Wilde Küsse im Cadillac

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Die oder keine! Als der Unternehmer Devon Bradshaw die schöne Nicole nach einem prickelnden Date in seinem Cadillac nach Hause fährt und zum Abschied heiß küsst, weiß er: Er hat seine Traumfrau gefunden! Leider vergisst er, das Nicole auch zu sagen ...


  • Erscheinungstag 28.02.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739508
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Okay, Ladies! Der nächste Mann, der zu haben ist, ist Evan Phillips, dieser attraktive Immobilienmakler von Century South.“ Die Frau am Mikrofon deutete auf den großen dunkeläugigen Mann auf der Bühne. „Evan“, forderte sie ihn auf, „bitte verraten Sie den Damen im Publikum, weshalb sie bei dieser Auktion ausgerechnet Sie ersteigern sollen.“

Evan Phillips beschrieb detailliert den Verlauf eines romantischen Abends, den er der Frau bieten würde, die das höchste Gebot für ihn abgab, beginnend mit einem Dinner in Atlantas berüchtigtem Restaurant „Sun Dial“.

Nicole Reavis drehte sich zu ihrer Kollegin und Freundin Eve Best um. „An manchen Tagen liebe ich meinen Beruf.“

Eve lächelte. „Im Gegensatz zu den Tagen, an denen du in ein Handgemenge zwischen rivalisierenden Frauen gerätst?“

Nicole zuckte innerlich zusammen. Als Redaktionsleiterin der lokalen Talkshow „Just Between Us“ bestand ihre Tätigkeit zu einem großen Teil darin, Themen für die Sendung zu recherchieren. An diesem Abend stand die alljährliche „Children’s Charity Bachelor Auction“ auf dem Programm, eine glamouröse Veranstaltung, bei der ein paar der begehrtesten Junggesellen der Stadt sich zugunsten wohltätiger Zwecke für einen Abend versteigern ließen.

Vor drei Tagen hatte ihr Job sie dagegen in die Situation gebracht, sich schlichtend zwischen zwei Frauen werfen zu müssen, die handgreiflich geworden waren. Dabei hatten sie zuvor noch behauptet, wunderbar miteinander auszukommen, obwohl sie beide ein Verhältnis mit demselben Mann hatten.

In der Welt des Showbusiness wurde es eben niemals langweilig.

„Sei du bloß still. Heute Abend bist du gern mitgekommen, aber als ich verhindern wollte, dass die Streithennen unseren Konferenzraum verwüsten, war von dir seltsamerweise nichts zu sehen.“ Nicole schüttelte den Kopf. „Zum Glück haben sich die beiden versöhnt, sodass wir sie nicht an die Luft setzen mussten. Wie peinlich das gewesen wäre.“

„Hey, du weißt, dass ich dir geholfen hätte, wenn ich da gewesen wäre.“

Nicole lächelte zustimmend. Wäre Eve zu der Zeit im Studio gewesen, dann wäre sie ihr sofort zu Hilfe geeilt. Obwohl sie, Nicole, noch nicht lange zum Team gehörte, hatten sie und Eve sich vom ersten Moment an gut verstanden.

„Außerdem musste ich heute Abend ja mitkommen, um auf Penny aufzupassen.“ Eve schaute über die Menge. „Wo steckt sie überhaupt?“

Penny war Nicoles neue Assistentin, eine junge Frau, frisch vom College und noch sehr naiv. Fast zu naiv für eine Talkshow, die sich auf Themen rund um Partnerschaft und Sex konzentrierte. Doch die Zielgruppe der Achtzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen war hart umkämpft. Daher war Nicole bereit, über Pennys Unerfahrenheit hinwegzusehen, denn sie brachte mit ihrer Unbekümmertheit frischen Wind in das Showressort.

„Sie besorgt die Kandidatenliste von den Organisatoren. Es könnte möglicherweise interessant sein, die Beteiligten nach den Dates zu interviewen.“

„Wir beginnen mit einem Mindestgebot von zweihundert Dollar“, rief die Auktionatorin auf der Bühne.

Sofort hoben etliche Frauen die Hand. Der sexy Immobilienmakler schien heiß begehrt zu sein.

Anfangs war sie skeptisch gewesen und hatte sich gefragt, weshalb offensichtlich erfolgreiche und gut situierte Singles bereit sein sollten, einen so hohen Preis für ein arrangiertes Date zu bezahlen. Doch sobald Nicole den exklusiven Klub betreten hatte, war ihr klar geworden, dass es hier nicht darum ging, einen seelenverwandten Partner zu finden. Die Gäste suchten Spaß und eine Prise Spannung. Die Veranstaltung fand jedes Jahr in einem der schicksten neuen Lokale statt, dieses Mal in einer Nobelbar namens „Oasis“.

Die Einrichtung und die fantasievolle Wandbemalung simulierten eine geheimnisvolle Unterwasserlandschaft. Kunstvolle Kronleuchter in Form von Tintenfischen oder Meergeistern hingen von der Decke, gläserne Muscheln schmückten die Wandlampen. Die Bodenfliesen erinnerten an Sand mit einem Hauch Perlmutt. Nicole fühlte sich vom ersten Moment an von der unwirklichen Atmosphäre in den Bann gezogen.

Und dann war da natürlich noch der Mann am Tresen. Der, den sie den ganzen Abend schon erfolglos zu ignorieren versuchte. Nicht, dass sie eine Abneigung gegen sündhaft attraktive Männer hatte. Leider nahm sie nur an der Veranstaltung teil, um das Publikum zu beobachten, interessante Paare herauszupicken und sich Notizen für die Sendung zu machen. Und das war äußerst schwierig, wenn Mr. Delicious sie an heiße Bettszenen denken ließ.

Nicole hatte ein Faible für Männer im Anzug, und in diesem Fall wirkte der klassische, anthrazitfarbene Einreiher seinem Träger wie auf den perfekten Leib geschneidert. Die silberblaue Krawatte passte zu den Augen des Mannes und brachte sie selbst im schwachen Licht der Bar zum Strahlen. Sein dunkles Haar war kurz geschnitten und auf eine Art zurückgekämmt, die an James Dean erinnerte. Aber es war sein Lächeln mit dem verschmitzten Grübchen in seiner linken Wange, das die stärkste Wirkung auf sie hatte. Bei diesem sanften Lächeln musste eine Frau einfach schwach werden.

Er stand ganz entspannt da, als wäre sein Anzug so bequem wie eine alte Jeans, und sein Lachen schien von Herzen zu kommen. Alles an dem Mann wirkte natürlich, so als wäre er sich seiner umwerfenden Ausstrahlung gar nicht bewusst. Es war nichts Angeberisches oder Berechnendes an ihm, und je länger Nicole ihn beobachtete, desto besser gefiel er ihr.

Das harte Klopfen des Auktionshammers riss sie einen Moment zu spät aus ihren Gedanken, und sie fluchte innerlich. Dies war jetzt schon das dritte Paar, das sie verpasst hatte, weil sie damit beschäftigt gewesen war, Mr. Delicious anzustarren. Mit einem Stirnrunzeln wandte sie sich an Eve: „Wie viel Geld hat der gebracht?“

Eve schmunzelte. „Was ist los mit dir? Verwirren dich die vielen sexy Männer?“

„Nein, nur einer“, gestand Nicole und suchte mit ihrem Blick wieder den schönen Unbekannten.

Eve schaute in die gleiche Richtung. „Welcher?“

„Der große in der Mitte“, antwortete Nicole abwesend.

„Welcher Große? Was habe ich verpasst?“, fragte Penny, die gerade mit der Teilnehmerliste auftauchte.

„Nicole hat einen Mann entdeckt, auf den sie bieten möchte“, sagte Eve.

„Was? Nein, Unsinn“, protestierte Nicole. „Ich finde ihn nur attraktiv, das ist alles.“ Bei dem Gedanken, dass eine andere Frau ihn ersteigern könnte, verspürte sie jedoch unverhofft einen Anflug von Eifersucht.

Wieder blickte sie zu ihm hinüber. Seit fast einer Stunde stand er nun schon da, eine Hand in der Hosentasche und das Jackett auf dieser Seite lässig nach hinten geschlagen, sodass seine breite Brust gut zur Geltung kam. Während der Mann neben ihm auf ihn einredete, nahm er einen Schluck von seinem Drink und ließ seinen Blick über die Menge schweifen. Nicole tippte darauf, dass solche Anlässe, bei denen sich Geschäft und Vergnügen vermischten, für ihn nichts Ungewöhnliches waren, und sie fragte sich, wer er war und welchen Beruf er hatte.

In dem Moment lachte der Mann, und ihr Puls beschleunigte sich. Gerade als sie dachte, dass sie nun wirklich wegschauen sollte, fiel sein Blick direkt auf sie.

Mit einem leichten Hochziehen der Augenbrauen verriet er sein Interesse. Ein Lächeln umspielte seinen sinnlichen Mund, und Nicole fühlte sich erregt und ertappt zugleich.

Wurde ihr heiß vor Lust oder vor Verlegenheit? Und wenn es Verlegenheit war, wieso fand sie dann nicht die Kraft, wegzusehen?

Es war sein Blick, der sie lähmte und so in seinen Bann zog, dass sie nicht einmal mehr blinzeln konnte. Und als er sie dann auch noch von oben bis unten musterte, war es, als würden tausend Fingerspitzen über ihre Haut streichen.

Da er ihre Sinne schon mit einem Blick so sensibilisieren konnte, fragte sie sich gespannt, was erst seine Berührungen in ihr auslösen würden.

„Na, wenn das keine Einladung ist, weiß ich auch nicht“, meinte Penny trocken.

Nicole räusperte sich und wirbelte herum. Sie kam sich lächerlich vor, weil der Fremde es zum vierten Mal an diesem Abend geschafft hatte, sie abzulenken. Vielleicht hatten ihre Kollegen recht und sie arbeitete zu viel, seit es in ihrem Leben drunter und drüber ging.

Als ob ihr Leben nicht schon kompliziert genug wäre, hatten Nicole und vier weitere Mitarbeiter von „Just Between Us“ in der größten Lotterie des Staates, „Lot O’ Bucks“, gewonnen. Die unglaublich hohe Gewinnquote hatte sie alle fünf über Nacht von ganz normalen Arbeitnehmern in Multimillionäre verwandelt.

In ihren Augen war der Gewinn ein Wink des Schicksals, der ihr sagte, dass ihr Umzug nach Atlanta richtig war. Vorher hatte sie manchmal daran gezweifelt, ob es klug gewesen war, ihr Zuhause und ihre vielversprechende Karriere in Kalifornien aufzugeben. Damals war sie aus der Bahn geworfen worden von der Nachricht, dass ihr Leben auf einer Lüge basierte, dass sie nicht der Mensch war, der sie zu sein geglaubt hatte, und dass ihre eigentlichen Wurzeln nicht einmal in Kalifornien lagen.

Sie war in Wahrheit ein Südstaatenkind, und wie ein Immigrant, der sich danach sehnte, in die Heimat zurückzukehren, war sie nach Atlanta gezogen. Hier wollte sie den Scherbenhaufen, zu dem ihr Leben geworden war, sortieren. Sie war auf der Erfolgsleiter einen Schritt zurückgegangen und hatte sich bewusst einen kleinen Sender ausgesucht, weil sie geglaubt hatte, der Stress dort würde nicht so groß sein. Sie hatte gehofft, mehr Zeit zum Nachdenken zu haben.

Leider hatte sich der Job als fordernder und hektischer herausgestellt, als sie erwartet hatte. Zeit zum Nachdenken gab es nicht, schon gar nicht darüber, wo ihr Platz in dieser Welt war. Sie war verunsichert, hatte ein wenig Heimweh bekommen und angefangen, ihren Umzug nach Georgia zu bereuen. Bis der Lottogewinn ihr Leben und ihre Sicht der Dinge mit einem Schlag verändert hatte.

Nicole hatte es so gedeutet, dass das Schicksal ihr damit sagen wollte, dieser Weg, so steinig er auch sein mochte, war der richtige. Trotz des Medienrummels um die Tippgemeinschaft hatte ihr der Millionengewinn ein beruhigendes Gefühl von Sicherheit vermittelt.

Bis Liza offiziell Einspruch eingelegt hatte.

Liza Skinner war Nicoles Vorgängerin in der Redaktion und hatte die Talkshow „Just Between Us“ mitentwickelt. Liza, Jane und Eve hatten seit der ersten Ausstrahlung der Sendung vor drei Jahren zusammen in einer Tippgemeinschaft Lotto gespielt. Aber dann hatte Liza den Sender verlassen und war ohne jede Erklärung abgetaucht. Man hatte eine Nachfolgerin für sie suchen müssen, und schließlich hatte sie, Nicole, die Stelle bekommen. Zusammen mit Cole und John war sie dann auch noch der Tippgemeinschaft beigetreten. Es hatte sich gelohnt. Sie fünf hatten den Jackpot geknackt und konnten sich über achtunddreißig Millionen Dollar freuen, die zu gleichen Teilen unter ihnen aufgeteilt werden sollten.

Leider hatte die immens hohe Gewinnsumme für Schlagzeilen gesorgt und Liza aus der Versenkung gelockt. Sie hatte nicht gezögert, nach Atlanta zurückzukehren und einen Anteil für sich zu beanspruchen. Obwohl die Gruppe Liza nichts schuldete, hatte die einen Anwalt eingeschaltet und bei der Lottogesellschaft protestiert. Die Auszahlung des Betrags wurde daraufhin bis zur Klärung aller Ansprüche verschoben, und den fünf Gewinnern blieb nichts anderes übrig, als ihre Pläne erst einmal auf Eis zu legen. Danach hatte Nicole sich wieder gefragt, ob der Süden wirklich gut für sie war.

All das war vielleicht ein bisschen viel gewesen, und womöglich suchte sie ein Ventil, um Dampf abzulassen. In der erotisch aufgeheizten Atmosphäre der maritimen Bar fiel die Anspannung der letzten Monate endlich einmal von ihr ab.

Das war alles.

Oder?

Sie schaute in Pennys übermütig funkelnde Augen.

„Du solltest auf ihn bieten.“

Nicole versuchte so zu tun, als wäre dieser Vorschlag das Lächerlichste, was sie je gehört hatte. „Ich biete auf niemanden“, erwiderte sie wenig überzeugend.

„Komm schon. Wir recherchieren für die Show. Wie könnte man besser einen Einblick in die Sache bekommen als dadurch, dass man mitmacht?“

Nicole schaute Eve an, bei der Pennys verrückte Idee tatsächlich Anklang zu finden schien.

„Sie hat nicht ganz unrecht“, meinte Eve.

Nicole biss sich auf die Unterlippe, drehte sich um und musterte den Mann erneut. Es war eine Sache, den Unbekannten von Weitem zu bewundern. Selbst zu ihm hinüberzugehen und ein Gespräch mit ihm anzufangen wäre in Ordnung. Aber ihn zu einem Date zu zwingen, indem man ihn bei einer Auktion ersteigerte? Könnte sie wirklich so weit gehen?

Während sie den sexy Typ schon wieder mit Blicken verschlang, fragte sie sich, wem sie etwas vormachen wollte. Natürlich könnte sie so weit gehen. In null Komma nichts.

„Du musst das tun“, drängte Penny sie. „Für die Show.“

„Für die Show“, wiederholte Nicole.

Devon Bradshaw nippte an seinem Bourbon, während er das bezauberndste Wesen, das er seit Langem gesehen hatte, aus der Ferne bewunderte. Groß, blond und schön hatte die Frau mit einem einzigen Blick seine Aufmerksamkeit erregt und in ihm die Hoffnung geweckt, dieser Abend würde doch kein so schlimmes Ende nehmen.

Er und seine Brüder Bryce und Todd waren von ihrer Schwester Grace zu diesem Event geschleppt worden. Zunächst hatte sie behauptet, dass sie nichts von einer Junggesellenversteigerung gewusst hatte. Als sie ihnen die Möglichkeit zum Ausstieg bot, war Bryce, der Vernünftige, sofort abgesprungen. Er hatte das ebenfalls vorgehabt, bis Todd ihn herausgefordert hatte. Wer das höchste Gebot erzielte, sollte der Sieger sein. Der Verlierer musste den Betrag verdoppeln und spenden. Selbst da hatte er noch versucht, sich zu drücken. Doch die Wette hatte sich bis zu Grace und den Organisatoren der Veranstaltung herumgesprochen. Eins führte zum anderen, und nun stand er hier und fragte sich, wie der Abend für ihn ausgehen würde.

Im Grunde diente sein Erscheinen bei solchen gesellschaftlichen Anlässen nur dazu, das Ansehen der Firma Bradshaw Investment hochzuhalten. Für ihn als künftigen Chef des Familienunternehmens gehörten Auftritte wie dieser zu seinem Job, auch wenn es ihm nicht besonders angenehm war.

Doch die atemberaubende Blondine am anderen Ende der Bar hatte seine Einstellung dazu geändert.

Anmutig, auffallend und frisch wie ein Sommertag – diese Frau hatte das gewisse Etwas. Ihre Figur war schlank und sportlich, ihr Teint leicht gebräunt. Sie war der Typ, der in Jeans und auf Rollerblades vollkommen natürlich wirken würde, sich in dem hübschen rosa Kleid und den High Heels aber als echte Schönheit entpuppte.

„Ich kann nicht glauben, dass ihr beide das tun wollt“, ereiferte sich Bryce. „Statt euch für diese Versteigerung herzugeben, solltet ihr lieber mit mir in der Firma sein, um herauszufinden, wer das Unternehmen bestiehlt.“

Devon versuchte abzuwiegeln. „Wir wissen nicht, ob es sich wirklich um Diebstahl handelt, und falls es so ist, wird die Buchhaltung uns sofort informieren, wenn sie Beweise gefunden hat.“

„Die Sache ist ernst. Wir sollten die Zügel straffer halten.“

Die Bemerkung führte Devon wieder einmal vor Augen, dass Bryce wesentlich besser zum Chef von Bradshaw Investments geeignet war als er. Doch in der Familie war es Tradition, dass der Erstgeborene eines Tages das Unternehmen führte. Und so war sein Weg von Geburt an festgelegt gewesen. Er hatte nach der Schule Wirtschaft und Betriebsmanagement studiert und schon als Teenager in der Firma gejobbt, die er irgendwann einmal leiten sollte.

Das Problem war nur, dass ihn der Job zu Tode langweilte. Sein Vater, der offiziell immer noch der Boss war, zog sich immer mehr aus dem Geschäft zurück und überließ ihm entsprechend mehr Kompetenzen. Aber er hatte längst begriffen, dass die Arbeit nicht interessanter wurde, je höher er auf der Karriereleiter emporstieg. Er bezweifelte, dass er es noch ein Jahr länger aushalten konnte, geschweige denn den Rest seines Lebens.

Die Frage war nur, wie er sich verhalten sollte. Seine Ankündigung, mit der Familientradition zu brechen, würde für Wirbel sorgen. Der Zeitpunkt dafür wäre jetzt, wo gerade bei der jährlichen Revision verdächtige Unstimmigkeiten in den Büchern entdeckt worden waren, denkbar ungünstig. Investoren reagierten äußerst sensibel auf solche Vorkommnisse, und ein guter Ruf ging über alles. Falls irgendetwas in der Firma nicht stimmte, mussten sie das erst klären, bevor er mit seiner Entscheidung für Unruhe sorgte.

Devon leerte sein Glas und beschloss, an diesem Abend an nichts anderes zu denken als an die schöne Blondine.

Er legte seinem jüngeren Bruder einen Arm um die Schultern. „Lass mich dir einen gut gemeinten Rat geben. Vergiss die Revision für ein paar Stunden. Du tust mehr für die Firma, wenn du hier vor allen Leuten Selbstvertrauen demonstrierst, als wenn du unseren Buchhaltern auf die Finger schaust und sie damit nur nervös machst. Sie haben deine Handynummer, und falls sie irgendetwas Gravierendes feststellen sollten, rufen sie dich sofort an.“

Er bestellte sich noch einen Drink und schob einen Zwanziger über die glatte Marmortheke.

„Verstehe“, sagte Bryce. „Und du versuchst inzwischen dein Glück bei der Blondine da drüben.“

Devon zwinkerte ihm lächelnd zu. „Messerscharf kombiniert, Bruderherz.“ Er schaute wieder in ihre Richtung. „Mit wem redet sie da? Irgendwie kommt die mir bekannt vor.“

Bryce musterte die Brünette. „Ich glaube, das ist die Moderatorin dieser Talkshow ‚Between Friends‘ oder so ähnlich. Ich habe den Titel vergessen. Es ist eher eine Sendung für ein sehr junges Publikum.“

„Oh ja, ich weiß, welche Show du meinst.“ Devon trank einen Schluck. „Ob die Blonde eine Kollegin von ihr ist?“

„Wenn ja, ist sie wahrscheinlich Millionärin. Du hast doch sicher davon gehört, oder?“ Als Devon den Kopf schüttelte, erklärte Bryce: „Ein paar von denen haben in einer Tippgemeinschaft Millionen gewonnen – die Brünette auf jeden Fall.“ Mit einem Schulterzucken fügte er hinzu: „Vielleicht sind sie hier, um ihr Vermögen auszugeben.“

„Ich kann ja mal ein paar Vorschläge machen, wie sie das Geld gut anlegen.“ Devon stellte sein Glas ab. „Am besten, ich gehe mich vorstellen.“

Bryce öffnete den Mund, um zu protestieren, doch bevor er etwas sagen konnte, ertönte eine leise Stimme hinter ihnen.

„Na, wenn das nicht mein Lieblingsfinanzberater ist. Wie viel muss ich heute Abend für dich zahlen?“

Ein Frösteln überlief Devon, als er Abigail Westlaw erkannte, eine Immobilienmaklerin, mit der er, als er vorübergehend nicht ganz bei Trost gewesen sein musste, geschlafen hatte. Nur ein einziges Mal. Es war gewiss nicht so, dass er Abbey nicht attraktiv genug fand, um die Affäre fortzusetzen. Es hatte schon ziemlich zwischen ihnen geknistert. Das Problem war nur, dass sie, kaum dass sie ihren Morgenkaffee ausgetrunken hatten, in der ganzen Stadt Einzelheiten über ihr Date herumerzählt hatte.

Und dieser Redseligkeit war es zu verdanken, dass sich danach ein Dutzend andere Männer meldeten, die ebenfalls das Vergnügen mit Abbey gehabt hatten, um eifrig Erfahrungen auszutauschen.

Man mochte ihn altmodisch finden, aber Devon wollte der Einzige sein. Wenn er sich die Zeit genommen hätte, Abbey besser kennenzulernen, hätte er rechtzeitig erfahren, dass sie die Abwechslung liebte und die Männer oft wechselte.

Er lächelte gezwungen. „Warum auf gebrauchte Ware bieten? Sicher bist du mehr an etwas Neuem interessiert.“

Mit einem übertriebenen Lachen warf sie ihr Haar zurück und schlang einen knochigen Arm um seine Schultern. „Devon, du warst schon immer ein Komiker.“

Ein Komiker?

Er versuchte ruhig zu bleiben und sagte sich, dass es Schlimmeres gab, als einen romantischen Abend mit Abbey zu verbringen. Obwohl ihm aus dem Stegreif nichts einfiel.

Abbey küsste ihn auf die Wange und drückte seinen Arm.

„Wenn der Preis stimmt, gehe ich heute Nacht vielleicht mit mehreren Prachtexemplaren nach Hause“, sagte sie anzüglich. „Ich wollte nur, dass du weißt, dass du meine erste Wahl bist.“

Damit ging sie fort und ließ Devon mit einem mulmigen Gefühl an der Bar zurück.

2. KAPITEL

„Ich hoffe, du bist seelisch darauf vorbereitet zu verlieren“, sagte Todd zu seinem Bruder Devon. „Es gibt etliche Frauen in diesem Saal, die ganz heiß darauf sind, den am besten aussehenden Bradshaw zu ersteigern.“

„Wie schön für dich“, erwiderte Devon halbherzig. Abbeys Worte klangen ihm noch im Ohr. Nun war er erst recht sauer auf seinen Bruder, weil er ihn zu diesem Quatsch überredet hatte.

„Es ist reine Strategie“, fuhr Todd fort und tippte sich dabei mit einem Finger an die Stirn. „Während du hier mit Bryce Händchen gehalten hast, habe ich mir Bieterinnen gesichert.“ Lächelnd schaute er über die Menge. „Und ich setze alles auf eine sexy Rothaarige namens Tammy.“

Während Devon gar nicht auf die Idee gekommen war, Werbung für sich zu machen, schien diese Sache so richtig nach Todds Geschmack zu sein. Der geborene Verkäufer könnte einen Landstreicher dazu überreden, seinen letzten Dollar zu opfern, und ihm dabei noch ein schlechtes Gewissen einreden, weil er nicht mehr gegeben hatte. Wenn dann noch der Wettkampfgedanke hinzukam, so wie bei dieser Veranstaltung, war Todd nicht mehr zu bremsen.

Ihr Vater hatte recht daran getan, seinen jüngsten Sohn für das Anwerben von Investoren verantwortlich zu machen. Todd liebte es, den Leuten ihr Geld abzuschwatzen. Obwohl Devon den Geltungsdrang seines Bruders oft anstrengend fand, musste er zugeben, dass Todd seinen Job gut machte.

Devon lag nichts daran, seinen Bruder bei der Auktion zu übertrumpfen. Ihm ging es nur darum, unter allen Umständen ein Date mit der einzigen Frau im Raum, die sein Interesse – und seine Lust – geweckt hatte, zustande zu bringen.

Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt, während sie sich mit ihren Freundinnen unterhielt, und bot ihm nun den verlockenden Anblick ihres wohlgeformten Pos. Devon ballte die Hände zu Fäusten und unterdrückte den Wunsch, einfach zu ihr zu gehen und ihr über die Hüften zu streichen. Nur dieser eine heiße Blickkontakt mit ihr hatte ihm das Gefühl gegeben, als hätte er das Recht dazu. Er musste sich gewaltsam an seine gute Erziehung erinnern.

„Was ist mit dir? Hast du dir ein paar Chancen gesichert?“, fragte Todd.

„Abigail Westlaw“, warf Bryce grinsend dazwischen.

„Na, da kannst du aber stolz sein“, spottete Todd. „Mal im Ernst. Hast du heute Abend etwa noch mit keiner Frau gesprochen?“

„Ich wollte mich gerade einer bezaubernden Blondine vorstellen“, sagte Devon und schaute wieder in ihre Richtung.

„Die Blonde von ‚Just Between Us‘?“, fragte Todd.

Devon horchte auf. „Du kennst sie?“

Todd schaute zu den drei Frauen hinüber. „Ich habe von ihr gehört. Sie produziert die Show mit. Eve Best …“, er deutete auf die Brünette, „… ist die Moderatorin. Die kleinere Blonde ist eine Assistentin. Ich war zufällig dabei, als sie mit dem Veranstalter sprach. Sie sind beruflich hier. Wahrscheinlich planen sie eine Sendung über Junggesellenversteigerungen.“

„Dann sind sie also nicht hier, um selbst zu bieten“, folgerte Devon enttäuscht.

„Keine Ahnung.“

„Nun, es gibt eine Möglichkeit, das herauszufinden“, meinte Devon. Er wollte zu den Frauen gehen, doch Todd hielt ihn zurück.

„Hey, wo willst du hin? Evanne möchte, dass wir auf die Bühne kommen. Wir sind gleich dran.“

„Jetzt schon? Die Auktion hat doch gerade erst angefangen.“

Autor

Lori Borrill
Lori Borrill fing im Juni 2004 mit dem Schreiben an, nachdem ihr Ehemann seine damalige Arbeit aufgab um seinem Traum nachzugehen ein eigenes Unternehmen zu gründen. Dieser Schritt trug nicht gerade dazu bei den vollgestopften Terminplan der beiden zu entschärfen, aber er wurde ein beständiges Beispiel dafür, dass Träume deren...
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