Verzaubert von einem Scheich - Liebesromane aus 1001 Nacht

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AM ZIEL ALLER WÜNSCHE?

Im Wüstenparadies von Scheich Hakim fühlt sich Catherine wie in einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Niemand hat sie je so charmant umworben wie der aufregende Wüstenprinz. Deshalb nimmt sie auch ohne Zögern seinen Heiratsantrag an. Doch dann erfährt sie: Ihr Traummann hat sie gar nicht aus Liebe geheiratet. Er hat sie gekauft - eiskalt und berechnend!

EINE NACHT ? UND DANN EIN GANZES LEBEN?

Himmel, wie konnte das passieren? Ausgerechnet mit ihrem guten Freund Majed hat Sarah eine heiße Nacht verbracht. Mit süßen Folgen! Für Sarah ist klar, dass sie ihr Kind als Single-Mom aufziehen wird. Schließlich weiß sie, dass Majed überzeugter Junggeselle ist. Doch als sie ihm von der Schwangerschaft erzählt, ist sie von seiner Antwort wie vom Donner gerührt. Überraschend gesteht Majed ihr, dass er ein Prinz ist - der Thronfolger von Keddah Jaleel. Selbstverständlich gehört ihr Kind zu ihm, zu seinem Scheichtum! Doch was wird nun aus Sarah?

STÜRMISCHE RÜCKKEHR IN DIE ARME DES KÖNIGS

Zwölf Stunden hat Scheich Odir Farouk Zeit. Dann wird er auf einer Pressekonferenz der Welt erklären, dass sein Vater gestorben ist und er selbst den Thron von Farrehed besteigt. Aber die Zukunft seines Landes hängt nicht nur von ihm, sondern auch von seiner Noch-Ehefrau Eloise ab! Vor einem halben Jahr hat Odir sie aus dem Palast werfen lassen, überzeugt, dass sie ihm untreu war. Doch nun braucht er sie als Königin an seiner Seite. Und obwohl er Eloise zutiefst misstraut, brennt er vor Leidenschaft, als er ihr wieder gegenübersteht …

LEIDENSCHAFT UNTER TAUSEND STERNEN

Mit exotischen Düften, Speisen und Klängen endet die orientalische Trauungszeremonie: Jetzt ist Olivia die Frau von Scheich Tarek al-Khalij, dem sie einen Erben schenken muss! Aber kann sie auch das gequälte Herz dieses mächtigen Kriegerkönigs gewinnen und glücklich mit ihm werden?


  • Erscheinungstag 02.04.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716622
  • Seitenanzahl 562
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Lucy Monroe, Michelle Douglas, Pippa Roscoe, Maisey Yates

Verzaubert von einem Scheich - Liebesromane aus 1001 Nacht

IMPRESSUM

Am Ziel aller Wünsche? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
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Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2004 by Lucy Monroe
Originaltitel: „The Sheikh‘s Bartered Bride“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 1665 - 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Sabine Buchheim

Umschlagsmotive: cordeschi, Jun, Glam-Y, sakhorn38 / GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733727604

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

„Miss Benning.“

Sie war nicht Miss Benning. Sie war Catherine Marie, Gefangene des Falken, eines Scheichs, der noch nach dem Kodex der Wüste lebte, wo nur die Stärksten überlebten.

Er kam jetzt. Sie konnte seine tiefe, männliche Stimme hören, als er sich außerhalb des Zeltes in einer ihr fremden Sprache mit jemandem unterhielt. Sie kämpfte mit den Fesseln an ihren Händen. Vergeblich. Die seidenen Tücher waren weich, aber widerstandsfähig, und sie konnte sich nicht befreien. Falls es ihr gelang, was würde sie tun? Fliehen? Wohin?

Sie befand sich mitten in der Wüste. Die Sonne brannte aufs Zelt nieder und heizte das höhlenartige Innere auf. Allein würde sie keinen Tag in der endlosen Einöde überstehen.

Plötzlich war er da, stand am Eingang des Raums, in dem sie gefangen war. Seine Züge lagen im Schatten. Sie konnte nur seine stattliche Gestalt in der für seinen Volksstamm typischen weißen Hose und Tunika erkennen. Ein schwarzer Mantel, die Abajeh, fiel von seinen breiten Schultern bis zu den Waden, den Kopf hatte er mit der rot-weißen Kefije bedeckt, die ihn als Scheich auswies. Das Tuch wurde mit einer Kordel aus schwarzen Lederschnüren gehalten.

Er war keine fünf Meter von ihr entfernt, und doch war sein Gesicht vor ihr verborgen. Lediglich das markante Kinn, das von seiner Arroganz zeugte, war unverkennbar.

„Miss Benning!“

Catherine Marie Bennings Kopf, der soeben noch auf ihren Fäusten geruht hatte, schoss in die Höhe, und ihr Blick richtete sich wieder auf ihre Umgebung. Die von heller Seide verhängten Zeltwände wichen grauem Beton, dessen Tristesse nur von Postern gemildert wurde, die für einen Leseabend warben. Es waren die Wände des Pausenraums in der öffentlichen Bibliothek von Whitehaven, einer Kleinstadt in der Nähe des kalten, nassen Seattle und fern der heißen Sahara.

Das grelle Licht einer Neonröhre fiel auf das mürrische Gesicht der Frau vor ihr.

„Ja, Mrs. Camden?“

Catherines Vorgesetzte strich ihre Strickjacke glatt. „Sie waren schon wieder mit dem Kopf in den Wolken, Miss Benning.“

Der Tadel der älteren Frau stellte Catherines normalerweise grenzenlose Geduld auf eine harte Probe. Wenn der Mann in ihren Träumen bloß einmal sein Gesicht zeigen würde, wäre sie vielleicht nicht so frustriert, doch er blieb im Schatten.

„Ich habe Pause“, erinnerte sie Mrs. Camden ruhig.

„Mag sein, aber wir müssen alle unsere Pflicht erfüllen.

Catherine war dieser Beginn einer Standpauke nur allzu vertraut. Sie unterdrückte ein Seufzen, denn auch heute würde ihre Mittagspause ein vorzeitiges Ende finden.

Hakim bin Omar al Kadar betrat die Bücherei und schaute sich im Informationsbereich suchend nach Catherine Marie Benning um. Ihr Bild hatte sich ihm unauslöschlich eingeprägt. Seine künftige Gemahlin. Obwohl arrangierte Ehen in der königlichen Familie von Jawhar nichts Ungewöhnliches waren, war seine einzigartig.

Catherine Marie Benning ahnte nicht, dass sie seine Frau werden sollte. Ihr Vater hatte es so gewollt. Eine der Klauseln im Vertrag zwischen Hakims Onkel und Harold Benning besagte, dass Hakim Catherine bewegen müsse, seine Frau zu werden, ohne die Vereinbarung zwischen ihrem Vater und dem König von Jawhar zu erwähnen. Hakim hatte nicht nach den Gründen gefragt. Dank seiner Ausbildung im Westen wusste er, dass Amerikanerinnen arrangierte Ehen nicht mit der gleichen Gelassenheit akzeptierten wie die Frauen seiner Familie.

Er würde Catherine umwerben müssen, doch das war nicht weiter schlimm. Selbst bei einer arrangierten Ehe wurde in Jawhar von einem Prinzen erwartet, dass er seiner künftigen Braut den Hof machte. Diese Ehe war nicht anders. Er wollte Catherine einen Monat Zeit geben.

Vor zehn Wochen war sein Onkel von Harold Benning über mögliche Vorkommen eines seltenen Erzes in den Bergen von Jawhar informiert worden. Der Amerikaner hatte eine Partnerschaft zwischen Benning Excavations und der königlichen Familie vorgeschlagen.

Während die beiden Männer noch über die Bedingungen verhandelt hatten, war Hakim am frühen Morgen bei einem Ritt durch die Wüste angegriffen worden. Nachforschungen hatten ergeben, dass der Anschlag von der gleichen Rebellengruppe ausgeführt worden war, die verantwortlich war für den Tod seiner Eltern vor zwanzig Jahren.

Hakim war nicht klar, weshalb die Hochzeit mit Catherine Teil des Vertrages geworden war. Er wusste bloß, dass sein Onkel es für sinnvoll erachtete. Sollten von der königlichen Familie je unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigungen benötigt werden, wäre Hakim als Ehemann einer Amerikanerin in der Lage, sie zu besorgen. Dadurch könnte man sich komplizierte Formalitäten mit dem Außenministerium ersparen und außerdem die Privatsphäre der Beteiligten schützen.

In der nunmehr drei Jahrhunderte währenden Regentschaft der königlichen Familie von Jawhar hatte man noch nie in einem anderen Land um politisches Asyl ersuchen müssen und würde es auch nie tun. Da er sich bereits um die Familiengeschäfte in Amerika kümmerte, war die Wahl logischerweise auf Hakim gefallen.

Für Harold Benning war die Ehe geradezu eine Erlösung. Er war sichtlich besorgt über das Junggesellinnendasein seiner vierundzwanzigjährigen Tochter. Seinen Worten zufolge hatte sie sich noch nie verabredet.

Das Ergebnis der Verhandlungen zwischen den beiden älteren Männern war ein königliches Dekret: Hakim musste Catherine Benning heiraten.

Er entdeckte sie auf der gegenüberliegenden Seite des Saals, wo sie gerade einem kleinen Jungen half. Sie reckte sich, um ein Buch aus dem obersten Regal zu holen, und der hochgeschlossene schwarze Pullover, den sie über einem engen Rock trug, erregte seine Aufmerksamkeit. Das weiche Gewebe betonte ihre Brüste und enthüllte überraschend üppige weibliche Formen. Hakims Verlangen erwachte.

Es kam völlig unerwartet. Ihr Foto hatte eine hübsche Frau gezeigt, die nicht im Entferntesten den exotischen Schönheiten ähnelte, mit denen er sich in der Vergangenheit vergnügt hatte. Dass er so spontan auf einen solch unschuldigen Anblick reagierte, ließ ihn auf dem Weg zu ihr innehalten.

Was hatte ihn so erregt? Ihr Teint war hell, aber nicht bleich. Ihr Haar war blond, aber dunkelblond, und sie hatte es hochgesteckt. Die strenge Frisur ließ es fade wirken. Ihre Augen versetzten ihm einen Schock. Sie waren dunkelblau und hatten ihn schon auf dem Bild fasziniert, doch in natura waren sie noch atemberaubender.

Obwohl außer ihren Augen nichts Besonderes an ihr war, ließ sich die Reaktion seines Körpers nicht leugnen. Hakim begehrte sie. Wenn er früher solch plötzliche Anziehungskraft empfunden hatte, war er stets dazu provoziert worden. Eine gewisse Art zu gehen, sich zu kleiden oder ein verführerischer Blick. Catherine Benning bot nichts dergleichen.

Es war eine verwirrende, aber nicht unangenehme Überraschung. Ein aufrichtiges sexuelles Interesse seinerseits würde ihre Verführung viel leichter machen. Er war bereit gewesen, seine Pflicht ungeachtet seiner persönlichen Wünsche zu erfüllen. An erster Stelle kam das Land. An zweiter die Familie. Seine eigenen Neigungen und Bedürfnisse kamen zuletzt.

Er ging weiter und blieb in ihrer Nähe stehen. Als der Junge sich entfernte, schaute sie sich um, der Blick ihrer saphirblauen Augen streifte Hakim und kehrte dann zu einem Mann zurück, der vor dem Tresen stand.

Aber selbst, als sie ihm etwas auf dem Computermonitor zeigte, glitt ihr Blick zu Hakim zurück. Er erwiderte ihn und hielt ihn fest, während der Mann wegging, dem sie geholfen hatte. Der nächste Wartende in der Schlange blieb unbeachtet, da ihre Aufmerksamkeit unverwandt auf Hakim gerichtet war.

Sie wirkte wie in Trance, und er lächelte. Ihre Wangen röteten sich, doch sie sah nicht weg.

Sein Lächeln vertiefte sich. Seine Pflichterfüllung würde sich darin erschöpfen, dieses Interesse zu dem unstillbaren Drang, ihn zu heiraten, zu verwandeln.

„Miss Benning! Passen Sie auf. Sie haben Kunden.“

Catherine wandte sich ab und errötete noch mehr. „Entschuldigung“, bat sie unbeeindruckt. „Ich war abgelenkt.“ Dann widmete sie sich dem nächsten Besucher, wiederholte die Entschuldigung, fragte, wie sie ihm helfen könne, und nahm so ihrer unerbittlichen Vorgesetzten den Wind aus den Segeln.

Die ältere Frau murmelte etwas Unverständliches und rauschte davon wie ein gereizter General, der seiner Kriegsbeute beraubt war.

Hakim wartete, bis der letzte Ratsuchende gegangen war, bevor er Catherine begrüßte. „Guten Tag.“

Sie lächelte. Aus der Nähe betrachtet, waren ihre Augen noch betörender. „Hallo. Was kann ich für Sie tun?“

„Ich interessiere mich für antike Teleskope und die Geschichte der Astronomie. Vielleicht können Sie mir ein paar gute Nachschlagewerke empfehlen.“

Ihre Augen leuchteten begeistert auf. „Ist es ein neues Hobby von Ihnen?“

„Ziemlich neu.“ Seit der Unterredung, die er mit ihrem Vater gehabt hatte. Obwohl Hakims eigener Vater Catherines Leidenschaft für alte Sternenkarten geteilt hatte, lagen seit seinem Tod seine Bücher unbenutzt im Observatorium des Kadar-Palastes.

„Das ist eines meiner Spezialgebiete. Wenn Sie sich einen Moment gedulden würden, zeige ich Ihnen die richtige Abteilung und einige Abhandlungen, die ich für besonders gelungen halte.“

„Das wäre sehr nett.“

Catherine atmete tief durch und versuchte, ihr wie wild pochendes Herz zu beruhigen, während sie den ebenso attraktiven wie beeindruckenden Mann in die Abteilung für Fachliteratur führte. Die Aura von Macht, die von ihm ausging, genügte, um ihren Puls zu beschleunigen, doch die Tatsache, dass er bis ins kleinste Detail den Mann ihrer Tagträume verkörperte, versetzte ihre Sinne in hellen Aufruhr.

Mit seinen knapp einsneunzig überragte er ihre einsfünfundsechzig und vermittelte ihr das Gefühl, winzig zu sein. Sein seidiges schwarzes Haar war nur eine Nuance dunkler als seine Augen und hätte er kein so makelloses Englisch gesprochen, hätte sie ihn für den Fantasie-Scheich halten können.

Eine Woge nie gekannten Verlangens durchflutete sie und machte sie noch atemloser und verwirrter.

Er hatte sie nicht berührt, und dabei hatte sie immer geglaubt, eine derart intensive sexuelle Wahrnehmung würde allein durch körperlichen Kontakt hervorgerufen. Sie hatte sich geirrt.

Sie blieben vor einer Reihe von Büchern stehen. Catherine zog eines aus dem Regal und reichte es ihm. „Das ist mein Lieblingswerk. Ich habe eine Kopie der Erstausgabe zu Hause.“

Als er nach dem Band griff, streifte er kurz ihre Finger. Schockiert zuckte sie zusammen. Obwohl ein Schauer sie durchrann, bemühte sie sich, so unbeteiligt wie möglich zu wirken.

„Entschuldigung.“ Sein Blick suchte ihren und verunsicherte sie noch mehr.

Sie schüttelte errötend den Kopf. „Schon gut.“ Eine glatte Lüge.

Er schlug das Buch auf und betrachtete es. Sie wusste, dass sie jetzt eigentlich gehen sollte, aber die Beine verweigerten ihr den Dienst.

Das Buch wurde geräuschvoll zugeschlagen. „Können Sie mir noch etwas empfehlen?“

„Ja.“ Sie verbrachte die nächsten zehn Minuten damit, auf verschiedene Bände zu verweisen und etliche Zeitschriften vorzuschlagen, die er vielleicht abonnieren könnte.

„Ich danke Ihnen vielmals, Miss …?“

„Benning, aber nennen Sie mich bitte Catherine.“

„Ich bin Hakim.“

„Das ist ein arabischer Name.“

Er lächelte. „Ja.“

„Aber Ihr Englisch ist perfekt.“ So ein Unsinn! In der Umgebung von Seattle lebten viele Araber, und manche von ihnen waren bereits in der zweiten oder dritten Generation Amerikaner.

„So soll es sein“, erwiderte er mit einer Stimme, die Catherines Innerstes zum Schmelzen brachte. „Der königliche Lehrmeister wäre äußerst bekümmert, wenn einer seiner Schüler auch nur mit dem geringsten Akzent sprechen würde.“

„Königlich?“, wiederholte sie fassungslos.

„Verzeihen Sie mir. Ich bin Hakim bin Omar al Kadar, Prinz der königlichen Familie von Jawhar.“

Sie atmete tief ein, aber der Sauerstoff schien ihre Lungen nicht zu erreichen. Ein Prinz? Sie unterhielt sich schon seit über zehn Minuten mit einem Prinzen? Begehrte ihn! Himmel. Ihre vage Absicht, ihn zum nächsten Treffen der Antique Telescope Society einzuladen, starb einen schnellen Tod. Leider konnte man dies von der Anziehungskraft, die er auf sie ausübte, nicht behaupten.

Sie schluckte trocken. „Kann ich Ihnen noch behilflich sein?“

„Ich habe bereits genug von Ihrer Zeit beansprucht.“

„In Seattle gibt es eine Gesellschaft von Leuten, die sich für antike Teleskope interessieren.“ Catherine mochte das Thema nicht fallen lassen. Sie würde ihn zwar nicht einladen, sie dorthin zu begleiten, aber zumindest wollte sie ihm von dem Treffen erzählen.

„Ja?“

„Sie kommen heute Abend zusammen.“ Sie nannte Zeit und Ort.

„Werde ich Sie dort sehen?“, fragte er.

„Wahrscheinlich nicht.“ Sie würde natürlich dort sein, aber sie saß immer im hinteren Teil des Raums, und er war kein Mann, der sich damit begnügte, das Geschehen vom Rand aus zu beobachten.

Catherine war damit auch nicht zufrieden, aber sie wusste nicht, wie sie diese ein Leben lang antrainierte Gewohnheit ablegen sollte.

„Sie werden nicht daran teilnehmen?“ Er wirkte enttäuscht.

„Ich gehe immer hin.“

„Dann werde ich Sie also sehen?“

Sie zuckte die Schultern. „Es ist eine große Versammlung.“

„Ich werde nach Ihnen Ausschau halten, Catherine.“

Es lag ihr auf der Zunge, zu fragen, warum er das tun wolle. Stattdessen lächelte sie. „Vielleicht laufen wir uns wirklich über den Weg.“

„Ich überlasse solche Dinge nie dem Schicksal.“

Zweifellos. Er war viel zu bestimmend. „Dann bis heute Abend.“

Sie wandte sich um und war nur leicht enttäuscht, dass er sie nicht zurückrief. Schließlich hatte er gesagt, er werde nach ihr Ausschau halten.

Er blätterte die Bücher durch, die sie ihm empfohlen hatte, und verließ wenige Minuten später die Bibliothek.

Catherine beobachtete ihn fasziniert. Eines stand fest: Der Scheich ihrer Träume war nicht länger gesichtslos.

Er würde die Züge von Hakim tragen.

2. KAPITEL

Catherine betrat den Konferenzraum in einem von Seattles elegantesten Hotels. Obwohl sie früh dran war, war bereits die Hälfte aller Plätze besetzt. Während sie die Menge nach Hakim absuchte, tanzten tausend Schmetterlinge in ihrem Bauch.

Würde er hier sein? Würde er wirklich nach ihr Ausschau halten?

Es war schwer, zu glauben. Noch schwerer fiel es ihr, die Erregung zu ignorieren, die sie bei dem bloßen Gedanken an seine Anwesenheit befiel.

Ein von Narben entstelltes Gesicht und die anschließende Laserbehandlung hatten dazu geführt, dass sie sich weder auf der High School noch auf dem College jemals mit jungen Männern verabredet hatte. Zu diesem Zeitpunkt war ihre Schüchternheit schon so tief verwurzelt gewesen, dass das „späte Erblühen“, mit dem ihre Eltern gerechnet hatten, nie eingetreten war. Catherine dachte, sie hätte sich mit der Tatsache abgefunden, dass sie als altjüngferliche Tante enden würde – in bester Tradition kleiner, alter Damen mit weißem Haar und einem Heim, das angefüllt war mit Erinnerungen anderer Leute. Sie war zu scheu, um Männern schöne Augen zu machen, und zu unscheinbar, um eines zweiten Blickes gewürdigt zu werden. Trotzdem hatte irgendetwas an Hakim sie bewogen, ihre Schutzzone zu verlassen.

Und das machte ihr Angst. Ein Mann wie er würde ihr Interesse keinesfalls erwidern.

„Catherine. Sie sind gekommen.“

Sie kannte den Besitzer dieser zutiefst männlichen Stimme. „Guten Abend, Hakim.“

„Würden Sie sich zu mir setzen?“

Sie nickte stumm.

Er führte sie zu einem Stuhl mitten im Saal, viel dichter am Podium als ihr üblicher Platz. Dann nahm er ihren Arm und half ihr, sich zu setzen – eine Geste, die sowohl galant als auch gefährlich war. Gefährlich, weil er sie berührte, und seine warmen Finger auf ihrer Haut zu spüren genügte, um ihre Sinne in Aufruhr zu versetzen.

Blicke aus mehreren Augenpaaren folgten ihnen, die Neugier der Zuschauer war förmlich zu spüren. Sie lächelte einer älteren Dame zu, die sie ungeniert anstarrte. Catherine erinnerte sich, dass sie beim letzten Treffen mit der hoffnungslos aufdringlichen Frau geplaudert hatte.

Sie richtete ihre Aufmerksamkeit aufs Podium, wo der Redner des Abends mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft sprach. Der Vortragende war die führende Kapazität des Teleskopherstellers George Lee and Sons. Er hatte zugesagt, ein Stück aus seiner Sammlung mitzubringen, damit die Mitglieder der Gesellschaft in der Lage waren, es aus der Nähe zu betrachten. Sie konnte kaum erwarten, es zu sehen, und war sicher, dass es sich unter dem roten Seidentuch verbarg, das über ein Gestell drapiert war.

Eine Dreiviertelstunde später wurde ihre Vermutung bestätigt. Die Hülle wurde entfernt und das Publikum eingeladen, näher zu treten und die Kostbarkeit zu bewundern.

„Wünschen Sie es zu sehen?“, erkundigte Hakim sich.

Catherine zuckte die Schultern. „Ich werde vermutlich auf das Vergnügen verzichten.“

„Ich begleite Sie.“

Wie ein Bodyguard? „Darum geht es nicht“, wehrte sie ab, obwohl genau dies ihr Problem war. „Ich mag einfach nicht Schlange stehen. Sehen Sie, wie viele Leute bereits darauf warten, es zu betrachten?“

Hakim schaute zu der langen Reihe hinüber und dann wieder auf Catherine. „Sind Sie ganz sicher, dass Sie es nicht zu sehen wünschen?“

Selbst ein George-Lee-and-Sons-Teleskop konnte ihr Interesse nicht von Hakim ablenken. „Ganz sicher.“

„Dann würden Sie vielleicht einwilligen, heute mit mir zu Abend zu essen. Wir könnten über mein neues Hobby sprechen. Sie scheinen auf diesem Gebiet höchst bewandert zu sein.“

„Zu Abend essen?“, wiederholte sie.

„Bereitet es Ihnen Unbehagen, mit einem Fremden eine Mahlzeit zu teilen?“

Der durchaus gerechtfertigte Einwand wäre ihr nie in den Sinn gekommen, allerdings war sie auch noch nie in Gesellschaft eines Scheichs gewesen oder hatte je so berauschende Gefühle erlebt wie in seiner Gegenwart.

„Nein“, versicherte sie nachdrücklich.

„Dann gestatten Sie mir also, Sie heute zum Dinner einzuladen?“

„Ich weiß nicht recht …“

„Bitte.“ Das Wort klang eher nach einem Befehl als nach einer Bitte, und dennoch verfehlte es seine Wirkung nicht.

„Nun, ich schätze, ich könnte Ihnen mit meinem Wagen zu einem Restaurant folgen.“ Sie wollte zumindest einen Rest von Selbstbewusstsein zeigen.

„Sehr schön. Wären Meeresfrüchte nach Ihrem Geschmack?“

Bei dem bloßen Gedanken lief ihr das Wasser im Mund zusammen. „Unbedingt.“

„Nur einen Block von hier entfernt gibt es ein schönes Restaurant. Wir könnten dorthin zu Fuß gehen.“

„Ich glaube, es hat gerade angefangen zu regnen.“

Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich leihe Ihnen gern meinen Regenmantel.“

Catherine malte sich aus, wie sie in einem viel zu großen Mantel aussehen würde. „Das ist nicht nötig“, erwiderte sie lachend. „Ich dachte nur, dass Sie wahrscheinlich nicht gern durch die Nässe laufen.“

„Wenn ich Regen scheuen würde, hätte ich es nicht vorgeschlagen.“

„Natürlich.“

Es war nur ein kurzer Weg, und obwohl die grauen Wolken sich bedrohlich zusammenzogen, fiel kein einziger Tropfen.

Beim Essen sprachen sie über Catherines Hobby. Sie war erstaunt über Hakims Wissen und lobte seine Kenntnisse.

„Ich habe die Bücher gelesen, die Sie mir heute Nachmittag gegeben haben.“

„Schon?“

Er zuckte die Schultern. „Die meisten.“

„Wow. Demnach mussten Sie nicht wieder zur Arbeit.“

„Man muss Prioritäten setzen“, meinte er schmunzelnd.

„Ich hätte Sie nicht für jemanden gehalten, der seine Hobbys über die Arbeit stellt.“

„Manchmal bestimmt das Unerwartete unser Leben.“

Sie wunderte sich über die sonderbare Bemerkung, wagte jedoch nicht, ihn danach zu fragen, da sie ihn nicht gut genug kannte.

Nach dem Dinner begleitete er sie zu ihrem Wagen zurück. Er nahm ihr die Schlüssel aus der Hand und öffnete die Tür, damit sie einsteigen konnte.

„Danke für das Abendessen.“

„Es war mir ein Vergnügen, Catherine.“

Zwei Tage später lud Hakim Catherine zu einer Vorführung im Planetarium ein. Sie würden den ganzen Tag miteinander verbringen, denn allein die Fahrt nach Portland dauerte drei Stunden. Die Aussicht, so viel Zeit mit ihm auf engstem Raum zusammen zu sein, zerrte an ihren Nerven. Sie zuckte zusammen, als der Türsummer Hakims Ankunft meldete.

Catherine drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage. „Ich bin gleich unten.“

„Ich warte.“ Seine Stimme klang sogar über das hausinterne Kommunikationssystem sexy und exotisch.

Sie konnte noch immer nicht glauben, dass ein so umwerfender Mann ernsthaft an ihr interessiert sein sollte. Nachdem sie ihre Tasche genommen hatte, verließ sie das Apartment.

Hakim wartete in der Lobby auf sie. „Guten Morgen, Catherine. Sind Sie bereit?“

Sie nickte stumm, sein Anblick hatte ihr die Sprache verschlagen. Der hautenge schwarze Pullover und die braune Hose betonten seine durchtrainierten Muskeln. Sie schluckte trocken. „Ich habe alles, was ich brauche.“

„Dann lassen Sie uns aufbrechen.“ Er nahm ihren Arm und führte sie auf die Straße, wo eine Stretchlimousine bereitstand.

„Ich dachte, Sie würden fahren.“

„Ich wollte in der Lage sein, meine Aufmerksamkeit ganz auf Sie zu konzentrieren. Es gibt eine Trennscheibe im Wagen. Wir werden so abgeschirmt von der Außenwelt sein, wie wir wollen.“

Sein Tonfall beschwor völlig unpassende Bilder vor ihrem geistigen Auge herauf, und prompt richteten sich die Knospen ihrer Brüste steil auf. Schockiert über die verräterische Reaktion ihres Körpers rang Catherine um Atem.

„Geht es Ihnen gut?“

„O ja“, behauptete sie, bevor sie schnell auf den Rücksitz der Limousine glitt.

Der Versuch, ihr Unbehagen vor Hakim zu verbergen, scheiterte jedoch kläglich. Die meisten seiner Begleiterinnen geduldeten sich vermutlich, bis er ihnen in den Wagen half. Diese Begleiterinnen hatten natürlich auch ein Liebesleben, das sich außerhalb ihrer Fantasie abspielte, und blieben in der Nähe eines so hinreißenden Mannes gelassen. Im Gegensatz zu ihr.

Sie war bis über beide Ohren verliebt, und dabei hatte der Mann sie noch nicht einmal geküsst. Als er sich auf dem Platz ihr gegenüber niederließ, klopfte ihr Herz, als wollte es zerspringen. Und sein Lächeln war der Tod für ihre Selbstbeherrschung.

„Hätten Sie gern eine Erfrischung?“ Er öffnete eine kleine Tür in der Seitenverkleidung des Wagens, hinter der sich ein gut gefüllter Kühlschrank verbarg.

„Ein Saft wäre schön.“ Catherine war stolz, dass ihre Stimme fast normal klang.

Er goss Orangensaft in ein Glas und reichte es ihr. „Sind antike Teleskope Ihr einziges Hobby?“

„O nein. Ich lese auch leidenschaftlich gern – sonst würde ich wohl kaum in einer Bibliothek arbeiten.“

„Nun, ich denke, damit hatte ich gerechnet.“

Sie erwiderte sein Lächeln. „Richtig, aber außerdem mag ich ausgesprochen gern durch die unberührte Natur wandern.“ Angesichts seiner ratlosen Miene fügte sie rasch hinzu: „Besser gesagt, ich stolpere durchs Unterholz.“

„Oh.“ Er trank einen Schluck Mineralwasser. „Und während Sie laufen, hängen Sie Ihren Tagträumen nach.“

Es verblüffte sie, dass er ihr Geheimnis so mühelos erraten hatte. „Ja. Ich finde es irgendwie magisch, im Freien und fernab von anderen Leuten zu sein.“

„Ich schätze diese Freiheit ebenfalls, aber ich ziehe die Wüste den Wäldern vor.“

„Bitte, erzählen Sie mir davon.“

Er erfüllte ihr den Wunsch, lenkte das Gespräch aber mehrfach geschickt wieder auf Catherine, und bald schon diskutierten sie Themen, die sie sonst nicht einmal mit ihrer Schwester erörterte.

Dabei tat er ihre Ansichten auch nicht so geringschätzig ab wie ihr Vater. Hakim hörte einfach zu, und während er das tat, verfiel Catherine dem Zauber seiner Persönlichkeit.

Zum Lunch lud er sie in ein Restaurant ein, das einen herrlichen Blick auf den Willamette River bot. Das Essen war köstlich, die Aussicht romantisch und seine Gesellschaft betörend für ihr Herz und ihre Sinne. Zu ihrem Entsetzen musste sie sich eingestehen, dass sie sich mit jeder Minute mehr in einen Mann verliebte, der für sie unerreichbar war.

Als sie ihre Plätze im Planetarium eingenommen hatten, legte Hakim Catherine den Arm um die Schultern. Lächelnd registrierte er, dass sie zwar zusammenzuckte, sich ihm aber nicht entzog. Sie war die Berührungen eines Mannes nicht gewöhnt, doch ihr Körper signalisierte unmissverständlich, dass er bereit war, sexuell erweckt zu werden. Die unterschwellige Leidenschaft, die er in ihr spürte, war zu seinem Vorteil, denn sie würde es ihm leicht machen, sie zur Ehe zu verführen und somit seine Pflicht zu erfüllen.

Seine Spezialausbildung hatte es ihm ermöglicht, sich vor dem jüngsten Attentatsversuch zu retten, aber seine Eltern hatten nicht so viel Glück gehabt. Er war außer Stande gewesen, sie zu schützen, und dieses Wissen quälte ihn noch heute.

Die Tatsache, dass er damals erst zehn Jahre alt gewesen war, änderte nichts an seinem Bedürfnis, seine Familie unter allen Umständen vor Schaden zu bewahren. Er hörte noch immer den Schrei seiner Mutter, als ihr Mann vor ihren Augen erschossen worden war – ein Schrei, der von einem weiteren Schuss beendet wurde. Seine kleine Schwester hatte neben ihm gewimmert, er hatte sie bei der Hand genommen und aus dem Palast geführt. Der Geheimgang, den er dabei benutzt hatte, war allein Mitgliedern der königlichen Familie und den vertrauenswürdigsten Dienstboten bekannt.

Der Flucht waren Tage unter sengender Wüstensonne gefolgt. Hakim hatte das Wissen, das ihn sein Beduinen-Großvater gelehrt hatte, darauf verwandt, für seine kleine Schwester und sich Schutz in der Wildnis zu suchen. Seine Schwester und er hatten überlebt, aber er würde nie vergessen, um welchen Preis.

Ein leises Seufzen von Catherine brachte ihn in die Gegenwart zurück. Erst jetzt merkte er, dass er ihren Nacken mit dem Daumen liebkost hatte. Ihr Blick war zwar auf die Projektionskuppel gerichtet, aber ihr Körper sehnte sich nach Hakim und schien förmlich vor Erregung zu vibrieren.

Eine einmonatige Werbung, um sie zur Hochzeit zu überreden, war vielleicht übertrieben …

Catherine genoss es, Hakims Arme um sich zu spüren, und redete sich ein, es würde mehr bedeuten. Dabei war es völlig normal, dass er sie aufgefordert hatte, mit ihm zu tanzen. Schließlich war er an diesem Abend ihr Begleiter, und alle Anwesenden tanzten.

Der elegante Wohltätigkeitsball diente dem Zweck, Geld für das St.-Jude’s-Kinderkrankenhaus zu sammeln. Als sie Hakim eingeladen hatte, sie zu begleiten, hatte sie eigentlich damit gerechnet, dass er ablehnen würde. Er hatte jedoch nicht nur eingewilligt, sondern zuvor noch mit ihrer Familie zu Abend gegessen.

Ihre Mutter und Schwester waren sofort von seinem Charisma und seiner faszinierenden Ausstrahlung bezaubert gewesen. Selbst im maßgeschneiderten Anzug mit Krawatte verkörperte er den perfekten Scheich.

„Ihre Schwester ist sehr nett.“

Catherine schmiegte sich ein wenig enger an ihn und kämpfte gegen das Verlangen an, den Kopf an seine Schulter zu legen. „Ja. Wir beide stehen uns sehr nahe.“

„Das ist gut.“

„Finde ich auch.“ Sie lächelte ihn an.

Seine Miene blieb ernst. „Eine Familie zu haben ist sehr wichtig.“

„Ja.“ Sie wusste nicht, worauf er hinauswollte.

„Genauso wichtig ist es, Kinder zu haben und das Erbe von einer Generation zu nächsten weiterzugeben.“

„Stimmt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein verheiratetes Paar keine Kinder will.“

Endlich lächelte er. „Manche mögen ihre Gründe dafür haben, aber Sie gehören nicht dazu.“

Sie dachte so sehnsüchtig an Ehe und Familie, insbesondere im Zusammenhang mit diesem Mann, dass es ihr schwer fiel, weiter zu lächeln. „Nein, ich gehöre wirklich nicht dazu.“

Es war allerdings unwahrscheinlich, dass sie je heiraten würde, doch warum solch deprimierenden Gedanken nachhängen?

Als Hakim begann, ihren Rücken zu streicheln, verflogen ohnehin alle Gedanken, sogar die traurigen.

Sie schloss die Augen und schmiegte die Wange an seine Brust. Wahrscheinlich würde er sie nie wieder bitten, mit ihm zu tanzen, aber sie konnte nicht anders. Statt jedoch über ihre Kühnheit empört zu sein, zog er sie fester an sich und tanzte mit ihr, bis die Musik wechselte und ein schneller Beat gespielt wurde.

Er forderte sie an diesem Abend nicht noch einmal auf, ohne sie jedoch zu vernachlässigen. Dank seines Charmes gelang es ihm, das Interesse der anderen Frauen zu zerstreuen, die sich ihm näherten, um mit ihm zu flirten. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt Catherine.

Sie war verliebt.

Hoffnungslos.

Hilflos.

Rückhaltlos.

Catherine zog die Karte aus dem an den Blumen befestigten Umschlag.

Für die Frau, deren innere Schönheit mit mehr Anmut und Charme erblüht als eine Rose.

Tränen traten ihr in die Augen. Hakim und sie hatten am Vorabend ein Benefizkonzert besucht. Catherine hatte zugunsten der Kinder eine Rede über deren Hoffnungen und Träume gehalten. Sie hatte vor Nervosität gezittert, aber sie hatte sich verpflichtet gefühlt, für die Stiftung zu werben.

Später hatte Hakim ihr verraten, dass man ihre grenzenlose Kinderliebe trotz aller Verunsicherung deutlich gespürt habe. Sein Kompliment hatte ihr das Herz erwärmt, aber die langstieligen roten Rosen überwältigten sie.

Sie stellte die Vase auf ihren Tisch, damit sowohl sie als auch der Rest ihrer Kollegen sie jederzeit sehen konnten. Während sie einige Papiere ordnete, die abgelegt werden mussten, bewunderte sie die dunklen Knospen. Hakim vermittelte ihr den Eindruck, etwas ganz Besonderes zu sein, obwohl sie nur Freunde waren. Manchmal hatte sie sogar das Gefühl, dass es mehr als bloße Freundschaft war, und dann dämpfte sie sogleich ihre hochfliegenden Hoffnungen, denn was sonst sollte es sein, zumal er sie noch nie geküsst hatte?

Sie verbrachten viel Zeit miteinander, und ihre Zuneigung zu ihm wuchs mit jedem Mal, doch er schien körperlich an ihr nicht interessiert zu sein, was kein Wunder war.

Catherine war kaum der Typ, der in einem Mann wie Hakim hemmungslose Lust weckte, aber ihr Verlangen nach ihm war nach wie vor ungeschmälert. Es steigerte sich mit jedem Treffen, bis es, zusammen mit der Sehnsucht nach seiner Nähe, zu brennendem Begehren wurde.

Ihr stockte der Atem, als Hakim die Bibliothek betrat. Eigentlich sollte sie inzwischen an sein Kommen gewöhnt sein, denn es geschah oft genug, und jedes Mal seit ihrer ersten Begegnung hatte er keinen Zweifel daran gelassen, dass er allein ihretwegen hier war.

Er näherte sich ihr mit jener angeborenen Überheblichkeit, die sie so reizvoll an ihm fand. Er war völlig von sich überzeugt, was nicht weiter verwunderlich war, denn schließlich war er reich, attraktiv und als Prinz erzogen worden. Warum sollte er sich also verstecken?

Als er ihren Tisch erreichte, erinnerte sie sich an die Papiere in ihrer Hand und legte sie rasch beiseite.

Hakim blieb vor Catherines Tisch stehen, als sie sich vorbeugte, um etwas in der untersten Schublade zu verstauen. „Catherine …“

Sie richtete sich auf, und der Blick ihrer dunkelblauen Augen begegnete seinem. „Entschuldigung“, bat sie lächelnd und deutete auf die Dokumente, „mir fiel, als Sie hereinkamen, gerade ein, dass ich das hier abheften muss.“

„Und das kann nicht warten, bis Sie mich begrüßt haben?“, erkundigte er sich amüsiert.

„Ich hätte es sonst vielleicht vergessen.“

War ihr klar, was sie mit diesem Eingeständnis verriet? Er wusste längst, welche Wirkung er auf ihre Konzentrationsfähigkeit ausübte, aber eine welterfahrenere Frau hätte so etwas niemals eingeräumt.

„Dann werde ich mich damit begnügen, mit Ihrem Hinterkopf zu plaudern, während Sie Ihre Arbeit erledigen.“

„Sie klingen manchmal so steif. Liegt es daran, dass Arabisch eine steife Sprache ist, oder weil Englisch für Sie eine Fremdsprache ist und Ihnen deshalb nicht so leicht über die Lippen kommt?“

Nicht zum ersten Mal war er wegen ihres abrupten Themenwechsels leicht verwirrt. „Als erste Fremdsprache habe ich Französisch gelernt“, erklärte er. „Mit Englisch habe ich erst begonnen, als ich Französisch perfekt beherrschte.“

„Ich habe Französisch immer für eine sehr schöne Sprache gehalten. Auf der Schule hatte ich Deutsch und Spanisch, aber leider habe ich dafür kein Talent.“

„Ich bin nicht hier, um über meine Fremdsprachenkenntnisse zu plaudern.“

„Natürlich nicht.“ Sie lächelte ihn an. „Warum sind Sie gekommen?“

„Um meine Freundin zu besuchen.“

Beim Wort „Freundin“, leuchteten ihre Augen kurz auf. „Oh. Wie viele sind es?“

„Wie viele wovon, Kätzchen?“

Wie er es erwartet hatte, ließ das Kosewort sie erröten. In seiner Heimat waren solche Ausdrücke gebräuchlich zwischen einem Mann und der Frau, die er zu heiraten gedachte. Für ihn waren sie nicht mehr als ein Eingeständnis seiner Absichten, aber Catherine machten sie nervös.

„Wie viele Sprachen beherrschen Sie fließend?“, fragte sie atemlos, und er verspürte auf einmal den Wunsch, ihr mit einem Kuss vollends den Atem zu rauben.

Was er natürlich nicht konnte. Nicht hier und jetzt, aber bald. Er lächelte voller Vorfreude.

„Ich spreche Französisch, Englisch, Arabisch und sämtliche Dialekte meines Volkes, Kätzchen.“ Er wiederholte die Anrede, um Catherines Reaktion darauf zu beobachten. Die Versuchung war einfach übermächtig.

Es war verblüffend. Sie sog hörbar den Atem ein. „So klein bin ich nicht“, protestierte sie leise.

Obwohl sie nur einige Zentimeter größer als die Durchschnittsfrau war, schien sie sich als so etwas wie eine Amazone zu betrachten. Versonnen strich er ihr über den Nacken. „Auf mich wirken Sie sogar sehr klein.“

Sie erbebte, und er lächelte.

Bald, sehr bald würde sie ihm gehören.

Sehnsüchtig schaute sie zu ihm auf. „Das mag sein.“

Er wollte sie küssen. Einzig der Selbstdisziplin, die er während seines Trainings mit den Elitetruppen erworben hatte, war es zu verdanken, dass er einen Schritt zurücktrat und die Hand sinken ließ.

„Ich bin hier, um Sie zu fragen, ob Sie Lust hätten, heute mit mir zu Abend zu essen.“

Catherine wollte etwas erwidern, doch die Worte kamen ihr nicht über die Lippen. Sie kannten einander nun seit drei Wochen, hatten mehrfach miteinander gegessen und sich bei offiziellen Anlässen in der Öffentlichkeit gezeigt. Und trotzdem wirkte sie jedes Mal schockiert, wenn er sie einlud.

„So überraschend ist das doch gar nicht. Wir waren erst gestern zum Lunch aus.“

„Deshalb bin ich ja so verwundert“, erwiderte sie zögernd. „Ich dachte, Sie würden Ihre Zeit lieber mit …“

Sie verstummte, aber ihr Blick verriet, was sie hatte sagen wollen. Mit anderen Frauen verbringen. Sie war sich ihres eigenen Wertes nicht bewusst. Obwohl er eigentlich hätte froh sein müssen, dass er sein Ziel so leicht erreichen würde, ärgerte ihn ihre mangelnde Selbstachtung.

„Ich will meine Zeit mit keiner anderen Frau verbringen.“

Freude und Hoffnung spiegelten sich in ihren Augen. Ja. Sie war so weit. Er hatte sie lange genug umworben.

„Ich würde mich gern mit Ihnen zum Dinner treffen.“

„Wir sehen uns dann heute Abend.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Hakim.“

Er blieb stehen.

„Sie hätten auch anrufen können. Das hätte Ihnen eine Stunde Fahrzeit hierher und zurück nach Seattle erspart.“

„Dann hätte ich auf das Vergnügen verzichten müssen, Sie zu sehen.“

Catherine schien geradezu dahinzuschmelzen. Vielsagend lächelnd drehte er sich um. Bald würde er seine Pflicht erfüllt haben.

3. KAPITEL

Hakim hatte einen Tisch in seinem Lieblingsrestaurant am Seeufer reservieren lassen. Das Ambiente war ruhig und elegant. Die perfekte Kulisse für einen Heiratsantrag.

Er hatte kurzfristig erwogen, Catherine in das Restaurant in der Kuppel der Space Needle auszuführen. Man hatte ihm den Aussichtsturm als Gipfel der Romantik empfohlen, aber er hatte nicht das geringste Verlangen gehabt, den Aufzug mit lauten Touristen zu teilen. Nicht heute Abend.

Catherine lächelte ihn an, als er ihr den Stuhl zurechtrückte. Sie trug ein schwarzes, langärmeliges Kleid mit rundem Ausschnitt und schmaler Taille. Der weite Rock umspielte ihre Beine, als sie sich setzte. Hakim ließ einen Finger über die nackte Haut oberhalb des Dekolletés gleiten. Ein Schauer durchrann sie. Zufrieden über diese Reaktion, ließ er die Hand sinken, umrundete den Tisch und nahm seinen Platz ein.

Selbst bei der schwachen Beleuchtung im Restaurant konnte er erkennen, dass sie errötete.

„Eine so harmlose Berührung ist doch kein Grund zur Verlegenheit, oder?“

Catherine glättete ihr perfekt frisiertes Haar. Sie hatte es wieder aufgesteckt. Obgleich er den ungehinderten Blick auf ihren schlanken Nacken genoss, verlangte es ihn danach, die Spange zu öffnen und zu sehen, wie Catherine die honigfarbenen Locken über die Schultern fielen.

„Ich bin nicht verlegen. Nicht wirklich.“ Als sie seufzte, hoben sich ihre Brüste unter dem dünnen Stoff und verrieten den wahren Grund für ihr Erröten.

Seine kleine Jungfrau war erregt. Die beiden festen Knospen unter dem schwarzen Gewebe verrieten es ihm. Sie bewiesen Hakim außerdem, dass sie keinen BH trug. Diese Erkenntnis übte auf ihn eine ihm inzwischen bereits vertraute Wirkung aus.

„Was sind Sie dann?“ Er fragte sich, ob sie die Wahrheit eingestehen würde.

„Dumm.“

Er schüttelte den Kopf. Sie ahnte es zwar noch nicht, aber ihr Verlangen nach ihm würde bald gestillt werden. „Juwel meines Herzens, so etwas dürfen Sie nicht sagen.“

Sie konzentrierte sich scheinbar darauf, die Serviette auf ihrem Schoß zu entfalten. „Sie sollten mich nicht so nennen. Ich weiß, Sie tun es nur, weil es für Sie eine Redewendung ist, aber …“

Hakim beugte sich vor und umfasste ihr Kinn. „Es ist nicht bloß eine Redewendung. Benutze ich etwa solche Ausdrücke für andere Frauen, wenn Sie in der Nähe sind?“

Sie biss sich auf die Lippe. „Nein“, wisperte sie.

Er sehnte sich danach, diese bebenden Lippen zu küssen. Ihre Verwundbarkeit weckte primitive Instinkte in ihm.

„Diese Worte sind allein für Sie bestimmt.“

Sie war wie hypnotisiert. In ihren Augen spiegelten sich die widersprüchlichsten Emotionen. Dann senkte sie die Lider und räusperte sich, um einen kleinen Hustenanfall zu bekämpfen.

Er reichte ihr ein Glas Wasser.

„Danke.“ Sie trank einen Schluck.

„Sie haben einen wunderschönen Nacken.“

Das Glas entglitt ihren Händen. Allein der Geistesgegenwart eines Obers war es zu verdanken, dass ihr Kleid nicht völlig durchnässt wurde. Angesichts ihrer Reaktion beschloss Hakim, mit dem Heiratsantrag bis nach dem Dinner zu warten.

Als Hakim den Wagen vor ihrem Apartmenthaus anhielt, waren Catherines Nerven zum Zerreißen gespannt. Ihre Nervosität wuchs, als er darauf bestand, sie zu ihrer Wohnung zu bringen.

Sie ließ ihn gewähren, als er ihr den Schlüssel abnahm und die Tür öffnete. Seine starken Hände faszinierten sie so, dass sie sich danach sehnte, sie auf ihrem Körper zu spüren.

Ihr einen Arm um die Taille gelegt, führte er sie ins Wohnzimmer, nachdem er die Tür hinter sich verriegelt hatte – ein untrügliches Zeichen dafür, dass er so bald nicht gehen würde. Ihr Blutdruck erreichte Schwindel erregende Dimensionen. Als sie die gelbe Couch erreichten, zwang er Catherine sanft auf die weichen Polster und setzte sich neben sie. Er war ihr so nahe, dass ihre Schulter seine Brust berührte.

„Ich möchte mit Ihnen reden.“

„Oh.“ Mehr brachte sie nicht über die Lippen.

Er legte ihr die freie Hand auf den Schenkel und schien sie nun völlig mit seinem Körper einzuschließen.

Was würde er machen, wenn sie sich ihm zuwandte und das tat, wonach sie sich schon so lange sehnte – nämlich sein seidiges schwarzes Haar zu streicheln und seinen sinnlichen Mund zu küssen? Um sich vor einer peinlichen Zurückweisung zu schützen, faltete sie die Hände im Schoß.

Sekundenlang herrschte Schweigen. Dann begann Hakim, mit dem Finger spielerisch Kreise auf ihren Schenkel zu zeichnen. Wonneschauer durchrannen sie, während sich wohlige Wärme in ihr ausbreitete. Sie unterdrückte ein Seufzen. Sie konnte sich weder bewegen noch ihn anschauen. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt seiner sonnengebräunten Hand, die sich lässig auf dem schwarzen Stoff des Kleides hin und her bewegte.

Hakim sagte noch immer nichts.

Sie spürte, dass er etwas von ihr wollte, wusste jedoch nicht, was. Als sie die quälende Spannung nicht länger ertrug, hob sie den Kopf und sah Hakim prüfend an.

Darauf hatte er gewartet. Blickkontakt.

„Sie haben die letzten Wochen in meiner Gesellschaft genossen, oder?“

„Ja.“

„Bin ich ein Narr, wenn ich hoffe, dass Sie unsere Beziehung gern fortsetzen würden?“

„Nein.“ Sie räusperte sich. „Sie könnten niemals ein Narr sein.“

„Dann wäre es mir also nicht verboten, zu hoffen, dass Sie unsere Beziehung vielleicht vertiefen möchten?“

Er wollte ihr Freund sein? Obwohl diese Vorstellung sie überforderte, nickte sie zustimmend.

„Ja, es wäre mir verboten, oder ja, Sie möchten unsere Beziehung vertiefen?“

„Ich möchte …“ Catherine atmete tief durch. „Ich möchte unsere Beziehung vertiefen.“

Würde er sie jetzt küssen? Der bloße Gedanke ließ ihren Puls rasen.

„Heirate mich.“

Sie träumte. Anders konnte es gar nicht sein.

Irgendetwas stimmte allerdings nicht an diesem Traum. „Du hast mich bislang noch nicht einmal geküsst.“ Ohne es zu merken, war sie ebenfalls zum vertrauten Du übergegangen.

„Ich hatte kein Recht dazu.“

„Wie meinst du das? Warst du mit einer anderen liiert?“

„Nein, das nicht. Es wäre jedoch nicht richtig gewesen, wenn ich dich geküsst hätte, bevor alles offiziell geklärt wurde.“

Meinte er Liebeserklärungen? Nein. Er hatte von offiziellen Erklärungen gesprochen. „Heißt das, man muss in deinem Land verlobt sein, um sich zu küssen?“

Zärtlich streichelte er ihre Wange. „Um eine noch unberührte Frau zu küssen, schon.“

War ihr Mangel an Erfahrung so offensichtlich? Wahrscheinlich. „Aber hier ist nicht Jawhar.“

„Nichtsdestotrotz werde ich dich mit dem dir gebührenden Respekt behandeln.“

Das war nett. „Wenn ich einwillige, dich zu heiraten, würdest du mich dann küssen?“ Dies war der bislang bizarrste Tagtraum, dem sie je nachgehangen hatte, nur dass er diesmal allzu real war.

Ein triumphierendes Funkeln trat in seine dunklen Augen. „Ja.“

„Ja“, wiederholte sie, um den Traum nicht enden zu lassen.

„Willst du mich heiraten?“

„Ja.“ Hakim konnte es unmöglich ernst meinen, und sie würde alles behaupten, nur um seinen Mund auf ihrem zu spüren. „Jetzt kannst du mich küssen.“

Er senkte den Kopf, bis seine Lippen nur noch Zentimeter von ihren entfernt waren. „Kann ich das?“

„Ja.“ Als er sich nicht bewegte, fügte sie hinzu: „Bitte.“

Sein Kuss war zart und federleicht wie ein Schmetterling, der von Blüte zu Blüte flatterte. Als er endete, zog Hakim sich jedoch nicht zurück.

In den würzigen Geruch seines Rasierwassers mischte sich ein unverwechselbarer Duft, der nur von ihm selbst stammen konnte. Männlich. Er sprach die Frau in ihr an. Sie wollte diesen Mann für sich allein.

„Machst du dich über mich lustig?“ Warum hatte er sie nicht noch einmal, noch leidenschaftlicher geküsst?

„Ich stelle mich selbst auf die Probe.“

Sein Geständnis war das Ende ihrer Selbstbeherrschung. Es verriet, dass er sie begehrte, und diese Gewissheit war ebenso erregend wie seine Nähe. Sie schmiegte sich an ihn und presste ihm die Lippen auf den Mund. Ihr Kuss zeugte eher von Begeisterung als von Übung.

Hakim schien es nicht zu stören. Er verstärkte den Druck seiner Hände und seines Mundes. Als er mit der Zungenspitze die Konturen ihrer Lippen liebkoste, seufzte sie leise auf. Dieser kurze Moment genügte ihm, um weiter vorzudringen und ihre Zunge zu umschmeicheln. Catherine hatte natürlich von diesem intimen Spiel gehört, es aber irgendwie abstoßend gefunden.

Doch es fühlte sich wundervoll an. Er schmeckte nach dem Tiramisu, das es im Restaurant zum Dessert gegeben hatte. Er schmeckte auch nach Hakim, und von ihm würde sie nie genug bekommen. Stöhnend hieß sie seine Zunge willkommen.

Hakim stieß einen heiseren Laut aus, und plötzlich fand sie sich auf seinem Schoß wieder.

Sie wollte ihn berühren. Sie musste ihn berühren. Sie klammerte sich an seine Schultern, doch es reichte ihr nicht, seine Körperwärme zu spüren. Sie wollte ihn erkunden. Zuerst ließ sie die Finger durch sein Haar gleiten. Es war weich, beinahe wie Seide, und darunter ertastete sie die Form seines Kopfes.

Aus Furcht, dass dieser köstliche Moment bald enden könnte und sie dann keine Gelegenheit mehr haben würde, seinen ganzen Körper zu berühren, umfasste sie sein Gesicht, um dann die Hände über seinen Nacken und seine Schultern gleiten zu lassen. Sie schob die Finger unter sein Jackett und folgte den ausgeprägten Muskeln, die sich unter dem Hemd anspannten.

Ein Schauer durchrann ihn, und Catherine genoss die Wirkung, die sie auf ihn ausübte. Hakim streichelte aufreizend ihren Po, und sie spürte, wie seine Erregung wuchs.

Diese Erkenntnis berauschte sie, versetzte ihre Emotionen in hellen Aufruhr und ließ sie ihre Selbstbeherrschung vergessen. Die verbotenen, törichten Gefühle, die sie für diesen wunderbaren Mann hegte, wurden durch ihre Lippen und Fingerspitzen deutlich.

Und als hätte ihre Hingabe etwas in ihm freigesetzt, wurde auch er kühner und fordernder. Das Spiel seiner Zunge schien völlige Unterwerfung zu verlangen, die Catherine ihm nur zu bereitwillig entgegenbrachte. Während er von ihrem Mund Besitz ergriff, zerrte sie an den Knöpfen seines Hemdes, bis sie diese so weit geöffnet hatte, dass sie die Hand unter den Stoff schieben und die glatte, feste Haut seiner Brust spüren konnte. In diesem Augenblick begriff sie, dass es kein Tagtraum war. Kein Fantasiebild konnte sich so gut anfühlen.

Die Realität übertraf sämtliche Träume. Sie war intensiver, aufwühlender, berauschender …

Nach einer kleinen Ewigkeit löste Catherine sich atemlos von Hakim. Sie meinte, in einem Strudel nie gekannter und dennoch vertrauter Gefühle zu versinken. Sie begehrte ihn. Verzweifelt.

„Dürfen Verlobte miteinander schlafen?“ Obwohl sie über die Kühnheit ihrer eigenen Frage schockiert war, wartete sie gespannt auf seine Antwort.

Er lehnte den Kopf an ihre Stirn. „Nein.“

„Weil ich noch unberührt bin?“ Tränen der Enttäuschung brannten ihr in den Augen. Hakim würde aus der momentanen Verwirrung erwachen, die ihn zu seinem Antrag bewogen hatte, und sich von ihr zurückziehen. Und sie würde weiterhin Jungfrau bleiben. Das Leben war so ungerecht.

„Ja, unter anderem.“

„Aber ich will keine Jungfrau mehr sein“, schluchzte sie und spürte beschämt, wie ihr heiße Röte in die Wangen stieg.

Er lachte sie nicht aus. Er lächelte nicht einmal, sondern küsste sie kurz auf die Lippen. „Wir müssen warten.“

„Das kann ich nicht.“

Er stöhnte auf wie ein Ertrinkender. Dann presste er den Mund auf ihren. Diesmal wartete er nicht, bis sie die Lippen öffnete, sondern zwang sie mit der Zunge auseinander. Er umfasste ihre Brust und ließ den Daumen über die aufgerichtete Knospe gleiten. Catherine drängte sich ihm ungeduldig entgegen. Sie liebte ihn so sehr. Liebte, was er mit ihr machte. Liebte die Vorfreude auf das Kommende. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie froh, noch nie mit einem anderen Mann zusammen gewesen zu sein.

Sie wollte, dass Hakim ihr erster Liebhaber war.

Er küsste sie auf den Nacken und verweilte an der heftig pochenden Ader an ihrer Halsbeuge. Winzige Stromstöße schienen durch ihren Körper zu jagen, und sie schrie vor Wonne leise auf.

Dann war sein Mund auch schon auf ihrer Schulter, seine Zunge liebkoste sie in einer Art und Weise, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Sie wagte kaum zu atmen, als er den elastischen Ausschnitt ihres Kleides tiefer zog, bis ihre Brüste völlig entblößt waren.

Er betrachtete sie mit beinahe andächtiger Miene. Catherines Figur hatte keinerlei Ähnlichkeit mit den jungenhaften Formen, die in den modernen Medien gepriesen wurden. Ihre Haut begann unter seinen bewundernden Blicken zu prickeln.

Zärtlich streichelte er die weichen Rundungen. „Du bist so schön. So perfekt.“ Seine Worte lösten einen lustvollen Schauer in ihr aus.

„Ich bin …“ Nicht so schlank wie ein Fotomodell, hatte sie sagen wollen, doch er hinderte sie daran, indem er ihr einen Finger auf den Mund legte.

„Hinreißend. Du bist hinreißend.“

Dann senkte er den Kopf, und seine Lippen berührten ihre empfindsame Haut. Catherine verlor jegliches Gefühl für Raum und Zeit. Er hauchte ihr federleichte Küsse auf den nackten Körper. Als er endlich an einer der rosigen Spitzen saugte, rannen ihr unerklärlicherweise heiße Tränen über die Wangen.

Es war zu viel. Die Spannung war schier unerträglich.

„Hakim, Liebling, bitte!“

Sie hatte keine Ahnung, worum sie flehte, aber er schien es zu wissen, denn er ließ seine Hand tiefer gleiten, bis er den Saum ihres Rockes erreichte. Seine Finger strichen über ihr Bein, und dann weiter hinauf – langsam, unendlich langsam.

Seine aufreizende Bedächtigkeit raubte ihr fast den Verstand. Doch dann gelangten seine erfahrenen Finger an den schmalen Streifen nackter Haut oberhalb des Strumpfes und näherten sich unaufhaltsam dem Zentrum ihrer Weiblichkeit. Eine kurze Berührung des Seidenslips, unter dem sich der sensibelste Punkt ihres Körpers verbarg, genügte, um ihre Lust aufs Äußerste zu entfachen.

Catherine bäumte sich auf. Sie schrie. Sie meinte, Hakim fluchen zu hören, doch sie war sich nicht sicher. Neben der süßen Folter, der sie unterworfen war, verblassten alle anderen Wahrnehmungen.

Er fuhr mit den Fingern unter den Bund der Panty, hinab zu Regionen, die noch die noch von einem Mann berührt worden waren.

Sie versteifte sich. Doch er ließ sich davon nicht beirren und setzte seine Liebesdienste fort, bis sie erschöpft zurücksank. Behutsam zog er sie an seine Brust und schloss sie schützend in seine starken Arme. Aus den vereinzelten Tränen war inzwischen ein wahrer Strom geworden, und Catherine schluchzte nun ebenso hemmungslos, wie sie sich soeben noch der Ekstase hingegeben hatte.

Hakim tröstete sie, raunte ihr besänftigende Worte in einer fremden Sprache zu. Es war nicht wichtig, dass sie ihn nicht verstand, der bloße Tonfall beruhigte sie.

„Das war zu viel“, flüsterte sie stockend.

„Es war schöner als die Wüste bei Sonnenaufgang.“

„Ich liebe dich.“ Das erstaunliche Erlebnis hatte sie alle Vorsicht vergessen lassen.

Sie war rettungslos in einen Mann verliebt, der jede Frau haben konnte, die er begehrte, und das machte ihr Angst. Es half jedoch nicht, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen, und brachte sogar eine gewisse Erleichterung, die Wahrheit einzugestehen.

Er streichelte ihren Rücken, und ein weiterer Schauer durchrann sie. Mühelos, als wäre sie leicht wie eine Feder, hob er sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer. Dort schaltete er die kleine Nachttischlampe ein, die den Raum in warmes Licht tauchte.

Als er Catherine aufs Bett legen wollte, klammerte sie sich an ihn. „Bitte, geh nicht.“

Er zögerte.

„Bitte“, wiederholte sie eindringlich.

„Wenn du willst, dass ich bleibe, werde ich bleiben.“

Sie ließ ihn los, und er setzte sie ab. Lächelnd richtete er sich wieder auf. „Mach dich fertig fürs Bett, ich komme dann zurück und halte dich.“

„Werden wir nicht miteinander schlafen?“ Sie war zwar nicht sicher, ob sie noch einmal eine so himmlische Tortur überstehen würde wie soeben, aber sie war bereit, es zu versuchen.

„Nicht, solange wir nicht verheiratet sind.“

Sie glaubte nicht eine Minute, dass sie tatsächlich als Ehepaar enden würden. „Aber …“ Dass er immer noch sehr erregt war, war unübersehbar.

Er schüttelte den Kopf. „Wir werden warten.“

Sie konnte nicht verlangen, dass er sie in seiner Verfassung die ganze Nacht in den Armen hielt. „Ich könnte …“ Errötend verstummte sie. Gewiss war er klug genug, sich den Rest zu denken.

„Ich nehme eine Dusche.“

„Eine kalte Dusche?“ Die Vorstellung, dass ein so erotischer Mann wie Hakim ihretwegen kalt duschte, hatte etwas ungemein Reizvolles.

Er lächelte vielsagend, als hätte er ihre Gedanken erraten. „Genau. Und nun mach dich fürs Bett zurecht. Ich bin bald zurück.“

Catherine nickte und sah ihm nach, als er ins Bad ging. Erst jetzt merkte sie, dass ihre Brüste noch immer entblößt waren. Die Knospen waren noch fest und feucht von seinem Mund. Himmel! Wie betäubt von diesem Anblick, brauchte sie eine Minute, bis sie aufstehen und ein Nachthemd heraussuchen konnte.

Hakim stand unter dem warmen Wasserstrahl. Sein Körper schmerzte vor ungestillter Lust, doch er freute sich über die erfolgreiche Werbung. Catherine hatte eingewilligt, seine Frau zu werden.

Sein Onkel würde erfreut sein. Ihr Vater würde erfreut sein. Er, Hakim, war erfreut. Eine Ehe mit Catherine würde keine Bürde sein.

Hinter ihrer Schüchternheit verbarg sich ein leidenschaftlich und unbeschreiblich sinnliches Geschöpf. Er hätte sich nie träumen lassen, dass es so schwer sein würde, sich in letzter Sekunde von ihr zurückzuziehen.

Ihr hatte es gefallen. Sein kleines Mauerblümchen genoss die Vorstellung, dass er kalt duschte, weil er sie so begehrte. Doch seiner Meinung nach war es kein wirksames Mittel, um Verlangen zu dämpfen. Er hatte vielmehr herausgefunden, dass warmes Wasser mitunter den körperlichen Schmerz lindern konnte, der mit der Sehnsucht nach etwas Verbotenem verbunden war.

Heute funktionierte dieser Trick jedoch nicht. Seine Erregung war so heftig, dass sie ihn quälte.

Er konnte sich nicht von der Erinnerung an Catherine befreien, wie sie mit entblößten Brüsten ausgesehen hatte. Und ihr ekstatischer Höhepunkt … Sie hatte sich so wild aufgebäumt, dass er sein Juwel kaum hatte halten können. Er stöhnte auf, als eine erneute Woge der Lust ihn durchflutete.

Vielleicht würde statt einer warmen doch eine kalte Dusche helfen.

Hakim drehte den Hahn voll auf und wurde sofort von einem eisigen Schwall überschüttet. Er biss die Zähne zusammen und übte jene Selbstdisziplin, die er während seiner Ausbildung bei der Elitewache im Palast seines Onkels gelernt hatte.

Catherine würde ihn schon bald heiraten müssen. Sie würde sich nicht über die schlichte standesamtliche Trauung beklagen, davon war er überzeugt. Sie war viel zu glücklich, ihn ehelichen zu können.

Sie liebte ihn.

Sonderbarerweise gefiel es ihm. Es schmeichelte seinem Stolz, dass seine künftige Frau ihn liebte. Ihre Verblüffung über seinen Antrag bestätigte, dass sie in ihren vierundzwanzig Lebensjahren noch nie eine ernste Beziehung oder wenigstens einen festen Freund gehabt hatte. Das hatte zumindest ihr Vater versichert, und er, Hakim, hatte keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln.

Ihre Unberührtheit war Hakims Onkel überaus wichtig gewesen. Dem alten Mann zufolge konnte kein Prinz von Jawhar eine Frau von fragwürdiger Vergangenheit wählen. Hakim empfand zwar eine gewisse Zufriedenheit, was ihre Unschuld anbetraf, maß ihr jedoch nicht die gleiche Bedeutung zu wie sein Onkel.

Schließlich hatte er schon einmal heiraten wollen, und die Frau war nicht mehr unberührt gewesen. Sein Onkel hätte die Verbindung sicher nicht gebilligt.

Und jetzt, da Hakim in der seidigen Wärme von Catherines Körper versinken wollte, stellte ihre Unberührtheit eher ein Hindernis als einen Vorteil dar.

Als Hakim ins Schlafzimmer zurückkehrte, saß Catherine auf dem Bett. Sie trug ein weißes, fast viktorianisch strenges Nachthemd, und das honigfarbene Haar fiel ihr in einem dicken Zopf über die Schulter. Er lächelte über ihre Unschuld.

Je näher er jedoch dem Bett kam, desto ernster wurde er. Ihr war offenbar nicht klar, dass ihr Gewand nahezu durchsichtig war und sich die dunklen Knospen ebenso darunter abzeichneten wie ihre prächtigen Brüste. Er wünschte, er hätte seine Hose anbehalten, denn die Wirkung der kalten Dusche schwand, und die Boxershorts konnten seine wachsende Erregung nicht verbergen.

Catherine schien es nicht wahrzunehmen. Der Blick ihrer blauen Augen war unverwandt auf einen imaginären Punkt an der Wand gerichtet. Ihre Lippen waren leicht geöffnet.

Als Hakim zu ihr ins Bett schlüpfte, zuckte sie zusammen. „Hakim!“

„Hast du mich nicht erwartet?“

Errötend zog sie die Decke bis zum Kinn. „Ich habe gerade an etwas gedacht.“

„Woran denn?“

„Nur an eine Geschichte.“

„Eine Geschichte?“

„Manchmal fallen mir Geschichten ein.“

„Hat unser Liebesspiel dich nicht genug abgelenkt?“ Dass seine unschuldige Braut im Gegensatz zu ihm imstande war, das Erlebnis völlig zu verdrängen, irritierte ihn.

„Ich wollte nicht daran denken.“

„Warum nicht?“, fragte er gekränkt.

Erst als sie vor ihm zurückwich, merkte er, dass er sich bedrohlich über sie beugte. Er bewegte sich allerdings nicht von der Stelle. Er wollte eine Erklärung.

„Du sagtest, wir könnten nicht miteinander schlafen, bevor wir verheiratet sind.“

„Ja, das stimmt.“

„Warum soll ich mir dann darüber den Kopf zerbrechen, wenn du strikt darauf achtest, dass nichts passiert?“

Eine gute Frage. Er wünschte, er könnte sie beantworten, doch bislang war er nicht sonderlich erfolgreich gewesen, was die Unterdrückung seiner Begierde betraf. Es beschämte und frustrierte ihn, dass seine gewohnte Selbstbeherrschung ihn kläglich im Stich ließ. Catherine hatte ihre Lust besser im Griff als er seine. Er verabscheute Schwäche, selbst wenn sie rein sexueller Natur war.

„Du hast dir also eine Geschichte ausgedacht.“ Welches Thema mochte sie so beschäftigt haben, dass sie die sinnlichen Wonnen von vorhin vergessen konnte?

„Ja.“

„Und es ging nicht um mich.“ Seine Enttäuschung schlug in Ärger um.

„Das wäre kaum zweckdienlich gewesen, oder?“, erwiderte sie so geduldig, als wäre er ein begriffsstutziges Kind.

„Ich dachte, du wolltest, dass ich heute Nacht bei dir bleibe.“

Ihre guten Vorsätze gerieten offenbar ins Wanken. „Ja. Wirst du jetzt gehen, weil ich Tagträumen nachgehangen habe?“

Sie musste noch viel über ihn lernen. „Ich habe eingewilligt zu bleiben. Also bleibe ich.“

Catherine biss sich auf die Lippe. „Hältst du immer dein Versprechen?“

„Immer.“ Und er durfte nicht vergessen, dass er ihr sein Wort gegeben hatte, bis zur Hochzeit zu warten.

4. KAPITEL

„Wenn ich während unserer Ehe etwas verspreche, kannst du immer sicher sein, dass es passieren wird.“

Catherine sah Hakim an. Ihre Ehe? Der Scherz war weit genug gegangen. „Hör auf mit diesen Witzen. Wir werden nicht wirklich heiraten.“

In seinen dunklen Augen blitzte es gefährlich auf. „Wenn du mir etwas versprichst, erwarte ich das Gleiche von dir. Wir werden heiraten.“

„Aber warum?“ Ihm war zweifellos längst klar, dass er sie nicht zu ehelichen brauchte, um mit ihr schlafen zu können. Ihr Verlangen nach ihm machte sie verletzlich, und nach dem, was sich vorhin auf der Couch abgespielt hatte, musste er das wissen.

Er stupste ihre Nasenspitze mit dem Finger an. „Bist du deiner Reize so wenig sicher, dass du diese Frage stellen musst?“

„Um Himmels willen, du bist ein Scheich! Musst du nicht eine Prinzessin oder so etwas heiraten?“

„Die königliche Familie von Jawhar lebt nicht mehr im Mittelalter. Es ist mein Wunsch, dich zu heiraten, Catherine.“

Eine vierundzwanzigjährige Bibliothekarin, die vor diesem Abend noch nie von einem Mann geküsst worden war? „Das glaube ich nicht.“

Zärtlich legte er die Hand auf ihre Wange. „Ich will dich, Catherine. Ich dachte, das wäre unverkennbar.“

Sagte er die Wahrheit? Felicity hatte Catherine unzählige Male versichert, dass sie nicht mehr das Mädchen wäre, das viel zu groß für sein Alter war und dessen Gesicht durch Aknenarben entstellt wurde. Trotzdem hatte Catherine nie aufgehört, sich als dieses Mädchen zu fühlen.

Hakim zwang sie sanft, ihn anzuschauen. „Akzeptiere endlich, dass es mir sehr viel Freude bereiten wird, dich zu meiner Frau zu machen.“

Aber warum sollte es ihm Freude bereiten? Die einzig logische Antwort, die ihr darauf einfiel, war so abwegig, dass sie der bloße Gedanke schockierte. Trotzdem konnte sie sich nur einen Grund denken, weshalb ein Mann wie Hakim eine Frau wie sie heiraten wollte. Sie hatte keine diplomatische Bedeutung, konnte sein Ansehen bei der Bevölkerung nicht steigern, und obwohl ihr Vater reich war, war Hakim reicher.

Liebe.

Er musste sie lieben. Nur so ergab die ganze Situation einen Sinn. Er hatte die Worte zwar nie ausgesprochen, aber vielleicht war das in seiner Kultur nicht üblich. Ein Stammesführer musste sich stets unter Kontrolle haben und durfte keinerlei Emotionen zeigen. So etwas in der Art.

Während Catherine noch ihren verwirrenden Gedanken nachhing, legte Hakim sich auf den Rücken. „Für mich ist die Zeit gekommen, mich zu vermählen. Mein Onkel will, dass ich heirate.“

„Und du hast mich ausgesucht.“

„Du bist meine erwählte Braut, ja.“

Sie dachte an die Jahre nach der Laserbehandlung, in denen ihr Vater ihr ständig Männer präsentiert hatte – Männer, die sich allein dafür interessierten, was nach einer Hochzeit für sie dabei heraussprang. Männer, die ihre Gefühle oder Sinne nicht im Entferntesten so erregt hatten wie Hakim. Nicht genug, dass er ihre Emotionen weckte, er erwiderte sie auch.

Ein strahlendes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Ich will Kinder.“ Eine Familie würde sie lieben und ihre Liebe bedingungslos annehmen.

„Genau wie ich.“

Plötzlich kam ihr ein Gedanke, der sich nicht wieder verdrängen ließ. Nicht, solange Hakim sich weigerte, von Liebe zu sprechen. „Du musst treu sein. Keine Geliebten. Keine anderen Frauen.“

Er lächelte nicht und machte auch keine Witze, wie andere Männer es vielleicht getan hätten. Im Gegenteil, er wurde sogar noch ernster. „Polygamie ist in Jawhar nicht üblich. Eine Geliebte würde meine Ehre als Prinz meines Volkes beschmutzen.“

„Dann werde ich dich heiraten.“ Catherine konnte selbst nicht glauben, was sie da sagte.

„Dann bin ich zufrieden.“

Die Worte waren ein wenig enttäuschend. Dann bin ich zufrieden klang nicht annähernd so romantisch wie Ich liebe dich, aber was sollte sie von einem so weltgewandten Mann wie Hakim erwarten? Ein Streichorchester?

„Es ist Zeit zum Schlafen.“ Er küsste sie kurz auf den Mund.

Sie unterdrückte den Impuls, sich an ihn zu klammern. „Ist gut.“

Obwohl er sie nicht an sich zog, legte er ihr einen Arm über den flachen Bauch, und das fühlte sich so wundervoll an, dass sie nicht in Versuchung geriet, sich in den Schlaf zu fantasieren. Zum ersten Mal übertraf die Realität alles, was ihre Vorstellungskraft heraufbeschwören konnte.

Eine federleichte Berührung seiner Wange weckte Hakim. Mit geschlossenen Augen wartete er ab, was Catherine als Nächstes tun würde.

Ihre kleine Hand ruhte auf seiner Brust, ihre Fingerspitzen streiften seine Schulter. Nichts weiter. Keine Bewegung, und dennoch spürte er ihren Blick wie eine Liebkosung. Als er die Augen aufschlug, sah er, dass sie nicht auf sein Gesicht blickte, sondern auf ihre Hand auf seiner Brust.

„Guten Morgen.“

„Guten Morgen, Hakim.“ Der bewundernde Ausdruck in ihren blauen Augen rührte ihn.

Sie war ihm näher als in der vergangenen Nacht. Ihr warmer, weiblicher Körper schmiegte sich an ihn, und seine morgendliche Erregung steigerte sich sofort zu brennendem Verlangen – was ihr natürlich nicht verborgen blieb.

Er musste von ihr abrücken. Sofort.

Dies war zu gefährlich.

„Hast du …?“

Er wartete vergeblich, dass sie die Frage beendete. Stattdessen ließ sie ihre Hand langsam über seine Brust abwärts gleiten.

Er musste sie aufhalten. Er wusste, dass er sie aufhalten sollte, aber ihre zögernden Finger stimulierten ihn mehr, als es jede noch so raffinierte Bauchtänzerin je vermocht hatte. Atemlos lag er da, bis sie den Bund der Boxershorts erreichte. Er würde sie nicht bitten weiterzumachen, aber abzuwarten, ob sie sich aus eigenem Antrieb dazu entschließen würde, brachte ihn fast um den Verstand.

Zaghaft strich sie über die harten Konturen. Er zuckte zusammen. Ihr leiser Aufschrei wurde von seinem Stöhnen übertönt. Sie riss die Hand zurück und rutschte von ihm fort.

Schwer atmend starrte sie an die Zimmerdecke, ihre Finger packten die Laken so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. „Ich habe Liebesromane gelesen. Manche haben ziemlich deftige Szenen.“

„Und?“

„Es selbst zu erleben ist etwas anderes, als darüber zu lesen.“ Sie klang so verblüfft, dass er lächeln musste.

„Du bist Jungfrau, Kätzchen.“

Sie wandte sich zu ihm um. „Warum nennst du mich so?“

„Wegen deines Namens. Catherine. Katze. Allerdings benimmst du dich nicht wie eine Katze, sondern eher wie ein Kätzchen. Neugierig. Manchmal scheu. Unschuldig.“

„Sind alle Jungfrauen so ängstlich, wenn sie einen nackten Männerkörper berühren?“

Er wusste es nicht. Er hatte noch nie mit einer das Bett geteilt. „Du hast mich nicht berührt.“

Sie drehte sich auf die Seite. Ihr Zopf landete auf ihrer Brust und lenkte Hakims Aufmerksamkeit auf die rosigen Knospen unter dem dünnen Nachthemd. Es dauerte daher einen Moment, bis ihre Worte einen Sinn für ihn ergaben.

„Ich habe dich berührt“, hatte sie gesagt.

Er streckte die Hand aus und strich über die feste Spitze, die ihn so faszinierte. „Das ist eine Berührung durch dein Nachthemd.“ Dann löste er das Band, das den Ausschnitt zusammenhielt, und schob den Stoff beiseite.

Ihr stockte der Atem, als er ihre entblößte Brust umfasste. „Oh!“

Wäre sein Verlangen nicht so schmerzlich gewesen, hätte er erneut gelächelt. Catherine war so empfänglich für ihn. So perfekt. „Das ist eine Berührung deines nackten Körpers.“

„Darf ich … Darf ich …?“

„Darfst du was?“

„Dich auch berühren.“ Catherine seufzte sehnsüchtig.

Er wollte es. Er wollte es so sehr, aber wenn sie es tat, würden sie die Ehe vor der Hochzeit vollziehen. Und das wäre falsch. Er hatte ein Versprechen gegeben. Er musste es halten. Seine Vernunft kannte die Wahrheit, aber seine Hormone befanden, dies sei Amerika und nicht Jawhar. Catherine interessierte sich nicht für die Maßstäbe, nach denen sein Volk einen Scheich beurteilte, ihr wäre es egal, wenn er sein Wort brechen würde.

„Das wäre nicht klug.“

„Hakim!“

Widerstrebend zog er seine Hand zurück und legte sich auf den Rücken. Er fühlte sich, als wäre er in der Mittagssonne durch die Wüste gewandert.

„Du steigst mir zu Kopf.“ Eigentlich sollte er es nicht zugeben. Es verlieh ihr Macht über ihn. Ihre Unschuld und die Bereitwilligkeit, mit der sie auf ihn reagierte, stellten eine zu große Versuchung dar.

Sie lachte leise. „Ich hatte eher den Eindruck, dass ich dir in andere Körperteile steige.“

„Das auch.“

Catherine wirkte so selbstzufrieden, dass er sie am liebsten auf die weichen Lippen geküsst hätte. Plötzlich wurde sie wieder ernst. „Bist du sicher, dass ich es bin?“, fragte sie stirnrunzelnd.

„Ich sehe sonst niemanden im Zimmer.“

Sie biss sich auf die Lippe. „Ich habe gelesen, dass Männer immer in diesem Zustand erwachen. Vielleicht ist das für dich morgens ganz normal.“

Hakim konnte nicht anders. Er brach in schallendes Lachen aus. „Du hast dein Wissen aus Büchern, aber wie du vorhin selbst sagtest, ist die Realität völlig anders. Ich begehre dich, Catherine. Ich brenne vor Verlangen, das schwöre ich.“

„Gut.“

Hakim hatte Catherines Frühstück, bestehend aus Pfannkuchen und Rühreiern, die mit einer von ihr persönlich kreierten Kräutermischung gewürzt waren, überschwänglich gelobt. Dies war das erste Mal, dass sie für einen Mann Frühstück gemacht hatte. Der ganze Morgen war für sie voller Premieren gewesen. Sie war zum ersten Mal neben einem Mann aufgewacht. Hatte zum ersten Mal die Zahnbürste teilen müssen. Es hatte sie erstaunt, wie selbstverständlich der verwöhnte Hakim darum gebeten hatte, ihre benutzen zu dürfen.

Während sie das Geschirr in die Spülmaschine sortierte, wischte er die Arbeitsflächen und den Tisch ab.

„Für einen Scheich bist du ziemlich häuslich.“

„Ich habe während meines Studiums überwiegend allein gelebt.“

„Überwiegend? Heißt das, du hattest zeitweilig auch einen Zimmergenossen?“ Wie mochte es sein, mit einem Scheich zusammenzuwohnen? Sie würde es bald tun – als seine Frau.

„Ja.“ Er warf das Tuch in die Spüle.

Sie wusch es aus und legte es beiseite. „Hat nicht funktioniert, oder?“

„Nein.“

Sein Unterton verriet, dass mehr dahinter steckte. „War es eine Frau?“, fragte sie spontan.

Hakim presste die Lippen zusammen. „Ja.“

„Wart ihr ein Paar?“

„Ja.“

Sie schluckte trocken. „War es ernst?“

„Wir haben über Ehe gesprochen.“

„Aber du hast Schluss gemacht.“

„Für sie kam ein Leben in einer Einöde wie Jawhar nicht in Betracht.“ Seiner Miene nach zu urteilen, hatte er die Frau, die er einst hatte heiraten wollen, wortwörtlich zitiert.

„Du lebst doch in Seattle.“

„Damals beabsichtigte ich, in meine Heimat zurückzukehren.“

„Sie hat sich geweigert, dich zu begleiten?“ Catherine war fassungslos. Wie konnte eine Frau, die ihn liebte, ein Leben mit Hakim zurückweisen, egal, wo sie es verbrachten?

„Ja. Wann willst du deinen Eltern von unserer Verlobung berichten?“

Das Wissen, dass er eine andere Frau genug geliebt hatte, um sie heiraten zu wollen, tat weh. Sie war daher für den Themenwechsel dankbar. Nichtsdestotrotz hatte seine Frage sie überrumpelt. Ihren Eltern berichten? Was, wenn er einen Rückzieher machte? Sie konnte immer noch nicht recht glauben, dass Hakim sie begehrte und heiraten wollte.

Hör auf, ermahnte sie sich streng.

Sie würde nicht den Rest ihres Lebens in ständiger Angst vor Zurückweisung verbringen. Sie musste aufhören, so zu reagieren wie das emotional verletzte Kind oder der von Narben entstellte Teenager, der sie gewesen war, und anfangen, sich wie die künftige Gemahlin eines Scheichs zu verhalten.

„Ich kann es meiner Mutter heute Vormittag sagen.“

Ein sonderbarer Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Und was ist mit deinem Vater?“

Das also bereitete ihm Sorgen. Elterliche Zustimmung war in seiner Kultur überaus wichtig – genau wie in ihrer. Allerdings beschritt man unterschiedliche Wege, um sie zu erlangen. Er fragte vorher, während sie gelernt hatte, dass es einfacher war, den Segen ihrer Eltern für ein bereits laufendes Projekt zu erhalten, als für eines, das noch nicht begonnen hatte.

Sie blickte auf die Uhr. Halb acht. „Er ist schon im Büro, aber Mom wird noch ein paar Stunden zu Hause sein.“

„Dann lass uns sie anrufen.“

Lydia Benning war begeistert über die Nachricht, dass ihre jüngste Tochter endlich heiraten würde. Catherine unterdrückte ein Seufzen. So alt ist vierundzwanzig auch wieder nicht.

„Du musst ihn heute Abend unbedingt zum Dinner mitbringen. Ich rufe gleich Felicity und Vance an und lade die beiden ein.“ Vance war Catherines Schwager. „Ich kann kaum erwarten, den Mann zu begrüßen, der mein kleines Mädchen heiraten will. Ein Scheich … wie romantisch.“ Nachdem sie noch fünf Minuten weiter geschwärmt hatte, beendete sie das Gespräch.

Catherine lächelte Hakim an. „Ich habe eingewilligt, dass wir heute mit ihnen zu Abend essen – du hast hoffentlich nichts dagegen.“

„Natürlich nicht. Ich hole dich ab.“

„Wir können uns auch dort treffen. Sie wohnen nicht weit von deinem Penthouse entfernt.“

„Ich werde um halb sieben hier sein.“

„Sie hat also eingewilligt.“ Harold Benning versuchte erst gar nicht, seine Zufriedenheit zu verbergen. Seine braunen Augen funkelten vergnügt.

„Ja.“

Harold rieb sich die Hände. Er war mittelgroß und hatte die Statur eines Minenarbeiters. Selbst dem bei einem Londoner Schneider maßgefertigten Anzug gelang es nicht, die bullige Gestalt von Hakims künftigem Schwiegervater zu verbergen. Er sah aus wie das, was er war: ein extrem reicher Selfmademan.

Harold schämte sich seiner Vergangenheit nicht im Mindesten. Während seiner Verhandlungen mit dem König von Jawhar hatte er zu keinem Zeitpunkt daran gezweifelt, dass seine Tochter den Scheich von Kadar heiraten würde.

Hakim fragte sich unwillkürlich, wie ein so selbstsicherer Mann eine derart von Komplexen gequälte junge Frau herangezogen haben mochte.

„Du hast ihr doch nicht etwa von unserem kleinen Arrangement erzählt, oder?“ Da sämtliche Hürden nun genommen waren, sah er keinen Grund, weshalb er nicht vollends auf lästige Formalitäten verzichten sollte.

„Nein.“

„Gut.“ Harold nickte. „Sie würde es ohnehin nicht verstehen. Ihre Mutter und ich haben uns lange wegen ihres mangelnden Privatlebens gesorgt. Als sie noch jünger war, konnten wir es nachvollziehen, doch auch nach der Laserbehandlung hat sie ihr Schneckenhaus nicht verlassen. Außerdem hat sie jeden Versuch von Lydia und mir vereitelt, ihr Männer vorzustellen.“

Laserbehandlung? Er würde Catherine danach fragen müssen. „Sie legt großen Wert auf ihre Unabhängigkeit.“

„Ja. Sie kann ziemlich dickköpfig sein.“

Hakim konnte sich kaum denken, dass die schüchterne Catherine eigenwillig sein sollte, aber er hatte keine Lust, ihrem Vater zu widersprechen. „Ist deine Frau über den Vertrag zwischen meinem Onkel und deiner Firma informiert?“

„Nicht im Einzelnen. Ich habe ihr bloß mitgeteilt, dass ich versuchen würde, einen Ehemann für Catherine aufzutreiben. Von der geschäftlichen Seite hat sie genauso wenig Ahnung wie meine Tochter. Die meisten Frauen sind hoffnungslose Romantikerinnen.“

„Du kennst deine Familie sicher am besten.“ Seine Schwester wusste bis auf die letzte Münze, welche Mitgift bei ihrer Hochzeit mit einem Beduinenprinz aus dem Stamm ihres Vaters gezahlt worden war.

Trotzdem hatte sie an ihrem Hochzeitstag vor Glück gestrahlt. Hakim wollte, dass seine Braut ebenso empfand, und wenn das Verschweigen gewisser Details ihrer Unbeschwertheit zuträglich war, würde er kein Wort darüber verlieren.

5. KAPITEL

Hakim gefielen das unaufdringliche Ambiente und die Queen-Anne-Möbel im Stadthaus der Bennings. Catherines Mutter Lydia hatte einen exzellenten Geschmack, und der zeigte sich vom glänzenden schwarzen Flügel im Wohnzimmer bis hin zur dezenten Polsterung der Esszimmerstühle.

Man saß jetzt bei Tisch und beendete gerade das Dessert. Der Abend war überaus informativ gewesen. Catherines Mutter und Schwester hätten mit ihrer zierlichen Figur, dem hellblonden Haar und den grauen Augen Zwillinge sein können. Und während Catherine und ihre Schwester einander offenbar sehr nahe standen, herrschte zwischen Mutter und Tochter eine sonderbare Distanz.

Dennoch schien Lydia Benning aufrichtig erfreut über das Glück ihrer Tochter. Und Catherine war glücklich! Sie strahlte förmlich von innen heraus, immer wieder umspielte ein verträumtes Lächeln ihre Lippen.

Hakim beobachtete, wie sie einen Bissen von der Crème brulée nahm. Sein Blutdruck schoss in die Höhe, als sie die Augen schloss und den Löffel ableckte. An ihrem Mundwinkel hing ein Zuckerkrümel. Hakim beugte sich vor und wischte ihn sanft mit der Fingerspitze weg. Sie ließ ihn regungslos gewähren, und plötzlich wurde das, was soeben völlig harmlos gewesen war, gefährlich, denn in ihren Augen spiegelte sich das gleiche Verlangen wider, das auch er empfand.

Das Lachen ringsum durchbrach den sinnlichen Zauber.

„Die Hochzeit sollte möglichst schnell stattfinden, falls diese Blicke irgendetwas zu bedeuten haben“, meinte Vance amüsiert.

Hakim pflichtete ihm aus vollem Herzen bei. „Ich glaube, die Wartezeit im Staat Washington beträgt eine Woche.“

„Genau genommen sind es drei Tage“, warf Catherine zaghaft ein. „Aber das macht keinen Unterschied. Es dauert mindestens sechs Wochen, bis die kirchliche Trauung organisiert ist.“

Hakim wandte sich zu seiner Braut um. Ihre Blicke trafen sich wieder. Das Blau ihrer Augen erinnerte ihn an den Nachthimmel über der Wüste. „Willst du wirklich eine aufwendige Zeremonie?“

Es war ihr sichtlich unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen. „Warum nicht?“

Ihre Frage überraschte ihn. „Hast du die Versammlung der astronomischen Gesellschaft vergessen, die wir gemeinsam besucht haben?“

„Was hat das mit unserer Hochzeit zu tun?“

„Du hast dich geweigert, das Teleskop anzusehen, weil du dazu vor allen Anwesenden hättest auf die Bühne gehen müssen.“ Sie hatte es zwar damals geleugnet, aber es war unverkennbar gewesen, dass ihre Schüchternheit sie zurückgehalten hatte. „Du hast am ganzen Leib gezittert, als du bei der Wohltätigkeitsveranstaltung ein paar Worte gesagt hast. Vor einigen hundert Hochzeitsgästen wärst du ein Nervenbündel.“

Ihre Euphorie schien ein wenig zu schwinden. „Du willst eine zivilrechtliche Trauung?“

Der Gedanke, vor einen Friedensrichter zu treten, behagte ihr offenbar weniger. „Falls es dir lieber ist, können wir unter der Woche eine Zeremonie mit einem Geistlichen arrangieren.“

Obwohl ihre Augen kurz aufleuchteten, lächelte sie nicht dankbar, wie er es erwartet hatte. Im Gegenteil, ihr Lächeln verflog gänzlich.

„Du hast nichts gegen eine kirchliche Hochzeit einzuwenden?“, erkundigte Vance sich.

„Der Stamm meines Großvaters gehört zu den zahlreichen Beduinenstämmen, die bereits vor Jahrhunderten zum Christentum übergetreten sind.“

„Ich dachte, alle Beduinen würden dem Islam anhängen“, bemerkte Felicity.

„Nicht alle.“ Hakim hatte keine Lust, sich in eine Diskussion über die unterschiedlichen Glaubensrichtungen der Beduinen verwickeln zu lassen. Er wollte, dass Catherine wieder lächelte. „Du bist mit einer kleinen Feier zufrieden, oder?“

Männern wie Hakim muss ein gewisses Maß an Arroganz angeboren sein. Selbst seine Frage klingt wie ein Befehl.

Was sollte sie darauf antworten? Dass sie schon als kleines Mädchen von ihrer Hochzeit geträumt hatte? Dass diese Träume sich keineswegs um eine armselige Trauung mitten in der Woche gedreht hatten, bei der ihre Familie die einzigen Gäste waren?

Er hatte recht. Angesichts ihrer Abneigung, im Mittelpunkt zu stehen, hatte er keinen Grund zu der Annahme, dass sie mehr als ein paar Worte vor dem Friedensrichter wollte.

Aber in ihrer Fantasie existierte keine Furcht, und die Erkenntnis, dass Hakim sie heiraten wollte, hatte ihr Selbstvertrauen verliehen. Er war ein besonderer Mensch. Sexy. Hinreißend. Er war ein Scheich, verdammt! Und er liebte sie. Dieses Wissen hatte in ihr das Verlangen geweckt, ihre geheimsten Herzenswünsche zu erfüllen.

Bevor sie etwas erwidern konnte, berührte er ihre Wange. „Ich will dich zu meiner Frau machen.“

Die unausgesprochene Botschaft war klar. Er wollte mit ihr schlafen, und seinen eigenen Worten zufolge mussten sie damit bis nach der Trauung warten.

Catherine begehrte ihn auch, und zwar noch mehr als jede Märchenhochzeit. Sie rang sich ein Lächeln ab. „In Ordnung.“

„Catherine!“ Felicitys Ausruf klang schockiert und enttäuscht zugleich.

Felicity hätte um jede Blume gekämpft – und hatte es auch getan. Nicht dass Vance ihr die geringste Bitte hinsichtlich der Zeremonie abgeschlagen hätte, dazu war er viel zu verliebt gewesen. Er hatte sich nicht einmal dagegen aufgelehnt, dass Felicity ihre Schwester unbedingt als Brautjungfer hatte haben wollen. Damals hatte Catherines Gesicht ausgesehen, als würde sie unter akuten Windpocken leiden.

Am Ende hatte Catherine darum gebeten, stattdessen die Kerzen anzünden zu dürfen. Sie hatte nicht vor der versammelten Festgemeinde in der Kirche stehen oder auf den Hochzeitsfotos auftauchen wollen.

Rasch verdrängte sie die schmerzlichen Erinnerungen und lächelte ihre ältere Schwester an. „Du kannst mir bei den Vorbereitungen helfen.“

„Liebes, du wolltest eine weiße Kutsche, ein Meer von Blumen, Musik …“

Catherine unterbrach sie, bevor ihre Schwester sämtliche Kindheitsfantasien ausbreitete. „Damals war ich neun Jahre.“

Ein Jahr, bevor sie sich zur Amazone entwickelt hatte, weil sie in einem Sommer um fast fünfzehn Zentimeter gewachsen war. Im September hatte sie ihre Klassenkameraden überragt – sowohl die Jungen als auch die Mädchen. Aus dem einen oder anderen Grund waren die folgenden zehn Jahre die Hölle für ihr Selbstvertrauen gewesen.

„Aber …“

„Willst du morgen mit mir einkaufen gehen? Ich brauche ein Hochzeitskleid.“

Das lenkte Felicity ab. „Natürlich, aber musst du morgen nicht arbeiten?“

„Ich nehme einen Tag frei.“ Das hatte sie noch nie getan, und somit war es längst überfällig.

„Was ist mit den Flitterwochen?“, fragte Vance.

Catherine schüttelte den Kopf. „Nicht möglich.“

„Warum nicht?“, protestierte Hakim. Er hatte beabsichtigt, unmittelbar nach der Trauung mit ihr nach Jawhar zu reisen, um sie seiner Familie vorzustellen.

„Ich kann nicht so überstürzt aus der Bibliothek fort. Wir haben nicht genug Zeit, um meinen Dienst auf die Kollegen zu verteilen.“

„Unsinn. Ich engagiere notfalls eine Aushilfe“, beharrte Harold – sein erster Beitrag zu den Hochzeitsplänen.

„Bibliothekare mit meinem Fachwissen findet man nicht bei der Jobvermittlung, Dad.“

„Du kannst jederzeit kündigen, Liebes.“ Lydia lächelte ihre Tochter besänftigend an. „Wenn ihr erst verheiratet seid, wird Hakim deine ungeteilte Aufmerksamkeit brauchen. Ihr werdet gesellschaftlich Fuß fassen wollen.“

Hakim stimmte mit Lydia überein. Zwar nicht unbedingt, was das Gesellschaftsleben betraf, aber er wollte bei seiner Frau an erster Stelle rangieren. Catherines zusammengepresste Lippen verrieten jedoch, dass sie vom Vorschlag ihrer Mutter nicht viel hielt.

„Ich werde nicht kündigen“, erklärte sie kühl. „Ich mag meinen Job.“

„Und wenn ich dir sage, dass ich es wünsche?“ Hakim wollte ergründen, wie viel seine Braut mit seiner früheren Freundin gemeinsam hatte und ob sie den gleichen beruflichen Ehrgeiz hegte.

„Ist es denn dein Wunsch?“, konterte sie mit ausdrucksloser Miene.

„Ich muss sicher sein können, dass du jederzeit mit mir reisen kannst, wenn es notwendig sein sollte.“

„Wenn ich rechtzeitig Bescheid sage, kann ich mit dir reisen.“

Und eine Woche war zu kurz. „Sobald du deinen Urlaub in der Bibliothek eingereicht hast, müssen wir einen Abstecher nach Jawhar planen. Ich möchte, dass du meine Familie kennenlernst.“

„Kommen sie denn nicht zur Hochzeit her.“ Felicity ließ sich von ihrem Mann Wein nachschenken. „Deine Eltern werden sie doch sicher nicht versäumen wollen.“

„Ich habe nur eine Schwester. Sie und ihr Mann werden sich freuen, meine Gemahlin zu sehen, wenn wir sie in der Wüste von Kadar besuchen.“

„Hast du sonst keine Angehörigen?“, erkundigte Felicity sich.

„Einige. Den Vater meiner Mutter, beispielsweise. Er ist Scheich eines Beduinenstammes. Außerdem den Bruder meines Vaters, den König von Jawhar und seine Familie.“

„Dein Onkel ist König?“, fragte Felicity mit großen Augen.

„Ja.“ Er hob Catherines Hand an die Lippen und küsste sie. „Großvater wird begeistert sein. Er hat mich zum Heiraten gedrängt, seit ich die Universität verlassen habe.“

Der alte Mann hatte natürlich geglaubt, eine Ehe würde Hakim nach Hause zurückbringen, doch das würde nicht passieren.

Felicity ließ nicht locker. „Warum kann deine Familie nicht kommen?“

„In Jawhar gibt es eine Bande von Unruhestiftern, die gegen die Regentschaft meines Onkel kämpfen. Er will das Land jetzt nicht verlassen, weil er fürchtet, die Rebellen könnten die Macht an sich reißen.“

„Ich dachte, deine Familie würde seit Jahrhunderten die Scheichs stellen“, warf Catherine verwirrt ein. „Mich wundert, dass es nach all den Jahren eine ernsthafte Opposition geben soll. Dein Onkel wird vom Volk geliebt.“

Sie hatte sich über sein Land informiert. Diese Erkenntnis gefiel ihm. „Das stimmt. Nichtsdestotrotz kommt immer wieder Streit auf. Vor zwanzig Jahren gab es einen Putschversuch. Er scheiterte, aber viele Menschen wurden dabei getötet.“ Wie meine Eltern.

„Was hat das mit heute zu tun?“, fragte sie.

„Die überlebenden Rebellen sammeln seit fünf Jahren Kräfte außerhalb Jawhars. Mein Onkel ist besorgt, dass man erneut versuchen wird, unsere Familie zu vertreiben. Weder er noch meine Cousins können jetzt eine Reise riskieren.“

„Was ist mit deiner Schwester?“

„Sie ist mit einem Mann verheiratet, der eines Tages die Nachfolge meines Großvaters als Stammesoberhaupt antreten wird. Du wirst sie treffen, wenn wir zu unserer Beduinenhochzeit in die Wüste fahren.“

„Wir werden in Jawhar ein zweites Mal heiraten?“

„Ja.“ Dies erforderte der Respekt vor seinem Großvater.

Catherine schwieg auf der Heimfahrt zu ihrem Apartment. Hakim und sie wollten gleich am nächsten Morgen die Ehelizenz beantragen. Es fiel ihr noch immer schwer, sich mit einer zivilrechtlichen Trauung abzufinden. Vor ihrem geistigen Auge erschien das Bild ihrer Traumhochzeit.

Sie stand in einem Gewand aus kostbarer Spitze vor dem Altar, und Hakim blickte sie an, wie ein Mann nur die Frau anschauen konnte, die er aus ganzem Herzen liebte. Sie waren von Kerzen und Blumen umgeben. Ein Meer von Blüten, allesamt weiß und von vollendeter Schönheit.

Ein leises Seufzen entrang sich ihren Lippen.

„Woran denkst du, Catherine?“

Sie war so in ihren Traum versunken, dass sie antwortete, ohne zu überlegen. „An Blumen. Unmengen von Blumen.“

Als sie merkte, was sie gesagt hatte, errötete sie. Glücklicherweise war es im Wagen dunkel, so dass Hakim es nicht sehen konnte.

„Erzähl mir von der weißen Kutsche und der Blütenpracht, von der deine Schwester gesprochen hat.“

„Das war nur etwas, das wir uns als Kinder ausgemalt haben.“

„Und woran du jetzt denkst.“ Er klang resigniert. „Erzähl es mir, Catherine. Ich möchte es hören.“

Warum nicht? Er hatte danach gefragt. Sie hatte schließlich nicht verlangt, dass er ihre kindische Fantasie wahr machte. „Felicity und ich haben oft davon geredet, wie unsere Traumhochzeit sein müsste. Ich glaube, viele kleine Mädchen träumen von einem wunderschönen Kleid und einer Fahrt in der Kutsche an der Seite ihres Märchenprinzen. Es waren Hirngespinste und nichts, was auf unsere Trauung zutrifft.“

„Bin ich nicht dein Märchenprinz?“

Sie lächelte. „Nun ja, du bist Prinz von Jawhar, und du bist reich. Man könnte dich durchaus als meinen Märchenprinz bezeichnen.“

„Du findest also nur die Traumhochzeit unmöglich.“

„Man kann so etwas nicht innerhalb einer Woche organisieren.“ Ein wehmütiger Unterton schwang in ihren Worten mit.

„Es würde mindestens sechs Wochen dauern?“ Er erinnerte sich an ihre Bemerkung beim Dinner.

„Ich weiß nicht.“ Catherine hatte nie eine solche Feier geplant, und Felicitys Zeremonie war über mehrere Monate arrangiert worden.

„Meinst du, man könnte diese Traumhochzeit in weniger als sechs Wochen inszenieren, wenn du genügend finanzielle Mittel und Hilfe zur Verfügung hättest?“

„Wie viel weniger?“ Worauf wollte er hinaus?

„Könntest du es unter einem Monat schaffen?“

„Heißt das, du wärst bereit zu warten?“

„Es gefällt mir, deine Träume zu verwirklichen.“ Er klang unbeschreiblich arrogant, aber das konnte sie ihm nicht verübeln.

Er verwirklicht meine Träume.

„Drei Wochen?“, schlug sie zögernd vor.

„Und nach der Trauung wirst du ausreichend Urlaub nehmen, um Jawhar zu besuchen?“

Mit drei Wochen Vorlauf konnte sie es einrichten … knapp. „Ja.“

Hakim lächelte strahlend. „Dann ist es abgemacht.“

Das Verlobungsdinner glich eher einer Party. Catherines Mutter hatte hundert ihrer engsten Freunde und Verwandten eingeladen und ein Nobelrestaurant in Seattle gemietet, das über ein Orchester und eine Tanzfläche verfügte.

Catherine tanzte mit ihrem Vater und lauschte seinem Vortrag über Hakims Vorzüge.

„Der Junge hat einen ausgeprägten Geschäftssinn.“

Es amüsierte sie, dass er Hakim als Jungen bezeichnete.

„Er ist rücksichtsvoll. Vergiss nie, wie schnell er seine Meinung über die Hochzeit geändert hat.“

Sie lachte leise. „Du musst mir Hakim nicht verkaufen, Dad. Er ist keiner deiner Heiratskandidaten.“ Zum Glück nicht. „Ich habe ihn mir ausgesucht, und er hat mich gewählt. Ich will ihn heiraten.“

Es erfüllte sie mit tiefer Zufriedenheit, dass ihr Vater diesmal nicht seine Hände im Spiel gehabt hatte. Hakim hatte sie nicht aus Mitleid ausgeführt oder sich mit ihr verabredet, um die Gunst ihres Vaters zu erringen. Er wollte nichts von ihrem Vater oder von Benning Mining and Excavations. Sein Verlangen nach ihr mochte vielleicht rein physischer Natur sein, aber zumindest galt es ihr. Er begehrte sie, Catherine Marie Benning, und keine andere.

Hakim wartete vor dem Altar auf seine Braut. Orgelmusik erklang, und er wandte sich zu der massiven Eichentür um. Sie schwang auf, und Catherines Schwester erschien.

Ihm stockte der Atem. Sie trug ein cremefarbenes Kleid, das mit gleichfarbigen Stickereien und Perlen nach uraltem arabischem Muster verziert war. Dazu hatte sie einen passenden dünnen Schal über ihr hellblondes Haar geschlungen, so, wie es auch seine Schwester getan hätte.

Hakims Puls raste vor Ungeduld, während er auf Catherine wartete. Er sah kaum das Blumenmädchen, das Rosenblätter auf den weißen Läufer streute, oder den kleinen Pagen im Frack, der die Ringe auf einem Seidenkissen balancierte.

Das Gefolge hatte kaum seine Plätze eingenommen, als die Musik für einige Sekunden verstummte. Dann wurde der Hochzeitsmarsch gespielt. Und plötzlich war sie da, flankiert von zwei mächtigen Türflügeln. Hakim traute seinen Augen kaum. Catherine war es gelungen, Orient und Okzident in betörender Weise zu vereinen.

Das traditionelle weiße Kleid umschmiegte ihren Körper und betonte ihre weiblichen Formen bis zu den Hüften, der weite Rock raschelte bei jedem Schritt, als sie auf Hakim zuging. Der Saum, die mittelalterlichen Ärmel und das viereckige Dekolleté jedoch waren mit einem geometrischen Goldmuster bestickt. Der halb transparente Schleier wies an den Rändern die gleiche Stickerei auf und war in der Tradition seiner Heimat befestigt. Er bedeckte Catherines Gesicht und gab nur ihre blauen Augen frei. Als sie sich näherte, sah Hakim, dass sie sie mit Kajal umrahmt hatte, was seiner scheuen kleinen Blume ein geheimnisvolles Flair verlieh.

Autor

Lucy Monroe
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