Unwiderstehlich – und so verboten

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Kaum ist sein Privatjet in Texas gelandet, fährt der Internet-Milliardär Luke Weston zu Scarlett McKittrick. Die schöne Tierärztin muss ihm helfen, die vernachlässigte Rinderherde auf der Ranch seines Vaters zu retten! Dabei weiß Luke genau, dass Scarlett ihn hasst: Schließlich hat er ihr damals das Herz gebrochen und sie ohne eine Erklärung verlassen. Doch nur, weil er sie beschützen wollte! Jetzt weckt das Wiedersehen mit Scarlett in ihm den Wunsch, sie erneut zu erobern. Was für ihn heute genauso verboten ist wie damals …


  • Erscheinungstag 09.07.2019
  • Bandnummer 2088
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725280
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Am 1. August, einem Mittwoch, saß Luke Weston am Fenster seiner Gulfstream und starrte hinaus. Sein Pilot flog ihn in Richtung Osten, nach Royal in Texas. Lukes Blick schweifte über die weite, von Mesquitebäumen bewachsene Ebene, und er sah, dass sie sich gerade direkt über der Double-U-Ranch befanden, wo er aufgewachsen war und zu der er jetzt zurückkehrte, um sie zu retten.

Während er so aus dem Fenster schaute, fragte er sich, ob er die Ranch in Texas nicht einfach ein für alle Mal aufgeben sollte. Sie war nicht mehr sein Zuhause. Seit seinem Uni-Abschluss in Stanford vor sechs Jahren wohnte er im Silicon Valley, wo er unermüdlich gearbeitet hatte, um seine Firma zu dem Software-giganten zu machen, der sie heute war. Er hatte überhaupt keinen Grund, irgendwo anders wohnen zu wollen.

Dennoch konnte er den Gedanken nicht ertragen, dass die Ranch, die immer der Familiensitz gewesen war, meistbietend versteigert werden musste. Und das nur, weil sein betrunkener Vater wieder einmal eine Hypothek auf das Land aufgenommen hatte und nun die Raten nicht bezahlen konnte.

Gott sei Dank war er nicht wie sein Vater. Aber als dieser noch jünger gewesen war, hatte er auch nicht getrunken – ein unheimlicher Gedanke, der Luke oft beschäftigte. Sein Großvater väterlicherseits war ebenfalls erst später im Leben zum Trinker geworden. Ein Trinker, der bei einer Kneipenschlägerei ums Leben gekommen war. Es schien in der Familie zu liegen.

Lukes Gedanken wanderten zu den Freunden in seiner Heimatstadt, vor allem zu Will Sanders. Er hatte nicht zu Wills Trauerfeier gehen können, weil er zu der Zeit in Europa gewesen war, aber er hatte gehört, dass Will plötzlich in seine eigene Beerdigung hineingeplatzt war. Daraufhin war in Royal die Hölle los gewesen. Wer hatte sich als Will ausgegeben? Das war nach wie vor die große Frage, aber es gab konkrete Hinweise, die alle in dieselbe Richtung deuteten.

Am Morgen, ehe Luke aus Kalifornien aufgebrochen war, hatte Will ihn angerufen. Er verriet ihm, dass sein langjähriger Freund Richard Lowell derjenige gewesen sei, der sich als Will Sanders ausgegeben hatte. Doch dann war Rich verschwunden, und niemand hatte eine Ahnung, wo er sich aufhalten konnte. Ein weiterer Freund von ihnen war ebenfalls nicht auffindbar – Jason Phillips. Im Augenblick wussten nur die Polizei und die Menschen, die Will am nächsten standen, von Rich und dessen Betrug. Alle hielten sich in der Sache bedeckt, während sie versuchten herauszufinden, was genau geschehen war.

Will hatte Luke anvertraut, dass Rich versucht hatte, ihn bei ihrem gemeinsamen jährlichen Angelausflug umzubringen. Rich hatte Will über Bord des Bootes gestoßen und ihn zurückgelassen, sodass er eigentlich hätte ertrinken müssen. Doch Will war gerettet worden. Er hatte überlebt, weshalb er dann bei seiner eigenen Beerdigung auftauchen konnte. Die Leiche, die dort beigesetzt werden sollte, war verbrannt worden. Alles, was sie noch hatten, um den Toten möglicherweise zu identifizieren, waren Asche und Knochenreste.

Geheimnisvoll war auch, dass – wie Will Luke verraten hatte – Geld aus der Kasse des Texas Cattleman’s Club verschwunden war. Man glaubte, dass Rich Lowell auch dafür verantwortlich war.

Nachdem er das gehört hatte, erzählte Luke seinem Freund von der Anti-Betrugs-Software, die er und sein Team in seiner Firma West-Tech vor Kurzem entwickelt hatten. Vielleicht konnte die Software helfen, den untergetauchten Hochstapler zu finden. Sie mussten nur der Spur des Geldes folgen. Will war neugierig geworden, und sie hatten ausgemacht, dass sie sich unter vier Augen darüber unterhalten wollten, sobald Luke in Royal angekommen war.

Wie immer, wenn er an Royal dachte, musste Luke unweigerlich auch an eine Frau denken, die dort lebte: Scarlett McKittrick. Scarlett sollte er eigentlich unter allen Umständen aus dem Weg gehen, aber er vermutete schon jetzt, dass ihm das nicht gelingen würde. Sie war die beste Tierärztin in Royal, deswegen würde er höchstwahrscheinlich ihren fachlichen Rat brauchen.

Als er sie in Gedanken vor sich sah, strömten sofort die Erinnerungen auf ihn ein. Erinnerungen daran, wie er die nackte Scarlett in seinen Armen gehalten hatte. Wie er sie geküsst, wie sie sofort leidenschaftlich auf jede Berührung reagiert hatte.

Luke atmete tief durch. Er war nicht der richtige Mann für sie. Nachdem sie sich getrennt hatten, war sie wütend auf ihn gewesen, weil er sie verließ, anstatt sie zu heiraten. Dennoch hätte er alles für eine einzige Nacht mit Scarlett gegeben, ehe er zu seinem sorgenfreien Junggesellenleben im Silicon Valley zurückkehrte.

Aber er durfte sich jetzt nicht durch Gedanken an seine Ex ablenken lassen. Er musste seine ganze Kraft und Konzentration in die Rettung der Double-U-Ranch stecken.

Die Wut auf seinen Vater kochte immer noch in ihm. Luke hatte die Hypotheken schon vor langer Zeit abbezahlt, sodass die Ranch im Grunde ihm gehörte, aber er hatte den Fehler gemacht, alles weiterhin auf den Namen seines Vaters laufen zu lassen.

Luke hatte nicht gewusst, was vor sich ging. Dass sein Vater seinen Besitz Stück für Stück verpfändete, Vieh verkaufte und die Ranch bis unters Dach erneut mit Hypotheken belastet hatte. Er fühlte sich mitverantwortlich, weil er stets ein Auge zugedrückt hatte und nicht sofort nach Hause gekommen war, als sein Vater in ein Pflegeheim umziehen musste.

Sein Dad hatte stets so getan, als wäre alles in Ordnung, und Luke hatte ihm geglaubt. Erst als er auf der Ranch eine Weile niemanden erreicht hatte, hatten bei ihm die Alarmglocken geschrillt. Kurz darauf hatte er einen Anruf von Nathan Battle bekommen, dem Sheriff von Royal, der ihm eröffnet hatte, dass die Ranch zwangsversteigert werden musste.

Luke hatte Nathan versprochen, innerhalb von zwei Tagen da zu sein, um die Hypotheken abzulösen und alle offenen Rechnungen zu bezahlen. Sofort nach dem Telefonat hatte er mit seinem Piloten zusammen alle nötigen Vorkehrungen getroffen, um einen Tag später nach Texas zu fliegen.

Er hoffte nur und betete, dass er das Chaos beseitigen konnte, das sein Vater hinterlassen hatte.

Nachdem sie in Royal gelandet waren, rief Luke den Privatdetektiv Cole Sullivan an und machte mit ihm für den nächsten Nachmittag einen Termin in Brinkly aus, einer Kleinstadt ganz in der Nähe von Royal. Das hatte er mit Will besprochen. Dann rief er Will an, um ihm zu sagen, dass er angekommen war. Sie vereinbarten, sich am nächsten Tag zu treffen, noch vor Lukes Termin mit dem Ermittler.

In einem nagelneuen schwarzen Pick-up, den er telefonisch geordert hatte, machte Luke sich auf zur Ranch seiner Familie. Er erreichte das Gelände der Double U und bog auf den Weg ein, der zum Wohnhaus führte. Dabei betrachtete er aufmerksam die vorderen Weiden. Es war schlimmer, als er es sich vorgestellt hatte. Die ersten beiden Pferde, die er sah, waren so unterernährt, dass ihre Rippen deutlich hervorstachen. Teilnahmslos standen sie mit hängenden Köpfen da. Wahrscheinlich würden sie die Nacht nicht überleben.

Er fuhr an eingefallenen Zäunen und an einem Wassertank voller Löcher vorbei zum Haus. Als er auf das Wohnhaus zukam, bemerkte er, dass ein Teil der Außenmauer eingestürzt war. Dabei überkam ihn ein Gefühl, als hätte jemand ihm ein Messer in den Bauch gerammt.

Er fluchte wütend, weil ihm klar wurde, dass er keine Ahnung gehabt hatte, wie groß die Schwierigkeiten wirklich waren, in denen die Ranch steckte. Ohne auszusteigen, wendete er den Pick-up und fuhr so schnell er konnte zum Haus der McKittricks. Erst als das Haus in Sicht kam, wurde er langsamer und genoss den vertrauten Anblick.

Eine plötzliche Woge der Nostalgie durchströmte ihn, während er daran dachte, was zwischen ihm und Scarlett gewesen war. Damals in der Highschool hatte Scarlett gesagt, sie sei in ihn verliebt. Und während des ersten Jahres hatte er sich erlaubt, sie ebenfalls zu lieben: Sie waren zusammen gewesen, und er hatte ihre Liebe von ganzem Herzen erwidert. Doch dann, in seinem Abschlussjahr, hatte ihn die Wirklichkeit eingeholt.

Er kam aus einer kaputten Familie, während die von Scarlett intakt und angesehen war. Ihr Vater war gestorben, als sie noch klein war. Ihr Bruder Toby hatte dessen Rolle übernommen, so gut er konnte, während Scarletts Mutter ohne viel Aufhebens mit Tobys Hilfe die Ranch leitete. Luke wollte sich nicht in Scarletts Leben einmischen. Er hatte Angst, dass sich das schlechte Erbe seiner Familie irgendwann in ihm zeigen würde.

Kurz vor seinem Schulabschluss war klar gewesen, dass er die Stadt verlassen würde, um aufs College zu gehen. Scarlett war dagegen gewesen. Sie hatte ihm immer gesagt, dass sie sich eine gemeinsame Zukunft mit ihm wünschte. Trotzdem hätte er nie gedacht, dass sie ihm direkt nach dem Abschluss sagen würde, dass sie ihn heiraten wollte. Soweit er das beurteilen konnte, waren sie beide viel zu jung und zu unerfahren, um Entscheidungen zu treffen, die den gesamten Rest ihres Lebens betrafen.

Sie konnte mit einem Kuss ein wildes Feuer in ihm entfachen, aber mit ihren sechzehn Jahren sah er sie immer noch als Kind. Sie kam ihm viel jünger vor, als er es mit seinen achtzehn Jahren gewesen war.

Er wollte noch nicht heiraten, wenn überhaupt jemals. Seit er denken konnte, war die Ehe seiner Eltern unglücklich gewesen. Zuerst hatten sie sich ständig gestritten. Später hatten sie beide getrunken und sich gestritten. Er glaubte nicht, dass einer von beiden dem anderen treu gewesen war.

Luke wollte seine Veranlagung nicht weitergeben oder jemanden wie Scarlett heiraten, um dann ihr Leben zu ruinieren. Sie war erst sechzehn und bis über beide Ohren verliebt. Natürlich verstand sie das nicht. Es war kein Wunder, dass sie nicht im Guten auseinandergegangen waren – das bedauerte er bis heute.

Doch sie waren beide darüber hinweggekommen. Nach seinem Abschluss in Stanford hatte Luke seine Firma West-Tech gegründet und war auf eine Goldader gestoßen, indem er ein fortschrittliches – und für die Masse erschwingliches – Smartphone entwickelt hatte, das seine Konkurrenz im Staub zurückließ.

In der Zwischenzeit hatte Scarlett sich für den Beruf der Tierärztin entschieden. Das überraschte ihn überhaupt nicht. Sie hatte immer schon ein Herz für Tiere gehabt und allen Geschöpfen geholfen, die ihre Hilfe brauchten. Sie liebte kleine Kinder und Tiere mit derselben Hingabe, mit der er die Herausforderungen der Hightechbranche liebte.

Während sie dabei gewesen war, ihre Tierarztpraxis aufzubauen, hatte sie sich offenbar verlobt. Inzwischen war sie jedoch nicht mehr mit ihrem ehemaligen Verlobten Tanner Dupree zusammen, irgendeinem Ölerben, der sie vor dem Altar hatte stehenlassen. Wenn es nach Luke ginge, wäre kein Mann jemals gut genug für Scarlett – er selbst am allerwenigsten. Aber der ölige Schweinehund, der sie sitzengelassen hatte, eben auch nicht. Sich am Tag der Hochzeit einfach aus dem Staub zu machen – der Typ musste bis auf die Knochen selbstsüchtig und gemein sein.

Luke seufzte. Ihm war klar, dass er, was das anging, im Glashaus saß und nicht mit Steinen werfen durfte, weil er sie ja auch verlassen hatte. Doch er glaubte immer noch, dass es richtig gewesen war, denn bei seiner Familiengeschichte konnte er einfach niemals gut genug für sie sein. Aber wenn er seine ehrenhaften Absichten einmal beiseiteließ und ganz ehrlich zu sich war, war Scarlett immer noch die mit Abstand attraktivste Frau, die er kannte. Sogar nach all dieser Zeit wurde ihm ganz warm beim bloßen Gedanken an sie.

Er straffte die Schultern und zwang sich, mit den Gedanken in der Gegenwart zu bleiben. Er wollte sich auf das konzentrieren, was jetzt vor ihm lag.

Als Luke auf das Haus der McKittricks zufuhr, kamen Hunde in allen Größen auf das Auto zugerannt. Das mussten Streuner sein, die Scarlett bei sich aufgenommen hatte.

Luke musste lächeln, obwohl der Gedanke ihm gleichzeitig einen Stich versetzte. Er stieg aus und redete dabei leise auf die bellenden Hunde ein, um sie zu beruhigen. Die zutraulicheren unter ihnen wedelten bereits mit dem Schwanz und ließen sich von ihm am Kopf kraulen.

Scarlett kam auf die Veranda und blieb oben an der Treppe stehen.

Sein Herz hämmerte. Einen Augenblick lang konnte er weder sprechen noch atmen. Es kam ihm so vor, als ob er in einem Traum gelandet wäre, nur dass er wusste, dass sie echt war und nur ein paar Meter von ihm entfernt stand.

Er musste den Drang zügeln, auf sie zuzugehen, sie in die Arme zu nehmen und endlos lange zu küssen. Sie war absolut atemberaubend. Als er in ihre großen haselnussbraunen Augen sah, kam es ihm so vor, als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen.

Es war nicht zu übersehen, dass auch sie tief durchatmen musste. Dabei spannte sich ihre Bluse über ihren Kurven – Kurven, die er weniger … verführerisch in Erinnerung hatte. In seiner Erinnerung war sie ein Kind, ein naives, lustiges Mädchen, aber jetzt stand eine Frau vor ihm, die sein Blut zum Kochen brachte und seine Lust zu hellen Flammen anfachte.

Er war ganz benommen. Was sie in ihm auslöste, machte ihn sprachlos. Er hatte gedacht, dass er schon lange über sie hinweg gewesen wäre. Aber wenn er das war, was war dann jetzt gerade mit seinem Herzen los, mit seinem Körper?

An ihrem wütenden Gesichtsausdruck war deutlich abzulesen, dass er ihr auch nicht gleichgültig war.

„Du verschwindest jetzt sofort von meinem Grund und Boden, Luke Weston“, rief sie böse. „Und dann kannst du direkt weiter zur Hölle fahren.“

„Scarlett, ich brauche deine Hilfe“, sagte er schnell, ehe sie ihm das Wort abschneiden konnte. „Mein Vater ist im Pflegeheim, und er hat die Ranch verkommen lassen. Die Tiere sterben und brauchen Hilfe …“

Er wusste, dass sie ihm zuhören würde, sobald er sterbende Tiere erwähnte. Ihr wütender Gesichtsausdruck verschwand, stattdessen sah sie besorgt aus. Sie war noch nie gut darin gewesen, ihre Gefühle zu verbergen, und Tiere in Not konnte sie nicht ignorieren. Der Hof voller Hunde war der beste Beweis dafür.

„Ich habe ein paar Pferde gesehen, die so unterernährt sind, dass sie kaum noch den Kopf heben können. Du könntest gleich mit mir mitfahren. Ich bringe dich dann zurück, wenn du fertig bist“, sagte er.

„Auf unserer Ranch hat sich nichts verändert, seitdem du nicht mehr hier wohnst“, entgegnete sie. „Du weißt, wo du Futter und Heu findest. Lade deinen Pick-up voll mit allem, was du heute Abend noch für deine Tiere brauchst. In der Zwischenzeit hole ich meine Sachen.“

„Danke, Scarlett. Ich weiß das wirklich zu schätzen, denn ich brauche eine gute Tierärztin. Die Pferde sind in jämmerlicher Verfassung. Du wirst es ja selber sehen.“

Sie nickte nur und wandte sich ab.

Er fuhr zur Scheune und ging eilig hinein. Beim Blick auf den Heuboden stiegen sofort Erinnerungen in ihm hoch. Vor allem daran, wie er mit Scarlett geschlafen hatte …

Schluss jetzt! Er musste aufhören, sich zu quälen. Scarlett und er hatten keine gemeinsame Zukunft.

Doch wie sollte er es aushalten, wenn sie mitkam auf die Ranch seiner Familie?

Scarlett ging ins Haus, um mit ihrer Mutter zu reden, die gerade den kleinen Carl badete. Sie verspürte einen Stich im Herzen, als Carl seine Babyärmchen nach ihr ausstreckte.

„Soll ich ihn mitnehmen, Mom? Luke Weston ist hier. Er ist in der Stadt und sagt, sein Vater hat die Ranch so verkommen lassen, dass die Tiere krank sind. Vielleicht sterben sie sogar. Er hat mich um Hilfe gebeten. Mom, ich muss den Tieren helfen.“

Ihre Mutter runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Ich weiß, dass dir die Tiere wichtig sind, also tu, was zu tun ist, und dann komm zurück nach Hause. Du darfst dich nur nicht noch einmal mit Luke Weston einlassen.“

„Mach ich nicht. Er lebt jetzt in einer ganz anderen Welt, und dahin verschwindet er auch wieder.“ Dabei musste sie an den großen, umwerfenden Mann denken, der anstelle des Jungen, den sie früher gekannt hatte, vor ihrem Haus aufgetaucht war. Luke sah gefährlich gut aus, und ihr Herz hatte so heftig gepocht, dass sie nicht leugnen konnte, was sie empfand.

Während Scarlett mit ihrer Mutter sprach, schnitt sie Äpfel aus der Schale klein, die immer auf der Anrichte stand. Sie packte die Apfelstücke in eine Tüte und lächelte Carl zu.

Dann gab sie ihrem kleinen Jungen einen Kuss auf die rundliche Wange und duckte sich, als er nach ihrem Haar griff. Sie und ihre Mutter mussten beide lachen, aber als sie hinausging, sah Scarlett ihrer Mutter an, dass sie sich Sorgen machte.

Scarlett hätte Luke am liebsten gesagt, dass sie nicht mitkommen konnte, aber als sie an die Pferde dachte, die vielleicht krank oder ausgehungert waren, wusste sie, dass sie helfen musste. Sie wollte nicht, dass Luke irgendein Pferd einschläfern ließ, es sei denn, sie konnte es wirklich nicht mehr retten.

Ihre Gefühle waren widersprüchlich. Sie war schockiert darüber, wie schnell ihr Herz bei Lukes Anblick geklopft hatte, obwohl sie überzeugt war, über ihn hinweg zu sein. Dann war da auch noch ihre Wut. Sie kochte immer unter der Oberfläche, wenn sie an ihn dachte. Daran, wie er sie verlassen hatte. Sie wollte nicht, dass er überhaupt irgendeine Wirkung auf sie hatte. Sie wollte nicht feststellen, dass er besser aussah als je zuvor. Er war inzwischen ein Mann geworden und unglaublich heiß.

Scarlett schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Nein, nein, nein“, flüsterte sie.

Sie wollte nicht, dass sie ihn attraktiver fand als je zuvor. Atemberaubend sexy. Sie wollte nicht, dass ihr Herz raste. Aber genau das war passiert, und sie seufzte innerlich. Als ob sie wieder sechzehn wäre, sehnte sie sich nach ihm. Wie ein naives Schulmädchen, das in den unwiderstehlichsten Jungen von Texas verknallt war.

Hin und wieder hatten Kleinigkeiten sie an Luke erinnert. Aber in all den Jahren, seitdem er Royal verlassen hatte, hatte sie versucht, sich nicht darum zu kümmern. Deswegen hatte sie geglaubt, dass sie über ihn hinweg war. Was für ein Irrtum! Er brauchte nur aus seinem Pick-up zu steigen und mit langen Schritten auf die Veranda zuzugehen, schon stand sie kurz davor, sich entweder in ein zitterndes Häufchen Elend zu verwandeln oder loszurennen und sich in seine Arme zu werfen.

Sie wollte nicht, dass er zurück in die Stadt kam und jedes Mal, wenn sie ihn sah, diese Wirkung auf sie hatte. Als er sie angesehen hatte, musste auch er etwas gespürt haben. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es ihn nicht kaltgelassen hatte, sie wiederzusehen. Das machte ihre Sehnsucht nach ihm nur noch größer.

Konnte sie ein paar Stunden lang mit ihm zusammen auf seiner Ranch arbeiten und dabei ihre Gefühle in sich einschließen? Sie wollte nie wieder so an einem gebrochenen Herzen leiden wie damals, als Luke Texas verlassen hatte. Damals hatte sie sich über einen Monat lang jeden Abend in den Schlaf geweint.

Scarlett eilte zu ihrem Kleiderschrank und holte neue Jeans und ein Karohemd hervor, das sie gern mochte. Doch dann sah sie auf die Kleider in ihrer Hand hinab. Moment, was war denn in sie gefahren? Wenn sie sich nur wegen Luke hübsch anzog, forderte sie ihr Schicksal geradezu heraus.

„Nein, das geht so nicht“, sagte sie laut und stopfte Jeans und Bluse zurück in den Schrank. Sie konnte jedoch nicht anders, als sich im Spiegel anzusehen und sich das kurze Haar zu kämmen.

Wahrscheinlich ging Luke in Kalifornien nicht mit Frauen aus, die Sommersprossen und kurze Haare hatten. Sie seufzte, weil es im Grunde egal war, wie sie aussah. Sie war nicht die richtige Frau für Luke! Sie wollte nicht noch einmal ihr Herz verlieren, weil er sie nicht dauerhaft in seinem Leben haben wollte. Sie musste auch an Carl denken und daran, welche Folgen ihr Handeln für ihn hatte.

Eilig lief sie in ihre Praxis hinüber und überlegte, was sie alles brauchte, während sie sich ihre Tasche schnappte.

Ehe sie losging, hielt sie kurz inne. „Lass dir nicht noch einmal das Herz von ihm brechen“, murmelte sie vor sich hin. „Kümmere dich um die Tiere, und fahr wieder nach Hause. Behandele ihn wie jeden anderen auch.“ Dann verließ sie kopfschüttelnd die Praxis.

Aber wem wollte sie etwas vormachen? Ihr war jetzt schon klar, dass sie ihren eigenen Rat nicht befolgen würde. Sie konnte sich nur immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass Luke für sie tabu war und dass sie vorsichtig sein musste. Dann konnte sie vielleicht verhindern, dass er ihr wieder das Herz brach.

Er hatte sie damals nicht geliebt – und jetzt würde sich das bestimmt nicht ändern, denn er spielte in einer ganz anderen Liga. Sie wusste, dass er kürzlich in die Forbes-Liste von Milliardären aufgenommen worden war. Luke konnte jede Frau haben, die er wollte, so viel war sicher. Sie hatte ihn sogar hin und wieder auf einem Foto in einer Zeitschrift oder in den Nachrichten gesehen, deswegen wusste sie, dass er mit wunderschönen Sängerinnen und Schauspielerinnen und mit atemberaubenden Society-Ladys ausging.

Mit ihrer Tasche voller Instrumente, Pillen und Salben in der Hand verließ sie das Haus. Luke lehnte an seinem Pick-up und sah gerade auf sein Handy. Sie konnte nicht anders, als ihn schnell zu mustern und seine breiten Schultern, seine schmalen Hüften und die langen Beine zu bewundern.

Als er sie bemerkte, steckte er das Handy in seine Gesäßtasche. Er richtete sich auf und sah sie langsam von oben bis unten an. Während sie so auf ihn zuging, lösten sich all ihre guten Vorsätze in Luft auf.

Überall, wo sein Blick sie streifte, kribbelte es. Ein Teil von ihr wollte sich auf dem Absatz umdrehen, ins Haus zurückrennen und die Tür hinter sich abschließen. Ein anderer Teil wollte ihn anschreien, er solle das Grundstück verlassen und zur Hölle fahren, weil er sie so verletzt hatte. Aber ein weiterer, hartnäckigerer Teil von ihr wollte sich in Lukes Arme werfen, seinen Kopf zu sich heranziehen und ihn um den Verstand küssen.

Sie atmete durch die Zähne ein, und ihre Finger schlossen sich unwillkürlich fester um den Griff ihrer Tasche, während sie versuchte, an etwas anderes zu denken als an Luke, seine Hände, seinen Mund und ihr heftig klopfendes Herz.

Er öffnete die Autotür für sie, und als sie näher kam, streckte er die Hand nach ihrer schwarzen Tasche aus. Als seine große, warme Hand sich auf ihre legte, hatte sie das Gefühl, ihre Knie würden unter ihr nachgeben.

Es war das erste Mal seit Jahren – seitdem er weggezogen war, um aufs College zu gehen –, dass er sie berührte, und der leichte Hautkontakt reichte schon aus. Eine Welle der Lust durchzuckte sie. Plötzlich bebte sie förmlich vor Verlangen.

Energisch zwang sie sich, tief durchzuatmen. Sie ballte die Fäuste.

„Ich packe deine Sachen hinten hinein“, sagte er in diesem rauen Tonfall, den seine Stimme immer annahm, wenn er erregt war.

Sie brachte kein Wort heraus, deswegen nickte sie nur.

Sie kannten einander so gut. Er wusste, dass es sie nicht kaltließ, dass er da war, und sie wusste, dass es ihm genauso ging. Das machte diesen gemeinsamen Augenblick nur noch aufregender. Es ließ Erinnerungen an ihre Liebe von damals, als er in Texas gewohnt hatte, wieder aufsteigen.

Er griff nach ihrem Arm, um ihr beim Einsteigen in den Pick-up zu helfen – eine Hilfe, die sie weder wollte noch brauchte. Eine Hilfe, die dazu führte, dass sie zitterte und gegen noch mehr Erinnerungen an seine Hände auf ihrer Haut ankämpfen musste.

Endlich ließ er sie los. Scarlett atmete tief ein und beobachtete ihn, wie er die Tür schloss und um das Auto herum zur Fahrerseite ging. Ein Windstoß wehte ihm das dunkelblonde Haar in die Stirn.

Luke sah sexy aus, besser als je zuvor – was sie lieber nicht zugegeben hätte. Er war groß, hatte einen Dreitagebart und wunderbare blaugrüne Augen, dazu breite, starke Schultern und schöne Hände. Hände, mit denen er sie ins Paradies hätte tragen können. Kurz gesagt: Luke war ein wahr gewordener Traum.

Er setzte sich hinter das Lenkrad, schloss die Tür und ließ den Pick-up an, dabei warf er ihr einen Seitenblick zu. Er war ihr viel zu nah, sah viel zu anziehend aus.

„Danke, Scarlett“, sagte er, wieder in dem heiseren Tonfall, von dem sie genau wusste, dass es nicht seine normale Stimmlage war.

Sie nickte. „Bringen wir’s hinter uns“, sagte sie grimmig, starrte durch die Frontscheibe hinaus und versuchte, sich so wenig wie möglich um seine Anwesenheit zu kümmern.

Was war denn mit ihr los? Sie war über ihn hinweg! Darüber, wie sehr er sie verletzt hatte, als er nach Kalifornien gezogen war und sich verabschiedet hatte, ohne ihr auch nur eine Träne nachzuweinen. Die alte, vertraute Wut auf ihn und der Schmerz brachten sie zur Besinnung. Sie setzte sich auf und schaute aus dem Fenster, während er von ihrem Haus wegfuhr.

„Wenn du bei der Scheune anhältst, können wir noch ein paar Heuballen aufladen“, sagte sie.

„Das habe ich schon getan. Sie sind hinten auf der Ladefläche. Ich habe Heu und Futter aufgeladen und bin dann zurück zum Haus gefahren, um auf dich zu warten.“ Er warf ihr einen schnellen Blick zu. „Ich gebe dir das Geld dafür. Ich bin froh, dass ich nicht noch einmal in die Stadt musste, um Futter zu kaufen. Wahrscheinlich gibt es auf der Ranch überhaupt nichts – ich bin nur kurz zum Haus gefahren, und da sah es so aus, als wäre alles verlassen. Ich habe nur kaputte Mauern und halbtote Tiere gesehen, die man sich selbst überlassen hat. Ich bin nicht länger als ein paar Minuten da gewesen, aber ich weiß jetzt schon, dass mir eine Katastrophe bevorsteht. Trotzdem will ich so viele Tiere wie möglich retten.“

Scarlett kannte Luke gut genug, um zu wissen, wie wütend er auf seinen Vater war. Als sie an der Scheune ihrer Familie vorbeifuhren, starrte sie stur geradeaus und saß steif da, während sie schon wieder mit einer Welle von Erinnerungen kämpfte.

„Die große Scheune steht ja noch“, sagte er heiser.

„Wir machen keine Reise in die Vergangenheit“, sagte sie scharf, ohne ihn anzusehen. Als wäre sie nicht schon längst unterwegs auf dieser Reise. Sie schlang die Finger ineinander und versuchte, das dringende Bedürfnis zu unterdrücken, noch einmal zu der Scheune hinüberzublicken, die sie täglich vor Augen hatte, die aber vor allem die Erinnerung an eine unvergessliche Nacht bedeutete.

Sie war mit ihrer ganzen Familie auf einer anderen Ranch auf einem Scheunenfest gewesen. Am frühen Abend hatte Luke sie überredet, mit ihm zusammen zu gehen. Sie fuhren zu ihr nach Hause, während alle anderen auf dem Fest blieben. Anstatt zum Haus hinaufzufahren, hatte Luke vor der Scheune angehalten. Sobald sie durch die Tür waren, nahm er sie in die Arme und küsste sie. Später breitete er eine Decke auf dem Heuboden aus und zog sie an sich, um dort, zum ersten Mal in ihrem Leben, mit ihr zu schlafen.

Jetzt zwang sie sich, den Blick von der Scheune abzuwenden. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken und jene Nacht zu vergessen. Zu vergessen, wie innig er sie geküsst hatte, wie sehr sie ihn aus tiefster Seele gewollt hatte. Wie er seine starken Arme um sie gelegt hatte, sein Mund auf ihrem, seine verführerischen Hände überall auf ihrer Haut …

Autor

Sara Orwig
<p>Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...
Mehr erfahren