Wie verführe ich meinen Traummann

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Was für ein attraktiver Mann: athletisch gebaut und mit dem gewissen Lächeln, das Frauen dahinschmelzen lässt. Juliana, behütete Bankierstochter, will auch einmal ein Liebesabenteuer erleben. Und Rex Tanner scheint der Richtige dafür zu sein! Rührend unerfahren verführt sie den Barbesitzer, der ihr zeigt, wie herrlich es sein kann, leidenschaftlich verwöhnt zu werden. Jetzt gibt es für Juliana keinen Zweifel mehr: Sie wird ihren Verlobten Wallace, den ihr Vater für sie ausgesucht hat, nicht heiraten. Juliana will nur noch einen Mann: Rex ...


  • Erscheinungstag 07.02.2007
  • Bandnummer 1444
  • ISBN / Artikelnummer 9783862959792
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

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Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

1. KAPITEL

„Wie sieht es aus? Ist unsere pflichtbewusste Kontenrevisorin bereit, Geld zu verschwenden? Der Junggeselle, für den du dich entschieden hast, steht als Nächster auf der Liste.“

Juliana Alden trank ihren Champagner und versuchte, ihre aufsteigenden Zweifel zu ignorieren. Hastig stellte sie das leere Glas auf das Tablett eines vorbeieilenden Kellners und schnappte sich gleich ein neues.

„In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nie so nackt gefühlt“, wandte sie sich an ihre Freundinnen Andrea und Holly. „Niemals wieder werde ich euch bei der Auswahl meiner Kleidung freie Hand lassen. Sogar mein sündhaftestes Nachthemd bedeckt mehr Haut als dieses Kleidchen.“

Sie zog einen verrutschten Träger ihres eng anliegenden Schlauchkleides hoch, und strich sich über die Oberschenkel, um den Rock etwas weiter nach unten zu schieben. Der Gedanke, einfach durch die Hintertür des Klubs zu verschwinden, erschien ihr immer verlockender. Aber das würden Andrea und Holly ihr nie verzeihen. Andererseits waren die beiden verantwortlich für dieses Kleid, das geeignet war, ihrem Vater einen Herzinfarkt zu bescheren.

Andrea winkte ab. „Du hast die passende Figur, und dieses Rot steht dir ausgezeichnet. Sei jetzt nicht feige, Juliana.“

Die drei Freundinnen standen inmitten einer Schar Frauen, die nun hysterisch zu kreischen begannen. Die Verbissenheit, mit der diese Frauen bei der Junggesellenauktion mitboten, deren Erlös einer wohltätigen Einrichtung zugutekommen sollte, erinnerte Juliana an Haie, die ihre Beute in immer engeren Bahnen umkreisten. Die Wände dieses Klubs hatten vermutlich noch nie zuvor so gebebt, darauf hätte sie jederzeit das Geld für ihre monatliche Maniküre verwettet.

Allerdings zweifelte sie inzwischen daran, dass ihr Plan tatsächlich so klug war, wie es ihnen bei einem mexikanischen Essen und offenbar zu vielen Margaritas vorgekommen war.

Juliana nahm einen großen Schluck Champagner, um sich noch ein bisschen Mut anzutrinken. Wie war sie bloß auf die Idee gekommen, sie könnte dreißig Jahre Bravsein überwinden, indem sie ausgerechnet den schlimmsten Weiberhelden dieser Junggesellenauktion ersteigerte? Hätte eine kleinere Rebellion nicht auch genügt? Musste es beim ersten Ausbruchsversuch aus ihrem geregelten Leben denn gleich ein so massiver Verstoß sein?

Sie war für die Kontrolle der Konten in der Privatbank ihrer Familie zuständig, und da war ihr Vorsicht zur zweiten Natur geworden. Das Leben nach Regeln verlieh ihr Sicherheit. Stetig stieg sie höher auf der Karriereleiter und folgte damit dem Pfad, den ihre Mutter vor ihr gegangen war.

Doch nun wurde sie zum Wohl der Bank in eine Ehe gedrängt, und mit einem Mal fühlte sie sich wie ein Spielball im Verhandlungspoker bei der Fusion zwischen der Alden Bank and Trust und der Wilson Savings and Loan.

„Ich kann gar nicht glauben, dass ihr mich hierzu überreden konntet. So einem Vollblutkerl bin ich nicht gewachsen. Vielleicht sollte ich lieber einen etwas weniger …“ Juliana fehlten die passenden Worte, und sie zuckte mit den Schultern. Wie sollte sie den Mann beschreiben, bei dem ihr schon das Foto im Versteigerungskatalog die Röte in die Wangen getrieben hatte?

„Dir einen weniger maskulinen Typ aussuchen?“, half Holly mit vielsagendem Lächeln nach.

Das war noch harmlos ausgedrückt. Juliana nickte nur.

Sobald der Junggeselle mit der Nummer neun auf die Bühne trat, begann Julianas Herz wild zu klopfen. Die sonst so gesittet und würdevoll auftretenden Frauen im Saal begannen zu johlen, zu pfeifen und mit den Füßen, die in edlen Schuhen steckten, zu trampeln. Wenn überhaupt ein Mann eine Frau veranlassen konnte, voll auf Risiko zu setzen und ein paar Regeln zu brechen, dann dieser.

Rex Tanner schien sich im Rampenlicht vollkommen wohlzufühlen. Auffordernd lächelte er in die Runde und spornte die Menge noch an, indem er die Hände über seinen Kopf hob und rhythmisch klatschte. Dabei ließ er die Hüften im Takt der Musik kreisen, genau wie er es früher bei seinen Auftritten gemacht hatte.

Er weiß sich zu bewegen, dachte Juliana anerkennend und bekam eine Gänsehaut.

Sein enges schwarzes T-Shirt spannte an den breiten Schultern, über der breiten Brust und an den muskulösen Oberarmen. Die Jeans war genau an den Stellen ausgebleicht, auf die Juliana sich nicht zu schauen traute. Der Gürtel saß tief auf den schmalen Hüften, und solche Cowboystiefel trug sonst kaum jemand in Wilmington, North Carolina. Bisher waren alle Männer vor ihm im Smoking aufgetreten, und in dem lässigen Aufzug machte er seinem Ruf als Rebell alle Ehre. „Renegade“, der Name seiner Bar, stand quer auf dem Rücken seines T-Shirts.

Julianas Herz schlug so heftig, dass sie kaum etwas von den Worten mitbekam, mit denen die Moderatorin den Mann vorstellte. Gab es wirklich eine Frau, die diesem muskulösen Körper oder seinem Bad-Boy-Lächeln widerstehen konnte?

„Spür die Kraft zwischen den Schenkeln – auf dem Rücken eines Pferdes und auf einer Harley“, las Andrea aus dem Programm vor. „Tanner erteilt Reitunterricht und Fahrstunden. Juliana, wenn dieser Mann dir nicht zeigen kann, was du bisher verpasst hast, dann weiß ich auch nicht weiter. Der ist genau der Richtige, um dich vor dem verrückten Plan deiner Mutter zu retten.“

Juliana leerte hastig ihr Glas. Der perlende Champagner stieg ihr in die Nase, und Tränen traten ihr in die Augen. „Ich weiß immer noch nicht, was am Vorschlag meiner Mutter so verrückt sein soll. Wally ist ein netter Kerl.“

„Du liebst ihn nicht. Außerdem ist er ein Langweiler“, stellte Holly klar.

„Wirkungsvoller als jede Schlaftablette“, fügte Andrea hinzu. „Obendrein ist er ein Weichei. In eurer Ehe hättest du schon nach zwei Wochen die Hosen an.“

Wo lag da das Problem? Diese Rollenverteilung kannte Juliana von ihren Eltern. „Wally ist eine vernünftige Wahl. Er ist ausgeglichen, ruhig und ehrgeizig, genau wie ich. Außerdem versteht er, wie viel Zeit und Energie ich in meinen Job stecken muss. Wir können uns stundenlang unterhalten, ohne dass jemals peinliches Schweigen eintritt.“

Verächtlich schnaubte Andrea. „Ihr redet über die Arbeit. Wollt ihr auch im Bett über Zinssätze, Darlehen und Vermögensanlagen diskutieren? Vergiss doch nur einmal im Leben deinen Anstand. Dies hier ist vielleicht deine letzte Gelegenheit, zu erleben, dass in einer Beziehung nicht nur die Vernunft zählt.“

Die letzte Gelegenheit. Juliana erschrak. Ihre letzte Chance, bevor sie in die Ehe mit Wally einwilligte. Seinem Vater gehörte die Privatbank, die wegen einer Fusion im Gespräch war. Eine sehr vernünftige Verbindung also, aber leider ohne Liebe.

Beklommen trat Juliana von einem Bein auf das andere. Vielleicht hatte ihre Freundin recht, aber Wally war freundlich, sah gut aus, und man konnte sich auf ihn verlassen. Wenn sie ihn heiratete, würden sie zwar die nächsten fünfzig Jahre lang jeden Samstagabend langweiligen Sex haben, andererseits gab es mehr im Leben als nur Sex. Wenn zwei Menschen nach denselben Grundsätzen lebten und sich gegenseitig respektierten, dann war das viel entscheidender. Sie hätten beide die gleichen Interessen, und die Liebe würde sich im Lauf der Zeit wie eine sichere Vermögensanlage entwickeln.

Oder etwa nicht?

Doch, ganz bestimmt. Julianas Eltern waren das beste Beispiel dafür. Auch sie hatten vor vierzig Jahren geheiratet, um zwei Bankiersfamilien zu vereinen.

Unsicher blickte Juliana wieder zum Ausgang. Sollte sie flüchten, bevor sie eine Dummheit beging? Nein, sagte sie sich, versprochen ist versprochen. Allerdings störte es sie maßlos, dass sie den Anfang machen musste. „Schwört mir, dass ihr nicht kneift. Ihr werdet euch heute Abend auch einen Junggesellen ersteigern, egal, was passiert“, beschwor sie ihre Freundinnen.

Holly und Andrea lächelten engelsgleich und hoben die rechte Hand zum Schwur. Juliana traute ihren lächelnden Gesichtern keiner Sekunde lang. Die beiden lebten zwar nicht so strikt nach Plan wie sie selbst, aber auch sie hatten noch nie etwas Ähnliches getan wie das, was sie hier und heute vorhatten.

Juliana musste wieder den Mann auf der Bühne ansehen, den sie die ganze Zeit über zu ignorieren versuchte. Mit dem dichten schwarzen Haar, das er sich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, und seiner lasziven Haltung wirkte er wie die leibhaftige Verführung. Dieser Mann brauchte keine Anleitung. Der wusste, wie man eine Frau glücklich machte.

Aber um diesen Cowboy zu ersteigern, brauchte sie mehr als das bisschen Mut, das sie dem Alkohol verdankte. Es würde bedeuten, dass sie sich dem Wunsch ihrer Mutter ganz offen widersetzte, und das war etwas, was sie aus Angst vor Auseinandersetzungen bisher immer sorgfältig vermieden hatte. Erst durch die geplante Verlobung hatte sie sich gefragt, ob sie nicht doch mehr vom Leben erwartete. Sie hatte Holly und Andrea versprochen, wenigstens noch ein paar Möglichkeiten auszuprobieren, bevor sie sich in die Zukunft fügte, die ihre Mutter für sie vorgesehen hatte.

Aber musste sie sich wirklich gleich einen Mann aussuchen, der das genaue Gegenteil von allen Männern war, mit denen sie in der Vergangenheit ausgegangen war? Eine Hoffnung gab es noch. Es wäre durchaus möglich, dass der Preis für diesen Mann das Limit sprengte, auf das sie sich mit Andrea und Holly geeinigt hatte. Dann könnte sie ohne schlechtes Gewissen einen weniger einschüchternden Mann ersteigern.

Andererseits war Rex Tanner, der Rebell, der keinem Ärger auswich, genau der geeignete Mann, um sie vom rechten Weg abzubringen. Wenn sie den Zuschlag bekam, würde sie sich ihm während des nächsten Monats ausliefern. Eine Affäre mit ihm würde sie hoffentlich davon überzeugen, dass sie durch eine Ehe mit Wally nichts verpasste.

„Fahr nach Hause, bevor du in Schwierigkeiten gerätst.“

Beim herrischen Tonfall ihres Bruders fuhr Juliana herum und geriet auf ihren zierlichen Absätzen fast ins Stolpern. Niemals würde sie ihm gegenüber zugeben, dass sie gerade mit dem Gedanken gespielt hatte, einfach davonzulaufen. Nur um Eric zu ärgern, hob sie das Fähnchen mit ihrer Nummer und gab damit das erste Gebot für den Traummann auf der Bühne ab.

Aufmunternd lächelnd, hoben Andrea und Holly die Daumen. Juliana wagte nicht, zu ihrer Mutter hinüberzusehen, die diese Wohltätigkeitsveranstaltung organisiert hatte. Sie wusste auch so, dass Margaret Alden ihre Tochter mit Argusaugen beobachtete.

Wütend sah Juliana ihren Bruder an. „In was für Schwierigkeiten kann ich denn deiner Meinung nach geraten, wenn ich einen Monat lang Reitstunden bekomme? Verschwinde, Eric.“

„Nicht das Reiten macht mir Sorgen, sondern das Motorradfahren. Du wirst dich noch umbringen, wenn du dich auf eine Harley setzt, Juliana.“

Eric versuchte, ihr das Fähnchen zu entwenden, aber Juliana hielt es außerhalb seiner Reichweite. „Ich bin jetzt dreißig Jahre alt und lasse mir nichts mehr von dir vorschreiben.“

„Du kannst dir doch keinen Mann kaufen. Wenn dir etwas an dem wohltätigen Zweck liegt, dann ersteigere Wallace und nicht diesen …“

„Traumtyp“, warf Holly ein und erntete damit einen wütenden Blick von Eric.

Beschwichtigend, wie sie es bei einem schwierigen Bankkunden getan hätte, lächelte Juliana ihren Bruder an. „Eric, vergiss nicht, dass diese Versteigerung Moms Idee war. Andrea, Holly und ich unterstützen sie lediglich.“

„Verdammt, Juliana, du weißt doch gar nicht, wie du mit einem solchen Mann umgehen musst. Geh auf Nummer sicher und halt dich an Wally.“ Wieder versuchte er, ihr Fähnchen zu erwischen, und wieder wich Juliana ihm heftig damit wedelnd aus.

Ihr Leben lang war sie auf Sicherheit bedacht gewesen, und wo hatte sie das hingeführt? Beruflich hatte sie viel erreicht, aber ihr Privatleben sah erbärmlich aus. Niemals hatte sie sich bis über beide Ohren verliebt. Zügellose Lust war ihr so fremd, dass sie nicht einmal wusste, ob sie zu solchen Empfindungen überhaupt fähig war. Auf Liebeskummer konnte sie gut verzichten, aber war es denn wirklich zu viel verlangt, wenn sie sich nach Höhepunkten sehnte, bei denen sie alles andere vergaß? Wenigstens ein einziges Mal wollte sie nicht an Sicherheit denken.

Sie sah zu dem Mann auf der Bühne und hielt entschlossen das Fähnchen hoch. „Wally mit seinen Samstagsdinners! Ist das nicht unglaublich einfallslos? Was ist denn schlimm daran, ein bisschen Spaß zu haben? Du solltest das auch mal versuchen.“

Kaum hatte sie das gesagt, erschrak sie über sich selbst. Es war erst ein paar Monate her, seit seine Freundin Eric vor aller Welt den Laufpass gegeben hatte. Auf diese Art Spaß hatte er im Moment sicher nicht die geringste Lust. Juliana vermutete zwar, dass es ihm nicht das Herz gebrochen hatte, aber sein Stolz hatte garantiert gelitten. Erst sein gescheiterter Versuch, in die Wilson-Familie einzuheiraten, hatte ihre Mutter auf die Idee gebracht, sie, Juliana, mit Wally zu verkuppeln.

Wieder winkte sie mit dem Fähnchen. Es wirkte fast verzweifelt. „Eric, ich weiß sehr genau, was ich tue, also lass mich in Ruhe.“

„Den Zuschlag bekommt Nummer 223“, verkündete die Moderatorin auf der Bühne. „Zahlen Sie, und holen Sie sich Ihren Preis, junge Lady.“

Julianas Magen krampfte sich plötzlich zusammen. Hastig blickte sie von ihrem Bruder zu ihrer Mutter, die sichtlich geschockt wirkte. Andrea und Holly klatschten und jubelten begeistert. Juliana brauchte gar nicht erst auf die Nummer auf ihrem Fähnchen zu sehen, um zu wissen, dass sie den Prachtkerl ersteigert hatte. Leider hatte sie keine Ahnung, zu welchem Preis. Ein echter Schock für einen Menschen, dessen Beruf sich um die Sicherheit von Geld drehte. Unendlich langsam senkte sie den Arm, schluckte und schloss einen Moment voller Panik die Augen. Sie traute sich nicht, zur Bühne zu sehen.

Erst als ihr schwindlig wurde, atmete sie wieder aus und lächelte gezwungen in die Runde. „Eric, solltest du nicht hinter der Bühne sein und dich darauf vorbereiten, selbst ersteigert zu werden?“

Eric wurde blass. Fast hätte Juliana schadenfroh gelächelt. Ihr Bruder hatte sich nur widerwillig von ihrer Mutter zum Mitmachen überreden lassen.

Juliana hörte Eric leise fluchen und ihre Freundinnen aufgeregt plaudern, als sie sich einen Weg zum Tisch in der Ecke bahnte, um dort einen Scheck auszustellen, damit sie ihren Preis in Empfang nehmen konnte.

Wutentbrannt kam Margaret Alden auf ihre Tochter zu. „Juliana, bist du von allen guten Geistern verlassen? Und wo in aller Welt hast du dieses entsetzliche Kleid aufgetrieben?“

Julianas Magen verkrampfte sich erneut. Schlagartig kehrten alle Zweifel zurück. Sie musste tatsächlich den Verstand verloren haben, als sie Andreas Vorschlag zugestimmt hatte, gemeinsam ihren dreißigsten Geburtstag zu feiern, indem sie einen Teil ihres nun frei verfügbaren Treuhänderfonds opferten, um etwas Verrücktes mit dem Geld anzustellen.

Nein, dachte sie, das ist nicht verrückt, sondern verzweifelt. Wenn sie bei einem Mann wie Rex Tanner nicht die wilde Leidenschaft erleben konnte, von der andere Frauen sich flüsternd berichteten, dann war bei ihr jede Hoffnung verloren, und sie konnte mit einem Mann wie Wally, der nie mehr von ihr erwarten würde als sie zu geben bereit war, ihr Leben teilen.

Den gut ausgeprägten Geschäftssinn ihrer Mutter hatte Juliana immer bewundert, doch sie hatte ihr niemals sehr nahegestanden. Deshalb kam es für sie auch jetzt nicht infrage, etwas von den verworrenen Gefühlen zu zeigen, die zu diesem Entschluss geführt hatten. „Mutter, ich habe immer getan, was du von mir wolltest, aber das hier heute Abend, das tue ich nur für mich.“

Über die Schulter ihrer Mutter hinweg sah Juliana ihren Junggesellen mit langen Schritten herankommen und fragte sich, wieso sie sich schlagartig wie ein in die Enge getriebenes Beutetier fühlte. Entschlossen nahm sie die Haltung an, die ihre Mutter ihr immer wieder eingetrichtert hatte: kerzengerade und mit erhobenem Kinn. Sie konnte nur hoffen, dass man unter dem kurzen Kleid nicht ihre Knie zittern sah.

Rex Tanner blieb keine drei Meter von ihr entfernt stehen und musterte sie von Kopf bis Fuß. Sofort wurde Juliana sich bewusst, dass sie unter dem dünnen Kleid nichts außer einem Stringtanga trug.

War ihr jemals zuvor ein Mann mit so viel Sex-Appeal begegnet? Ganz bestimmt nicht. Ihr Herz klopfte heftig, und ihr wurde heiß.

„Und was wird aus Wallace?“, zischte ihre Mutter ihr wütend ins Ohr.

Es kostete Juliana große Mühe, den Blick wieder ihrer Mutter zuzuwenden. „Höchstwahrscheinlich werde ich den Rest meines Lebens mit Wally verbringen, da kann mir niemand ein paar Reitstunden missgönnen.“

Ihre Mutter presste die Lippen zusammen. „Ich gebe dir einen Monat. Dann erwarte ich, dass du wieder zur Vernunft kommst. Die Wilsons sind eine sehr anständige Familie, und Wallace hat tadellose Manieren.“ Es klang, als würde sie einen Rassehund anpreisen. „Du kannst davon ausgehen, dass dein Vater sehr viel weniger Verständnis für deine seltsamen Anwandlungen zeigen wird als ich.“

Ganz bestimmt, dachte Juliana, wird er die Meinung vertreten, die du ihm vorschreibst. Sie liebte ihren Vater von ganzem Herzen, doch sie kannte auch seine Schwächen.

„Hallo, Süße.“

Rex Tanners tiefe Stimme rief bei Juliana von Neuem eine Gänsehaut hervor. Ihre Mutter schnappte schockiert nach Luft, doch Juliana achtete nicht darauf, sondern wandte sich dem Mann zu, der dicht vor ihr stehen geblieben war. Bei seinem sexy Lächeln und dem Blick seiner kaffeebraunen Augen bekam Juliana weiche Knie. Langsam streckte er ihr eine Hand entgegen.

„Ich bin Rex Tanner, und ich werde Ihnen das Reiten beibringen.“

Das Reiten? Juliana schluckte. Sie konnte sich nicht gegen die erotischen Bilder wehren, die ihr bei Rex’ Bemerkung durch den Kopf schossen. Aus der Nähe wirkte er noch größer und imposanter als auf der Bühne. Trotz ihrer hohen Absätze befanden sich seine Lippen auf ihrer Augenhöhe. An diesem Mund konnte sie sich nicht sattsehen. Was für Lippen! dachte sie. Und der Mann macht den Eindruck, als wüsste er genau, wie er diese Lippen zu benutzen hat.

Rex’ Mundwinkel hoben sich zu einem spöttischen Lächeln, als sei er es gewohnt, sprachlosen Frauen gegenüberzustehen.

Verlegen setzte Juliana ein höfliches Lächeln auf und gab ihm die Hand. „Hallo, Rex, ich bin Juliana.“

Seine warme Hand wirkte rau. Nach dem Händeschütteln legte er ihr einen Arm um die Schultern, zog Juliana näher zu sich heran und drehte sich mit ihr zum Fotografen um.

Juliana hätte fast laut aufgeseufzt. Sie spürte Rex’ warmen Körper neben sich. Seine Hand lag auf ihrer nackten Schulter.

„Lächle, Süße“, flüsterte er ihr heiser ins Ohr.

Juliana spürte den Klang seiner Stimme bis tief in ihre Magengrube, nahm seinen männlich-frischen Duft wahr und fühlte sich auf einmal leicht benommen.

Sobald Octavia Jenkins, die Reporterin, die über die Veranstaltung berichtete, zusammen mit ihrem Fotografen wieder verschwunden war, löste Juliana sich von Rex und versuchte zu ergründen, wieso sie so stark auf ihn reagierte. Am liebsten hätte sie auf der Stelle herausgefunden, wie sich seine kräftigen warmen Finger auf ihrem Körper anfühlten.

Anscheinend tue ich mit meinem Plan genau das Richtige, dachte sie. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Sie blickte Rex in die Augen, wobei sie sich überdeutlich bewusst war, von ihrer Mutter tadelnd und von allen anderen voller Neugier beobachtet zu werden. „Wieso verschwinden wir nicht von hier?“, stieß sie atemlos hervor und klang dadurch zu ihrem eigenen Bedauern eher sehnsüchtig als vernünftig.

Rex’ Lächeln war überwältigend. „Das ist der mit Abstand beste Vorschlag des Abends.“

Nach einem weiteren vernichtenden Blick wandte ihre Mutter sich ab und eilte mit königlicher Haltung davon. Bevor ihre Feigheit die Oberhand gewinnen konnte und sie womöglich doch noch ihr Geld zurückverlangte, ging Juliana in die entgegengesetzte Richtung, und schritt unsicher zum Ausgang. Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Rex Tanner ihr folgte. Sie spürte seine Nähe, hörte das leise Knarren seiner Lederstiefel und sah die Blicke der Frauen, an denen sie vorüberging. Alle starrten Rex verträumt an. Dabei waren viele dieser Frauen verheiratet und alt genug, um seine Mutter zu sein.

Als sie den Ausgang erreicht hatten, griff Rex an ihr vorbei und öffnete die Tür. Sobald sie nach draußen in die kühle Luft trat, bekam Juliana wieder einen klareren Kopf.

Lieber Himmel, sie hatte sich einen Mann gekauft! Noch dazu einen, den jeder Psychologe als Alpha-Mann einstufen würde.

Was sollte sie bloß mit ihm anstellen?

Ich habe mich von einer verwöhnten reichen Ziege, die mehr Geld als Verstand hat, kaufen lassen, dachte Rex.

Anscheinend war er verrückt gewesen, als er sich auf den Vorschlag seiner Schwester eingelassen hatte, diese Junggesellenauktion zu nutzen, um Werbung für seine Bar zu machen. Nur weil in sechzig Tagen die Rückzahlung des Bankdarlehens fällig war, hatte er sich dazu bereiterklärt, wieder vor einer Horde kreischender Frauen auf eine Bühne zu steigen.

Er ärgerte sich über sich selbst, doch das hielt ihn nicht davon ab, die aufregende Frau vor ihm anzusehen. Er musterte ihren runden Po in dem knappen roten Kleid, der bei jedem Schritt wippte. Das lange dunkle Haar, das ihr offen auf den Rücken fiel, glänzte so intensiv wie das Holz seiner geliebten, alten Gitarre.

Seit seinem Umzug nach Wilmington war sie die erste Frau, die sein Interesse geweckt hatte, zu der er sich sogar hingezogen fühlte. Aber alles an Juliana, angefangen bei ihrer kultivierten Stimme über ihre teure Kleidung bis hin zu dem Haufen Geld, den sie gerade für etwas Spaß mit ihm ausgegeben hatte, verriet ihre Herkunft.

Reiche Mädchen wie sie gaben sich auf Dauer nicht mit einfachen Kerlen wie ihm ab. Und von den ewig gleichen flüchtigen Affären hatte er mehr als genug hinter sich. Als er Nashville und seine Groupies verließ, hatte er sich geschworen, niemals mehr eine Frau nur als willigen Körper zu sehen oder sich von einer Frau für ein kurzes Abenteuer benutzen zu lassen.

Er würde Juliana begreiflich machen, dass seine Leistungen sich auf das beschränkten, was im Auktionskatalog aufgeführt war.

„He, Julie!“, sprach er sie an.

Sie hatten gerade den Parkplatz erreicht. Abrupt blieb Juliana stehen und drehte sich zu ihm um. Ihre blauen Augen und der Blick, den sie ihm jetzt zuwarf, ließen Rex fast vergessen, was er sagen wollte. Sie sah überhaupt nicht aus wie eine Frau, die sich Männer kaufen musste.

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