Wer bist du, süße Morgenfee?

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Das ist dem bekannten Autor Fergus McCIoud noch nie passiert: Als er morgens in seinem Luxusapartment aufwacht, steht eine bildschöne Frau an seinem Bett! An die rauschende Hochzeitsfeier seines Cousins, bei der Champagner in Strömen floss, kann sich Fergus noch erinnern, aber was passierte dann? Wann und wo hat er die bezaubernde Fremde kennen gelernt?


  • Erscheinungstag 03.11.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733759728
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Feiern Sie?“

Fergus machte sich nicht die Mühe aufzusehen. Er saß in einer Ecke des lauten Nachtklubs und blickte mürrisch in sein Champagnerglas, völlig uninteressiert an der Musik und den Hunderten von Menschen, die um ihn herum redeten, tranken, rauchten und sich amüsierten.

Was für eine dumme Frage. Sah er aus, als würde er feiern?

„Hat Ihnen noch nie jemand gesagt, dass man nicht allein trinken sollte?“

Verdammt, die Frau war noch immer da! Merkte sie denn nicht, dass er allein sein wollte?

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?“

Natürlich hatte er etwas dagegen … Wow! Die Hartnäckigkeit der Frau hatte ihn veranlasst aufzusehen, um sie wütend abzuweisen.

Sie war bildschön! Klein und schlank, machte sie in einem kniefreien, taillenbetonten schwarzen Kleid einen zerbrechlichen Eindruck. Das schwarze Haar fiel ihr offen über den Rücken. Ihr Gesicht war ätherisch schön, beherrscht von den tiefblauen Augen mit den dichten schwarzen Wimpern.

Na und?, dachte Fergus. Sie war außerdem aufdringlich und frech, was er im Moment wirklich nicht haben musste. Wenn überhaupt! Er lehnte sich auf der Sitzbank zurück und musterte sie absichtlich unverschämt von Kopf bis Fuß, dann ließ er den Blick zurück zu dem zarten Porzellanpuppengesicht gleiten. „Sind Sie auch bestimmt alt genug, um sich hier drin aufzuhalten?“

Sie lachte heiser und zeigte ebenmäßige weiße Zähne. „Ich kann Ihnen versichern, dass ich schon lange ehemündig bin.“

Er war sich nicht bewusst, dass er sie zu irgendetwas aufgefordert hatte! Merkte sie denn nicht, dass er in Ruhe gelassen werden wollte? Seit über einer Stunde saß er jetzt allein hier in der Ecke. Er hatte mit niemand gesprochen, und bisher hatte – klugerweise! – niemand mit ihm gesprochen.

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?“, fragte sie wieder und deutete auf die Sitzbank ihm gegenüber.

Ja! Hatte diese Frau so ein dickes Fell? Kapierte sie wirklich nicht, dass er sich nicht mit ihr unterhalten wollte, geschweige denn sonst etwas? Offensichtlich nicht, dachte Fergus frustriert, als sie sich setzte, ohne auf seine Antwort zu warten. „Hören Sie, Miss …“

„Chloe“, warf sie ruhig ein. Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch, legte das Kinn auf die verschränkten Hände und blickte Fergus ungerührt an.

„Chloe“, wiederholte er ungeduldig. „Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber …“

„Dann seien Sie es nicht.“

Er hatte das Gefühl, dass er es sein musste, wenn er sie irgendwann in naher Zukunft loswerden wollte! „Heute ist kein guter Tag für mich gewesen …“

„Vielleicht wendet sich das Blatt jetzt.“

Das wollte er nicht! Er hatte sich nicht auf die Hochzeit an diesem Tag gefreut. Schließlich war es die Zweite, an der er in einem Monat teilgenommen hatte. Zuerst hatte seine Tante Meg den Restaurantbesitzer und Koch Daniel Simon geheiratet, und an diesem Tag – viel schlimmer! – hatten sein Cousin Logan und Darcy Simon geheiratet. Darcy war eine nette junge Frau, und Fergus wusste, dass sie und Logan bis über beide Ohren verliebt waren. Es war nur … Ihm war nicht klar gewesen, wie viel ihm Logans Heirat ausmachen würde.

Die drei Cousins Logan, Fergus und Brice waren in Schottland aufgewachsen, hatten zusammen in Oxford studiert und waren während der vergangenen vierzehn Jahre alle unverheiratet geblieben. Sie hatten nicht ständig zusammengehockt, aber das Junggesellenleben genossen, wann immer sie sich getroffen hatten. Sie waren als die „Schwer Fassbaren Drei“ bekannt gewesen. Jetzt waren nur noch Brice und er übrig, und die „Schwer Fassbaren Zwei“ klang einfach nicht so gut!

Fergus verzog sarkastisch den Mund. „Ich glaube, nicht. Danke für das Angebot, aber …“

„Möchten Sie tanzen?“

Er war nicht einmal sicher, ob er noch aufstehen konnte! Auf dem Empfang nach der Trauung am Nachmittag um drei war der Champagner in Strömen geflossen, und er hatte eindeutig mehr als seinen Anteil davon getrunken. Gegen elf hatte sich die Party aufgelöst. Er hatte keine Lust gehabt, schon in sein einsames Haus zurückzukehren, und hatte den Taxifahrer angewiesen, ihn zu diesem Nachtklub zu bringen. Zumindest hatte er eingesehen, dass es besser wäre, bei Champagner zu bleiben, weil er sonst am Morgen wünschen würde, sein Kopf wäre nicht an seinen Schultern befestigt. Vielleicht würde er es trotzdem tun!

„Chloe, ich möchte, dass Sie …“

„Könnte ich ein Glas Mineralwasser haben?“

Fergus blickte sie finster an. Ob sie ihn wohl jemals einen Satz zu Ende bringen lassen würde? Sie lächelte, und seine Miene wurde ein bisschen weicher. Schließlich war es nicht Chloes Schuld, dass er schlechte Laune hatte. Aber in dieser Stimmung wollte er einfach nicht, dass sich eine Frau an ihn heranmachte, die er noch nie gesehen hatte. Trotz Schönheit!

„Es ist nur ein Glas Wasser“, neckte ihn Chloe.

Wie recht sie hatte! Er war an diesem Abend nicht mehr fähig, sie oder irgendeine andere Frau mit sonst noch etwas zu versorgen. Okay, ein Glas, und dann muss sie gehen, sagte sich Fergus. Er gab dem Ober zu verstehen, ihm eine Flasche Wasser und ein Glas zu bringen, und übernahm es selbst, Chloe einzuschenken. Zumindest hatte er es vor. Seine Hand schien ihren eigenen Willen zu haben und bewegte sich zur Seite, sodass ein bisschen Wasser auf den Tisch lief. Verdammt, wie viel hatte er eigentlich an diesem Tag getrunken?

„Hoppla.“ Chloe legte ein Papiertaschentuch auf die nasse Stelle. „Worauf wollen wir trinken?“, fragte sie heiter.

„Abwesende Freunde?“, erwiderte Fergus mürrisch und trank einen großen Schluck. Natürlich würde Logan nicht nur sein Cousin, sondern auch immer sein Freund bleiben. Nur teilte er sein Leben jetzt mit seiner Ehefrau, und Fergus wusste einfach, dass es nie wieder so wie früher sein würde. Die drei gleichaltrigen Cousins, inzwischen fünfunddreißig, waren immer mehr wie Brüder gewesen und hatten sich in schwierigen Zeiten gegenseitig unterstützt. Es würde eine Weile dauern, sich daran zu gewöhnen, dass Logan jetzt Darcy hatte.

„Mir wurde gesagt, Champagner müsse langsam getrunken werden, um ihn richtig würdigen zu können“, stichelte Chloe.

Fergus nickte. „Das ist richtig.“ Besonders wenn es ein hervorragender Champagner wie dieser war. „Ich habe versucht, Sie zu warnen, dass ich keine gute Gesellschaft bin.“

Chloe beunruhigte seine Stimmung anscheinend nicht. „Möchten Sie darüber reden?“, fragte sie leise.

Nicht mit einer Frau, die er nicht kannte und auch nicht kennen wollte, vielen herzlichen Dank!

Sie sah ihn nachdenklich an. In dem gedämpften Licht des Nachtklubs nahm ihr Haar einen blauschwarzen Schimmer an. „Sie sind Fergus McCloud, stimmt’s?“

Fergus ging in die Defensive. „So?“, erwiderte er argwöhnisch. Hatte sie deshalb unbedingt mit ihm sprechen wollen? Wenn ja, verschwendete sie ihre Zeit. Er stand nicht auf Literaturgroupies. Wieder, trotz Schönheit!

„Natürlich sind Sie es. Ich habe mehrere Ihrer Bücher gelesen und Ihr Foto auf dem Cover gesehen. Sie sind sehr gut.“

„Danke“, sagte er gleichgültig.

Chloe lachte. „Sie sind nicht beeindruckt.“

„Eigentlich nicht. Was ich schreibe, ist der Durchschnittsthriller: ein bisschen Kriminalroman, ein Hauch von Gewalt, gemixt mit viel Sex.“

„Von Ihnen sind in den vergangenen sechs Jahren sechs Bücher erschienen, und jedes hat auf Platz eins der Bestsellerliste gestanden. Das würde ich nicht ‚Durchschnitt‘ nennen.“

Unwillkürlich war Fergus beeindruckt! Dass Chloe all das über ihn wusste, überzeugte ihn jedoch davon, dass sie tatsächlich ein Literaturgroupie war. Oder etwas Schlimmeres. Er zuckte die Schultern. „Das zeigt nur, dass sich über den Geschmack der Leser nicht streiten lässt.“

„Du meine Güte! Sie tun sich heute Abend selbst leid, stimmt’s?“, erwiderte Chloe neugierig.

Ja, genau. Also warum ließ sie ihn nicht einfach in Ruhe, damit er sich in Selbstmitleid ergehen konnte?

Diesen Mann kennenzulernen war viel schwieriger gewesen, als Chloe es sich vorgestellt hatte. Wochenlang hatte sie verzweifelt nach einer Möglichkeit gesucht, Fergus McCloud irgendwo „zufällig“ zu begegnen. Schließlich hatte sie eingesehen, dass es im Grunde unmöglich war. Da er ein so erfolgreicher Schriftsteller geworden war, praktizierte er nicht mehr als Anwalt und hatte kein Büro. In Gesellschaft ging er nur sporadisch, gelinde gesagt. Chloe hatte gewusst, dass er auf der Hochzeit seines Cousins Logan sein würde, aber da sie weder die Braut noch den Bräutigam kannte, hätte sie auf keinen Fall uneingeladen hingehen können!

Völlig entmutigt nahm sie die Einladung von Freunden an, mit denen sie auf der Universität gewesen war. Sie gingen essen und zogen weiter in einen Nachtklub. Schon an der Tür, um noch ein anderes Lokal aufzusuchen, sah Chloe tatsächlich Fergus McCloud hereinkommen. Allein. Sie konnte ihr Glück kaum glauben, geriet jedoch einen Moment lang in Panik, weil sie nicht wusste, was sie jetzt tun sollte. Dann riss sie sich zusammen und dachte nach.

Die Antwort war klar. Sie erklärte ihren Freunden, sie habe es sich anders überlegt und fahre lieber nach Hause, als noch woanders hinzugehen. Stattdessen blieb sie im Klub und beobachtete Fergus McCloud aus einiger Entfernung.

Es hatte nicht danach ausgesehen, als würde er auf jemand warten. Chloe war jedoch nicht sicher gewesen. Nach einer Stunde hatte er eine Flasche Champagner ausgetrunken und eine neue bestellt, und Chloe war zu der Überzeugung gekommen, dass er mit niemand verabredet war. Es war die ideale Gelegenheit gewesen, zumindest mit ihm zu sprechen.

Nur dass er von Anfang an mehr als deutlich gemacht hatte, dass er nicht mit ihr reden wollte. Tja, jetzt würde sie nicht aufgeben.

„Wie war die Hochzeit Ihres Cousins?“, fragte sie. Das Mineralwasser, das Fergus ihr eingeschenkt hatte, trank sie nicht. Sie hatte nur darum gebeten, damit er sie noch nicht aufforderte zu gehen.

Er blickte sie stirnrunzelnd an.

Seine finstere Miene ließ ihn keineswegs weniger gut aussehen. Chloe hatte natürlich gewusst, wie er aussah, trotzdem war sie nicht ganz auf die Anziehungskraft des Mannes vorbereitet gewesen. Er war groß und muskulös, hatte markante Gesichtszüge, braune Augen und dunkles Haar, das ein bisschen zu lang war. Chloe war sicher, dass sie ihn unter anderen Umständen aufregend attraktiv finden würde …

„Es gefällt mir nicht, dass Sie sich in meinem Privatleben so gut auskennen“, sagte er hart.

Zu spät wurde ihr klar, dass die Frage nach der Hochzeit seines Cousins ein Fehler gewesen war. Sie ging mit einem Schulterzucken über den Fauxpas hinweg. „Es ist wohl kaum ein Geheimnis, dass der Unternehmer Logan McKenzie Ihr Cousin ist. Oder dass er heute geheiratet hat.“

„Nein“, räumte Fergus ein.

Aber. Er sagte es nicht, dennoch hörte sie das Wort aus seiner Stimme heraus. Chloe atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Sie war nicht besonders gut in diesen Sachen. Tatsächlich passte es überhaupt nicht zu ihr, sich an einen Mann heranzumachen, sich uneingeladen zu ihm zu setzen, ihn zu drängen, ihr etwas zu trinken zu bestellen. Ihre Verwandten und Freunde wären schockiert gewesen, wenn sie sie an diesem Abend hätten sehen und hören können. Aber Fergus’ unerwartetes Auftauchen im Nachtklub hatte sie überrumpelt, und sie hatte spontan gehandelt, als sie sich einfach zu ihm gesetzt hatte. Seiner Stimmung nach zu urteilen hätte er sich bestimmt nicht mit ihr bekannt gemacht! „Es ist die High-Society-Hochzeit des Monats, Fergus“, schalt sie ihn neckisch.

„Hm.“ Er schnitt ein Gesicht. „Na gut. Um Ihre Frage zu beantworten: Sie war schön. Oder so schön, wie man es von einer Hochzeit eben erwarten kann“, verbesserte er.

„Mögen Sie keine Hochzeiten?“

Er blickte sie wieder stirnrunzelnd an. „Sind Sie Reporterin? Ich werde doch wohl nicht morgen früh meine Äußerungen auf der Titelseite einer Zeitung sehen?“

Kaum. Sie mochte Reporter nicht. Sie hatten früher einmal dazu beigetragen, ihr Leben zu ruinieren. „Nein“, versicherte sie ihm. „Es hat mich nur interessiert, das ist alles.“ Ringen um ein Gesprächsthema sollte man es wohl nennen, dachte sie trübselig. Diese Unterhaltung war zweifellos ein Schlauch.

„Tja, wie gesagt, die Hochzeit war schön. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden?“ Fergus stellte sein Glas hin und rutschte zum Ende der Sitzbank. „Es wird Zeit, dass ich mir ein Taxi nach Hause nehme.“

Chloe blickte ihn entsetzt an. Er durfte nicht gehen! Sie hatte noch nicht einmal angefangen, mit ihm zu reden. Vielleicht bekam sie nie wieder eine Gelegenheit …

„Oh verdammt!“ Fergus McCloud hatte versucht aufzustehen. Jetzt saß er wieder zurückgelehnt auf der Bank. Er schloss die Augen und atmete tief ein und aus. „Würden Sie mir wohl einen Gefallen tun?“, fragte er vorsichtig.

Jeden! Wenn er nur nicht einfach weggehen würde. Zum Glück schien er dazu fürs Erste nicht fähig zu sein. „Ja?“

Er öffnete die Augen und sah sie an. „Ich kann im Moment nicht aufstehen. Tatsächlich bin ich betrunken!“, sagte er voller Selbstekel. „Ich erinnere mich nicht, wann ich zuletzt so … Doch, ich weiß. Es war nach dem Examen in Oxford vor vierzehn Jahren. Hinterher habe ich zwei Tage im Bett gelegen!“

Chloe hatte ihr Examen vor zwei Jahren gemacht, und alle hatten den Studienabschluss ausgelassen gefeiert. Nach drei Jahren harter Arbeit hatten sie das gebraucht. „Was soll ich tun?“

„Könnten Sie mir nach draußen helfen und mich in ein Taxi setzen?“ Wieder schnitt er ein Gesicht. Offensichtlich war er nicht daran gewöhnt, um Hilfe zu bitten.

Sie konnte mehr als nur das tun, und es würde ihren Zwecken viel besser entsprechen. Aber das würde sie erst einmal für sich behalten. „Natürlich.“ Sie stand auf, hängte sich die Abendtasche über die Schulter und ging um den Tisch. „Stützen Sie sich auf mich.“

Fergus betrachtete skeptisch ihre schlanke Figur. „Ich glaube, allzu sehr sollte ich mich besser nicht ‚stützen‘“, sagte er. „Oder wir fallen beide hin!“

Er war dreißig Zentimeter größer als Chloe und wog wahrscheinlich doppelt so viel wie sie. Aber sie war stärker, als sie aussah, und half ihm auf die Füße. Sie hatte ihm den Arm um die Taille gelegt, er seinen um ihre Schultern, während sie langsam zum Ausgang gingen.

„Das ist so peinlich“, sagte Fergus, nachdem sie den halben Weg ohne Unfall geschafft hatten.

Chloe lächelte ohne jedes Mitgefühl. „Betrachten Sie es als Übung fürs Alter.“

Er schnaufte angewidert. „Ich fühle mich jetzt wie hundert!“

Sie wusste, dass er fünfunddreißig war. Im Moment, benommen und erstaunt über sein Unvermögen, sah er jünger aus, fast jungenhaft.

Draußen angekommen, setzte Chloe ihn nicht in eins der bereitstehenden Taxis, sondern führte ihn zu dem grünen Sportwagen auf dem angrenzenden Parkplatz. Sie löste mit der Fernbedienung an den Schlüsseln die Verriegelung, öffnete die Beifahrertür und half Fergus ins Auto. Er hatte an der frischen Luft offensichtlich keinen klaren Kopf bekommen, eher das Gegenteil.

„Das ist kein Taxi.“ Er blickte sich verwirrt um.

„Nein, ist es nicht.“ Chloe stieg ein und ließ den Motor an.

Fergus wollte protestieren, dann lehnte er sich lieber zurück und schloss die Augen. „Einerlei. Muss ich Ihnen sagen, wo ich wohne? Oder wissen Sie das auch?“

Hatte sie sich völlig verraten?

Er öffnete ein Auge, als sie nicht antwortete. „Na?“

„Das weiß ich auch“, gab Chloe heiser zu. Sie fuhr vom Parkplatz und fädelte sich in den Verkehr ein.

„Irgendwann muss ich Sie fragen, woher Sie das wissen“, murmelte Fergus schläfrig. „Ich habe das Gefühl, dass ich mich nicht an allzu viel erinnern werde, wenn ich morgen aufwache.“

Chloe hoffte es von ganzem Herzen!

2. KAPITEL

Fergus wachte langsam auf und hatte einen Moment lang keine Ahnung, wo er war. Als er sich vorsichtig umsah, erkannte er sein Schlafzimmer. Er hatte das Gefühl, als wäre sein Kopf voller Watte.

Wie war er hierher gekommen?

Wenn er das nur wüsste!

Er warf einen Blick auf den Wecker und schloss wieder die Augen. Halb zehn. An welchem Tag? Er erinnerte sich, dass Logans und Darcys Hochzeit am Vortag gewesen war. Also musste Sonntag sein. Nicht nötig, jetzt schon aufzustehen. Maud hatte sonntags frei, und er brauchte nicht aus dem Haus zu gehen. Normalerweise arbeitete er sonntags von morgens bis abends und aß ein Sandwich, wenn er Hunger hatte, sodass Maud wirklich keinen Grund hatte, hier zu sein …

Und warum konnte er dann Kaffee riechen?

Champagnerwahn? Weil er sich nach Kaffee sehnte? Er hatte keinen Kater, wie er gehofft hatte, aber ihm war, als hätte er Sandpapier im Mund. Eine Tasse Kaffee stand ganz oben auf der Tagesordnung. Er …

Nein, er roch eindeutig Kaffee. Wie war das …?

„Aufwachen, Fergus“, sagte eine Frau. „Ich habe dir einen Becher Kaffee nach oben gebracht.“

Fergus runzelte die Stirn. Der Kaffeeduft war jetzt viel stärker, doch er musste sich irren. Er konnte unmöglich wach sein. In seinem Schlafzimmer war eine Frau. Nicht, dass so etwas noch nie vorgekommen wäre. Er hatte schon ziemlich viele sehr vergnügliche Stunden mit Frauen in diesem Himmelbett verbracht. Nur nicht in der vergangenen Nacht. Dann also nicht allein Champagnerwahn, sondern auch noch Halluzinationen!

„Na los, Schlafmütze. Setz dich auf, und trink deinen Kaffee.“

Fergus öffnete langsam die Augen. Fast hatte er Angst vor dem, was er sehen würde. Tiefblaue Augen. Langes schwarzes Haar. Ein schlanker Frauenkörper, offensichtlich nackt unter seinem nachlässig zugeknöpften Smokinghemd.

Keine Halluzinationen. Er musste noch schlafen. In seinem Schlafzimmer konnte unmöglich eine fast nackte Frau sein. Er erinnerte sich deutlich, dass er den Hochzeitsempfang am Vortag allein verlassen hatte.

„Kaffee.“ Sie trug in jeder Hand einen Becher. Einen stellte sie auf den Nachttisch. „Schwarz. Ohne Zucker.“

Genau so, wie er seinen Kaffee trank. Aber woher wusste sie …? „Was soll das?“ stieß er ungläubig hervor, als sie sich neben ihn aufs Bett setzte.

Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Hast du etwas dagegen, dass ich hier sitze und meinen Kaffee bei dir trinke? Oder dass ich mir dein Hemd geliehen habe? Es ist kalt unten in der Küche.“ Sie schauderte.

Fergus blickte sie starr an. Er war nicht sicher, ob er wollte, dass sie bei ihm saß. Nur mit seinem Hemd bekleidet, war sie durch das Haus gegangen und hatte in der Küche herumgewühlt, um alles Nötige zum Kaffeekochen zu finden! Nur gut, dass Maud ihren freien Tag hatte. Seine Haushälterin war sich über sein Junggesellenleben völlig im Klaren, aber das bedeutete nicht, dass er es zur Schau stellen musste. Er wandte sich ab, scheinbar, um seinen Kaffeebecher vom Nachttisch zu nehmen und einen Schluck zu trinken, eigentlich wollte er sich jedoch nur noch ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken verschaffen. Die bekam er nicht. Als er sich bewegte, entdeckte er nämlich, dass er unter der Bettdecke völlig nackt war!

Nicht, dass ihn das hätte überraschen sollen. Er erinnerte sich nicht daran, diese Frau getroffen zu haben. Er erinnerte sich nicht, mit ihr zusammen nach Hause gekommen zu sein. Also warum sollte er sich daran erinnern, sich ausgezogen zu haben?

Eins war jedoch unbestreitbar: Diese Frau, wer auch immer sie war, hatte die Nacht hier verbracht. Mit ihm. In seinem Bett. Und daran erinnerte er sich auch nicht! Er wusste nicht einmal mehr ihren Namen … Wie, zum Teufel, war das passiert? Zu viel Champagner auf nüchternen Magen, das war die naheliegende Antwort. Er erinnerte sich, den Hochzeitsempfang verlassen zu haben. Und dass er in den Nachtklub gegangen war. Danach … nichts!

„,Danke, Chloe‘“, sagte sie spöttisch. „Bitte sehr, Fergus.“

Sie heißt Chloe, dachte er erleichtert. Aber er wusste nicht … Doch. Der Nachtklub. Er hatte weitergetrunken. Sie hatte ihn angesprochen und sich zu ihm gesetzt, obwohl er alles andere als begeistert gewesen war. Und dann? Er war aufgewacht und hatte sie in seinem Schlafzimmer vorgefunden. Ihm fehlte jede Erinnerung daran, dass sie beide zusammen ins Bett gegangen waren, ganz zu schweigen von …

Wie kam er aus dieser Sache heraus? Eins war sicher. Er würde nie wieder zu viel trinken.

„Chloe …?“ Er wandte sich ihr langsam zu. Ein bisschen wacher jetzt, nahm er ihre zarte Schönheit in sich auf. Die Frau war so klein. Die Hände waren fast wie die eines Kindes. Sie trug keinen Ring, wie Fergus erleichtert feststellte. Zumindest befand er sich nicht mit einer verheirateten Frau in dieser misslichen Lage. Denn es war zweifellos eine missliche Lage. Wie, in aller Welt, benahm man sich gegenüber einer Frau, mit der man die Nacht verbracht hatte, ohne sich daran zu erinnern? Eine Entschuldigung schien den Ansprüchen nicht ganz zu genügen. „Der Kaffee ist gut“, sagte er geistlos.

„Danke“, erwiderte Chloe freundlich und stellte ihren leeren Becher ab. „Es war wundervoll, gestern Nacht mit dir zusammen zu sein, Fergus.“

So? In dem Zustand, in dem er gewesen war, hätte er sich nicht für fähig gehalten, sein Bestes zu geben, aber warum sollte er mit ihr streiten, wenn sie …? Verdammt, es war keine Frage des Streitens. Er erinnerte sich einfach nicht daran, mit der Frau intim gewesen zu sein, und er konnte nichts anderes vortäuschen. Die Wahrheit kannst du ihr auch nicht sagen, warnte ihn sein Gewissen. Das wäre nicht nur gefühllos, sondern auch äußerst beleidigend. „Das freut mich“, erwiderte er unverbindlich. Er spielte geistesabwesend mit ihrem seidenweichen schwarzen Haar, während er überlegte, was er als Nächstes tun sollte. „Chloe, haben wir …?“ Es klingelte.

Jemand war an der Haustür! Offensichtlich, du Idiot, verspottete sich Fergus sofort. Die Nachttischuhr zeigte Viertel vor zehn. Wer könnte ihn um diese Zeit an einem Sonntagmorgen besuchen? Es gab nur eine Möglichkeit, die Frage zu beantworten. Aber mit der schönen Chloe in nichts als seinem Hemd hatte er keine Lust, aus dem Bett zu steigen, nach unten zu gehen und zu öffnen. Vielleicht, wenn er einfach hier lag und es ignorierte …

Es klingelte wieder. Der Besucher würde nicht weggehen.

Chloe stand auf. „Solltest du nicht nachsehen, wer da ist?“

Natürlich sollte er. War es seine Mutter, die wegen der Hochzeit in der Stadt war? Eine von den Frauen, mit denen er während der vergangenen zwei Wochen ausgegangen war? Er konnte keine von ihnen mit Chloe bekannt machen, solange er selbst nicht wusste, wer sie war! „Warte hier“, sagte er und stand auf. Ja, er war nackt. Und ein schneller Blick in die Runde verriet ihm, dass sein Morgenmantel im Badezimmer war, wo er ihn am vergangenen Morgen zurückgelassen hatte. Es war dumm, aber er war trotzdem verlegen, als er den Morgenmantel holen ging. Chloe mochte ja genau wissen, wie er nackt aussah, doch er erinnerte sich nicht daran, dass sie es wusste. Offensichtlich wusste er auch, wie sie nackt aussah, nur erinnerte er sich daran ebenfalls nicht! „Ich bin gleich wieder da“, versicherte er ihr und verließ das Schlafzimmer.

Was für eine grässliche Situation. Wer war Chloe? Woher war sie gekommen? Wichtiger, was sollte er jetzt mit ihr anfangen?

„Brice!“, flüsterte er, als er die Tür öffnete und seinen Cousin sah.

„Fergus“, grüßte Brice. „Schönes Auto.“ Er drehte sich um und betrachtete bewundernd den grünen Sportwagen, der auf der Auffahrt stand. „Jemand, den ich kenne?“, fragte er neugierig.

Da Fergus das Auto noch nie gesehen hatte, wusste er, dass es Chloe gehören musste. Tja, das beantwortete zumindest eine der Fragen, die ihn quälten, seit er aufgewacht war und sie neben seinem Bett vorgefunden hatte. Wenn sie so ein Auto fuhr, war es unwahrscheinlich, dass sie eine Frau war, die für ihre Dienste in der vergangenen Nacht eine Bezahlung erwartete.

„Oder jemand, den ich gern kennen würde?“, neckte ihn Brice.

Fergus war sicher, dass Chloes Schönheit seinen Cousin ebenso umhauen würde wie ihn. Und der Gedanke gefiel ihm überhaupt nicht. „Was kann ich für dich tun, Brice?“

„Hast du vergessen, dass wir uns gestern zum Golf verabredet haben? Du hast gesagt, du würdest heute nicht arbeiten, deshalb habe ich uns für eine Runde um zwölf Uhr eintragen lassen.“

Autor

Carole Mortimer
<p>Zu den produktivsten und bekanntesten Autoren von Romanzen zählt die Britin Carole Mortimer. Im Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman, inzwischen gibt es über 150 Romane von der Autorin. Der Stil der Autorin ist unverkennbar, er zeichnet sich durch brillante Charaktere sowie romantisch verwobene Geschichten aus. Weltweit...
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