Vamps and the City

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The sexiest man on earth ist der Schlüssel zu Darcy Newharts neuem Glück. Mit dieser Reality TV-Show um den leckersten Mann von hüben und drüben will sie frisches Blut in ihr unterirdisches Vampirdasein bringen. Der Clou dabei: Neben Vampiren dürfen sich auch echte Männer um den Titel bewerben. Und einer ist darunter, den Darcy schlicht zum Anbeißen findet: Adam! Auch Adams Herz schlägt höher, als er Darcy das erste Mal im Studio erblickt. Für ihn ist die aparte Produzentin ganz klar the sexiest woman alive . Das Problem: Darcy ist nicht alive, obwohl sie noch immer von Strandspaziergängen und Sonnenuntergängen träumt. Und Adam alias Agent Austin Erickson ist eigentlich auf der Welt, um diese von allen Vampiren zu befreien. Ein echtes Dilemma."


  • Erscheinungstag 01.08.2018
  • Bandnummer 2
  • ISBN / Artikelnummer 9783955769352
  • Seitenanzahl 320
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

DANKSAGUNG

Ich möchte allen danken, die zum sensationellen Erfolg dieser Vampir-Saga beigetragen haben. Ihr wunderbaren Leser und hilfreichen Buchhändler – danke! Außerdem möchte ich allen Lektoren bei HarperCollins danken, besonders der Cheflektorin Erika Tsang. Mein Dank gilt auch der Herstellungsabteilung für ihre exzellenten Umschläge und den Leuten vom Vertrieb, die an meine Bücher geglaubt haben. Euch allen danke ich!

Ohne Rat und Unterstützung durch meine wohlmeinenden Kritikerinnen MJ Selle, Sandy Weider, Vicky Yelton und Vicky Dreiling würde ich es nie von der ersten bis zur letzten Seite schaffen. Zwischen Hühnchen süß-sauer und Frühlingsrollen tischen sie mir immer wieder weise Einsichten in Charakterisierung und Konflikte auf. Dank gebührt Paul Weider, der mir geholfen hat, einen Hightech-Superspion zu erschaffen. Dank auch an die RWA-Mitglieder von West Houston, Northwest Houston, Rose City, Lake Country und PASIC für ständige Unterstützung und Zuspruch. Und von ganzem Herzen Dank an die Agentin Michelle Grajowski und ihre heroische Familie.

Und, wie immer, den größten Dank an meinen eigenen Helden und Ehemann Don.

1. KAPITEL

“Zwanzig Uhr zwanzig, männlich, weiß, einsfünfundsiebzig, neunzig Kilo, Mitte zwanzig, steigt aus einem weißen Honda Civic aus”, murmelte Austin Erickson in seinen Minirekorder. Er justierte die Nachtsichtlinse seines Fernglases und zoomte auf das Subjekt jenseits des Parkplatzes. Der Bursche schien nicht bewaffnet zu sein. Noch auffälliger, er hatte eine Jumbotasse Gourmetkaffee und eine Tüte Donuts bei sich. Glückspilz. Normalerweise würde man das als … na ja, normal ansehen. Doch dies war der Parkplatz von Digital Vampire Network. Hier war gar nichts normal. Schon gar nicht nach Sonnenuntergang.

Austin tauschte das Fernglas gegen eine 35-mm-Kamera und sah sich den Typen noch mal an. “Subjekt ist ein Mensch. Er geht in das Gebäude.”

Der Kerl ging bei DVN frühstücken? War dem nicht klar, dass er das Frühstück sein könnte? Ein Lichtstrahl erhellte den Parkplatz und verschwand langsam wieder, als die Tür ins Schloss fiel. Erneut herrschte Dunkelheit. Austin hatte seinen schwarzen Acura in einer finsteren Ecke dieses Parkplatzes in Brooklyn geparkt. Die große Lagerhalle, in der das DVN seinen Sitz hatte, war dunkel, alle Fenster zugeklebt. Nur drei Buchstaben, DVN, strahlten als Leuchtschrift über der schwarz lackierten Eingangstür.

Seufzend legte er die Kamera auf den Beifahrersitz. Er ging davon aus, dass dem Burschen nichts geschehen würde. Austin beobachtete den von Vampiren geführten Fernsehsender jetzt schon seit vier Nächten, und jede Nacht gingen mehrere Menschen hinein. Seine Schlussfolgerung – auch eine Handvoll Sterbliche schienen bei DVN angestellt zu sein. Wussten die armen Teufel, dass sie für dämonische Kreaturen arbeiteten? Wurden ihre Gedanken kontrolliert? Vielleicht boten die Vampire eine erstklassige zahnmedizinische Versorgung. Welche Gründe sie auch immer antreiben mochten, soweit Austin erkennen konnte, kamen alle Menschen um fünf Uhr morgens lebendig und offenbar unversehrt wieder heraus. Das war seltsam, aber schließlich war die Welt der Vampire nicht eben arm an seltsamen Vorkommnissen.

Austin hatte vor rund sechs Wochen von ihrer Existenz erfahren, als Sean Whelan, Einsatzleiter bei der CIA, ihn zum Beobachterteam versetzt hatte. Sean erklärte ihm, was für heimtückische Killer diese Vampire waren, daher brannte Austin regelrecht darauf, unschuldige Opfer zu beschützen. Er hatte sich aufregende Abenteuer versprochen, in deren Verlauf er Pfähle in garstige grüne Kreaturen mit verwesendem Fleisch und aufgedunsenen Stirnen rammen konnte. Stattdessen beobachtete er einen Fernsehsender, in dem Vampire wie Menschen aussahen und sich auch so verhielten.

Tatsächlich konnte Austin Menschen und Vampire nur voneinander unterscheiden, indem er durch die 35-mm-Kamera sah. Eine digitale Kamera zeigte Lebende und Untote gleichermaßen, aber von der 35-mm-Linse wurden Vampire aus denselben Gründen nicht gezeigt, aus denen sie nicht in Spiegeln zu sehen waren. Ihr Bild wurde nicht reflektiert.

Er legte die Spiegelreflexkamera auf den Boden vor dem Beifahrersitz. Dort befand sich auch der Rest seiner Ausrüstung – Nachtsichtbrille, Digitalkamera mit Nachtlinse, eine Glock mit Silberkugeln, Laptop und sein neuester Favorit, sein CV-3-Videoviewer. Herrgott, es war das reine Vergnügen, für die CIA zu arbeiten. Die hatten ihm das schärfste Zeug zur Verfügung gestellt.

Außerdem hatte man ihm eine Kiste mit Holzpfählen gegeben. In China von einer Firma hergestellt, die sich auf Essstäbchen spezialisiert hatte. Die Kiste stand offen und für Notfälle bereit auf dem Rücksitz seines Autos.

Austin klappte den Laptop auf dem Beifahrersitz auf und gab die geheime Frequenz für Übertragungen von DVN ein. Der Bildschirm leuchtete auf. Gut, die Vampirnachrichten liefen noch. Und waren gewissermaßen zum Verzehr bereit. Natürlich gingen die davon aus, dass niemand ihre geheimen Signale entschlüsseln konnte, und sie stellten auch keine Wachen um ihren Sender herum auf. Alles sprach für ihre, wie Austin fand, größte Schwäche: ihre Arroganz. Er schob seine Zehn-Gigabyte-Disk ins Laufwerk und begann mit der Aufzeichnung.

Das war seine Mission – er sollte DVN observieren, Informationen sammeln und, besonders wichtig, den Aufenthaltsort von Seans Tochter in Erfahrung bringen, die irgendwo von Vampiren gefangen gehalten wurde. Vor acht Tagen hatte man Shanna im Central Park zum letzten Mal gesehen. Eine Armee schottischer Vampire hatte sie umzingelt. Austin fand, dass sie auf dem Video wie eine willige Gefangene aussah, aber Sean bestand darauf, dass sie einer Gehirnwäsche unterzogen worden war. Das Stake-Out-Team, das in erschreckender Minderheit war, hatte den Rückzug antreten und Shanna Whelan zurücklassen müssen.

Sean tobte vor Wut. Er beobachtete das Stadthaus von Roman Draganesti jede Nacht, hatte aber bis jetzt keine Spur von seiner Tochter entdecken können. Er gab Garrett den Befehl, den Zirkel der Russen in Brooklyn auszuspähen. Alyssa beobachtete Romatech Industries. Emma, die Neue, hielt die Stellung im Büro in Midtown und wertete Polizeiberichte nach allem aus, was auf Vampiraktivität hindeutete. Und Austin überwachte DVN – die Anlage selbst und die Sendungen.

Er streifte den CV-3-Videoviewer über. Die spezielle Brille präsentierte ihm ein Bild, sodass er nicht gezwungen war, ständig den Monitor im Auge zu behalten. Er konnte weiterhin den Parkplatz beobachten, während DVN auf einen virtuellen Bildschirm direkt vor seinen Augen übertragen wurde.

Der Nachrichtensprecher von DVN verkündete, dass es im russischen Zirkel zu Unruhen gekommen war. Einige der männlichen Mitglieder weigerten sich, zwei Frauen als Vorgesetzte zu akzeptieren. Das könnte zu einem Bürgerkrieg führen. Austin lächelte in sich hinein. Sollten sich die schleimigen Vampire ruhig gegenseitig umbringen.

Schadenfroh schenkte er sich eine Tasse Kaffee aus der Thermoskanne ein. Heilige Koffeindosis – er wünschte sich, es wäre eine Gourmetmarke. Und ein kleiner Imbiss dazu wäre auch nicht übel gewesen. Er hätte die Donuts dieses Burschen als Beweismittel beschlagnahmen sollen. Während er trank, wurde ein Werbespot eingeblendet. Eine sexy Frau behauptete, dass ihr leckeres Getränk frei von Cholesterin und Blutzucker wäre. Blood Lite.

Austin prustete und spritzte Kaffee auf das gesamte Lenkrad, ehe er schlucken konnte. Herrje, Diätprodukte für Dämonen? Als Nächstes kam die Vampir-Promi-Talkshow mit Corky Courrant. Er starrte auf den Busen der Talkmasterin. Das musste Silikon sein.

Abgelenkt wurde er, als neben Corkys Kopf ein Foto eingeblendet wurde. Ein Foto von Draganesti.

“Sie werden es nicht glauben!”, rief Corky grinsend aus. “Der begehrteste Junggeselle Amerikas heiratet! Ja, Roman Draganesti, Zirkelmeister der Ostküstenvampire, Milliardär, Erfinder von synthetischem Blut und der Fusionsküche, Präsident von Romatech Industries, hat seine Verlobung bekannt gegeben. Und Sie werden nicht glauben, wer die glückliche Braut sein wird! Bleiben Sie dran!”

Ein weiterer Werbespot folgte, diesmal für eine spezielle Vampirzahnpasta, die die Fangzähne garantiert blütenweiß machte, oder man bekam sein Geld zurück. Austin fragte sich, ob es da draußen tatsächlich Vampirdamen gab, die sich die Augen rot heulten, weil Superjunggeselle Roman Draganesti eine andere heiratete. Die ganze Geschichte hörte sich einfach zu seltsam an. Konnten sich Vampire tatsächlich verlieben? Und wo konnten sie sich das Eheversprechen geben? Ganz sicher gingen Dämonen doch nicht in die Kirche. Und wie konnten sie versprechen: “Bis dass der Tod euch scheidet”, wo sie doch schon tot waren?

Eines stand fest. Die Braut sollte besser nicht Shanna Whelan heißen. Sean würde hochgehen. Buchstäblich. Wahrscheinlich würde er einen ganzen Lastwagen voll C4 in der Upper East Side, wo Draganesti sein Haus hatte, in die Luft jagen.

Corkys Sendung ging weiter. Ein weiteres Foto wurde eingeblendet.

“Oh, Mist.” Austin verzog das Gesicht. Es war ein Foto von Draganesti in trauter Zweisamkeit mit Shanna Whelan.

“Ist das zu glauben?”, kreischte Corky. “Roman Draganesti heiratet eine Sterbliche!”

Heiliges Eheversprechen. Austin nahm den CV-3-Videoviewer ab und warf ihn neben den Laptop. Das waren die denkbar schlechtesten Neuigkeiten. Stöhnend beugte er sich vor und schlug die Stirn gegen das Lenkrad. Sean wollte bestimmt Rache. Und das Team der Beobachter bestand nur aus fünf Mann. Zu wenig für einen Vergeltungsschlag. Und sie wussten immer noch nicht, wo sich Shanna aufhielt. Dieser verdammte Draganesti hatte sie in ein ziemlich sicheres Versteck gebracht.

Austin hielt es in dem Auto nicht mehr aus. Er musste etwas unternehmen. Der Laptop zeichnete die Sendungen allein auf, dafür war Austins Aufmerksamkeit nicht erforderlich. Nachdenklich sah er sich auf dem Parkplatz um. Siebenunddreißig Autos parkten hier, die meisten davon gehörten Untoten. Wenn er die Nummernschilder überprüfte, konnte er ihre Namen ausfindig machen und eine Datenbank aller bekannten Vampire aufbauen.

Hastig schnappte er sich seine Digitalkamera und stieg aus dem Auto aus. Als er fast alle Nummernschilder fotografiert hatte, schnitt plötzlich ein greller Lichtstrahl von Scheinwerfern durch die Dunkelheit. Ein weiteres Auto fuhr auf den Parkplatz, es war eine schwarze, viertürige Lexus-Limousine.

Austin lief geduckt von einem Auto zum Nächsten, bis er den parkenden Lexus deutlich sehen konnte. Er zoomte mit der Kamera auf das New Yorker Nummernschild und machte lautlos eine Aufnahme davon.

Die Fahrertür ging auf, ein großer Mann im teuren Anzug stieg aus. Dann wurde auch die Beifahrertür geöffnet, heraus kam eine junge Frau. Jung, von wegen. Austin knirschte mit den Zähnen, als er sein Foto machte. Sie mochte sich mit dem karierten Röckchen und der Netzstrumpfhose wie ein Teenager kleiden, aber wenn sie eine Vampirin war, konnte sie älter als Methusalem sein.

Leider konnte er mit der Digitalkamera nicht herausfinden, ob sie lebendig oder untot waren. Dazu brauchte er die 35-mm. Im Schatten einer hohen Backsteinmauer hastete er zu seinem Wagen zurück. Dann hörte er es. Eine dritte Autotür wurde zugeschlagen. Er schlich um einen Kleintransporter herum und konnte gerade noch blondes Haar erkennen. Als er Shanna zum letzten Mal gesehen hatte, war sie blond gewesen. War das möglich? Geduckt schlich er sich noch näher heran. Sein Kiefer klappte herunter. Das war nicht Shanna.

Diese Frau hier war der Inbegriff von Makellosigkeit.

Mann, oh Mann. Stets hatte er sich als Gesichtstyp betrachtet, genauer gesagt, als Mann, der einer Frau als Erstes in die Augen sah, damit er in ihre Seele blicken konnte. Bei der hier war das nicht möglich, da sie ihm das Profil zuwandte. Ihre Nase war zierlich und mädchenhaft, doch der Mund breit und weiblich. Eine gefährliche Kombination, die sein Blut eindeutig in Wallung brachte. Unbemerkt machte er ein paar Aufnahmen.

Ihr langes Haar bildete farblich eine Mischung aus goldenem Braun, Honig und Platin in der Sonne. Kämme, die in der Dunkelheit glänzten und regelrecht danach schrien, entfernt zu werden, hielten es aus ihrem Gesicht. So schönes Haar verdiente noch einige Aufnahmen.

Seiner Schätzung nach war sie an die einsachtzig groß. Sie musste groß sein, da man sie vom Kopf bis zur aufreizenden Rundung der Brüste über dem Auto sehen konnte. Heilige Milchdrüsen, da konnte ein Gesichtsmann schon mal zum Busenmann werden. Dem Himmel sei Dank für den Zoom.

Sie rückte von dem Auto ab und entfernte sich auf scheinbar endlosen Beinen. Ihr enger Rock hatte hinten einen Schlitz, der sich bei jedem Schritt teilte und einige Zentimeter von den schlanken Schenkeln zeigte. Herrje, das reichte aus, um aus dem gerade erst bekehrten Busenmann einen Beinmann zu machen.

Doch dann fiel ihm auf, wie der enge Rock sich an ihre Hüften und ihren Po schmiegte. Heiliges Hinterteil. Auf jeden Fall noch ein oder zwei Fotos wert. Und bei dem Anblick konnte ein Beinmann schließlich durchaus zum Bewunderer makelloser Pobacken werden.

Moment mal. Das blaue Kostüm sah nicht nach Vampirmode aus. Die bevorzugten normalerweise extravagantere Sachen. Natürlich! Sie war vielleicht gar kein Vampir. Für eine Untote war sie zu quirlig. Was, wenn sie unschuldig und ihre beiden Begleiter Vampire waren? Möglicherweise führten die sie direkt in den Höllenpfuhl der Dämonen. Verdammt. Aber nicht während seiner Schicht.

Austin richtete sich auf, dann hielt er stumm stöhnend inne. Idiot. Er dachte mit dem Schwanz. Das Prachtweib war keine Gefangene. Zielstrebig und sicheren Schrittes ging sie zum Eingang von DVN.

Er musste es wissen. Vampir oder Sterbliche – was war sie? Die drei hatten die Eingangstür von DVN erreicht. Austin rannte zu seinem Auto, riss die Tür auf und schnappte sich die 35-mm. Ungeduldig spähte er durch das Okular. Völlige Dunkelheit. Mit einem verhaltenen Fluch nahm er die Abdeckung von der Linse und hob die Kamera erneut.

Nichts. Die Tür von DVN stand offen, aber es war niemand da. Er ließ die Kamera sinken. Jetzt sah er den Mann, der die Tür aufhielt, und die kleinere Frau, die hineinging. Sie waren eindeutig Vampire. Aber was war mit der atemberaubenden Blondine?

Mist! Er hatte sie verpasst. Enttäuscht stieg er wieder in das Auto ein und verzog das Gesicht, als die Jeans gegen seine pralle Männlichkeit drückte. Sie musste ein Mensch sein. Eine tote Dämonin konnte ihn unmöglich so aufgeilen. Oder doch?

Unvermittelt blieb Darcy Newhart in der Halle von DVN stehen. Sie konnte das schwarze und rote Dekor kaum sehen, so überfüllt war der Raum. Es mussten mehr als fünfzig Vampire anwesend sein, und alle zappelten vor Aufregung. Großer Gott, waren die alle auf Stellensuche?

Gregori rempelte sie von hinten an. “Pardon”, murmelte er und ließ den Blick durch den Raum schweifen.

“So viele hätte ich nicht erwartet.” Mit zitternden Händen überprüfte sie, ob die Kämme ihr langes Haar noch hielten. Abermals warf sie einen Blick in die Ledermappe. Ihr getippter Lebenslauf war noch darin und sah nicht anders aus als vor fünf Minuten. Wie sollte sie sich gegen so viele Bewerber durchsetzen? Wem wollte sie etwas vormachen? Diesen Job würde sie nie im Leben bekommen. Die altbekannten Tentakel der Panik nahmen sie in den Würgegriff und pressten ihr die Luft aus den Lungen. Sie würde niemals frei sein. Es gab kein Entkommen für sie.

“Darcy”, Gregoris schneidende Stimme drang durch ihre aufsteigende Panik. Er wartete, bis sie ihm in die Augen sah, dann warf er ihr einen ganz besonderen Blick zu.

Im ersten Jahr ihres erzwungenen Rückzugs war Gregori ein guter Freund und eine Stütze geworden; immer wieder sagte er ihr: Dies ist jetzt die einzige Welt, die du hast. Pass dich ihr an. Jetzt musste er sie nur noch ansehen, um ihr zu sagen, dass sie stark sein sollte. Sie nickte und reckte die Schultern. “Ich komm schon klar.”

Seine braunen Augen blickten sanfter. “Ganz bestimmt.”

Maggie zupfte an den Falten ihres karierten Rocks. “Ich bin so nervös. Was, wenn ich Don Orlando begegne? Was soll ich sagen?”

“Don wer?”, fragte Gregori.

“Don Orlando de Corazón”, wiederholte Maggie seinen Namen ehrfürchtig flüsternd. “Er ist der Star von Gute Zeiten, schlechte Zeiten für Vampire.”

Gregori runzelte die Stirn. “Darum bist du mitgekommen? Um die Stars anzuhimmeln? Ich dachte, du wolltest Darcy moralische Unterstützung geben.”

“Stimmt”, beharrte Maggie. “Aber dann dachte ich mir, wenn Darcy einen Job finden kann, schaffe ich das vielleicht auch. Also habe ich beschlossen, für eine Seifenoper vorzusprechen.”

“Du willst Schauspielerin werden?”, fragte Gregori.

“Oh, ich verstehe nichts von der Schauspielerei. Ich möchte nur in Don Orlandos Nähe sein.” Maggie drückte die Hände an die Brust und gab einen langen Seufzer von sich. “Er ist der schärfste Mann der Welt.”

Gregori sah sie zweifelnd an. “Okay. Viel Glück. Entschuldige mich bitte.” Er nahm Darcy am Arm und zog sie einige Schritte weg. “Du musst mir helfen. Die Haremsdamen machen mich wahnsinnig.”

“Willkommen im Club. Ich war vor vier Jahren reif für die Gummizelle.”

“Ich meine das ernst.”

Darcy schnaubte, sie auch. Als sie herausfand, dass es Vampire wirklich gab, wäre sie fast daran zerbrochen. Aber dass eine moderne Frau gezwungen wurde, in einem Vampirharem zu leben und den Geboten eines Meisters zu gehorchen? Das war mehr, als sie ertragen konnte.

Einmal hatte sie versucht zu entkommen, aber Connor hatte sie aufgespürt und zurückteleportiert wie ein entlaufenes Haustier. Auch heute noch zog sich ihr Magen zusammen, wenn sie an die Demütigung dachte. Roman, ihr neuer Meister, hatte ihr eine strenge Standpauke gehalten. Sie wusste zu viel. Die Sterblichen hielten sie für tot. Da sie beim Fernsehen der Sterblichen gearbeitet hatte, kannten Millionen ihr Gesicht. Sie musste im Verborgenen bleiben. Doch die gute Nachricht war, im Schutze seines Harems konnte ihr nichts geschehen. Das alles erklärte Roman ihr ruhig und sachlich, während sie innerlich schäumte und schreien wollte.

Gefangen. Vier lange Jahre. Wenigstens hatte sich Romans Laune nach seiner Verlobung gebessert. Er hatte schließlich eingewilligt, dass sie sich wieder frei in der Welt bewegen durfte, wenn auch nur in der Welt der Vampire.

“Ich ertrage es nicht.” Gregori warf ihr einen verzweifelten Blick zu. Darcy wusste, dass er bereits bedauerte, seine Zustimmung gegeben zu haben, Romans Harem, den er jüngst aufgelöst hatte, bei sich aufzunehmen. “Ich habe eine Woche gebraucht, nur um ihr Gepäck zu transportieren. Prinzessin Joanna kam mit zweiundfünfzig Kisten. Und Cora Lee hatte so viele Truhen …”

“Vierunddreißig”, murmelte Darcy. “Das liegt an den Reifröcken, die sie ständig trägt. Die brauchen eine Menge Platz.”

“Platz, den ich nicht habe.” Gregori strich sich mit einer Hand durch sein dichtes, kastanienfarbenes Haar. “Als ich angeboten habe, dass sie zu mir kommen können, hatte ich nicht bedacht, wie viel Plunder sie mitbringen würden. Außerdem tun sie gerade so, als wollten sie für immer bleiben.”

“Verstehe. Da sitze ich auch fest.” Zehn Frauen in zwei Schlafzimmern, mit einem gemeinsamen Bad. Ein Albtraum. Bedauerlicherweise war es für Darcy nichts Neues, dass sie mit Schrecken konfrontiert wurde. “Tut mir leid, Gregori, aber ich weiß nicht, wie ich dir helfen kann.”

“Du kannst sie lehren, ein eigenes Leben zu leben”, flüsterte er. “Ermutige sie zur Unabhängigkeit.”

“Die hören nicht auf mich. In ihren Augen bin ich eine Außenseiterin.”

“Du kannst es. Maggie folgt schon deinem Beispiel.” Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. “Ich habe vollstes Vertrauen zu dir.”

Wenn sie das nur auch von sich sagen könnte. Früher hatte sie vor Selbstvertrauen gestrotzt. Sie holte tief Luft. Diese alte Darcy musste sie wiederfinden, denn sie brauchte diesen Job.

Gregori sah auf die Uhr. “Ich habe in dreißig Minuten einen Termin, wir sehen uns später wieder.” Er sah sich in dem Raum um und grinste. “Ich glaube, ich sehe da ein paar Mädels, die ich von früher kenne.”

Darcy lächelte, als er sich entfernte. Gregori war so ein Charmeur. Ohne seine Freundschaft hätte sie nie und nimmer überlebt.

Maggie kam näher und verzog ihr jugendliches Gesicht zu einer finsteren Miene. “Es sind so viele Leute hier. Und sie sehen alle … dramatischer aus als ich.”

“Keine Bange. Du siehst anbetungswürdig aus.” Am Anfang ihrer Klausur war Darcy über die Garderobe der Haremsdamen schockiert gewesen. Jede steckte in ihrer persönlichen Zeitschleife fest und klammerte sich an die Mode, die sie zu Lebzeiten getragen hatte. Zwar hatte sie alle ermutigt, ihren Geschmack an die modernen Verhältnisse anzupassen, aber nur Maggie und Vanda waren bereit gewesen, sich neu einzukleiden. Normalerweise trug Maggie einen karierten Rock, Netzstrümpfe und einen engen schwarzen Pullover, der ihren prallen Busen betonte.

Darcy wandte sich dem Empfangstresen zu, er schien eine Meile entfernt zu sein. Sie drückte ihre Bewerbungsmappe an die Brust und schlängelte sich, dicht gefolgt von Maggie, durch die Menge. Die Vampire hatten sich zu Grüppchen zusammengefunden, plauderten und gestikulierten wild mit den Händen. Darcy passierte eine Gruppe männlicher Vampire und registrierte dick aufgetragenes Make-up und Kleidung, die zu viel Haut zeigte. Herrje. Was war nur aus den harten Männern geworden? Sie wandte sich ab und begutachtete stattdessen lieber die Frauen.

“Wo ist denn Gregori abgeblieben?” Maggie sah mit großen, sorgenvollen Augen über die Menge. Da sie so klein war, verlor sie leicht den Überblick.

Darcy entdeckte ihn bei einer Gruppe von Frauen mit unnatürlich gefärbten Haaren. Sie scharten sich um ihn wie ein Regenbogen. Wenn er lächelte und sie ansprach, kicherten sie wie Schulmädchen.

“Dem geht es gut.” Vielleicht glaubten diese Frauen ja, dass grüne, blaue und rosa Haare einen wilden und verruchten Eindruck machten, aber Darcy fand, dass sie mehr wie eine Bande fröhlicher Glücksbärchis aussahen. Hallo! Ich heiße Schmuse-Vampir. Soll ich dich in den Arm nehmen? Sie unterdrückte die Vorstellung erschauernd. Verdammt, sie war zu lang eingesperrt gewesen.

Die Dame an der Rezeption lackierte sich gerade die Fingernägel so leuchtend rot wie die Strähnchen in ihrem Haar. “Wenn Sie zum Vorsprechen hier sind, tragen Sie sich ein und warten Sie, bis Sie dran sind.” Mit einem feuchten Nagel zeigte sie auf eine Liste.

Maggie überflog das Papier, und ihre Augen wurden noch größer. “Heilige Mutter Gottes, ich bin Nummer zweiundsechzig.”

“Ja, so ist das jeden Abend.” Die Empfangsdame pustete auf ihre Nägel. “Aber Sie müssen nicht allzu lange warten.”

“Okay.” Maggie schrieb ihren Namen ans untere Ende der Liste.

“Was ist mit Ihnen?” Die Empfangsdame rümpfte die Nase, als sie Darcys konservatives Kostüm sah.

“Ich habe einen Termin bei Sylvester Bacchus.”

“Na klar. Wenn Sie wegen eines Engagements als Schauspielerin hier sind, müssen Sie warten, bis Sie an der Reihe sind.” Sie zeigte auf die Liste.

Darcy setzte ein einstudiertes Lächeln auf. “Ich bin Journalistin. Mr. Bacchus erwartet mich. Mein Name ist Darcy Newhart.”

Die Empfangsdame schnaubte, um zu zeigen, wie wenig beeindruckt sie war, dann sah sie in ein Notizbuch auf ihrem Schreibtisch. Ihr Kiefer klappte herunter. “Kann nicht sein.”

“Pardon?”, fragte Darcy.

“Sie stehen auf der Liste, aber …” Die Empfangsdame kniff die Augen zusammen. “Sind Sie ganz sicher Darcy Newhart?”

“Ja.” Wer sollte sie sonst sein? Darcys Lächeln gefror.

“Also das ist echt unheimlich. Aber ich denke, Sie können zu ihm. Dritte Tür links.”

“Danke.” Kein guter Anfang. Darcy unterdrückte ein Gefühl der Niedergeschlagenheit. Sie ging um den Tresen herum und den Korridor entlang.

“Klopfen Sie besser an”, rief die Empfangsdame mit ihrer näselnden Stimme. “Er könnte mitten in einem Vorsprechen sein.”

Darcy warf einen Blick zurück. Die Dame an der Rezeption hatte sich auf dem Stuhl zurückgelehnt und wedelte mit den Händen, während sie ihren Nagellack bewunderte. Maggie lächelte Darcy aufmunternd zu. Sie erwiderte das Lächeln gezwungen, holte tief Luft und klopfte an die Tür.

“Herein!”, ertönte bellend eine mürrische Stimme.

Darcy betrat das Zimmer, drehte sich um und machte die Tür zu. Hinter sich hörte sie ein seltsames Geräusch. Ein Reißverschluss?

Sie wirbelte herum und sah Sylvester Bacchus an. In den Jahren der Sterblichen sah er wie fünfzig aus, aber wie alt der Vampir wirklich sein mochte, konnte man unmöglich sagen. Er war weitgehend kahl, was er damit kaschierte, dass er die verbliebenen Haare extrem kurz rasiert hatte. Schnurr- und Backenbart waren ebenfalls kurz geschnitten und sorgsam gepflegt, das dunkle Haar grau meliert. Er zog sie regelrecht mit den Augen aus und verweilte mit dem Blick viel zu lange auf ihrem Busen.

Selbstbewusst hob sie die Bewerbungsmappe und bedeckte sich damit. “Wie geht es Ihnen? Ich bin …”

“Sie sind neu.” Er ließ den Blick zu ihren Hüften wandern. “Nicht schlecht.”

Darcy spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde, während sie überlegte, welche Auswirkungen es langfristig haben mochte, wenn sie ein Vorstellungsgespräch damit begann, dass sie dem Arbeitgeber ins Gesicht schlug. Aus diesem Dilemma wurde sie erlöst, als sie einen blonden Kopf unter dem Schreibtisch vorkommen sah.

“Tut mir leid.” Darcy wich zur Tür zurück. “Ich wusste nicht, dass Sie beschäftigt sind.”

“Kein Problem.” Mr. Bacchus sah die Blondine an. “Das wäre dann alles, Tiffany. Sie können mir … die Schuhe ein andermal polieren.”

Fragend legte sie den Kopf zur Seite. “Ich soll Ihnen auch noch die Schuhe polieren?”

“Nein”, knurrte er. “Kommen Sie einfach in einer Woche wieder.”

Darcy wurde klar, dass sie tatsächlich einen Reißverschluss gehört hatte. Großer Gott, wenn das Vorsprechen so ablief, musste sie Maggie warnen. Sie hatte stets den Eindruck gehabt, dass Vampire Vampirsex bevorzugten, eine rein geistige Übung, die sie höher schätzten als den klebrigen und verschwitzten Sex der Sterblichen. Offenkundig war Mr. Bacchus aber für alles offen, so offen wie seine Hose.

Inzwischen war Tiffany aufgesprungen und drückte die Hände an ihre drallen Brüste. “Sie meinen, ich werde noch mal eingeladen?”

“Aber sicher.” Mr. Bacchus tätschelte ihr die Hüfte. “Und jetzt raus mit Ihnen, husch.”

“Ja, Mr. Bacchus.” Tiffany stolzierte auf ganz erstaunliche Weise zur Tür und schaffte es dabei, mit Hüften und Brüsten gleichermaßen zu wackeln. Sie beugte sich vor, drehte den Türknauf und krümmte dabei den Rücken, als würde das simple Öffnen einer Tür ihr die Wonnen eines Orgasmus bescheren. Unter der Tür blieb sie stehen und warf Mr. Bacchus einen letzten schmachtenden Blick zu, dann stöckelte sie den Flur entlang.

Darcy bemühte sich emsig um einen neutralen Gesichtsausdruck, damit man ihr ihre rasende Wut nicht anmerkte. Sie hätte wissen müssen, dass man sich bei Digital Vampire Network an archaische, chauvinistische Verhaltensmuster halten würde. So war das überall in der Welt der Vampire. Die meisten Vampirinnen waren mindestens hundert Jahre alt. Viele sogar Jahrhunderte, daher wussten sie nicht, welche Fortschritte in der Welt der Sterblichen gemacht worden waren. Und sie wollten es gar nicht wissen, so felsenfest waren sie von der Überlegenheit ihrer eigenen Welt überzeugt.

Das Ergebnis war niederschmetternd. Die Vampirinnen hatten keine Ahnung, wie schlecht sie behandelt wurden. Sie akzeptierten ihr Los als normal. Darcy hatte den Haremsdamen von den tapferen Frauen erzählt, die Leid auf sich genommen hatten, um sich das Wahlrecht zu erkämpfen. Man hatte ihre flammende Rede als lächerliches Geschwätz abgetan. In der Welt der Vampire wählte niemand die Meister. Wie schrecklich pöbelhaft.

Aber das war nun mal die Welt, in der sie festsaß. Und da DVN der einzige Fernsehsender der Vampirwelt war, bot er auch die einzige Chance auf die Art von Job, den sie sich so sehnsüchtig wünschte. Und die Unabhängigkeit, die sie begehrte. Sie musste Mr. Bacchus höflich behandeln. Auch wenn er ein sexistisches Schwein war.

“Treten Sie ein. Nur nicht so schüchtern.” Mr. Bacchus fläzte sich in seinem Sessel zurück und legte die Füße auf den Tisch. “Und schließen Sie bitte die Tür, damit wir ungestört sind.” Er blinzelte.

Darcys Auge zuckte; sie betete, dass es nicht so aussehen würde, als hätte sie zurückgeblinzelt. Entschlossen machte sie die Tür zu und ging mit selbstbewussten Schritten auf seinen Schreibtisch zu. “Ich freue mich so, Sie kennenzulernen, Mr. Bacchus. Ich bin Darcy Newhart, Fernsehjournalistin.” Sie nahm ihren Lebenslauf aus der Bewerbungsmappe und schob ihn zu ihm hin. “Wie Sie sehen können …”

“Was?” Er ließ die Füße wieder auf den Boden sinken. “Sie sind Darcy Newhart?”

“Ja. Sie werden meinem Lebenslauf entnehmen können, dass ich …”

“Aber Sie sind eine Frau.”

Ihr Auge zuckte wieder. “Ja. Das bin ich, und wie Sie hier sehen können” – sie zeigte auf einen Abschnitt ihres Lebenslaufs – “habe ich mehrere Jahre bei einem lokalen Nachrichtensender hier in der Stadt gearbeitet …”

“Gottverdammt!” Mr. Bacchus schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. “Sie sollten ein Mann sein.”

“Ich versichere Ihnen, ich bin mein Leben lang eine Frau gewesen.”

“Mit einem Namen wie Darcy? Wer zum Teufel nennt ein Mädchen Darcy?”

“Meine Mutter. Sie war ein richtig großer Fan von Jane Austen …”

“Und warum hat sie Sie dann nicht Jane genannt? Scheiße.” Mr. Bacchus lehnte sich auf seinem Sessel zurück und sah finster zur Decke.

“Wenn Sie sich meinen Lebenslauf ansehen würden, könnten Sie sehen, dass ich mehr als ausreichend qualifiziert bin für eine Stelle bei den Abendnachrichten.”

“Sie sind nicht qualifiziert”, murmelte er. “Sie sind eine Frau.”

“Ich verstehe nicht, was mein Geschlecht damit zu tun hat, dass …”

Plötzlich beugte er sich vor und durchbohrte sie mit seinem Blick. “Haben Sie jemals eine Frau bei den Abendnachrichten gesehen?”

“Nein, aber dies wäre eine ideale Gelegenheit für Sie, diesen Fehler zu korrigieren.” Ups. Schlechte Wortwahl.

Fehler? Haben Sie den Verstand verloren? Frauen moderieren keine Nachrichten.”

“Ich habe es getan.” Sie klopfte mit dem Finger auf den Lebenslauf.

Entnervt senkte er den Blick. “Das war in der Welt der Sterblichen. Was wissen die schon? Ihre Welt ist ein einziger Schlamassel.” Er knüllte das Blatt Papier zusammen und warf es zur Seite.

Darcy sank das Herz in den Bauch. “Sie könnten mich einen Monat auf Probe moderieren lassen, dann könnte ich meine Kompetenz unter Beweis stellen …”

“Auf keinen Fall. Stone würde Kleinholz aus dem Studio machen, wenn ich versuchen würde, ihm eine Ko-Moderatorin unterzujubeln.”

“Verstehe. Er ist ein exzellenter Nachrichtensprecher.” Sterbenslangweilig entsprach mehr der Wahrheit. “Aber Stone präsentiert sämtliche Storys im Wortlaut – ich meine, er redet die ganzen dreißig Minuten.”

“Und?”

“Die Abendnachrichten wären viel spannender, wenn Sie Berichte von Reportern vor Ort einspielen würden. Das ist meine Spezialität, und ich würde nur zu gern …”

“Daran habe ich auch schon gedacht. Und darum wollte ich Sie einstellen, aber wie sich herausstellt, sind Sie eine Frau.”

Sie fühlte sich noch niedergeschlagener. “Ich verstehe nicht …”

“Nachrichten sind eine ernste Angelegenheit. Das können wir nicht von Frauen erledigen lassen. Den Leuten würden wichtige Einzelheiten entgehen, weil sie dauernd auf Ihre spitzen kleinen Brüste starren würden.”

Sie ließ die Schultern hängen, und ihre spitzen kleinen Brüste gleich mit. Da war sie – die undurchdringliche Mauer des Vampirchauvinismus, und sie war wieder einmal voll dagegengelaufen. Könnte sie diese Wand doch nur mit einem Vorschlaghammer bearbeiten. Oder einen Baseballschläger über Mr. Bacchus' Eierkopf hauen. “Ich könnte hinter den Kulissen arbeiten. Ich habe geschrieben, meine eigenen …”

“Sie können schreiben?”

“Ja.”

“Können Sie unterhaltsam schreiben?”

“Ja.” Ihre Reportagen waren stets als humorvoll eingestuft worden.

Erneut betrachtete er sie von oben bis unten. “Sie machen mir einen recht intelligenten Eindruck.”

Ihr Auge zuckte. “Danke.”

“Hier wimmelt es jeden Abend von Schönheiten, die vor der Kamera stehen wollen. Jemanden zu finden, der genügend Intelligenz und Erfahrung besitzt und hinter den Kulissen arbeiten möchte, ist ein großes Problem.”

“Ich kann sehr gut Probleme lösen.”

“Wirklich? Dann will ich Ihnen sagen, was ich bei DVN wirklich brauche.” Er beugte sich vor. “Ich brauche einen Volltreffer.”

Mit einem Baseballschläger? “Sie meinen eine neue Sendung?”

“Ja.” Mr. Bacchus stand auf und ging zu einer Schiefertafel an der Wand. “Ist Ihnen bewusst, dass sich unser Sendeschema nicht ein einziges Mal geändert hat, seit DVN auf Sendung gegangen ist?”

“Alle lieben Ihre Sendungen. Besonders die Seifenopern.”

“Sie sind langweilig! Sehen Sie sich das an.” Er zeigte auf die Tafel, die den Sendeplan von DVN wiedergab. “Jeden Abend dasselbe. Wir fangen um zwanzig Uhr an und zeigen die Abendnachrichten mit Stone Cauffyn. Und um halb neun folgt Leben mit den Untoten, unser Promi-Magazin.”

“Mit Corky Courrant. Ich habe sie vor einigen Wochen beim Galaball gesehen.”

Mr. Bacchus drehte sich mit großen Augen zu ihr um. “Sie waren zu dem Ball eingeladen?”

“Ja. Ich … hatte mit Roman Draganesti zu tun.”

“Inwiefern?”

“Ich hatte einen Teilzeitjob bei Romatech.” Sie weigerte sich, ein Taschengeld von Roman anzunehmen, daher hatte Gregori dafür gesorgt, dass sie an ein paar Abenden in der Woche in einem Hinterzimmer von Romatech arbeiten konnte. Roman stimmte unter der Bedingung zu, dass kein Sterblicher sie je zu Gesicht bekommen würde.

“Draganesti ist einer unserer Top-Sponsoren.” Mr. Bacchus sah sie an und kratzte sich den Bart. “Wie gut kennen Sie ihn?”

Sie errötete. “Ich habe … in seinem Haus gelebt.”

“Wirklich? Sie gehörten zu seinem Harem?”

“Ich – so könnte man es ausdrücken.” Aber sie selbst würde diesen Begriff nie verwenden.

“Hmm.” Mr. Bacchus ließ intensive Blicke über ihren Körper schweifen. Ihre Vorzüge, die nichts mit dem Schreiben zu tun hatten, wurden eindeutig neu bewertet.

Sie hob den Kopf. “Sie wollten den Sendeplan erläutern?”

“Oh, ja.” Er drehte sich wieder zu der Tafel um. “Um neun Uhr läuft Gute Zeiten, schlechte Zeiten für Vampire mit Don Orlando de Corazón. Um zehn Uhr folgt Vampirstraße und um elf dann Unsere kleine Leichenhalle. Aber was kommt um Mitternacht?” Er klopfte mit dem Finger auf die Schiefertafel.

Darcy runzelte die Stirn. Da stand nichts. Was kam denn um Mitternacht? Um diese Zeit saß sie meist bei Romatech und erstickte in langweiligem Papierkram.

“Nichts!”, brüllte Mr. Bacchus. “Wir fangen wieder von vorn an und wiederholen den ganzen Mist. Das ist jämmerlich! Um Mitternacht sollte unsere größte Sendung kommen, das pièce de résistance. Aber wir haben … nichts.” Er stapfte zu seinem Schreibtisch zurück.

Darcy holte tief Luft. Das war ihre Chance zu zeigen, was in ihr steckte. “Sie brauchen eine neue Sendung, aber keine weitere Seifenoper.”

“Ganz recht.” Mr. Bacchus ging hinter seinen Schreibtisch. “Vielleicht eine Krimiserie. Ein Vampirpolizist. Wir könnten sie Vampir-Tatort nennen. Das wäre mal etwas anderes. Was meinen Sie, sollten wir tun?”

Schluck. Sie zermarterte ihr Gehirn. Was war der letzte Schrei gewesen, bevor ihre Welt sich aufgelöst hatte? “Wie wäre es mit einer Doku-Soap, etwas aus der Realität?”

Er wirbelte herum und sah sie an. “Das gefällt mir! Was könnte realer sein als Vampire? Aber was wäre die Prämisse?”

Ihr Verstand wurde vollkommen leer. Verdammt. Sie setzte sich auf den Stuhl und ordnete die Bewerbungsmappe auf ihrem Schoß, um sich etwas Zeit zu verschaffen. Eine Doku-Soap aus der Realität. Was war die Realität? Das neue Dilemma des Harems? “Wie wäre es mit einem verstoßenen Harem auf der Suche nach einem neuen Gebieter?”

“Nicht schlecht.” Mr. Bacchus nickte. “Eigentlich sogar verdammt gut. He, wurde Draganestis Harem nicht gerade rausgeworfen?”

“Ja. Corky hat in Leben mit den Untoten eine Reportage darüber gebracht.” Aber keine der Frauen hatte sich beteiligt. Es war zu demütigend.

“Wissen Sie, einige dieser Haremsdamen sind berühmt. Könnten Sie sie überzeugen, in der Sendung mitzumachen?”

“Ich – ich glaube schon.”

“Sie kennen Draganesti gut, nicht?” Mr. Bacchus verzog die Mundwinkel zu einem wissenden Lächeln. “Könnten Sie ihn überreden, dass er uns ein schickes großes Penthouse für die Sendung mietet? Sie wissen schon, so ein luxuriöses mit Swimmingpool und Whirlpool auf dem Dach.”

“Schon – schon möglich.” Vielleicht fand Gregori eine Lösung.

“Und er muss beheizbar sein. Eine Doku-Soap ohne beheizbaren Whirlpool geht gar nicht.”

“Verstehe.”

“Und Sie haben wirklich Erfahrung beim Fernsehen?”

“Ja.” Darcy sah zu dem Mülleimer, in dem jetzt ihr so sorgfältig getippter Lebenslauf lag. “Ich habe meinen Abschluss in Fernsehjournalismus an der Universität von Südkalifornien gemacht und mehrere Jahre in der Region gearbeitet, bis ich nach New York zog und eine Stellung bei den Lokalnachrichten auf Kanal Vier bekam –”

“Schön, schön.” Mr. Bacchus winkte mit einer Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. “Hören Sie, ich möchte diese Doku-Soap. Wenn Sie uns einen schicken Drehort beschaffen und dafür sorgen, dass Draganestis Harem mitmacht, dann haben Sie einen Job. Regisseurin.”

Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Regisseurin einer Doku-Soap? Okay. Sie würde das schaffen. Musste sie. Alles oder nichts.

“Also, schaffen Sie das? Das Penthouse anmieten und den Harem mobilisieren?”

“Ja.” Sie umklammerte ihre Bewerbungsmappe so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. “Es ist mir ein Vergnügen.” Gott stehe ihr bei.

“Und vergessen Sie den beheizbaren Whirlpool nicht.”

“Aber auf gar keinen Fall.”

“Supi! Ich lasse bis morgen Abend ein Büro für Sie herrichten. Wie soll die Sendung denn heißen?”

Sie suchte fieberhaft nach einem griffigen Titel. Wie man sich in knapp fünf Minuten sein eigenes Grab schaufelt? “Na ja, die Frauen suchen sich den perfekten Mann als neuen Meister.”

Mr. Bacchus saß auf der Kante seines Schreibtischs und kratzte sich den Bart. “Der perfekte Mann? Oder Der perfekte Meister?”

Nicht aufregend genug. Darcy schloss kurz die Augen und konzentrierte sich. Maggie würde glauben, dass Don Orlando der perfekte Mann wäre. Wie hatte sie ihn noch mal genannt? “Wie wäre es mit Der schärfste Mann der Welt?”

“Hervorragend!” Mr. Bacchus grinste. “Und nennen Sie mich Sly. Das ist die Kurzform von Sylvester.”

“Danke … Sly.”

“Das muss ein Hit werden. Keine gewöhnliche Fernsehsendung, sondern eine mit Wendungen und Überraschungen.”

“Ja, natürlich.”

“Das Vorsprechen wird ein Kinderspiel. Sie sehen ja, dass in der Halle genügend Vampirmänner sind, die infrage kommen.”

Darcy verzog das Gesicht. Irgendwie konnte sie das Bild vom schärfsten Mann der Welt nicht mit Make-up vereinbaren. “Müssen sie alle Vampire sein?”

Sly schnaubte. “Wir sprechen vom schärfsten Mann der Welt. Natürlich muss das ein Vampir sein.” Er ging zur Tür.

Natürlich. Darcy stand zähneknirschend auf. Alle wussten, dass Vampire in jeder Hinsicht anderen Wesen überlegen waren. Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Warum sollte sie Slys Behauptung nicht auf die Probe stellen?

Als sie zur Tür ging, umspielte ein zufriedenes Lächeln ihren Mund. Ihr Boss wollte, dass die Sendung einige interessante Wendungen nahm? Nichts leichter als das.

Sie würde für einen Paukenschlag sorgen.

2. KAPITEL

Austin kam früher zum Treffen des Stake-Out-Teams, damit ihm noch Zeit blieb, die Fotos herunterzuladen, die er in der Nacht zuvor bei DVN gemacht hatte. Er öffnete die anonyme Tür im sechsten Stock des öffentlichen Gebäudes. Der Staatsschutz beanspruchte fast das gesamte Stockwerk für sich, daher wusste keiner, dass es sich hier eigentlich um die CIA handelte. Oder dass er gegen Terroristen der untoten Variante kämpfte.

Das Stake-Out-Team traf sich jeden Abend um sieben Uhr, bevor die Sonne unterging, danach übernahm jeder die Aufgabe, die ihm zugewiesen wurde. Als er Sean Whelans Büro passierte, hörte er lautes Fluchen hinter den Wänden. Na prima. Sean sah sich bestimmt gerade das Material von DVN an, das Austin ihm per E-Mail zugesandt hatte. Es wäre besser, wenn man dem Boss im Moment gerade nicht über den Weg lief.

Austin ging hastig in das Großraumbüro, wo er und seine Teamkollegen ihre Arbeitsplätze hatten. Ihn überraschte nicht, dass keiner anwesend war. Alle waren erschöpft, auch er selbst hatte seit Wochen keinen freien Tag oder eine freie Nacht mehr gehabt. Er lud die Bilder herunter, dann betrachtete er sie auf dem Monitor, während der Drucker ansprang. Jede Menge Nummernschilder. Und jede Menge von ihr in dem blauen Kostüm, wer immer sie auch sein mochte. Bis zum Morgengrauen hatte er gewartet, sie aber nicht wiedergesehen. Verdammt. Sie musste das Gebäude verlassen haben, als er pinkeln gewesen war. Der Preis für seinen übermäßigen Kaffeekonsum.

Austin gähnte, während er mit den Händen durch sein zerzaustes Haar strich. Die Nachtschichten machten es schwer, sich um weltliche Dinge wie Friseurbesuche zu kümmern. Und tagsüber konnte er immer noch nicht gut schlafen. Das Monitorbild verschwamm vor seinen müden Augen. Er brauchte dringend eine Stärkung und schlenderte in den Freizeitraum.

“Guten Abend, Austin.” Emma saß an dem kleinen runden Tisch, aß einen kalorienreduzierten Joghurt und sah strahlend und putzmunter aus.

Es müsste ein Gesetz gegen unbekümmerte Fröhlichkeit am Arbeitsplatz geben. Ihre makellos gebügelte gelbe Bluse führte ihm nur zu deutlich vor Augen, dass er aussah, als hätte er in seiner zerknitterten Kleidung geschlafen. Viel geschlafen hatte er allerdings gar nicht. Während er seine Kaffeetasse füllte, murmelte er eine kaum verständliche Begrüßung.

“Armer Kerl, du siehst beschissen aus”, fuhr Emma mit ihrem steifen britischen Akzent fort.

Er grunzte, da er zu müde war, um sich auf ein verbales Scharmützel einzulassen. Außerdem gewann sie sowieso immer. “Warum bist du so früh schon hier?”

Sie leckte den letzten Rest Joghurt von ihrem Plastiklöffel. “Ich wollte mir beizeiten die Polizeiberichte der vergangenen Nacht ansehen. Ich glaube, ich hab da was gefunden.”

“Was?”

“In den vergangenen Monaten erhielt die Polizei mehrere Notrufe aus dem Central Park. Die Anrufer melden, dass sie gesehen hätten, wie jemand angegriffen wurde, aber wenn die Polizei eintrifft, sind keine Zeugen ausfindig zu machen.”

Austin runzelte die Stirn. “Das ist nicht viel. Könnten Witzbolde sein.”

“Oder es ist echt.” Emma zeigte mit dem Löffel auf ihn, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. “Und die Leute, die angerufen haben, können sich an nichts erinnern, da Vampire ihr Gedächtnis gelöscht haben.”

“Wäre … möglich.” Gedankenkontrolle war eine Spezialität der Vampire. Genau aus diesem Grund war das Stake-Out-Team so klein. Jeder im Team brauchte ein gewisses Maß an übersinnlicher Begabung, damit er der Kontrolle durch die Vampire widerstehen konnte. Du kannst keine Kreatur bekämpfen, die einfach deinen Geist übernimmt. Soweit Austin wusste, war diese Begabung von allen in der Truppe bei ihm und Sean am ausgeprägtesten.

“Denk drüber nach.” Emma warf den leeren Joghurtbecher in den Müll. Natürlich perfekt gezielt. Als Sean vor einer Woche ihre Versetzung beantragte, hatte sie für MI6 gearbeitet. “Wenn du ein hungriger Vampir wärst, würdest du dir nicht auch einen Platz wie den Central Park aussuchen, um Opfern aufzulauern?”

“Kann sein.” Austin trank von seinem Kaffee.

“Darum war ich gestern Nacht dort, um mich umzusehen.”

Er verschluckte sich beinah. “Du warst selbst dort?”

“Ja. Du gehst ja auch allein auf Observierung. Warum sollte ich das nicht können?”

“Weil Vampirjagd im Central Park keine Observierung ist. Du hättest einem über den Weg laufen können.”

Emma verdrehte die Augen. “Darum ging es ja gerade. Keine Bange. Ich hatte ein paar Pflöcke bei mir.”

Austin schnaubte. “Hast du die Berichte nicht gelesen? Diese Vampire sind superschnell und ziemlich kräftig.”

Sie schlenderte zum Kühlschrank und holte eine Flasche Wasser heraus. “Ich kann selbst auf mich aufpassen.”

“Ich weiß.” Er war einmal mit ihr beim Training gewesen, wo sie ihn der Länge nach aufs Kreuz gelegt hatte und er Sternchen sah. “Trotzdem finde ich nicht, dass du allein gehen solltest.”

“Warum nicht?” Sie schraubte die Flasche auf. “Wahrscheinlich halten die nach einzelnen Frauen Ausschau.”

“Moment mal. Du machst dich selbst zum Lockvogel?”

Sie zuckte mit einer Schulter und trank einen Schluck Wasser. “Wenn ich einen anlocken kann, töte ich ihn. Das ist doch unsere Aufgabe, oder nicht?”

“Und wenn mehrere dich in die Enge treiben? Es ist viel zu gefährlich.”

Sie seufzte. “Ich hätte es dir gar nicht erzählen sollen.” Sie warf ihm einen beleidigten Blick zu. “Ich dachte, du würdest es verstehen.”

Verdammt. Er sollte ihr sagen, dass sie verantwortungslos und verrückt war, wollte aber einer Frau gegenüber nicht so unverblümt sein. Außerdem hörte es sich ganz danach an, als würde ihre Art der Vampirjagd auch ihm Spaß machen.

“Sagst du es Sean?”, fragte sie.

Austin war nicht besonders versessen darauf, sie zu verpetzen, zumal ihr Boss wegen der bevorstehenden Hochzeit seiner Tochter ohnehin schon völlig von der Rolle war. “Darüber muss ich noch nachdenken. Sind dir denn gestern Nacht irgendwelche Vampire begegnet?”

“Leider nein.”

“Gut. Wir sind nur zu fünft, Emma. Wir können es uns nicht leisten, dich zu verlieren. Also denk gefälligst nach, bevor du die Heldin spielst.” Er stapfte zu seinem Schreibtisch zurück. Verrückte Person, ganz allein Vampire zu jagen.

Während er die Bilder auf dem Monitor studierte, trank er weiter an seinem Kaffee. Apropos Vampire, wer war der dämonische Kerl, der die atemberaubende Blondine zu DVN gefahren hatte? Austin ging die Fotos durch, bis er den schwarzen Lexus gefunden hatte. Er fragte das Nummernschild ab. Das Fahrzeug war auf einen Gregori Holstein zugelassen, wohnhaft Upper West Side. Geburtsdatum 1964. Das machte ihn zu einem sehr jungen Vampir. Obwohl das Datum nicht der Wahrheit entsprechen musste, denn natürlich waren Vampire äußerst geschickt darin, Dokumente zu fälschen.

Austin notierte sich Gregoris Adresse und nahm eine Personenüberprüfung vor. Der Mann arbeitete erwartungsgemäß bei Romatech Industries. Viele Vampire arbeiteten nachts dort. Sie stellten künstliches Blut her, was bedeutete, dass Gregori vermutlich nicht zu den Beißern gehörte. Gute Neuigkeiten. Sie musste keine Angst haben, dass er an ihrem süßen kleinen Hals knabbern würde. Wenn sie ein Mensch war.

Das Klackern von Absätzen auf Linoleum warnte ihn, dass Emma näher kam. Vor dem Drucker blieb sie stehen und sah sich seine Bilder an.

Vielleicht war er zu hart mit ihr gewesen. “Hör mal, ich weiß, du hast persönlich etwas gegen Vampire.”

Sie zuckte mit einer Schulter. “Wo hast du die geschossen?”

“Auf dem Parkplatz von DVN. Gestern Nacht.”

“Jede Menge Nummernschilder.” Sie legte einen Stapel Fotos zur Seite. “Ich nehme an, alle diese Autos gehören Vampiren.”

“Die meisten. Möchtest du mir helfen, die Nummern zu überprüfen?”

“Liebend gern.” Sie griff nach einem weiteren Stapel Fotos.

“Emma, ich sage Sean nichts vom Central Park, sofern du mich einweihst, wenn du wieder auf Vampir-Jagd gehst. Ich gebe dir Deckung.”

“Das ist super. Danke.” Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln und betrachtete dann weiter die Bilder. “Die sind hochinteressant.”

“Erkennst du eines der Autos?”

“Nein. Aber ich erkenne einen Frauenhintern, wenn ich einen sehe.”

“Wie bitte?”

“Du musst zwanzig Bilder von ihren Beinen und noch mehr von ihrem Hintern haben. Wer ist sie?”

Austin verkrampfte sich, wahrte jedoch eine gleichgültige Miene. Er streckte die Hand aus. “Die sind privat. Gib sie mir.”

“Privatangelegenheiten im Dienst? Schäm dich.” Sie legte die Bilder weg und holte noch mehr aus dem Drucker. “Oh, sieh doch. Tittenfotos. Und ihr Hinterkopf. Schönes Haar.”

“Ich sagte, gib sie mir.” Austin knirschte mit den Zähnen und sah den Stapel Fotos nach, den Emma weggelegt hatte. Sie sausten über den Tisch und blieben schließlich neben der Tastatur liegen, als ob nichts geschehen wäre.

Emma stöhnte. Sie ließ die Fotos in ihrer Hand auf den Tisch fallen und wich stolpernd zurück. “Mein Gott.”

Austin drehte den Stuhl zum Drucker herum und sammelte die Fotos ein, die sie fallen gelassen hatte.

“Du bist ein Telekinet”, flüsterte sie.

“Ja. Tolle Sache.” Er nahm die restlichen Bilder aus dem Drucker und ging wieder zu seinem Platz.

“Aber das ist brillant! Ich wusste gar nicht, dass du solche Kräfte besitzt.” Sie schnaubte vor Lachen.

“Sehr komisch.” Er stöhnte und machte zwei Stapel aus den Fotos – Nummernschilder und das Mädchen in Blau. “Es ist ja nicht so, dass ich mir diese Fähigkeit verdient hätte. Ich wurde damit geboren.” Nicht einmal sein Vater hatte die Gabe unterdrücken können, auch wenn er alles versucht hatte, das musste man ihm lassen.

“Wie aufregend.” Emma grinste. “Ein rätselhafter Kosmopolit, der seine übersinnlichen Kräfte im Kampf gegen das Böse einsetzt.”

“Ja, na klar.” Was könnte an ihr möglicherweise böse sein? Nach einem letzten schmachtenden Blick auf den Stapel ihrer Bilder verstaute er sie in der Schublade seines Schreibtischs.

Emma verschränkte die Arme und lehnte sich mit der Hüfte an den Schreibtisch. “Du hast dich in sie verknallt, nicht?”

“Nein.” Oder doch? “Ich weiß nicht, wer sie ist.”

“Der rätselhafte Kosmopolit verliebt in eine rätselhafte Frau? Super! Sehen wir mal nach. Wo hast du die Bilder gemacht?”

“Vor dem DVN-Gebäude.”

“Gütiger Himmel, Austin. Sie arbeitet vermutlich dort. Das bedeutet, sie ist ein Vampir.”

“Glaub ich nicht. Romatech beschäftigt eine Menge Menschen. Und DVN auch einige.”

“Hast du sie durch die 35-mm beobachtet?”

“Nein, dazu hatte ich … keine Gelegenheit.”

“Weil du zu sehr damit beschäftigt warst, hundert Fotos von ihr zu machen.”

“Ich hab keine hundert gemacht. Nur an die … sechzig.” Herrje. Er hatte sich verknallt.

Emma zog eine dunkle Braue hoch und verkniff sich gerade noch, das Offensichtliche auszusprechen. “War sie allein?”

“Nein. Sie kam mit einem Mann, den ich als Gregori Holstein identifizieren konnte, und einer unbekannten Frau. Sie sind beide untot.”

“Also besucht sie in Begleitung zweier Untoter einen Fernsehsender der Untoten? Austin, in unserer Branche nennen wir das einen Wink mit dem Zaunpfahl. Diese Frau ist ein Vampir.”

“Das ist doch überhaupt kein Beweis.” Sie musste lebendig sein. Sie musste einfach.

Emma sah ihn traurig an. “Du hast dich doch verknallt. Und noch dazu in den Feind.”

“Wir haben keinen Beweis dafür, dass sie ein Vampir ist.”

“Ist sie einer oder nicht? Das weiß nur ihr Frisör mit Sicherheit.” Emma schenkte ihm ein verschlagenes Lächeln. “Er könnte sie nicht im Spiegel sehen.”

“Vergiss es. Ich bezweifle, dass ich sie jemals wiedersehen werde.” Er machte zwei Hälften aus dem Stapel der Nummernschilderfotos. “Machen wir uns an die Arbeit.”

“Da sind Sie ja!” Sean Whelan kam auf sie zu. “Ich brauche Sie beide sofort im Konferenzraum. Garrett und Alyssa sind schon da.”

“Ja, Sir.” Emma nahm einen Notizblock nebst Stift vom Schreibtisch und verließ das Büro.

Austin vergewisserte sich hastig, dass keine Bilder mehr von ihr herumlagen. Dann folgte er seinem Boss und überlegte sich, ob er ihm wegen Shannas fangzahnigem Verlobten kondolieren sollte. Besser nicht. Sean hielt mit grimmigem Gesicht die Tür zum Konferenzraum auf. Austin trat leise ein und nahm auf einem der Stühle an dem langen Eichentisch Platz. Er nickte Garrett und Alyssa kurz zu. Emma begrüßte sie per Handschlag. Und natürlich herzlich. Austin gähnte und wünschte sich, er hätte seinen Kaffee mitgebracht.

“Neuigkeiten über Ihre Tochter?”, fragte Garrett, als Sean die Tür schloss.

Austin zuckte zusammen. Er kam langsam zur Überzeugung, dass Garrett nicht gerade die allergrößte Leuchte war.

Sean erstarrte und maß Garrett mit einem kalten Blick. “Haben Sie etwas Positives zu berichten?”

Garrett rutschte auf seinem Stuhl herum, seine glatt rasierten Wangen wurden rot. “Nein, Sir.”

“Das dachte ich mir.” Sean ging zum Kopfende des Tischs. Dort umklammerte er die lederbezogene Stuhllehne so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. “Meine Tochter wird noch vermisst. Schlimmer, dieser elende Draganesti hat sie einer Gehirnwäsche unterzogen, sodass sie jetzt in eine Heirat mit ihm eingewilligt hat.”

Alyssa und Emma stöhnten auf.

Garrett klappte der Kiefer herunter. “Aber – woher wissen Sie das?”

“Es wurde gestern Abend auf DVN bekannt gegeben.” Austin sprach ganz leise.

Ein ersticktes Geräusch kam aus Seans Kehle, als würde er eine neuerliche lange Litanei von Flüchen unterdrücken. Er ließ den Stuhl los und ging in dem Raum auf und ab. “Uns läuft ganz offenkundig die Zeit davon. Wir müssen Shanna schnellstens finden, und durch die Observierungen kommen wir einfach nicht an die Informationen, die wir brauchen.”

“Wir sollten uns Draganestis Finanzunterlagen vornehmen”, schlug Emma vor. “Möglicherweise hat er ein neues Domizil gemietet oder gekauft.”

“Machen Sie das”, knurrte Sean, der weiterhin auf und ab ging.

Emma machte sich eine Notiz auf ihrem Block.

“Wir brauchen einen Insider”, murmelte Austin.

“Einen Informanten?”

“Nein, einen Agenten, der verdeckt ermittelt.” Sean blieb am Kopfende des Tisches stehen, kniff die Augen zusammen und sah Austin an. “Daran habe ich auch schon gedacht. Und ich weiß auch, wie wir am besten vorgehen können.”

Im Raum herrschte Schweigen, während alle darauf warteten, dass Sean seinen Plan ausführlicher erklärte. Während er sprach, ging er weiter auf und ab. “Vor einem Monat ließ ich den Heimatschutz Firmen in fünf Stadtvierteln untersuchen und gab ihnen eine Liste mit Namen, denen sie besonderes Augenmerk schenken sollten. Eine dieser Firmen war Digital Video Network, der Tarnname, den die Vampire für ihren Sender verwenden, wenn sie Geschäfte mit Menschen machen.”

Sean schlenderte zur Tür und blieb dort stehen. “Kurz vor Morgengrauen rief eine Frau von DVN bei der Schauspieleragentur 'Stars von Morgen' an und hinterließ eine Nachricht. Heute Nachmittag erfolgte ein weiterer Anruf, mit dem die Vereinbarung unter Dach und Fach gebracht wurde. Jemand bei DVN möchte morgen Abend im Büro der Agentur ein Casting für eine Doku-Soap vornehmen. Der Besitzer der Agentur rief den Heimatschutz an und meldete den Vorfall.”

“Die Vampire wollen eine Doku-Soap drehen?”, fragte Alyssa.

Sean nickte. “Ja. Und da sie Menschen casten möchten, ist das die Gelegenheit, uns verdeckt in die Sendung einzuschmuggeln.”

“Und DVN zu infiltrieren”, flüsterte Austin. Sein Herz schlug schneller. Er sollte sich freiwillig melden. Vielleicht sah er sie wieder.

“Was für eine Doku-Soap? So was wie Der Bachelor?” Emma wechselte einen Blick mit Alyssa. “Mit Frauen?”

Alyssa erschauerte. “Was haben sie für einen Titel, Draculas Braut?”

“Ich wette, es ist mehr so etwas wie das Vampir-Dschungelcamp”, meinte Austin. “Die setzen eine Gruppe Menschen irgendwo mit ein paar hungrigen Vampiren auf einer Insel aus und warten ab, wer überlebt.”

Alyssa verzog das Gesicht. “Das ist schrecklich.”

Sean legte eine Hand auf den Türknauf. “Sie liegen alle vollkommen falsch. Die wollen Männer. Lebende Männer.” Er sah Austin und Garrett vielsagend an. “Sie beide müssen deshalb in diese Sendung.”

Garrett wurde blass. “Oh Gott.”

Oh ja. “Und wie kommen wir rein?”, fragte Austin.

“Es ist schon alles arrangiert. Einen Moment noch. Draußen auf dem Flur wartet jemand.” Sean ging aus dem Zimmer.

Es herrschte Stille. Alyssa warf den beiden Männern mitleidige Blicke zu.

“Das ist eure Chance, etwas zu bewegen.” Emma versuchte ein tapferes Lächeln. “Vielleicht werdet ihr berühmt.”

“Vielleicht werden sie auch das Abendessen”, murmelte Alyssa.

Garrett seufzte. “Warum bombardieren wir sie nicht einfach alle und bringen es hinter uns?”

Emma verdrehte die Augen. “Weil wir nicht sicher sind, ob eine Explosion sie wirklich töten würde. Und außerdem arbeiten unschuldige Menschen bei Romatech und DVN. Und Shanna ist auch dabei.”

Alyssa nickte. “Das könnte die beste Möglichkeit sein, sie zu finden.”

Austin schwieg, um die Tatsache zu kaschieren, dass sein Herz rasend schnell schlug und er flach atmete. Seine erste Sorge sollte sein, Shanna zu finden, aber er dachte nur daran, sie wiederzusehen. Scheiße. Was war nur mit ihm los? Verdeckte Ermittlungen waren gefährlich, und er konnte nur an diese blonde Frau denken? Es gab eine Bezeichnung für Agenten, die sich ablenken ließen. Verstorben.

Sean kam wieder zur Tür herein, diesmal in Begleitung einer Frau mittleren Alters in einem teuren Hosenanzug. “Das ist Ms. Elizabeth Stein.”

Die Frau begrüßte sie mit einem zurückhaltenden Nicken und einem noch zurückhaltenderen Lächeln. Das dunkle Haar hatte sie zu einem Knoten hochgesteckt. Sie stand stocksteif im Raum.

“Ms. Stein ist die Inhaberin der Schauspieleragentur 'Stars von Morgen'”, erklärte Sean. “Das ist eine der angesehensten Agenturen der Stadt.”

Sie hob das Kinn und betrachtete alle Anwesenden über ihre lange Nase hinweg. “Die angesehenste Agentur.”

“Natürlich.” Sean zeigte auf die Männer. “Sind die in Ordnung?”

Sie trat vor und betrachtete Garrett mit zusammengekniffenen Augen. “Super. Ihn würde ich gern unter Vertrag nehmen.”

Garrett lächelte und entblößte dabei seine makellosen weißen Zähne. “Danke, Ma'am.”

Ms. Stein nahm einige Dokumente aus ihrer teuren Aktentasche. “Sie müssen wissen, dass ich nur die vielversprechendsten Schauspielerinnen und Schauspieler in der Stadt vertrete. Ich bin überaus wählerisch.”

“Wir auch”, murmelte Austin.

Sie drehte sich um und begutachtete ihn eingehend. Dann zog sie eine Braue hoch und schniefte. “Er ist nicht mein Typ, dürfte aber gehen.”

“Was? Ich bin nicht super?” Austin bemühte sich um eine betroffene Miene. “Meine Gefühle sind zutiefst verletzt. Oder wären es, wenn ich welche hätte.”

“Austin.” Sean warf ihm einen warnenden Blick zu. “Füllen Sie den Papierkram aus. Und da Sie beide verdeckt ermitteln, denken Sie sich bitte neue Namen aus.”

Ms. Stein verteilte die Dokumente. “Ich schlage vor, Sie wählen sich einen Namen, der für die Bühne oder das Fernsehen angemessen ist.”

Austin überflog den Vertrag, füllte ihn aus und unterschrieb. “Was für eine Doku-Soap ist das?”

“Ich weiß nicht viel darüber, aber es scheint eine Art Wettstreit zu sein.” Ms. Stein warf Austin einen zweifelnden Blick zu. “Sie heißt Der schärfste Mann der Welt.”

Emma stieß ein überraschtes Lachen aus, hielt sich jedoch hastig den Mund zu.

Austin lächelte ihr schief zu. “Glaubst du nicht, dass ich gewinnen kann?”

“Nicht, ohne vorher einmal Bekanntschaft mit Rasierer und Kamm zu machen.” Ms. Stein nahm seinen Vertrag mit einem angewiderten Gesichtsausdruck an sich. Dann lächelte sie Garrett zu und nahm sein Dokument. “Das Vorsprechen beginnt morgen Abend um neun Uhr im Büro der Agentur 'Stars von Morgen' in der Forty-forth Street, zwei Blocks vom Shubert Theatre entfernt. Sie sollten rechtzeitig erscheinen” – sie warf Austin einen Blick zu – “sowie anständig frisiert und gekleidet sein.”

“Danke, Ms. Stein.” Sean ging zur Tür zurück. “Es ist wichtig, dass beide Männer in der Sendung sind.”

Ihre Augen wurden groß. “Aber es könnte sein, dass sich Hunderte taugliche junge Männer melden.”

Sean sah sie finster an. “Sie verstehen nicht, Ms. Stein. Diese Männer müssen in die Sendung. Die Sicherheit unserer Nation steht auf dem Spiel. Das unschuldige Volk unseres ganzen Landes schwebt in höchster Gefahr.”

Sie blinzelte. “Wegen einer Doku-Soap?”

“Das ist keine gewöhnliche Doku-Soap. Die Männer dürften ununterbrochen in Gefahr sein.”

“Herrje.” Sie warf Garrett einen besorgten Blick zu. “Sie – sie bekommen es mit Terroristen zu tun?”

Sean fuhr mit gedämpfter Stimme fort. “Sie haben sicher Verständnis dafür, Ms. Stein, dass wir Ihnen keine weiteren Informationen mehr geben können.”

Ihr Gesicht wurde totenblass. “Ich – ich verstehe. Ich sorge dafür, dass die Männer ausgewählt werden.”

“Ausgezeichnet, machen Sie das.” Sean öffnete die Tür.

Ms. Stein warf einen nervösen Blick auf die beiden Männer und die Verträge. “Wer von Ihnen ist Garth Manly?”

“Das bin ich.” Garrett hob eine Hand.

“Vortrefflich. Ein Macho-Name. Passt zu Ihnen.” Sie sah Austin an und runzelte die Stirn. “Sie brauchen einen anständigen Haarschnitt, Mr.” – sie warf einen Blick auf ihre Dokumente – “Little Joe Cartwright?”

Alyssa und Emma kicherten.

“Austin.” Sean warf ihm einen bösen Blick zu.

Er zuckte die Achseln. “Sie sagte, einen Namen, der fürs Fernsehen geeignet ist.”

Ms. Steins Stirnrunzeln wurde eine Spur bedrohlicher. “Sie müssen sich einen anderen Namen suchen.”

“Hoss?”

Sie biss sich auf die knallrot geschminkten Lippen.

“Adam?”

“Adam geht. Und, junger Mann, Sie sollten den darstellenden Künsten mit etwas mehr Respekt begegnen.” Mit einem Schniefen verließ sie den Raum.

Sean begleitete sie und ließ das Team allein.

Garrett schüttelte den Kopf. “Ich kann es nicht glauben. Eine Doku-Soap?”

Austin zuckte mit den Schultern. “Warum sollten Menschen die Einzigen mit schlechtem Geschmack sein?”

“Hört sich blödsinnig an”, brummelte Garrett.

Alyssa lächelte. “Wenigstens hast du einen guten Namen.”

“Garth Manly.” Emma schürzte die Lippen. “Oooh, das klingt ja so sexy.”

Alyssa kicherte, verstummte jedoch sofort, als Sean wieder das Zimmer betrat.

“Na gut.” Er maß Austin mit einem strengen Blick. “Ms. Stein macht sich Gedanken wegen Ihrem … zerknautschten Aussehen. Darum erwartet sie Sie und Garrett in einer Stunde in ihrem Büro. Da es sich um einen Notfall handelt, zieht sie einen Frisör und einen Garderobenberater hinzu.”

Austin verzog das Gesicht. “Was ist mit meiner Observierung?” Er hatte gehofft, er könnte sie vielleicht heute Nacht wiedersehen. Und seine 35-mm parat halten, damit er endlich ein für alle Mal die Wahrheit über sie herausfinden konnte.

“Vergessen Sie's”, antwortete Sean. “Emma kann DVN von hier aufzeichnen.”

Emma machte sich noch eine Notiz auf ihrem Block. “Und ich überprüfe die Nummernschilder für dich, Austin.”

“Ist unser Auftritt für diese Sendung wirklich nötig?” Garrett lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. “Warum brechen wir nicht einfach tagsüber bei DVN ein und sammeln Informationen, während die Vampire schlafen?”

Sean stützte sich mit den Handflächen auf den Tisch und beugte sich vor. “Ich will wissen, wo meine Tochter ist. Das dürfte kaum auf einer Rechnung stehen. Sie müssen mit den verdammten Vampiren reden und ihr Vertrauen gewinnen. Als Teilnehmer an dieser Sendung haben Sie dazu Gelegenheit. Habe ich mich klar ausgedrückt?”

“Ja, Sir.” Garrett wiederholte Austins Antwort.

“Gut.” Sean warf Austin einen amüsierten Blick zu. “Sie müssten sich wirklich mal eine neue Frisur zulegen.”

Mit einer Hand strich er sich durch sein zotteliges, dichtes Haar. “Ach je. Und ich dachte, der Hundesalon würde gute Arbeit leisten.”

Emma schnaubte. “Offensichtlich nicht.”

“Nehmen Sie diesen Auftrag ernst”, ermahnte Sean ihn. “Das Leben meiner Tochter steht auf dem Spiel. Und Sie könnten getötet werden.” Er verzog den Mund zu einem humorlosen Lächeln. “Oder, noch schlimmer, Sie könnten ein Star werden.”

3. KAPITEL

“Hast du die Damen überzeugen können, in der Sendung aufzutreten?” Gregori manövrierte den Lexus auf dem Broadway in die rechte Spur.

Darcy sah zum Fenster hinaus und betrachtete die grellen Lichter und Bilder, die über die Gebäude am Times Square huschten. “Nein. Prinzessin Joanna meinte, die Sendung wäre abscheulich, und da sie für alle anderen ein Vorbild ist, wollte keine mitmachen.”

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