Weil du ein zärtlicher Mann bist

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Die ehrgeizige Corinne ist es gewohnt, sich in einer Männerwelt durchzusetzen: Sie ist Astronautin. Und wenn sie mal ganz Frau sein will und Lust auf Sex hat - dann ist es für sie auch kein Problem, einen Partner für eine Nacht zu finden. Aber was sie mit dem Fremden erlebt, der ihr in einem überfüllten Hotel anbietet, sich das Zimmer zu teilen, übertrifft ihre kühnsten Erwartungen. Denn er ist nicht nur ein unglaublich guter Liebhaber, sondern schenkt ihr das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Trotzdem ist sie am nächsten Morgen, als er erwacht, bereits wieder auf dem Weg. Ein wichtiger Auftrag wartet - sie soll den neuen Piloten für die nächste Weltraummission ausbilden. Corinne ahnt nicht, wie gut sie Mike Wright bereits kennt ...


  • Erscheinungstag 26.01.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745615
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Er würde niemals den ersten Blick auf sie vergessen. Und auch nicht den zweiten. Sie kam herein, als gehörte ihr die Bar, und trotz des Trubels um ihn herum, bemerkte Mike Wright sie sofort.

Es hatte sich ihm alles unauslöschlich eingeprägt: das heftige Gewitter draußen, der Regen, der gegen die beschlagenen Fenster der Hotelbar prasselte, die Lampen, die bei jedem Blitz und Donner flackerten, das laute Dröhnen der Musik von Bruce Springsteen, die aus den Lautsprechern an der Wand ertönte, und die noch lauteren Stimmen der Menschen um ihn herum, die redeten, lachten und flirteten.

Er war völlig in Gedanken versunken gewesen, bevor er sie sah, beschäftigt mit dem glücklichen Umstand, der ihn hier nach Huntsville in Alabama verschlagen hatte: Es betraf seine Lebensaufgabe, das Fliegen eines Spaceshuttles. Der erste Pilot der STS-124 hatte sich beim Fallschirmspringen ein Bein gebrochen, und sein Ersatzmann war an Hepatitis erkrankt. Übrig blieb Mike, der somit vom zweiten Ersatzmann an die Spitze gerückt war. Er war aus Russland zurückbeordert worden, wo er die letzten zehn Jahre von der NASA an die russische Raumfahrtbehörde ausgeliehen worden war.

Mike liebte seinen Beruf als Astronaut, liebte sein Leben, in dem er hauptsächlich von Männern umgeben war. Aber er liebte auch die Frauen: sämtliche Frauen, in allen Größen, Farben und Rassen. Doch alles andere verblasste, als sie jetzt in den Raum trat – das Gewitter, die Menge, der Lärm, einfach alles.

Sie war völlig durchnässt. Die dunklen Haare klebten ihr am Kopf, die Sachen an ihrem Körper. Noch ein bedauernswertes Opfer des Wetters in Huntsville.

Er fühlte mit ihr, da er gerade aus dem sehr viel beständigeren Kontinentalklima Russlands gekommen war. Aber diese Frau sah nicht aus wie ein bedauernswertes Opfer mit ihrer selbstbewussten, entschlossenen Haltung.

Einfach vom schlechten Wetter überrascht worden, vermutete Mike. Und darüber schien sie jetzt verärgert zu sein. Amüsiert sah er ihr dabei zu, wie sie sich durch die dichte Menge drängte und die Leute ihr trotz ihrer kleinen Körpergröße Platz machten.

Es mochte daran liegen, dass sie eine Frau war, während es hier in der Bar von Männern wimmelte. Zudem noch von Männern auf der Suche nach einem schnellen Abenteuer. Doch Mike glaubte eher, dass es ihr Auftreten war.

Sie kämpfte sich näher und steuerte direkt auf die Bar und damit zufällig auf ihn zu.

„Etwas Heißes“, bestellte sie beim Barkeeper und legte ihre Tasche und eine Hand auf den Tresen, um einen Platz für sich zu beanspruchen, obwohl es keinen gab. Herausfordernd sah sie sich erst nach links, dann rechts um und wartete offensichtlich darauf, dass jemand sich von seinem Barhocker erhob, damit sie sich setzen konnte.

Grinsend stand Mike auf. „Bitte“, meinte er und deutete auf seinen Hocker.

„Danke.“ Würdevoll und gar nicht so, als sähe sie aus wie eine nasse Katze, nahm sie Platz und warf sich mit einem Ruck das lange Haar zurück. Als der Barkeeper ihr etwas zuschob, das wie Irish Coffee aussah, nickte sie und nippte daran. Und dann seufzte sie. Es war ein sündhaftes Seufzen. Ihre Schultern entspannten sich, als wäre gerade die Last der ganzen Welt von ihr abgefallen.

Nach einer Weile schien sie Mike zu bemerken. Ihr kühler, abschätzender Blick, mit dem sie ihn bedachte, stand im krassen Gegensatz zu ihrem wohlgeformten, sinnlichen Körper.

„Kein Mantel?“, fragte er und bezog sich auf die Tatsache, dass sie nur eine schwarze Seidenbluse und einen Rock trug. Beides klebte vor Nässe an ihr und hätte nicht enger sitzen können, wenn es aufgemalt gewesen wäre. Was eigentlich ein sehr konservatives, geschäftsmäßiges Outfit sein sollte, war zu einem ausgesprochen erotischen Ensemble geworden, zumal sie über Kurven verfügte, die einen erwachsenen Mann auf die Knie zwingen und zum Betteln bringen konnten.

„Jemand hat ihn mir auf dem Flughafen gestohlen.“ Sie verzog abfällig das Gesicht. „Ich hasse Flughäfen. Sagen wir einfach, dass dies ein Tag ist, den ich gern vergessen möchte.“

Sie besaß nicht den schleppenden Südstaatenakzent der meisten anderen Menschen hier in der Bar. Also auch eine Fremde, genau wie er. „Sie sind wohl vom Gewitter überrascht worden, was?“

„Ja, und ich hasse Überraschungen.“

Ihre Stimme war ebenfalls kühl. Tief und ein wenig heiser. Aber zusammen mit all den anderen weiblichen Attributen stellte die Frau eine unwiderstehliche Mischung aus Gegensätzen dar. Feuer und Eis. Unnahbar und gleichzeitig höllisch sexy.

Obwohl Mike eigentlich nur vorgehabt hatte, ein Bier zu trinken, bevor er auf sein Zimmer gehen und noch einmal gründlich ausschlafen wollte, ehe die stressige Woche begann, blieb er, wo er war, auch wenn sein Glas bereits leer war. Und als der Typ hinter ihm seinen Barhocker frei machte, setzte Mike sich wieder.

„Geben Sie sich keine Mühe“, sagte die Frau, ohne ihn anzuschauen, während sie weiterhin an ihrem Irish Coffee nippte.

Mike setzte sich etwas bequemer hin und fragte lächelnd: „Wobei soll ich mir keine Mühe geben?“

„Versuchen Sie gar nicht erst, Ihren Charme spielen zu lassen, um mich ins Bett zu locken.“

Mike lachte. Die Frau war nicht nur teuflisch sexy, sondern obendrein noch witzig. Eine Seltenheit. „Nun, warum sollte ich das tun?“, fragte er und tat unschuldig, obwohl er jetzt, wo sie ihn auf die Idee gebracht hatte, an nichts anderes mehr denken konnte.

„Warum? Hm. Vielleicht, weil ich Brüste habe? Ich weiß es nicht.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Aber das Anmachen scheint mir eine genetisch bedingte männliche Krankheit zu sein.“

Wieder musste Mike lachen. „Sie meinen, ich kann nichts dafür? Das ist ja praktisch eine Entschuldigung.“

Ihre Mundwinkel zuckten. „Das stimmt. Als Mann können Sie einfach nicht anders. Sie sind ein Sklave Ihrer körperlichen Gelüste. Wird Ihnen das helfen, heute Nacht Schlaf zu finden?“

„Oh ja. Vielen Dank.“ Mike lehnte sich etwas zurück und betrachtete sie sich genauer. So langsam schien es ihr warm zu werden, zweifellos durch den Drink, denn ihre Wangen begannen sich zu röten. Und als sie jetzt die Beine übereinanderschlug – ausgesprochen hübsche Beine, wie er nicht umhin konnte festzustellen –, sah er, dass ihre Kleidung auch langsam zu trocknen begann.

„Um ehrlich zu sein“, sagte er, „hatte ich gar nicht die Absicht, Sie zu verführen.“

Sie warf ihm einen zweifelnden Blick zu.

„Wirklich.“ Er hob beschwörend die Hände. „Bevor Sie kamen, wollte ich einfach nur ins Bett gehen.“

„Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten.“

Doch genau das tat sie, wenn auch unbewusst. Und das lag nicht nur daran, dass ihre Brustspitzen sich unter der Bluse deutlich abzeichneten oder dass ihr Rock sich um ihre perfekt geformten Hüften spannte. Auch nicht, dass sie sündhaft duftete oder dass er instinktiv wusste, wie ihre Haut sich anfühlen würde und geradezu darauf zu warten schien, dass er sie mit seinen Händen und seinem Mund wärmte. Er hätte gar nicht genau sagen können, was ihn so sehr an ihr faszinierte, dass er auf seinem Hocker wie festgewachsen sitzen blieb.

An seinem Heimatland hingegen faszinierte ihn alles, und er genoss es, wieder hier zu sein, nachdem er so lange fort gewesen war. Auch wenn er in der nächsten Zeit keine freie Minute hätte, denn auf ihn wartete ein umfangreiches Training, das ihn Tag und Nacht bis zum Start, der schon in vier Monaten erfolgen sollte, in Atem halten würde. Zudem wäre er weit weg von zu Hause, doch in letzter Zeit lebte er ohnehin meist nur aus dem Koffer. Ehrlich gesagt, wusste er nicht einmal mehr genau, wo sein Zuhause war. Er und seine vier Brüder standen sich nahe, aber sie lebten alle in anderen Ländern und arbeiteten in unterschiedlichen militärischen Bereichen. Genau wie sein Vater.

Seine Mutter, eine geborene Russin, war gestorben, als Mike – den sie Mikhail genannt hatte – noch sehr klein gewesen war. Das war vermutlich auch der Grund dafür, dass er die Chance ergriffen hatte, nach Russland zu gehen und am Luftfahrtprogramm für die Internationale Raumstation mitzuarbeiten. Er liebte den besonderen Lebensstil, den sein Beruf mit sich brachte, doch plötzlich wurde ihm bewusst, wie selten er in letzter Zeit die Gesellschaft von Frauen genossen hatte.

Ein greller Blitz ließ die Gäste der Bar kurz verstummen. Ein gewaltiger Donnerschlag folgte, und nach einem weiteren Augenblick des Schweigens herrschte wieder der übliche Lärmpegel.

Wie auf ein Stichwort schob die Frau ihren Drink zur Seite, schüttelte sich, als ob sie fröre, und rieb sich die Arme. „Nun denn, zurück an die Arbeit“, sagte sie mit einem Seufzer.

Ja, das sollte er eigentlich auch. Er musste noch eine Menge Sachen lesen. Von jetzt bis zum Start würde er nur für diese Weltraummission leben, und er würde wie verrückt arbeiten müssen, um mit dem Rest der Mannschaft – die er bisher noch nicht getroffen hatte – aufholen zu können, da diese schon seit über einem Jahr zusammen trainierte. Er freute sich bereits auf seine Kollegen, doch in dem Moment, wo die Frau neben ihm sich erneut schüttelte, traten die Arbeit und alles, was damit zusammenhing, in den Hintergrund.

„Sie müssen um diese Uhrzeit noch arbeiten? Was machen Sie denn?“, fragte er neugierig, zog sich seine Jacke aus und legte sie ihr um die Schultern. Der strafende Blick, den sie ihm zuwarf, ließ ihn seine Hände sofort wieder zurücknehmen.

„Danke. Ich muss noch etwas lesen“, erwiderte sie und kuschelte sich in die Jacke.

„Lesen?“

„Ich möchte jetzt nicht darüber reden.“

„Also empfindlich in Bezug auf die Arbeit“, stellte er fest und nickte zustimmend. „Okay, ich hab’s zur Kenntnis genommen.“

„Dann ist es ja gut.“

„Wie ist es mit Ihrem Namen? Sind Sie da auch so empfindlich?“

Sie griff noch einmal nach ihrem Drink, legte den Kopf in den Nacken und trank den Rest aus. Dann stellte sie das Glas wieder ab und fuhr sich in einer unbewussten, aber ungeheuer sinnlichen Geste mit der Zunge über die Lippen. Mike unterdrückte ein Aufstöhnen.

„Heute Abend bin ich in jeder Beziehung empfindlich“, entgegnete sie, machte aber keine Anstalten, jetzt empört aufzustehen. „Ich will weder über meinen Job, meinen Namen noch mein Leben reden. Und genauso wenig über Politik oder irgendwelche Schlagzeilen.“ Sie sah ihn beinahe provozierend an. „Na, wollen Sie sich immer noch mit mir unterhalten, oder habe ich Sie jetzt abgeschreckt?“

Wenn sie ihn herausfordern wollte, dann war sie an den Richtigen geraten. Er war als jüngster von vier Brüdern in einer Familie aufgewachsen, von der viele Mitglieder fürs Militär arbeiteten, und war noch nie in seinem Leben einer Herausforderung aus dem Weg gegangen.

Wieder zuckte ein Blitz über den Himmel, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnerschlag, und in der Bar waren einige Aufschreie zu hören.

Doch die Frau neben ihm blieb ungerührt, den Blick eindringlich auf ihn gerichtet, sodass Mike den allgemeinen Tumult um sich herum kaum wahrnahm. Nur aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass immer mehr Menschen von draußen hereinströmten. Was ihm im Grunde nur recht war, denn so wurde er näher an die Frau gedrängt. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass sie ja noch immer auf seine Antwort wartete.

„So leicht lass ich mich nicht abschrecken“, sagte er.

„Dann muss ich heute wohl nicht in Form sein.“

„Verraten Sie mir wenigstens, wie Sie heißen.“

„Warum?“

„Ich habe das Bedürfnis, Sie irgendwie anzureden.“

„In Ordnung. Nennen Sie mich einfach Lola.“ Sie hob eine Augenbraue, eine Geste, die entweder Provokation oder trockenen Humor auszudrücken schien. „Ja, Lola ist für heute Abend der richtige Name.“

Mike musterte sie amüsiert. Anscheinend war es ihr jetzt wieder warm geworden, denn ihr Gesicht glühte, und ihr Haar begann sich immer mehr zu kräuseln, je trockener es wurde. Einzelne Locken fielen ihr immer wieder in die Stirn, obwohl sie sie ständig zurückstrich.

„Normalerweise haben die Männer Angst vor mir“, erzählte sie ihm wie beiläufig. „Ich stehe bei der Arbeit in dem Ruf, ziemlich streng zu sein.“

„Aber wir reden heute Abend ja nicht über die Arbeit, schon vergessen? Und auch nicht über Ihren wirklichen Namen, Ihr Leben, Politik oder Schlagzeilen.“

Als sie merkte, dass er ihre eigenen Worte benutze, verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln. „Sie sind kein Einheimischer. Sie haben nicht diese typische langsame Art der Menschen hier. Auch nicht diesen Akzent. Ich meine, diese gedehnte Sprechweise und das herausfordernde Lächeln, das so viele Frauen schwach werden lässt.“

Er schenkte ihr ein betont aufreizendes Lächeln und imitierte den Alabama-Akzent perfekt, als er sagte: „Das kann ich auch, wenn es Sie anmacht.“

„Ist es echt?“

„Das Lächeln? Oder der Akzent?“

„Beides, meine ich.“

„Versuchen Sie gerade, Ihren Charme spielen zu lassen?“

„Sie haben ja ein gutes Gedächtnis“, konterte sie, musste aber wider Willen lächeln. „Ich sollte vermeiden, Dinge zu sagen, mit denen Sie sich über mich lustig machen können.“

„Ich mache mich nicht über Sie lustig“, versicherte Mike ihr. „Jedenfalls nicht sehr.“

„Hm.“ Sie warf ihm einen Seitenblick zu. „Sie haben sich erfolgreich darum gedrückt, mir zu verraten, ob Sie ein Einheimischer sind.“

„Vielleicht möchte ich wie Sie heute anonym bleiben.“ Ohne nachzudenken, hob er eine Hand und strich ihr über die Wange.

Sie erstarrte, als hätte die Berührung sie genauso erschüttert wie ihn. Denn er war auf jeden Fall erschüttert. Er hatte schon viele Frauen berührt, von denen er manche auch nicht länger gekannt hatte als diese „Lola“, aber noch nie hatte sein ganzer Körper so heftig reagiert.

Stumm betrachtete sie sein Gesicht, als wollte sie darin nach etwas suchen. Nach Ehrlichkeit?

Er war ehrlich. Hier, inmitten der Menschenmenge, saß er und wollte ebenfalls nicht an die Arbeit erinnert werden, wollte nur die Gesellschaft dieser faszinierenden Frau genießen.

Sie war anscheinend zu einer Beurteilung bezüglich seiner Person gekommen. Sie nickte, wechselte mit einer lasziven Bewegung die übereinandergeschlagenen Beine, und einen Augenblick lang drängte sich ihm die Frage auf, wie sich ihre Beine wohl ohne die schwarze Strumpfhose, die sie trug, anfühlen würden.

„Noch einen Drink?“

Sie schüttelte den Kopf. „Keinen Alkohol. Auf diese Weise werden sich heute Abend einige in Bedrängnis bringen.“ Sie sah sich um. „Schauen Sie sich die Frauen hier an. Sie trinken aus Einsamkeit. Und dadurch werden sie leichte Beute für all die Männer, die sie bereits lauernd beobachten.“

„Vielleicht möchten sie ja gern Beute sein.“

Ein Seufzen entfuhr ihr, ein Laut … voller Sehnsucht? „Ja“, sagte sie so leise, dass er sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen. „Vielleicht. Vielleicht wissen sie einfach nicht, wie sie es sich anders holen sollten, was sie brauchen, auch wenn es unpraktisch ist.“

„Reden wir hier von Sex?“ Er grinste, als sie irritiert eine Augenbraue hob. „Denn Sex kann doch ziemlich praktisch sein. Zum einen baut es auf wunderbare Weise Stress ab. Zum anderen ist es eine tolle Betätigung.“

Ihre Lippen zuckten. „Sie sprechen ganz offensichtlich aus Erfahrung.“

„Ein Mann genießt und schweigt.“

Seine Antwort brachte sie zum Lachen, doch es klang etwas eingerostet, so als würde sie es nicht oft tun. „Ich muss mir jetzt ein Zimmer besorgen“, sagte sie unvermittelt und griff nach ihrer Tasche. „Hoffentlich ist die Schlange an der Rezeption nicht mehr so lang wie vorhin.“

Er schaute sich um und merkte, dass sich die Bar in der Zwischenzeit gefüllt hatte. „Sie haben noch kein Zimmer?“

„Nein, ich wollte mich erst einmal aufwärmen.“

Das waren ihre letzten Worte, bevor das Licht ausging.

„Keine Angst“, erklärte die tiefe, sinnliche Stimme des Fremden. „Ich bin bei Ihnen.“

Und das war in der Tat. Er war von seinem Barhocker gerutscht, hatte sich direkt neben sie gestellt und tastete nach ihrer Hand. Corinne konnte direkt die Hitze spüren, die sein großer, schlanker und dennoch muskulöser Körper ausstrahlte.

Trotzdem war er nicht ihr Typ.

Was beinahe lächerlich war, denn ihre letzte Beziehung lag schon so weit zurück, dass sie gar nicht mehr wusste, was für einen Typ sie bevorzugte. Bei ihrer Arbeit jedoch wäre ein Mann mit solch einem frechen, wissenden Lächeln und solch einer lässigen Art auf jeden Fall unpassend gewesen.

Aber hier war es das Gegenteil.

Bei der Arbeit war sie ernst, gewissenhaft, und … okay, eine Perfektionistin. Das gab sie gern zu. Sie war keine sinnliche Natur, ganz und gar nicht. Genau genommen neigte sie dazu, ihre Weiblichkeit und die damit verbundenen Bedürfnisse zu ignorieren, da sie in einer reinen Männerwelt arbeitete.

Und ausgerechnet jetzt musste ihre Libido aufbegehren.

„Der Stromausfall wird bestimmt gleich wieder vorbei sein“, versicherte ihr der Unbekannte mit ruhiger Stimme, während um sie herum alle in helle Aufregung zu geraten schienen. „Kein Anlass zur Sorge.“

Corinne machte sich gar keine Sorgen, und das lag nicht an den beruhigenden Worten des Unbekannten, sondern einfach an der Tatsache, dass sie sich niemals um etwas sorgte, was außerhalb ihrer Kontrolle war. Das war reine Zeitverschwendung, und sie hasste es, etwas zu verschwenden, vor allem ihre Zeit.

Einer der Gäste, die fluchtartig die Bar verließen, stieß sie fast vom Hocker. Sie holte tief Luft. Wenn sie nicht wegen einer sehr wichtigen Aufgabe aus Houston hierher hätte kommen müssen, würde sie gar nicht jetzt in diesem Tollhaus feststecken. Sie sollte hier ihren neuen Piloten treffen. Danach gab es hoffentlich keine weiteren Verzögerungen bei ihrem Projekt, der Leitung des nächsten Raumfluges STS-124. So, wie die Dinge lagen, würden sie alle sehr hart arbeiten müssen, um den Ersatzpiloten ins Team zu integrieren.

Wegen der wütenden, verschreckten und aufgeregten Stimmen um sie herum vermutete Corinne, dass das Ganze in eine Panik auszuarten drohte. Sie vergab daher demjenigen, der sie fast vom Hocker gestoßen hatte. Aber sie hatte nicht vor, sich noch einmal anrempeln zu lassen.

„Ich werde mich jetzt zur Rezeption vorkämpfen“, sagte sie entschlossen und drehte den Kopf in die Richtung, in der sie ihren Unbekannten vermutete. Sich in dem Tumult Gehör zu verschaffen war nicht ganz einfach. Deshalb beugte sie sich noch etwas weiter vor und rief laut: „Ich werde mir ein Zimmer nehmen und den Stromausfall einfach ausschlafen. Oh, Entschuldigung!“ Sie hatte ihn beim Sprechen mit den Lippen berührt. Sein Ohr, dachte sie, obwohl es ihr plötzlich schwerfiel, überhaupt zu denken, denn diese Berührung hatte etwas in ihr geweckt: Lust.

Sie registrierte die Tatsache und speicherte sie in ihrem eher technisch orientierten Gehirn. Aber es änderte nichts an dem Phänomen.

„Ich komme mit Ihnen.“ Mehr sagte er nicht, aber in der Dunkelheit schien seine Stimme noch tiefer, noch heiserer und sinnlicher, wenn das überhaupt möglich war. Ehe sie dagegen protestieren konnte, hatte er sie bei der Hand genommen und zog sie hinter sich her zum Ausgang.

Inzwischen herrschte nicht mehr völlige Dunkelheit. Der Generator war zwar noch nicht angesprungen, doch der Barkeeper hatte Kerzen auf dem Tresen aufgestellt und versuchte sein Möglichstes, um die Leute zu beruhigen.

Hand in Hand mit dem Unbekannten, folgte Corinne ihm. Ein merkwürdiges Gefühl, jemandem zu folgen, etwas, was sie als geborene Führungskraft nur selten tat. Doch dieser Mann erschien ihr aufrichtig, also ließ sie es zu, dass er sich mit ihr einen Weg durch die Menge bahnte. Sie musste zugeben, dass es ihr ausnahmsweise einmal gefiel, sich jemandem anzuvertrauen. Zum einen roch er äußerst angenehm, zum anderen konnte sie selbst in dem schwachen Kerzenlicht seine breiten Schultern und seinen kräftigen Rücken ausmachen. Wenn nur das Licht ein wenig besser wäre, könnte sie auch seinen nicht zu verachtenden Po …

„Oh, oh“, sagte er und blieb so abrupt stehen, dass sie in ihn hineinrannte. Er drehte sich zu ihr um, umfasste ihre Taille und hielt sie mühelos fest, als sie fast ihr Gleichgewicht verloren hätte. „Sieht so aus, als wären ein paar Leute schneller gewesen.“

Er hatte recht.

Die Lobby des Hotels wurde von Kerzen und batteriebetriebenen Lampen in ein fast surreales Licht getaucht. Die Empfangsdame hinter dem Tresen war angesichts der nicht enden wollenden Menschenschlange, die jetzt aus der Bar herauskam, einer Hysterie nahe.

In weniger als drei Minuten hatte sich jedoch die Schlange aufgelöst. Ein schlechtes Zeichen. Um sie herum nahm das unzufriedene Gemurmel zu, eine Imitation des Gewitters draußen, während Wind und Regen gegen die Fenster peitschten und es fast unmöglich machten, etwas zu verstehen.

Aber nur fast.

„Sie haben keine freien Zimmer mehr“, stöhnte die Frau vor ihnen. „Und nun?“

Corinne lauschte auf das Heulen des Sturms, und Unmut überkam sie. Der Gedanke, wieder hinausgehen zu müssen, um sich eine andere Bleibe zum Schlafen zu suchen, behagte ihr ganz und gar nicht. Verflixt, sie war gerade einigermaßen trocken geworden. Dass sie ihrer Assistentin gesagt hatte, sie brauche sich nicht um eine Zimmerreservierung für diese eine Nacht zu kümmern, weil sie am nächsten Tag ihr Zimmer auf dem Luftwaffenstützpunkt beziehen konnte, stellte sich jetzt als ziemlich leichtsinnig heraus. Energisch drängelte sie sich an den immer noch wartenden Menschen vorbei und marschierte zur Rezeption. „Ich möchte ein Zimmer“, erklärte sie der fast in Tränen aufgelösten Empfangsdame kühl.

Die Frau schluckte nur.

Corinne überlegte kurz, ob sie die Frau ermahnen sollte, sich gefälligst zusammenzureißen. Sie sollte den Leuten helfen, anderswo ein Zimmer zu finden, oder zumindest ein wenig selbstsicherer auftreten, damit die anderen aufhörten, sie anzubrüllen. Doch sie entschied dann, dass es sinnlos wäre. „Prüfen Sie noch einmal nach, ob etwas frei ist“, sagte sie stattdessen in ruhigem, aber bestimmten Ton. „Ich nehme alles.“

Der Fremde stand plötzlich neben ihr und legte ihr ganz sanft eine Hand ins Kreuz. Bei der Berührung erbebte Corinne, und ihre Knie wurden weich.

„Ich glaube nicht, dass sie noch etwas frei hat“, flüsterte er ihr ins Ohr und rief damit ein weiteres kleines Beben in ihr hervor. „Selbst wenn sie noch ein Zimmer hätte, ist sie jetzt viel zu aufgeregt, um es zu finden.“

Corinne seufzte und schmiegte sich gegen die Hand, die ganz sanft den schmerzenden Punkt in ihrem Kreuz massierte. Sie schaffte es gerade noch, ein wohliges Stöhnen zu unterdrücken, ehe sie die Schultern straffte. „Ich weiß“, sagte sie und sah hinter sich zu der Doppeltür, die hinaus in die schwarze Nacht führte. In diesem Moment öffnete sie sich, und noch mehr Menschen strömten Schutz suchend herein. Regen und Wind traf all jene, die sich in der Nähe des Eingangs befanden. „Also heißt es, wieder hinaus ins Gewitter.“ Sie seufzte. „Und ein anderes Hotel suchen.“ Sie würde sich ein Taxi nehmen müssen, was bei diesem Wetter nicht ganz einfach wäre, und innerhalb von zwei Sekunden wieder nass bis auf die Haut sein. Der Gedanke war nicht gerade verlockend, aber sie hatte keine andere Wahl und brauchte nicht über das Unabänderliche zu klagen.

Sie wandte sich wieder ihrem Unbekannten zu, um sich von ihm zu verabschieden, da sagte er:

„Ich habe ein Zimmer und würde es gern mit Ihnen teilen.“

2. KAPITEL

Corinne starrte den Fremden an und suchte nach Worten. Trotz des Dämmerlichtes wusste sie, dass er sie jetzt intensiv ansah. Sie spürte es einfach, und instinktiv zog sie seine wärmende Jacke enger um sich.

Diesmal jedoch nicht wegen der Kälte, sondern aus viel komplizierteren Gründen.

Eine andere Frau trat hinter den Tresen zu der nervösen jungen Empfangsdame und beanspruchte Corinnes Aufmerksamkeit. „Ich bin die Managerin“, sagte sie zu ihr. „Es tut uns schrecklich leid, dass es so viele Unannehmlichkeiten gibt, aber wie Sie sehen, sind wir im Moment wegen des Stromausfalls nicht in der Lage, Ihnen ein Zimmer zu geben oder Ihnen zu helfen, woanders etwas zu finden. Sie können das Gewitter gern hier bei uns in der Lobby abwarten.“

Corinne überlegte. Das Gewitter abwarten? In dieser kalten, dunklen, lauten Halle zwischen all diesen anderen aufgeregten Menschen?

Oder sollte sie sich doch nach draußen wagen und versuchen, ein Taxi zu erwischen.

Keine der Alternativen sagte ihr besonders zu.

Der Mann neben ihr bewegte sich, nur ein wenig, doch sein Oberschenkel berührte ihren, und alles in ihr wurde starr, dann heiß.

Er hatte ihr sein Zimmer angeboten.

Und sein Bett.

Wahrscheinlich auch seinen Körper.

Autor

Jill Shalvis
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