Versuchung in der Weihnachtsnacht

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Die Weihnachtskreuzfahrt nach Hawaii ist eine schwere Prüfung für Mia! Denn auch ihr Noch-Ehemann Sam Buchanan ist an Bord. Mia will, dass er endlich die Scheidungspapiere unterschreibt. Doch der sexy Milliardär stellt ihr eine freche Bedingung: Nur wenn sie seine Luxuskabine teilt, unterzeichnet er! Entgegen jeder Vernunft spürt Mia, dass die Leidenschaft zwischen ihnen immer noch so grenzenlos ist wie das Meer. Aber Sam will ihr nicht geben, was sie sich sehnlicher wünscht als jedes Weihnachtsgeschenk …


  • Erscheinungstag 07.12.2021
  • Bandnummer 2214
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503952
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Sam Buchanan hasste Weihnachten.

Das war schon immer so gewesen, doch in diesem Jahr wünschte er mehr denn je, er könnte diese schrecklichen Feiertage aus dem Kalender streichen.

„Stattdessen fährst du auf eine Weihnachtskreuzfahrt“, murmelte er düster vor sich hin. „Tolle Idee.“

Er hatte gewusst, dass es anstrengend werden würde, aber das war kein Grund, seine Pflicht zu vernachlässigen. Sam musste sich um sein Geschäft kümmern, und er würde nicht zulassen, dass ihm private Probleme in die Quere kamen.

Was aber noch lange nicht hieß, dass es ihm gefallen musste.

Sam stand in der Eigner-Suite auf dem obersten Deck des Kreuzfahrtschiffes Fantasy Nights aus der Flotte der Fantasy Cruise Line und blickte auf den Bug mit seinem himmelblauen Deck und das Meer dahinter …, denn er wollte das Spektakel auf dem Kai nicht sehen. Der Hafen von San Pedro in Kalifornien war voller Passagiere, die es kaum erwarten konnten, an Bord zu kommen und ihre Kreuzfahrt nach Hawaii zu beginnen. Und er hatte nicht die geringste Lust, sich all diese glücklichen, festlich gestimmten Leute anzutun. Sobald sie Anker gelichtet hatten, konnte er sich hier in der Suite verkriechen und nur rausgehen, wenn er irgendwelche Angelegenheiten regeln oder das Personal überprüfen musste.

Sam unternahm vier Kreuzfahrten im Jahr – auf unterschiedlichen Schiffen der Buchanan-Linie –, um den Kontakt sowohl mit der Crew als auch mit den Passagieren zu pflegen. Seine persönliche Anwesenheit, davon war er überzeugt, war die beste Art, am Ball zu bleiben, wenn es um die Bedürfnisse seiner Gäste und seiner Angestellten ging. Ganz zu schweigen davon, dass dies der einzige Weg war, um sicherzustellen, dass besagte Angestellte ihre Arbeit nach seinen Vorstellungen erledigten.

Mit dem Kaffeebecher in der Hand starrte er hinaus auf den Ozean, der sich hinter dem Hafen erstreckte. Sobald sie auf See waren, würde er die Suite verlassen, mit dem Kapitän sprechen und dann eine Runde durch die Restaurants drehen.

Er freute sich nicht darauf.

Normalerweise ließ die Fantasy Cruise Line keine Kinder an Bord. Kreuzfahrten nur für Erwachsene waren ihr Kerngeschäft, doch zu Weihnachten wurde diese Regel gelockert, damit Familien eine gemeinsame Kreuzfahrt auf den kleineren, persönlicheren Schiffen genießen konnten.

Auf dieser Kreuzfahrt würde er also nicht nur mit kilometerlangen Weihnachtsgirlanden, hell erleuchteten Bäumen und gedämpften Weihnachtsliedern konfrontiert werden, sondern auch mit Horden von Kindern, die in ausgelassener Weihnachtsstimmung waren. Trotzdem, sagte er sich, ist es besser, als zu Hause zu sein, wo das Fehlen von Weihnachten ihm noch mehr zusetzen würde.

„Tja“, brummte er, „in diesem Jahr kann ich nicht gewinnen.“

Als das Telefon klingelte, ging Sam hinüber und nahm ab. „Ja?“

„Der Kapitän sagt, dass wir in einer Stunde ablegen, Mr. Buchanan.“

„Gut. Vielen Dank.“ Er legte auf und lauschte auf die Stille in der Suite. Ruhe würde er in den nächsten beiden Wochen reichlich haben, und er freute sich darauf, während er sich gleichzeitig davor fürchtete.

Vor einem Jahr war alles anders gewesen. Er hatte auf einer Kreuzfahrt eine Frau getroffen, und zwei Monate später hatten sie geheiratet, um anschließend auf diese Weihnachtskreuzfahrt in die Flitterwochen zu fahren. Ja, Mia zuliebe hatte Sam sich ausnahmsweise auf Weihnachten eingelassen, sogar bei der Hochzeit, die unter diesem Thema stand. Er war nicht begeistert gewesen, hatte sich aber auch nicht ganz wie der Spielverderber verhalten, der er sonst war.

Jetzt war die Ehe gescheitert. Mia war weg. Und Weihnachten stand vor der Tür, als wollte es ihm alles noch einmal unter die Nase reiben.

Er stellte den Kaffeebecher ab, steckte die Hände in die Taschen seiner schwarzen Hose und blickte sich um. Die Eigner-Suite war ein riesiger, wunderschön eingerichteter Raum, zwölfhundert Quadratmeter reiner Luxus. Die Teakdielen glänzten im Sonnenlicht, Gemälde mit Meeresmotiven und Fotos von Sams Kreuzfahrtschiffen hingen an den Wänden. Die Meerseite war komplett mit Spiegelglas versehen, sodass man einen unvergleichlichen Blick auf den Ozean und den breiten Balkon hatte, der sich über die gesamte Länge der Suite erstreckte, aber gleichzeitig konnte niemand von außen hineinsehen.

Ledersessel und Sofas standen auf einem dicht gewebten burgunderroten Teppich in der Mitte des Wohnraumes zusammen mit Tischen, auf denen die Lampen festgeschraubt waren, falls es einmal stürmisch werden sollte. Ein großer Flachbildschirm hing an der Wand, und angrenzend gab es ein Esszimmer.

Zudem verfügte die Suite über zwei Schlaf- und drei Badezimmer, alle ebenfalls mit riesigen Spiegelglasfronten ausgestattet.

Aber trotz all dieser Annehmlichkeiten fühlte Sam sich nicht wohl. Er trat hinaus auf die Terrasse und spürte den kalten Wind im Gesicht. Als er hinunter auf das fast leere Deck des Bugs blickte, entdeckte Sam eine Frau mit langen, lockigen roten Haaren und hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt.

„Das ist sie nicht. Warum zum Teufel sollte sie auf diesem Schiff sein?“

Trotzdem konnte er den Blick nicht abwenden. Sie trug eine weiße Hose und ein langärmliges grünes Shirt, und als sie sich etwas drehte, erkannte Sam, dass sie schwanger war. Enttäuschung rang mit Erleichterung, bis die Rothaarige stehen blieb, aufschaute und ihn mit ihrem Blick zu töten schien.

Mia?

Sein Herz begann zu rasen, und er umklammerte die Reling. Sie ist schwanger? Warum hatte sie ihm nichts davon erzählt? Wieso zum Teufel war sie hier? Und warum nahm sie nicht ihre Sonnenbrille ab, damit er die grünen Augen sehen konnte, die ihn seit Monaten in seinen Träumen verfolgten?

Aber sie schüttelte nur grimmig den Kopf und stolzierte davon.

Mia. Schwanger.

Hier.

Sam ging hinein und war im nächsten Moment schon aus der Tür. Er wollte Antworten – sofort, also verschwendete er keine Zeit mit einem Anruf, sondern marschierte hinunter zum Hauptdeck, wo noch immer Gäste eincheckten. Der Purser sowie zwei weitere Angestellte begrüßten die Kreuzfahrer, und normalerweise wäre Sam beeindruckt davon, wie locker und freundlich seine Leute die Menschenmassen abfertigten. Doch heute interessierte es ihn nicht.

„Mr. Wilson“, sagte Sam, und der Purser drehte sich um.

„Mr. Buchanan“, sagte der ältere Mann mit einem Nicken. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“

„Ja. Hat eine Frau namens Mia …“, fast hätte er Buchanan gesagt, erinnerte sich aber gerade noch rechtzeitig daran, dass Mia nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder angenommen hatte, „… Harper eingecheckt?“

Mr. Wilson sah schnell durch die Passagierliste auf seinem Klemmbrett, ehe er den Kopf hob. „Ja, Sir. Hat sie. Vor einer halben Stunde. Sie …“

Das war Mia. Eine schwangere Mia.

„Wo ist sie untergebracht?“

„In der Poseidon-Suite, Sir. Zwei Decks tiefer auf der Hafenseite und …“

„Danke, das genügt mir.“ Sam bahnte sich einen Weg durch die Menge, die sich bereits im Atrium tummelte.

Auf der Fantasy Nights wanden sich vom Atrium, dem Versammlungspunkt auf jedem Kreuzfahrtschiff, zweistöckige Treppenaufgänge aus einer Holz-Glas-Konstruktion nach oben. Jetzt waren sie mit Tannengirlanden geschmückt, und in der Mitte der Fläche stand ein gigantischer Weihnachtsbaum mit unzähligen funkelnden bunten Lichtern und Ornamenten. Eine Gruppe von Musikern unterhielt die Gäste mit Weihnachtsliedern.

Von der Decke hingen Hunderte von blinkenden weißen Lichtern, die Schneefall simulierten, und an einer Wand waren Tische aufgestellt, auf denen Weihnachtskekse und heiße Schokolade für die Passagiere bereitstanden.

Sam nahm nichts davon wahr. Er hatte keine Zeit, auf den Fahrstuhl zu warten. Stattdessen nahm er den nächsten Treppenaufgang und sprintete, zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben. Er kannte jedes Schiff der Flotte wie seine Westentasche, brauchte also keinen Blick auf die aushängenden Pläne zu werfen, um zu schauen, wohin er gehen musste.

Er wunderte sich, warum Mia die Poseidon-Suite, eine der größeren Suiten mit zwei Schlafräumen gebucht hatte. Wenn sie schwanger war, warum zum Teufel war sie nicht schon vor Monaten zu ihm gekommen? Er hatte keine Antworten auf all die Fragen, die ihm durch den Kopf schossen, also schob er sie zur Seite, in der Hoffnung, gleich all diese Rätsel lösen zu können.

Kurz darauf stand er vor Mias Suite und klopfte. Nur einen Moment später wurde die Tür aufgerissen. Langes rotes Haar. Grüne Augen. Grünes Shirt. Weiße Hose. Runder Bauch.

Aber nicht Mia.

Ihre Zwillingsschwester Maya.

Verspürte er Erleichterung? Enttäuschung? Beides? Sam starrte sie an und wusste nicht, was er sagen sollte.

Das Problem hatte Maya nicht. Wütend fuhr sie ihn an: „Herzlichen Glückwunsch zum Hochzeitstag, du Schuft.“

Im selben Augenblick trat Mia hinter ihre Schwester und verdrehte die Augen. „Hör schon auf, Maya.“

Maya starrte Mia ungläubig an. „Ernsthaft? Du verteidigst ihn auch noch?“

„Wieso verteidigen? Ich habe doch gar nichts getan“, sagte Sam.

Nichts getan?“, wiederholte Maya und warf ihm einen finsteren Blick zu, ehe sie sich wieder zu ihrer Schwester herumdrehte. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst, dass du jetzt tatsächlich von mir verlangst, nett zu ihm zu sein?“

„Doch.“ Mia zog ihre Schwester beiseite. „Geh jetzt.“

„Na gut.“ Maya hob resigniert die Hände und bedachte Sam noch einmal mit einem bösen Blick. „Aber ich bin nicht weit weg …“

„Was zum Teufel?“, murmelte Sam und sah Maya hinterher, als sie ins Zimmer zurückging.

So hatte Mia sich das alles nicht vorgestellt. Andererseits war nichts an dieser Reise so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte zum Beispiel nicht geplant, ihre gesamte Familie mitzunehmen. Doch daran konnte sie jetzt nichts mehr ändern, außer vielleicht Maya von Sam fernzuhalten.

„Ja, sie ist nicht gerade dein größter Fan“, gab Mia zu, bevor sie in den Gang trat und die Tür hinter sich schloss. Dann lehnte sie sich dagegen und hob den Blick zu dem Mann ihrer Träume.

Nein, korrigierte sie sich, den ehemaligen Mann meiner Träume.

Er war groß. Es war ihr sofort aufgefallen, und da sie selbst auch einen Meter fünfundsiebzig groß war, gefiel es ihr, einen Mann zu treffen, der knapp einen Meter neunzig maß. An dem Abend, als sie sich kennengelernt hatten, hatte sie hohe Absätze getragen und trotzdem noch zu ihm aufblicken müssen, um ihm in die Augen zu sehen.

Und was für Augen das waren! Helle, klare blaue Augen, deren Stimmung innerhalb eines Wimpernschlages von eisig zu feurig wechseln konnte. Sein schwarzes Haar war ein wenig zu lang für den CEO eines großen Unternehmens, aber es war dicht und glänzend, und sie hatte es einmal geliebt, mit den Fingern hindurchzufahren. Genau genommen verspürte sie noch immer den Wunsch, es zu tun, trotz allem, was zwischen ihnen passiert war.

Natürlich trug er einen Anzug. Sam war kein Mann für legere Kleidung. Er trug elegante, maßgeschneiderte Anzüge, als wäre er darin geboren worden. Aber unter diesem dunkelblauen feinen Zwirn versteckte sich ein Körper, den Engel an einem sehr guten Tag geformt haben mussten.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich, etwas, was sie nicht einmal überraschte. Sie hatte ihn getroffen und war zwei Monate später schon mit ihm verheiratet gewesen. Die Ehe hatte nur neun Monate gehalten, doch sie wusste, dass sie Jahre brauchen würde, um über Sam Buchanan hinwegzukommen.

„Was machst du hier?“

Mia runzelte die Stirn. „Tolle Begrüßung, Sam. Vielen Dank. Ich freue mich auch, dich zu sehen.“

Er wirkte nicht verlegen, eher irritiert. „Was soll das, Mia? Warum ist meine Exfrau auf dieser Kreuzfahrt?“

Hm. Wohl eher Frau als Ex, dachte sie, aber dazu würden sie noch kommen.

„Das war der einzige Weg, um endlich mit dir reden zu können.“

Er schnaubte und fuhr sich durch die Haare. „Ach ja? Du konntest nicht einfach zum Telefon greifen?“

„Bitte.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Als hätte ich das nicht versucht! Deine Assistentin hat mich immer abgewimmelt, indem sie mir erzählt hat, du seist in einer Besprechung oder im Flugzeug auf dem Weg nach Kathmandu oder so …“

„Kathmandu?“

„Oder sonst irgendeinen exotischen Ort, der weit weg und außer Reichweite meines Telefons liegt.“

Sam steckte die Hände in die Hosentaschen. „Also buchst du eine fünfzehntägige Kreuzfahrt?“

Mia zuckte mit den Schultern. „Schien mir eine gute Idee.“

„Mit Maya.“

„Und ihrer Familie.“

Er blickte den Gang entlang und dann auf die geschlossene Tür, als erwartete er, Joe und die Kinder jeden Moment aus ihren Verstecken auftauchen zu sehen. „Das ist doch ein Witz, oder?“

„Nein.“

Die Tür wurde aufgerissen, und Maya funkelte ihn wütend an. Mia seufzte, gab dann aber auf, ihre Schwester bremsen zu wollen.

„Warum sollte sie nicht ihre Familie als Beistand mitbringen, wenn sie dir gegenübertreten muss?“, fragte Maya.

„Beistand?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte auf das Ebenbild von Mia. „Warum zum Teufel braucht sie Beistand?“

„Als ob du das nicht wüsstest“, fuhr Maya ihn an. „Und übrigens, Mom und Dad sind auch hier, und sie sind nicht gerade glücklich darüber.“

Er sah zu Mia. „Deine Eltern fahren mit?“

Sie hob hilflos beide Hände. Mia hatte ihre Familie nicht auf diese Reise eingeladen. Sie hatte einfach nur den Fehler begangen, ihrer Zwillingsschwester von ihrem Plan zu erzählen, alles Weitere hatte Maya dann arrangiert. Ihre Familie schloss die Reihen um sie, um zu verhindern, dass ihr wieder wehgetan wurde. Es ist schwierig, auf die Menschen böse zu sein, die dich beschützen wollen, weil sie dich lieben.

Trotzdem war sie hin und wieder genervt.

„Sind Merry und ihre Familie auch hier?“, fragte Sam. „Cousinen? Beste Freundinnen?“

„Merry war sich nicht sicher, ob sie an sich halten könnte, wenn sie dich sieht“, fauchte Maya.

Gott sei Dank war ihre älteste Schwester samt Familie zu Hause geblieben, sonst würde die Sache noch weiter eskalieren.

„Maya“, meinte Mia seufzend, „du bist keine große Hilfe. Mach die Tür zu.“

„Ja, ja, aber ich höre euch trotzdem“, warnte sie und schlug die Tür krachend zu.

Und genau das würde sie auch tun, wusste Mia. „Merry ist daheimgeblieben, um sich um die Bäckerei zu kümmern“, sagte sie. „Weihnachten ist dort immer am meisten los.“

„Ja, ich erinnere mich.“

„Deshalb fahren Mom und Dad auch nur bis Hawaii mit und fliegen von dort zurück, um Merry zu unterstützen.“

„Ich verstehe das nicht.“

„Was genau?“

„Alles.“ Er schüttelte den Kopf, nahm ihren Arm und zog sie von der Tür weg, weil er vermutlich auch wusste, dass Maya lauschte. „Ich weiß immer noch nicht, warum du hier bist. Warum du das Gefühl hattest, eine ganze Armee zu brauchen, um mit mir zu reden.“

„Keine Armee. Nur Menschen, die mich lieben.“ Mia entzog ihm ihren Arm, denn die Hitze, die seine Berührung in ihr auslöste, lenkte sie zu sehr ab. Wie sollte sie sich daran erinnern können, warum sie hier war, wenn es ihm gelang, sie so leicht durcheinanderzubringen?

„Wir müssen reden.“

„Ja, das dachte ich mir schon“, meinte er und warf einen Blick auf die geschlossene Kabinentür.

Allein die Nähe zu Sam weckte ihre schlafenden Hormone, und Mia ahnte, dass sie ihre Familie wirklich als Puffer brauchen würde. Denn instinktiv hätte sie sich am liebsten an ihn geschmiegt, die Arme um seinen Hals geschlungen und ihm einen der Küsse gegeben, nach denen sie sich während der vergangenen Monate so gesehnt hatte. Und die sie gleichzeitig hatte vergessen wollen.

Aber damit wäre nichts geklärt. Sie wären immer noch zwei Menschen, die nichts weiter als ein Stück Papier verband. Sie waren nie auf die gleiche Art und Weise verheiratet gewesen, wie ihre Eltern es waren. Die Harpers waren eine Einheit. Ein Team, im besten Sinne des Wortes.

Mia und Sam dagegen hatten zwar das Bett geteilt, aber kaum etwas anderes. Er hatte immer gearbeitet, und wenn nicht, dann hatte er sich in seinem Arbeitszimmer verbarrikadiert oder war in der Weltgeschichte herumgeflogen, sprach mit Kunden und Bootsbauern oder mit wem auch immer – nur nicht mit ihr.

Zwischen ihnen knisterte es immer noch, doch sie hatte auf die harte Tour lernen müssen, dass Verlangen nicht genug war, um darauf ein Leben aufzubauen. Sie brauchte einen Ehemann, mit dem sie reden und lachen konnte – und das war in ihrer Ehe viel zu kurz gekommen. Sie wollte einen Mann, der auch mal Kompromisse schließen konnte und sich nicht nur von seinen strikten Regeln leiten ließ, aber das hatte Sam nicht gekonnt. Dabei hatte Mia alles versucht. Sie hatte für ihre Ehe gekämpft, doch als ihr bewusst geworden war, dass sie die Einzige war, die es versuchte, hatte sie aufgegeben.

Wenn er bereit gewesen wäre, mit ihr daran zu arbeiten, wären sie wohl noch zusammen.

„In Ordnung. Dann reden wir“, sagte Sam und warf einen misstrauischen Blick zur Kabinentür, also erwartete er, dass Maya jeden Moment wieder herausgeschossen kam.

Es würde Mia nicht überraschen. Ihre Zwillingsschwester nahm ihre Beschützerrolle ernst.

„Aber nicht hier, wo Maya uns belauscht …“ Er verzog das Gesicht. „Sobald wir auf See sind, muss ich erst einmal die Crew treffen und ein paar Sachen checken …“

Sie seufzte. „Natürlich.“

Er hob eine Braue. „Du weißt, dass ich diese Kreuzfahrten mache, um zu prüfen, ob auf unseren Schiffen alles ordnungsgemäß läuft.“

„Ich weiß.“ Sie erinnerte sich genau an die beiden Kreuzfahrten, die sie nach ihrer Hochzeit gemacht hatten. Eine auf die Bahamas und eine nach Panama. Und auf beiden hatte sie ihren Mann nur nachts im Bett gesehen. Während der restlichen Zeit war Sam, der Workaholic, so beschäftigt gewesen, dass es ihr vorkam, als würde sie allein reisen.

„Deshalb sind wir hier“, antwortete Mia. „Ich wusste ja, dass du diese Reise machen würdest.“

Er lachte. „Obwohl du auch weißt, dass ich Weihnachtskreuzfahrten hasse?“

„Ja. Denn dadurch vermeidest du es, zu Hause zu sein und Weihnachten nicht zu feiern.“

Seine Miene verdüsterte sich. Offenbar gefiel es ihm nicht, dass sie ihn durchschaute. Aber das war nicht so schwierig. Sam hasste Weihnachten, auch wenn Mia mit allen Mitteln versucht hatte, ihn in Weihnachtsstimmung zu bringen. Ihre Familie hatte ihre Hochzeit geplant, und er war von Tannenzweigen und – girlanden und Weihnachtssternen umgeben gewesen. Nach der Hochzeit hatte er immerhin zugestimmt, einen Baum aufzustellen und Lichterketten aufzuhängen, gleichzeitig aber zugegeben, dass Weihnachten ohne sie für ihn ein ganz normaler Tag wäre.

So wie damals fand sie es auch jetzt einfach nur traurig. In ihrer Familie begann die Weihnachtszeit direkt nach Thanksgiving. Lichterketten und Deko wurden aufgehängt, Weihnachtslieder wurden gespielt, Geschenke gekauft und eingepackt, und die Kinder ihrer Schwestern schrieben und änderten ihre Wunschzettel mindestens einmal die Woche.

Sie hatte versucht herauszufinden, warum Sam diese Zeit so sehr hasste, aber wenig überraschend hatte er sich geweigert, darüber zu sprechen. Wie sollte sie Zugang zu einem Mann finden, der, sobald sie versuchte, seine Mauern zu überwinden, sie nur umso höher baute?

„Diese Kreuzfahrten sind schon Monate im Voraus ausgebucht“, sagte er. „Wie hast du es geschafft, Suiten für die ganze Familie zu ergattern?“

„Mike hat das arrangiert.“

Sam zuckte zusammen. Sein jüngerer Bruder war immer auf Mias Seite gewesen und hielt ihre Trennung für das Schlimmste, was Sam passieren konnte. Also hatte Mia auf Mikes Hilfe gebaut, um Sam auf dieser Reise zu überraschen.

„Mike? Mein eigener Bruder?“

Vielleicht hätte sie seine geschockte Miene sogar genossen, wenn sie nicht Angst davor hätte, dass es zu einem Bruch zwischen den Brüdern führen könnte.

„Mach ihm keine Vorwürfe“, warnte Mia ihn. „Er hat mir nur geholfen, er hat dich nicht verraten.“

„Was glaubst du denn, was ich ihm antun würde?“, fragte er beleidigt.

„Wer weiß?“ Sie hob beide Hände. „Nach Florida fliegen und ihn ins Meer werfen? Ihn kielholen lassen? Ihn irgendwo in einen Kerker werfen? An eine Wand ketten?“

Sam riss die Augen auf und lachte trocken. „Ich lebe in einem Penthouse, wie du dich vielleicht erinnerst. Traurigerweise gibt’s da keinen Kerker.“

Oh ja, sie erinnerte sich an das Penthouse. Sehr beeindruckend mit einem fantastischen Ausblick aufs Meer. Und sie erinnerte sich, dass sie in dieser luxuriösen, geräumigen Wohnung viel zu viel Zeit allein verbracht hatte, weil ihr Ehemann es vorgezogen hatte, sich seiner Arbeit zu widmen.

Dieser Gedanke half ihr, sich wieder aufs Wesentliche zu konzentrieren. „Gut, dann sind wir uns ja einig, dass du Mike deswegen keinen Ärger machst.“

„Aber einen Weihnachtsbonus bekommt er auch nicht.“

„Er ist dein Partner, nicht dein Angestellter.“ Kopfschüttelnd fuhr Mia ihn an: „Du wirst ihn trotzdem anschnauzen, oder?“

„Es war ein Scherz.“

„Ach ja?“

„Mehr oder weniger. Weißt du was? Vergiss Mike.“ Sam sah ihr direkt in die Augen und fragte: „Warum bist du hier, Mia? Und warum hast du deine Familie mitgebracht?“

Sie brauchte die Unterstützung, denn in Sams Nähe traute sie sich selbst nicht über den Weg. Allein sein Anblick brachte sie fast um den Verstand. Sie musste stark bleiben und war sich nicht sicher gewesen, ob sie es allein schaffte. Doch das würde sie ihm natürlich nicht erzählen.

„Sie wollten eine Kreuzfahrt machen, und ich muss dringend mit dir sprechen, also sind wir alle zusammen gefahren.“

„Sicher. Glücklicher Zufall. Und warum musst du mich sehen?“

„Das bedarf einer längeren Unterhaltung.“

„Hat es etwas damit zu tun, dass du dir ausgerechnet unseren Hochzeitstag ausgesucht hast, um mich auf dem Schiff zu überfallen?“

Sie hätte ihrer Schwester am liebsten einen Tritt verpasst. Mayas sarkastischer Glückwunsch war natürlich genau das Falsche gewesen. Mia liebte ihre Familie dafür, dass sie sie beschützen wollte, aber das hier war ihr Leben, und sie würde es auf ihre Weise leben. Und Sam an den Hochzeitstag zu erinnern, als würde es ihr etwas bedeuten, war nicht ihre Art. Natürlich nahm es sie mit, dass sie ausgerechnet an ihrem ersten Hochzeitstag hier war, um mit ihrem Mann über die Scheidung zu reden, aber letztlich war es doch egal, oder? Ihre Ehe war schon seit Monaten am Ende. Was jetzt noch geschah, war reine Formalität.

Trotzdem fragte sie sich, ob er den Tag wirklich vergessen hatte. War ihre allzu kurze Ehe es nicht wert, sich daran zu erinnern? Gütiger Himmel, sie hatte absolut nichts von der Zeit vergessen, die sie mit Sam verbracht hatte.

Allein die Erinnerung an die Nächte, die sie in seinen Armen verbracht hatte, ließ ihr Herz höherschlagen und erhitzte ihr Blut, bis sie das Gefühl hatte, Fieber zu haben. Es war so schmerzhaft, ihm nahe zu sein und sich nicht an ihn lehnen und ihn küssen zu können. Seine Wange zu berühren. Ihm das Haar aus dem Gesicht zu streichen. Sie unterdrückte ein Seufzen.

Und all das wäre viel einfacher, wenn er nicht so gut aussehen würde.

Vom ersten Moment an, als sie sich auf einem seiner Kreuzfahrtschiffe getroffen hatten, war Mia von ihm fasziniert gewesen. Wie ein Magnet hatte er sie angezogen, und daran hatte sich offenbar nichts geändert. Mit seinen wunderschönen hellblauen Augen sah er sie noch immer so an, als wäre sie die einzige Frau auf der Welt. Sein Mund rief noch immer den Wunsch in ihr wach, an seiner Unterlippe zu knabbern. Und sie wusste aus erster Hand, wie es sich anfühlte, wenn diese starken, muskulösen Arme sie umschlangen. Sie wünschte, sie könnte es noch einmal erleben – auch wenn sie wusste, dass es ein großer Fehler wäre und sie in ziemliche Schwierigkeiten bringen würde.

„Alles in Ordnung?“

Seine Frage riss sie aus ihrem Tagtraum, und dafür war sie dankbar. Mehr oder weniger.

„Ja, alles okay.“ Sie blickte den Gang entlang, ehe sie sich wieder an Sam wandte. „Ich habe es nicht bewusst darauf angelegt, dich an unserem Hochzeitstag zu treffen, es hat sich einfach so ergeben. Und wie ich schon sagte, wir müssen reden. Wobei ich nicht glaube, dass dieser Gang der richtige Ort dafür ist.“

„Stimmt.“ Er blickte vielsagend auf die geschlossene Tür, hinter der Maya zweifellos lauerte.

Mia lachte kurz. „Ich komme zu dir, sobald ich mich vergewissert habe, dass meine Eltern gut untergebracht sind. Und ich möchte Maya mit den Kindern helfen …“

„Gut. Sobald wir abgelegt haben, gib mir noch eine Stunde Zeit. Wir treffen uns dann in meiner Suite.“

Sie sah ihm hinterher und bekam einen trockenen Mund. Es gefiel Mia gar nicht, dass sie ihm am liebsten hinterhergerannt wäre und sich ihm an den Hals geworfen hätte. Sie hatte das doch alles so gut verarbeitet. Jetzt träumte sie nur noch drei oder viermal die Woche von ihm. Das Wiedersehen und die Aussicht, die nächsten zwei Wochen mit ihm auf demselben Schiff zu verbringen … das würde unweigerlich all ihre Träume und Sehnsüchte wieder wecken.

2. KAPITEL

Die Tatsache, dass Mia an Bord war, lenkte Sam unglaublich ab. Eine Stunde lang hatte er mit dem Kapitän geredet, mit dem ersten Offizier die Wetteraussichten besprochen und schließlich noch den für die Sicherheit verantwortlichen Offizier getroffen.

Während all der Gespräche hatte er seinen Angestellten längst nicht mit der Gewissenhaftigkeit zugehört wie sonst. Wie auch, wenn seine Gedanken immer wieder zu seiner Exfrau zurückkehrten?

Wieso musste sie auch so gut aussehen? Und noch besser duften? Er hatte es vergessen, oder sich zumindest eingeredet, dass er den leichten Sommerduft vergessen hatte, den er mit Mia assoziierte. Ihre Körperlotion? Das Shampoo? Er hatte sich nie die Mühe gemacht, es herauszufinden, denn letztlich war es egal, woher dieser Duft kam, er hatte ihn einfach nur genossen.

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
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