Wenn Nächte wie Champagner prickeln

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Selene ist die pure Versuchung. Und ausgerechnet zu ihm flieht sie vor ihrem tyrannischen Vater! Für Stefan Ziakas ist die süße Tochter seines Rivalen das ideale Rachewerkzeug. Aber als sie ihn auf seiner Party champagnerselig anstrahlt, ist all sein Zorn verflogen …


  • Erscheinungstag 24.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733736019
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Niemand wird dir Geld leihen, Selene. Sie haben alle zu viel Angst vor deinem Vater.“

„Nicht alle.“ Selene setzte sich auf die Bettkante und streichelte ihrer Mutter über das Haar. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde dich von hier wegbringen.“ Sie sagte „von hier“, meinte aber, wie sie beide wussten, „von ihm“.

„Das sollte eigentlich ich dir versprechen“, erwiderte ihre Mutter kläglich. „Ich hätte ihn schon vor Jahren verlassen sollen. Aber als ich deinen Vater kennengelernt habe, war er so charmant. Alle Frauen rissen sich um ihn, und er hatte nur Augen für mich. Kannst du dir vorstellen, was das für ein Gefühl ist?“

Wie sollte ich, wo ich doch den größten Teil meines Lebens auf dieser Insel gefangen gewesen bin? schoss es Selene durch den Kopf. Aber sie wollte ihrer Mutter nicht noch mehr wehtun. „Es muss sehr aufregend gewesen sein“, sagte sie deshalb. „Er war so reich und mächtig.“ Sie würde niemals den Fehler machen, sich von ihren Gefühlen über den wahren Charakter eines Mannes täuschen lassen.

„Ach, warum reden wir überhaupt von weggehen, wo wir doch genau wissen, dass er uns nie fortlassen wird? Er wird alles tun, um der Welt da draußen das Bild der perfekten Familie zu bieten.“ Ihre Mutter drehte sich mit dem Gesicht zur Wand.

„Wir fragen ihn gar nicht“, meinte Selene unbeirrt. „Es ist unsere Entscheidung. Höchste Zeit, der Welt zu zeigen, dass das Bild von der heilen Familie eine Lüge ist.“

Es wunderte sie nicht, dass ihre Mutter stumm blieb. Zu lange hatte ihr Vater ihr Leben diktiert und kontrolliert.

Trotz der drückenden Sommerhitze und der Tatsache, dass ihr festungsähnliches Heim keine Klimaanlage hatte, fröstelte Selene. Wie viele Jahre dauerte es, bis der Mensch den Glauben verlor, dass es sich lohnte, um sein Leben zu kämpfen? Wie viele Jahre, bevor sich Hoffnung zu Hilflosigkeit wandelte, Zorn zu Duldung und der Widerstandsgeist gebrochen wurde? Wie viele Jahre, bis auch sie sich wie ihre Mutter lieber im Bett mit dem Gesicht zur Wand drehen würde, anstatt sich dem Leben zu stellen?

Hinter den geschlossenen Fensterläden schien die Sonne an einem strahlend blauen Himmel, und das Mittelmeer glitzerte in unwahrscheinlichem Blau. Für viele Menschen waren die griechischen Inseln ein Paradies. Für manche der Inseln mochte das zutreffen. Selene kannte nur diese eine, und Antaxos war alles andere als ein Paradies. Abgeschnitten von den Nachbarinseln durch gefährliche Untiefen, in denen Felsen wie die spitzen Zähne eines Monsters aus dem Meer ragten, und durch den Angst einflößenden Ruf des Eigentümers, kam Antaxos eher der Hölle als dem Himmel gleich.

Fürsorglich deckte Selene ihre Mutter mit dem kühlen Laken zu. „Überlass alles mir.“

„Mach ihn nicht wütend.“

Eine verzweifelte Warnung, die Selene schon so oft gehört hatte, dass sie es gar nicht mehr zählen konnte.

Traurig betrachtete sie ihre Mutter. Deren kühle, nordische Schönheit hatte einst die Aufmerksamkeit des reichen Playboys Stavros Antaxos erregt, und geblendet von Reichtum und Macht, war sie seinem Charme erlegen, ohne zu erkennen, was für ein Despot er eigentlich war.

Eine falsche Wahl, dachte Selene. Ihre Mutter hatte eine falsche Wahl getroffen, und die Folgen hatten dafür gesorgt, dass sie im Lauf der Jahre all ihren Lebensmut verloren hatte. „Reden wir nicht über ihn“, sagte sie aufmunternd. „Ich habe diese Woche eine E-Mail von Hot Spa in Athen bekommen. Erinnerst du dich? Das ist diese gehobene Wellness-Hotelkette mit Häusern auf Kreta, Korfu und Santorini, an die ich Proben meiner Duftkerzen und Seifen geschickt habe. Anscheinend sind die Produkte so gut angekommen, dass drei der besten Kundinnen sogar darauf bestanden haben, sie gegen Zahlung eines beachtlichen Preises mit nach Hause zu nehmen. Hot Spa bittet jetzt, dass ich bei ihnen vorspreche, weil man wegen eines größeren Auftrags verhandeln möchte. Das ist der Durchbruch, auf den ich gehofft habe!“

Doch ihre Mutter schüttelte nur den Kopf. „Er wird das nie zulassen.“

„Ich brauche nicht seine Erlaubnis, um mein Leben so zu führen, wie ich es will.“

„Und wie willst du das anstellen? Um dein eigenes Geschäft zu gründen, brauchst du doch Geld. Und das wir er dir niemals geben, weil es uns ermöglichen würde, ihn zu verlassen.“

„Ich weiß. Genau deshalb habe ich auch nicht vor, ihn zu fragen. Ich habe einen anderen Plan.“ Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte sie sich, dass die Tür geschlossen war und keiner mithörte. Obwohl sie wusste, dass er nicht einmal auf der Insel war. Aber die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass im Haus ihres Vaters sogar die Wände Ohren haben konnten. „Ich reise heute Abend ab, und sage dir das jetzt nur, weil ich mich ein paar Tage nicht bei dir melden kann und du dir keine Sorgen machen sollst. Offiziell bin ich zu meiner gewohnten Woche der Ruhe und Besinnung im Kloster.“

„Wie willst du das anstellen? Selbst wenn du es schaffst, an seinen Sicherheitsvorkehrungen vorbei die Insel zu verlassen, wird man dich erkennen. Irgendjemand wir ihn anrufen, und er wird außer sich vor Zorn sein. Du weißt doch, wie besessen er davon ist, nach außen das Bild der perfekten Familie zu wahren.“

„Ausnahmsweise ist es vielleicht einmal ein Vorteil, dass ich als Tochter dieses allseits so gefürchteten Mannes abseits von aller Öffentlichkeit lebe. Niemand erwartet, mich zu sehen, und kaum einer wird mich erkennen. Zur Sicherheit habe ich aber auch noch eine Verkleidung.“ Genaueres verriet sie nicht einmal ihrer Mutter, die sie jetzt schon Panik erfüllt ansah.

„Und wenn du es wirklich aufs Festland schaffst, was dann?“

„Keine Sorge, ich habe einen Plan. Aber du brauchst nichts davon zu wissen. Du musst mir nur vertrauen und darauf warten, dass ich zurückkomme und dich hole. Ich würde dich ja am liebsten gleich mitnehmen, aber wenn wir zu zweit reisen, erregen wir eher Aufmerksamkeit. Sobald ich das Geld und eine Unterkunft organisiert habe, hole ich dich nach.“

Ihre Mutter drückte ihre Hand. „Solltest du das wirklich schaffen, komm nicht zurück. Es ist zu spät für mich.“

„Das darfst du gar nicht erst sagen!“ Selene umarmte ihre Mutter. „Ich komme natürlich zurück, und wir gehen gemeinsam von hier fort. Soll er sich jemand anderen zum Tyrannisieren suchen.“

Es war einer der ersten und schlauesten Züge ihres Vaters gewesen, unmittelbar nach der Heirat dafür zu sorgen, dass ihre Mutter keine eigenen Einkünfte mehr besaß und in jeder Hinsicht von ihm abhängig war. Am Anfang hatte ihre Mutter das sogar romantisch gefunden … ein Mann, der ganz und gar für sie sorgen wollte. Nach und nach hatte sie jedoch erkannt, dass dahinter lediglich der Wunsch steckte, sie restlos zu kontrollieren. Aber als ihr dass bewusst wurde, hatte sie längst die Kraft verloren, um für ihre Unabhängigkeit zu kämpfen, weil er ihr Selbstbewusstsein systematisch und grausam unterminiert hatte.

„Ich habe genug Geld, um nach Athen zu gelangen. Und dann besorge ich mir einen Kredit, um mein Geschäft zu gründen“, beruhigte Selene ihre Mutter nun.

„Du weißt doch, dass er gute Kontakte hat, Selene! Keine Bank wird dir Geld leihen!“

„Deshalb werde ich mich auch gar nicht erst an eine Bank wenden.“

Ihre Mutter schüttelte den Kopf. „Nenn mir eine Person, die bereit ist, mit dir Geschäfte zu machen. Zeig mir den Mann, der den Mut hat, sich deinem Vater in den Weg zu stellen.“

„Es gibt ihn.“ Selene atmete tief ein. „Es gibt einen Mann, der vor nichts und niemandem Angst hat.“

„Wer?“

„Stefanos Ziakas“, antwortete sie betont ruhig. „Ihn werde ich aufsuchen.“

Bei der Nennung des Namens wurde ihr Mutter kreidebleich. „Ziakas ist auf seine Weise genau wie dein Vater. Ein skrupelloser, egoistischer Playboy. Lass dich nicht von seinem attraktiven Gesicht und seinem gewinnenden Lächeln täuschen. Er ist gewissenlos.“

„Nein, das stimmt nicht. Ich bin ihm vor Jahren einmal begegnet. Es war auf einer Party auf der Yacht – einer der typischen Anlässe, bei dem wir ‚heile Familie‘ spielen mussten. Er war sehr nett zu mir.“ Zu ihrem Ärger errötete Selene.

„Bestimmt nur, weil er wusste, dass es deinen Vater ärgern würde. Die beiden hassen sich bis aufs Blut!“

„Er wusste ja gar nicht, wer ich bin, als wir anfingen, uns zu unterhalten.“

„Ich erinnere mich an die Party. Du warst die einzige Siebzehnjährige, und jeder wusste wohl, wer du bist“, meinte ihre Mutter müde. „Überleg doch einmal, warum ein so weltgewandter Mann wie er seine Zeit mit dir vergeuden sollte, wenn er in Begleitung der Schauspielerin Anouk Blaire gekommen war.“

„Er meinte, dass sie langweilig sei. Eine Frau, die nur daran denkt, wie sie aussieht, wer über sie schreibt und dass es ihrer Karriere förderlich sei, sich mit ihm zu zeigen. Er fand, ich sei viel interessanter. Wir haben uns fast den ganzen Abend unterhalten.“ Über buchstäblich alles. Sie hatte ihm Dinge anvertraut, die sie noch keinem Menschen zuvor gesagt hatte. Natürlich nicht über ihre Familie – in diesem Punkt hatte ihr Vater sie gut indoktriniert –, aber über ihre Träume und Hoffnungen für die Zukunft. Und er hatte sie nicht ausgelacht, sondern ihr aufmerksam zugehört, wobei er sie mit seinen faszinierenden Augen so intensiv angesehen hatte. Als sie ihn dann schließlich gefragt hatte, ob er meine, sie könnte es eines Tages schaffen, ein eigenes Geschäft zu führen, hatte er etwas geantwortet, was sie nie vergessen hatte.

Du kannst alles schaffen, wenn du es nur genug willst.

Nun, sie wollte es wirklich.

Ihre Mutter seufzte. „Das Schulmädchen und der Milliardär. Und wegen dieses einen Gesprächs glaubst du, er wird dir helfen?“

Komm in fünf Jahren wieder, Selene Antaxos, dann reden wir vielleicht darüber.

Sie hatte viel mehr als nur mit ihm reden wollen, und sie vermutete, dass ihm das klar gewesen war. Genauso wie er vermutlich ahnte, in was für einem goldenen Käfig sie lebte. Noch nie hatte sie sich mit einem Menschen so verbunden gefühlt. Und an seine Worte hatte sie sich geklammert, wenn das Leben unerträglich zu werden drohte. Es war tröstlich gewesen, zu wissen, dass man sich an jemand wenden konnte, wenn die Lage verzweifelt war.

Und sie war verzweifelt. „Er wird mir helfen.“

„Viel eher wird er dir wehtun. Du hast keinerlei Erfahrung mit Männern wie Ziakas. Wenn ich einen Mann für dich aussuchen dürfte, würde er liebevoll und sanft sein.“

„Es würde mir gar nichts nützen, wenn er liebevoll und sanft wäre. Für meinen Plan muss er skrupellos sein. Wenn er nicht den Mumm hat, sich gegen meinen Vater zu behaupten, kann ich nicht auf Erfolg hoffen. Ich will mein eigenes Geschäft aufziehen, und Stefanos Ziakas weiß mehr darüber, wie man das anfängt, als jeder andere. Er hat sich alles ganz allein aufgebaut. Keiner hat ihm geholfen, als er in jungen Jahren seine Eltern verlor. Mit dreißig war er schon Milliardär, und er hat es ganz allein geschafft.“

Besorgt setzte sich ihre Mutter auf. „Glaubst du wirklich, du kannst einfach so bei einem Mann wie Stefanos Ziakas auftauchen und ihn um Geld bitten? Er lässt sich genauso von Sicherheitsleuten abschirmen wie dein Vater. Es wird so gut wie unmöglich sein, einen Termin bei ihm zu bekommen, vor allem so kurzfristig. Selbst wenn du es also schaffst, unbemerkt von der Insel wegzukommen, solange dein Vater fort ist, wird Ziakas dich gar nicht empfangen.“

„Er wird mich empfangen, und ich habe einen Weg gefunden, von der Insel wegzukommen.“ Doch Selene hielt es für klüger, ihrer Mutter nicht zu viel zu verraten, und stand entschlossen auf. „Morgen bin ich vielleicht schon wieder zurück, was uns genug Zeit gibt, weit weg zu sein, bevor er von seinem ‚Ausflug‘ zurückkehrt.“ Mit „Ausflug“ umschrieben sie und ihre Mutter die regelmäßige Abwesenheit ihres Vaters von der Insel, wobei es Selene immer wieder empörte, dass er sich keine große Mühe gab, seine Seitensprünge zu verheimlichen … und ihre Mutter sie anscheinend als Teil ihrer Ehe akzeptiert hatte.

Selene wollte nicht darüber nachdenken, was sie tun würde, sollte ihre Mutter sich … wieder einmal … weigern, die Insel zu verlassen. Sie wusste nur, dass sie keinen weiteren Tag auf Antaxos verbringen wollte, wo sie ihr gesamtes bisheriges Leben umgeben von schroffen Felsen gefangen gewesen war und sich nach einem anderen Leben gesehnt hatte. Sie konnte es nicht länger ertragen, die heile Fassade ihrer „Familie“ aufrechtzuerhalten. Und die Ereignisse der vergangenen Woche hatten sie noch mehr darin bestärkt.

Sie beugte sich hinunter und küsste ihre Mutter auf die Wange. „Träum davon, was du am ersten Tag deines neuen Lebens tun wirst. Du wirst wieder frei lachen können. Du wirst wieder malen, und die Leute werden deine Bilder kaufen wie früher.“

„Ach, ich habe seit Jahren nicht mehr gemalt. Der Antrieb ist mir abhanden gekommen.“

„Weil er nichts zulassen wollte, was dich von ihm getrennt hätte. Aber du wirst dein Leben zurückbekommen, ich verspreche es.“

„Und was, wenn dein Vater früher von Kreta zurückkommt und feststellt, dass du fort bist?“

Allein bei dem Gedanken tat sich vor ihr ein Abgrund auf. Doch Selene wollte sich nicht bange machen lassen. „Er wird nicht früher zurückkommen. Warum sollte er?“

Gelangweilt räkelte Stefan sich in seinem Sessel, die Füße auf der polierten Platte des Schreibtisches. Weit unterhalb, zu Füßen des Glasturms, der den Firmensitz seines Konzerns beherbergte, erwachte Athen ganz allmählich zum Leben. Eine Stadt voller Probleme, die versuchte, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen, während sie von aller Welt beobachtet wurde. Von allen Seiten wurde er bedrängt, seinen Hauptsitz doch in eine andere Stadt zu verlegen: New York. London. Irgendwohin, nur weg von der so schwer gebeutelten griechischen Hauptstadt.

Doch Stefan ignorierte diese Ratschläge. Er hatte nicht die Absicht, den Ort zu verlassen, an dem er das hatte werden können, was er war. Zu gut wusste er, was es bedeutete, alles zu haben und alles zu verlieren. Aus großem Wohlstand in bittere Armut abzustürzen. Er hatte am eigenen Leib Angst und Unsicherheit erlebt und welche Anstrengung nötig war, um sich vom Rande des Abgrundes zurückzuzerren. Ein Sieg war unter solchen Umständen noch befriedigender, und er hatte auf ganzer Front gesiegt. Längst besaß er mehr Geld und Macht, als sich manch einer vorstellen konnte.

Wahrscheinlich hätte es die meisten Leute überrascht, wie wenig ihm Geld bedeutete. Macht war etwas anderes. Stefan hatte schon früh gelernt, dass Macht alles war. Macht öffnete Türen, die sonst verschlossen blieben.

Das Telefon läutete schon mindestens zum zehnten Mal auf seinem Privatanschluss, was er aber ignorierte.

Ein Klopfen an der Tür riss ihn kurz darauf aus seinen Gedanken. Maria, seine persönliche Assistentin schaute herein.

Verärgert über die Störung, sah Stefan sie missbilligend an.

„Ersparen Sie mir diesen Blick“, sagte sie ungerührt. „Ich weiß, dass Sie nicht gestört werden wollten, aber Sie gehen nicht an Ihren Privatanschluss.“ Sie seufzte. „Sonyas persönliche Assistentin hat versucht, Sie zu erreichen, und schließlich Sonya selbst. Sie ist nicht gerade guter Laune.“

„Und deswegen ruft sie an? Sonyas Launen interessieren mich kaum mehr als die Wettervorhersage.“

„Ich soll Ihnen ausrichten, dass sie auf Ihrer Party heute Abend nicht die Gastgeberin spielen wird, solange Sie nicht eine Entscheidung bezüglich Ihrer Beziehung getroffen haben. Die genauen Worte: entweder ganz oder gar nicht.“

„Gar nicht. Es ist vorbei, was ich ihr aber bereits unmissverständlich mitgeteilt habe.“ Gereizt nahm er sein Telefon und löschte alle eingegangenen Nachrichten, ohne sie sich anzuhören. Dann begegnete er lächelnd Marias kritischem Blick. „Sie arbeiten jetzt zwölf Jahre für mich. Warum das lange Gesicht?“

„Macht es Ihnen nie etwas aus, wenn eine Beziehung zu Ende geht?“

„Nie.“

Kopfschüttelnd räumte Maria zwei benutzte Kaffeetassen vom Schreibtisch. „Sie haben unter den Frauen die freie Auswahl und können nicht eine finden, bei der Sie bleiben wollen? So erfolgreich Sie in allen anderen Bereichen sind, Ihr Privatleben ist eine Katastrophe.“

„Im Gegenteil, mir gefällt es genau so.“

„Aber Sie müssen doch mehr von einer Beziehung erwarten.“

„Ich erwarte vor allem heißen, häufigen, unkomplizierten Sex.“ Er lächelte ungeniert. „Und ich suche mir Frauen aus, die das Gleiche wollen.“

„Die Liebe würde Ihnen die Augen öffnen.“

Liebe? Unwillkürlich spürte Stefan, wie bei ihm eine Klappe herunterging. Er schwang die Füße vom Schreibtisch. „Hat sich Ihre Job-Beschreibung geändert, ohne dass ich es bemerkt habe? Oder gibt es eine neue EU-Vorschrift, die verlangt, dass Sie die Gestaltung meines Privatlebens übernehmen?“

„Schön, ich habe verstanden. Es geht mich nichts an.“ Maria verschwand mit den beiden Kaffeetassen zur Tür hinaus, um im nächsten Moment zurückzukommen. „Da ist jemand, der Sie sprechen möchte. Vielleicht kann sie Sie ja überreden, menschlicher zu denken.“

„Sie? Ich dachte ich hätte meinen ersten Termin um zehn Uhr.“

„Diese Person hat keinen Termin, aber ich würde sie nur ungern abweisen.“

„Warum nicht? Ich bezahle Sie doch als Drache, der meine Tür bewacht.“

„Oh, ich kann durchaus, falls nötig, ein Drache sein, aber nicht, wenn es sich bei der vorsprechenden Person um eine Nonne handelt.“

„Eine Nonne? Sie machen Witze.“

„Sie sagt, sie hätte etwas Dringliches mit Ihnen zu besprechen.“

Stefan lächelte spöttisch. „Wenn sie gekommen ist, um meine Seele zu retten, sagen Sie ihr, es wäre leider zu spät.“

„Das werde ich nicht“, widersprach Maria entschieden. „Ich kann es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, eine Nonne wegzuschicken.“

„Ich hätte nie gedacht, dass Sie so leichtgläubig sind. Ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, dass sie wahrscheinlich nur eine verkleidete Stripperin ist?“

„Ich weiß, wie eine echte Nonnentracht aussieht. Ihr Zynismus schadet Ihnen nur.“

„Ganz im Gegenteil, mein Zynismus war mir seit Jahren ein guter Schutz und wird es auch weiterhin sein. Um so wichtiger, da Sie anscheinend weich werden.“

„Tut mir leid, aber ich werde auf keinen Fall eine Nonne abweisen. Und sie hat ein wirklich liebes Lächeln. Wenn Sie sie wegschicken wollen, müssen Sie es schon selber tun.“

„Schön, schicken Sie sie herein. Und dann erkundigen Sie sich im nächste Kostümverleih, wie leicht man sich ein Nonnenkostüm ausleihen kann.“

Maria verschwand, und Stefan wartete ungeduldig und auch etwas ärgerlich über diese zweifellos sinnlose Störung. Einen Augenblick später erschien tatsächlich eine Nonne in schwarzer Ordenstracht in der Tür zu seinem Büro. Ihr langes Gewand ließ erahnen, dass sie von schlanker Gestalt war, allerdings hielt sie den Kopf gesenkt, sodass er ihr blasses Gesicht nicht erkennen konnte.

Unbeeindruckt von ihrer frommen Haltung, lehnte Stefan sich in seinem Sessel zurück und betrachtete seine ungebetene Besucherin forschend. „Wenn Sie erwarten, dass ich Ihnen meine Sünden beichte, sollte ich Sie vielleicht darauf hinweisen, dass ich bereits in einer Stunde einen Termin habe und diese Zeit auf keinen Fall ausreicht, um all meine Verfehlungen aufzulisten. Wenn es Ihnen andererseits um Geld geht, sollten Sie wissen, dass ich all meine wohltätigen Spenden über meine Anwälte abwickeln lasse. Ich verdiene das Geld nur und überlasse es anderen, es auszugeben.“

Anstatt sich von seinem Ton abschrecken zu lassen, wandte sich die Nonne einfach nur um und schloss die Tür.

„Sie können die Tür ruhig auflassen“, sagte er kalt, „denn in wenigen Sekunden werden Sie dieses Zimmer sowieso wieder verlassen. Ich habe keine Ahnung, was Sie damit gewinnen wollen …“ Er verstummte, als sie in diesem Moment ihren Schleier abnahm und ihr Haar in goldblonden Kaskaden über die dunkle Tracht fiel.

„Ich bin kein Nonne, Mr Ziakas.“ Ihre Stimme klang sanft und verführerisch, was einen aufregenden Kontrast zu ihrer strengen Nonnentracht bildete.

„Natürlich nicht.“ Sein Blick ruhte wie gebannt auf ihrem seidigen Haar. „Aber Sie haben es geschafft, meine gestählte persönliche Assistentin zu überzeugen, was wirklich nicht jedem gelingt.“ Es ärgerte ihn plötzlich, dass Maria sich so leicht hatte täuschen lassen. „Ich bin es ja gewöhnt, dass die Frauen einige Tricks anwenden, um mich kennenzulernen, aber noch keine ist dafür so tief gesunken, sich als Nonne zu auszugeben. Das riecht nach Verzweiflung.“

„Ich gebe mich als überhaupt niemand aus. Aber es war unbedingt notwendig, dass ich nicht auffalle.“

„Ich beraube Sie ja nur ungern Ihrer Illusionen, aber im Geschäftsviertel von Athen ist der Habit einer Nonne nicht gerade eine gute Tarnung. Sie fallen hier etwa so auf wie ein Pinguin in der Wüste. Wenn Sie nicht auffallen wollen, sollten Sie es das nächste Mal mit einem Anzug versuchen.“

„Ich konnte nicht riskieren, erkannt zu werden.“ Sie ging zu dem großen Panoramafenster und blickte hinunter auf die Stadt.

Stefan beobachtete sie gereizt. Wer sollte sie erkennen? Wer war sie überhaupt? Die Ehefrau von irgendjemandem?

Etwas an ihrem Gesicht kam ihm bekannt vor. Er versuchte, sie sich ohne die Nonnentracht vorzustellen, aber in Gedanken eine Nonne auszuziehen, war selbst für ihn ein Schritt zu viel. „Kennen wir uns? In dem Fall müssen Sie meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Wo? Wann? Ich muss zugeben, dass ich mir Namen nur schlecht merken kann.“

Sie drehte sich zu ihm um und blickte ihn mit ihren klaren grünen Augen direkt an. „Wo und wann was?“

„Wo und wann hatten wir Sex?“, ergänzte er unverblümt. „Ich bin sicher, es war fantastisch, aber Sie müssen mir helfen, mich an die Einzelheiten zu erinnern.“

Sie räusperte sich. „Ich hatte keinen Sex mit Ihnen.“

„Sind Sie sicher?“

„Den Gerüchten zufolge ist Sex mit Ihnen ein höchst denkwürdiges Ereignis, Mr Ziakas. Glauben Sie wirklich, ich könnte es vergessen haben?“

Wider willen fasziniert, setzte Stefan sich in seinen Sessel. „Offensichtlich wissen Sie mehr über mich, als ich über Sie weiß. Was mich zu der naheliegenden Frage führt: Warum sind Sie hier?“

„Sie haben mir gesagt, ich solle in fünf Jahren wiederkommen. Die fünf Jahre sind vorbei. Genau genommen, waren Sie schon vergangene Woche abgelaufen. Sie waren sehr nett zu mir. Als Einziger.“

Ihr wehmütiger Ton ließ bei ihm Alarmglocken schrillen. Stefan ahnte Verletzlichkeit auf Meilen gegen den Wind und machte einen großen Bogen darum. „Dann müssen Sie mich wirklich verwechseln, denn ich bin niemals ‚nett‘ zu Frauen“, erwiderte er deutlich kühler. „Ganz im Gegenteil, denn dann kommen sie schnell auf dumme Gedanken. Sie wissen schon, Eheringe, Hochzeitsplaner und ein Haus auf dem Land. Das ist gar nicht mein Stil.“

Autor

Sarah Morgan
<p>Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 21 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen.</p>
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