Verführe niemals einen Highlander

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Lady Selina klopft das Herz bis zum Hals, als plötzlich Ian Gilvry vor ihr steht. Aus dem schottischen Jungen, der ihr einst den ersten Kuss raubte, ist ein stolzer Highlander geworden. Und noch immer bringt sein betörender Blick sie völlig um den Verstand! Doch der Zwist, der sie schon damals trennte, hat sich verschärft: Denn Ian bekämpft die englischen Gutsherren inzwischen mit allen Mitteln. Selina ringt mit ihren Gefühlen für den rebellischen Laird. Als ihm Gefahr droht, folgt sie ihrem Herzen - und löst einen Skandal aus, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt …


  • Erscheinungstag 19.11.2013
  • Bandnummer 550
  • ISBN / Artikelnummer 9783733762179
  • Seitenanzahl 256
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Schottland, 1818

Wieso hatte sie es eigentlich für eine gute Idee gehalten, nach Schottland zurückzukehren? Lady Selina Albright musterte den eisernen Kronleuchter, der an uralten eichenen Deckenbalken hing, ließ den Blick über graue Steinmauern schweifen, über zerschlissene Gobelins, gewaltige Schwerter, verrostete Piken – und wollte nur noch fort von hier.

Doch nachdem sie schon zwei höchst akzeptablen Gentlemen davongerannt war, wäre ihr Ruf wohl endgültig ruiniert, wenn sie nun zum dritten Mal einen Beinahe-Verlobten verschmähte. Nicht einmal der beträchtliche Einfluss ihres Vaters könnte sie dann noch davor bewahren, dass man sie öffentlich an den Pranger stellte. Und ganz nebenbei – diesen Kandidaten hatte sie sich sogar selbst ausgesucht. Letzten Endes.

Im Bankettsaal von Carrick Castle wimmelte es von Gästen – die Herren im förmlichen Abendanzug, die Damen prunkvoll gewandet und mit Juwelen geschmückt, die im Kerzenschein bei jeder Bewegung aufblitzten.

„Mit einem derartigen Gedränge habe ich nicht gerechnet“, bemerkte Chrissie, die neue Lady Albright. Ihr Vater hatte sie erst vor einem Jahr geheiratet, und sie war der Grund, aus dem Selina in diese Reise eingewilligt hatte. Wenn sie auch nie so unfreundlich sein würde, ihr das zu sagen.

„Carrick muss jedes einzelne Mitglied des schottischen Adels eingeladen haben“, spottete Selina. „Eigentlich müsste jeden Moment Banquos Geist auftauchen oder drei Hexen mit Kessel.“ Ihr lief es kalt über den Rücken. „Ich hätte in London warten sollen, bis Algernon seine Pflichten hier im Norden erfüllt hat.“ Sie warf einen Blick hinüber zu dem riesigen Kamin, vor dem der ehrenwerteste Algernon Dunstan mit einem weiteren Offizier ins Gespräch vertieft stand. Blond und schlank sah er in seiner roten Uniform umwerfend aus. Nicht ganz der brillante Fang, den ihr Vater von ihr erwartet hatte, doch ein junger Mann aus guter Familie und von freundlicher Natur. Ein Mann, der einen angenehmen Gemahl abgeben würde.

Er bemerkte ihren Blick und verbeugte sich leicht.

Sie neigte den Kopf und schenkte ihm ein Lächeln. Auch seinetwegen war sie hergekommen: um die Bindung zwischen ihnen zu festigen und so dem Haus ihres Vaters zu entkommen, in dem sie sich entschieden überflüssig fühlte.

„Ich finde es sehr romantisch“, meinte Chrissie und schaute mit großen Augen umher. „Ich fühle mich, als wäre ich zwischen den Buchdeckeln von Waverly gelandet. Ist Dunross Keep ebenso zauberhaft?“

„Dunross ist so romantisch wie ein offenes Boot auf der Nordsee im Winter.“ Kaum vorstellbar, dass sie sich vor mehr als zehn Jahren auf den ersten Blick in die Festung verliebt hatte. Sie war ganz sicher ein sehr launenhaftes Kind gewesen, das man leicht beeindrucken konnte. „Bei Weitem nicht so großartig wie Carrick Castle. Im Sommer ist es kalt und feucht und besonders im Winter so eisig, dass man es kaum aushalten kann. Hat Vater dir gesagt, dass die Einheimischen uns hassen, weil wir Engländer sind? Für sie sind wir Eindringlinge und Thronräuber.“ Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte sich ihr Vater vorgenommen, ausgerechnet Dunross Keep einen Besuch abzustatten – was er ihr gegenüber nicht erwähnt hatte, als sie London verließen. Sie bereute zutiefst, dass sie ihn auf diese Reise begleitet hatte. Dunross war der letzte Ort auf Erden, den sie zu besuchen wünschte.

„Oh, du meine Güte!“, sagte Chrissie. „Wer ist das?“

Selina spürte, wie ihr Herz heftiger schlug, als sie den hochgewachsenen Mann in der Tracht der Highlands erkannte, der da unter dem hohen, steinernen Bogen zum Saal stand. Ian Gilvry, der selbsternannte Laird of Dunross.

Der Mann, der ihr Schottland verhasst gemacht hatte. Als sie ihn ansah, verkrampfte sich ihr Magen, und ihr fiel das Atmen schwer.

Sie hätte ihn überall wiedererkannt. Obwohl er nicht mehr der schlaksige junge Mann war, den sie in Erinnerung hatte. Er war kraftvoll und muskulös und trotz seines rot-grün karierten Kilts extrem männlich.

Seine Züge waren zu streng und zu finster, als dass man ihn in den Londoner Salons für gutaussehend befunden hätte. Auch der weiße Spitzenbesatz an Hals und Manschetten seines Hemdes taten der gefährlichen Aura, die ihn umgab, keinen Abbruch. Die pure Lebenskraft, die er ausstrahlte, zog den Blick jeder einzelnen Frau im Saal auf sich. Auch ihren eigenen.

Er war der letzte Mann, den sie auf Lord Carricks Gesellschaft erwartet hatte, oder der letzte, den sie überhaupt erwarten wollte. Hoffentlich war er nicht gekommen, um Ärger zu machen.

Er schaute sich im Saal um, und voller Unmut bemerkte sie, wie ihr Herz zu rasen begann, während sie darauf wartete, dass seine himmelblauen Augen sie entdeckten. Als prompt sein Blick auf ihr verharrte, stockte ihr Atem und ihr Herz setzte einen Schlag lang aus.

Ein Ausdruck der Verachtung huschte über seine Züge, dann ließ er den Blick weiterwandern. Die Zurückweisung stach sie wie eine heiße Nadel. Lächerlich. Sie gab nicht einen Deut um Ian Gilvrys Meinung. Mochte er auch der erste Mann – oder eher Jüngling – gewesen sein, der sie geküsst hatte, so war es doch nur ein ungeschickter Versuch gewesen, nicht der Erinnerung wert. Und ganz besonders deswegen nicht, da ihre Familien auf Kriegsfuß miteinander standen.

„Wer ist das?“, flüsterte Chrissie.

„Ian Gilvry von Dunross“, gab sie leise zurück. Weiterer Erklärungen bedurfte es nicht.

Chrissie schaute verächtlich. „Das ist Ian Gilvry? Was macht er hier? Ich dachte, es sei nur der echte Adel eingeladen.“

Selina zuckte unmerklich zusammen. Wieso drängte es sie danach, gegen diesen herablassenden Ton zu protestieren? „Er ist mütterlicherseits mit Lord Carrick verwandt, ein entfernter Cousin.“

Chrissie rümpfte die Nase. „Sein Aufzug ist für die feine Gesellschaft wirklich ungehörig!“ Diese Worte hätten auch von Selinas Vater stammen können, dessen Meinung sich Chrissie wohl abgeschaut hatte. Denn bei jedem anderen hätte sie diese Tracht für romantisch gehalten. „Er sieht ja wie ein Barbar aus.“

Das ja – doch welch ergötzlichen Anblick bot er.

Aber derartige Gedankengänge sollte sie bei einem Mann tunlichst vermeiden, der sie und ihre Familie verachtete.

„Es ist die traditionelle Tracht der Highlands.“

„Ich staune, dass du ihn verteidigst.“ Chrissie schüttelte ungläubig den Kopf.

Selina spürte, wie sie errötete. „Ich stelle nur eine Tatsache fest!“ Als Chrissie die Brauen hob, merkte Selina, dass sie sich wohl im Ton vergriffen hatte. Sie zuckte die Achseln.

Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie Ian gemächlich den Saal durchquerte und bei einem Freund stehenblieb. Er begrüßte ihn mit einem Lächeln, das seine strengen Züge verwandelte und eine unbändige Herzlichkeit zum Vorschein brachte.

Ließ sie sich etwa immer noch von diesem Lächeln blenden? Wohl kaum. Sie scherte sich nicht im Mindesten um Ian Gilvry oder seine Brüder. Sie waren stolze, arrogante Männer, die vor nichts Halt machten, um ihren Vater um das Land zu bringen, das sie als ihr Eigen betrachteten.

Als ob er ihren Blick spürte, schaute er in ihre Richtung. Nur für einen kurzen Moment sahen sie sich direkt an. Hitze stieg ihr in die Wangen. Hastig wandte sie sich ab.

„Schau, Selina“, sagte Chrissie, „da ist Lady Carrick. Dein Vater bat mich ausdrücklich, mich besser mit ihr bekannt zu machen, und jetzt steht sie endlich einmal nicht mitten im Gedränge. Kommst du allein zurecht?“

Selina schluckte eine scharfe Antwort hinunter. Sie hatte sich fest vorgenommen, die mütterlichen Anwandlungen der jungen Frau nicht zu beachten. Chrissie wollte nur freundlich sein, wie immer. „Ich bleibe ganz zufrieden hier am Platz und warte auf deine Rückkehr.“ Sie scheuchte sie mit einem auffordernden Wedeln ihres Fächers fort. Hoffentlich hatte sie nicht bemerkt, wie schwer es ihr fiel, ihre Ungeduld nicht zu zeigen.

Chrissie, wild entschlossen, eine gehorsame Gemahlin zu spielen, huschte geschäftig davon. Selina konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie war nicht davon ausgegangen, dass sie die neue Frau ihres Vaters gern haben würde, aber nun kamen sie meistens recht gut miteinander aus.

Unglücklicherweise führte Chrissies übereifrige Besorgtheit und ihre maßlose Liebenswürdigkeit immer häufiger dazu, dass sich Selina wie ein Gast im eigenen Haus fühlte. Dass sie nach ihrem Unfall lange Monate ans Bett gefesselt war, verstärkte diesen Zustand zusehends. Da sie das Haus nicht verlassen konnte, grübelte sie häufig und kam zu dem Schluss, dass es nun an der Zeit wäre, ihren eigenen Platz in der Welt zu finden. Und Heirat war der einzige Ausweg.

Unwillkürlich folgte sie Ian erneut mit ihren Blicken. Wie es aussah, wanderte er von Gruppe zu Gruppe und kam ihrem Platz stetig näher. Ihr Herz schlug schneller. Ihr Mund wurde trocken. Er hatte doch wohl nicht die Frechheit, sie anzusprechen? Sie lockerte ihre Finger, die sich um ihren Fächer gekrampft hatten, und schaute angelegentlich umher, damit niemand ihr Interesse bemerkte.

Und da kam ja auch Dunstan, um sich zu vergewissern, dass sie sich so allein nicht unbehaglich fühlte. Er eilte so munter auf sie zu wie ein junges Hündchen, das seinen verbuddelten Knochen wiedergefunden hat. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm zur Belohnung den Kopf tätscheln sollte oder lieber ein Stöckchen werfen, um ihn davonflitzen zu sehen. Was natürlich beides nicht anging. Nicht, wenn sie ihn behalten wollte.

Als dritter Sohn eines einflussreichen Earls war er die perfekte Partie für die Tochter eines Barons. Allerdings hatte sie auch schon einmal kurz davor gestanden, sich den ziemlich flotten Erben eines Grafentitels an Land zu ziehen, dem nach Lissabon zu folgen sie kühn genug gewesen war. Doch als er den letzten Schritt tun wollte, war sie in Panik geraten und ausgerissen. Genauso war es ihr danach mit einem Viscount widerfahren. Seitdem stand sie in dem Ruf, nur noch Körbe zu verteilen, und war zum Objekt der Begierde für all jene Gentlemen geworden, die eine Herausforderung liebten. Zumindest bis ihr Unfall sie zum Objekt des Mitleids machte.

Ihre erste Flucht hatte sich allerdings als richtig erwiesen. Denn wenn man dem Klatsch Glauben schenkte, hätte sich jener Freier als wenig gefügiger Ehegatte entpuppt.

Dunstan war da ganz anders. Er würde der perfekte Gatte sein. Fügsam. Nett. Und absolut vernarrt in sie. Es würde ein Leichtes sein, ihn um den Finger zu wickeln. Wäre er nur in Bath oder Brighton stationiert, anstatt im finstersten Schottland! Als er an sie herantrat, lächelte sie freundlich.

„Darf ich Ihnen sagen, wie entzückend Sie heute Abend aussehen?“, sagte er eifrig.

„Danke, Lieutenant Dunstan, Sie sind zu gütig.“

Sein Blick huschte zu ihrem Busen und dann zu ihrem Gesicht. Sehnsüchtig sah er sie an, während er seine Lippen heiß auf ihre behandschuhte Hand drückte.

Eine Demonstration seines Besitzanspruchs.

Und wieder erwachte in ihr der Drang zu fliehen, doch das wäre feige. Mit einer Geste bat sie ihn, neben ihr Platz zu nehmen. „Lord Carricks Burg ist erstaunlich, finden Sie nicht auch?“

Unwillkürlich huschte ihr Blick erneut zu Ian. Mittlerweile war er noch näher gekommen. Zu nah. Ach, warum musste er ausgerechnet heute hier sein? Sie konnte sich überhaupt nicht auf Dunstans Worte konzentrieren. Entschlossen wandte sie sich dem Mann an ihrer Seite zu. Dennoch spürte sie Ians Gegenwart wie einen dunklen Schatten, der sich immer weiter ausbreitete.

Sie zwang sich, Dunstan anzulächeln.

„Ich glaube, Vaters Landsitz in Surrey wird Ihnen gefallen“, meinte er. „Ende des Monats will ich hinfahren. Ich hoffe, Sie und Ihr Vater werden uns dort besuchen.“

Perfekt. Wenn der Mann nur auf einen kleinen Flirt aus war, würde er sie nicht seinen Eltern vorstellen. Und wie es aussah, war er ebenso wenig von Schottland angetan wie sie selbst. „Wir wären entzückt. Und ich hoffe, wir dürfen Sie auf Dunross Keep empfangen, bevor Sie nach England abreisen?“ Immerhin war der alte Landsitz ihre Mitgift. Ihr Beitrag zu einer Konvenienz­ehe. Da konnte er sich genauso gut ansehen, was er bekommen würde.

„Es wird mir ein Vergnügen sein, da ich ohnehin in der Gegend zu tun habe.“

„Eine militärische Angelegenheit?“

„In der Tat“, antwortete er gewichtig.

Da er sich nicht weiter äußerte, hakte sie auch nicht nach. „Es sind schrecklich viele Leute hier, die ich noch nie gesehen habe.“ Sie strahlte ihn an. „Gewiss kennen Sie doch alle bedeutenden Gäste. Ich wäre dankbar, wenn Sie mich an ihrem Wissen teilhaben ließen.“ Wenn sie etwas gelernt hatte, seit sie in der Gesellschaft verkehrte, dann, wie man einem Mann das Gefühl von Wichtigkeit gab.

Das stolze Lächeln, mit dem er sich im Saal umschaute, machte ihr beinahe ein schlechtes Gewissen. Immerhin schien er die Gelegenheit zu genießen.

„Das Paar da drüben, das mit Ihrem Vater spricht, ist Colonel Berwick mit seiner Gattin; er ist das Oberhaupt der örtlichen Wache und hat bei Waterloo gekämpft.“

„Also ein tapferer Mann.“ Selina prägte sich das Gesicht des Soldaten ein. Eine gute Ehefrau prägte sich ein, wer ihrem Gemahl zur Seite stehen konnte. Und sie würde eine gute Frau sein. Sie war fest entschlossen, ihren Teil des Handels einzuhalten.

„Eher ein aufsässiger Highlander“, grollte Dunstan. „Sie alle machen meinem Regiment nichts als Ärger.“ Damit ließ er seinen Blick in Ians Richtung wandern.

Ihr wurde ganz kalt, so als ob ein eisiger Wind durch den Saal gefahren wäre. „Welchen Ärger?“

„Illegale Whiskybrennerei. Schmuggel.“ Er kniff die Augen zusammen.

Wenn Ian sich tatsächlich mit Schmugglern einließ, war er dümmer, als sie dachte. Ohne bewusst darauf zu achten, bemerkte sie, wie sein Plaid den Rand seiner Strümpfe streifte, während er mit geschmeidigen Schritten zu einer Gruppe von Gästen nicht weit entfernt von Selina schlenderte.

Ihr Herz hämmerte so laut, dass Dunstan es sicherlich hören musste. Würde er sie ansprechen? Bestimmt nicht. Und wenn, was würde sie antworten? Noch immer klangen ihr die Abscheulichkeiten im Ohr, die er bei ihrem letzten Zusammentreffen vor gut neun Jahren von sich gegeben hatte. Niederschmetternde Dinge. Doch vor nicht allzu langer Zeit hatte er bemerkenswert bereitwillig auf einen Brief geantwortet, in dem sie ihn bat, seinen Bruder zurück nach Hause zu rufen. Dafür zumindest schuldete sie ihm Dank. Nur war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Mit ein wenig Glück würde er an ihr vorbeigehen.

Wie immer war das Glück nicht auf ihrer Seite.

Als Ian vor ihnen stehen blieb, stand Dunstan die Abscheu ins Gesicht geschrieben. Doch stets der Gentleman sagte er mit einer Geste zu Selina: „Ian Gilvry, darf ich Sie Lady Selina Al­bright vorstellen.“

Ian verneigte sich. „Lady Selina, es ist mir in der Tat eine Ehre, aufs Neue Ihre Bekanntschaft zu machen.“

Der weiche Klang seines schottischen Akzents erzeugte ein leises Prickeln auf ihrer Haut, wie einstmals sein Kuss auf ihren Lippen. Oder lag es daran, seine Hand auf der ihren und den warmen Hauch seines Atems zu spüren, den sie doch unmöglich durch die Handschuhe empfinden konnte? Oder war es einfach, weil er sie nicht vergessen hatte?

Hitze stieg ihr in die Wangen. Er war der einzige Mann, der je die Macht gehabt hatte, ihre Seelenruhe zu stören. Doch lange Jahre der Übung kamen ihr nun zugute. Sie schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln. „Ah, Mr Gilvry, nach all den Jahren habe ich Sie gar nicht mehr erkannt.“

Aus leuchtend blauen Augen musterte er sie kalt. Sein Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln. Weswegen sollte ausgerechnet er bitter sein? Sie, sie selbst musste ihren Stolz niederringen, als sie ihn wegen Alice um Hilfe bat. Doch die Gilvrys und die Albrights waren immer schon verfeindet gewesen. Vielleicht las sie auch zu viel aus seiner Miene.

„Auch Sie haben sich sehr verändert, Lady Selina.“

Sein Tonfall machte nur allzu deutlich, dass er aus purer Höflichkeit sprach. Um überhaupt etwas zu äußern.

Dunstan runzelte die Stirn. „Ah, richtig, als Mädchen haben Sie eine Zeitlang auf Dunross Keep gelebt. Da müssen Sie beide sich getroffen haben.“

„Ganz kurz“, erklärte sie.

„Ein oder zwei Mal“, sagte Ian im gleichen Moment.

Sie entriss ihm ihre Hand. „Heute tragen Sie keine Steine mit sich herum, hoffe ich?“

Widerstrebend lächelte er. „Heute nicht, Mylady“, entgegnete er gelassen.

Sie hob eine Braue. „Und wie geht es allen in Dunross? Ihre Mutter ist wohlauf?“

Seine Augen verdunkelten sich zu einem stürmischen Grau. „So wohlauf, wie man es unter den Umständen erwarten kann.“ Seine Miene zuckte kurz zusammen. „Ich hörte, Sie werden in Kürze Dunross Keep mit einem Besuch beehren?“

Alles Klatsch und Tratsch. Andererseits war es verständlich, dass der selbsternannte Laird of Dunross sich danach erkundigte. Schließlich beanspruchte er den Besitz als sein Eigen, obwohl er ihrem Vater gehörte. Mit hochgerecktem Kinn schaute sie ihm, ohne auch nur einmal zu blinzeln, fest in die Augen. „Es steht, glaube ich, durchaus auf unserer Liste der malerischen Orte, die wir besuchen wollen.“ Sie schenkte ihm ein süßliches Lächeln.

Er versteifte sich ein wenig, und über seine Züge huschte Unwille, gefolgt von höflicher Gleichgültigkeit. „Und haben Sie viele malerische Orte auf Ihrer Liste?“

„Ein paar. Schottland zu lieben ist Mode geworden, seit Waverley in die Buchläden kam. Vermutlich haben Sie Sir Walter Scott gelesen?“

Dieses Mal blitzte echter Zorn in seinen Augen. „Warum sollte ich?“

Dunstan zog sich am Kragen. „Auch ich werde Dunross Keep besuchen.“

„Wie nett von Ihnen allen“, erwiderte Ian, ohne Selina aus den Augen zu lassen. „Ich bin entzückt, dass ihr Engländer uns arme Schotten so interessant findet.“

„Nicht doch, Sir, Sie lassen es klingen, als wären sie Insekten unter dem Vergrößerungsglas.“

Er lachte laut auf. „Touché, Lady Selina.“

Das uferte langsam aus. Sie wandte sich an Dunstan. „Lady Albright liebt das Land. Und dass ich Schottland so gut kenne, macht seinen besonderen Reiz aus.“

„Manche sagen, dass Vertrautheit Verachtung gebiert“, bemerkte Ian, ehe Dunstan sich äußern konnte.

Sie hob eine Braue.

„Sie brauchen nicht ungehobelt zu sein, Gilvry“, murrte Dunstan.

In diesem Moment stimmte das Orchester einen Reel an. Ian neigte leicht den Kopf. „Ich glaube, ich sollte Wiedergutmachung leisten. Darf ich Sie zu diesem Tanz bitten, Lady Selina?“

Es verschlug ihr den Atem. Damit hatte sie nicht gerechnet. Beinahe hätte sie Ja gesagt. Es war vermutlich ihre einzige Gelegenheit, mit Ian zu reden, ihm ihren Dank auszusprechen für den Dienst, den er ihrer Freundin erwiesen hatte. So nah wie bei einem Tanz würde sie Ian Gilvry nicht mehr kommen. Aber Tanzen stand außer Frage. Niemals würde sie das wagen. Wusste er das? Verhöhnte er sie in voller Gewissheit, dass sie nicht tanzen konnte? Das wäre einem Gilvry durchaus zuzutrauen. „Ich tanze heute nicht, Mr Gilvry.“

Sein Blick blieb kühl, verriet seine Gefühle nicht. „Dann werden Sie mich bitte entschuldigen; ich versprach Miss Campbell, sie bei nächster Gelegenheit auf die Tanzfläche zu begleiten.“ Er vollführte eine mehr als knappe Verneigung, nur ein winziges Neigen des Kopfes, das ausdrückte, dass er sich vor niemandem beugte, weder Frau noch Mann, und schritt mit schwingendem Kilt und gestrafften Schultern davon.

In ihrem Gedächtnis regte sich die Erinnerung daran, wie sie sich an diese Schultern geklammert hatte, als ginge es um ihr Leben. Auch wenn sie an jenem längst vergangenen Nachmittag noch nicht ganz so atemberaubend breit gewesen waren.

Sie riss sich aus den Gedanken und schenkte ihr Interesse wieder der Gesellschaft, wo gerade ihr Vater seine Gemahlin aufs Parkett führte. Trotz des Altersunterschieds waren sie ein ansehnliches Paar. Und Selina konnte nicht anders, als sich zu freuen, dass er so glücklich war. Obwohl es bedeutete, dass sie ihr Vaterhaus verlassen musste.

Ihr Blick wanderte zu Ian und Miss Campbell. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf seine Partnerin gerichtet, und das Mädchen errötete, als er ihr lächelnd ein paar Worte sagte.

Selina wurde die Brust eng. Eifersucht? Bestimmt nicht. Neid? Vielleicht. Aber das überraschte nicht. Nicht, weil das Mädchen mit Ian Gilvry tanzte – das interessierte sie nun wirklich nicht im Mindesten. Nein. Sondern weil ihr das Tanzen fehlte.

Sie setzte ein verschrobenes Lächeln auf. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass ihre Waghalsigkeit ihr nicht mehr genommen hatte als die Fähigkeit zu tanzen. Sie hätte ihr Leben verlieren können.

Sie schenkte Dunstan ihr strahlendstes Lächeln. „Ich schätze, Ihr Colonel gab Ihnen für den heutigen Abend strengste Anweisung, die ledigen jungen Damen zu unterhalten, und da ich nicht tanze, will ich Sie nicht von Ihrer Pflicht abhalten.“

Erleichtert sah er sie an. „Ich danke für Ihr gütiges Verständnis, Mylady.“

„Die Pflicht eines Soldaten sollte immer vorgehen.“ Außerdem musste sie ihn einfach für eine Weile loswerden, denn ihr Herz raste noch immer von dem Wortgefecht mit Ian.

„Natürlich werde ich Sie später zu Tisch begleiten.“

„Ich freue mich schon. Inzwischen denken Sie nicht weiter an mich. Ich kann mich gut unterhalten.“

Er verneigte sich und führte bald schon eine würdige junge Dame auf die Tanzfläche. Seltsam genug verspürte Selina bei diesem Anblick nicht ein Fünkchen Neid. Genauso wenig würde sie, und da war sie sich sicher, derartige Empfindungen hegen, wenn er selbst nach ihrer Vermählung mit anderen jungen Damen tanzte. So war es nun einmal in ihrer Welt.

Als die Musik aussetzte, betrat Lord Carrick das Podium der Musiker.

„Ladies und Gentlemen, Sie werden nun in einen besonderen Genuss kommen. Wenn Sie mir bitte hinaus auf die Terrasse folgen?“ Aufgeregtes Raunen ging durch die Menge, und alles drängte zu den Fenstertüren am Ende des riesigen Saals.

Ian Gilvry, bemerkte Selina, nahm die gleiche Tür nach draußen, durch die er eingetreten war.

Da ihr nichts anderes übrig blieb, erhob sie sich ein wenig schwerfällig und folgte den anderen Gästen.

Chrissie und ihr Vater gesellten sich zu ihr. „Was soll da geschehen?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete Selina.

Eine neben ihnen stehende Frau wandte sich ihnen zu. „Es ist ein Wettstreit. Die Männer aus der Gegend werden zu unserer Unterhaltung um einen Preis kämpfen.“

„Aber bitte nicht Boxen!“, rief Chrissie und schüttelte sich leicht.

„Ach, nein! Viel besser. Warten Sie nur ab.“

Sie traten zu Lord Carrick, der ihnen bedeutete, in der ersten Reihe Platz zu nehmen, und Selina zu einem Stuhl an Chrissies Seite geleitete.

Lächelnd fragte Chrissie: „Wie fühlst du dich?“

„Ich bin ganz aufgeregt wegen des Spektakels.“ Sie missverstand absichtlich, was Chrissie meinte.

Die junge Frau beugte sich zu ihrem Gatten und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er lächelte sie liebevoll an und murmelte eine Antwort, woraufhin Chrissie kicherte.

Selina wandte rasch den Kopf ab und tat, als hätte sie es nicht bemerkt.

Von Fackeln erhellt und im Licht des Vollmonds wirkte der gepflasterte Innenhof wahrhaftig sehr mittelalterlich. Lord Carrick ließ sich auf einem thronähnlichen, baldachinbeschirmten Sessel nieder, in den die Symbole seines Clans eingeschnitzt wurden. Offensichtlich würde er bei dem kommenden Wettstreit als Preisrichter fungieren.

Nun marschierten unter dem schrillen Klang von Dudelsäcken fünf in Kilts gewandete Männer in den Hof, ein jeder mit einem Schwert bewaffnet, das er quer vor seiner Brust trug. Unter ihnen, sie alle überragend, war Ian. Zwei seiner drei Brüder gehörten ebenfalls zu der Gruppe.

Die Männer legten ihre Schwerter rechtwinklig überkreuzt auf das Pflaster. Die Musik verstummte. Lord Carrick stand auf, und die fünf Männer verneigten sich. Ihr Vorsteher bedeutete ihnen zu beginnen, und die Pfeifer spielten die einleitenden Töne. Die Männer würden um einen Preis tanzen.

Es war ein großartiger Anblick. Kräftige junge Männer in Kilt und weißen Hemden tanzten leichtfüßig zwischen den Schwertern, sprangen immer höher in immer schnellerem Takt, in immer komplizierteren Formationen. Ians schwerer Kilt schwang hoch hinauf, enthüllte kräftige Schenkel mit starken Muskeln und … mehr nicht. Schade.

Unwillkürlich errötete Selina. Wie konnte sie nur so verrucht sein!

Doch Ian tanzen zu sehen, die beherrschte Wildheit seiner Bewegungen, die Demonstration männlicher Kraft und Anmut, sprach etwas sehr Ursprüngliches in ihr an. Die eiserne Kontrolle, die er über seine flinken Füße hatte, ließ sie ehrfürchtig und gleichzeitig angstvoll den Atem anhalten. Einer der Männer stieß an ein Schwert, das klirrend zur Seite rutschte. Sofort unterbrach er seinen Tanz, verneigte sich und entfernte sich niedergeschlagen. Sie konnte kaum hinschauen vor Furcht, dass Ian auch scheitern könnte, trotzdem brachte sie es nicht über sich, den Blick abzuwenden.

Die Musik wurde schneller. Ein weiterer Mann machte einen Fehltritt und schied aus. Dann ein dritter, nur noch die beiden ältesten Gilvry-Brüder tanzten.

Ian und Niall. Andrew war nirgends zu sehen. Ian sprang immer noch ohne Anstrengung, seine Füße so dicht bei den Schwertern, dass er sich kaum aus der Mitte des Kreuzes zu bewegen schien. Was sie wie gebannt hinschauen ließ, war die Intensität, der glühende Kampf, der sich in seiner Armhaltung ausdrückte, in der stolzen Haltung seines Kopfes und dem störrischen Feuer seiner Augen.

Unmöglich. Doch trotzdem kam es ihr so vor, als ob ihrer beider Blicke sich kreuzten, aneinander hafteten, und in diesem Augenblick war es, als ob er nur für sie tanzte.

Nein, nicht für sie, wurde ihr klar. Gegen sie, gegen alles, was sie repräsentierte. Eine Kriegserklärung. Die letzten Sprünge ließen sämtliche Zuschauer scharf aufkeuchen. Trotzdem landeten die beiden Männer leichtfüßig, ohne die Schwerter zu berühren, und hielten ihre Pose, bis der letzte Ton verklungen war.

Die Verbindung brach ab.

Die beiden Männer verbeugten sich und standen reglos, erwarteten das Urteil ihres Oberhauptes, während die Zuschauer klatschten und beifällig jubelten. Selbst Chrissie und Selinas Vater sprangen auf und klatschten heftig.

Selina zweifelte nicht daran, dass Ian der Sieger war, dennoch bangte sie ein wenig, bis sein Lord ihn zu sich winkte. Leichtfüßig sprang er die Stufen hinauf, schüttelte Carricks Hand und nahm mit einem dankenden Nicken die Börse entgegen, die ihm gereicht wurde. Nicht einmal schaute er in Selinas Richtung.

Da war kein Band zwischen ihnen gewesen. Wahrscheinlich hatte er sie im Dunkeln gar nicht dort sitzen gesehen. Sie hatte es sich alles nur eingebildet. Nicht zum ersten Mal hatte sie sich geirrt, was sein Interesse an ihr betraf. Das einzige Band zwischen ihnen war ihre gegenseitige Abneigung.

Wie ein tiefer Stich fuhr eine Traurigkeit in sie. Wem auch immer Ian diesen Tanz gewidmet haben mochte, er hatte sein ganzes Wesen damit zum Ausdruck gebracht – und damit eine Freiheit und Anmut offenbart, die sie selbst nie erreichen konnte. Vielleicht war sie deswegen traurig.

Die beiden Männer wechselten einige Worte, dann eilte Ian die Stufen hinab und entfernte sich. Erst als er nicht mehr zu sehen war, legte sich Selinas Kummer. Sie dachte, sie hätte sich mit der Zukunft, die sie für sich geplant hatte, abgefunden, doch nun war sie aus irgendeinem Grund ziemlich aufgewühlt. Beim Aufstehen zuckte sie kaum merklich zusammen.

„Schmerzt dein Bein wieder?“, fragte Chrissie.

Verflixt und zugenäht, die Frau beobachtet sie mit Falkenaugen. „Nein, nein, ich bin nur vom Sitzen ein bisschen steif.“ Und von der gebannten Spannung, mit der sie Ian beobachtet hatte.

2. KAPITEL

Ian gesellte sich zu den Männern seines Clans, die sich am Torbogen, der aus dem Innenhof und zur Küche führte, um die Musikanten versammelt hatten. Mittlerweile atmete er wieder ruhiger, doch sein Blut rann ihm immer noch heiß durch die Adern – ein Fieber, das der Wettkampf und die Musik geschürt hatten. Früher einmal hatte er aus purer Freude getanzt. Nun, da er diesen Engländern eine Vorstellung gab, fühlte er sich eher wie ein Tanzbär an der Kette. Er schluckte seinen Zorn. Carrick hatte es gefallen, und das Geld würde seinen Leuten vieles leichter machen. Schließlich hätte Lord Carrick sein Geld genauso gut für ein anderes Spektakel ausgeben können.

Er leerte den Beutel in seine Handfläche, zahlte zuerst die Dudelsackspieler aus und teilte dann zu gleichen Teilen unter seinen Leuten. „Gut gemacht, Jungs.“

„Was ist das?“, fragte Logan, sein jüngster Bruder, und deutete auf eine zweite Börse, die Carrick Ian zugesteckt hatte.

„Scharfe Augen, Kleiner“, grollte Ian. „Carrick wünscht, dass wir einen weiteren Törn nach Frankreich machen.“

„Haben wir nicht genug Salz?“ Niall hob den Blick von dem Pamphlet, das er im Licht der Fackel gelesen hatte.

„Er will Brandy“, erklärte Ian. „Den größten Teil seiner Vorräte wird er auf diesem Ball hier verbrauchen.“

„Brandy – das bedeutet Ärger“, murrte Niall. „Es ist schon schlimm genug, den Whisky über die Grenze nach England zu schaffen.“

Mit einem Blick brachte Ian ihn zum Verstummen. „Wie kann ich es ihm verweigern nach allem, was er für uns getan hat? Außerdem können wir mit dem Geld im Herbst die Gerste bezahlen.“

Niall schüttelte den Kopf. „Gib’s zu, dich reizt die Gefahr.“

War das so? Vor langer Zeit hatte es ihn zur Armee gezogen, er hatte Soldat sein wollen, doch als sein Vater starb, übernahm er ganz selbstverständlich die Pflichten des Laird, ohne auch nur einmal nachzudenken. Diesen Aufträgen aus dem Weg zu gehen hatte stets nur in Schwierigkeiten geendet, für ihn oder seine Familie. Das Wohlergehen des Clans lag in seiner Verantwortung. Und Schmuggel war ein notwendiges Übel, wenn er wollte, dass sein Clan überlebte. Und das wollte er unbedingt. Tag und Nacht dachte er an nichts anderes.

„Was meinst du? Gehen wir hinunter zur Schenke und feiern?“, fragte Tammy McNab und klimperte mit den Münzen in seiner Hand.

Ian gab ihm einen Knuff gegen den Arm. „Du würdest das Geld vertrinken, während deine Kinder hungern?“

Tammy, der mit fünfundzwanzig schon drei Kinder hatte, ließ den Kopf hängen. „Ich dachte, wir könnten uns ein wenig vergnügen.“

„Warum dafür zahlen, wenn Carrick drüben im Dienstbotentrakt jede Menge Essen und Trinken aufgetischt hat?“, meinte Ian.

Sofort erhellte sich Tammys Miene sichtlich. „Kommst du mit, Laird?“

Ian schüttelte den Kopf. „Wegen dieses neuen Auftrags muss ich einen Kapitän aufsuchen. Amüsiert euch auf Carricks Kosten. Ihr habt es euch verdient.“

Die Männer gingen hinüber zum Dienstboteneingang am Seitenflügel der Burg. Ian wandte sich zum Ausgang an der Zugbrücke. Logan hielt ihn mit einem Griff an der Schulter zurück. „Hast du bemerkt, wer zugeschaut hat? Die Albrights. Lady Selina würde ich überall wiedererkennen.“

Weil sie so verdammt schön war. Nun war sie eine Frau und noch schöner als damals mit sechzehn. Und ebenso lästig wie damals.

„Ich habe sie schon drinnen getroffen.“ Er verzog den Mund. „Forderte sie auf Carricks Geheiß zum Tanzen auf. Aber sie wies mich ab.“ Er war sich nicht sicher, ob er froh sein oder sich beleidigt fühlen sollte.

Während des Schwerttanzes hatte er ihren eindringlichen Blick gespürt. Hatte sich bei den letzten Takten in ihrer Schönheit verloren und aus ihren glänzenden Augen und sehnsüchtig geöffneten Lippen Kraft geschöpft. Er hatte sich in die Vergangenheit versetzt gefühlt, hatte für das Mädchen getanzt, das in jenem weit zurückliegenden Sommer frei und ungebunden durch die Heide gestreift war. Ihr schönes Gesicht, ihr lebhafter Sinn hatten ihn eine Zeitlang verzaubert, ehe er endlich zu Verstand kam und sich erinnerte, wessen Tochter sie war.

Was er sich auch jetzt besser ins Gedächtnis rufen sollte. Selina Albright hatte seiner Familie nichts als Schwierigkeiten beschert. Und wie ein Narr hatte er kräftig dazu beigetragen.

„Dass sie nicht mit dir getanzt hat, ist nicht verwunderlich, Ian.“

Er versteifte sich. „Aye. Die Albrights fühlten sich immer schon ein wenig über den Gilvry-Clan erhaben.“

„Vielleicht sieht sie das so. Aber trotzdem bezweifle ich, dass sie mit dem hinkenden Bein überhaupt tanzen kann.“

Verblüfft und bestürzt fuhr Ian herum und schaute der Schönheit in dem weißen Kleid hinterher, wie sie am Arm ihres Vaters den Hof überquerte. Das Licht der Fackeln offenbarte grausam das leichte Nachziehen eines Beines.

Sie hatte ihm den Tanz aus einem völlig anderen als dem von ihm vermuteten Grund verweigert. Irgendwie fühlte er sich seltsam erleichtert.

Er drehte sich um und schob Logan in die Richtung, in die seine Männer gegangen waren. Dann rief er Niall zu sich und befahl in gedämpftem Ton: „Halt ein Auge auf unseren kleinen Logan. Er beginnt allmählich den Frauen nachzuschauen, und in Carricks Küche gibt es eine Menge davon.“

Niall seufzte. „Du bist genau so schlimm wie unsere Mutter; ständig sorgst du dich um den Bengel. Du machst es nur schlimmer.“

„Einen Sohn hat unsere Mutter schon verloren.“ Weil meine Neigung zu einem hübschen Gesicht die Oberhand über meine Vernunft gewann, fügte er in Gedanken hinzu. „Ich werde nicht zulassen, dass sie noch einen verliert.“

„Dann solltest du dir das mit der Schmuggelfahrt vielleicht noch mal überlegen.“

„Na, wer macht sich hier nun zu viele Sorgen?“ Ian riss Niall das Pamphlet aus der Hand. „Das kannst du später noch lesen.“

„Gib es her!“ Niall sprach gefährlich leise.

Grinsend warf Ian es ihm zu. „Dann steck es ein und kon­zentrier dich ein einziges Mal auf deine Umgebung.“

Niall verzog das Gesicht. Schließlich sagte er ernst: „Bruder, sorg dafür, dass dieser Törn nach Frankreich der letzte ist, sonst baumeln wir bald alle am Strick.“

Mit einer gespielten Zuversicht, die ihm die Kehle zuschnürte, klopfte Ian seinem Bruder auf die Schulter. „Es wird alles gut gehen.“

Gegen seinen Willen schweifte sein Blick noch einmal zurück zur Terrasse, suchte das Mädchen, dessen Augen ganz unerwartet und merkwürdig zu ihm sprachen. Sie war fort. Umso besser. Auf ihn wartete Arbeit.

Topaz musste nicht erst gedrängt werden, um zum Galopp zu wechseln. Hochgestimmt von der Geschwindigkeit und dem kühlen Wind, der ihr in die Wangen biss, führte Selina den Wallach ab vom Weg und ins offene Gelände. Endlich konnte sie aufatmen. Auf dem Rücken ihres Pferdes konnte sie ihre Behinderung vergessen.

Der Duft der blühenden Heide stieg ihr in die Nase. Süß wie der Honig, den man hier erntete, und ein wenig erdig. Sie berauschte sich am Anblick der Hügel, die in einem purpurnen Nebel lagen. Wildes, unversöhnliches Land, doch so grandios, dass einem das Herz wehtat.

Sie hatte vergessen, wie rasch sie damals als Kind sich in diese Landschaft verliebt hatte, praktisch auf den ersten Blick. Hatte es absichtlich vergessen. Denn wenn sie sich erinnerte, musste sie erneut den Schmerz durchleben, dass sie alleingelassen und getäuscht worden war. Und den sie nie wieder erleiden wollte.

Sie lächelte über sich selbst. Derartige weinerliche Gedanken passten nicht zu einem so herrlichen Tag. Lebe heute, plane die Zukunft, und lass die Vergangenheit ruhen. Weiß Gott, früher hatte sie genug Fehler gemacht, die gerne vergessen werden durften.

Eine halbe Stunde später wünschte sie, sie wäre auf dem Weg geblieben. Nach den langen untätigen Monaten machten ihr nun die Muskeln zu schaffen. Sie musste sich fest im Sattel halten. Als Mädchen war sie noch mühelos im Herrensitz über dieses raue Terrain geritten. Nun, als erwachsene Frau, kam der Herrensitz selbstverständlich nicht in Frage. Sie rieb ihr Bein und zog eine Grimasse, als ihr einfiel, dass es ein Glück war, überhaupt noch zu reiten, dass sie sich nicht umgebracht hatte – oder gar jemand anderes. Sie zügelte ihr Pferd und wendete es.

Ein schwarz-weißer Collie schoss aus dem Heidekraut hervor und schnappte unter lautem Gebell nach Topaz Beinen. Das Pferd bäumte sich auf. Aus dem Gleichgewicht gebracht klammerte sich Selina an seine Mähne, wurde aber gleich noch einmal durchgeschüttelt, als das Tier mit den Hufen auf den Boden stapfte und heftig bockte. „Ruhig, Junge!“, rief sie und kämpfte mit den Zügeln, während Topaz sich im Kreis drehte und schließlich ausschlug, um den Fängen des Hundes zu entkommen. Der Ruck hob Selina weit aus dem Sattel, sodass ihr nichts anderes übrig blieb, als sich aus den Steigbügeln zu befreien und aus dem Sattel zu gleiten. Fluchend landete sie auf ihrem Gesäß. „Dummes Hundetier!“, schimpfte sie und betrachtete den verstört mit den Augen rollenden Topaz. Verflixt! Ohne Hilfe würde sie niemals zurück in den Sattel kommen. Sie würde Topaz am Zügel führen müssen. Ihre erste Gelegenheit, wieder zu reiten, hatte ein katastrophales Ende genommen.

Unter beruhigenden Worten versuchte sie, nach den Zügeln zu greifen, doch der nervöse Wallach schlug mit dem Kopf und wich aus.

Zweimal verflixt!

Ihr Oberschenkel pochte protestierend. Sie hatte ihn sich doch wohl nicht erneut gebrochen? Bei dem Gedanken wurde ihr fast übel. Nein, da war nicht dieses grässliche Knacken zu hören gewesen, außerdem tat ihr Hinterteil weh; ihr Stolz war verletzt, nicht ihr Bein. Langsam, beruhig dich. Sie musste nur aufstehen und Topaz einfangen. Zwar würde sie lange laufen müssen, aber sie konnte es schaffen.

Mühsam zwang sie sich auf die Knie.

„Lady Selina! Sind Sie es?“

Sie fluchte innerlich. Auch das noch! Natürlich war das genau diese tiefe Stimme, an die sie sich so gut erinnerte. Sie schaute auf.

Im Kilt, mit feurigem Blick, das schwarze Haar zerzaust vom Wind, fügte sich Ian Gilvry perfekt in die heideüberwucherte Hügellandschaft ein. Wie früher schon.

Einem sechzehnjährigen Mädchen war er heroisch und romantisch erschienen, besonders, da er sie bei ihrem ersten Zusammentreffen nach Hause getragen – und sie beim Absetzen am Tor geküsst hatte, schüchtern, ungeschickt. Völlig betört hatte sie immer wieder Mittel und Wege ersonnen, sich mit ihm zu treffen. Wieder und wieder.

In ihrer Unschuld hatte sie angenommen, er habe sie gern.

„Sind Sie verletzt?“, fragte er, als er auf sie zuschritt. Besorgt musterte er sie, dann streckte er ihr seine große, sonnengebräunte Hand entgegen, um sie auf die Füße zu ziehen.

Sie ignorierte diese Geste. Stattdessen ließ sie sich wieder ins Heidekraut zurücksinken und bedeckte ihre Füße züchtig mit dem Rocksaum des Reitkostüms. „Danke, mir geht es gut.“

Er trat zurück, stemmte die Hände in die Hüften und legte den Kopf schief. „Sie sind vom Pferd gefallen?“

Mit einem Blick auf Topaz, der mittlerweile, nur ein paar Fuß entfernt, munter an dem harten Gras rupfte, erklärte sie: „Sagen wir, schneller abgestiegen als geplant. Das Pferd hat sich vor Ihrem Hund erschreckt.“

Seine fein geformten Lippen lächelten breiter. „Was, eine so exzellente Reiterin lässt sich durch ein kleines Hündchen aus dem Sattel heben?“

„Der Hund sollte angeleint sein. Wenn das Pferd verletzt worden wäre, würde Sie das teuer zu stehen kommen.“ Was tat sie da? Sie wollte sich mit dem Mann doch auf kein Wortgefecht einlassen! Warum stand sie nicht einfach auf und ging weg?

Seine Augen waren so blau wie der Himmel über ihnen. „Gill ist noch nicht vollständig ausgebildet. Bitte entschuldigen Sie, wenn er Ihr Tier erschreckt hat.“

Ihr blieb der Mund offen stehen. Gilvrys entschuldigten sich nicht bei Albrights. Das war eine Frage der Ehre.

„Entschuldigung angenommen.“ Sie starrte an ihm vorbei ins Weite. Er sollte gehen!

„Erlauben Sie mir, Ihnen wieder in den Sattel zu helfen“, murmelte er. Sie konnte ihn kaum verstehen.

Freundlich. Voller Mitleid. Wie alle. Verärgert knirschte sie mit den Zähnen.

Vor einem Jahr noch wäre es ein Leichtes gewesen, aufzuspringen und sich von ihm in den Sattel helfen zu lassen. Heute war es unmöglich, einfach aufzusteigen und das Pferd mit ihren schmerzenden Muskeln im Zaum zu halten. Wäre sie doch nicht so weit hinaus geritten!

Sie schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln und sah zu ihrer Genugtuung, dass seine Augen sich trübten. „Ich glaube, ich bleibe ein bisschen hier und genieße die Aussicht. Machen Sie sich nur keine Mühe.“

Er runzelte die dunklen Brauen und murrte etwas in Gälisch vor sich hin; zweifellos einen Fluch. Sie selbst hätte gerade auch gern geflucht.

„Dann wünsche ich einen guten Tag, Lady Selina. Komm, Gilly.“ Er machte eine knappe, steife Verbeugung und schritt davon, den Hügel hinauf.

Der Hund legte sich neben ihr ins Heidekraut.

„Geh“, befahl sie und stupste das Tier ein wenig. Es sah sie mit braunen, munteren Augen an.

Ohne sich umzuschauen, stieß Ian einen Pfiff aus. Der Hund blieb, wo er war.

Schwer seufzend kam Ian zurück; noch im Gehen zog er eine Leine aus der Tasche. „Ich muss mich erneut für die schlechten Manieren meines Hundes entschuldigen.“ Damit legte er dem Tier die Leine an und zog scharf daran.

Winselnd zog der Hund in Selinas Richtung. Dann schob er seine Nase in ihre Hand.

„Geh!“, befahl sie wieder, verzweifelt bemüht, die beiden loszuwerden, damit sie endlich, ohne ihren Stolz noch mehr verletzt zu sehen, nach Hause humpeln konnte.

Jäh musterte er sie mit scharfem Blick. „Können Sie aufstehen?“

Er wusste es. Natürlich. Er hatte sie auf Carricks Ball gesehen. „Mir ist noch nicht danach. Warum nehmen Sie nicht einfach Ihren Hund und gehen?“ Bestimmt würde sie ihm nicht die Genugtuung geben, sie ihrem Pferd hinterher humpeln zu sehen.

Ian schaute auf die zierliche, dunkeläugige Schönheit, die da vor ihm im Heidekraut saß. Er glaubte nicht eines ihrer Worte. Ihre angespannten Lippen zeugten von Schmerz – und von Demütigung.

„Ich gehe, wenn ich Sie sicher zu Hause weiß.“ Wieder streckte er ihr die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen.

Sie seufzte und legte ihre kleine Hand in die seine. Als sie aufstand, zog sie scharf den Atem ein. Es tat ihm im Innersten weh. Verdammtes, störrisches Weib! Sanft ließ er sie wieder zu Boden sinken und kauerte sich neben sie. „Ist es das Bein?“

Röte schoss ihr in die Wangen. „Zum Teil, wenn Sie es unbedingt wissen müssen. Hauptsächlich liegt es daran, dass ich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder im Sattel saß. Ich war zu lange unterwegs. Bestimmt geht es mir bald besser, aber danke für Ihre Sorge, Mr Gilvry.“

Früher war er für sie schlicht und einfach Ian gewesen, und sie war ein wildes Ding, das die Hügel um Dunross durchstreifte und permanent mit seinen jüngeren Brüdern stritt, da die Gilvrys und die Albrights Todfeinde waren.

In jenem Sommer hielt er sich meistens bei seinem Onkel Carrick auf. Kurz bevor er zurück in die Schule nach Edinburgh musste, traf er sie zufällig eines späten Abends, ohne zu wissen, wer sie war. Sie hatte sich in einem Kaninchenloch den Fuß verstaucht, und er half ihr und trug sie auf seinen Armen nach Hause.

Nicht nur ihr hübsches Gesicht und ihre aufblühende Weiblichkeit fesselten ihn, sondern auch ihre Lebenslust und ihr ungekünsteltes Geplauder. Sie behandelte ihn wie einen Mann, nicht wie einen Jüngling, und in ihren warmen braunen Augen las er Heldenverehrung – eine willkommene Abwechslung nach den faden Schulbüchern und Lehrstunden über Gutsverwaltung.

Danach trafen sie sich öfter, bis sie unten am Meer, bei der Balnean Cove, von seinen Brüdern entdeckt wurden. Das war nicht gut ausgegangen.

„Scheint wohl so, als müsste ich Sie erneut nach Hause tragen“, sagte er, wobei er sich fragte, ob sie sich ebenfalls erinnerte. Kurz darauf hätte er sich am liebsten getreten, denn ein dunkler Schatten legte sich über ihre sherryfarbenen Augen. Natürlich erinnerte sie sich. Doch zweifellos erinnerte sie sich auch an seine groben Worte.

Obwohl längst Jahre dahingegangen waren, hatte er sich später eindringlich bemüht, seine Grausamkeit wieder gutzumachen, als sie ihn, den Narr, der er war, um Hilfe bat. Zu weichherzig; das hatte sein Großvater schon immer gesagt. Für diese Weichherzigkeit hatte Drew bezahlen müssen. Nun, inzwischen hatte er sich verändert. Es waren jetzt zu viele Menschen von ihm abhängig.

Aber er konnte Selina nicht mit gutem Gewissen hier sitzen lassen. Wieder streckte er ihr die Hand entgegen.

„Es wäre nicht schicklich.“ Sie schlug seine Hand fort. „Ich komme wunderbar allein zurecht. Ich brauche nur einen Augenblick Ruhe.“

Schon als Mädchen hatte sie Rückgrat gehabt. Und sie war mittlerweile geradezu unglaublich schön. Ein auf dem Heidekraut angerichtetes Festmahl für einen verhungernden Mann, so kam sie ihm vor.

Kopfschüttelnd wehrte er den Gedanken ab. Er hatte weder Zeit noch Lust für Schäkereien im Heidekraut. Das hatte er immer Drew überlassen. Und wegen Ians Schwäche für diese spezielle Frau gab es Drew nun nicht mehr.

Ein guter Gilvry würde sie hier sitzen lassen. Sollte sich doch Albright um seine vermisste Tochter kümmern! Doch ein echter Highland-Gentleman würde nie eine Frau in Not im Stich lassen. Nicht einmal die Tochter seines ärgsten Feindes. Er funkelte sie an. „Sie wissen, dass ich Sie nicht hier sitzen lassen kann. Und ebenso wenig kann ich Sie unter Schmerzen nach Hause laufen lassen.“

„Ich komme zurecht, danke.“

Die Hände in die Hüften gestemmt, grinste er sie an. „Dann klettern Sie auf Ihren flohverseuchten Gaul und reiten.“

„Wenn ich soweit bin“, murmelte sie.

Ian setzte sich im Schneidersitz neben sie. Schwacher Rosenduft stieg ihm in die Nase. Rosen und Erika. Niemals hatte er eine so betäubende Mischung gerochen. Es hatte gewiss mit ihr zu tun und nicht mit der duftenden Natur, die sie umgab.

Entschlossen kreuzte er die Arme über der Brust. „Und bis dahin werde ich hier sitzen bleiben. Oder bis Sie zur Vernunft kommen.“

Sie rutschte auf allen Vieren von ihm fort und präsentierte ihm dabei ein aufreizend gerundetes Hinterteil, bei dessen Anblick er jäh ein lustvolles Ziehen in seinem Unterleib verspürte. Gott sei Dank hatte er das Plaid und den Sporran, sonst würde sie ihn für nichts Besseres als ein Tier halten.

Gilly lief zu ihr und leckte ihr über das Kinn, doch sie schob ihn fort. Mit einem kurzen Ächzen kam sie, mit ihren Röcken und dem Hund kämpfend, trotzdem auf die Füße und machte ein paar stolpernde Schritte zu ihrem Pferd hinüber.

Ian sprang auf und schob ihr eine stützende Hand unter den Ellenbogen. „Ach, Mädchen, lässt dein Stolz nicht zu, dass ich dir helfe?“ Unwillkürlich verfiel er in die alte vertraute Anrede, und sie wandte nichts dagegen ein.

Sie ließ den Kopf hängen, sodass er nur noch ihr dunkelgrünes Barett mit dem Schmuck aus seidenen Primeln sah. „Anscheinend habe ich keine Wahl“, flüsterte sie niedergeschlagen. „Ich werde heute nicht mehr reiten können.“

So gequält klang ihr Eingeständnis, dass ihm der Atem stockte. Zur Hölle auch! „Es ist ganz allein meine Schuld. Ich hätte den Hund nicht losbinden sollen.“

Autor

Ann Lethbridge
Ann Lethbridge wuchs in England auf. Dort machte sie ihren Abschluss in Wirtschaft und Geschichte. Sie hatte schon immer einen Faible für die glamouröse Welt der Regency Ära, wie bei Georgette Heyer beschrieben. Es war diese Liebe, die sie zum Schreiben ihres ersten Regency Romans 2000 brachte. Sie empfand das...
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