Zwischen zwei Männern

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Soll Savannah ihre Hochzeit mit McCormick Walker absagen? Zum ersten Mal in ihrem Leben ist so heiße Leidenschaft in ihr erwacht, dass sie fast die Kontrolle über sich verloren hat. Doch nicht McCormick hat diese starken Gefühle in ihr entfacht, sondern sein Bruder Cash! Savannah steht vor einer schweren Entscheidung …


  • Erscheinungstag 09.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733757021
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Atlanta schlief noch, nur Savannah Sweetfield war schon auf den Beinen. Die Absätze ihrer offenen Pradas, Schuhe waren ihre ganze Leidenschaft, klickten auf dem Beton. In der rechten Hand hielt sie ein Diktiergerät, in das sie mit kleinen Pausen hineinsprach.

„Blumen für die Kathedrale.“ Pause.

„Zwei Dutzend Vasen mit Rittersporn und Zweigen der Kranzwinde entlang der Bänke. In den Seitenschiffen Kerzen auf Metallständern mit Gebinden aus Zitronenblättern und Gardenien. Weiße Kerzen auf dem Altar. Noch einmal bestätigen lassen.“

Sie drückte auf den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen, der sie von der Tiefgarage in die Büros von Sweetfield Enterprises bringen sollte.

„Champagner?“, fragte sie in ihr Diktiergerät.

„Perrier-Jouet“, gab sie sich selbst die Antwort.

„Kristallgläser?“

„Baccarat.“

Der Lift fuhr nach oben.

„Gäste?“

„Sicherstellen, dass Grammy Eta so weit wie möglich von Auntie Luanne entfernt sitzt. Und Cousine Charlene soll Großonkel Poms Gin Fizz zählen.“

Der Fahrstuhl stoppte, die Türen glitten auf, und Savannah trat hinaus. Der dicke Teppichboden verschluckte das Klappern ihrer Schuhe. Kein Geräusch störte die Stille, als sie den Empfangsbereich durchquerte, an den die Büroräume in der fünfzehnten Etage des Hauptgebäudes der Firma anschlossen. Sie war die Erste. Wie immer.

„Cocktail Büfett.“

„Krabbencocktail, Riesengarnelen auf Eis, Austern in der Schale, ebenfalls auf Eis serviert.“

Ihre Mutter hatte vorgeschlagen, eine professionelle Hochzeitsplanerin zu engagieren, doch Savannah wollte die Vorbereitungen für dieses wichtige Ereignis nicht Fremden anvertrauen. Es ging um mehr als eine Hochzeit. Die Feier repräsentierte die Allianz zwischen altem und neuem Südstaatenglanz; die Verbindung eines Goliath der alten Tradition mit einem Goliath des neuen Kapitals. Und jeder, der in Atlanta etwas auf sich hielt, suchte nach dem passenden Outfit und dem perfekten Geschenk, seit die Verlobung von Savannah Ainsling Sweetfield mit McCormick Beauregarde Walker auf den Gesellschaftsseiten von Atlantas Zeitungen bekannt gegeben worden war.

Selbst Savannahs engster Familienkreis war beeindruckt und überrascht gewesen, dass sie als Erste der fünf Sweetfield Geschwister heiraten würde. Sie hatte drei gut aussehende Brüdern und eine Schwester, die so viel Charme und Schönheit geerbt hatte, dass ihr von Geburt an ein Platz in der Welt sicher war. Savannah dagegen hatte schon früh begriffen, dass sie härter und länger arbeiten und klüger sein musste als ihre Geschwister, um in einer Familie mit so vielen Naturbegabungen und Schönheiten nicht an den Rand gedrängt zu werden.

Ihre Mutter, eine Frau mit vielschichtigen und gegensätzlichen Passionen, war sehr gerührt gewesen, als sie von der Verlobung ihrer Tochter hörte. Belle Sweetfield war einst mutig ganz allein nach New York City gereist, um dort auf den Bühnen zu tanzen, doch schon bald hatte es sie in ihren Geburtsort zurückgezogen – jedoch nicht, bevor sie einen Yankee geheiratet hatte, der mit Klugheit und Raffinesse ein blühendes Unternehmen aufgebaut hatte. Mutterschaft folgte und lenkte die Energie der schönen jungen Frau in andere, konventionellere Bahnen. Höhepunkt ihres Lebens schien die Verlobung ihrer Tochter mit einem Mann aus dem Geldadel zu sein. Selbst in den Augen ihres Vaters hatte Savannah Tränen der Rührung gesehen. Jack Sweetfield hatte dank seines Vermögens seiner Frau alles geben können, außer der gesellschaftlichen Anerkennung, nach der sie sich so sehnte.

Diese bekam sie nun durch die Verlobung ihrer Tochter Savannah mit McCormick. An jenem Tag, an dem das frisch verlobte Paar Hand in Hand vor ihren Eltern stand, war Savannah plötzlich die Auswirkung dieser Eheschließung bewusst geworden.

Nicht, dass sie irgendwelche Zweifel an ihrer Entscheidung gehabt hätte. Nur hatte nicht heiße Leidenschaft dazu geführt. Savannah und McCormick hatten sich als Repräsentanten ihrer jeweiligen Familienunternehmen kennengelernt, und die Heirat würde eine Fusion der beiden Unternehmen bedeuten. Beide wollten weiter in dem neuen Megaunternehmen arbeiten. Ohne Frage würde Savannah ihren Mädchennamen behalten. Kein Doppelname. Irgendwann würden sie Kinder bekommen – zwei oder vier. Auf jeden Fall nicht eins oder drei – ungerade Zahlen waren schrecklich. Und obwohl die Karriere ihres Daddys weiter nördlich angefangen hatte und ihre Mutter einst von einer unbezähmbaren Wildheit gewesen war, würden Savannah und McCormick vermutlich nicht den Süden verlassen, bis sie Seite an Seite in dem Familiengrab beigesetzt wurden.

Sie lächelte, als sie den stillen Gang entlangschritt. In weniger als zwei Wochen würde sie eine verheiratete Frau sein, und wie alles, was sie in Angriff nahm, würde sie auch die Planung der Feier mit ihrer üblichen Perfektion erledigen – bis hin zu der letzten Blüte der unzähligen Zuckerrosen, die den Hochzeitskuchen zieren sollten. Nichts würde bei dieser Hochzeit falsch laufen. Mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen öffnete sie ihre Bürotür.

Und blieb abrupt stehen.

Hinter ihrem großen Schreibtisch saß ein Mann.

Einen Atemzug später hatte sie sich wieder im Griff. Mit Entschlossenheit und einer stolzen Haltung hatte sie schon viele Gegenspieler – hauptsächlich Männer – geschlagen. Sie betrachtete den Eindringling. Ende zwanzig, Anfang dreißig. Braun gebrannt. Eine unglaubliche Ausstrahlung. Ein Sonnengott. Ihr wurde heiß, obwohl ihr Büro klimatisiert war.

Ruhig ging sie zu ihrem Schreibtisch, griff nach dem Telefon und wählte die Nummer des Sicherheitsdienstes. „In mein Büro. Sofort.“

„Netter Mann, dieser George.“ Der Sonnengott sprach mit samtweicher Stimme. Sie starrte ihn an. Und ihr war immer noch heiß.

„Der Mann vom Sicherheitsdienst. Er heißt George. George McCallahan.“ Der Mann hatte grüne Augen, faszinierend wie die Sünde. „Wussten Sie das nicht?“

„In diesem Unternehmen arbeiten Hunderte von Menschen.“ Na großartig. Sie verteidigte sich vor einem Psychopathen.

„Seine Frau, Velma, bekommt nächste Woche ein neues Kniegelenk. Das rechte. Das linke ist schon vor fünf Jahren erneuert worden. War ganz einfach. Trotzdem ist George ein wenig nervös.“

Bleib freundlich. Sie lächelte, während ihr Gehirn auf Hochtouren arbeitete. In weniger als einer Minute würde der Sicherheitsdienst erscheinen. Ihren silbernen Brieföffner könnte sie als Waffe benutzen, doch er lag in der obersten Schublade ihres Schreibtisches. Immer noch lächelnd setzte sie sich, als wollte sie sich ein wenig unterhalten, und nutzte die einzige Waffe, die ihr im Moment zur Verfügung stand – sie schlug die Beine übereinander. Ob Psychopath oder nicht, der Mann war ein Mann.

Sie drehte sich leicht zur Seite, damit er ihre Beine besser sehen konnte. Wenn er sich ablenken ließ, könnte sie sich vielleicht die Messingskulptur schnappen, die auf dem kleinen Beistelltisch stand.

Sie bewegte sich leicht und ließ dabei wie versehentlich den Rock ein wenig höher rutschen. Der Mann war in Trance. Sie fuhr mit den Fingern über die Armlehne Richtung Skulptur.

„Miss Sweetfield?“

Savannah zuckte beim Klang der Stimme zusammen, die von der Tür her kam, und stieß vor Schreck die Skulptur um. Genau auf ihre Zehen.

Ein stechender Schmerz durchschoss sie. Sie heulte auf. Noch nie in ihrem Leben hatte sie einen solchen Schrei ausgestoßen. Sie nahm das mörderische Objekt und winkte den Sicherheitsdienst zurück, der auf sie zueilte.

Der Mann an ihrem Schreibtisch lehnte sich lässig zurück und legte seine langen Beine auf den polierten Tisch. Savannah starrte auf seine schweren Stiefel.

„Stahlkappen, Süße. Damit kann einem das nicht passieren.“

Ihre Blicke trafen sich. In Gedanken sprang sie ihm an die Gurgel. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie, sie wäre eine Frau, die ihren Impulsen folgte. „Wenn die Polizei kommt, um diesen Mann zu verhaften“, sagte sie zu dem Mann vom Sicherheitsdienst, ohne den Blick von dem Eindringling abzuwenden, „sagen Sie bitte Bescheid, dass ich vor dem Lunch kommen werde, um Anzeige zu erstatten wegen Einbruch.“

George räusperte sich. „Der Herr ist nicht direkt eingebrochen, Miss Sweetfield. Ich … ich habe ihn hereingelassen.“

„Sie haben was?“

„Ich dachte, der Mann sei Ihr Verlobter, und … da wir Anweisungen haben, Mr. Walker direkt in Ihr Büro zu bringen, habe ich ihn hierher begleitet.“

Die grünen Augen des Sonnengottes funkelten amüsiert. Hatte er ihr wirklich gerade zugezwinkert? Savannah umklammerte die Armlehnen.

„Nein, George, mein Bruder ist der Glückliche, der Miss Sweetfield heiraten wird. Ich bin nur der Gott Amor, der seiner zukünftigen Schwägerin eine Botschaft von ihrem innigst Geliebten bringt.“

„Sie sind McCormicks Bruder?“ Savannah hatte schon so einiges von ihm gehört. Die Geschichte, die am häufigsten erzählt wurde, war die, wie er vor sieben Jahren seine Braut vor dem Traualtar sitzen gelassen hatte.

„Miss Sweetfield, wenn ich …“, stammelte der Wachmann.

„Schon gut, George“, unterbrach ihn der Mann. „Miss Sweetfields Verwirrung ist verständlich. Wissen Sie, mein Name wird nur hinter vorgehaltener Hand erwähnt. Ich bin das schwarze Schaf der Familie.“

„Cash Walker.“ Savannah starrte ihn an.

„Willkommen in der Familie, Darling.“ Seine sinnlichen Lippen, von denen behauptet wurde, dass sie unzählige Frauen glücklich gemacht hätten, verzogen sich zu einem Lächeln.

Ohne den Blick von ihrem zukünftigen Schwager zu wenden, sagte sie zu dem Wachmann: „Ja, es ist nur ein dummes Missverständnis. Vielen Dank, George.“ Sie betonte den Namen, wie Cash amüsiert feststellte.

Dann stand sie auf und streckte die Hand aus. „Cash.“ Irgendwie klang ihre Stimme atemlos. „McCormick hat erwähnt, dass du vielleicht früher kommen würdest.“ Sie lächelte. „Ich freue mich, dich endlich kennenzulernen.“

Er erhob sich ebenfalls und nahm ihre Hand. Er war sehr groß, hatte breite Schultern, schmale Hüften und lange Beine. Seiner Figur nach zu urteilen, lief er viel.

„Entschuldige den Empfang, aber du wirst verstehen, dass ich etwas perplex war“, sagte sie.

Er lachte, und sie wusste, dass all die Dinge, die man über ihn erzählte, stimmten.

Gerade wollte sie ihre Hand zurückziehen, als er den Kopf beugte und einen sanften Kuss auf ihre Wange hauchte, sodass sie eine vage Idee davon bekam, wie sehr diese Lippen unzählige Frauen verwöhnt hatten.

Sie trat zurück. Ihre Südstaatenerziehung und ihre antrainierte Fähigkeit, sich selbst und jede Situation zu beherrschen, erlaubten ihr nur ein anmutiges Lächeln.

„Bitte“, sagte sie freundlich und deutete auf eine Sesselgruppe.

Ladies first.“

Sie lächelte, und obwohl ihr Fuß bei jedem Schritt schmerzte, durchquerte sie graziös den Raum. Sie setzte sich, schlug die Beine übereinander und deutete auf den Sessel gegenüber. „Das war eine denkwürdige erste Begegnung. Schon jetzt haben wir eine lustige Geschichte, die wir bei Familientreffen erzählen können.“ Sie würde die perfekte Braut sein, die perfekte Ehefrau und jetzt auch die perfekte Schwägerin.

Er lehnte sich zurück.

„Normalerweise würde ich dir jetzt einen Bourbon anbieten, aber dafür ist es natürlich nicht die richtige Tageszeit.“

„Nicht nach meinem Lebensrhythmus.“

Seinem Gesichtsausdruck konnte sie nicht entnehmen, ob er scherzte oder nicht. Wahrscheinlich letzteres. Sie lachte. Als Frau in einer Männerwelt, ganz abgesehen davon, dass sie die Tochter des Chefs war, kannte sie Typen wie Cash Walker, die einen auf wilden Mann machten. Sie konnte damit umgehen.

„Meine Sekretärin wird gleich hier sein und uns Kaffee bringen. Ich hab zwar schon einiges über dich gehört, aber diese Überraschung so früh am Morgen ist dir gelungen.“

„Hattest du etwas anderes erwartet, Darling?“

„Ich heiße Savannah“, entgegnete sie mit fester, aber freundlicher Stimme. „Eigentlich nicht. Ich habe die Hälfte der Geschichten geglaubt.“

„Glaube alle.“

Er lachte. Es gab nichts, was sie mehr mochte als einen ebenbürtigen Gegner. „Ich freue mich wirklich, endlich den berüchtigten Bruder meines Verlobten kennenzulernen. Und was treibt dich nun zu so früher Stunde hierher? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du wie ich ein Frühaufsteher bist.“

Er streckte seine langen Beine aus. „Im Gegenteil, meine liebsten Erinnerungen sind die ans Bett.“

Sie verstand sofort, was er meinte. Offensichtlich genoss er es auch, einen ebenbürtigen Gesprächspartner zu haben.

„Da ich mir nicht vorstellen kann, dass du dich um irgendwelche schönen Erinnerungen bringst, nur um mich zu treffen, bin ich jetzt wirklich neugierig, was dich im Morgengrauen zu mir führt.“

Er lächelte amüsiert. „Mein Bruder hat mir einen Auftrag erteilt.“ Er griff in seine Hosentasche, zog einen Umschlag heraus und reichte ihn ihr. „Der lag auf meinem Nachttisch. Daneben einen Notiz von McCormick mit der Bitte, dir den Umschlag so schnell wie möglich zu bringen.“

„Was ist das?“

„Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich ihn dir hierher bringen sollte, weil die Wahrscheinlichkeit, dich zu finden, hier am größten ist. Ich konnte nicht mehr schlafen, also …“ Er zuckte mit den Schultern.

Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Wo war McCormick? Warum hatte er nicht einfach angerufen? Angst und Zweifel machten sich in ihr breit. Völlig überflüssige Emotionen, wenn es um ihre Beziehung mit McCormick ging.

„Wie ungewöhnlich“, sagte sie.

„Ich gehe jetzt, ich habe meine Aufgabe erledigt.“ Er drehte sich um und ging zur Tür. Sie machte keinen Versuch, ihn aufzuhalten.

Sie schaute auf den Umschlag in ihrer Hand. Schließlich stand sie auf und ging an ihren Schreibtisch. Sie zog die oberste Schublade auf, nahm den silbernen Brieföffner und schlitzte den Briefumschlag auf. Dann nahm sie das Blatt heraus, faltete es auseinander, las die Zeilen und steckte den Brief wieder in den Umschlag.

Sie nahm ihr Diktiergerät und drückte den Aufnahmeknopf.

„Bräutigam?“ Pause.

„Weg.“

Klick.

Der rote Cadillac ihrer Eltern stand schon vor dem Backsteinhaus der Walkers, als Savannah an diesem Abend kam, um die „McCormick-Geschichte“ zu diskutieren, wie die Situation diskret umschrieben wurde. Sie trat in die Bibliothek, wo Cognac und Kaffee gereicht wurden. Franklin Walker deutete mit seinem Brandy gerade auf seinen ältesten Sohn.

„Du bist noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden zu Hause, und dein Bruder verschwindet mitten in der Nacht, ohne irgendjemandem zu sagen, wohin und wie lange.“

Cash lehnte sich in seinem Clubsessel zurück und trank einen Schluck von seinem Drink. „Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, nicht wahr?“

„Er hat eine Nachricht hinterlassen.“ Savannah schenkte sich selbst einen Kaffee ein.

„Ein Brief.“ Franklins Blick blieb auf Cash gerichtet. „Den du überbracht hast.“

Pauline Walker stellte ihre Tasse auf dem Couchtisch ab, nahm sie jedoch gleich wieder nervös zur Hand. „Was dein Vater damit sagen will, ist, dass jüngere Brüder oft ihre älteren Geschwister bewundern und von ihnen leicht beeinflusst werden können. McCormick bildet da keine Ausnahme.“

Cashs Stimme wurde weich, als er mit seiner Mutter sprach. „McCormick ist schon lange kein kleiner Junge mehr.“

„Ich will das nicht noch einmal mitmachen“, sagte Pauline. Sie trat zu Savannah, die Milch in ihren Kaffee rührte.

„Weißt du, wie viel Geld wir schon in die Hochzeit nächste Woche gesteckt haben?“, brüllte Savannahs Vater. „Verdammt schlechter Zeitpunkt für deinen Kerl zu türmen. Was soll das, eine Woche vor der Hochzeit?“

„Bis dahin sind es noch elf Tage“, korrigierte Savannah.

„Hast du eine Ahnung, was uns das bisher gekostet hat?“, wiederholte ihr Vater.

Pauline schürzte die geschminkten Lippen, als sie mit der silbernen Kaffeekanne zu Savannahs Mutter hinüberging.

„Hat jemand noch einmal versucht, ihn anzurufen?“ Savannahs Mutter war bestrebt, das Gespräch von Gelddingen wegzulenken.

„Sein Handy ist ausgestellt.“ Pauline schenkte frischen Kaffee ein.

„Klingt, als will er nicht gefunden werden.“

„Was ist, wenn ihm etwas passiert ist?“, überlegte Belle.

Franklin wandte sich an seinen ältesten Sohn. „Falls du irgendetwas damit zu tun hast … Worüber habt ihr gestern Abend gesprochen, als ihr unterwegs wart?“

Cash machte ein ausdruckloses Gesicht. „Über Gott und die Welt.“ Er wandte sich Savannah zu. „Und über Miss Sweetfield.“ Ihre Blicke trafen sich, als seien sie Komplizen.

„Hat McCormick irgendetwas darüber gesagt, dass er für ein paar Tage verschwinden will?“, fragte Franklin.

Cash sah seinen Vater an. „Wir haben darüber gesprochen, was ich so gemacht habe. Er hat erwähnt, dass er gern mehr reisen würde, wenn er Zeit hätte, und dass er mich vielleicht eines Tages in meiner Lodge besuchen wollte. Ich habe gesagt: jederzeit gern.“

Walker senior fluchte. Savannah betrachtete Cashs ausdrucksvolles Profil. Fang nicht an zu lachen, warnte sie insgeheim. Zu spät. Die Mundwinkel dieses faszinierenden Mannes verzogen sich zu einem unterdrückten Grinsen.

„Sag mir eines, mein Sohn … Warum sollte ein Mann, der noch nie etwas Unverantwortliches, Verrücktes, Kindisches …“

Cashs Blick wurde hart.

„… in seinem Leben getan hat, es jetzt plötzlich tun?“

Cash prostete seinem Vater zu. „Offensichtlich war es an der Zeit.“

„Der Junge ist wahrscheinlich schon durchs ganze Land gefahren und macht morgen einen in Vegas drauf“, mutmaßte Savannahs Vater.

„Jack!“

Er ignorierte die Warnung seiner Frau. „Die Frage ist, was unternehmen wir dagegen?“

„Lasst ihn“, sagte Savannah.

Alle Blicke ruhten auf ihr. Sie stellte ihre Kaffeetasse ab. „McCormick ist ein großer Junge, und wenn er meint, er braucht ein paar Tage für sich, vielleicht um etwas zu sehen, was er noch nie gesehen hat, oder irgendetwas zu tun, was er noch nie getan hat, zum Beispiel zur Lodge seines Bruders in Colorado fahren …“ Sie blickte zu Cash hinüber, wartete auf eine Reaktion von ihm, sah jedoch nur verschleiertes Interesse. „Das Mindeste, was wir tun können, ist, seine Wünsche zu respektieren. Lasst ihn.“

„Aber die Hochzeit ist schon bald!“, rief Belle.

„Genau.“ Savannah lächelte ihre Mutter an. „In weniger als zwei Wochen wird McCormick den größten Schritt seines Lebens wagen. Ist es da ein Wunder, dass er ein wenig irrational handelt?“ Sie hielt einen Moment inne, um ihre Worte wirken zu lassen. „Er hat Angst.“

„Und was ist mit dir?“

Cashs Frage kam so plötzlich und unerwartet, dass sie jeden umgeworfen hätte, der nicht vor langer Zeit gelernt hatte, seine Unsicherheit hinter einer Maske der Entschlossenheit zu verbergen.

„Hast du Angst?“

Es war das erste Mal, dass jemand nach Savannahs Gefühlen fragte. Nach Gefühlen, die in ihr lauerten.

„Nein“, antwortete sie.

Erst als Franklin erklärte: „Er hat kalte Füße bekommen“, löste sie den Blick von Cash.

„Viele Menschen bekommen kurz vor der Hochzeit noch einmal Zweifel. Wahrscheinlich ist jeder von euch in einer ähnlichen Situation gewesen.“ Kaum hatte Savannah die Worte ausgesprochen, da merkte sie ihren Schnitzer. Cash hatte seinerzeit einen Rückzieher gemacht. Die anderen waren diskret genug, ihn nicht anzusehen.

„Was ist mit dir, Daddy?“, versuchte sie das Gespräch auf ihre Familie zu lenken. „Du willst mir doch nicht erzählen, dass es nicht Momente gegeben hat, wo du gezweifelt hast?“

Ihr Vater blickte zu ihrer Mutter, und Savannah wusste, dass sie schon wieder einen Fehler begangen hatte. Ihre wunderschöne Mutter war immer der Mittelpunkt im Leben ihres Vaters gewesen, gefolgt von Geschäft, Arbeit und schließlich Kindern.

Wie viele Männer seines Alters zeigte er Gefühle nicht gern in der Öffentlichkeit, aber als er seine Frau ansah, war eines klar – Jack Sweetfield hatte nie auch nur eine Sekunde an seiner Ehe gezweifelt.

„Nein, niemals“, bestätigte er.

Savannah wurde ungewöhnlich melancholisch. „Das ist eben die Ausnahme von der Regel, oder?“ Sie lächelte. „In McCormicks Fall, denke ich, sollten wir uns keine Sorgen machen. Geben wir ihm etwas Zeit, Raum und Vertrauen, und ich verwette mein schönstes Paar Schuhe, dass er in zwei, drei Tagen zurückkehren wird. Und dann sind alle Zweifel ausgeräumt.“

Außerdem, dachte sie, ist die Chance doch gering, dass dies zwei Mal in einer Familie passiert.

Sie drehte sich um. Cash war aufgestanden und blickte sie herausfordernd an. „Jetzt, wo alles geklärt ist, ist es Zeit für den Bourbon, den du mir heute Morgen versprochen hast. Bist du bereit? Oder willst du angesichts der Ereignisse lieber absagen …“

Vielleicht war sie froh, hier wegzukommen. Vielleicht war es die Herausforderung, die sie in seinen Augen erblickte. Oder es lag an ihrem Vorsatz, keine Zweifel aufkommen zu lassen. Savannah trat einen Schritt auf den Bruder ihres Verlobten zu.

„Ich wünsche euch noch einen netten Abend“, rief sie betont fröhlich in die Runde. Sie war entschlossen, die „McCormick-Sache“ unter Kontrolle zu halten.

2. KAPITEL

Savannah hatte damit gerechnet, dass Cash einen heißen kleinen Sportwagen fuhr. Sie wurde nicht enttäuscht. Vor dem Haus stand ein roter offener Roadster.

„Also dann, schönen Abend, Cash.“ Sie trat zu ihrer eigenen viertürigen Limousine – ein Wagen, der in seiner Klasse die Nummer eins war – und stieg ein.

„Schönen Abend?“

Cash beugte sich zu ihrem offenen Fenster hinunter. „Du schuldest mir noch einen Bourbon.“

Sie lächelte. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir ein Date ausgemacht hätten.“

„Doch, das haben wir … vor etwa drei Minuten.“

Sie betrachtete den Mann, der es ohne Schwierigkeiten schaffte, einen seltenen Impuls in ihr auszulösen – nämlich den, ihn zu erwürgen. Und dieser Mann würde in ein paar Tagen zu ihrer Familie gehören. Sie starrte ihn an. Irgendwann würde sie ihn umbringen.

„Nein, vor drei Minuten hast du dir eine Entschuldigung einfallen lassen, wie du wegkommen kannst, ohne dass es nach Flucht aussieht“, korrigierte sie ihn.

„Stimmt, aber …“, er hob den Zeigefinger, „… du hängst da mit drin. Ich habe einen schlechten Einfluss auf dich.“

Sie überdachte ihre mörderischen Instinkte. „Und du genießt jede Sekunde.“

Er lachte. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals ein solch unbeschwertes Lachen gehört zu haben. Was für ein gefährlicher Mann.

„Und aus dem Grund willst du keinen Drink mit mir nehmen?“

Ungewollt musste sie lächeln. „Warum willst du denn unbedingt einen Drink mit mir nehmen?“, fragte sie zurück.

„Ich mag dich.“

„Du magst mich?“, fragte sie überrascht.

„Du bist faszinierend.“

Sie hätte am liebsten die Augen verdreht, wollte jedoch keine Reaktion zeigen. Schließlich wusste sie nur zu gut, dass sie nicht zu den Frauen gehörte, die Männer faszinierten.

„Wieso?“

„Erstens bist du die Einzige, die mir nicht vorwirft, ich hätte meinem Bruder Flausen in den Kopf gesetzt. Woher willst du eigentlich wissen, dass ich McCormick nicht geraten habe, abzuhauen und sich zu amüsieren?“

Sie sah ihm in die Augen. „Ich weiß es nicht.“

Sein Lachen war so tief, dass sie anfing zu beben.

„Aber ich halte nichts davon, einen Mann ohne Grund zu verurteilen.“

„Viele würden sagen, die Vergangenheit eines Mannes reicht schon aus, um ihn schuldig zu sprechen.“

Autor

Darlene Scalera
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