Verführt von einem stolzen Griechen

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Wer ist die unbekannte Schöne im Bikini, die sich an seinem idyllischen Privatstrand sonnt? Beim Anblick der jungen Isobel verliert der griechische Unternehmer Lukas Andreadis die Nerven: Wieder eine Journalistin, die ihn ausspionieren will, glaubt er - und will sie zur Strafe verführen …


  • Erscheinungstag 22.11.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733713836
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der dunkle Fleck am Horizont verwandelte sich langsam in eine mit Pinien bewachsene Insel, über der sich ein strahlend blauer Himmel wölbte. Als das Charterboot näher kam, konnte Isobel den Hafen mit den Tavernen erkennen, beschattet von bunten Markisen. Dahinter lagen schneeweiße Häuser mit hellbraunen Dächern.

Während das Boot langsam in den Hafen einfuhr, versuchte Isobel das Ferienhaus auszumachen, das sie im Reisebüro gebucht hatte. Aber sie gab es schnell auf, denn zu ihrem Erstaunen hatten die meisten Häuser blaue Türen und Balkone, so wie das aus dem Reiseprospekt. Nachdem sie angelegt hatten, rückte sie ihre große Umhängetasche über der Schulter zurecht und nahm ihre Reisetasche in die Hand. Sie war da!

Jetzt wollte sie erst einmal zu Mittag essen und sich dann erklären lassen, wie sie zu ihrem Ferienapartment auf der wunderschönen Insel Chyros kommen würde. Die Taverne, in der sie laut ihren Reiseunterlagen nachfragen sollte, sah sehr einladend aus. Fast jeder Tisch war besetzt. Die Gäste lachten, unterhielten sich lauthals, aßen und tranken.

Sie steuerte auf einen der letzten freien Tische draußen unter der Markise zu. Die Taschen hielt sie dicht bei ihren Füßen, während sie die Speisekarte studierte. Mit einem freundlichen Lächeln zeigte sie dem Kellner, wofür sie sich entschieden hatte.

Wenig später brachte man ihr Mineralwasser und Brot, danach einen bunten griechischen Salat mit Fetakäse. Sie aß, als hätte sie seit Tagen nichts mehr zu sich genommen. Und das war nicht einmal sehr weit von der Wahrheit entfernt. Das Ankommen gefiel ihr sehr viel besser als die Reise selbst.

„Hat Ihnen der salata geschmeckt?“, fragte der Kellner und warf einen zufriedenen Blick auf ihren leeren Teller.

Isobel lächelte, erleichtert darüber, dass er Englisch sprach. „Sehr gut. Es war köstlich.“ Sie holte ihren Reiseprospekt aus der Tasche. „Könnten Sie mir bitte helfen? Mir wurde gesagt, dass ich die Schlüssel für eines dieser Apartments hier abholen kann.“

Auch er lächelte und nickte. „Mein Vater hat sie. Ihm gehört die Ferienanlage Kalypso. Wenn Sie einen Moment warten, bringe ich Sie hin.“

Verlegen schüttelte Isobel den Kopf. „Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber Sie müssen deswegen nicht Ihre Arbeit unterbrechen. Ich kann mir ein Taxi nehmen …“

Er grinste. „Mein Vater ist Nikos. Ihm gehört auch die Taverne. Er wird sich freuen, wenn ich Sie hinbringe. Ich bin gerade vom Krankenhaus zurück.“

Überrascht sah sie den jungen, muskulösen Mann an. „Waren Sie krank?“

„Nein, ich arbeite dort als Arzt. Aber ich helfe zu Hause aus, wenn viel zu tun ist. Ich bin Alex Nicolaides. Wenn Sie mir Ihren Namen für die Unterlagen meines Vaters nennen, kann ich Sie zum Kalypso bringen.“

„Isobel James“, stellte sie sich vor. Nachdem sie ihr Wasser ausgetrunken und die Rechnung bezahlt hatte, kam der hilfsbereite Alex wieder.

„Wir können zu Fuß hingehen, es ist nicht weit“, erklärte er und nahm ihr Gepäck, wobei Isobel schnell nach ihrer großen Handtasche griff. „Die nehme ich schon.“

„Da sind sicher Ihre Wertsachen drin“, mutmaßte Alex, als sie die Marina entlangschlenderten.

„So ungefähr.“ Sie zog den Schirm ihrer Kappe bis zur Sonnenbrille herunter. „Einige meiner Malutensilien.“

„Sind Sie Künstlerin, Miss James?“

Isobel lächelte. „Ich versuche zumindest, eine zu sein.“

Ihr Begleiter hatte recht. Es war nicht weit bis zu den Ferienwohnungen. Doch die brütende Hitze trug dazu bei, dass Isobel erschöpft war, als sie bei den sechs weißen Ferienhäuschen ankamen, die sich am Ende des Hafens den Hügel hinaufzogen. Inmitten von Grün gelegen, hatten alle Häuser blaue Balkone, mit Blick über das strahlend blaue Meer, auf dem kleine Boote träge schaukelten.

Ihr Begleiter schaute auf die Nummer, die an ihrem Schlüssel hing, und warf Isobel einen zweifelnden Blick zu. „Ihr Haus liegt ganz hinten oben auf dem Hügel. Ist Ihnen das nicht zu abgelegen?“

Sie schüttelte den Kopf. Weit gefehlt. Denn die Ruhe und die relative Abgeschiedenheit des Häuschens waren genau das, was sie brauchte.

Sie hatten die anderen Häuser schon ein Stück hinter sich gelassen, als der junge Mann sie einen steilen Pfad hinaufführte, der von Piniennadeln bedeckt war. Er stellte ihr Gepäck auf der Veranda mit den Gartenmöbeln ab und öffnete mit einer schwungvollen Handbewegung die Tür zu Isobels Feriendomizil.

„Willkommen auf Chyros, Miss James. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.“

Sie riss sich von dem schönen Ausblick los und wandte sich dem Mann zu. „Den werde ich sicher haben. Noch etwas – wo ist der nächste Strand?“

„Unten beim Hafen. Aber gleich hier gibt es auch einen, der Ihnen sicher besser gefallen wird.“ Er deutete auf den schmalen Pfad, der sich hinter dem Haus durch die Pinien schlängelte. „Er ist klein, aber sehr schön. Und es sind nicht viele Leute dort, weil der Weg so steil ist.“

„Klingt wunderbar. Vielen Dank für Ihre Hilfe.“ Isobel schenkte ihm zum Abschied ein herzliches Lächeln und betrat ihr neues Quartier. Es bestand hauptsächlich aus einem großen Raum mit weißem Fliesenboden und gelb gestrichenen Wänden, in dem eine Klimaanlage für angenehm kühle Luft sorgte.

Die Einrichtung war schlicht. Ein himmelblaues Sofa, Vorhänge, zwei weiß bezogene Betten und ein Schrank. Durch einen Rundbogen sah man zu der kleinen Küche und dem angrenzenden Bad. Alles wirkte so sauber und friedlich, dass es Isobel wie ein Zufluchtsort erschien.

Ihre Freundin Joanna, mit der sie vor deren Ehe immer Urlaub gemacht hatte, hatte Isobels Wahl missbilligt und sie gedrängt, sich ein Hotelzimmer auf einer glanzvollen Insel wie Mykonos zu nehmen. Doch Isobel hatte sich für das ruhige, idyllische Chyros entschieden. Hier würde sie malen oder gar nichts tun können, ohne jeden Zeitdruck.

Nachdem sie ausgepackt und schnell geduscht hatte, trat sie in Shorts und rückenfreiem Oberteil auf den Balkon. Sie schickte Joanna eine SMS, dass sie sicher angekommen sei. Dann setzte sie sich mit dem Reiseführer hin und ließ ihre Haare in der Sonne trocknen.

Doch es dauerte nicht lange, bis ein Zeichenblock auf ihren Knien lag und sie anfing, die Boote im Hafen unten zu skizzieren. Versunken arbeitete sie, bis das Licht verblasste. Sie gähnte und streckte sich, zu müde, um zum Abendessen hinunter in die Taverne zu gehen. Stattdessen würde sie auf Brot, Käse und Tomaten zurückgreifen, die der Vermieter ihr für den ersten Tag hingelegt hatte. Danach wollte sie mit ihrem iPod und einem Buch über griechische Mythologie früh zu Bett gehen.

Sie blieb noch auf der Veranda, bis die Lichter unten auf den Booten und in den anderen Häusern angegangen waren. Zufrieden sah sie zu dem dunklen Himmel, an dem Millionen Sterne funkelten. Die Abendluft war von Musik und dem Duft nach Essen erfüllt.

Im Gegensatz zu Joannas Prognose verspürte Isobel innere Ruhe und Frieden statt Einsamkeit. Zum ersten Mal seit Wochen fühlte sie sich befreit von der dunklen Wolke, die sie nicht hatte verscheuchen können, auch wenn sie sich noch so sehr darum bemüht hatte. Und dass sie schon so früh schläfrig war, musste an der besonderen Luft auf dieser Insel liegen.

Als Isobel früh am nächsten Morgen aufwachte, stellte sie voller Freude fest, dass sie durchgeschlafen hatte, ohne auch nur ein einziges Mal von einem Albtraum aufgeschreckt worden zu sein.

Nach dem Frühstück zog sie Jeans und T-Shirt über einen rosafarbenen Bikini, stülpte sich eine blaue Baseballkappe über die Haare und ging hinunter zum Hafen. Sie schlenderte an den Booten vorbei, ging dann in Richtung Dorfplatz und erwiderte das freundliche Lächeln der schwarz gekleideten Frauen und der alten Männer, die schon vor ihren Türen saßen.

Ein kleiner Kiosk an der Ecke hatte bereits geöffnet. Isobel kaufte Postkarten, Brot, Mineralwasser und süße Trauben und machte sich wieder auf den Rückweg zu ihrem Häuschen. Ausgerüstet mit Sonnenbrille, Badesachen und Malutensilien schlug sie wenig später den Pfad ein, von dem Alex Nicolaides am Tag zuvor gesprochen hatte.

Der Weg war tatsächlich an manchen Stellen bedrohlich steil. Doch als sie schließlich den wunderschönen Strand erreichte, der verlassen dalag, wusste sie, dass die Mühe sich gelohnt hatte. Hinter dem weißen Sandstrand erhoben sich Tamarisken und Pinien, davor leuchtete das Meer in wunderschönen Grün- und Blautönen.

Isobel ging zu einem Felsen, zog sich bis auf den Bikini aus und rieb sich mit Sonnencreme ein. Dann setzte sie sich an den Felsen, über den sie ein Handtuch gelegt hatte, und begann zu zeichnen.

Den steilen Pfad wagte sich niemand hinunter, doch nach einer Stunde absoluter Ruhe kamen hin und wieder kleine Boote und luden Passagiere aus. Bald liefen Kinder fröhlich schreiend ins Wasser, während Erwachsene sich in der Sonne rekelten oder Picknick machten. So viel zu Ruhe und Frieden.

Isobel lächelte gelassen und beschloss, den Weg die Klippen hinaufzugehen, um ein frühes Mittagessen einzunehmen. Doch als sie ihre Sachen zusammensammelte, entdeckte sie einen Spalt in den Felsen am Ende des Strandes, der sie neugierig machte. Sie kam näher und sah, dass der Spalt sehr eng und dunkel war, teils verdeckt von überhängendem Buschwerk.

Sie presste die Umhängetasche fest an die Brust und quetschte sich durch den felsigen Durchgang, der an einer Stelle so schmal war, dass sie beinahe aufgegeben hätte. Doch als der Durchgang wieder breiter wurde, trieb ihre Neugier sie weiter. Vorsichtig tastete sie sich über die rutschigen Felsen, bis sie in einer sehr viel kleineren Bucht herauskam, geschützt durch hohe, steile Klippen. Weit und breit war kein Mensch zu sehen.

Begeistert sah Isobel sich in ihrem einsamen Paradies um. Trauben und Wasser würden ihr hier als Lunch genügen. Sie zog sich wieder bis auf den Bikini aus und setzte sich unter einen überhängenden Felsen, dessen Form sie an einen drohend aufgerichteten Löwen erinnerte. Das wird mein nächstes Motiv sein, nahm sie sich vor. Nachdem sie getrunken und einige Trauben gegessen hatte, zog sie sich tiefer in den Schatten zurück, um ein Nickerchen zu machen.

Doch die neu gefundene Ruhe wurde bald von einem aufheulenden Motor zerstört. Ihr Überlebensinstinkt trieb sie genau in dem Augenblick auf den steilen Felsen, als ein Mann auf einem Jetski auf sie zuraste. Im letzten Moment drehte er ab, lachte schallend und hielt wieder aufs offene Meer zu.

Isobel schlug das Herz bis zum Hals. Sie war so wütend auf diesen Rowdy, dass sie das Gleichgewicht verlor, als sie sich umdrehte, um herunterzuspringen. Wild fuchtelte sie mit den Armen in der Luft herum, doch ihr Schrei wurde erstickt, denn sie schlug mit dem Kopf gegen den Fels, und ihre Welt wurde plötzlich schwarz.

Lukas Andreadis freute sich auf den Nachmittag. Er wollte schwimmen gehen und danach köstlich zu Abend essen. Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Sein ganzes Erwachsenenleben lang hatte er darauf hingearbeitet, und nun wollte er den triumphalen Sieg über Melina Andreadis allein an seinem Lieblingsplatz feiern. Während er mit seinem Helikopter über das vertraute tiefblaue Wasser flog, entspannte er sich allmählich. Schließlich tauchte die Insel auf.

Normalerweise hob der Anblick von Chyros sofort seine Laune. Denn diese Insel bedeutete für ihn Frieden und Abgeschiedenheit, wovon er in seinem Leben in Athen nur wenig hatte. Er setzte zum Landeanflug in der Nähe der Villa an und fluchte plötzlich wütend. Eine nackte Frau lag an seinem Privatstrand in der Sonne. Wieder einmal.

Nachdem er hinter dem Haus gelandet war, lief er am Pool vorbei zu den Bäumen, die am Rand der Klippe standen, und sah mit finsterem Blick auf die Gestalt, die weit unter ihm reglos im Sand lag. Warum, verdammt noch mal, konnten sie ihn nicht in Frieden lassen? Er drehte sich um, als der treue Spiro herbeigeeilt kam, um ihn zu begrüßen. Herzlich erwiderte er den Gruß und deutete dann zum Strand.

„Da ist wieder jemand in der Bucht. Wo zum Teufel steckt Milos?“

„Er hat ein paar Stunden freigenommen. Soll ich das Boot nehmen?“

„Nein, lassen Sie mich das machen.“ Luke nahm sein Gepäck und schlenderte an den Palmen und dem Oleander vorbei in den üppig blühenden Garten. Doch anstatt wie sonst erst einmal die duftende Luft einzuatmen und zur Ruhe zu kommen, hastete er die gewundene Treppe hoch, zog seine Sachen aus, schlüpfte in Shorts und T-Shirt und stieg barfuß in seine Deckschuhe. Beruhigend lächelte er Spiro zu, der inzwischen mit Auspacken beschäftigt war. „Keine Sorge. Ich tue der Frau nichts.“

„Das weiß ich“, erwiderte der Mann mit der Selbstverständlichkeit eines Angestellten, der seinen Arbeitgeber von Geburt an kannte – und mochte. „Setzen Sie die dunkle Sonnenbrille auf … und fahren Sie nicht zu schnell.“

Luke nahm zwei Schlüssel. In der Küche blieb er kurz stehen, um Spiros Frau Eleni herzlich zu begrüßen, und schaute kurz zum Strand hinunter. Die Frau lag immer noch bäuchlings im Sand. Sie würde sich einen Sonnenbrand holen. Aber dem würde er abhelfen.

Wenig später fuhr er in seinem Jeep die von Zypressen gesäumte Auffahrt hinunter und raste dann in einem Tempo, das Spiros Herz sicher zugesetzt hätte, die gewundene Straße hinunter. Unten in der Stadt drosselte er die Geschwindigkeit. Bei seinem abgeschiedenen Liegeplatz am Ende des Hafens hielt er an.

Mit einem Satz war er an Deck der Athena. Er ließ die Marina hinter sich und steuerte um die Klippen herum auf seine Privatbucht zu. Dann vertäute er das Boot an einem Anlegesteg, der hinter Felsen versteckt lag. Seine Augen funkelten zornig. Die Frau war immer noch da.

„Sie sind hier unbefugt eingedrungen!“, schrie er und stürmte über den hellen Strand. Doch als er bei ihr war, merkte er, dass sie sich nicht regte. Mit dem Gesicht nach unten lag sie unnatürlich verdreht da, und eine Flut von blonden Locken ergoss sich über ihre Schultern.

Er wollte ihr Gesicht zu sich drehen, ließ die Hand aber wieder fallen.

Ein gequälter Blick aus blauen Augen traf ihn, der sich vor Entsetzen verdunkelte, als sie in sein Gesicht sah, das ihrem so bedrohlich nahe war.

„Sie sind gestürzt. Was machen Sie hier?“, wollte er wissen.

„Tut mir leid … ich verstehe nicht“, entgegnete sie schwach und unterdrückte ein Stöhnen, als sie versuchte, von ihm abzurücken.

„Sie sind gestürzt und haben eine Kopfverletzung“, erklärte Luke auf Englisch. Er fluchte leise, da durch ihre Bewegung erneut Blut aus einer tiefen Schnittwunde an der Schläfe sickerte.

„Der Knöchel ist auch verletzt.“ Sie schluckte und verzog das Gesicht vor Schmerzen. „Ich bin ausgerutscht, als Sie mit dem Jetski auf mich zugehalten haben …“

„Jetski?“ Finster sah er sie an. „Der Sturz hat wohl Ihre Sinne benebelt, kyria. So etwas besitze ich gar nicht. Ich bin mit dem Boot da.“ Stirnrunzelnd betrachtete er den Fuß, der in eine Felsspalte geraten war. „Ich muss ihn herausziehen. Aber es wird wehtun.“

Stoisch biss sie die Zähne aufeinander und wandte den Kopf ab.

Luke machte den Schnürsenkel an dem blauen Turnschuh auf, doch als er versuchte, den Fuß vom Schuh zu befreien, stöhnte sie vor Schmerz auf, und Schweiß rann über ihr Gesicht.

„Ziehen Sie einfach. Bitte!“

Er gehorchte. Aber kaum hatte er den Fuß befreit, war die junge Frau erneut in Ohnmacht gefallen. Fluchend zog er sein Handy aus der hinteren Hosentasche. „Spiro, die Frau hatte einen Unfall. Sie ist bewusstlos. Um diese Zeit ist wohl keine Sprechstunde mehr, also werde ich sie zum Haus bringen müssen.“

Spiros entsetzten Aufschrei würgte er ab. „Suchen Sie bitte Dr. Riga. Und sagen Sie ihm, dass es dringend ist.“

Erneut fluchte er, weil sie außer ein paar winzigen Fetzen rosa Stoff praktisch nackt war. Er schüttelte das Handtuch aus, das in der Nähe lag, und breitete es über der Frau aus. Dann durchsuchte er die Umhängetasche, die am Fuß des Felsens lag.

Beim Anblick des Skizzenblocks und der Stifte verzog er den Mund. Ansonsten fand er nur eine Geldbörse mit Kleingeld und einen englischen Roman. Kein Ausweis. Er hängte sich die Tasche über die Schulter. Doch als er sich bückte, um die Frau hochzuheben, öffnete sie die Augen, erneut voller Angst.

„Ihnen wird nichts passieren“, schnauzte er entnervt. „Ich muss Sie zu meinem Boot tragen.“

So vorsichtig wie möglich trug Luke seine Last über den schmalen Strand. Als er sie ins Boot legte, war sie schon wieder bewusstlos. Schlecht gelaunt fuhr er zurück zur Marina, einmal mehr froh darüber, dass sein Liegeplatz sich ein gutes Stück von den Tavernen entfernt befand.

Er vertäute sein Boot sicher und hob seine bewusstlose Passagierin hoch. Hoffentlich hatte sie keine schweren Schädelverletzungen davongetragen. Obwohl sie schlank war, lag sie nun schwer wie Blei in seinen Armen. Am Kai setzte er sie vorsichtig auf den Beifahrersitz seines Jeeps. Dann fuhr er zurück zur Villa.

Spiro und Eleni kamen ihm schon entgegen, als er in die Auffahrt einbog, gefolgt von dem Gärtner Milos. Alle drei lamentierten lauthals über die bewusstlose Frau.

„Es tut mir leid, kyrie“, sagte Milos bedauernd. „Meine Mutter brauchte mich. Was ist denn mit der Lady passiert?“

„Sie ist von den Felsen gestürzt“, brummte Luke und sprang aus dem Wagen.

„Dr. Riga ist zu einem Notfall gerufen worden“, erklärte Spiro mit besorgtem Blick.

Luke schluckte eine heftige Erwiderung hinunter. „Braucht er lange?“

„Alex Nicolaides ist zu Hause, kyrie. Ich habe ihn heute Morgen gesehen. Ich könnte ins Dorf gehen und ihn holen“, schlug Milos vor.

Luke nickte grimmig und fühlte den Puls der jungen Frau. „Holen Sie ihn bitte her, so schnell es geht.“

„Die Arme!“ Eleni beugte sich vor, um der jungen Frau das Blut von der Schläfe zu wischen, während Milos davoneilte. „Sie hat sich ihr hübsches Gesicht verletzt.“

„Ich helfe Ihnen, sie hinaufzutragen“, bot Spiro an, doch Luke schüttelte den Kopf.

„Das schaffe ich schon. Aber ich brauche Sie, Eleni.“ Als er den Sicherheitsgurt löste, kam die junge Frau zu sich und schreckte so panisch vor ihm zurück, dass Luke plötzlich die Geduld verlor.

„Sie sind nicht in Gefahr“, schnauzte er. „Ich habe Sie zu meinem Haus gebracht.“

„Nein, ich muss wirklich zurück … zu meinem Ferienhaus“, protestierte Isobel entsetzt. Bevor er sie noch zurückhalten konnte, glitt sie vom Sitz, schnappte aber benommen nach Luft, als sie mit ihrem verletzten Knöchel auftrat.

Luke hob sie hoch. Seine Miene war dabei bedrohlich wie ein Gewitter. Er achtete nicht auf Elenis Protest, weil er das Handtuch zurückgelassen hatte. Entschlossen stieg er die geschwungene Treppe zu dem großen, lichtdurchfluteten Schlafzimmer hinauf und setzte seine widerspenstige Last in einem Sessel ab. „Ich lasse Sie jetzt mit meiner Haushälterin allein“, keuchte er und marschierte aus dem Zimmer.

Die ältere Frau lächelte mitfühlend. „Ich bin Eleni.“ Sie nahm den Arm der jungen Frau, um ihr zu dem einladenden weißen Bett zu helfen, doch Isobel schüttelte den Kopf.

Sofort bereute sie die Bewegung. Ein so schmerzhafter Stich schoss ihr durch den Kopf, dass sich der ganze Raum um sie drehte. „Mir ist schlecht“, keuchte sie und schlug die Hand vor den Mund.

Eleni hatte sofort begriffen und half ihr ins angrenzende Badezimmer. Nach einer schmerzhaften, erniedrigenden Tortur bedankte Isobel sich matt und gab schließlich Elenis Drängen nach, den Bikini auszuziehen, der während ihres abenteuerlichen Ausflugs sehr gelitten hatte. Nachdem Eleni ihr Sand und Blut abgewaschen hatte, half sie Isobel in einen weißen Bademantel.

„Vielen … Dank.“ Isobels Zähne schlugen zitternd aufeinander, als die Frau sie ins Bett legte, den Kopf auf die schneeweißen Kissen gebettet.

Eleni hob den Bikini vom Boden auf. „Den werde ich waschen. Und Sie ruhen sich jetzt aus.“ Mit diesen energischen Worten verließ sie das Zimmer.

Die Episode im Badezimmer hatte Isobels Kopfschmerzen noch verstärkt, sodass sie fast den Schmerz in ihrem Knöchel vergaß. Aber nicht ihren Durst. Sie versuchte, sich den Unfall in Erinnerung zu rufen. Es fiel ihr schwer. Sie wusste noch, dass irgendein Idiot auf einem Jetski vom Meer aus auf den Strand zugehalten und sie sich den Kopf angeschlagen hatte.

Danach war es dunkel um sie herum gewesen, bis sie dann in das attraktive, wütende Gesicht eines Fremden blickte, den sie für den Übeltäter hielt. Was ihn sehr aufgebracht hatte. Das jedenfalls spürte sie auch jetzt noch, als die Tür sich öffnete und ihr feindselig gestimmter Retter am Bett erschien.

„Wie geht’s?“, fragte er knapp.

„Nicht besonders.“ Sie schluckte. „Tut mir leid, dass ich Ihnen zur Last falle, aber könnte ich bitte einen Schluck Wasser haben?“

Luke nickte steif und verfluchte sich im Stillen, dass er nicht selbst daran gedacht hatte. „Natürlich.“

Isobel sah ihm hinterher, als er das Zimmer verließ. Er war groß und hatte eine fantastische Figur. Wenn er nur etwas freundlicher wäre, würde er sogar sehr gut aussehen. Nicht, dass seine Feindseligkeit ihr Sorgen machte. Denn ihr einziger Wunsch war, so schnell wie möglich von hier fortzukommen, wo auch immer „hier“ sein mochte.

Sie wollte in ihr kleines Häuschen zurück, für das sie schließlich bezahlt hatte. Und ein Tag ihres Urlaubs war schon ruiniert. Bei dem Gedanken kamen ihr die Tränen. Ungehalten über ihr Selbstmitleid, wischte sie sie schnell fort, während ihr Gastgeber mit ihrer Umhängetasche zurückkam.

Eleni folgte ihm mit einem Tablett in der Hand. Sie goss Wasser in ein Glas und reichte es Isobel. Nachdem sie dem Hausherrn einen fragenden Blick zugeworfen hatte, verließ sie den Raum, ließ die Tür aber weit offen.

„Eleni kümmert sich schon seit vielen Jahren um meine Familie“, erklärte er.

Obwohl Isobel großen Durst hatte, zwang sie sich, langsam zu trinken. „Sie ist sehr nett.“

„Ich nicht?“

„Natürlich.“ Ihre Wangen wurden noch heißer. „Ich bin Ihnen sehr dankbar. Und es ist mir äußerst peinlich, dass ich Ihnen so viele Scherereien mache.“

Lässig zuckte Luke die Schultern. „Sagen Sie mir Ihren Namen.“

„Isobel James.“ Sie trank das restliche Wasser aus, hielt das kalte Glas an die Wange und sah ihn fragend an. „Und wer sind Sie?“

Er lachte höhnisch. „Das wissen Sie nicht?“

Sie versteifte sich. „Leider nicht. Ich bin erst gestern auf der Insel angekommen.“

Ein zynisches Glitzern lag in seinen Augen. „Und was hatten Sie an meinem Strand verloren? Haben Sie jemanden dafür bezahlt, dass er Sie mit dem Boot dorthin gebracht hat?“

Isobel umklammerte ihr Glas. „Nein. Ich bin den Pfad zum Strand hinuntergestiegen, der neben Ihrer Bucht liegt. Aber mittags war es dort sehr voll. Da habe ich den Spalt zwischen den Felsen entdeckt und bin hindurchgeschlüpft, um nachzusehen, was dahinter liegt.“

„Der Weg ist blockiert.“

„Nicht ganz. Ich konnte mich vorbeiquetschen.“

„Waren Sie so begierig darauf, in meine Privatsphäre einzudringen?“ Abscheu flammte in seinen Augen auf, der Isobel an einer empfindlichen Stelle traf.

„Ganz sicher nicht“, gab sie zurück. „Ich hatte keine Ahnung, dass es ein Privatstrand ist. Ich bitte ergebenst um Entschuldigung, dass ich mir unbefugt Zutritt verschafft habe. Wenn Sie jetzt so freundlich wären, mir ein Taxi zu rufen, könnte ich mich anziehen und verschwinden.“

Spöttisch hob er eine Braue. „Und wie wollen Sie laufen?“

„Das schaffe ich schon“, schnauzte sie und hoffte, dass sie recht behalten würde.

In diesem Moment klopfte Eleni an die offen stehende Tür. Dann trat eine bekannte Gestalt herein, die einen Arztkoffer trug.

Die beiden Männer umarmten sich zur Begrüßung, und Alex Nicolaides trat ans Bett. Seine Augen weiteten sich besorgt, als er die Patientin erkannte. „Miss James! Was ist denn passiert?“ Er wandte sich zu ihrem finster dreinblickenden Retter um und stellte ihm wohl die gleiche Frage in seiner Sprache.

„Diese Dame“, erklärte Luke ihm bewusst auf Englisch, „ist unbefugt an meinem Privatstrand gewesen und dabei gestürzt. Sie war bewusstlos, als ich sie gefunden habe. Wenn du jetzt bitte ihre Verletzungen untersuchen würdest und mir sagst, was zu tun ist.“

„Ich möchte, dass Eleni bleibt, bitte“, erklärte Isobel.

Luke bedeutete der Haushälterin, ans Bett zu treten. Er selbst blieb am Fußende stehen, offensichtlich bestrebt, die Untersuchung zu überwachen.

Tröstend tätschelte die Haushälterin Isobels Hand, und Alex beugte sich über sie.

„Sie haben ja ziemliches Pech gehabt, Miss James“, sagte er sanft.

Er klang so aufrichtig in seinem Mitleid, dass Isobel erneut Tränen kamen und ihr heiß über die geröteten Wangen liefen. Schnell tupfte Eleni sie mit einem Tuch ab, damit der Arzt die Wunde untersuchen konnte. Dann leuchtete er ihr mit einem Stablämpchen ins Auge, hielt einen Finger hoch und bat sie, dessen Bewegung mit dem Auge zu folgen. „Haben Sie sich übergeben?“

Autor

Catherine George
Die öffentliche Bibliothek in ihrem Heimatort nahe der walisischen Grenze war der Ort, an dem Catherine George als Kind in ihrer Freizeit meistens zu finden war. Unterstützt wurde sie dabei von ihrer Mutter, die Catherines Lesehunger förderte. Zu einem Teil ist es sicher ihrer Motivation zu verdanken, dass Catherine George...
Mehr erfahren