättest Hunger. Ich habe einen Schmortopf gemacht.“ Sinnlich blickte sie zu ihm auf.

Er lachte, doch der verlangende Ausdruck in seinen Augen war unmissverständlich. „Ich habe Appetit … auf dich. Komm, lass uns ins Bett gehen“, schlug er vor und hob sie im nächsten Moment hoch.

„Ich muss erst den Ofen ausschalten. Wir können später essen.“

Lucas trug sie in die Küche und dann nach oben ins Schlafzimmer.

Schnell zogen sie sich aus und sanken eng umschlungen aufs Bett. Da sie wusste, dass sie einige Zeit von dieser Begegnung würde zehren müssen, küsste und streichelte sie Lucas noch zärtlicher als sonst. Sie wollte ihm ohne Worte zeigen, wie sehr sie ihn liebte, und es knisterte förmlich vor Leidenschaft.

Nichts existierte mehr außer ihren erhitzten Körpern, die sich aneinanderschmiegten. Sinnliche Liebkosungen fachten die Glut noch stärker an. Lange hielten sie es nicht aus. Schon bald verschmolzen sie miteinander und bewegten sich in einem harmonischen, immer schneller werdenden Rhythmus, bis sie gemeinsam einen ekstatischen Höhepunkt erreichten.

Eine Ewigkeit später, wie es schien, kehrten sie in die Wirklichkeit zurück. Sofie schmiegte sich an Lucas und umarmte ihn. Diese Woche würde unendlich lang werden.

Plötzlich war sie sehr traurig. Sie schloss die Augen. „Ich wünschte, du müsstest nicht weg“, sagte sie seufzend.

Zärtlich küsste Lucas sie auf die Stirn. „Ich würde auch lieber hierbleiben, aber es ist ja nur für eine Woche. Danach haben wir noch ein ganzes Leben zusammen.“

Seine Worte trösteten sie sofort. „Ein ganzes Leben … Das klingt gut“, erwiderte sie gähnend. Sieben Tage würden schnell vorbeigehen.

Eigentlich hatte sie wach bleiben wollen, doch ihr leidenschaftlicher Liebesakt forderte seinen Tribut, und Sofie schlief ein. Kurz darauf fielen auch Lucas die Augen zu.

In den nächsten Tagen konzentrierte Sofie sich auf ihre Arbeit. Der Fotograf, für den sie tätig war, war ausgebucht, sodass sie viel zu tun hatte. Sie vermisste Lucas schrecklich und konnte seine abendlichen Anrufe kaum erwarten. Sobald sie seine Stimme hörte, fühlte sie sich weniger einsam.

Am Mittwoch hielt sie sich an dem Gedanken fest, dass Lucas schon in wenigen Tagen zurückkommen würde. Als sie am Abend mit ihm telefonierte, wurde sie allerdings enttäuscht.

„Tut mir leid, cara, aber ich muss noch ein paar Tage länger bleiben. Es läuft nicht so gut wie erwartet“, informierte er sie.

„O nein, Lucas!“, rief sie, während ihr Tränen in die Augen traten.

„Ich weiß“, beschwichtigte er sie. „Es geht leider nicht anders. Ich habe zu viel Arbeit in diese Übernahme investiert, um sie jetzt platzen zu lassen. Das verstehst du doch, oder?“

Natürlich tat sie das. Es änderte allerdings nichts an der Situation. „Ja“, erwiderte sie traurig und zuckte dann zusammen, als sie am anderen Ende der Leitung den Schrei einer Frau und anschließend Kichern hörte. „Was war das?“

Stirnrunzelnd setzte sie sich auf.

„Ach, ein paar Leute albern hier herum. Wir machen gerade eine Pause und sitzen am Pool. Ich muss jetzt Schluss machen. Denk daran, dass ich dich liebe. Ich komme nach Hause, sobald ich kann, ja?“

„Okay, Lucas. Ich liebe dich auch.“ Sofie versuchte, fröhlich zu klingen, aber sie war traurig, als sie auflegte.

In dieser Nacht schlief sie sehr schlecht und stand deshalb am nächsten Morgen später als sonst auf. Da sie eine Fotosession im Haus eines Kunden hatte, nahm sie auf dem Weg nach draußen die Post aus dem Briefkasten und steckte sie in ihre Tasche. Erst als sie sich gegen Mittag ein Sandwich kaufte und damit in einen nahe gelegenen Park ging, um in Ruhe zu essen, fielen ihr die Briefe wieder ein.

Außer den üblichen Rechnungen und Werbeschreiben befand sich auch ein brauner Umschlag darunter, auf dem nur ihr Name und ihre Adresse in Maschinenschrift standen. Neugierig riss sie ihn auf und nahm den Inhalt heraus. Es waren Fotos, an denen ein selbstklebender Zettel mit einigen Zeilen haftete:

Weißt Du eigentlich, was Dein Mann macht, wenn er weg ist? Sieh Dir diese Aufnahmen an!

Ihr Magen krampfte sich nun zusammen, und Sofie hatte plötzlich das Gefühl, dass sie an einem Abgrund stand. Mit zittrigen Fingern nahm sie den Zettel weg und atmete vor Entsetzen scharf ein. Die Aufnahme zeigte Lucas, der die Arme um eine ihr unbekannte Frau gelegt hatte. Die beiden lachten und blickten sich in die Augen, als würden sie …

„Nein!“, schrie Sofie auf. Dann sah sie sich das nächste Foto an. Ihr Herz krampfte sich zusammen, denn diesmal küssten die beiden sich.

Nun betrachtete sie den ersten Schnappschuss noch einmal. Ja, es handelte sich um dieselbe Frau, nur der Hintergrund war anders. Es war offensichtlich, dass die beiden eine leidenschaftliche Affäre hatten. Sie schloss die Augen, als könnte sie die Realität dadurch ausblenden, sah Lucas und die Fremde aber trotzdem vor sich.

Ihr wurde übel, doch sie zwang sich, die Ruhe zu bewahren. Das konnte nicht wahr sein! Aber sie hielt den Beweis in Händen. Und wer hatte ihr die Aufnahmen geschickt? Sie blickte noch einmal in den Umschlag. Er war leer. Irgendjemand hatte ihr die Wahrheit mitteilen, aber anonym bleiben wollen.

Es hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Bei dieser Person musste es sich um einen Freund oder eine Freundin handeln, und dieser Gedanke ließ Sofie innehalten. Ob es eine andere Erklärung für die Fotos gab? Sie wollte es glauben, denn sie hatte Vertrauen zu Lucas gefasst, und die einzige Möglichkeit war, ihn zu fragen.

Lucas würde sie nicht anlügen. Sofie nahm ihr Handy aus der Tasche und klappte es auf, stellte dann allerdings fest, dass der Akku leer war. Irgendwo in der Nähe musste es eine Telefonzelle geben. Sie stopfte alles in ihre Tasche und eilte los, um eine zu suchen. Als sie eine gefunden hatte, war die jedoch besetzt, und sie musste zehn zermürbende Minuten warten, bis sie endlich hineingehen konnte.

Obwohl es in Seattle jetzt mitten in der Nacht war, wählte sie die Nummer seines Hotels. Es dauerte eine Weile, bis man sie in sein Zimmer durchstellte, aber schließlich nahm jemand ab. Angespannt hielt sie den Atem an.

„Hallo! Ich hoffe, es ist wichtig“, ließ sich eine verärgerte Frauenstimme vernehmen.

Ihr Herz setzte einen Schlag aus, und Sofie krauste die Stirn. „Entschuldigung. Eigentlich wollte ich Lucas Antonetti sprechen. Anscheinend liegt ein Irrtum vor …“

„Nein. Das hier ist sein Zimmer. Warten Sie, ich hole ihn.“

Verblüfft lauschte Sofie den Geräuschen am anderen Ende der Leitung. „He, Lucas, steh auf. Du wirst am Telefon verlangt.“

In diesem Moment brach für Sofie eine Welt zusammen. Mehr brauchte sie nicht zu hören. Sie knallte den Hörer auf die Gabel und stürzte verzweifelt aus der Telefonzelle. Das Einzige, woran sie denken konnte, war, dass die Fotos nicht gelogen hatten. Es stimmte alles!

Als sie sich umsah, fühlte sie sich ganz fremd und wollte nur noch weg aus dieser Umgebung. Sie musste so schnell wie möglich nach Hause! Schnell winkte sie ein Taxi herbei, riss die Tür auf und ließ sich auf den Rücksitz sinken. Sie nannte dem Fahrer ihre Adresse, dann barg sie das Gesicht in den Händen. Wie konnte Lucas ihr das nur antun? Sie hatte ihm vertraut! Angesichts ihrer Vorgeschichte war es ihr schwergefallen, an eine gemeinsame Zukunft zu glauben, und nun hatte er alles zerstört.

Gary Benson hatte ihr damals das Leben schwer gemacht, und nun hatte Lucas sie betrogen. Und das war die Hölle!

Diese Gedanke gingen ihr noch immer durch den Kopf, als sie zu Hause eintraf. Allerdings betrachtete sie es nicht mehr als ihr Zuhause. Sie fühlte sich außerstande, noch eine weitere Nacht hier zu verbringen. Als sie sich in dem Wohnzimmer umblickte, in dem sie so viele glückliche Stunden verbracht hatte, wusste sie, dass sie Lucas verlassen musste. Sosehr sie ihn auch liebte, sie konnte ihm nicht mehr vertrauen.

Sie musste ein für alle Mal aus seinem Leben verschwinden. Denn wenn sie ihn wiedersah, würde sie womöglich schwach werden und bei ihm bleiben. Bei der Vorstellung, für immer zu gehen, wäre sie beinah zusammengebrochen, doch sie musste stark bleiben.

Sofie riss sich zusammen und griff zum Telefon, um ihre Eltern anzurufen. Sie konnte nicht gehen, ohne ihnen zu erklären, warum. Nachdem es einige Male geklingelt hatte, nahm ihre Mutter ab.

„Hallo, Mum. Ich … ich wollte euch nur sagen, dass ihr euch keine Sorgen zu machen braucht, wenn ihr eine Weile nichts von mir hört“, sagte Sofie mühsam beherrscht.

Ihre Mutter merkte natürlich sofort, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los, Sofie? Was ist passiert?“

Sofie atmete tief ein. „Ich verlasse Lucas, Mum“, erwiderte sie angespannt, woraufhin ihre Mutter einen entsetzten Laut ausstieß.

„Aber warum? Was ist passiert? Ich dachte, ihr beide wäret glücklich miteinander.“ Ihre Mutter klang fast so verzweifelt, wie Sofie sich fühlte.

„Ich kann es dir jetzt nicht erklären. Ihr sollt nur wissen, dass ich es tun muss …“ Ihr versagte die Stimme, und sie biss sich auf die Lippe. „Ich werde euch schreiben.“

„Kind, überstürze bitte nichts. Komm her, und rede mit uns. Vielleicht können wir dir helfen.“

Sofie blinzelte, um die Tränen zu unterdrücken. „Das kann niemand. Es tut mir leid, Mum. Ich habe euch sehr lieb. Macht euch keine Sorgen um mich“, fügte sie mit bebender Stimme hinzu und legte auf, bevor ihre Mutter etwas erwidern konnte.

Autor

Amanda Browning
Amanda Browning ist ein überzeugter Single und lebt am Rande der englischen Grafschaft Essex in dem Haus, in dem sie auch aufgewachsen ist. Sie hat engen Kontakt zu ihrer Familie und ist begeisterte Großtante von insgesamt 18 Neffen und Nichten. Ihre absoluten Lieblinge sind die beiden Enkel ihrer Zwillingsschwester. Ihre...
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