Verbotene Sehnsucht nach der Prinzessin

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„Bitte, finde meine Schwester!“ Der Wunsch des Kronprinzen ist Benedetto di Vassi Befehl. Er spürt Amelia, die nach einem Skandal untergetaucht ist, in Valencia auf. Mit einer List bringt er die Prinzessin an Bord seiner Jacht und lenkt sie ab, als sie den Hafen in Richtung Catarno verlassen. Zu spät erkennt der italienische Milliardär, dass er Amelia falsch eingeschätzt hat. Er hielt sie immer für verwöhnt, aber tatsächlich ist sie bezaubernd! In Ben wächst die verbotene Sehnsucht, das letzte Tabu zu brechen – die Schwester seines besten Freundes sinnlich zu verführen …


  • Erscheinungstag 01.04.2025
  • Bandnummer 2694
  • ISBN / Artikelnummer 9783751534710
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Endlich in der Sicherheit seiner exklusiven Suite im Herzen des luxuriösen, privaten Diamond Clubs, wandte Benedetto di Vassi sich seinem Freund zu. Seine Stimme mit dem leichten Akzent klang aufgrund der späten Stunde leicht rau.

„Was gibt es?“

Kronprinz Anton ging zum Fenster, das einen postkartenwürdigen Ausblick auf die Londoner Straße davor einrahmte. „Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.“

„Um was handelt es sich?“, erwiderte Benedetto, der für Anton alles tun würde, einfach aus dem Grund, dass Anton immer für ihn da gewesen war. In den dunkelsten Tagen seiner Trauer, als Benedetto nahe dran gewesen war, aufzugeben, hatte er ihn nach Kräften unterstützt.

Es gab nichts, was er für den Mann nicht tun würde.

„Es geht um Amelia.“

Benedetto wusste alles über die verwöhnte jüngere Schwester der königlichen Familie von Catarno – die durchgebrannte Prinzessin, wie sie von den Medien genannt wurde, weil sie eines Morgens aufgewacht war und beschlossen hatte, von allen royalen Pflichten – und der Verantwortung ihrer Familie gegenüber – zurückzutreten und zu verschwinden.

„Sprich weiter.“

„Sie muss nach Hause kommen. Die Hochzeit ist in zwei Wochen, und die Presse spekuliert jetzt schon wie wild, ob sie kommen wird oder nicht. Das ist alles, wofür sie sich derzeit interessieren.“ Der Frust war ihm deutlich anzusehen. „Dieser Tag soll ein freudiger Anlass sein. So viel hat Vanessa verdient, oder nicht?“, fragte er, und seine Augen leuchteten auf, als er seine Verlobte erwähnte.

„Ja, das hat sie“, stimmte Benedetto zu. Es fiel ihm schwer, den Tadel aus seiner Stimme herauszuhalten, wenn er an die verwöhnte Prinzessin Amelia dachte. Was für eine Göre. Sie war nicht nur weggelaufen, sondern ließ sich auch jetzt nicht blicken, da die Hochzeit ihres ältesten Bruders anstand, der außerdem der Thronerbe war.

„Ehrlich gesagt muss sie nur nach Hause kommen, ein hübsches Kleid anziehen, neben uns stehen und lächeln.“

„Ja, das ergibt Sinn“, sagte Benedetto. Denn ansonsten würde die Presse Mutmaßungen über ihre Abwesenheit anstellen, was alles andere überschatten würde. „Und sie hat Nein gesagt?“

Anton nickte. „Sie meinte, es wäre besser, wenn sie der Hochzeit fernbliebe. Ich weiß, die Medien haben es ihr in der Vergangenheit schwer gemacht – sie konnte damit immer schlechter umgehen als Rowan und ich. Aber das ist jetzt wirklich zu viel.“

Benedetto erwiderte nichts. Er hatte nicht vor, Amelia zu verteidigen. Die Presse konnte sagen und schreiben, was sie wollte, am Ende waren es nur Worte.

Und Worte konnten einen nur verletzen, wenn man sie sich zu Herzen nahm. Amelia sollte es besser wissen. Außerdem war das strenge Urteil der Zeitungen nichts im Vergleich zu der Trauer über den Verlust eines Kindes – bis man diesen Verlust und die Trostlosigkeit nicht selbst erlebt hatte, verstand man wahres Leid nicht.

Alles in Benedettos Leben musste sich mit dem Schmerz vergleichen, den er jeden einzelnen Tag seines Lebens spürte.

Bis zum Tag seines Todes würde er an Sasha mit einer Leere in seinem Inneren denken, die einfach nicht vergehen wollte. Es war jedoch eine Leere, die er willkommen hieß. Welches Recht hatte er, sein Leben zu genießen, wenn es ihm nicht gelungen war, seine wunderschöne, süße Tochter zu retten?

„Wir hatten beschlossen, Amelia zu erlauben, Amelia zu sein. Sie sollte das klären, was auch immer in ihrem Kopf vor sich ging, und nach Hause kommen, wenn sie dazu bereit wäre. Natürlich dachten wir, dass es nur eine Frage von Wochen wäre.“ Er lachte freudlos auf. „Vielleicht von Monaten. Aber nun ist sie schon zwei Jahre in ihrem selbst auferlegten Exil, und es gibt keinerlei Anzeichen für ihre Rückkehr. Das geht zu weit.“ Er trank einen Schluck von seinem Whiskey. „Meine Eltern leiden wesentlich mehr, als sie sich anmerken lassen. Sie vermissen sie. Das tun wir alle.“

Benedetto behielt seine Gedanken für sich. Er war Amelia nie begegnet – die meiste Zeit mit Anton hatte er außer Landes verbracht, entweder hier in London oder in den Staaten, und bei seinem Besuch im kleinen, aber überaus wohlhabenden Catarno hatte er nur den König, die Königin und Antons Bruder kennengelernt. Doch er hatte genug über Amelia gehört und gelesen, hatte im Laufe der Jahre ausreichend Frauen wie sie getroffen, um sich ein ziemlich gutes Bild von ihr machen zu können.

Dennoch war sie Antons Schwester, und er wusste, wie Familien und Loyalität funktionierten.

„Wie kann ich helfen?“

Antons Erleichterung war ihm anzusehen. „Würdest du zu ihr gehen, Ben? Du bist der Einzige, dem ich diese Aufgabe anvertrauen kann. Du musst tun, was immer nötig ist, um sie nach Hause zu holen.“ Er machte einen Schritt auf seinen Freund zu. „Bitte.“

Sein Freund brauchte ihn nicht lange zu bitten. Benedetto hatte in dem Moment entschieden, ihm zu helfen, in dem Anton ihn gefragt hatte. Entschlossenheit stieg in ihm auf. „Ich werde sie rechtzeitig zur Hochzeit nach Hause bringen – darauf gebe ich dir mein Wort.“

1. KAPITEL

Bevor sie die Jacht betrat, schaute Amelia über das funkelnde Meer, wie sie es jeden Tag tat – nach Osten, in Richtung Heimat. Sie war weit weg, getrennt von ihrem Zuhause durch Land, Meer, Meilen. Ihr Zuhause war mit zu viele Problemen behaftet, als dass Amelia auch nur in Betracht ziehen würde, diese Entfernung zu überbrücken. Doch das bedeutete nicht, dass ihr die Heimat nicht fehlte, dass sie sich nicht von ganzem Herzen danach sehnte. Aber sie würde niemals nach Hause zurückkehren können – dieses Risiko konnte sie einfach nicht eingehen.

Sie kniff die Augen ein wenig zusammen und stellte sich vor, was ihre Eltern gerade taten, ihre Brüder, dachte an den Palast, in dem sie aufgewachsen war und den sie immer geliebt hatte. Wie das Licht durch die Fenster aus dem vierzehnten Jahrhundert fiel. Wie der Garten zu den verschiedenen Jahreszeiten aussah. Sie fand ihn immer im Sommer am schönsten, wenn der Duft der Blüten schwer in der Luft lag und die Rosen im Überfluss wuchsen.

Was für ein Kontrast zu dem Geruch nach Meerwasser und Zitronenblüten, den sie hier einatmete.

Doch das hier war jetzt ihr Zuhause. Hier, am Rande von Valencia, hatte sie sich neu erfinden können, war aus ihrem Schmerz und ihrem Schock als jemand Neues aufgetaucht. Als jemand, der unabhängig war. Und wichtiger noch: als jemand, der nicht königlich war. Sie mochte sich verzweifelt nach einer Rückkehr zum Palast und ihrer Familie sehnen, aber das hieß nicht, dass sie sich nicht in ihr neues Leben verliebt hatte. Die meisten hätten es als ruhig und langweilig bezeichnet, aber Amelia war nicht die typische Vierundzwanzigjährige. Sie war auf so vielen Partys, Bällen und Urlauben in Übersee gewesen, dass es für ein ganzes Leben reichte. Jetzt war sie glücklich damit, einfach zu existieren.

Vielleicht brauchte sie diese Ruhe immer noch, um zu heilen, sich von dem Schock und dem gebrochenen Herzen zu erholen, von dem tiefen Gefühl des Verrats, das zu ihrem Rückzug von der Welt geführt hatte.

Eine Möwe flog über sie hinweg, und Amelia schaute ihr einen Moment lang sehnsüchtig hinterher, bevor sie ihren Rucksack schulterte und auf den Jachthafen zuging, in dem zwischen den schicken Privatjachten zum Glück auch noch ein paar Fischerboote ankerten.

Diese Gegend war immer mehr zu einem Viertel der Reichen geworden, was sich in dem kleinen Hafen spiegelte. Unter den beeindruckenden Jachten stach eine ganz besonders heraus. Ihr Bauchgefühl sagte Amelia, dass dieses hier das Boot war, nach dem sie suchte. Und richtig, im Näherkommen fiel ihr der Name Il Galassia ins Auge.

Bingo, dachte sie.

Ihre Erfahrungen im Bereich Immobilienfotografie waren noch begrenzt, doch von ihren Klienten hatte sie bisher gute Rückmeldungen erhalten, und ihr gefiel die Arbeit. Sie war von ihrer Agentur engagiert worden, um Luxusapartments und Häuser für den Verkauf zu fotografieren, und diese Aufgabe hatte sie aufblühen lassen. Eine Jacht hingegen war etwas Neues.

Sie hatte das Wasser schon immer geliebt. Als kleines Mädchen hatte sie ihre Sommer auf der königlichen Jacht verbracht, auf der attraktive Marineoffiziere als Crew gedient und Amelia alles über das Steuern eines solchen Bootes beigebracht hatten.

Nun fiel ihr auf, wie die nachmittäglichen Sonnenstrahlen auf der weißen Megajacht spielten, und ohne zu zögern blieb sie stehen, nahm ihren Rucksack ab und holte die Kamera heraus. Sie schaute durch den Sucher, veränderte die Position ein wenig, bis es aussah, als würden die Sonnenstrahlen den Bug durchschneiden, atmete einmal tief durch und drückte ab.

Das Fotografieren war für Amelia beinahe ein spiritueller Akt. Einen Moment einzufangen, eine Erinnerung, kam ihr magisch vor. Doch erst seitdem sie alles und jeden hinter sich gelassen hatte, die sie kannte und liebte, all die Orte, die ihr bis vor wenigen Jahren noch zutiefst vertraut gewesen waren, verstand sie wirklich, wie wichtig ihre Fotos waren, denn sie erinnerten sie daran, welche Opfer sie gebracht hatte.

Während sie das Foto auf dem Display der Kamera betrachtete und zufrieden lächelte, war sie sich nicht bewusst, dass hinter einer der vielen getönten Scheiben der Jacht ein Mann stand und sie unter missbilligend gerunzelter Stirn beobachtete.

Benedetto di Vassi fand, dass Prinzessin Amelia genauso aussah, wie er es erwartet hatte: wunderschön mit einer schlanken Figur und langen, welligen blonden Haaren, die zu einem losen Zopf geflochten waren, der ihr über die Schulter fiel. Ihre Haut war tief gebräunt, was davon zeugte, dass sie aus Eitelkeit viel Zeit in der Sonne verbrachte, und ihr fließendes Kleid wirkte wie aus den Siebzigerjahren – es fiel ihr bis auf die Knöchel, und unter dem Saum blitzten braune Ledersandalen hervor. Das einzige Zugeständnis an ihren Job war der Rucksack, aus dem sie gerade eine Kamera hervorgeholt hatte.

Benedetto presste die Lippen zusammen, wandte sich vom Fenster ab und rieb sich mit einer Hand übers Kinn.

Er hatte Anton versprochen, dass er ihm helfen würde, und das bereute er nicht. Aber er war auch kein totaler Neandertaler. Die Vorstellung, eine Frau zu entführen, behagte ihm gar nicht. Da er seine Mitarbeiter nicht in diese Sache mit hatte hineinziehen wollen, hatte er nur zwei seiner vertrauenswürdigsten Teammitglieder mitgenommen. Cassidy und Christopher. Die beiden würden die Jacht steuern, sich ums Kochen, Putzen und alles andere kümmern, das anfiel. Doch egal, wie komfortabel sie der Prinzessin die Reise auch machen würden, am Ende des Tages beraubte er sie ihrer Freiheit.

Er brachte sie nach Hause zurück.

Und angesichts dessen, dass sie die letzten Jahre absichtlich in der Versenkung verschwunden war, konnte er davon ausgehen, dass sie sich über diese Entwicklung nicht freuen würde.

„Cassidy haben Sie gesagt?“

„Ja.“ Die Frau hatte einen australischen Akzent. Ihr Haar war nur einen Hauch dunkler als ihre Haut, und ihre Augen waren faszinierend. Beim Lächeln enthüllte sie perlweiße Zähne. „Ben erwartete Sie schon.“

„Ist Ben der Agent des Verkäufers?“, fragte Amelia und folgte der anderen Frau.

„Nein, er ist der Besitzer.“

„Oh.“ Amelia runzelte die Stirn. Ihr Agent hatte ihr nicht gesagt, dass der Besitzer der Jacht an Bord sein würde. Normalerweise war sie allein, wenn sie die Objekte fotografierte, und konnte sich frei bewegen. Was einer der Gründe dafür war, dass sie sich für die Immobilienfotografie entschieden hatte. „Nun, ich werde versuchen, ihm nicht in die Quere zu kommen.“

„Das wird nicht nötig sein“, sagte eine tiefe, raue Männerstimme, die Amelia aus irgendeinem Grund erschauern ließ. Unwillkürlich drehte sie sich um und wappnete sich – wofür, konnte sie nicht sagen, doch es fühlte sich notwendig an.

Die Luft um sie herum war wie elektrisch aufgeladen.

Amelia hatte nicht damit gerechnet, hier an Bord überhaupt jemanden anzutreffen, und mit jemandem wie ihm hatte sie definitiv nicht gerechnet.

Sie versuchte, die Fassung zurückzugewinnen, zu verstehen, was an diesem Mann so verstörend, so bedrohlich war. Er war eindeutig sehr stark, was seine breiten Schultern und der flache Bauch unter dem weißen Hemd verrieten. Dazu trug er Chinos, doch seine Füße waren nackt. Amelia versuchte, den Kloß hinunterzuschlucken, der sich ihr in der Kehle gebildet hatte.

Schnell hob sie den Blick und musterte sein Gesicht mit, wie sie sich einredete, dem Interesse einer Fotografin: symmetrische Züge, die hart und scharf geschnitten wirkten, aber dennoch unglaublich anziehend waren. Er wirkte wie ein Mann, der Geheimnisse hatte, die sie auf einmal unbedingt erfahren wollte. Ein kantiger Kiefer, der eine innere Stärke verriet, die von dem harschen Zug um seine Lippen unterstrichen wurde. Doch es waren seine Augen, die drohten, ihr die Knie weich werden zu lassen. Sie waren beinahe pechschwarz und durchdringend. Es war das einzige Wort, das ihr dazu einfiel. Sie strahlten eine immense Wut aus, ein Gefühl, das keinen Sinn ergab, und doch war sie sich sicher, dass er sie ansah, als ob …

Doch dann blinzelte er und sein Blick wurde weicher – gerade ausreichend, um sie ihre erste, nun albern erscheinende Interpretation infrage stellen zu lassen.

„Das ist die Fotografin“, riss Cassidy sie aus ihren Gedanken. „Millie, richtig?“

Dankbar für die Ablenkung wandte Amelia kurz den Blick ab. Die verniedlichte Form ihres Namens zu hören, die sie seit dem Verlassen ihrer Heimat benutzte, war irgendwie beruhigend. „Ja, Millie.“

„Das ist Ben. Und dieses wunderschöne Gefährt gehört ihm.“ Cassie strich mit einer Hand über die Reling des Bootes, bevor sie sich Ben zuwandte. „Ich wollte Millie gerade eine Führung geben.“

Ben schüttelte den Kopf. „Das übernehme ich.“

Amelia zog sich der Magen zusammen. Sie war nicht sicher, ob diese Ankündigung sie erfreute oder mit Grauen erfüllte, doch ihr ganzer Körper schien auf alarmierende Weise auf diese Worte zu reagieren. Hitze schoss ihr durch die Adern, und ihre Finger zitterten, sodass sie ihre Hände vor dem Bauch verschränkte.

Cassidy warf Amelia einen letzten, beinahe entschuldigenden Blick zu und ging. Hatte sie den Zorn in Bens Miene ebenfalls gesehen? War er von Natur aus mürrisch, und Cassidy bedauerte, sie mit ihm allein lassen zu müssen?

Amelia schaute zur Gangway und fragte sich, welche Auswirkungen es auf ihre Karriere hätte, wenn sie sich jetzt schnell aus dem Staub machte.

Wenn sie ehrlich war, brauchte sie das Geld nicht.

Sie hatte einen Treuhandfonds vonseiten der Familie ihrer Mutter, der nichts mit ihren adligen Verwandten zu tun hatte. Davon hatte sie sich nach dem Verlassen des Palasts eine kleine Wohnung und das absolut Notwendigste gekauft. Es hatte Amelia überrascht, wie aufregend es war, ihr eigenes Geld zu verdienen. Ihr Einkommen war kaum der Rede wert, doch es gehörte allein ihr. Sie verdiente es sich durch harte Arbeit und Talent, und dieses Gefühl war süchtig machend.

Auf keinen Fall konnte sie diesen Auftrag sausen lassen, auch wenn der Besitzer dieser Jacht etwas an sich hatte, das ihre Nerven in Alarmbereitschaft versetzte.

„Lassen Sie mich Ihnen erst den Unterhaltungsbereich zeigen.“

„Gern“, sagte Amelia und klang selbst in ihren eigenen Ohren angespannt und steif. Sie versuchte, das mit einem Lächeln wiedergutzumachen, doch selbst das fühlte sich angestrengt an.

Ihn zu beeindrucken gehört nicht zu deinem Job, sagte sie sich. Sie war hier, um Fotos zu machen, mehr nicht.

Und doch war sie sich seiner Gegenwart auf einer beinahe seelischen Ebene bewusst, als er sie zu einer breiten Tür führte. Die feinen Härchen in ihrem Nacken hatten sich aufgerichtet, und ihr Magen fühlte sich an, als würde sie in einer Waschmaschine stecken.

„Das hier ist eine der Lounges“, erklärte Ben, der die Spannung, die Amelia befallen hatte, nicht zu spüren schien. Sie bemühte sich nach Kräften, sich auf die Führung zu konzentrieren, und betrachtete den Raum mit professionellem Blick. Bald schon war sie so darauf konzentriert, die besten Perspektiven für ihre Fotos zu finden, dass sie seine Anwesenheit beinahe vergaß.

Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, verengte er die Augen, als erwartete er, dass sie etwas sagen würde. Also nickte sie. „Sehr schön.“

Schön war nicht das passende Wort, um diesen luxuriösen Raum zu beschreiben, dessen breite Fenster einen atemberaubenden Blick auf das Meer auf der einen Seite und den Hafen auf der anderen boten.

Doch so wunderschön das auch alles war, konnte sie sich dennoch nicht vorstellen, dass dieser Mann sich diesen so minimalistischen, in weichen Cremetönen gehaltenen Stil selbst ausgesucht hatte. Sicher, sie kannte ihn kaum, aber ihr erster Eindruck war der eines wilden, ungezähmten Mannes, sodass sie eher mit … Ja, mit was gerechnet hätte? Schwarzem Leder und Tierfellen? Der Gedanke ließ sie lächeln.

„Was amüsiert Sie?“

Verdammt. Sie setzte eine neutrale Miene auf und schaute ihn unschuldig an. „Überhaupt nichts. Soll ich hier anfangen?“ Sie hob ihre Kamera an, um sie beide daran zu erinnern, warum sie überhaupt hier war.

„Ich zeige Ihnen erst den Rest des Boots, dann können Sie entscheiden.“

„Okay.“ Sie zuckte mit den Schultern, doch ihr wurde der Mund ganz trocken, als sein Blick von ihrem Gesicht zu ihrer entblößten Schulter wanderte, von der das Kleid ein wenig hinuntergerutscht war. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihren Armen aus, und zu Amelias Entsetzen spürte sie, wie ihre Brustwarzen kribbelten und sich gegen den dünnen Stoff drückten. Da das Wetter in Valencia warm und das Leben unbeschwerter war, trug sie keinen BH. Doch jetzt wünschte sie sich, sie trüge einen, als Schild gegen die Flammen, die heiß über ihren Körper züngelten.

Sie drehte sich weg und fragte mit leicht atemloser Stimme: „Wohin als Nächstes?“

„Nicht da entlang“, erwiderte er mit einem belustigten Unterton. „Außer Sie haben vor, schwimmen zu gehen.“

„Es sieht verlockend aus“, gab sie murmelnd zu.

„Ein andermal vielleicht“, sagte er.

Ein andermal?

Nein. Amelia schob den Gedanken energisch beiseite. Es würde kein anderes Mal geben.

Ihr Entschluss, der Vergangenheit zu entfliehen, bedeutete auch, in der Gegenwart zurückgezogen zu leben. Sie vermisste ihre Freunde, und es gab Zeiten, in denen sie unglaublich einsam war. Aber das war das Leben, das sie für sich gewählt hatte. Es konnte nicht anders sein. Sie durfte nie wieder das Risiko eingehen, jemandem zu nahe zu kommen. Nicht nach dem, was passiert war. Wie könnte sie jemals wieder jemandem vertrauen, nachdem ihr Freund sie betrogen und damit erpresst hatte, Amelias persönlichstes Geheimnis publik zu machen?

Wobei es nicht wirklich ihr Geheimnis war.

Sie war nur das Nebenprodukt, der Beweis, aber es war ihre Mutter gewesen, die ihren Mann betrogen hatte und von jemand anderem als dem König schwanger geworden war. Ihre Mutter, die Amelia außerhalb des Ehebetts empfangen hatte. Die alle bezüglich Amelias Vaterschaft angelogen hatte. Es war ihre Mutter gewesen, die Amelia der königlichen Familie untergeschoben und die ihr eingeredet hatte, ihr Vater wäre ein Mann, der er nicht war. Die Amelia in dem Glauben aufgezogen hatte, dass ihre Brüder genau das waren und nicht nur ihre Halbbrüder, die sie enterben würden, wenn sie die Wahrheit erführen.

Sie war ihrer Mutter, der Königin, zuliebe weggelaufen.

Und auch wegen König Timothy, dem Mann, der sie aufgezogen hatte, denn die Wahrheit würde ihn mit Sicherheit zerstören.

Schnell blinzelte sie die aufsteigenden Tränen weg. Das hier war nicht der richtige Zeitpunkt, um ihre Vergangenheit in die Gegenwart bluten zu lassen.

„Haben Sie mit dem Makler wegen der Erstellung eines Grundrisses gesprochen?“, fragte sie mit leicht bebender Stimme, dann räusperte sie sich und fuhr fort: „Andererseits sieht die Jacht noch recht neu aus, sodass Sie vielleicht noch die Baupläne haben?“

„Die habe ich“, bestätigte er, ohne auf die Emotionen in ihrer Stimme einzugehen, wofür sie dankbar war. Denn sie fürchtete, wenn er sie gefragt hätte, ob alles in Ordnung sei, wäre sie geneigt gewesen, die Wahrheit zu sagen. Aber warum jetzt? Warum bei diesem Mann?

„Gehen wir weiter, Mr. …?“

Er schwieg einen Moment, bevor er sagte: „Di Vassi. Benedetto di Vassi.“

„Di Vassi“, murmelte sie und fragte sich, warum ihr der Name bekannt vorkam. Er war ungewöhnlich, und sie war sicher, ihn schon einmal gehört zu haben. „Sind wir uns schon mal begegnet?“, fragte sie.

„Nein“, sagte er leichthin, und sie glaubte ihm, auch wenn die warnende Stimme in ihrem Kopf nicht verstummen wollte.

Sie betraten einen weiteren opulenten Wohnraum mit einem großen Esstisch und einer Bar. Danach folgte eine Lounge mit Klavier und mehreren Ledersofas. Und schließlich kamen sie in einen Raum, der zugleich Bibliothek und Büro war. Der Schreibtisch aus dunklem Holz stand mitten im Raum, und es gab ein bodentiefes Fenster und mit Büchern gefüllte Regale. Als Leseratte juckte es Amelia in den Fingern, näherzutreten und die Titel auf den Buchrücken zu überfliegen, aber dazu würde später noch Zeit sein, wenn sie die Führung beendet hatten und sie das Boot auf eigene Faust erkunden konnte.

Sie betraten einen Flur, von dem mehrere geschlossene Türen abgingen.

„Schlafzimmer“, sagte er. „Sollen wir?“

Doch alles in ihr rebellierte gegen diese Vorstellung. So wie ihr Puls raste und ihr Innerstes auf diesen Mann reagierte, fürchtete sie sich davor, mit ihm allein in einem Schlafzimmer zu sein.

„Später“, stieß sie hervor.

„Gut. Dann gehen wir nach unten.“

Bildete sie sich das Zögern in seiner Stimme nur ein? Den Anflug von Emotionen? Als er an ihr vorbeiging, stieg ihr der Duft seines Aftershaves in die Nase. Eine Welle des Verlangens brandete durch sie hindurch, und sie versuchte, dieses Gefühl zu verarbeiten. Warum packte es sie ausgerechnet jetzt und hier?

„Ich … vielleicht sollte ich den Rest der Jacht allein erkunden“, schlug sie aus reinem Selbsterhaltungstrieb vor, obwohl sie nichts lieber wollte, als mehr Zeit mit diesem Mann zu verbringen, den sie unerklärlich faszinierend fand.

„Warum?“, fragte er und machte noch einen Schritt vor, sodass ihre Körper sich einander beinahe berührten.

Amelia stieß ein leises Stöhnen aus, denn sie hatte das Gefühl, hier auf verlorenem Posten zu stehen. Wann war sie das letzte Mal geküsst worden? Berührt? Voller Sehnsucht angeschaut?

Die Antwort war leicht. Eine Woche, bevor sie Catarno verlassen hatte, hatte sie mit Daniel Schluss gemacht. Es war der Beginn der schlimmsten Woche ihres Lebens gewesen, und seitdem war sie Männern aus dem Weg gegangen. Doch selbst vor ihrer Trennung war es keine sonderlich leidenschaftliche Beziehung gewesen. Erst war er ihr bester Freund gewesen, was seinen Verrat nur umso schlimmer gemacht hatte, als er sie benutzt hatte, um sich finanziell zu bereichern. 

Das hier war alles so übermächtig, doch zu ihrer Überraschung stellte Amelia fest, dass es ihr gefiel, von dieser Anziehungskraft überwältigt zu werden, auch wenn es ihr gleichzeitig Angst machte.

Was würde passieren, wenn sie der Verlockung nachgäbe? Wenn sie sich auf Zehenspitzen stellte und ihn küsste? Wäre er schockiert? Oder fühlte er sich genauso von ihr angezogen wie sie sich von ihm?

Sie riss die Augen auf, aus Furcht, diesen Gedanken laut ausgesprochen zu haben, denn Ben hob eine Hand und legte sie ihr an die Wange. Nicht sanft, nicht einmal sinnlich. Es war eine besitzergreifende Berührung, als hätte er jedes Recht dazu, und Amelia rief sich in Erinnerung, wie sie einander auf dem Deck angeschaut hatten. Die Wut in seinen Augen. Und sie fragte sich, ob die Geste von demselben Gefühl angetrieben wurde.

Doch dann stieß er langsam den Atem aus und verengte den Blick, als wäre er verwirrt. „Deine Augen sind so anders“, sagte er.

Sie blinzelte verständnislos. „Anders als was?“

Ein größeres Boot schien an ihnen vorbeizufahren, denn die Jacht schwankte ein wenig, sodass Amelia kurz das Gleichgewicht verlor. Benedetto packte sie am Arm, um sie festzuhalten. Dann legte er ihr eine Hand an die Hüfte.

„Ben … ich …“, setzte sie an, hielt dann aber inne, weil sie keine Ahnung hatte, was sie sagen wollte. Zuerst hatte sie wegen seiner Vertraulichkeit protestieren wollen, doch das wäre die Reaktion von Prinzessin Amelia Moretti gewesen, die immer auf ihren Ruf hatte achten müssen. Das war nicht länger nötig. Und doch, wie sollte sie darauf vertrauen, dass er sie nicht verraten würde, wenn sie dem hier nachgäbe? Wie könnte sie jemals wieder irgendjemandem vertrauen? Ihr einziger Vorteil war, dass er keine Ahnung hatte, wer sie war. Für ihn war sie nur eine Fotografin, keine Prinzessin mit einem kleinen Vermögen im Hintergrund.

Er ließ seine Hand zu ihrem Rücken gleiten und beschrieb mit den Fingern langsame Kreise darauf.

„Was willst du?“, fragte er rau.

Amelia war wie hypnotisiert, und doch gab es einen kleinen Teil in ihrem Gehirn, der noch rational denken konnte und sich über die seltsame Wendung der Ereignisse wunderte. Bisher hatte sie sich nie von starken Männern angezogen gefühlt. Und doch stand sie nun hier und sehnte sich verzweifelt danach, sich auszuziehen und von einem Mann lieben zu lassen, der mehr ungezähmtes Biest als sonst etwas war.

„Ich … ich sollte nicht …“

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