Wie erobere ich einen Scheich?

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Während Rita mit ihrem Mann, dem König von Emand, durch die Weite der Wüste in den Sonnenuntergang reitet, kann sie bloß an das Eine denken. Doch wie erobert man einen Scheich, mit dem man nur eine Zweckehe geschlossen hat? Mit Wildheit - oder mit ganz viel Zärtlichkeit?


  • Erscheinungstag 16.08.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733737542
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Im nördlichen Teil der Wüste Joona gibt es ein Land, wo ein Mann auf seinem Hengst direkt in den Sonnenuntergang galoppieren kann. Ein Land, wo der Sand heiß unter den Füßen brennt und die Gipfel der Berge – die hoch in den endlos blauen Himmel ragen – glitzern von Schnee. Ein Land, in dem die Luft erfüllt ist vom Duft wilder Pflanzen und von der Glut der Sonne. In stummer Erhabenheit wachen die Götter über dieses Land und heißen die willkommen, die es wagen, ihren Fuß über die Grenze zu setzen.

Dieses Land heißt Emand.

Ein uraltes Land, reich an Öl, fruchtbaren Tälern und kulturellen Schätzen. Aber auch ein Land voller Trauer und Bitterkeit.

Drei Söhne zeugte der Herrscher, bevor ihn die Götter zu sich holten. Gebeugt von Trauer besann sich der Älteste auf seine Pflicht und übernahm die Bürde des Throns. Der Jüngste war dazu bestimmt, im Alter von fünfzehn Jahren seinem Vater zu folgen. Der zweite Sohn aber, Scheich Sakir Ibn Yousef Al-Nayhal, verließ seine Heimat auf der Suche nach sich selbst. Was er stattdessen fand, waren jedoch nur die fremdartige Wüste von Texas und die Leere in seinem eigenen Herzen. Er war ein Mann, der nirgendwohin gehörte, an keinen Ort und zu keinem Menschen.

1. KAPITEL

„Was für eine Verschwendung“, murmelte Rita Thompson, als sie sich ein letztes Mal im Spiegel begutachtete.

Es fehlte nichts. Sie war die perfekte Braut. Sie trug ein traumhaftes Brautkleid – natürlich trägerlos, schließlich war es Hochsommer –, dazu hochhackige weiße Riemchenpumps und einen Schleier, hinter dem sie ihr Gesicht verbergen konnte, das ganz sicher ihre Nervosität verriet. Selbstverständlich hatte sie auch daran gedacht, sich die Finger- und Zehennägel maniküren zu lassen.

Sie sah einfach wundervoll aus.

Außerdem hatte sie versucht, dem alten Brauch, wonach eine Braut etwas Altes, etwas Neues, etwas Geborgtes und etwas Blaues haben sollte, gerecht zu werden. Das Blaue an ihr waren ihre strahlend blauen Augen, das Geborgte die mit Perlen besetzten Ohrstecker ihrer Schwester, das Alte, nun ja, das war sie selbst, und das Neue war ihr Hochzeitskleid, sofern das zählte. Schließlich wollte sie ihr Spielchen ja nicht übertreiben.

Immerhin würde sie die Rechnung für die Trauung und den Empfang bezahlen, nur um ihren Gästen anschließend zu sagen, wie leid es ihr tue, dass sie ihnen etwas vorgemacht hatte. Darüber hinaus würde sie kein Geld ausgeben, das kam überhaupt nicht infrage.

Sie betrachtete ihr Gesicht im Spiegel und zog eine Grimasse. „Vielleicht wird es ja eines Tages doch mal was. Wenn du Glück hast.“

„Wenn wer Glück hat?“

Rita drehte sich um. Ihr Vater stand in der Tür der Paradise Lake Lodge. Er sah sehr gut aus in seinem perlgrauen Anzug und den passenden Schuhen.

„Ich“, erwiderte sie. „Ich habe Glück. Ich habe eine wunderbare Familie und scheue mich nicht, es auszusprechen.“

„Rita, mein Liebling“, sagte ihr Vater. „Du warst noch nie zu scheu, irgendetwas auszusprechen.“

Ein tiefes Schuldgefühl erfüllte Rita. Ihr Vater blickte sie so liebevoll an. Noch nie zuvor hatte sie ihn belogen. Okay, als Teenager hatte sie ein paar Dinge verschwiegen, aber das hier, das war etwas ganz anderes.

Sie hatte ihn regelrecht betrogen.

Rita bekam ein ganz flaues Gefühl im Magen. Hoffentlich würde er verstehen, weshalb sie sich die Mühe gemacht hatte, eine Scheinhochzeit zu organisieren, und hoffentlich würde er ihr irgendwann verzeihen.

„Gut schaust du aus, Dad.“

„Danke, Rita. Danke.“ Ben Thompson lächelte glücklich. „Na, bist du bereit, dich von deinem alten Herrn zum Altar führen zu lassen, meine Schöne?“

Mit schlechtem Gewissen erwiderte sie sein Lächeln und legte die Hand in seine Armbeuge. „Absolut.“

Ihr Vater drückte sie an sich. Plötzlich wurde sein Ausdruck ernst. „Du bist dir doch wirklich sicher, nicht wahr?“

Rita schluckte. „Natürlich, Dad. Was glaubst du denn?“

„Na schön“, entgegnete ihr Vater ein wenig resigniert und führte sie zum Ausgang des Hotels. Sie gingen die Stufen hinab in den strahlenden Sonnenschein. Vom See her wehte eine ganz leichte Brise.

„Weißt du“, fuhr ihr Vater fort. „Ich wollte eigentlich mit deinem Zukünftigen ein Gespräch von Mann zu Mann führen, aber er ist immer noch nicht da. Er lässt es ganz schön darauf ankommen, was?“

„Er ist nun mal sehr beschäftigt.“

„Mag sein, aber mir gefällt das nicht.“ Sie gingen zum Seeufer, wo eine Gesellschaft von etwa fünfzig Gästen auf weißen Gartenstühlen saß und auf einen festlichen, ganz in Weiß gehaltenen Baldachin blickte. „Nicht gerade die feinste Art, in den Hafen der Ehe einzulaufen.“

„Keine Sorge. Er ist ein wunderbarer Mann, Dad, und er wird kommen, ganz sicher.“ Unglaublich, sie hörte sich absolut überzeugend an. Genauso, wie eine Frau sich anhören sollte, die im Begriff war, mit dem Mann ihrer Träume den großen Sprung zu wagen.

Nun ja, dass es sich um den Mann ihrer Träume handelte, war jedenfalls zutreffend. Seit drei Jahren war Rita ernsthaft in ihren Chef, Scheich Sakir Al-Nayhal, verliebt. Er war intelligent, hatte eine unbeschreibliche intensive, männliche Ausstrahlung und war umwerfend sexy. Mit anderen Worten, er war genau ihr Typ.

Doch leider wusste der Mann nicht einmal, dass sie existierte – zumindest was den Teil betraf, der sich unterhalb ihres hübschen Gesichts befand. Rita war wirklich gut in ihrem Job, die beste Assistentin der Geschäftsleitung, die man sich wünschen konnte, und Sakir behandelte sie mit dem größten Respekt. Aber er hatte noch nie etwas anderes in ihr gesehen als eine äußerst kompetente Mitarbeiterin. Nie hatte er sie gebeten, abends etwas länger zu bleiben – es sei denn zum Arbeiten. Nicht ein einziges Mal hatte er sie mit begehrlichen Blicken auf ihre wohlgeformten Beine beglückt. Auch nicht mit einem wissenden Lächeln, wenn sie einmal etwas trug, das eigentlich ein bisschen zu gewagt war fürs Büro – in der Hoffnung, es würde ihm auffallen.

Natürlich war es genau dieses völlige Desinteresse an ihr als Frau, weshalb sie ihn zu ihrem Scheinbräutigam auserkoren hatte. Das und die Tatsache, dass er selten in ihrer Heimatstadt Paradise, Texas, auftauchte und in diesem Augenblick gerade mit Harvey Arnold in Boston bei einem Geschäftsessen saß – sie selbst hatte das schon vor zwei Monaten arrangiert.

„Ich kann immer noch nicht fassen, dass wir ihn noch nicht kennengelernt haben.“ Ihr Vater seufzte tief. „Das ist einfach nicht richtig.“

„Halt die Luft an, Dad.“ Ava, Ritas ältere Schwester, gesellte sich zu ihnen. Sie sah wie eine Göttin aus in ihrem rosafarbenen Brautjungfernkleid. „Rita weiß schon, was sie tut.“

„Siehst du, Dad. Hör nur auf meine große Schwester.“

„Die in drei Wochen selbst verheiratet sein wird“, ergänzte Ava lächelnd.

Rita blickte von ihrer Schwester zu dem gut aussehenden Mann, der in der vordersten Reihe saß, seine kleine Tochter, von deren Existenz er erst vor Kurzem erfahren hatte, auf dem Schoß. Muna, seine indianische Großmutter, saß neben ihm. Rita lächelte zufrieden. Sie hatte es geschafft. Wenn das nicht den Aufwand wert war! Was bedeutete schon dieser kleine Betrug, wenn Ava wieder bei dem Mann war, den sie liebte, und ihre Tochter endlich einen Vater hatte und damit eine vollständige Familie. Die Hochzeit, die schon vor vier Jahren hätte stattfinden sollen, stand kurz bevor.

Zärtlich drückte Rita den Arm ihres Vaters. „Lass uns diesen Tag feiern.“

„Gerne. Wir warten nur noch auf den Bräutigam, mein Kind.“

„Er wird zusammen mit dem Reverend erscheinen.“

Oder auch nicht.

Ritas Vater geleitete sie zu dem weißen Teppich, den man auf dem Gras ausgerollt hatte und der auf den Altar zuführte. Einige Gäste drehten sich nach ihnen um und begannen sofort zu tuscheln. Die Musiker des kleinen Streichorchesters auf der anderen Seite schienen nur auf ihren Einsatz zu warten.

Rita atmete tief ein und wieder aus. Ihre Handflächen waren ganz feucht. Sie wollte das hier nur noch möglichst schnell hinter sich bringen.

„Da ist der Reverend“, flüsterte Ava neben ihr.

„Wo?“, fragte ihr Vater ebenso leise.

„Da vorne, Dad. Er ist …“ Ava brach plötzlich ab.

„Zum Teufel noch mal.“ Ben kniff die Augen zusammen.

Ritas Herz pochte zum Zerspringen.

„Er ist allein“, flüsterte Ben ungläubig. „Was zum Teufel ist hier eigentlich los?“

„Dad, bitte.“ Ava legte ihrer Schwester die Hand auf die Schulter, so als wollte sie ihr ihren Beistand anbieten im Angesicht des Dramas, das sich offensichtlich anbahnte: Der Bräutigam hatte sich aus dem Staub gemacht.

Rita hob das Kinn. Jetzt war es so weit, und sie war gewappnet. Sie würde das Getuschel der Gäste ertragen, wenn diese erst einmal merkten, dass ihr Verlobter nicht auftauchen würde. Sie war bereit, vor Scham zu erröten und ein paar Tränen zu vergießen.

Sie war bereit für die Schande, bereit für die Flucht.

Plötzlich sah sie aus den Augenwinkeln eine Gestalt herannahen, eine eindeutig männliche Gestalt. Stolz wie ein Prinz und in einen weißen Kaftan gekleidet, schritt sie majestätisch über den Rasen auf den Reverend zu.

Ritas Herzschlag setzte fast aus. Auf einmal fühlte sie sich schwach und schutzlos wie ein Grashalm im Wind.

Das war doch nicht möglich!

Aber er war es tatsächlich. Ihr Chef, ihr angeblicher Bräutigam und der Mann ihrer Träume, Sakir Al-Nayhal, war gekommen.

So eine Unverfrorenheit, hier einfach ohne Einladung aufzutauchen! Außerdem sollte er in Boston sein und sich um seine Geschäfte kümmern.

Ritas Herz hämmerte wild. Stumm beobachtete sie ihn, wie er vor dem Altar stehen blieb, hochgewachsen, breitschultrig und zum Verrücktwerden gut aussehend. Seine dunkle Haut bildete einen reizvollen Kontrast zu seinem weißen Kaftan.

Jetzt drehte er sich um und blickte Rita an. Nicht einmal ansatzweise war ein Lächeln zu erkennen, weder in seinen dunkelgrünen Augen noch um seine sinnlichen Lippen.

Ritas Gedanken rasten, in ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. Dass diese Scheinhochzeit in den Augen der Gäste peinlich für sie werden würde, darauf war sie vorbereitet und konnte damit umgehen. Dass aber der nicht eingeplante Bräutigam plötzlich vor ihr stand und sie schlagartig in eine gefühlsmäßige Achterbahnfahrt versetzte – eine größere Lächerlichkeit war kaum vorstellbar. Wie sollte sie ihm jemals wieder unbefangen in die Augen sehen können?

Sakir hob eine Braue und machte eine Geste, als wolle er Rita zu sich befehlen.

„Wow“, hauchte Ava. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er so …“

Ritas Kehle war wie zugeschnürt. „Und ich hatte überhaupt nicht mit ihm gerechnet“, murmelte sie.

2. KAPITEL

Sakir beobachtete Rita aufmerksam. Ob sie wohl auf dem Absatz kehrtmachen und weglaufen würde?

Aber weglaufen entspräche nicht ihrem Charakter. Von allen Frauen, die er kannte, war Rita Thompson die einzige, die niemals einer Konfrontation auswich und keine Angst vor Konflikten hatte. Sie nahm jede Gelegenheit wahr, um für das, was sie wollte, engagiert zu kämpfen, und forderte Auseinandersetzungen geradezu heraus. Deshalb hatte er sie überhaupt zu seiner Assistentin gemacht und bestand darauf, sie bei allen Projekten an seiner Seite zu haben.

Aber er legte es nicht auf einen Konflikt mit dieser schönen Frau an – nicht heute.

Heute war er aus geschäftlichen Gründen hier.

Er brauchte Rita Thompson als Ehefrau, und deshalb würde er alles tun, um diese Scheinhochzeit zu einer echten werden zu lassen.

Das Streichquartett begann den Hochzeitsmarsch zu spielen und gab damit das Signal für die Gäste, sich zu erheben.

Rita stand wie erstarrt da. Stumm erwiderte sie Sakirs Blick. Und dann, als er schon glaubte, sie würde entgegen seiner Erwartung kehrtmachen und das Weite suchen, atmete sie langsam aus und ging auf ihn zu.

Fasziniert beobachtete Sakir ihren anmutigen Hüftschwung und die Rundungen ihrer Brüste, die durch das Brautkleid betont wurden.

Warum nur musste diese Frau so schön sein?

Er hatte sich so gut wie nie gestattet, Rita Thompson als Frau zu betrachten. Sie war seine Mitarbeiterin, und als solche bedeutete sie ihm viel. Auf keinen Fall würde er riskieren, sie wegen einer kurzen Affäre zu verlieren.

Aber es gab Momente, zum Beispiel nachts im Bett, in denen er an sie dachte, und zwar auf eine Art, wie er es besser nicht tun sollte. Es gab Momente, in denen er sich fragte, wie sich wohl ihre Lippen anfühlten beim Küssen und wie sie wohl reagieren würde, wenn er sie in die Arme nähme und seine Hände ihren Rücken hochgleiten lassen würde, bis er sie in ihrer langen rotbraunen Mähne vergraben könnte.

Sakir spürte erneut heftige Begierde, verdrängte sie aber im selben Moment. So ging es ihm immer, wenn er in ihrer Nähe war – und jedes Mal zwang er sich, nichts als kühle Gleichgültigkeit an den Tag zu legen.

Rita war seine Assistentin, die einzige Frau, der er vertraute und auf die er sich verließ wie auf niemanden sonst. Wie stark sein Verlangen nach ihr auch sein mochte, er wusste, er musste es unterdrücken, wenn er sie behalten wollte. Wenn er sich nicht im Griff hätte, würde sie zweifellos seine Firma verlassen. Sakir war sich sicher, dass Rita seine Gefühle nicht erwiderte.

Ihr Gesichtsausdruck verriet Nervosität und Unbehagen, als sie schließlich vor ihm stand und er ihr die Hand reichte. Doch, ganz wie er es erwartet hatte, reagierte sie nicht entsprechend, sondern sah ihn nur kühl an.

Dann drehte sie sich zu Reverend Chapman um. „Ich muss einen Augenblick mit meinem … Verlobten sprechen.“

„Jetzt?“ Der Reverend verzog unwillig das Gesicht.

Rita nickte. „Jetzt“, sagte sie entschlossen und wandte sich wieder Sakir zu. „Können wir reden? Bitte“, bat sie ihn mit leiser, aber fester Stimme.

So kannte er sie. Sakir musste ein Grinsen unterdrücken. Rita Thompson würde sich auf nichts einlassen ohne Diskussion. Selbst vor dem Traualtar gab sie sich beherrscht und überlegen.

Er nickte. „Natürlich.“ Erneut streckte er die Hand aus.

Aber sie sah sie nur an, als handelte es sich um eine giftige Schlange. Dann wandte sie sich kurz ihrem Vater und ihrer Schwester zu. „Wenn ihr uns einen Moment entschuldigen würdet.“

Sakirs filmreifer Auftritt hatte die Gäste offensichtlich verblüfft und neugierig gemacht, aber Rita schien dafür keinen Blick zu haben. Im Nu war sie hinunter zum Seeufer geeilt. Als Sakir dort ankam, ging sie schon ungeduldig auf und ab.

Sie warf ihren Schleier zurück, machte einen beherzten Schritt auf Sakir zu und funkelte ihn empört an. „Was zum Teufel machst du hier?“

Er antwortete leise und beherrscht. „Sollte ich dir nicht dieselbe Frage stellen?“

Sie ignorierte seine Frage. „Du solltest doch in Boston sein.“

„Als ich zufällig mitbekommen habe, dass man mich vor dem Traualtar erwartet, bin ich natürlich sofort zurückgeflogen.“

Rita senkte den Kopf und kaute nervös an ihrer Unterlippe.

Sakir hob die Schultern. „Ich hielt es für angemessen, bei meiner eigenen Trauung anwesend zu sein. Du etwa nicht?“ Er kostete diesen kleinen Triumph voll aus.

Wieder ignorierte sie seine Antwort. „Von wem hast du überhaupt erfahren, was ich vorhabe? Von Sasha? Nein, ich wette, es war Greg. Der war schon immer ein …“

„Das spielt doch überhaupt keine Rolle, Rita.“

„Für mich schon. Schließlich geht es um meine Privatangelegenheiten, aus denen du dich gefälligst herauszuhalten hast.“

„Es gehört zu meinen Prinzipien, mich immer darüber zu informieren, was meine Angestellten tun. Jederzeit. Vor allem aber, wenn ich dabei eine nicht unerhebliche Rolle spiele. Die des Bräutigams zum Beispiel.“

Rita kniff die Augen zusammen und rückte noch dichter an ihn heran. „Spionierst du mir etwa nach, Sakir?“

Ihr zarter Duft lenkte ihn einen Augenblick ab. Wie gerne hätte er sie jetzt in die Arme genommen und sie nach allen Regeln der Kunst geliebt. Aber er musste sich zusammenreißen und sich in der Gewalt haben. „Nein, ich spioniere dir nicht nach. Aber anscheinend hätte ich allen Grund dazu.“

Sie wandte den Blick ab. Sie verlor immer mehr die Kontrolle über die Situation. Auf was für eine Schnapsidee war sie da bloß gekommen?

„Was geht hier vor, Rita?“

Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden. Sie konnte nicht mehr. Am liebsten hätte sie sich ins Gras geworfen und geweint. Ihr perfekter Plan war soeben wie ein Kartenhaus in sich zusammengestürzt. Und der Mann vor ihr, dieser unglaublich attraktive Mann, der sie mit einem einzigen Blick zum Erbeben bringen konnte, war schuld daran. Und er würde garantiert nicht den Rückzug antreten. Ein Mann wie Sakir ließ nicht mit sich spielen.

Sie hatte wohl keine andere Wahl, als ihm die Wahrheit zu erzählen. „Ich musste etwas unternehmen, um meine Schwester Ava und meine Nichte zurück nach Paradise zu holen.“

Sakir verschränkte die Arme vor der Brust. „Und weshalb sollten sie das tun?“

„Um der Liebe willen.“

„Wegen der Liebe?“

Es klang so unglaublich sinnlich, wie er dieses Wort aussprach. Rita verspürte ein verräterisches Kribbeln. „Ja, es ging darum, eine erloschen geglaubte Flamme wieder neu zu entfachen – Avas erste und einzige Liebe. Die einzige Möglichkeit, sie hierher zu locken, war diese Scheinhochzeit. So hat ihre kleine Tochter endlich ihren Vater kennengelernt.“ Rita zuckte resigniert mit den Schultern. „Jedenfalls erschien es mir als die einzige Möglichkeit.“

„Ich verstehe.“

Rita schüttelte unwillig den Kopf. „Alles schien so wunderbar zu funktionieren. Und dann musstest du auftauchen.“ Und dabei so sexy aussehen. Wie der sprichwörtliche große, dunkle, gut aussehende Fremde.

Sakir lachte trocken. „Aber du musstest doch damit rechnen, dass dein Verlobter zu seiner eigenen Hochzeit kommt, oder?“

„Ach, komm schon, Sakir. Natürlich war eine Trauung nicht wirklich vorgesehen, und deshalb auch kein Verlobter. Der existierte nur in der Fantasie. Ich musste dafür einfach nur den Namen irgendeines Mannes nennen.“

„Tja, aber derjenige, den du dir ausgesucht hast, das war nicht irgendein Mann, nicht wahr, Rita?“

Er machte einen Schritt auf sie zu, sie konnte seine Wärme spüren, sein Atem streifte ihr Gesicht. „Nein“, gab sie zu.

„Hast du dir überlegt, was die Leute in dieser Stadt von mir halten würden, wenn ich nicht erschienen wäre? Wenn ich eine Frau vor dem Traualtar allein gelassen hätte?“

Rita konnte darauf nichts entgegnen. Scham überwältigte sie. Nein, sie hatte sich nicht überlegt, was die Leute von ihm denken würden. Sie hatte an gar nichts gedacht, außer an ihre Schwester und ihre kleine Nichte.

Wollte dieser Albtraum denn nie ein Ende nehmen? Sie spähte hinüber zu den wartenden Gästen. Nein, der Albtraum sollte offenbar weitergehen. Es hatten sich kleine Grüppchen gebildet, die leise miteinander redeten. Alle wirkten ziemlich fassungslos, und einige Gäste starrten bestürzt zu ihnen herüber. „Nein, ich habe nicht darüber nachgedacht, wie man in der Stadt darauf reagieren würde.“

„Das dachte ich mir.“

„Ich habe weder an die Leute gedacht noch an dich.“ Sie blickte Sakir ernst an. „Es tut mir leid.“

Er nickte bedächtig. „Entschuldigung akzeptiert.“

Rita schwieg verblüfft. „Wirklich?“, fragte sie nach einer Weile, immer noch ein wenig skeptisch.

„Ja.“ Sakir schien tatsächlich nicht im Mindesten beleidigt zu sein.

„Das ging aber schnell.“ Wenn da mal nicht ein Haken an der Sache war.

„Ich halte nichts davon, andere wegen ihrer Fehler unnötig leiden zu lassen.“

Das war aber wirklich großzügig von ihm. Aber irgendwie kaum zu glauben, nach allem, was sie angestellt hatte. „Du wirst mich also nicht entlassen?“, fragte Rita misstrauisch.

„Nein, wieso sollte ich?“

Ihr wurde immer unbehaglicher zumute. „Aber deshalb bist du doch nicht hergekommen und bist vor all diesen Leuten erschienen – nur damit ich mich bei dir entschuldige.“

„Nein, ehrlich gesagt nicht.“

„Weshalb dann? Um dich zu rächen?“ Rita lachte, es klang nervös und überreizt.

„Ich muss dich etwas fragen, Rita“, begann Sakir sehr langsam.

„Okay.“ Plötzlich hatte sie Angst.

„Ich möchte dir ein Geschäft vorschlagen.“

„Ein Geschäft?“ Also doch! Da war er, der Haken. Sie blickte über die Schulter zu der wartenden Hochzeitsgesellschaft. War das nicht absolut verrückt? Sie stand hier mit ihrem Scheinverlobten und redete über Geschäfte. Lieber Himmel, wie hatten die Dinge nur so außer Kontrolle geraten können? Wie sollte sie das jemals ihren Freunden und ihrer Familie erklären? „Kann das nicht warten? Ich muss zurück zu den Gästen und ihnen diesen Schlamassel erklären.“

„Nein, das kann nicht warten“, entgegnete Sakir knapp.

„Na schön, um was geht es?“

„Ich muss wissen, ob du an einer Partnerschaft interessiert bist. Genauer an einer kurzfristigen Partnerschaft in der Ehe, als Gegenleistung für eine fortdauernde Partnerschaft in meiner Firma.“

Rita fühlte sich plötzlich, als hätte ihr jemand einen Tritt verpasst. Sie hatte sich bestimmt verhört. War sie jetzt schon so durch den Wind, dass sie sich einbildete, Sakir hätte etwas von einer Ehe mit ihr erwähnt?

„Ich biete dir die Teilhaberschaft an der Al-Nayhal Corporation an.“

„Du bist ja verrückt“, krächzte sie, um sogleich in ein gezwungenes, ungläubiges Lachen überzugehen. Dann räusperte sie sich. „Du machst wohl Witze.“

„Mache ich jemals Witze, Rita?“

Nein, leider nicht. Schade eigentlich. Sie sah ihn stumm an.

„Ich muss für drei Wochen in mein Heimatland reisen, und dort brauche ich dich als meine Ehefrau. Deine kleine Scharade hier hat mich auf die Idee gebracht. Als verheirateter Mann wird man in meiner Heimat anders eingeschätzt. Man gilt als vertrauenswürdiger, zuverlässiger. Und genau darauf kommt es den Geschäftsleuten in meinem Land an, auch wenn ich ganz anders darüber denke.“

Rita rechnete immer noch damit, dass er im nächsten Moment sagen würde, er habe nur einen Scherz gemacht, aber er tat es nicht. Stattdessen redete er weiter.

„Man hat mich aufgefordert, nach Emand zu kommen, um der Ölgesellschaft ein Angebot zu präsentieren. Ich will, dass alles perfekt wird, und dafür werde ich keine Mühe scheuen.“

Rita bemerkte, wie sich sein Ausdruck verdüsterte, seine Züge sich immer mehr anspannten. „Ich verstehe nicht. Warum ist dir das so wichtig?“

„Das ist meine Sache.“

„Aber du bist dabei, es auch zu meiner zu machen, Sakir.“ Was bildete sich dieser Mann eigentlich ein, sie dermaßen zu überfahren? So schlecht konnte ihr Gewissen wegen ihrer Schnapsidee gar nicht sein, dass sie sich auf einen solchen Kuhhandel einlassen würde. Oder eher Kamelhandel? Wie auch immer, Rita war empört.

Sakir dagegen schien seiner Sache sehr sicher zu sein. „Wenn wir aus Emand zurückkommen, kann die Ehe sofort aufgelöst werden, niemand wird dabei zu Schaden kommen – und du wirst mir dann ebenbürtig sein.“

Sie hob verdutzt die Brauen. „Wie bitte?“

„Du verstehst schon, was ich meine.“

Nein, sie verstand überhaupt nichts. „Das ist doch verrückt. Hör zu, wenn dieses Vortäuschen einer Ehe so wichtig für dich ist, kann ich ja so tun, als sei ich deine Ehefrau. Das bin ich dir sicher schuldig nach diesem Fiasko hier. Aber wir brauchen doch deswegen nicht wirklich verheiratet zu sein.“

„Für die Menschen in meinem Land schon.“

Er meinte es offenbar absolut ernst. „Wie können sie denn wissen, ob wir wirklich verheiratet sind?“

„Mein Bruder wird es wissen.“

„Du hast einen Bruder?“

Er ignorierte ihre Frage. „Nimmst du mein Angebot an?“

Du lieber Himmel, sie müsste verrückt sein, wenn sie darauf einginge.

Autor

Laura Wright
<p>Laura hat die meiste Zeit ihres Lebens damit verbracht, zu singen, an Tanzturnieren teilzunehmen oder als Schauspielerin zu arbeiten. Erst als sie begann, Romane zu schreiben, hat sie ihre wahre Leidenschaft und Berufung entdeckt! Geboren und aufgewachsen ist sie in Minneapolis, Minnesota. Danach lebte Laura für einige Zeit in New...
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