Wilder Sex und heiße Küsse

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Sie könnten gegensätzlicher nicht sein: die naturverbundene Tierärztin Jessica und der hektische Schriftsteller Daniel, der in New York Karriere gemacht hat. Als er in die Kleinstadt Oaks zurückkehrt, um in dem Haus seiner verstorbenen Großeltern zu leben, stellt er überrascht fest, dass die Villa vermietet ist. Und zwar an Jessica, mit der er sich früher häufig stritt. Trotzdem gelingt es ihm, sie zu überreden, ihn für kurze Zeit aufzunehmen. Alles scheint in Oaks wie früher zu sein - nur eins hat sich entscheidend geändert: Jessica macht ihn noch immer verrückt, aber diesmal auf äußerst angenehme Art und Weise...


  • Erscheinungstag 01.11.2012
  • Bandnummer 1100
  • ISBN / Artikelnummer 9783864947872
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

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1. KAPITEL

Die Türglocke läutete. Oscar ließ sein übliches Knurren vernehmen. Als Echo schrillten zwei Quiekser aus der Garage durch die geöffnete Verbindungstür in die Küche.

Im Wohnzimmerbüro klingelte das Telefon.

Jessica Sorenson hielt das Babyfläschchen unter fließend kaltes Wasser und trocknete sich hastig die Hände.

Die Türglocke schellte erneut.

“Komme gleich!”, rief Jessica und schraubte den Sauger auf.

Oscar fauchte.

“Kann ich dir helfen?” Mücke steckte den Kopf durch die Verbindungstür. Seine aschblonden Haare standen wie immer hoch wie die Rückenborsten eines Stachelschweins.

“Könntest du ans Telefon gehen?”, rief Jessica durch das Bellen, Maunzen und Quieksen und eilte zur Tür. Herrje, war das wieder ein Tag gewesen! Und es sah Mrs. Conrad ähnlich, jetzt noch mehr Hektik zu verursachen. Seit sechs Monaten kam sie jeden Montag- und Mittwochabend zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt vorbei, nur um ein Schwätzchen zu halten.

“Na klar doch”, sagte Mücke und trottete ins Wohnzimmer.

Als Jessica nach wiederholtem Klingeln und heftigem Klopfen endlich die Haustür erreichte, musste sie feststellen, dass diese abgeschlossen war, weil Xena mittlerweile genauso ein Ausreißer geworden war wie Pearl und auch genauso gern die Azaleen des Nachbarn auffraß, wenn sie Gelegenheit dazu bekam.

Jessica schloss auf und drehte sich irritiert um, weil sie ein eigenartiges Geräusch hörte. Hoffentlich hatte Mücke nicht vergessen, die Käfige zu schließen. Er war ein guter Junge und blitzgescheit, manchmal jedoch ein bisschen zerstreut.

Doch sie konnte kein Anzeichen für nahendes Unheil erkennen, und so machte sie die Tür weit auf. “Tut mir leid, Mrs. Con…”, begann sie, noch ehe sie sich ganz zur Tür umgedreht hatte, hielt dann aber erschrocken inne.

Zwischen den Zitronenmelissesträuchern ihrer Großmutter stand ein fremder, merkwürdig aussehender Mann. Er hatte glatt zurückgekämmtes schwarzes Haar, eine hohe Stirn, ausgeprägte Wangenknochen und hatte sich, nach seinen Bartstoppeln zu urteilen, seit mindestens zwei Tagen nicht mehr rasiert. Er war so schlank, dass er fast hager wirkte, trug schwarze Kleidung, die seine Blässe betonte, und versteckte seine Augen hinter einer Sonnenbrille.

Allein die Sonnenbrille machte Jessica schon nervös. Augen erzählten immer eine Geschichte, bei Menschen wie bei Tieren, und so wusste sie nicht, ob sie ihn begrüßen oder ihm das Fläschchen an den Kopf werfen und wegrennen sollte. Aber wahrscheinlich war das noch ein Rest von ihren Ängsten aus ihrer Collegezeit in der Großstadt.

“Kann ich Ihnen helfen?”, fragte sie also, während sie das Fläschchen trocken wischte.

Der Mann hob seine Augenbrauen. “Wieso wohnt hier jemand? Ich dachte, das Haus steht immer noch zum Verkauf.”

Sie zwang sich, ruhig zu bleiben. “Das tut es auch, aber …”

“Was, zum Teufel, ist dann hier los?”

Jessica straffte die Schultern und holte tief Luft. Sie hatte sich nicht zehn Jahre lang abgerackert, um jetzt vor einem mysteriösen Fremden zu kuschen.

“Wer sind Sie?”, fragte sie mit fester Stimme. “Und was wollen Sie?”

“Was ich will?” Er nahm die Sonnenbrille ab und starrte Jessica empört an. Seine Augen waren dunkelbraun, das Weiße war rot geädert, und sein Blick wirkte ebenso grimmig wie sein Gesichtsausdruck. “Ich will wissen, was du in meinem Haus zu suchen hast, Sorenson.”

Beim Klang ihres Namens erstarrte sie. Ein Schauer überlief sie, und in ihrem Kopf wirbelten die Erinnerungen durcheinander. “MacCormick?”, entfuhr es ihr leise, doch noch während sie den Namen aussprach, war sie sicher, dass sie sich irrte. Daniel MacCormick, der sie früher immer mit ihrem Nachnamen angeredet hatte, war seit über zehn Jahren nicht mehr in Oakes gewesen, und nach allem, was er in der Vergangenheit über ihre kleine Heimatstadt gesagt hatte, war es auch höchst unwahrscheinlich, dass er hierher zurückkehrte.

“Was, um alles in der Welt, machst du hier?”, wollte er wissen.

“Daniel MacCormick?”

“Du meine Güte, Sorenson, was dachtest du denn, wer ich bin?”

“Ich weiß nicht”, erwiderte sie und musste vor Erleichterung und Nervosität lachen. Er sah überhaupt nicht aus wie der Daniel, mit dem sie zwölf Jahre lang zur Schule gegangen war. Damals hatte er muskulöse Schultern gehabt, kurzes, sonnengebleichtes Haar und eine Hornbrille getragen. Gut, er hatte seine Ecken und Kanten gehabt und war sehr eigensinnig gewesen, aber hinter der rauen Schale hatte man immer den weichen Kern erkennen können. Dieser Mann hingegen …

“Was ist aus eurer kleinstädtischen Gastfreundlichkeit geworden?”, erkundigte er sich und blickte verdrossen die von Ulmen gesäumte Straße hinunter. “Willst du mich jetzt hineinbitten oder wie einen Trottel hier stehen lassen?”

Die Frage holte sie in die Realität zurück. “Du siehst schrecklich aus”, sagte sie, da sie sich nicht zu mehr Freundlichkeit verpflichtet sah, als er ihr entgegenbrachte. “Warum bist du hier?”

“Bestimmt nicht, damit du mein Aussehen beurteilst”, versicherte er und trat einen Schritt vor.

“Wer sind Sie denn?” Mücke baute sich beschützend neben Jessica auf.

Daniel antwortete nicht, sondern starrte den Jungen nur an.

“Alles in Ordnung, Jess?”, erkundigte Mücke sich besorgt, während er Daniels starren Blick erwiderte.

“Sicher.” Jessica und Daniel waren nie richtige Freunde gewesen. Eher scharfzüngige Gegner. Trotzdem hatte er ihr nie Angst gemacht. “Ich bin okay. Mücke, das ist …”

“Ein alter Freund von Jessica”, erklärte Daniel mit Bestimmtheit.

Mücke schwieg einen Moment. Dann sagte er: “Ich bin Nathan, aber alle nennen mich Mücke.”

“Wie typisch für Iowa.”

“Ja”, meinte Mücke leicht verstimmt, immer noch mit misstrauischem Unterton. “Soll ich hierbleiben?”, fragte er zu Jessica gewandt.

“Nein”, entgegnete sie zögernd. “Du musst doch noch die Futtersäcke abholen.”

“Schon, aber …” Mücke blickte wieder argwöhnisch auf Daniel. Schwarz galt in Iowa nicht als Farbe. Mückes Hemd war sonnenblumengelb mit roten und lila Mohnblumen. Das waren Farben! “Bist du sicher?”

“Der Laden macht um sechs Uhr zu”, erinnerte sie ihn.

“Na gut.” Mücke schob sich langsam an Daniel vorbei, ging die Verandatreppe hinunter und warf den beiden einen letzten Blick zu, ehe er in den Buick seines Vaters stieg und losfuhr.

“Dein Sohn?”, erkundigte sich MacCormick.

Sie machte ein entgeistertes Gesicht. “Wer?”

“Moskito.”

Sie überlegte einen Moment. “Mücke? Natürlich nicht. Himmel, Daniel! Du bist verrückt wie eh und je. Was ist aus deinen detektivischen Fähigkeiten geworden? Ich dachte, du wärst ein toller Reporter oder so was. Er hat mich Jess genannt.”

Daniel zuckte mit den Schultern, und ihr fiel ein, dass er seinen Vater zeitlebens William genannt hatte. “Also nur du und das Baby?”

“Wie?”

Daniel deutete auf das Fläschchen in ihrer Hand, das sie längst vergessen hatte. “Du und das Baby, seid ihr die Einzigen, die hier wohnen, oder hängt der glückliche Vater hier auch irgendwo herum?”

Jessica wurde wütend. Vielleicht war sie nicht mehr so schlagfertig wie zur Highschoolzeit, aber ihr lag bereits eine scharfe Antwort auf der Zunge, als sie ein Kitzeln an ihrem nackten Bein spürte und ein hungriges Blöken hörte.

“Kein Vater”, sagte sie, kniete sich hin und gab dem Lamm das Fläschchen. “Nur ich und das Baby. Daddy ist mit einem Schaf durchgebrannt.” Sie schnitt eine Grimasse. “Einer Blondine.”

Daniel lachte nicht, sondern schob sich mit verkniffenem Gesicht an ihr vorbei. “Was für eine Show ziehst du hier eigentlich ab, Sorenson?” Sein Blick schweifte durch das Wohnzimmer: über die Blumen, die sich um die Bogenfenster rankten, die unzähligen Blumentöpfe mit Kräutern, die exotischen Blumen – und Xena, die auf den Hinterbeinen stand und aus dem Fenster sah. “Was macht denn das Wiesel in meinem Wohnzimmer?”

“Das ist kein … Dein Wohnzimmer?” Sie zwang sich zu einem Lachen. “Das ist nicht dein Wohnzimmer, Daniel MacCormick. Das Haus gehört Cecil.”

“Nicht mehr lange.”

Jessica merkte, wie sie blass wurde. Aus dem Nebenzimmer erklang Schweinegrunzen. “Wovon sprichst du?”

“Er wird das Haus verkaufen.”

“Das würde er niemals tun”, entgegnete sie mit schwacher Stimme. “Wir haben eine Abmachung.”

“Eine Abmachung? Worüber? Dass du das Haus meiner Eltern in einen Stall verwandeln darfst?”

“Hör zu, Daniel. Das hat nichts mit dir zu tun.”

“Natürlich hat das was mit mir zu tun.” Er musterte sie von oben bis unten – das abgetragene Flanellhemd, von dem sie wegen der Hitze einfach die Ärmel abgeschnitten hatte, die ausgebleichten Jeansshorts, ihre braun gebrannten langen Beine, die nackten Füße, vor denen das saugende Lämmchen stand und eifrig mit dem Schwanz wackelte. “Ich will, dass du mit deiner stinkenden Menagerie aus meinem Haus verschwindest.”

Die Tür eines Pick-ups wurde zugeknallt, und Jessica fuhr zusammen. Sie zog dem Lamm das leere Fläschchen aus dem Maul, sprang auf und lief aus dem Haus den Weg hinunter. “Cecil, du verkaufst es doch nicht, oder?”

“Verkaufen? Was denn?”, erkundigte sich Cecil in seiner üblichen brummigen Art.

“Na, das Haus. Du verkaufst es doch nicht, oder?”

Sie spürte Daniel MacCormick hinter sich, noch ehe sie seine Stimme hörte.

“Du hast gesagt, dass du es verkaufst.”

Cecil machte ein erstauntes Gesicht. “Danny, mein Junge, bist du das?”

“Am Telefon hast du gesagt, es sei zu verkaufen”, beharrte Daniel mit Nachdruck.

“Junge, du siehst ja aus, als hätte dich ein Viehwagen überrollt. Was ist mit dir passiert?”

“Ich habe einen Käufer für das Haus gefunden.”

“Für Willys Haus?”

“Du kannst es nicht verkaufen, Cecil”, fuhr Jessica dazwischen. “Ich habe gerade …”

“Natürlich verkauft er es! Du bist immer noch so einfältig wie früher”, warf Daniel ein.

“Und du bist …”

“Hat er dir Ärger gemacht?”

Jessica zuckte zusammen. “Grandma!”, rief sie und drehte sich zu ihrer Großmutter um. Für eine Frau über achtzig konnte Edna Sorenson sich erstaunlich flink und leise bewegen. Und die Tatsache, dass sie eine Hand auf dem Rücken hielt, machte Jessica nicht gerade ruhiger. “Ich dachte, du wolltest heute die Jungs baden.”

“Ich hab ihn vorfahren sehen”, meinte Edna mit kurzem Nicken in Cecils Richtung. “Und wenn ich nicht aufpasse, betrügt er dich nach Strich und Faden – genau wie mich.” Sie zog ein Gewehr hinter ihrem Rücken hervor.

“Ich habe dich nie um etwas betrogen!” Cecils Gesicht wurde puterrot. “Und nimm das Ding weg, bevor du dir damit in den Kopf schießt.”

“Es ist nicht mein Kopf, in den ich schießen will”, entgegnete Edna und zielte auf Cecil.

“Um Himmels willen, Grandma!” Jessica packte die alte Dame am Arm und zielte mit der Waffe in den Himmel. “Du kannst Cecil doch nicht erschießen!”

“Wollen wir wetten?”

“Er lässt uns in seinem Haus wohnen!”

“Ich will nicht in diesem verdammten Haus wohnen. Überall zieht’s wie Hechtsuppe.”

Cecil wurde noch roter, und die Adern in seinem Hals traten deutlich hervor. “Wenn es euch nicht gefällt, könnt ihr gern …”

“Nein!”, rief Jessica schnell. “Wir lieben dieses Haus. Wirklich. Wir wohnen gern hier. Nicht wahr, Grandma?”

Doch Edna schwieg stur und starrte auf ihre Hände.

“Ich jedenfalls bin dir sehr dankbar”, sagte Jessica zu Cecil gewandt. “Wirklich.”

“Das weiß ich doch, Liebes”, meinte er mit versöhnlichem Blick. “Aber …”

“Aber das ist jetzt auch egal”, fuhr Daniel kurzerhand dazwischen. “Weil er das Haus verkaufen wird.”

“Ach, werde ich das?”, fragte Cecil.

“Du willst es wirklich verkaufen?”, hakte Jessica nach.

“Den Teufel wirst du tun!” Jessicas Großmutter fuchtelte erneut mit der Waffe herum. “Du hast gesagt, meine Kleine darf hier wohnen, bis sie sich ein eigenes Haus leisten kann, und du wirst dein Wort nicht brechen!”

“Das habe ich ja auch nicht vor. Und jetzt nimm endlich das Ding da weg!”, befahl Cecil.

“Warum sollte ich?”

“Ich werde auch Miete zahlen”, unterbrach Jessica die beiden Streithähne.

“Du brauchst keine Miete zu bezahlen”, meinte Edna barsch.

“Sie zahlt keine Miete?”, erkundigte sich Daniel ungläubig. Das wurde ja immer schöner! Zugegeben, er hatte das Haus nie gewollt und war froh gewesen, dass sein Onkel sich um alles kümmerte. Aber das war, bevor seine treulose Muse Melissa ihn im Sumpf einfallslosen Stumpfsinns hatte sitzen lassen.

“Es ist ja nicht so, dass ich’s nicht angeboten hätte”, verteidigte sich Jessica.

“Mach dir darüber keine Gedanken”, meinte Cecil beschwichtigend.

“Oh, darüber sollte sie sich aber doch Gedanken machen!” Daniel war fassungslos. “Weil …” Mist! Was sollte er sagen? Seine Probleme laut herauszuposaunen war das Letzte, was er wollte. Vor allem nicht an diesem Ort, den er geschworen hatte, nie wieder zu besuchen. “Weil morgen der Käufer kommt.”

“Morgen!”, klang es ihm dreistimmig entgegen.

“Genau, morgen”, wiederholte Daniel. “Such die Papiere zusammen, Cecil, damit ich sie heute Abend noch unterschreiben kann.”

“Heute Abend! Das geht nicht, Danny. Ich wollte es dir ja schon am Telefon erklären, dass Jessica hier wohnt …”

“Das Haus ist zu verkaufen, oder nicht?”

“Ja, aber …”

“Dann verkaufe es.” Daniel fühlte sich plötzlich müde und abgeschlagen. “Sorenson ist schlauer, als sie aussieht. Sie wird eine neue Unterkunft finden.”

“Wo denn?”

“Das ist mir piepegal. Sag ihr einfach, sie soll aus meinem Haus verschwinden!”

“Aus deinem Haus?” Cecil sah ihn scharf an.

“Ich meine natürlich aus deinem Haus.”

Jessica warf Daniel denselben Blick aus himmelblauen Augen zu, der ihm früher Schmetterlinge im Bauch beschert und die Sprache verschlagen hatte – ein harter Schlag für einen Jungen, der sich fest an die Überzeugung klammerte, durch seinen herausragenden Intellekt über den anderen zu stehen.

“Wer ist es denn, der sich so plötzlich für dieses Haus interessiert?”, erkundigte sie sich neugierig.

“Das geht dich nichts an. An deiner Stelle würde ich mir lieber Gedanken machen …”

“Aber mich geht es etwas an”, fuhr Cecil dazwischen. “Ich will hier keine Drogenhändler oder sonst irgendein Pack in meinem Haus wohnen haben.”

“Aber nein, du kannst ganz beruhigt sein”, versicherte Daniel.

“Wer ist es dann?”

“Macht euch darüber keine Gedanken, ich kann für die Leute bürgen.”

“Die Leute?” Cecil legte den Kopf schief. Sein Gesicht hatte mittlerweile wieder normale Farbe angenommen. “Wie viele sind es denn?”

Allmählich geriet Daniel in Panik. Vor vier Monaten noch hätte er das gesamte Szenario beschreiben können – bis hin zur Hutgröße des Käufers. Aber das war zu einer Zeit gewesen, in der er noch “die Gabe” besessen hatte. Als Worte noch seine Freunde gewesen waren und er ohne jeden Zweifel gewusst hatte, dass der Schritt vom preisgekrönten Journalisten zum Bestseller-Autor ein Kinderspiel sein würde. “Drei”, improvisierte er rasch.

“Drei! Männer oder Frauen? Eine Wohngemeinschaft?”

Daniel zögerte. Mist! Warum hatte er nicht “einer” gesagt? “Frauen.”

“Drei Frauen! Sind die lesbisch oder …”

“Eine Frau”, korrigierte Daniel hastig, “und zwei Töchter.”

“Kleine Mädchen?” Cecils Stimme wurde sanft. “Wie alt sind sie? Und wer ist ihr Vater? Mir ist egal, was ihr jungen Leute sagt. Eine Frau braucht immer noch einen Mann, der sich um sie kümmert, wenn sie …”

Daniel fluchte innerlich. “Ich bin es!”

Drei Augenpaare starrten ihn an.

“Du bist der Vater?”, fragte Cecil verblüfft.

“Nein!” Völlig entnervt fuhr Daniel sich durch die Haare. “Ich bin derjenige, der das Haus kaufen will.”

2. KAPITEL

“Du willst nach Oakes zurückkommen?” Jessica machte aus ihrer Verblüffung keinen Hehl.

“Darüber bin ich ebenso erfreut wie du”, knurrte er.

“Aber warum …”

“Ist doch egal, warum!”, gab Daniel scharf zurück. “Ich tue es einfach. Deshalb will ich, dass du und deine vierbeinigen Freunde aus meinem Haus verschwindet!”

“Es ist nicht dein Haus”, sagte Cecil ruhig. “Du wolltest nichts damit zu tun haben.”

“Tja, ich habe es mir eben anders überlegt. Wie viel willst du dafür?”

Cecil kniff die Augen zusammen. Normalerweise war er ein friedliebender Mensch, aber man sollte ihn nicht reizen. Edna konnte ein Lied davon singen. “Vierhunderttausend.”

“Vierhundert…!” MacCormick stockte. “Das ist doch hirnverbrannt. Kein vernünftiger Mensch würde …”

“Ich kaufe es”, sagte Jessica schnell, hörte aber sofort ihre innere Stimme: Mach keinen Fehler, Mädchen. Du kannst dir ja kaum das Vogelfutter leisten.

“Ich hab gesagt, mach du dir keine Gedanken”, meinte Cecil. “Pass auf, Danny. Die junge Dame hier braucht für einige Zeit ein Haus, also …”

“Ich brauche es aber dringender!”

“Wofür denn?”

“Das geht dich nichts an! Ist es nun zu verkaufen oder nicht?”

“Nein!” Der alte Mann reckte kampflustig das Kinn.

Daniel entfernte sich leise fluchend ein paar Schritte, kehrte aber sofort wieder zurück. “Es gibt doch bestimmt irgendein Gesetz gegen all diese Tiere im Haus. Ist Joe Patton immer noch der Polizeichef?”

“Ein Gesetz!” Cecil sah ihn entgeistert an.

“Joe ist unser Freund”, sagte Jessica schnell. “Die Tiere stören ihn nicht.”

“Darauf möchte ich wetten”, entgegnete Daniel. “Aber irgendjemanden werden sie sicher stören. Vielleicht jemanden vom Stadtrat?”

Jessica bekam es mit der Angst.

“Schäm dich, Danny”, sagte Cecil. “Einem so netten und lieben Mädchen wie unserer Jessica zu drohen!”

Daniel schnaubte. “Nettes, liebes Mädchen – dass ich nicht lache!”

“He!” Cecil bohrte ihm seinen knochigen Zeigefinger in die Brust. “Ich erlaube nicht, dass du in Anwesenheit von Damen so redest. Und ich werde dir das Haus auf keinen Fall verkaufen. Also …”

“Was ist mit dem Dachboden?”, fragte Edna auf einmal dazwischen.

“Bitte?” Die beiden Männer starrten sie an.

Edna zuckte mit den Schultern. “Daniel könnte doch unter dem Dach wohnen. Die Bartels haben ihn damals ausgebaut, als sie noch hier wohnten.”

Jessica starrte ihre Großmutter entgeistert an. Sie wollte nicht, dass Daniel sich auf ihrem Dachboden einnistete.

“Vielen Dank”, meinte Daniel wegwerfend. “Aber ich kann euch garantieren, dass ich nicht auf einem Dachboden im Nirgendwo von Iowa hausen werde.”

“Dann fährst du besser dahin zurück, wo immer du hergekommen bist”, erwiderte Cecil kühl.

“Verd…”

“Hüte deine Zunge, Junge!”

Zähneknirschend senkte Daniel den Kopf und schwieg. Dann blickte er wieder hoch. “Also gut. Ich nehme den Dachboden.” Er sah Jessica herausfordernd an. “Aber nur, wenn ihr versprecht, es keinem zu sagen.”

“Keinem was zu sagen?”, wollte Jessica wissen.

“Na, dass ich hier bin.”

Cecil schnaubte. “Als ob es irgendjemanden interessieren würde …”

“Wir werden es niemandem verraten”, versprach Edna. “Wenn jemand fragte, sagen wir einfach, du bist unser Hausgast und heißt … Elston Rolands. Ja, der Name Elston hat mir schon immer gefallen.”

Cecil und Daniel starrten die alte Frau entgeistert an. Jessica hingegen waren die gelegentlichen Anfälle von Impulsivität ihrer Großmutter vertraut.

Allerdings machte das die Situation auch nicht leichter. Männer mochten aus der Entfernung ja ganz in Ordnung sein, aber Jessica hatte keinesfalls die Absicht, einem von ihnen zu nahezukommen. Das hatte sie hinter sich. “Wenn du hergekommen bist, um dich zu entspannen …”, sie hielt inne und nahm die hagere Erscheinung ihres alten Schulkameraden zum ersten Mal bewusst wahr, “… dann fürchte ich, dass du enttäuscht sein wirst.” Er sah aus, als könnte er gut fünfzehn Pfund zulegen. Seine Schultern waren immer noch kräftig, seine Arme muskulös, aber er wirkte wie ein untergewichtiger James Bond. James Bond hatte ihr noch nie gefallen. “Ich meine, Oakes ist nicht mehr die friedliche kleine Stadt, die sie mal war.”

Daniel sah sie einen Augenblick lang an, als wäre sie nicht ganz bei Trost. “Das nehme ich in Kauf”, sagte er schließlich.

“Na, dann mal rein mit dir, Danny”, meinte Edna und deutete nonchalant mit dem Gewehr in Richtung Haustür. “Du bist in unserem Haus willkommen. Und mach dir keine Gedanken über Bettwäsche oder so, wir werden dir das Bett schon richten.”

Cecil schnaubte, und Jessica zwang sich zu entspannen. Sie hatte das Haus nicht verloren, und was Daniel anging … tja, der würde nicht lange bleiben, da war sie sicher. Denn wenn sie etwas wirklich gut konnte, dann war es, Männer loszuwerden.

Edna kicherte und blickte mit listig blitzenden Augen von Cecil zu seinem Neffen. Jessica ahnte, dass Edna Sorenson diese ganze Scharade nur deswegen angestiftet hatte, um Cecil eins auszuwischen. Vielleicht dachte Edna, dass Daniel kein allzu schlechter Bursche sein konnte, wenn seine bloße Anwesenheit Cecil ärgerte. Aber vielleicht ist sie auf dem Holzweg, überlegte Jessica nach einem argwöhnischen Seitenblick auf Daniel.

“Sollen wir dir mit deinen Sachen helfen?”, erkundigte sich Edna.

“Nein, ich habe nicht viel dabei. Und ich muss noch etwas erledigen, bevor ich auspacke.”

“Bist du zum Abendessen da?”

“Nein”, erwiderte Daniel. Dann schien er sich selbst einen Ruck zu geben. “Aber danke.”

Damit war sein Fundus an guten Manieren offensichtlich erschöpft, denn er drehte sich wortlos um und marschierte zu seinem Auto.

Am nächsten Morgen erwachte Daniel mit einem lauten Stöhnen. Sein Hals war trocken, sein Kopf schmerzte, und seltsamerweise fühlten sich seine Zehen ganz nass an.

Er blinzelte vorsichtig – und schreckte hoch.

“Hilfe!” Hastig zog er seinen Fuß zurück unter die Bettdecke, während ein stummelbeiniges Ungetüm mit Schnurrbarthaaren und mit glattem Fell zur Tür hinausflitzte, die Daniel am Abend zuvor ganz sicher geschlossen hatte.

Entnervt ließ er den Kopf wieder aufs Kissen sinken. Einige wenige Stunden lang hatte er schlafen können und gedacht, er sei noch in seiner Wohnung in New York – immer noch erfolgreich, zielstrebig und ausgestattet mit der Fähigkeit zu schreiben. Aber so war es nicht. Eine Schreibblockade hatte ihn hierhergeführt und machte ihm das Leben zur Hölle.

Er drehte sich zur Seite und versuchte, der Realität noch eine Weile zu entfliehen, aber plötzlich hörte er ein helles, durchdringendes Bellen. Dann blökte ein Lamm, und das Krachen einer Metalltür gab ihm endgültig den Rest.

Daniel warf die Bettdecke zurück, schnappte sich seine Zigaretten vom Nachttisch und stürmte die Treppe hinunter. Im Badezimmer auf seinem Stockwerk ließ die seltsame Kreatur, die vorhin so viel Interesse an seinen Füßen gezeigt hatte, vom Herumplanschen in der Toilettenschüssel ab und folgte ihm.

Irritiert sah Daniel sich um und stürzte in Richtung Küche. Doch als er an der geöffneten Tür des ehemaligen Musikzimmers seiner Mutter vorbeikam, blieb er abrupt stehen. Jessica Sorenson stand vornüber gebeugt, nur wenige Meter von ihm entfernt, und reckte ihm ihren ansehnlich gerundeten, von ausgebleichtem Jeansstoff umhüllten Po entgegen. Die abgeschnittene Jeans betonte ihre hübschen Beine, ihre Füße steckten in soliden Arbeitsstiefeln.

Daniel brauchte ein paar Sekunden, um zu merken, dass er sie anstarrte und dass sie nicht zu seinem Vergnügen so posierte. Sie war dabei, einen Fressnapf in einen Hundekäfig zu schieben, während sie gleichzeitig dem Lamm im Nebenkäfig ein Fläschchen gab. Plötzlich drehte sie sich um. “Oh, du bist wach.” Sie klang überrascht. Als ob man in diesem Zoo ruhig ausschlafen könnte, dachte er missmutig. Dennoch konnte er kaum den Blick von ihren großen azurfarbenen Augen wenden. “Ich hätte nicht gedacht, dass du ein Morgenmensch bist.” Sie musterte kurz sein verknittertes schwarzes T-Shirt, dann wieder sein Gesicht. “Ich hoffe, du hast gut geschlafen”, sagte sie verdächtig fröhlich.

Daniel brummte nur irgendetwas Unverständliches und entschied, dass ihre Augen doch nicht azurfarben waren. Sie waren schlicht blau. Ein ganz gewöhnliches Blau noch dazu …

“Du wirkst irgendwie …” Sie zuckte mit den Schultern. Das Lamm schlürfte, der Hund schlabberte. “Verschlafen.” Hatte sie etwas anderes sagen wollen? Es war ihm egal.

Daniel fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und betrachtete das Tier, das ihm die Treppe hinunter gefolgt war und ihn nun mit großen hervorstehenden Augen ansah, die ihn an einen Seehund erinnerten. Was war das nur für ein Tier? “Warum sollte ich verschlafen aussehen? Es war ja schon halb sechs, als diese Bisamratte anfing, meinen Fuß abzulecken.”

“Bisamratten haben schuppige Schwänze”, erklärte Jessica und zog dem Lamm das leere Fläschchen aus dem Maul. “Xena nicht.”

“Xena?”, wiederholte Daniel, während er Jessica in die Küche folgte.

“Ihre Artgenossen sind vom Aussterben bedroht. Schrumpfender Lebensraum und so weiter. Pastor Tony hat ein Video darüber.” Sie holte einen Plastikbeutel aus dem Kühlschrank, dessen Inhalt wie verrotteter Tunfisch roch und genauso appetitlich aussah.

Keine Bisamratte also. Aber was dann? Daniel hatte seltsamerweise keine Lust nachzufragen. “Schlafen die nicht normalerweise bis zu diesem berühmten Murmeltiertag?”

Jessica warf ihm einen abschätzigen Blick zu. “Murmeltiere sind viel dicker. Obwohl Xena ein bisschen zunimmt. Ich hoffe, sie ist trächtig, aber vielleicht liegt das auch nur an dem vielen Fisch, den sie nicht selbst fangen muss. Andererseits läuft sie den ganzen Tag die Treppe rauf und runter und …”

“Hör mal!”, unterbrach Daniel barsch, um diesem Tiergeschwafel zu entkommen und sich davon abzulenken, dass sie bemerkenswerte Beine hatte – weder zu dünn noch zu dick. Mit einem Wort, sie war perfekt.

Nein, nicht perfekt. Jessica war nicht sein Typ. Er stand auf extrem schlanke Frauen. Große Frauen. Melissa war ein begehrtes Model gewesen – genau sein Typ. Zwar hatte sie ihn sitzen lassen, und er hatte sie seither noch nicht sonderlich vermisst, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie nicht zusammengepasst hatten. “Hör zu, Sorenson”, sagte er, “ich bin nicht tausend Meilen gefahren, um in einem Zoo zu leben. Also entweder steckst du diese …”

Auf der Straße knallte es. Daniel fuhr zusammen. Heckenschützen! Rebellen! Freiheitskämpfer …

“Himmel, MacCormick, du bist ja so schreckhaft wie ein streunender Kater. Vielleicht solltest du doch länger schlafen.” Jessica legte den Beutel zurück in den Kühlschrank und spähte aus dem Küchenfenster. “Ach, du liebe Zeit!”

Daniel schloss die Augen, atmete tief durch und wiederholte innerlich zum x-ten Male, dass er sich weder im Iran, noch in Nordirland oder Afghanistan befand. Er war in Iowa, noch dazu in Oakes, dem wohl sichersten, nein, geradezu langweiligsten Ort der Welt. “Was ist passiert?”

“Bill ist schon da.”

Autor

Lois Greiman
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