Urlaub - Traummann inklusive?

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Reif für die Insel! Kurzentschlossen bucht Paige drei Wochen Hawaii. Wie vom Donner gerührt ist sie allerdings, als sie dem Chef der Ferienanlage gegenübersteht: Jack Banta! Ist dieser braungebrannte, knackige Traummann wirklich der Klassenstreber von damals? Urlaub - Liebe inklusive? Hand in Hand mit Jack am Strand, Küsse in der wilden Brandung, Sex unter tausend hellen Sternen? Alles scheint möglich! Paige ahnt nicht, was Jack mit seinem frechem Surfercharme im Schilde führt: Es ihr verführerisch süß heimzahlen, weil sie ihn damals kühl abblitzen ließ …


  • Erscheinungstag 11.07.2009
  • Bandnummer 162009
  • ISBN / Artikelnummer 9783862953363
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„He, was soll das?“, rief Paige Pipkin empört auf, als ihre Tante Naomi ihr die Papiere wegnahm.

„Was ist das überhaupt?“ Naomi schob sich eine krause, orangerot gefärbte Haarsträhne aus der Stirn und betrachtete die Unterlagen mit zusammengekniffenen Augen.

„Eine Bewerbung für mein nächstes Promotionsstudium in Stanford.“

„Welches Fach ist es diesmal?“

„Alte Geschichte und Archäologie des Mittelmeerraums. Dafür muss ich zwei alte Sprachen lernen und praktische Erfahrungen in Archäologie sammeln. Klingt das nicht toll?“

Statt einer Antwort riss ihre Tante die Bewerbungsformulare in der Mitte durch.

„He!“ Paige sah sie entgeistert an.

„Entspann dich, Darling“, beruhigte Naomi lächelnd und zog eine Hochglanzbroschüre aus der Tasche ihrer weiten, bunt geblümten Bluse. „Das hier finde ich toll.“

Noch immer verärgert betrachtete Paige die Broschüre. „Club Lealea, der heißeste Single-Ferienclub von ganz Kau-ai.“ Über den Rand ihrer Brille hinweg sah sie ihre Tante an, die ihr gegenüber am Küchentisch Platz nahm. „Du fährst in einen Ferienclub für Singles?“

„Nein, nicht ich. Du fährst dorthin.“

Paige sah sich die erste Seite der Broschüre an: Palmen, eine Bar direkt am Pool, Frauen in Bikinis, Männer mit Waschbrettbäuchen. Leise lachend schob sie die Broschüre zu ihrer Tante zurück. „O nein. Ich fahre auf gar keinen Fall dorthin.“ Sie legte die Hälften ihrer zerrissenen Bewerbungsformulare aneinander und überlegte, wo der Tesafilm war.

„Nicht so schnell“, versuchte Naomi sie für ihren Vorschlag zu interessieren. „Ich finde, du könntest mal eine Uni-Pause gebrauchen. Du hast doch schon einen Doktortitel in Romanistik, und jetzt willst du noch einen machen? In … was war es noch gleich? Langweilige Geschichte und irgendwas mit Archäologie?“

Paige musste lachen. „Alte Geschichte und Archäologie des Mittelmeerraums.“

„Ja, und ich finde diese Wissbegierde toll, Darling. Um keinen Preis würde ich etwas an meiner klugen, intelligenten Nichte ändern wollen. Trotzdem musst du endlich hinter deinen Büchern hervorkommen und dich dem wirklichen Leben stellen, Paige. Ein bisschen Bewegung in die Dinge bringen.“ Naomi blätterte in der Broschüre. „Im Urlaub könntest du überlegen, wie du dir dein weiteres Leben vorstellst – und den gesellschaftlichen Umgang mit anderen Menschen üben.“ Sie zeigte ihrer Nichte das Foto eines männlichen Gastes. „Vielleicht könntest du dich auch abschleppen lassen.“

Paige war sprachlos. „Oder du lernst jemand ganz Besonderen kennen“, fuhr ihre Tante ungerührt fort. „Jemanden wie ihn hier.“

Kopfschüttelnd betrachtete Paige das Bild. Der sonnengebräunte, muskulöse Mann darauf stemmte Gewichte im clubeigenen Fitnessstudio. Ja, er war ziemlich attraktiv. Aber dieser Single-Club war ja die reinste Fleischbeschau. Paige passte einfach nicht dorthin. Alle Frauen in der Broschüre trugen Bikinis. Sie dagegen mochte bis zum Hals zugeknöpfte Blusen, Bücher und wissenschaftliche Abhandlungen.

Doch Naomi hatte nicht ganz unrecht. Paige war gerade achtundzwanzig geworden und war noch immer nicht diesem „ganz besonderen Menschen“ begegnet. Und das würde sie gern, eines Tages. Doch wie sollte sie das anstellen?

Vertieft in ihre Bücher, lebte es sich nun einmal sicher und geborgen. Allein beim Gedanken daran, sich in die Höhle eines Single-Clubs zu begeben, wurde ihr schon kalt. Sie fühlte sich unter anderen Menschen einfach oft unsicher und unbeholfen. Wie hatte Naomi es ausgedrückt: Sie sollte sich dem wirklichen Leben stellen und Bewegung in die Dinge bringen? Und sich womöglich auch noch „abschleppen“ lassen?

„Ein Ferienclub für Singles ist … nicht mein Stil“, verteidigte sie sich.

„Vielleicht wird es Zeit, dass du mal einen neuen Stil ausprobierst.“

Naomis selbstzufriedenes Lächeln ließ Paige erstarren, denn diesen Blick kannte sie nur zu gut. „Was hast du angestellt, Naomi?“

„Wieso?“ Plötzlich schien Naomi ganz in das Betrachten ihrer glitzernd lila lackierten Nägel vertieft zu sein. Dann ließ sie die Hände sinken und sah ihrer Nichte in die Augen. „Ich habe einen dreiwöchigen Urlaub im Club Lealea für dich gebucht. Alles ist bezahlt, und dein Koffer ist auch schon gepackt. Du reist morgen ab.“

Was?“ Paige sprang auf und begann, in der Küche umherzulaufen. „Das kannst du dir doch gar nicht leisten! Du musst verrückt geworden sein!“

„Tja, ich bin eben die verrückte Tante, die du so lieb hast.“ Mit einem breiten Lächeln auf ihren gepuderten Wangen stand Naomi auf und legte einen Arm um Paige.

In Paiges Kopf drehte sich alles. Sie würde allein in den Urlaub fahren, Kontakte mit anderen Leuten knüpfen müssen und vielleicht sogar eine Verabredung haben. Und was war mit ihren Vorlesungen? Die Sache gefiel ihr gar nicht. Sie ließ sich gegen die Lehne ihres Stuhls sinken und blickte Naomi, die wohlmeinend lächelte, mit starrem Blick an.

Ihre Tante war immer für sie da gewesen und hatte sie jedes Mal bei sich aufgenommen, wenn Paiges viel beschäftigte Eltern mal wieder zu einer ihrer Forschungsreisen aufgebrochen waren. Naomi hatte sie immer willkommen geheißen, war mit ihr Eis essen gegangen und hatte ihr all ihren klobigen klimpernden Schmuck zum Verkleiden überlassen. Als Teenager hatte Paige von ihr Schminktipps und gute Ratschläge bekommen, in allem was das Thema Jungen betraf. Nicht, dass es allzu viele Männer in ihrem Leben gegeben hätte, aber dennoch …

Paige blickte ihre Tante an, die neben ihr stand und sie erwartungsvoll ansah – der Mensch, der sie besser kannte als irgendwer sonst auf der Welt.

Naomi war unverheiratet und hatte als Lehrerin an der Highschool von Kauai gearbeitet. Genau zum Zeitpunkt ihrer Pensionierung sollte Paiges Studium in Stanford beginnen. Da Paige Bedenken hatte, ganz allein nach Kalifornien zu gehen, bat sie ihre Tante, mit ihr zu kommen. Und wie immer war auch diesmal auf Naomi Verlass: Bereitwillig zog sie mit Paige nach Kalifornien und ließ sie mietfrei in dem Haus bei sich wohnen, das sie gekauft hatte. Doch auf einen Universitätsabschluss war immer der nächste gefolgt, bis jetzt …

Reuig blickte Paige ihre Tante an. Sie stand wirklich in ihrer Schuld. All die Opfer und die Unterstützung würde sie ihr niemals vergelten können. Und sie spürte deutlich, was diese Reise Naomi bedeutete. Sie hatte ja sogar schon gepackt!

Seufzend fragte Paige: „Meinst du wirklich, das ist eine gute Idee?“

Naomi nickte so heftig, dass ihre langen, halbmondförmigen Ohrringe gegen ihren Hals schlugen. Ernst blickte sie ihre Nichte an und sagte eindringlich: „Ich möchte nicht, dass du irgendwann alt und allein bist, so wie ich.“

Paige runzelte die Stirn. „Bist du denn nicht zufrieden mit deinem Leben?“

„Doch, natürlich. Aber ich habe auch Glück gehabt: Ich hatte ja immer dich.“ Naomi lächelte liebevoll und strich Paiges Pferdeschwanz glatt. „Für mich bist du wie eine Tochter.“

Paige schluckte. Wie könnte sie sich weigern, die Reise zu machen, wenn es ihrer Tante doch offenbar so viel bedeutete? „Möchtest du nicht mitkommen? Bestimmt gibt es da auch ältere Männer …“

„Nein, es ist wichtig, dass du alleine fährst. Glaub mir, die Reise wird dir guttun! Genieß die Sonne, lerne Leute kennen … du wirst schon zurechtkommen. Es ist nicht nur der heißeste Ferienclub für Singles im ganzen Land, sondern er liegt auch in vertrauter Umgebung: Du bist doch zwei Jahre auf Kauai zur Schule gegangen“, fuhr Naomi begeistert fort. „Und weißt du was?“

Paige traute sich nicht nachzufragen.

„Du erinnerst dich doch bestimmt an meine Freundin Irene Nielsen. Sie wohnt noch immer dort und möchte, dass ich sie besuche. Also werde ich für ein paar Tage hinfliegen, während du dort Urlaub machst. Klingt das nicht gut?“

Eigentlich schon, dachte Paige und nickte.

„Ich möchte nur, dass du es einmal versuchst“, sagte Naomi ruhig. „Denke einmal gründlich über dein Leben nach und überlege, in welcher Richtung es künftig verlaufen soll. Wenn du danach zurück an die Uni möchtest, werde ich dich nicht davon abhalten. Aber ich möchte wetten, dass du bei deiner Rückkehr eine andere Frau sein wirst.“

Das bezweifle ich, dachte Paige. Doch sie musste zugeben, dass die Broschüre ziemlich viel Spaß verhieß: tropische Blumen, Swimmingpools … ein ziemlicher Kontrast zum Uni-Leben. Denn auch wenn sie sich normalerweise hinter ihren Büchern versteckte – insgeheim hatte Paige sich immer danach gesehnt, keine Außenseiterin zu sein, sondern dazuzugehören. Ich sollte es einfach versuchen, dachte sie. Es würde Naomi sehr glücklich machen. Und vielleicht könnte ich die drei Wochen als eine Art Forschungsprojekt betrachten, die Beobachtung einheimischer Singles und wie man sich ihnen anpasst.

Der Gedanke gefiel ihr. Paige beschloss, Hintergrundinformationen zu sammeln und Artikel über Dating und Ferienclubs zu lesen, ein oder zwei Bücher über den sozialen Umgang mit anderen Menschen und über höflichen Smalltalk.

„Hmm“, machte Naomi genüsslich und riss sie aus ihren Gedanken. „Mit dem würde ich ja auch gern mal Wellenreiten gehen, wenn du verstehst, was ich meine.“ Sie hielt die Broschüre hoch und strich mit dem Finger über den Bizeps eines jungen Surfers. Dann fing sie an, einen wilden Hula-Tanz vorzuführen. „Du musst ihm unbedingt ein ‚Aloha‘ von mir ausrichten.“

Paige lächelte gequält. „Mache ich“, versprach sie. „Ein ‚Aloha‘ an den netten jungen Surfer.“ Sie ließ den Kopf auf den Tisch sinken.

Der Shuttlebus fuhr durch die Tore des luxuriösen Club Lealea, dessen Eingang von Palmen umgeben war. Paige blickte aus dem Fenster und betrachtete die sattgrünen tropischen Pflanzen, die sich sanft in der Brise wiegten, als würden sie ihr zuwinken.

Sie war die einzige Passagierin gewesen und hatte die Fahrt im Sonnenuntergang entlang der gewundenen, von tropischem Wald gesäumten Straße sehr genossen.

„Willkommen im Club Lealea.“ Der Busfahrer parkte vor der riesigen Anlage und hob ihren Koffer, den Naomi ihr geliehen hatte, aus dem Bus.

Es war ein Überbleibsel aus den Siebzigern, dessen altersschwache Schnappverschlüsse so aussahen, als würden sie jeden Moment den Geist aufgeben. Sie umfasste den Griff, betrachtete die riesige Ferienanlage und wusste, dass ihre leichte Übelkeit nichts mit der kurvigen Straße zu tun hatte. Dann atmete sie tief ein und ging los.

„Elegant“ war das Erste, was ihr beim Anblick dieses Clubs einfiel – bis plötzlich ein Huhn aus dem Gebüsch gelaufen kam und ihren Weg kreuzte. Paige hatte ganz vergessen, dass Kauai voller Hühner war, die auf der kleinen Insel keine natürlichen Feinde besaßen.

Sie stieg die Stufen zur Eingangstür hinauf und betrachtete die üppig mit heimischen Pflanzen begrünten Wege und Balkons. Die Anlage wirkte wie eine Oase, in der man tatsächlich Zuflucht vor den Alltagssorgen suchen konnte. Paige verspürte eine gewisse Anspannung und Vorfreude zugleich. Während der Wind den frischen Duft von Hibiskus und Plumeria herüberwehte und ihre erhitzte Haut kühlte, fragte sie sich, ob sie hier zurechtkommen würde.

Auf dem Hinflug hatte Paige den Ratgeber: „Vom Mauerblümchen zur Partyqueen“ zu Ende gelesen. Jetzt fragte sie sich seufzend, ob sie wohl die neu erlernten Tipps würde anwenden können. Mit einem weiteren tiefen Atemzug stieg sie die letzten Stufen der breiten Steintreppe hinauf.

Oben angekommen, kam ihr ein junger Mann mit nacktem Oberkörper entgegen, in jedem Arm eine Frau mit Kokosnuss-BH und Baströckchen. Sie prallten mit Paige zusammen.

„Oh, Verzeihung, Baby.“ Der junge Mann betrachtete sie unverhohlen und fragte dann grinsend: „Möchtest du vielleicht mitkommen?“

„Äh … nein, danke.“

Er zuckte eine Schulter. „Dann nicht. Auf geht’s, Ladies.“ Er trank einen Schluck aus einer Bierflasche, ließ einen lauten Schrei ertönen und zog die beiden „Ladies“ mit sich die Treppe hinunter.

Nicht zum ersten Mal fragte Paige sich, was Naomi ihr da eingebrockt hatte. Dann betrat sie das Foyer und blickte sich um.

Ein Mann Mitte zwanzig mit beeindruckendem Bizeps schlenderte an ihr vorbei. Er trug nichts außer einer Shorts, die ausgesprochen tief auf seinen Hüften saß. Er warf Paige einen Blick aus den Augenwinkeln zu und grinste.

„Augenkontakt und Lächeln sind das A und O“, hieß es in dem Ratgeber. Also rang sie sich ebenfalls ein Lächeln ab, doch der junge Mann schenkte seine Aufmerksamkeit bereits einer Frau in einem leuchtend rosafarbenen Bikini.

Paige ließ die Mundwinkel wieder sinken, schnitt ein Gesicht und machte sich auf den Weg zur Rezeption.

Jack Banta saß hinter seinem Schreibtisch im Club Lealea und lächelte geduldig die junge Frau an, die ihm gegenüber saß und ihm unbedingt etwas verkaufen wollte. Sie war höchstens sechzehn oder siebzehn, und ganz bestimmt war das ihr erster Ferienjob: von Tür zu Tür gehen und Leis verkaufen, die typischen Blumenkränze Hawaiis.

Leicht nervös spulte sie ihren Verkaufsvortrag ab: „Früher waren die Leis ein Symbol der Liebe. Die kreisförmigen Kränze sollen eine Umarmung darstellen. Deshalb sind sie für einen Single-Club, dessen Gäste ja auf der Suche nach Liebe sind, geradezu perfekt geeignet.“

Jack musste daran denken, wie er als Teenager gewesen war, dünn, schüchtern und unbeholfen. Er hatte Mitgefühl mit der jungen Frau, brauchte aber eigentlich keine Blumen, da er von einem Freund, einem einheimischen Blumenzüchter, Rabatt erhielt.

„Sie könnten doch jedem neu eintreffenden Gast zur Begrüßung eine Blumenkette umhängen“, schlug die junge Frau jetzt vor.

Keine schlechte Idee, dachte Jack. „Wie viele Leis pro Woche müssen Sie denn verkaufen?“, fragte er unverblümt.

„Ähm … fünf Schachteln.“

„Da müssen Sie aber eine ganze Menge mit sich herumschleppen!“

„Allerdings!“, stimmte das Mädchen ihm impulsiv zu. „Ich trage die schon den ganzen Tag durch die Gegend und habe noch keinen einzigen Lei verkauft!“

Sie hielt inne, als würde sie sich plötzlich wieder besinnen. „Aber eigentlich ist die Arbeit gar nicht so schlimm“, versicherte sie schnell. „Also, wie viele möchten Sie?“

Aha, den Trick versuchte sie also. Ach, was soll’s, dachte Jack und erklärte: „Ich nehme fünf.“ „Toll!“ Die junge Frau nahm fünf Blumenkränze aus einer Schachtel.

„Nein, ich meinte fünf Schachteln.“

Echt?“ Mit großen Augen sah sie ihn an. „Das ist ja meine Quote für die ganze Woche!“

„Genau. Und jetzt hole ich jemanden, der Ihnen beim Hereintragen hilft.“ Jack reichte ihr die Hand.

Plötzlich wurde die junge Frau rot und kicherte nervös. Doch Jack war es gewohnt, dass Frauen so auf ihn reagierten.

In diesem Moment steckte Lulu den Kopf zur Tür herein. Die junge Hawaiianerin mit dem langen geflochtenen Zopf koordinierte die Freizeitaktivitäten im Club Lealea. „Jack, Nick ist am Telefon auf Leitung drei. Er will mit dir über den Zeitplan für die nächste Woche sprechen.“

„Ich komme sofort. Und würdest du einen der Pagen bitten, der jungen Dame beim Hereintragen der Blumen zu helfen? Ich habe fünf Schachteln davon gekauft.“

„Wo sollen wir die denn unterbringen?“

„Keine Ahnung“, erwiderte Jack ungerührt.

„Ich helfe Ihnen gern“, bot die junge Verkäuferin eifrig an.

Vorsichtig steckte Jack dem Mädchen eine rote Hibiskusblüte hinters Ohr. „Alle hübschen Verkäuferinnen sollten eine Blume im Haar tragen.“

Ihr Lächeln wurde noch breiter. „Vielen Dank!“

Jack nickte und zwinkerte ihr zu, bevor er sich an Lulu wandte. „Könntest du bitte die Formalitäten für den Blumenkauf erledigen, während ich mit Nick spreche?“

„Natürlich.“ Lulu führte das Mädchen aus dem Büro.

Jack ging zur Rezeption und blickte sich um: Alles schien gut zu laufen. Der Ferienclub war voller Singles, die zum Pool flanierten oder einfach durch die Gärten bummelten. Viele von ihnen standen in kleinen Grüppchen zusammen und unterhielten sich angeregt.

Er nahm den Hörer ab. „Hallo, Nick.“

Der stellvertretende Leiter berichtete ihm von seinen Plänen für die kommende Woche. „Ein Limbo-Wettbewerb beim Pool am Donnerstag?“ Jack nickte. „In Ordnung. Hast du auch schon einen Vorschlag für Freitag?“

Während er telefonierte, beobachtete Jack, wie eine hübsche Frau mit schwarzem Pferdeschwanz einen etwas merkwürdig aussehenden Koffer über den edlen Marmorboden des Foyers schleifte. Das riesige Gänseblümchen auf dem Gepäckstück erinnerte an die Hippiezeit und wollte so gar nicht zu dem eher braven Erscheinungsbild der jungen Frau passen. Aber Jack mochte Frauen wie sie, die ein wenig nach lebensfremden Bücherwürmern aussahen.

Es gefiel ihm, wie sie beim Anblick der halb nackten Menschen, die durch das Foyer schlenderten, leicht missbilligend die Lippen zusammenpresste. Plötzlich verspürte er den starken Wunsch, ihr Gesellschaft zu leisten bei den Abenteuern, die sie im Club Lealea suchte. Er warf ihr einen letzten Blick zu und schenkte dann wieder Nick seine Aufmerksamkeit.

„Wie wäre es, statt eines weiteren ‚Miss-Bikini-Wettbewerbs‘, mit einem Badehosen-Wettbewerb, damit auch die Damen mal profitieren?“ Jack hörte sich Nicks Antwort an und nickte. „Gut. Dann bis später.“ Er legte auf und blickte sich nach dem niedlichen Neuankömmling um. Sie stand vor einem Ständer voller Broschüren über die Wanderungen und Führungen, die der Club Lealea veranstaltete.

„Hallo, Jack!“ Eine rothaarige Frau näherte sich dem Empfangstresen.

Jack setzte sein strahlendes Clubmanager-Lächeln auf. „Ah, die entzückende Miss Cindy!“

Cindy trug ein enges, tief ausgeschnittenes schwarzes Kleid, das ihre kurvenreiche Figur betonte. Sie stammte aus … Jack überlegte kurz. Ach ja, aus Arizona.

„In Arizona werden Sie bestimmt schmerzlich vermisst. Wie geht es der begehrtesten Frau im ganzen Club?“

Cindy strahlte angesichts seines Kompliments. „Mir geht es super“, erwiderte sie und fügte dann vielsagend hinzu: „… zumindest im Moment.“ Sie beugte sich über den Tresen und bot Jack damit uneingeschränkte Sicht auf ihr Dekolleté.

Jack wusste nicht recht, was für eine Reaktion sie erwartete. Sollte er vielleicht Beifall klatschen? Höflich wandte er den Blick ab und dachte daran, dass jeden Moment die entzückende, etwas streng wirkende Frau mit dem Pferdeschwanz an der Rezeption auftauchen konnte.

„Wissen Sie schon, dass der Luau wegen des angekündigten Regens drinnen stattfinden wird, Cindy?“, sprach er sie auf das Fest mit Hula-Vorführung und typisch hawaiianischem Essen an. „Wie ich weiß, hoffen zahlreiche männliche Gäste, Sie dort zu sehen.“

„Das klingt toll. Ich bin schon ganz ausgehungert.“ Ihr Blick besagte, dass sie als Hauptgericht am liebsten Jack vernascht hätte. „Werden Sie auch dort sein?“

Er versuchte, enttäuscht zu wirken. „Leider nicht, ich muss arbeiten.“

Cindy richtete sich wieder auf. „Dann vielleicht nächstes Mal?“

„Klar.“ Jack sah ihr nach, als sie davonrauschte. Allzu oft suchten sich die Frauen im Club ihn als Zielobjekt für ihren Urlaubsflirt aus. Aber sein Ziel war es, dass Gäste wiederkamen, und komplizierte Verwicklungen in Liebesaffären waren da natürlich eher hinderlich. Also ließ er sich grundsätzlich nicht darauf ein. Erneut wanderte sein Blick zu der äußerst reizvollen Frau hinüber, und er erlaubte sich den Gedanken, dass manche Regeln dazu da sind, gebrochen zu werden …

In diesem Moment zog sie eine Brille aus der Tasche ihrer olivfarbenen Shorts, um sich eine Broschüre genauer anzusehen.

Jack gefiel es, wenn Frauen Brillen trugen. Unwillkürlich stellte er sich vor, sie würde ihr schwarzes Haar in einem strengen Knoten tragen, den er dann mit den Fingern lösen oder während einer leidenschaftlichen Liebesstunde lockern könnte …

Die schmale schwarze Brille gab der jungen Frau ein ernstes intellektuelles Aussehen und wirkte merkwürdigerweise gleichzeitig sehr sexy. Als sie beim konzentrierten Lesen leicht die Nase kräuselte, kam sie ihm auf einmal sehr bekannt vor.

Du meine Güte, das war ja Paige – Paige Pipkin!

Jack hatte gehört, dass sie Kauai nach der Highschool verlassen hatte und aufs Festland gezogen war, um dort zu studieren und zu promovieren. Erinnerungen an ihre gemeinsame Highschoolzeit wurden in Jack lebendig. Damals war er ein unbeholfener Teenager gewesen, der leidenschaftlich für Paige schwärmte. Doch seine Gefühle wurden nicht erwidert, und er konnte sie niemals vergessen.

Die Geräusche des belebten Clubs traten in den Hintergrund, als Jack schluckte und einen Moment lang wieder der schüchterne, unsichere Junge war, der damals genau das getan hatte, was er auch jetzt wieder tat: Paige Pipkin aus der Entfernung beobachten.

Dann gab er sich einen Ruck und richtete sich auf. Schließlich war er kein Schuljunge mehr, sondern Jack Banta – der erfolgreiche Manager des Club Lealea und ein äußerst begehrter Junggeselle. Manch einer bezeichnete ihn sogar als Playboy.

Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete er Paige. Jedes Mal, wenn er damals seinen ganzen Mut zusammengenommen und sie gebeten hatte, mit ihm auszugehen – in der Hoffnung, sie würde endlich Ja sagen –, wurde er von ihr abgewiesen.

Plötzlich kam ihm ein Gedanke: Wie wäre es wohl, wenn sie jetzt begreifen würde, was sie sich damals hatte entgehen lassen? Jeder schüchterne, eigenbrötlerische Teenager träumte doch davon, sich später zu einem attraktiven, reichen Mann zu entwickeln und das Herz seines früheren Schwarms zu erobern. Jack stellte sich vor, wie Paige in seinen Armen lag und mit geöffneten Lippen zu ihm aufblickte …

Wie lange Paige wohl auf Kauai sein würde, zwei, drei Wochen? Mehr Zeit würde er nicht brauchen. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Am Ende ihres Urlaubs im Club Lealea würde sie voller Sehnsucht abreisen – eine Art sinnliche Rache.

In diesem Moment blickte Paige zum Empfangstresen hinüber. Als sie auf ihn zukam, sagte Jack leise zu sich: „Ja. Zeit für einen kleinen Racheplan.“

„Was für ein ‚Racheplan‘?“, fragte Lulu, die eine Schachtel Leis hinter dem Tresen abstellte.

„Ach, nichts.“

Lulu folgte seinem Blick und sah stirnrunzelnd zu Paige hinüber. „Bist du nicht bald fertig?“, fragte sie leicht ungeduldig.

„Noch nicht.“ Jack wollte auf keinen Fall nach Hause gehen, bevor er nicht mit Paige gesprochen hatte.

„Ich koche heute Abend ein traditionelles hawaiianisches Gericht mit Meeresfrüchten nach einem alten Rezept meiner Familie und hätte gegen etwas Gesellschaft beim Essen nichts einzuwenden.“

„Oh, ähm, vielen Dank. Leider muss ich heute bis spät abends arbeiten. Aber vielleicht hat Nick ja Zeit?“

„Hm“, machte Lulu wenig begeistert. „Dann also bis morgen.“

„Ja, bis dann“, erwiderte Jack. Lulu war eine tolle Mitarbeiterin: immer hilfsbereit und freundlich. Manchmal war sie allerdings ein bisschen zu freundlich, fast so, als würde sie mit ihm flirten wollen …

Lulu nahm ihre Handtasche und ging – genau im richtigen Moment, denn Paige näherte sich bereits. Innerlich bereitete sich Jack auf das Wiedersehen mit der Frau vor, von der er früher geträumt hatte.

Genau in diesem Moment rannte eine junge Frau im Baströckchen kreischend durchs Foyer, verfolgt von einem jungen Mann mit einer riesigen Wasserpistole. Dieser prallte mit Paige zusammen, sodass ihr der Koffer aus der Hand fiel und sich dessen Inhalt über den ganzen Boden verteilte.

Der junge Mann wollte ihr beim Einsammeln helfen, doch Jack kam ihm zuvor. „Lassen Sie mich das machen – Sie haben ja anderes zu tun.“

Der Mann grinste und nahm seine Verfolgung der Frau im Baströckchen wieder auf.

Jack kniete sich neben Paige auf den Boden und reichte ihr eine Bluse, die aus dem Koffer gefallen war.

„Danke, ich schaffe das schon allein“, wehrte sie seine Hilfe ab, während sie hastig die auf dem Boden liegenden Gegenstände wieder in den Koffer stopfte.

Versonnen sah ihr Jack eine Weile dabei zu. In der Schule konnte er sich ihr nur auf intellektueller Ebene nähern, und infolge dessen hatte sie ihn eher als Konkurrenten wahrgenommen und nicht als potenziellen Partner für eine Verabredung. Sie wetteiferten sogar darum, Jahrgangsbester zu werden und die Abschlussrede halten zu dürfen – und Jack hatte ganz knapp gesiegt.

Schließlich griff er nach etwas voluminösem Weißem. Was, um alles in der Welt, mochte das sein? Ach so, Unterhosen – echter Oma-Chic.

Paige blickte auf und riss ihm ihre Wäsche aus der Hand. „Entschuldigung“, zischte sie peinlich berührt.

Sie erkennt mich nicht wieder, stellte Jack fest. Eigentlich nicht überraschend, denn im Gegensatz zu früher trug er keine Brille mehr, war größer und auch ziemlich durchtrainiert.

Voller Mitgefühl angesichts dieses etwas unglücklichen Einstiegs in ihren Urlaub betrachtete er Paige. Als sie seinen Blick erwiderte, sah er es: ein kurz aufflackerndes sexuelles Interesse und dann ein leichtes Erröten.

Schnell wandte sie den Blick wieder ab. Jack war es ja gewohnt, dass Frauen so auf ihn reagierten, doch es machte ihn äußerst zufrieden, dass auch Paige es tat. Und gerade in diesem Moment war der offizielle Startschuss für seinen kleinen Racheplan gefallen.

Während Paige Socken und Shorts in ihren Koffer packte, hob Jack eine zerknitterte Zeitschrift auf und reichte sie ihr.

„Danke“, sagte sie schon etwas freundlicher. „Was war eigentlich mit den beiden eben los? Gibt es hier keine Vorschriften gegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit?“

„Vorschriften? Nein. Das würde doch den ganzen Spaß verderben.“

Autor

Kerri Le Roy
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