Verführerisches Spiel mit dem Playboy

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Ein duftendes Schaumbad, ein prickelndes Glas Champagner: Merle erstarrt, als ein Mann plötzlich das luxuriöse Badezimmer betritt und sie nackt in der Wanne überrascht. Es ist Ashton Castle, der Besitzer des traumhaften Anwesens, in dem sie den Nachlass seines Vaters ordnet. Obwohl Ashs anmaßender Blick sie ärgert, fühlt sie gleichzeitig heißes Begehren. Doch sie weiß, Ash ist ein unverbesserlicher Playboy! Trotzdem braucht sie diesen Job, um ihre Schulden zu bezahlen. Wider besseres Wissen lässt sie sich auf einen sinnlichen Deal mit Ash ein …


  • Erscheinungstag 16.11.2021
  • Bandnummer 2519
  • ISBN / Artikelnummer 9783751507110
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Merle Jordan hatte sich ein Bad eingelassen, und in der großzügigen, tiefen Wanne türmte sich weißer Schaum. Aus der Flasche, die sie gerade entkorkt hatte, prickelte verlockend der Champagner, und Merle freute sich auf die Entspannung nach diesem harten Arbeitstag.

Sie öffnete die imposanten Glastüren, die auf den Balkon hinausführten. Er erstreckte sich über die gesamte Länge des Hauses und mündete in eine Wendeltreppe, über die man nach unten zum Pool gelangte. Der Vollmond am dunkelblauen Nachthimmel versah die Privatbucht mit einem goldenen Schimmer. Merle zündete eine Kerze an und schaltete dann das Licht aus, sodass das Bad nur vom sanften Schein des Mondes und dem der Flamme erhellt wurde.

Kichernd schlüpfte sie aus ihrer Unterwäsche. So einen Luxus hatte sie sich noch nie gegönnt. Es war ein berauschendes Gefühl. Und dabei hatte sie noch nicht einmal den Champagner gekostet.

Die Sommerluft war immer noch angenehm warm, doch Merle konnte dem duftenden Bad keine Sekunde länger widerstehen. Als sie in die Wanne stieg, glitt der glitzernde Seifenschaum an ihrem Körper entlang und streichelte ihre Haut. Merle ließ sich tiefer ins Wasser sinken, nippte an ihrem Champagnerglas und genoss den Ausblick auf die herrliche Landschaft. Kaum zu glauben, dass sie dieses luxuriöse Ferienhaus ganz für sich allein hatte. Wenn sie wollte, könnte sie in den nächsten sechs Wochen jeden Tag so baden.

Genau genommen war es kein Ferienhaus, sondern eine Riesenvilla auf Waiheke, einer Insel etwa eine Stunde von Auckland, der größten Stadt Neuseelands, entfernt. Die Insel war für ihre Luxusvillen und reichen Bewohner bekannt. Das Haus verfügte über einen gut gefüllten Weinkeller, einen prächtigen Swimmingpool und ein Spa. Zusätzlich gab es noch einen Fitnessraum, ein Kino und sogar eine Bowlingbahn. Das gesamte Anwesen war wunderschön in einem schlichten, aber eleganten Stil eingerichtet. Die rustikalen Dielenböden verliehen ihm eine gemütliche Wärme, während weiße Akzente Frische hereinbrachten. Im Wohnzimmer luden die weich gepolsterten Sofas und eleganten Sessel zum Entspannen ein. Durch die großzügige Fensterfront fiel viel Licht herein, und die grünen Pflanzen zeugten von Naturverbundenheit.

Dieses Haus sah aus wie aus einem Katalog. In diesem Fall gefiel Merle sogar der Mangel an persönlichen Gegenständen in den Räumen. So hatte sie eher das Gefühl, in einem Feriendomizil zu sein, und nicht, in die Privatsphäre eines Fremden einzudringen. Dafür wartete in der Garage eine Menge persönlicher Gegenstände darauf, von ihr entdeckt zu werden. Sie hatte den Auftrag erhalten, dort alles zu sortieren.

Es war nicht zu fassen, dass solch eine schöne Villa seit über einem Jahr leer stand. Aber sie konnte dem unverschämt reichen Besitzer seine Abwesenheit kaum übelnehmen, denn so hatte Merle wenigstens für eine Weile ein Dach über dem Kopf.

Mit einem genüsslichen Seufzer erhob sie sich auf die Knie und füllte sich noch etwas Champagner nach, den sie auf dem Fenstersims abgestellt hatte.

„Oh, hallo, Darling.“

Die tiefe Stimme ließ sie zusammenfahren.

„Was machen Sie in meiner Badewanne?“

Merle erstarrte mitten in der Bewegung und blickte erschrocken den Mann an, der im Türrahmen lehnte. Für einen kurzen Moment nahm sie nur seine Augen wahr. Sie waren bernsteinfarben und funkelten wunderschön im Kerzenlicht.

Ashton Castle.

Merle atmete erleichtert aus, weil sie ihn sofort erkannt hatte. Sie hatte ihn auf einem Foto gesehen, dem einzigen persönlichen Gegenstand im Haus. Ash hatte das Anwesen vor einem Jahr von seinem Vater Hugh geerbt, war jedoch mit anderen Dingen beschäftigt gewesen. Keine Frau konnte ihm widerstehen, denn der berüchtigte Playboy Ash Castle war nicht nur wahnsinnig reich, sondern sah auch noch verdammt gut aus.

Jetzt, wo er leibhaftig vor ihr stand, konnte Merle kaum den Blick von ihm abwenden. Er war groß, attraktiv, einfach umwerfend. Mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen starrte sie auf seinen durchtrainierten Körper und sein unglaublich schönes Gesicht. Sie wusste, dass er ein Draufgänger war und viele Frauen alles tun würden, um eine Nacht mit ihm zu verbringen.

Doch Merle war keine von ihnen.

Sicherlich war es für ihn mit seinem Geld, seinen Privilegien und seinem guten Aussehen ein Leichtes, alles und jede zu bekommen, was wiederum zu Arroganz und einem Anspruchsdenken führte. Ob er dabei irgendwelche Grenzen überschritt, kümmerte ihn nicht. Merle kannte diese Sorte Männer gut. Als Jugendliche war sie einmal an so einen geraten und hielt sich seitdem von solchen Typen fern. Und jetzt traf sie den Schlimmsten von allen.

„Schätzchen?“, Ash schaute sie immer noch an.

Erst jetzt wurde Merle bewusst, dass sie immer noch auf den Knien und damit völlig entblößt war.

Sie ließ sich so schnell zurück ins Wasser fallen, dass sie fast untergetaucht wäre. Verzweifelt ruderte sie mit den Armen in der Luft, um sich am Badewannenrand festzuhalten, während gleichzeitig ihre Beine in die Höhe schossen. Sie wischte sich den Schaum aus dem Gesicht.

Sie konnte nicht aufhören, ihn anzustarren. Das dunkelgraue T-Shirt, das er trug, schmiegte sich um seine breiten Schultern und seinen muskulösen Oberkörper, und die schwarze Jeans betonte seine langen, durchtrainierten Beine ebenso wie die schmalen Hüften. Im Bereich der Oberschenkel war der Stoff etwas ausgeblichen, sodass Merles Blick direkt auf das Zentrum seiner Männlichkeit gelenkt wurde. Rasch schaute sie in sein markantes Gesicht – hohe Wangenknochen, eine gerade, fast aristokratische Nase und volle, sinnliche Lippen, die ein schwaches, aber anerkennendes Lächeln umspielte. Und dann waren da ja noch seine Augen, die in diesem warmen Goldton schimmerten. Ash verkörperte die pure Männlichkeit. Und das Schlimmste daran war, dass Merle sich zu ihm hingezogen fühlte. Sie konnte nichts dagegen tun. Diese überraschende Reaktion ihres Körpers brachte sie so durcheinander, dass sie es nicht einmal schaffte, ihm zu sagen, er solle von hier verschwinden.

„Was machen Sie hier?“, fragte er ruhig, scheinbar unbeeindruckt von ihrer Nacktheit und ihrem erschrockenen Zurückgleiten ins Wasser.

Merle stieg die Schamesröte ins Gesicht. Eigentlich sollte sie ihn fragen, was er hier tat. Aber sie brachte kein Wort heraus. Sie war hier, weil Ashs Halbbruder Leo Castle sie für einen Job beauftragt und ihr für die Zeit, in der sie hier arbeiten würde, das Haus überlassen hatte. Sie bereute es nicht, sich für die Pflege ihres Großvaters Geld geliehen zu haben, doch jetzt, wo er nicht mehr da war, hatte sie einen großen Schuldenberg abzutragen.

„Hat Sie jemand geschickt, Miss …?“

Merle straffte die Schultern, da ihr sein Tonfall leicht anmaßend erschien, und fand schließlich ihre Stimme wieder. „Leo Castle …“

„Leo hat Sie angeheuert?“ Ashton Castle hob verwundert die Augenbrauen. „Woher wusste er, dass ich komme?“ Dann senkte er die Stimme. „Aber er weiß doch, dass ich nicht mit Prostituierten schlafe.“

Merles Glieder fühlten sich plötzlich so taub an, dass sie nicht mehr spürte, ob das Wasser heiß oder kalt war. Hatte er gerade Prostituierte gesagt?

Ihr Herz raste. Dachte er etwa, sie wäre hier, um ihn zu unterhalten? Dass sie nackt in der Badewanne darauf wartete, ihn beglücken zu können? Die Demütigung, die sie jetzt empfand, machte alle Glücksgefühle von vorhin zunichte. Und da war noch etwas anderes – es fühlte sich an wie etwas Sündhaftes und Erregendes zugleich.

„Ich glaube, das ist ein Missverständnis“, stammelte sie verlegen.

„Ja.“ Er schlenderte zu ihr herüber, nahm die Champagnerflasche und musterte Merle dabei schamlos. „Aber da gab es schon schlimmere.“

Er zog einen Mundwinkel nach oben, neigte den Kopf und musterte dann prüfend die Champagnerflasche. „Die hier war jedenfalls kein Missverständnis. Gute Wahl.“ Mit funkelnden Augen blickte er wieder zu Merle. „Neunhundert Dollar pro Flasche ist schon ein stolzes Sümmchen.“

Ihr blieb fast die Luft weg.

„Wie viel?“

Als Ash ein Lächeln aufblitzen ließ, wäre Merle fast das Herz stehen geblieben. Wie konnte jemand so sexy sein? Jeder Muskel in ihr verkrampfte sich. Sie konnte ihn erneut nur anstarren, während er ihren Blick erwiderte. Doch als sich ihr Verstand langsam wieder zurückmeldete, bemerkte sie einen müden Ausdruck in seinen Augen, der sein Lächeln unecht wirken ließ. Sie holte tief Luft, richtete den Blick auf die Flasche und bereute es, sie aus dem Keller mitgenommen zu haben.

„Ich hatte ja keine Ahnung. Es tut mir leid“, murmelte sie, noch eine Spur verlegener. „Mr. Castle hat gesagt, ich könnte …“

„Hör zu, Schätzchen, von mir aus kannst du in dem Zeug baden“, unterbrach Ash sie in einem fast schon gelangweilten Tonfall.

Doch dann glitt sein Blick über ihre Schultern, und etwas anderes flackerte in seinen Augen auf.

Sie hatte den verrückten Gedanken, dass er sich gerade vorstellte, die Wassertropfen von ihrer Haut zu lecken. Und sie wollte auch, dass er es tat. Merle, die noch nie einen Mann an sich herangelassen hatte, wollte plötzlich, dass der größte Playboy aller Zeiten mit seiner Zunge ihre Haut berührte. Und wie konnte es sein, dass sie immer noch kein Wort herausbrachte?

Instinktiv ließ sie sich tiefer ins Wasser sinken und spürte, wie sie innerlich dahinschmolz. Diese Gedanken waren absolut fehl am Platz, und sie war gleichermaßen über sich entsetzt wie über ihn. Dennoch konnte sie den Blick nicht von ihm abwenden. Sie starrte ihn an, als wäre er irgendein mystisches Wesen. Unfassbar, dass ein Mensch im wahren Leben so gut aussehen konnte.

Die Luft zwischen ihnen war von knisternder Spannung erfüllt. Merle wagte es nicht einmal, zu atmen, als sein Blick noch intensiver wurde. Man könnte meinen, er war genauso gebannt von ihr wie sie von ihm.

„Ich wurde von Mr. Castle engagiert, um die Sammlungen Ihres Vaters zu sortieren“, sagte Merle schließlich. Sie spürte, wie ihre Wangen erneut rot wurden.

Ash hielt kurz inne und stellte die Flasche vorsichtig wieder auf dem Badewannenrand ab. „Wie bitte?“

Ihr war das wachsame Aufflackern in seinen Augen nicht entgangen, deshalb kaufte sie ihm seinen scheinbar lässigen Tonfall nicht mehr ab.

„Mr. Leo Castle hat mich beauftragt, die Sachen Ihres Vaters zu sortieren“, wiederholte sie mit dünner Stimme und wich dabei seinem Blick aus. „Ich bin Archivarin. Ich bin schon seit drei Tagen hier und kümmere mich um die ganzen Dokumente in den Kisten.“

„Und deshalb sind Sie in meinem Badezimmer?“

„Ich wusste nicht, dass es Ihres ist“, erwiderte sie. „Ich dachte, es wäre eines der Gästezimmer.“

Er musterte sie. „Ich muss sagen, ich bin etwas enttäuscht.“

Merle schaute ihn mit offenem Mund an. Eigentlich sollte sie empört sein, aber aus unerfindlichen Gründen fühlte sie sich durch seine Worte geschmeichelt. Vielleicht hatte ihr der Champagner mehr zugesetzt, als sie gedacht hatte.

„Wie lange werden Sie hier arbeiten?“, fragte er stirnrunzelnd.

Sie schluckte. „Sechs Wochen. Vielleicht auch länger, denn es gibt mehr zu tun als vermutet …“

Er nahm eines der flauschigen weißen Handtücher aus dem Regal und legte es auf den Badewannenrand. „Ich wusste nicht, dass Leo das organisiert hat.“

„Mr. Castle hat wohl gedacht, dass in der Zeit niemand hier wäre.“

„Normalerweise hätte er auch recht damit.“ Ash kniff die Lippen zusammen. „Vielleicht wäre es besser, wenn wir dieses Gespräch unten fortsetzen. In zehn Minuten?“

Sie blickte ihn schockiert an. Wollte er sich nicht dafür entschuldigen, dass er sie für eine Prostituierte gehalten hatte?

Er erwiderte ihren Blick mit leicht geneigtem Kopf. Dann ließ er ein verruchtes Lächeln aufblitzen, das keine Spur von Reue zeigte. „Es sei denn, Sie möchten lieber hier die Konditionen aushandeln …?“

„Natürlich nicht“, murmelte sie.

„Das muss Ihnen nicht peinlich sein. Ich habe kein Problem damit.“ Er schien sich darüber zu amüsieren, dass sie erneut errötete. „Prostitution ist hierzulande legal.“

„Das ist mir bewusst, aber ich bin keine Prostituierte.“ Am liebsten würde sie jetzt wieder im Schaum versinken.

Er zuckte unbekümmert mit den Achseln. „Können Sie mir vorwerfen, dass ich das gedacht habe? Die Atmosphäre war perfekt. Kerzen, Champagner, und Sie haben sich wunderbar positioniert, um ihre Reize optimal in Szene zu setzen.“

Er hielt den Blick weiterhin auf sie gerichtet und musterte sie interessiert. Etwas in ihrer Mitte zog sich schmerzlich zusammen.

„Sind Sie es etwa gewohnt, dass eine Frau in Ihrer Badewanne oder Ihrem Bett auf Sie wartet?“, fragte sie heiser und konnte nicht glauben, dass sie das gerade tatsächlich laut ausgesprochen hatte.

„Das kann man so sagen.“ Er grinste, und seine Augen funkelten teuflisch.

Aber er bezahlte die Frauen nicht dafür, dass sie zu ihm kamen. Sie kamen freiwillig.

Merle war bestürzt über ihre eigene Reaktion und ihre wilden Gedanken. Seit wann fühlte sie sich zu solchen arroganten Machos hingezogen?

„Lust ist etwas Schönes“, fügte er fast schon andächtig hinzu. „Und nichts, wofür man sich schämen muss.“

Und mit dieser spitzfindigen Bemerkung, die ihn nur noch überheblicher wirken ließ, verließ er das Badezimmer.

Merle wartete, bis er verschwunden war. Gleich nachdem er die Tür geschlossen hatte, kletterte sie aus der glitschigen Badewanne. Nachdem sie sich hastig abgetrocknet hatte, schlüpfte sie in eine lockere Jeans und ein T-Shirt und streifte sich zur Sicherheit noch ein ausgebeultes Sweatshirt über, obwohl ihr immer noch heiß war von diesem peinlichen Moment. Ihr feuchtes Haar band sie zu einem Dutt zusammen. Einen kurzen Augenblick betrachtete sie ihr Gesicht im Spiegel und wünschte sich, sie wäre ein wenig geschminkt.

Blödsinn. Warum musste sie plötzlich an Wimperntusche und Lippenstift denken? Sie wollte doch gar nicht Ashs Interesse wecken. Den Bildern in den Medien nach zu urteilen war sie ohnehin nicht die Art Frau, mit der er sich normalerweise traf – und das war auch gut so. Irgendwann einmal hätte sie gern einen Freund, aber jemand wie Ash Castle kam bestimmt nicht dafür infrage. Er war kein Beziehungstyp, sondern ein Verführer, ein hemmungsloser Playboy, der zweifellos schon jede Menge Herzen gebrochen hatte. Merle würde das nicht passieren. Als ob er jemals an ihr interessiert sein würde. Wahrscheinlich war es nur der Gesamtsituation geschuldet, dass seine Augen für einen kurzen Moment so aufgeleuchtet hatten. Peinlich berührt überlegte Merle, was er wohl von ihr gesehen haben mochte. Und was er gedacht hatte.

„Kommen Sie aus Waiheke oder Auckland?“, rief Ash ihr aus der Mitte der Eingangshalle zu, als sie oben auf dem Treppenabsatz erschien. „Es ist schon spät, und ich glaube, die letzte Fähre nach Auckland ist bereits weg.“

Merle ging langsam hinunter und blieb auf der drittletzten Treppenstufe stehen, damit sie genug Abstand zu ihm halten und ihn dennoch direkt ansehen konnte. Sie konnte hier nicht weg. Weder heute Abend noch in den nächsten sechs Wochen.

„Ich bin zum Arbeiten hergekommen und brauche dafür meine Ruhe“, erklärte er auf ihr Schweigen hin.

„Die werden Sie haben“, antwortete sie überzeugt. „Sie werden gar nicht merken, dass ich hier bin.“

Er presste die Lippen zusammen und verzog die Mundwinkel dann langsam zu einem verführerischen Lächeln, das seine Augen jedoch nicht erreichte. „Und wie soll das gehen, wenn Sie nackt in meiner Badewanne sitzen und in meinem Bett schlafen?“

Sie starrte ihn an. Bestimmt sagte er das nur, um sie zu verunsichern und diese anstößigen Bilder in ihr zu verankern. „Ich werde natürlich in ein anderes Zimmer umziehen.“

Sie versuchte, ruhiger zu atmen, damit die Röte aus ihrem Gesicht verschwand, aber vergeblich. Als sie den Blick an seinen perfekt geformten Gesichtszügen hinabgleiten ließ und bei seinen vollen Lippen hängenblieb, musste sie unwillkürlich an leidenschaftliche Küsse denken. Sie zwang sich, ihm wieder in die Augen zu sehen und bemerkte eine Spur von Leid in seinem Blick. Aber warum?

„Verschieben Sie Ihre Arbeit um eine Woche“, sagte er plötzlich und riss sie aus ihren Gedanken. „Fahren Sie nach Hause und nehmen Sie sich ein paar Tage frei. Sie werden natürlich trotzdem voll bezahlt.“

Wohin nach Hause? Sie starrte vor sich hin und war unschlüssig darüber, was sie ihm antworten sollte, während der Ärger in ihr aufstieg. Warum brauchte er das riesige Haus ganz für sich allein? Und warum ausgerechnet dieses? Er hatte doch noch so viele andere. Zufällig wusste sie, dass er nicht nur ein milliardenschwerer Finanzier war, sondern auch der Erbe des Luxusapartmentimperiums Castle Holdings in Australien. Sein Vater besaß dort Unmengen an Immobilien. Also wieso war Ash nicht dort?

Doch der Mann, der vor ihr stand, war offensichtlich daran gewöhnt, immer seinen Willen durchzusetzen und lästige Unannehmlichkeiten mit Geld aus dem Weg zu räumen. Sie musste zugeben, dass seine Ablehnung ihr einen kleinen Stich versetzte. Es war lächerlich, vor allem angesichts der Tatsache, dass sie an Ablehnung gewöhnt war.

Zum ersten Mal in seinem Leben bekam Ash Castle nicht seinen Willen. Zumindest nicht heute Abend. Er war spontan hergekommen, und es war einfach Pech, dass Merle vor ihm dagewesen war, unter Vertrag und ohne Möglichkeit, irgendwo anders unterzukommen.

„Ich brauche keinen Urlaub“, sagte sie steif. „Ich muss meine Arbeit erledigen. Und deshalb bleibe ich hier.“

„Aber nur bis morgen.“ Er nickte zustimmend. „Danach können Sie für eine Woche nach Hause fahren.“

Sie biss die Zähne zusammen. „Leider habe ich im Moment keinen festen Wohnsitz.“ Ihr blieb keine andere Wahl, als es ihm zu sagen.

„‚Keinen festen Wohnsitz‘?“, wiederholte er und sah sie dabei aufmerksam an. „Sie sind also obdachlos?“

Sie verkrampfte sich noch mehr. „Da ich immer wieder neue Aufträge habe, brauche ich keinen festen Wohnsitz.“

Das war eine Lüge. Eigentlich hatte man selten das Glück, dass der Auftraggeber für die Dauer der Arbeit auch eine Unterkunft zur Verfügung stellte, und diesen Auftrag hatte sie nur deshalb bekommen, weil sie kurzfristig für jemanden eingesprungen war.

Ash sah sie mit ungläubigem Blick an, sodass sie sich gezwungen fühlte, noch mehr Erklärungen zu liefern. In den letzten fünf Minuten hatte sie mehr gesprochen als während der gesamten vergangenen drei Tage, und ihre Stimme war noch immer etwas belegt.

„Archivare werden nicht besonders gut bezahlt“, sagte sie dann.

„Das wundert mich aber.“ Er verzog seine Lippen zu einem Lächeln.

Ein kleines Feuer loderte in ihr auf. Es gab keinen Grund, so spöttisch zu sein.

„Viele sehr wichtige Jobs werden schlecht bezahlt.“ Ihr Herz pochte vor Aufregung. Normalerweise wagte Merle es nicht, sich jemandem zu widersetzen. Schon gar nicht einem Mann wie ihm.

„Ich wusste nicht, dass Archivarbeit so wichtig ist.“

Sie hatte den Eindruck, dass es viele wichtige Dinge gab, von denen er nichts wusste.

Er musterte sie aufmerksam, und sein unvermitteltes Lächeln war gleichzeitig frech und verführerisch. „Glauben Sie, Sie könnten mir ein paar Sachen beibringen?“

Jetzt zeigte er sein wahres Ich. Sein abgebrühtes, zynisches, unverbesserliches Ich. Das komplette Gegenteil von ihr. Aber ja, sie könnte ihm tatsächlich einiges beibringen. Allem voran Manieren.

„Es ist nicht meine Aufgabe, Ihnen etwas beizubringen“, erwiderte sie und klang dabei selbstsicherer, als sie sich fühlte. „Sie sind ein erwachsener Mann, und ich bin sicher, dass Sie in der Lage sein werden, sich selbst Dinge anzueignen. Irgendwann.“

Einen kurzen Augenblick verharrte Merle regungslos, während er sie mit leicht geöffnetem Mund anstarrte. Einerseits musste sie vorsichtig sein, doch andererseits war es ein seltsam berauschender Nervenkitzel.

„Wenn Sie die Archivierungsarbeit verschieben möchten und mir ein Hotelzimmer und die Urlaubswoche bezahlen wollen“, sagte sie umsichtig und fühlte sich dabei ungewöhnlich selbstbewusst, „dann werde ich natürlich Ihrem Wunsch nachkommen und gleich morgen früh das Haus verlassen. Bitte bedenken Sie aber, dass gerade Sommersaison ist und es hier auf der Insel nicht viele Unterkunftsmöglichkeiten gibt. Glauben Sie, dass Sie etwas für mich finden können?“

„Sie wollen, dass ich eine Unterkunft für Sie finde?“, fragte er spürbar irritiert und sah sie eindringlich an.

„Na ja, schließlich wollen Sie ja, dass ich gehe.“ Sie konnte seinem Blick nicht länger standhalten und sah verlegen zu Boden, während ihr die verdammte Röte einmal mehr ins Gesicht schoss. „Die Alternative wäre, dass Sie sich selbst eine andere Bleibe suchen.“

„Wie bitte?“ Er klang verdutzt.

Plötzlich packte sie der Übermut. „Würde Ihnen das etwa Umstände machen?“ Sie blickte ihn an und sprach dann mit leiser Stimme weiter: „Sind Sie es nicht gewohnt, für etwas zu arbeiten?“

Plötzlich war der traurige Ausdruck in seinen Augen einem nachdenklichen gewichen.

„Ich arbeite sehr hart, um das zu bekommen, was ich will“, sagte er bestimmt. „Und ich bekomme es immer.“

Es musste schön sein, das von sich behaupten zu können. Doch wie er sie nun grimmig fixierte, verflog Merles Hochmut wieder. Sie senkte erneut den Blick und beobachtete verstohlen, wie er ein Handy aus seiner Hosentasche zog. Es war ein neuartiges und sehr kostspieliges Gerät. Wie sollte es auch anders sein?

„Für Anrufe ist es schon zu spät.“ Bevor sie sich bremsen konnte, hatte sie den vorlauten Kommentar schon ausgesprochen und biss sich sofort auf die Unterlippe. Sie sollte lieber still sein, sonst würde sie noch den Job verlieren. „Es …“

„Man kann aber immer noch im Internet nachschauen“, unterbrach er sie, bevor sie sich entschuldigen konnte.

Merle war erleichtert darüber, denn er hatte ihre Entschuldigung nicht verdient. Während er die nächsten Minuten auf dem Display herumtippte, bemerkte sie, dass sein Stirnrunzeln stärker wurde und sein Kiefer sich anspannte. Ihr Herz raste, als er ihr einen mürrischen Blick zuwarf.

„Sie werden wohl hierbleiben müssen“, knurrte er schließlich.

War es schlimm, dass sie die Tatsache genoss, dass er nicht bekommen hatte, was er wollte? So etwas erlebte er offenbar nicht oft. Ein Gefühl der Zufriedenheit machte sich in ihr breit. Sie hatte sich mit ihm angelegt und gewonnen.

„Sie bleiben in meinem Zimmer. Ich nehme die große Suite.“ Er straffte die Schultern und lächelte spöttisch. „Sie werden jetzt besonders fleißig arbeiten müssen, weil ich Sie im Auge behalten werde.“

Die Freude über ihren frisch erlangten Sieg verblasste angesichts seiner wohl zweideutigen Aussage.

Mit klopfendem Herzen überlegte sie, ob es nicht doch besser für sie wäre, sich so gut es ging von ihm fernzuhalten, solange er hier war. Welcher Teufel hatte sie nur geritten? Sie hatte ihm eins auswischen wollen, weil er zu den Männern gehörte, die immer ihren Willen bekamen. „Ich dachte, Sie brauchen Ihre Ruhe.“

Er betrachtete sie mit leicht angehobenem Kinn. Merle fühlte sich wie erstarrt unter seinem intensiven Blick.

„Das dachte ich auch“, murmelte er. „Aber ich schaue mir auch gern interessante Dinge an, Miss …“

Er kannte nicht einmal ihren Namen.

„Merle Jordan“, sagte sie steif.

„Ich bin Ash Castle.“ Er verbeugte sich spöttisch. „Aber das wussten Sie ja schon.“

Sie nickte. Es war seine arrogante, selbstgefällige Art gewesen, die ihn verraten hatte, aber das sagte sie ihm natürlich nicht. „Im Arbeitszimmer steht ein Foto von Ihnen.“

Ein junger Ash mit seinen Eltern am Strand. Er wirkte überrascht, und für einen kurzen Moment huschte wieder dieser Ausdruck über sein Gesicht.

Ihr blieb nichts anderes übrig, als das hier durchzustehen. Die nächste Woche würde sie ihm komplett aus dem Weg gehen. Zum Glück war sie darin geübt, sich ruhig und unauffällig zu verhalten. Und in einem großen Haus wie diesem dürfte es ein Leichtes sein, einander nicht zu begegnen.

Ash zögerte und wirkte jetzt nicht nur ernst, sondern fast schon traurig. Das passte nicht zu ihm. Impulsiv ging Merle die Treppe hinunter auf ihn zu.

„Niemand weiß, dass ich hier bin“, sagte er. „Nicht einmal Leo. Und ich möchte, dass das auch so bleibt.“

„Natürlich“, murmelte sie.

Er wusste nicht, dass sie sowieso niemanden hatte, dem sie es erzählen könnte, erst recht niemandem aus seinem Umfeld. Aber sie musste unbedingt hierbleiben. Dieser Job war sehr wichtig für sie. Sie musste ihre Schulden begleichen und sich eine Zukunft aufbauen.

„Sie werden gar nicht merken, dass ich hier bin.“ Und ein weiteres Mal sah sie, wie sich ein Schatten über seine Augen legte.

2. KAPITEL

Sie werden gar nicht merken, dass ich hier bin.

Das war beim besten Willen nicht möglich. Ashs Blick verfinsterte sich. Wie sollte er dieses Bild vergessen? Merle hatte im Wasser gekniet wie eine Waldnymphe in einer magischen Quelle. Ihre feuchte Haut hatte im Mondlicht geschimmert, und ihre faszinierende Ausstrahlung hatte ihn vollkommen überwältigt. Leider war er mittlerweile schon so abgestumpft, dass er sie für eine Prostituierte gehalten und das auch noch laut ausgesprochen hatte. Allerdings hatte die Vorstellung, dass diese zauberhafte Dame darauf wartete, ihn zu beglücken, für einen kurzen Augenblick Sinn ergeben. Er hätte seine unverschämte, vorlaute Zunge im Zaum halten sollen, aber das hatte er noch nie getan.

Und jetzt?

Er musste unbedingt allein sein, damit er in aller Ruhe den Schock darüber verarbeiten konnte, was mit dem Haus geschehen war. Allerdings störte ihn die Tatsache, dass Merle hier war, nun auch nicht mehr.

Er hätte die gestrige Schlagzeile einfach ignorieren sollen. In dem blödsinnigen Zeitungsartikel war der „rebellische Playboy Ash“ mit seinem „verantwortungsbewussten“ unehelichen Halbbruder Leo verglichen worden. Das hatte Ash schließlich dazu gezwungen, etwas zu tun, das er schon seit Monaten vor sich hergeschoben hatte. Vor knapp einem Jahr war sein Vater Hugh Castle gestorben und hatte ihm alles vererbt. Bis zum Ende hatte er sich geweigert, Leo als Erben zu akzeptieren. Genauso wenig hatte er akzeptiert, dass Ash nichts mit dem Familienunternehmen zu tun haben wollte. Es hatte keine Rolle gespielt, dass Ash und er in den letzten zehn Jahren kaum Kontakt gehabt und Ash in dieser Zeit keinen Fuß in den Firmensitz oder eines der Familienanwesen gesetzt hatte. Stattdessen hatte sich Ash etwas Eigenes aufgebaut, nur um seinem Vater später den Erfolg unter die Nase reiben zu können.

Doch nichts davon hatte Hugh Castle interessiert. Er hatte nur das getan, was er wollte. Ash war Hughs Erstgeborener und damit sein rechtmäßiger Erbe, also hatte man ihm die Firma gegen seinen Willen aufgezwungen. Gleich danach hatte er sich jedoch darum gekümmert, dass alle Erben von Hugh Castle das bekamen, was ihnen zustand. Er hatte sämtliche Besitztümer verkaufen und das Vermögen aufteilen wollen, doch Leo hatte eine andere Idee. Es war nicht so, dass Ash sich aus der Verantwortung gezogen und Leo dazu gedrängt hatte, Hughs Firma zu übernehmen. Leo hatte selbst darauf bestanden. Und Ash hatte ihn gewähren lassen. Wie hätte er auch Nein sagen können, wenn Leo bereits so viel Ablehnung von der Familie Castle hatte erdulden müssen?

Autor

Natalie Anderson
<p>Natalie Anderson nahm die endgültigen Korrekturen ihres ersten Buches ans Bett gefesselt im Krankenhaus vor. Direkt nach einem Notfall-Kaiserschnitt, bei dem gesunde Zwillinge das Licht der Welt erblickten, brachte ihr ihr Ehemann die E-Mail von ihrem Redakteur. Dem Verleger gefielen ihre früheren Korrekturen und da es gerade einen Mangel an...
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