Verliebt in den sexy Feind

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Alexis weiß: Daniel Clayton ist tabu für sie! Als Teenager waren sie ein Paar, bis die Feindschaft zwischen ihren Familien ihr Glück zerstörte. Doch als Daniel bei einem Hochzeitsempfang plötzlich hinter ihr steht und seine Hand auf ihre nackte Schulter legt, kann sie dem Begehren nicht länger widerstehen. Sie verbringt leidenschaftliche Stunden mit dem sexy Rancher - die nicht ohne Folgen bleiben. Alexis muss sich entscheiden: Ist sie loyal gegenüber ihrer Familie oder hört sie auf ihr Herz?


  • Erscheinungstag 18.02.2020
  • Bandnummer 2120
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726058
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

September

Im Laufe der Zeit hatten im Texas Cattleman’s Club schon viele Hochzeitsempfänge stattgefunden, und nicht immer war alles glattgegangen. Es hatte einige Skandale gegeben.

Alexis Slade konnte sich an diverse Geschichten erinnern, die ihr erzählt worden waren. Da war zum Beispiel der Bräutigam, der mit der nicht mehr ganz jungen Trauzeugin in einer kompromittierenden Situation erwischt wurde. Da gab es die skurrile Geschichte über einen Brautvater, der sich nur mit einem rosa Spitzenslip bekleidet auf der Tanzfläche vergnügte. Es hatte Bräute gegeben, die in Tränen ausbrachen, betrunkene Bräute, Bräute, die ihr Jawort schon nach einer Stunde bereuten, aber Shelby Arthur war die erste Braut, die es nicht mal bis zum Altar geschafft hatte. Und das aus freien Stücken. Sie hatte schlicht und einfach die Flucht ergriffen.

Ja, über die Goodman-Arthur-Hochzeit, oder besser, Nicht-Hochzeit, würde man im Städtchen Royal mit Sicherheit noch wochenlang reden.

Alexis sah sich im gut gefüllten Empfangsraum um und entdeckte Reginald Goodman, der ein Glas Whisky in der Hand hielt. Er sah blass aus, wirkte aber einigermaßen gefasst. Nicht weit von ihm entfernt stand die Mutter des Fast-Bräutigams und zog eine Show ab. Theatralisch tupfte sie sich immer wieder mit einem Taschentuch die Augenpartie ab, damit nur niemandem entging, wie sehr sie unter der Situation litt.

Alexis fand diese theaterreife Vorstellung unerträglich. Daphne Goodman war eine große Drama-Queen und ein unangenehmer Mensch noch dazu. Sie hatte kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie die Verlobte ihres Sohnes geradezu verabscheute; eigentlich war sie immer gegen diese Heirat gewesen. Auf der Highschool hatte ihr Sohn Jared sich einmal auch an sie, Alexis, heranmachen wollen, und aus dieser Erfahrung heraus fand Alexis, dass Shelby gerade noch rechtzeitig die Reißleine gezogen hatte.

Jared war ein rückgratloses Mamasöhnchen, und ihn zu ehelichen hätte bedeutet, in eine absolut fürchterliche Familie einzuheiraten. Allesamt waren sie unerträglich, nur Brooke Goodman, Jareds rundum liebenswürdige Schwester, war davon ausgenommen. Die anderen konnte man vergessen. Keine Frau hatte es verdient, in diese Bagage einzuheiraten. Eine Ehe war ja ohnehin etwas, das es zu meistern galt, nicht nur eitel Sonnenschein und schon schwierig genug, auch ohne dass sich eine tyrannische Schwiegermutter ständig einmischte. Die Ehe von Jared und Shelby wäre eine Ehe zu dritt gewesen, und Daphne Goodman hätte mit Sicherheit das Kommando geführt.

Alexis wandte sich um, als sich die Seitentür zum Empfangsraum öffnete. Rose Clayton trat ein. Mit kühlem Blick musterte Rose sie, und Alexis machte sich bewusst, dass sie nicht mehr blutjung und achtzehn war. Sie musste sich daran erinnern, dass die inoffizielle Königin des Texas Cattleman’s Club ihr keine Angst mehr einjagen konnte.

Und dennoch jagte sie ihr Angst ein. Immer noch.

Zehn Jahre war es jetzt her, dass Rose all ihre Macht, all ihren Einfluss eingesetzt hatte, um ihren Enkel und zukünftigen Erben Daniel von ihr zu trennen. Und Gus, Alexis’ Großvater, hatte sie dabei nach Kräften unterstützt. Denn wie so ziemlich jeder Texaner wusste, waren Familienloyalität und der jahrzehntelange Krieg zwischen Gus Slade und Rose Clayton wichtiger, als eine zarte und hoffnungsvolle junge erste Liebe es je sein könnte. Ja, damals waren sie und Daniel gewissermaßen der Romeo und die Julia von Royal gewesen, mit dem einzigen Unterschied, dass sie am Ende des Dramas nicht tot waren.

Dennoch, Daniel zu verlieren, war ihr nicht weniger schlimm als der Tod vorgekommen. Alexis erinnerte sich noch sehr gut an ihre heißen Tränen, an die Verzweiflung, die sie verspürte, als Daniel sich weigerte, Royal gemeinsam mit ihr zu verlassen, damit sie in einem anderen Bundesstaat studieren konnte.

Daniel hatte gesagt, er gehöre nun mal auf die Silver C Ranch, doch Alexis war anderer Ansicht; ihrer Meinung nach gehörten sie beide auf jeden Fall zusammen. Es gab heftige und unschöne Auseinandersetzungen. Daniel war stur und blieb unnachgiebig, seine Weigerung, sich für sie zu entscheiden, bedeutete schließlich das Aus für die Beziehung.

Sicher, sie waren noch jung gewesen, aber sein Verhalten hatte Alexis schwer enttäuscht. Durch den Tod hatte sie schon viele Menschen verloren, die ihr nahestanden, ihre Eltern, ihre alte Freundin Gemma und gerade erst im vergangenen Jahr ihre geliebte Großmutter Sarah. Der Verlust von Daniel war anders; Daniel hatte ihr Leben nicht durch eine schicksalhafte Fügung verlassen, sondern aus eigenem Antrieb.

Irgendwie schmerzte sie das sogar noch mehr.

Rose kam auf sie zu, und Alexis fühlte Fluchtinstinkt in sich aufsteigen. Sie riss sich jedoch zusammen, zwang sich, die alte Dame anzusehen, und nickte in ihre Richtung. „Guten Tag, Miss Rose.“

„Guten Tag, Alexis.“

Das war es auch schon. Rose schritt an ihr vorüber, ging einfach unnahbar in kerzengerader Haltung weiter. Hätte es nicht die unangenehme Vorgeschichte gegeben, hätte Alexis vielleicht sogar so etwas wie Bewunderung für die alte Dame empfunden, Bewunderung für ihre Selbstsicherheit, ihre Entschlossenheit, ihre Fähigkeit, sich einen wichtigen Platz in dieser von Alpha-Männern dominierten Welt zu sichern.

Aber Rose war nun mal eine Clayton und damit ein eingeschworener Feind der Slades. In Grundzügen kannte Alexis den Ursprung des Slade-Clayton-Krieges: Vor einem halben Jahrhundert hatte Gus, ihr Großvater, Royal verlassen, um sich als umherziehender Rodeoreiter ein kleines Vermögen zu erarbeiten, im festen Glauben, dass die von ihm so geliebte Rose Clayton auf seine Rückkehr warten würde. Endlich hatte er genug zusammengespart, um Land direkt neben der Clayton-Ranch zu kaufen, kehrte zurück in die Heimat und wollte nun seiner geliebten Rose einen Heiratsantrag machen. Seine Enttäuschung war unermesslich, als er erfahren musste, dass sie im Jahr zuvor einen Mann namens Ed geheiratet hatte.

Das war der Startschuss zu einer fünfzigjährigen Familienfeindschaft gewesen.

Als Gus dann später Roses beste Freundin heiratete, Alexis’ geliebte Großmutter Sarah, spitzte der Konflikt sich weiter zu. Doch wer dachte, es könnte nicht noch schlimmer kommen, sah sich getäuscht. Denn es gelang Gus nach und nach, immer mehr Landparzellen der in die Krise geratenen einst so mächtigen Clayton-Ranch aufzukaufen.

In Texas war eine Familienfehde eine ernste Angelegenheit, und Nachbarn und Bekannte bezogen schnell für die eine oder für die andere Seite Position. Einzig und allein der Texas Cattleman’s Club blieb eine neutrale Zone.

So gut wie alle Mitglieder der Familien Slade und Clayton gehörten dazu, und innerhalb der Wände des Clubs mussten sie sich zusammenreißen und zivilisiert miteinander umgehen. Im Zweifelsfall entschloss man sich, die gegnerische Seite so gut wie möglich zu ignorieren. So wie Gus nach Möglichkeit Rose ignorierte, ignorierte Alexis nun Daniel, obwohl ihr das wirklich schwerfiel, wie sie sich eingestehen musste.

Das war allerdings kein Wunder. Jede Frau, die nicht schon scheintot war, flog einfach auf diesen charismatischen, gut aussehenden Mann. Verstohlen blickte Alexis zur Bar hinüber, wo er stand, der Mann, von dem sie einst geglaubt hatte, er sei die Liebe ihres Lebens. Dunkle Haare, braune Augen, die zärtlich dreinschauen konnten, aber auch entschlossen und eisenhart.

So viele Jahre waren vergangen, so viel hatte sich geändert. Alexis seufzte wehmütig.

Ihr schlaksiger Freund von damals war etwas mehr in die Breite gegangen, wirkte kräftiger, männlicher. Nach wie vor war er schlank, doch inzwischen wesentlich muskulöser, maskuliner, härter. In seinem Smoking sah er genauso attraktiv aus wie in zerschlissener Jeans, aber es gab einen Zustand, in dem er noch besser zur Geltung kam.

Ein nackter Daniel Clayton – ja, das war das höchste der Gefühle, das wusste sie von damals, ein Anblick für die Götter, eins der Weltwunder.

Er hatte die vergangenen zehn Jahre gut genutzt. Zwei Universitätsabschlüsse hatte er vorzuweisen, in Agrarwissenschaft und Betriebswirtschaft, und die harte Arbeit, die er in die Silver C Ranch gesteckt hatte, schien sich prächtig auszuzahlen. Sein Smoking war maßgeschneidert, so etwas konnte sich nicht jeder leisten, und er fuhr einen teuren Sportwagen aus europäischer Produktion.

Smart, reich, gut aussehend – kein Wunder, dass Daniel einer der begehrtesten Junggesellen in der Gegend war. Moment, was hieß in der Gegend – wahrscheinlich im ganzen Bundesstaat. Zu der Hochzeitsfeier heute war er ohne weibliche Begleitperson erschienen, wie Alexis gehört hatte, mangelte es ihm jedoch nicht an Frauenbekanntschaften.

Von denen wiederum sicher nicht wenige auch gerne ab und zu das Bett mit ihm teilten.

Alexis wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie eine Hand auf ihrem Arm spürte. Rachel Kincaid, ihre beste Freundin, lächelte sie aufmunternd an. Eigentlich schloss sie nicht so schnell Freundschaften, aber bei Rachel war alles irgendwie wie von selbst gegangen.

„Warum stehst du hier denn so alleine rum?“, fragte ihre Freundin und reichte ihr ein Glas Champagner.

„Weil ich nicht zum tausendsten Mal das gleiche Gespräch führen möchte“, entgegnete Alexis. „Es sind doch immer dieselben Themen. Entweder geht es um Shelby oder um den neuen Präsidenten des Texas Cattleman’s Club.“ Dankbar nahm sie den Champagner an.

„Ich finde, über den neuen Präsidenten des TCC kann man gar nicht genug reden.“ Rachel schmunzelte. „James Harris ist ein wirklich guter Typ.“

Alexis nickte. „Ja, ich mag ihn auch.“ Sie schaute zu ihm hinüber; er unterhielt sich gerade mit Rose Clayton. „Nicht nur, dass er ehrlich und sympathisch ist – er ist sogar richtig heiß.“

Wenn man es genauer betrachtete, gab es hier auf der Feier jede Menge guter Typen, und die meisten von ihnen waren Mitglied im TCC. Alexis wusste schon, warum sie Single war, das hatte nicht zuletzt mit schlechten Erfahrungen zu tun, doch das musste ja nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie wie eine Nonne zu leben hatte. Und dennoch tat sie es.

„Mir ist aufgefallen, dass du immer wieder verstohlen zu Daniel Clayton hinüberschaust“, bemerkte Rachel. „Das ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung. Ich meine, wer könnte es dir verdenken? Er sieht so himmlisch aus, dass man meinen könnte, er sei das Kind eines Engels.“

Poetisch ausgedrückt, doch in der Realität voll daneben, dachte Alexis. Nach allem, was sie gehört hatte, war Daniels Mutter alles andere als ein Engel gewesen. Daniel selbst redete nie über seine Mutter Stephanie, aber es gab in Royal genug Klatsch und Tratsch, was das Leben dieser Frau anging. Dem Vernehmen nach war sie psychisch nicht gerade stabil gewesen, ungestüm und verantwortungslos. Deshalb hatte Daniels Großmutter Rose zum größten Teil seine Erziehung übernommen, und das mit bestmöglichem Erfolg. Dafür war Daniel ihr unendlich dankbar, die Liebe und Treue zu seiner Großmutter kannte keine Grenzen.

Daher hatte die aufknospende Beziehung zwischen ihr und Daniel nie eine wirkliche Chance gehabt. Zwischen Daniel und seine Großmutter passte kein Blatt Papier, und das betraf nicht nur deren gemeinsames Lieblingskind, die Silver C Ranch.

„Man muss aber sagen, dass Matt Galloway fast genauso gut aussieht.“ Alexis sagte das hauptsächlich, um vom für sie so brisanten Thema Daniel abzulenken, doch es stimmte natürlich trotzdem. Matt Galloway erinnerte ein wenig an den jungen George Clooney. Wie der Hollywoodstar war er gut aussehend, reich und charmant. Und bei den Frauen war er ebenso begehrt wie George Clooney vor dessen Hochzeit.

„Er ist, äh, er war Billys bester Freund“, murmelte Rachel.

Alexis wusste nicht recht, was Matts gutes Aussehen damit zu tun hatte, dass er der engste Freund von Rachels verstorbenem Ehemann gewesen war, aber sie konnte an Rachels Gesichtsausdruck ablesen, dass ihre Freundin dieses Thema nicht vertiefen wollte. Und da sie es für wichtig hielt, die Privatsphäre anderer Menschen zu respektieren, ihre eigene eingeschlossen, fragte sie nicht weiter nach.

Rachel legte ihr einen Arm um die Hüfte. „Habe ich mich in letzter Zeit eigentlich mal dafür bedankt, dass ich bei dir auf der Lone Wolf Ranch wohnen darf?“

„Wir freuen uns doch, dass du mit Baby Ellie da bist“, versicherte Alexis ihr.

„Dafür verrate ich auch niemandem, dass du dich dauernd heimlich zu eurem alten Baumhaus schleichst“, sagte Rachel augenzwinkernd.

„Das mache ich vor allem, um Grandpa Gus aus dem Weg zu gehen, wie du weißt“, erwiderte Alexis. „Er spricht ständig dieselben Themen an, und ich kann es nicht mehr hören. Wann heiratest du endlich, Kindchen? Er ist nicht eher zufrieden, bis er mich unter der Haube hat. Und das genügt ihm noch nicht mal, dann müssen ganz schnell Kinderchen her. Dabei wollte ich eigentlich längst in Houston sein, mein Leben dort wieder aufnehmen. Im Grunde bin ich ja nur nach Hause auf die Ranch zurückgekehrt, um Grandma Sarah auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Aber jetzt ist ihr Tod schon über ein Jahr her, und ich bin immer noch hier. Royal ist nur so etwas wie ein zeitliches Zwischenspiel, mein wahres Leben spielt sich woanders ab.“

„Da wäre ich mir gar nicht so sicher“, sagte Rachel. „Du arbeitest in den digitalen Medien, das kannst du per Computer von überall aus. Und ich weiß, du liebst eure Ranch und bist gerne mit Gus zusammen.“

Das stimmte schon, Alexis verbrachte gerne Zeit mit ihrem Großvater, und es machte ihr Spaß, die Lone Wolf Ranch in Teilzeit zu verwalten. Sie verband allerdings auch wehmütige, schmerzliche Gefühle mit der Ranch, denn sie vermisste ihre geliebte Großmutter sehr. Und dann war da die Erinnerung an die Anfangszeit ihrer Liebesaffäre mit Daniel, eine Zeit des Glücks, bevor sie schmerzlich erkennen musste, dass die Liebe, und mochte sie noch so groß sein, durchaus nicht immer über alles siegte.

Gerade in diesem Moment traf Daniels Blick ihren, und sie zuckte zusammen. Gefühle des Begehrens durchfluteten sie, überwältigten sie fast. Sie versuchte sich einzureden, dass es rein körperliche Empfindungen waren, nur sexuelles Begehren, keine wirkliche Liebe wie seinerzeit.

Oh, was für eine heiße Affäre das gewesen war! Liebe, Sex und Leidenschaft hatten sich gegenseitig angestachelt, die Intensität der Gefühle war kaum auszuhalten gewesen.

Als dann Schluss war, war sie seelisch ganz schön ramponiert. Eigentlich dachte sie, nach der langen Zeit darüber hinweg zu sein, aber eins war geblieben – das sexuelle Begehren nach ihm. Und wenn sie seinen Blick richtig deutete, war auch er noch heiß auf sie.

Haha! Diese Qualen gönnte sie ihm.

Gus kam auf sie zu und bat Rachel um ein Tänzchen. Alexis nutzte die Gelegenheit, sich nach draußen aufs Gartengelände zu begeben. Tief atmete sie durch und genoss die frische Nachtluft. Wie viele Erinnerungen sie mit diesem Gelände verband! Hier hatte sie mit ihrem Bruder und ihren Freundinnen Verstecken gespielt, später hatte sie sich heimlich zum kleinen Teich geschlichen, um mit Daniel Clayton verstohlen Küsse auszutauschen, außer Sichtweite ihrer Großeltern, die sie sonst immer mit Argusaugen überwachten.

Ja, das waren noch schöne Zeiten, dachte sie wehmütig, einfachere Zeiten.

Sie hörte Schritte auf dem Kiesweg, jemand näherte sich ihr von hinten. Sie atmete den Duft des Neuankömmlings ein, Sandelholz und Leder, Natur und Wildnis, und wusste sofort, wer es war. Kräftige Männerhände legten sich ihr auf die Schultern, und reflexhaft lehnte sie sich an ihn. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Ohr.

Ihr war, als wäre sie wieder achtzehn Jahre alt. Daniel berührte sie – und ihre Welt war in Ordnung.

„Lexi.“ Seine Stimme war tief und männlich, klang ein wenig heiser, dunkel wie die Nacht.

Alexis wusste, es wäre das Klügste, jetzt einfach zu gehen. Fortzulaufen. Andererseits hatte sie das Gefühl, sie hätte ihre Träume, ihre Fantasien schon viel zu lange unterdrückt. Fantasien davon, mit Daniel zu schlafen, nach zehn Jahren wieder körperlich mit ihm zusammen zu sein. Wie er heute wohl im Bett wäre? Sicher anders als damals. Als Teenager war er eher zögerlich gewesen, übervorsichtig, ein wenig unsicher. Vom erwachsenen Daniel erhoffte sie sich etwas anderes, und sie schämte sich nicht, es sich einzugestehen. Mit Sicherheit würde er heute genau wissen, was er wollte, würde wie im Berufsleben energisch zupacken.

Danach sehnte sie sich. Himmel, wie sehr sie ihn begehrte!

Sie seufzte, als er ihre Brust umfasste, und zuckte leicht zusammen, als er ihre Brustspitze berührte. Zärtlich begann er an ihrem Ohrläppchen zu knabbern.

„Du bist supersexy, Lexi. Und das Kleid steht dir unheimlich gut.“

Noch hätte sie ihn von sich stoßen können, und das wäre auch das Vernünftigste gewesen, sicherlich. Aber sie war nicht vernünftig. Stattdessen bewegte sie wagemutig eine Hand in Richtung seines Schritts. Was sie da spürte, war eindeutig. Seine Erektion, groß, mächtig, eisenhart. Sie massierte ihn leicht und Daniel stöhnte auf. Er schob ihr Oberteil beiseite und berührte ihre nackte Brust. Nun war es an ihr, lustvoll zu stöhnen.

Sie wandte sich um, sah ihm ins Gesicht, und schon küssten sie sich. Bereitwillig öffnete sie den Mund, um seine Zunge aufzunehmen, doch die kam nicht. Nein, Daniel hielt sich absichtlich zurück, sie spürte förmlich sein triumphierendes Lächeln an ihren Lippen. Offensichtlich bereitete es ihm Vergnügen, sie ein wenig zu necken. Eigentlich war er der Geduldigere von ihnen beiden, der es genoss, alles etwas langsamer angehen zu lassen.

Mochte sein Kuss eher züchtig sein – seine Hände setzte er ein, ohne zu zögern. Er zog ihr Kleid hoch, strich tastend ihre Schenkel entlang, erkundete mit den Fingern ihr winziges Höschen. Es war ein äußerst knappes Höschen, das eigentlich nur aus einem Dreieck mit Strings bestand.

„Ganz schön gewagte Dessous, Miss Slade“, flüsterte er. „Hauchdünne Sünde.“

„Halt die Klappe und verwöhn mich, Clayton“, forderte Alexis ihn auf. Mit einem Ruck zog sie ihm das Hemd aus der Hose, strich begierig über seinen Waschbrettbauch und griff ihm dann ohne große Umstände einfach in die Hose. Daniel stöhnte auf, als sie seine Erektion berührte.

„Ich will dich, Lex“, murmelte er und zog sie an sich.

Er küsste sie, und diesmal hielt er sich nicht zurück, eroberte mit der Zunge ihren Mund, sodass ihr beinahe schwindelig wurde.

Wie lange hatte sie sich danach gesehnt! Und mochte es tausendmal unklug sein, es war ihr in diesem Moment egal. In diesem Moment gab es nur Daniel und sie und niemand anderen auf der Welt.

Daniel, derselbe und doch ein anderer, die erwachsene Version des Teenagers, den sie vor langer Zeit so gut gekannt hatte. Wie sehr hatte sie ihn vermisst, seine Berührungen, seine Küsse. Ihre Erregung kannte keine Grenzen. Fort war jeder Gedanke an ihre verfeindeten Großeltern, an alles, was zwischen ihnen schiefgelaufen war. Es gab nur eine Empfindung: Verlangen. Heiß, verführerisch, allumfassend.

Daniel löste seine Lippen von ihren. „Komm mit mir nach Hause, Alex.“

Sie hätte vernünftig sein müssen, hätte sich zusammenreißen müssen, doch sie konnte es nicht. Mit letzter Anstrengung murmelte sie: „Daniel, bitte mach mir diesen Vorschlag nicht.“

„Warum nicht? Weil du Angst hast, du könntest Ja sagen?“

So war er. Nur nicht lange um den heißen Brei herumreden. Er war eher der stille Typ, kein Mann großer Worte, aber wenn er etwas sagte, dann hörten die Leute ihm zu. Weil er fast immer recht hatte. So auch in diesem Fall. Es stimmte, sie hatte Angst, sie könnte Ja sagen. Noch mehr Angst hatte sie allerdings, sie würde sich dazu zwingen, Nein zu sagen.

„Ich habe dich den ganzen Abend über beobachtet und du mich“, murmelte er und strich ihr über die Wange. „Und jede Wette, dass wir beide den gleichen Gedanken hatten. Wie es sich anfühlen würde, wenn wir wieder zusammen wären. Jetzt, wo wir älter sind, wo wir Erfahrungen gesammelt haben. Wo wir selbstbewusst sind in Sachen Sex und genau wissen, wie man seinen Partner im Bett glücklich macht.“

Selbstbewusst in Sachen Sex, war sie das? Den Eindruck hatte sie von sich eigentlich nicht. Sie war älter geworden, sicher, vielleicht auch ein wenig erfahrener – trotzdem war sie eher der Typ nette junge Frau von nebenan und nicht gerade die Super-Sexbombe.

„Komm zu mir nach Hause, Alex. Ich will deinen wunderbaren Körper von diesem Kleid befreien und dich verwöhnen, mit Händen, Lippen, Zunge und … du weißt schon. Du wirst nicht enttäuscht sein, das verspreche ich dir.“

Oh, da war sie sich sicher, sie würde garantiert nicht enttäuscht sein. Er würde sie im Highspeed-Fahrstuhl auf Wolke sieben bringen, und genau das machte ihr Angst. „Daniel, das wäre nicht gut. Das wäre … verrückt.“

„Dann lass uns was Verrücktes tun, nur eine Nacht lang. Morgen früh können wir wieder ein Clayton und eine Slade sein, gegnerische Soldaten in einem Krieg, der völlig nutzlos ist und mit dem wir eigentlich überhaupt nichts zu tun haben.“

Alexis schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Sie wollte ihn, aber es gefiel ihr nicht, im Grunde sollte er für sie Vergangenheit sein, nichts weiter. Vielleicht musste sie noch einmal mit ihm schlafen, um mit der ganzen Angelegenheit abzuschließen, um einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen. Schließlich war die Realität doch meist nicht so gut wie das, was man sich voller Sehnsucht herbeifantasierte. Anschließend, nach einer heilsamen Enttäuschung, würden sie vielleicht beide – jeder für sich – von vorne anfangen können.

„Also? Ja oder nein?“

„Okay. Ja. Ich komme mit.“

„Zu dir oder zu mir?“

Alexis überlegte. Das Haupthaus auf der Lone Wolf Ranch kam nicht infrage, denn falls ihr Großvater Gus sie zusammen erwischte, war unvorhersehbar, wie er in seinem Zorn reagieren würde. Wer wusste es schon, vielleicht würde er sogar zu seiner Schrotflinte greifen und Daniel eine Ladung in den Hintern verpassen. Das war zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, und dieser Gefahr wollte sie Daniel nicht aussetzen. Und ob sie auf Daniels Silver C Ranch wirklich ungestört sein würden, war ebenfalls mehr als fraglich. Es konnte immer jemand vom Personal vorbeikommen.

Eigentlich gab es nur einen Ort, der infrage kam.

„Lass uns in Sarahs Baumhaus gehen.“

Daniel hielt sie plötzlich noch fester, ein Zeichen für sie, dass er sich an früher erinnerte, genau wie sie.

Es war lange her, aber das stabile Baumhaus war seinerzeit ein Westernfort für die Jungs und ein Geheimclub für die Mädchen gewesen. In unterschiedlicher Konstellation hatten sie da gespielt und gelegentlich auch übernachtet. Viel später war es der Ort gewesen, an dem Alexis ihre Unschuld an Daniel verlor. Dort hatten sie heimlich Nachmittage und Nächte der Glückseligkeit verbracht.

„Du weißt doch noch, wo es ist, oder?“

Daniel kratzte sich am Kinn. „Na klar, das finde ich wieder. Ich bin halt nur nicht mehr da gewesen, seit …“

… du mich verlassen hast, ergänzte Alexis in Gedanken. Das Baumhaus lag auf Slade-Gebiet, und natürlich hatte Daniel normalerweise keinen Grund und sicher auch nicht das Bedürfnis, sich auf dem Grund und Boden der Slades aufzuhalten. Auf dem Land, das früher, in besseren Zeiten, zur Silver C Ranch gehört hatte.

Das Land am Fluss war eins der ersten Areale gewesen, die Gus seiner Rivalin Rose abgekauft hatte, als die Geschäfte für sie schlecht liefen. Alex wusste, dass auch Daniel dem Verlust nachtrauerte. Die Silver C war einst die größte Ranch weit und breit gewesen, wohingegen sie heute mit der Lone Wolf Ranch gleichauf lag. Diese Tatsache war ein Stachel im Fleische der einst so mächtigen Claytons.

„Gut, dann treffen wir uns beim Baumhaus“, sagte Daniel. Er blickte auf seine Armbanduhr. „Sagen wir in einer halben Stunde.“ Er schüttelte den Kopf. „Kaum zu glauben, dass ich es riskiere, mir wer weiß wo einen Holzsplitter einzufangen, um wieder mit dir zu schlafen. Es gibt wohl keine Frau, für die ich dieses Risiko eingehen würde – außer für dich, Alexis Slade.“

Er schien das völlig ernst zu meinen, doch sie musste trotzdem lächeln. Eigentlich wollte sie ihm entgegnen, dass das Baumhaus seit damals in einen besseren Zustand versetzt worden war, aber dann ließ sie es bleiben. Nein, das sollte eine Überraschung für ihn sein.

„Gehst du zu Fuß hin?“, fragte er.

Egal wie das Wetter war, egal ob es Tag oder Nacht war, zum Baumhaus ging sie immer zu Fuß. „Ja.“

„Ich fahre nach Hause, schnappe mir mein Geländefahrrad und bin dann so schnell wie möglich dort“, sagte Daniel.

Gut. Das gab ihr eine letzte Frist zu überlegen, was sie im Begriff war zu tun – und vielleicht, falls sie zu Verstand kam, einen Rückzieher zu machen.

Daniel kniff die Augen zusammen. „Versetz mich nicht, Alexis.“

Merkwürdig. Es war, als hätte er ihre Gedanken erraten. Es erregte sie, dass es ihm so wichtig war, dass er sie unbedingt wollte, um jeden Preis.

Nein, sie würde ihn nicht versetzen. Das würde sie nicht über sich bringen; sie wollte das alles, wollte ihn. „Keine Sorge, ich werde da sein.“

Daniel nickte und gab ihr einen Kuss, flüchtig, aber dennoch voller Leidenschaft. „Gut. Ich verlasse mich auf dein Wort.“

Autor

Joss Wood
<p>Schon mit acht Jahren schrieb Joss Wood ihr erstes Buch und hat danach eigentlich nie mehr damit aufgehört. Der Leidenschaft, die sie verspürt, wenn sie ihre Geschichten schwarz auf weiß entstehen lässt, kommt nur ihre Liebe zum Lesen gleich. Und ihre Freude an Reisen, auf denen sie, mit dem Rucksack...
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