Bianca Exklusiv Band 181

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EINE AFFÄRE IST NICHT GENUG von DONALD, ROBYN
Was für ein Zufall, dass Marc die bezaubernde Paige wieder trifft! Sie hatte ihm vor seiner Ehe mit ihrer mittlerweile verstorbenen Freundin Juliette sehr gefallen - jetzt endlich könnte der Millionär die Studentin in seine Arme schließen. Wenn sie es nur zuließe …

ERFÜLLUNG ALLER WÜNSCHE von MCCARTHY, SUSANNE
Aidan hat alles, wovon eine Frau träumt: Er ist attraktiv, charmant und ein Millionär, der weiß, was er will. Als er in einem seiner Hotels der bildhübschen Künstlerin Samantha begegnet, ist ihm schlagartig klar: die oder keine! Aber da kennt er ihr Geheimnis noch nicht …

LIEBE KOMMT INS SPIEL von GREEN, CRYSTAL
Derek kann ihr gefährlich werden! Mit aller Macht versucht Christina, sich seiner Anziehungskraft zu entziehen, denn sie hält Beruf und Privatleben strikt getrennt. Als sie jedoch zum ersten Mal in Dereks Armen liegt, muss sie sich entscheiden: Karriere oder Liebe?


  • Erscheinungstag 09.12.2008
  • Bandnummer 181
  • ISBN / Artikelnummer 9783942031592
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

SUSANNE MCCARTHY

Erfüllung aller Wünsche

Eine Schrecksekunde lang glaubt die junge Künstlerin Samantha ihrem kürzlich verstorbenen Freund Damien gegenüber zu stehen – doch es ist sein überaus attraktiver Bruder Aidan. Ihr malerisches Atelier steht auf dem Grundstück eines seiner Hotels. Und genau da taucht der atemberaubende Millionär plötzlich auf. Weiß er etwa, welches Band sie beide verbindet?

CRYSTAL GREEN

Liebe kommt ins Spiel

Christina und Derek sind fasziniert voneinander – dabei spielen Gefühle für beide eigentlich nur eine Nebenrolle. Für sie zählt allein der Erfolg von Dereks Firma, glauben sie, und tun sich doch immer schwerer damit, einander zu widerstehen. Und eines Tages überwältigt sie die Leidenschaft. Doch am nächsten Tag geht Christina wieder auf Distanz. Warum nur?

ROBYN DONALD

Eine Affäre ist nicht genug

Insgeheim begehrt Paige den reichen Unternehmer Marc Corbett, seit sie ihn vor seiner Hochzeit mit ihrer besten Freundin kennen gelernt hat. Als sie ihn nun nach Jahren wiedersieht, ist er Witwer – und das erotische Knistern zwischen ihnen stark wir eh und je. Sofort würde sie ihrem Begehren nachgeben, wäre da nicht noch diese andere Frau in seinem Leben …

1. KAPITEL

„Hallo …?“ Aidan Harper blieb zögernd an der Tür des alten Bootsschuppens stehen. Er war in seinem Leben schon mit vielen Situationen zurechtgekommen. Doch er war sich nicht sicher, worauf er sich diesmal einließ. Es würde besser sein, ein wenig Vorsicht walten zu lassen. Der vernachlässigte Zustand der Hütte und die einsame Lage in diesem windigen Landstrich, nur wenige Meilen von Land’s End entfernt, ließen vermuten, dass der unbekannte Sam Duggan ein exzentrischer Querkopf war, dem unangemeldete Besucher nicht willkommen waren. Aidan hatte keine Lust, sich unversehens dem bedrohlichen Lauf einer Schrotflinte gegenüberzusehen.

Nachdem sich seine Augen an das Halbdunkel im Bootsschuppen gewöhnt hatten, konnte er eine Gestalt ausmachen, die sich mit einem Schweißbrenner über einen verworrenen Haufen Metall beugte. Woran die Person arbeitete, war nicht zu erkennen. Es wirkte wie zufällig zusammengeworfene Rohre und Bleche.

„Mr. Duggan?“ Aidan musste die Stimme heben, um das Fauchen des Brenners zu übertönen. „Sam Duggan?“

Die Reaktion war erstaunlich. Der Brenner fiel scheppernd auf den Steinfußboden, und die gebeugte Gestalt richtete sich hastig auf. Aber noch bevor die dick behandschuhte Hand die Gesichtsmaske beiseiteschieben konnte, merkte Aidan, dass er einen Fehler gemacht hatte. Wenn dies Sam Duggan war, war er kein alter Querkopf … dann war er überhaupt kein „Er“.

Sie war groß und gertenschlank. Selbst in dem unförmigen Overall, der schon bessere Tage gesehen hatte, wirkte sie viel zu zerbrechlich, als dass sie mit so schwerem Material hantieren sollte. Doch während Aidan über seine Entdeckung nur erstaunt war, schien sie bei seinem Anblick geradezu wie vom Donner gerührt. Weit aufgerissene Augen blickten ihn unter der hochgeklappten Schweißermaske an. Sie sah aus, als hätte sie einen Geist vor sich.

„Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht erschrecken.“ Aidan ließ seine Stimme sanft klingen und setzte ein beruhigendes Lächeln auf. Er wollte nicht, dass sie vor ihm in Ohnmacht fiel. „Miss Duggan? Das sind Sie?“

„Wer sind Sie denn?“, fragte sie mit zittriger Stimme.

„Ich bin Aidan Harper. Mir gehört das Treloar.“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung des Hotels, das eine halbe Meile entfernt auf der windgeschützten Seite der Klippen stand. „Das heißt, ich bin Ihr Vermieter, obwohl ich, um ehrlich zu sein, bis vor Kurzem nicht einmal von der Existenz dieses Hauses wusste. Ich bin zufällig darauf gestoßen, als ich die Bücher durchging. Daraufhin habe ich beschlossen, einen Spaziergang zu machen und es mir einmal anzusehen. Ich hätte mich gerne angemeldet“, fügte er hinzu und legte eine gehörige Dosis Charme in sein Lächeln, um die offensichtlich verschreckte junge Frau zu beruhigen, „doch anscheinend gibt es hier kein Telefon.“

„Nein … gibt es nicht. Es tut mir leid, ich …“ Sie stockte verlegen. „Sie haben mich nur ein bisschen erschreckt. Ich bekomme nicht oft unangemeldeten Besuch.“

Sie beugte sich vor, um die Gaszufuhr des Brenners abzudrehen. Aidan spürte einen scharfen Stich unterhalb der Magengrube, als er sah, wie sich der Overall über der äußerst ansehnlichen Kehrseite spannte. Die Heftigkeit seiner Reaktion erstaunte ihn selbst. Er war dem Jugendalter lange entwachsen und hatte geglaubt, seine Instinkte besser unter Kontrolle zu haben.

Sam Duggan hatte sich inzwischen wieder aufgerichtet. Nun zog sie die schweren Handschuhe aus und nahm die Schweißermaske vom Kopf. Ein Schwall langer rabenschwarzer Haare fiel ihr über die Schultern. Aidan ertappte sich bei der anregenden Vorstellung, die Knöpfe des rauen Overalls zu öffnen und die darunter verborgenen Kurven zu enthüllen.

Die junge Frau hatte sich jetzt wieder völlig in der Gewalt und streckte ihm die Hand entgegen. „Ich bin Sam Duggan.“ Ihre Stimme klang höflich, doch der Blick aus ihren amethystfarbenen Augen war abweisend. „Was kann ich für Sie tun?“

Aidans Mundwinkel verzogen sich zu einem amüsierten kleinen Lächeln. Die junge Dame machte sich also nichts aus männlicher Anerkennung ihrer erfreulich wohlgeformten Gestalt. Dabei war sie kein Schulmädchen mehr. Sie musste erfahren genug sein, um zu wissen, dass ihre Verkleidung die männliche Fantasie nur umso mehr anregte.

Mit einer entsprechenden Bemerkung würde er vermutlich nur ihren Zorn auf sich ziehen. „Ich habe mich gefragt, wieso wir eine so geringe Miete berechnen“, erwiderte er stattdessen. „Sie scheint kaum die Buchungskosten wert zu sein. Da ich jetzt das Gebäude gesehen habe, kann ich es allerdings verstehen. Es sieht aus, als hätte es schon vor Jahren einstürzen müssen.“ Er warf einen Blick zu der alten Steinhütte hinauf, die sich gegen die Klippen lehnte, als wäre sie von den langen Jahren des Widerstands gegen die gewaltigen atlantischen Stürme erschöpft. „So wie das Dach aussieht, möchte man meinen, es könnte den nächsten heftigen Wind nicht überstehen“, stellte er fest.

„Für mich ist das gut genug“, erwiderte Miss Duggan und schritt, den Kopf mit der hübschen kleinen Nase hoch erhoben, an ihm vorbei. „Mir gefällt es.“ Sie ging zum Cottage hinauf, stieß die knarrende Holztür auf und verschwand im Inneren, ohne sich darum zu kümmern, ob der Besucher ihr folgte oder nicht.

Aidans Interesse war geweckt. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihn eine Frau das letzte Mal so herablassend behandelt hatte. Selbst eine Schönheit wie Imogen, seine gegenwärtige „ständige Begleiterin“, die ihren Marktwert auf den Penny genau kannte, riskierte in seiner Gegenwart selten einen ihrer weltberühmten hysterischen Anfälle.

Er blieb an den Rahmen gelehnt auf der Türschwelle stehen und sah sich interessiert um. Der Raum war eine Art Wohnküche, nicht sehr groß, und die niedrigen Deckenbalken ließen ihn noch kleiner wirken. Der Fußboden bestand aus unregelmäßig behauenen Steinplatten. Er war mit einem abgewetzten Teppich bedeckt, auf dem ein großer, gescheuerter Holztisch und mehrere nicht zusammengehörende Stühle standen. Unter dem kleinen Fenster befand sich ein altmodisches steinernes Spülbecken, und in dem mächtigen Kamin hing ein schwarz verrußter eiserner Kessel, der aussah, als würde er aus der Zeit vor der industriellen Revolution stammen.

Die ganze Einrichtung wirkte bescheiden und vielfach benutzt, aber alles war makellos sauber. Die Vorhänge an den Fenstern waren bunt gemustert, die Kissen auf dem kleinen Sofa waren mit dem gleichen Stoff bezogen wie die Stühle, und auf dem Fensterbrett und dem Kaminsims standen hübsche Wildblumensträuße.

Aidans ungewöhnliche Mieterin warf ihm einen frostigen Blick über die Schulter zu. „Ich kann Ihnen leider nur Pulverkaffee anbieten. Etwas anderes habe ich nicht“, verkündete sie mürrisch.

Er unterdrückte ein amüsiertes Lächeln. Die junge Frau vor ihm wirkte, als könnte sie ihm jederzeit die Kaffeedose in ihrer Hand an den Kopf werfen. „Vielen Dank“, antwortete er in vollendeter Höflichkeit, obwohl ihm eine ganz andere Erwiderung auf der Zunge lag. „Pulverkaffee ist mir recht.“

Er zog sich einen der Stühle unter dem Tisch hervor, ließ sich darauf nieder und sah zu, wie Sam Duggan das Kaffeewasser aufsetzte. Der Kocher war immerhin elektrisch, wenigstens ein Zugeständnis an die Zivilisation. Sie nahm zwei Becher aus dickem Porzellan aus dem Schrank und schloss die Tür mit unnötiger Wucht.

Was für eine interessante Show, dachte Aidan amüsiert. Es war ein Jammer, dass er nicht viel Zeit hatte. Oben im Hotel wartete ein Berg Arbeit auf ihn. Miss Duggan zuzusehen war viel unterhaltsamer.

Sie musste etwa so alt sein wie Imogen … drei- oder höchstens vierundzwanzig. Sie hatte nicht die perfekten Gesichtszüge eines Supermodels wie Imogen, aber ihre Figur hatte die Kurven an den richtigen Stellen, ihr Gesicht war ebenmäßig und ihr Haar eine dunkle Mähne, durch die ein Mann gern die Finger gleiten ließ. Und dann diese amethystblauen Augen!

Er war – jedenfalls genoss er diesen Ruf in der Regenbogenpresse – ein Frauenkenner. Nach dieser hier würde sich jeder gesunde Mann den Hals verdrehen. Warum nur vergrub sie sich in dieser halb verfallenen Hütte in der Wildnis von Cornwall?

Ein weiterer Rundblick durch den Raum gab ihm einen Hinweis. Auf dem Tisch lagen Zeichenblock und Stifte, über dem Kamin hingen ein paar eindrucksvolle Kohleskizzen, und im Regal in der Ecke stand ein fantasievolles Ensemble aus Pappe und Draht.

„Sie sind Künstlerin?“, fragte er neugierig.

„Bildhauerin.“

„Wirklich?“ Er sah sie erstaunt an und ließ den Blick über die schlanke Gestalt gleiten. „Ich dachte, als Bildhauer brauche man mächtige Muskelpakete, um den schweren Marmor umherzuwuchten.“

Aus den blauen Augen schoss ein warnender Blitz. „Ich bin nicht Michelangelo“, erwiderte sie steif. „Außerdem ist Marmor viel zu teuer. Den kann ich mir nicht leisten.“

„Mit welchem Material arbeiten Sie dann?“, fragte er weiter. Er war entschlossen, die feindselige Barriere zu überwinden, hinter der sie sich verschanzte.

Sie zuckte abfällig die schmalen Schultern. „Abfall meistens“, gestand sie. „Schrott, Plastikteile … und Ähnliches.“

„Ich verstehe.“ Er setzte sein charmantestes Lächeln auf. „Ich habe mich schon gefragt, woran Sie draußen im Bootsschuppen gearbeitet haben. Es sah nicht aus wie ein Bücherregal.“

Er wurde mit einem zögernden Lächeln belohnt, das zugleich ihre Verletzlichkeit verriet. „Es ist Teil einer Serie, die ich ‚Freiheit des Fliegens‘ nenne. Es sollen einmal fünf Stücke werden. Dieses ist das dritte. Ich verkaufe sie in einer Galerie drüben in St. Ives.“

„Kann man damit viel verdienen?“

„Genug, um zurechtzukommen.“ Sie kam mit den beiden Kaffeebechern an den Tisch und schob ihm einen Becher zu, während sie sich auf der anderen Seite niederließ. „Milch steht unter dem Spülbecken.“ Sie deutete auf eine halb mit Wasser gefüllte Blechschüssel, in der zwei Milchtüten, ein Stück Butter in einer Plastiktüte und ein Paket Wurst schwammen.

„Ah! Eine Hightechküche“, bemerkte Aidan mit einem Anflug von trockenem Humor.

„Das Zeug bleibt darin genauso frisch wie im Kühlschrank. Besser sogar. Die Stromversorgung ist hier nicht sehr zuverlässig.“

„Das hört sich nicht an, als könnte man hier gemütlich leben“, stellte er fest. Er wählte seine Worte sorgfältig, damit sie sich nicht wieder hinter ihrem Schutzwall verkroch. „Warum leben Sie hier draußen? Warum nicht im Ort?“

„Ich brauche Platz für meine Arbeit“, erwiderte sie beiläufig. „Das Bootshaus eignet sich dafür wunderbar. Außerdem werden alle leer stehenden Räume im Ort während der Saison teuer an Touristen vermietet. Ich könnte mir die Miete gar nicht leisten.“

Aidan nickte. Er berechnete ihr höchstens ein Viertel von dem, was sie im Ort für ein möbliertes Zimmer hätte zahlen müssen. Allerdings musste er zugeben, dass die Hütte, nach allem, was er bisher gesehen hatte, auch nicht mehr wert war. „Dürfte ich mich einmal umsehen?“

„Wie Sie wünschen. Sie werden nicht lange brauchen. Es sind nur zwei Zimmer und eine Toilette vor dem Haus.“ Sie hob das Kinn. Ein hübsches Kinn, dachte Aidan, das aber auch wilde Entschlossenheit verriet. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein gewöhnlicher Urlauber dafür interessieren würde.“

„Das glaube ich auch nicht“, stimmte er zu. „Man müsste erst viel Geld in die Renovierung stecken, und ich bin nicht sicher, ob sich das überhaupt lohnen würde. Das Beste wäre wahrscheinlich, das Ding abzureißen.“

„Abreißen?“ Sie funkelte ihn wütend an. „Aber … das können Sie nicht tun! Das wäre der reinste Vandalismus! Das Haus steht hier schon … bestimmt seit vielen hundert Jahren. Viel länger jedenfalls als das Hotel.“

Er runzelte die Stirn. Ihre heftige Verteidigung dieser Behausung, die kaum mehr war als eine Wohnküche, überraschte ihn. „Nun, ich kann es mir ja erst einmal ansehen“, erwiderte er besänftigend. „Die Wände scheinen immerhin sehr solide gebaut zu sein.“

Die Frau hatte schon eine scharfe Erwiderung auf den Lippen, schwieg dann jedoch. Ihr schien plötzlich klar zu werden, dass sie keine besonders starke Verhandlungsposition hatte. Stattdessen atmete sie tief durch, wie um ihr seelisches Gleichgewicht wiederzufinden. Für Aidan hatte das den erfreulichen Nebeneffekt, dass sich dabei ihre festen Brüste unter dem derben Stoff des Overalls deutlich abzeichneten.

„Ja, das stimmt“, sagte sie schließlich. „Also, hier sehen Sie die Küche“, verkündete sie dann und imitierte dabei den Tonfall eines Immobilienmaklers. „Spülbecken mit fließendem Wasser, jedenfalls meistens. Kocher, elektrisch …“ Sie deutete auf ein emailliertes Gerät mit zwei Kochplatten, wie Aidan es seit der Zeit seiner studentischen Wohngemeinschaft nicht mehr gesehen hatte. Vermutlich war es entsprechend alt. „… wenn die Stromversorgung klappt. Kühlschrank, defekt. Das ist so ziemlich alles.“

Nickend verfolgte Aidan ihre spöttische Inventur. Wahrscheinlich verlangte er sogar noch zu viel Miete von ihr. „Funktioniert der Kamin?“, fragte er mit einem Seitenblick auf die offene Feuerstelle.

„Ja. Aber im Sommer nehme ich ihn nicht in Betrieb, außer wenn wir tagelang schlechtes Wetter haben.“

„Und wenn Sie ein Bad nehmen wollen?“

„Dann … nun … gehe ich zum Hotel hinauf.“ Sie senkte bei diesem Geständnis verlegen den Blick.

Aidan musste lachen. Als Mieterin des Cottage war sie sicher nicht berechtigt, die Einrichtung des Hotels zu nutzen. Andererseits konnte er sich kaum vorstellen, dass das Personal sie davon abhalten würde. Ihm selbst war es gleichgültig.

„Was ist dort drin?“, fragte er, um seine Gedanken abzulenken, und deutete auf die Tür zum angrenzenden Raum. Eigentlich war es gar keine Tür, sondern nur ein Vorhang aus verblichenem roten Samt. „Das Schlafzimmer, nehme ich an?“

„Ja.“ Sie zögerte unmerklich. Es wäre ihm kaum aufgefallen, hätte ihn nicht ihre unerklärliche Widerspenstigkeit so fasziniert.

„Nun …?“ Er musste sich eingestehen, dass es wirklich nicht nötig war, ihr Schlafzimmer zu besichtigen, konnte jedoch der Versuchung nicht widerstehen, sie noch ein wenig weiter zu reizen und ihre Reaktion zu beobachten.

Sie wich seinem Blick aus und erhob sich zögernd. Dann durchschritt sie mit hoch erhobenem Kopf und gestrafften Schultern würdevoll den Raum und schlug den Vorhang auf.

Das Schlafzimmer war kleiner als die Küche, und die Decke, wie es schien, noch niedriger. Der meiste Platz wurde von einem hohen, altmodischen Bett eingenommen, auf dem eine leuchtend bunte Patchworkdecke lag. Neben dem Bett stand ein kleiner runder Tisch mit einem Seidenschal als Tischdecke. Darauf befanden sich eine Nachttischlampe und ein Stapel Bücher. Ein weiteres Seidentuch hing über dem Bett an der Wand. Vermutlich sollte es nur einen feuchten Fleck verbergen, doch es verlieh dem Raum ein gewisses exotisches Flair. Es war ganz offensichtlich das Schlafzimmer einer Künstlerin.

Auf dem Bett lagen Berge von Decken und Kissen, unter denen man sich in den sicherlich kalten Nächten verkriechen konnte. Mit unerwartetem Herzklopfen sah Aidan plötzlich lebhaft vor sich, wie er gemeinsam mit ihr unter die Decken schlüpfte und wie die Wärme ihrer Körper …

Sam schien auf denselben Gedanken gekommen zu sein. Abrupt wandte sie sich von ihm ab. Angelegentlich machte sie sich an der Kommode zu schaffen, dem einzigen weiteren Möbelstück im Raum. Mit fahrigen Bewegungen begann sie, ein paar Kleinigkeiten in die Schubladen zu räumen.

„Ich … habe Ihnen ja gesagt, dass es hier nicht viel zu sehen gibt“, erinnerte sie ihn verlegen. Mit einer unbeholfenen Bewegung stieß sie ein Paket Papiertaschentücher von der Kommode und bückte sich rasch, um es aufzuheben. Doch Aidan war schneller. Er gab es ihr zurück und bedachte sie dabei mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen.

„Vielen Dank …“ Sie senkte die langen, seidigen Wimpern, die sanfte Schatten auf die verlegen geröteten Wangen warfen. Also ist Miss Samantha Duggan doch nicht die Eisprinzessin, als die sie gern erscheinen möchte, stellte er zufrieden fest. Sie schien sich der prickelnden Spannung zwischen ihnen ebenso bewusst wie er selbst … doch sie würde das auf keinen Fall zugeben. Das gefiel ihm. Allzu oft hatte er in der letzten Zeit das Spiel als zu leicht empfunden.

Aber diese Frau hatte Charakter. Wie lange würde er brauchen, bis sie ihren Widerstand aufgab? Würde er sie dazu bringen, wie Wachs in seinen Händen zu werden?

Reiß dich zusammen, warnte Sam sich im Stillen. Schon vom ersten Augenblick an hatte er sie aus der Fassung gebracht. Als wäre er ein Geist.

Natürlich hatte der Verstand ihr gesagt, dass sie unmöglich Damien Harper vor sich haben konnte. Damien war tot. Er war vor drei Wochen bei einem Unfall mit einem Jetski auf Barbados ums Leben gekommen. Nachdem sie die Schweißermaske abgelegt hatte und sein Gesicht richtig sehen konnte, hatte sie sofort erraten, wer da vor ihr stand. Die Ähnlichkeit war beeindruckend. Noch bevor er sich hatte vorstellen können, war ihr klar, dass er der ältere Bruder sein musste, von dem Damien so oft gesprochen hatte.

Bei genauerem Hinsehen konnte sie jedoch die Unterschiede erkennen. Sie waren nur gering und doch deutlich genug. Man konnte die beiden wirklich nicht verwechseln. Aidan war ein paar Zentimeter größer und etwas schlanker, wenngleich seine Schultern ebenso breit und kräftig waren. Sein Haar war genauso dunkel, aber ein wenig kürzer geschnitten. Außerdem hatte er etwas an sich, das ihn härter erscheinen ließ als Damien. Dennoch war er auf dieselbe arrogante Art ein gut aussehender Mann.

Sam ärgerte sich, dass sie rot geworden war. Hatte sie etwa Angst davor, dass der Anblick ihres Bettes Begierde in ihm aufflammen ließ, sodass er auf der Stelle über sie herfiel? Wahrscheinlich bemerkte er als Erstes die Regenflecken an der Decke, die Stelle, unter der ein Eimer stand und wo das Dach undicht war. Oder er entdeckte, dass die Ritzen im Fensterrahmen mit Zeitungspapier zugestopft waren, was aber auch nicht viel gegen die kalten atlantischen Stürme half.

Er kratzte vorsichtig mit dem Fingernagel am Holz und betrachtete die zerbröckelten Reste, die sich dabei ablösten. „Das ist vollständig verrottet“, stellte er fest. „Das Fenster sieht aus, als würde es jeden Moment aus dem Rahmen fallen.“

Sie machte eine abwehrende Geste zur Verteidigung der Hütte, die ihr Heim geworden war. „So war es schon, als ich eingezogen bin“, entgegnete sie. „Ich habe mich daran gewöhnt.“

Er schüttelte den Kopf. „Dies ist nur noch eine Ruine. Nicht einmal einen Hund sollte man darin wohnen lassen.“

Sie wandte sich zu ihm um, eisern bemüht, ihre Fassung zu bewahren. „Ich habe mich nie über den Zustand des Hauses beschwert“, widersprach sie. „Ich zahle pünktlich alle zwei Wochen meine Miete und bin Ihnen keinen Penny schuldig. Ich bin sehr zufrieden hier. Warum können Sie nicht einfach verschwinden und mich in Ruhe lassen?“

Sie versuchte, sich an ihm vorbei durch den Türrahmen zu zwängen. Mit dem Küchentisch zwischen ihm und sich fühlte sie sich ein wenig sicherer. „So, das war’s. Ende der Führung“, verkündete sie mit einem Anflug von Galgenhumor. „Auf dem Weg nach draußen schauen Sie bitte auch in unseren Andenkenladen.“

Bedauerlicherweise ging er nicht auf ihren angedeuteten Rauswurf ein, sondern ließ sich wieder am Tisch nieder. „Ich werde mir das in Ruhe überlegen. Ich möchte Sie wirklich nicht auf die Straße setzen, solange Sie keine andere Unterkunft haben. Aber andererseits kann ich es nicht riskieren, Ihnen ein Haus zu vermieten, das jeden Moment über Ihnen zusammenbrechen kann.“

„Es fehlen doch nur ein paar Dachziegel“, widersprach Sam verzweifelt. Wahrscheinlich hatte es keinen Zweck, mit ihm zu streiten. Sein Entschluss schien bereits gefasst zu sein. Es war sein Haus, und er konnte damit machen, was er wollte.

Aidan lachte trocken. „Und der Fensterrahmen“, sagte er betont und sah sich um. „Und der nasse Putz im Schlafzimmer … und die elektrischen Kabel. Und ich würde lieber nicht dagegen wetten, dass die Wasserleitung im Winter einfriert.“

„Nicht solange ich den Ofen in Betrieb halte.“

Er verzog spöttisch das Gesicht. „Und womit heizen Sie?“

„Meistens mit Treibholz. Nach der Flut liegt eine Menge davon am Strand. Ich lasse es im Bootsschuppen trocknen. Und manchmal, wenn ich es mir leisten kann, hole ich mir Briketts aus dem Ort. Danny im Eisenwarenladen verkauft sie päckchenweise.“ Sie merkte, dass sie nur plapperte, aber dieser Mann machte sie nervös. Er saß da und betrachtete sie mit kühler, unbewegter Miene.

„Fühlen Sie sich denn nie einsam, ganz allein hier draußen?“, fragte er jetzt. Sein Mund war faszinierend. Manchmal wirkte der Zug um seine Lippen streng und abweisend, dann wieder sehr sinnlich. Die nach unten verlaufenden Linien an seinen Mundwinkeln ließen ihn zuweilen zynisch erscheinen … bis er lächelte. Dieses Lächeln, nahm sie an, würde die meisten Frauen dahinschmelzen lassen. Hätte sie nicht seinen Bruder kennengelernt, würde es vielleicht sogar bei ihr funktionieren.

„Ich bin gern allein“, erwiderte sie. In dem Bemühen, überzeugend zu wirken, gab sie ihrer Stimme einen ungewöhnlich spröden Klang.

Er lachte, und das spöttische Funkeln in seinen Augen verriet, wie wenig er ihren Widerstand ernst nahm. „Und was ist mit den Männern in Ihrem Leben?“, forschte er weiter. „Dürfen die denn Ihre Einsamkeit stören?“

„Es … gibt keinen Mann“, erwiderte sie und verfluchte insgeheim die erneut aufsteigende flammende Röte in ihrem Gesicht. „Das heißt … ach, das geht Sie nichts an.“ Sie atmete tief durch, um ihre Beherrschung wiederzufinden. „Also, wenn Sie jetzt im Haus alles gesehen haben …“

Diesmal verstand er den Hinweis und erhob sich. „Natürlich. Ich hoffe, ich habe Ihnen nicht allzu viel von Ihrer Zeit geraubt.“ Er klang formvollendet höflich. „Ich werde meinen Verwalter bitten, sich das Haus gelegentlich anzusehen, wenn es Ihnen recht ist.“

„Oh … ja, natürlich.“ Er schien endlich gehen zu wollen! „Ich … nun … gewöhnlich ist mir jede Zeit recht. Ich bin fast immer hier, wenn ich nicht gerade mal kurz nach St. Ives gefahren bin …“

Wie war er ihr so nahe gekommen? Plötzlich fand Sam sich mit dem Rücken an den nicht funktionierenden Kühlschrank gepresst. Sie musste den Kopf heben, um den Blick aus seinen dunklen Augen zu erwidern. Sie senkte den Kopf, und nun blieb ihr Blick an seinen Lippen hängen.

Diese Lippen würden wissen, was es hieß zu küssen. Dieser Mund hatte sicherlich viel Erfahrung. Er würde sich warm anfühlen, und sie würde sich ihm wehrlos ergeben. Sie schloss die Augen, als Aidans Fingerspitzen behutsam die Linien ihres Kinns nachzeichneten. Als er sich über sie beugte, schien ihr Herzschlag auszusetzen. Die Berührung seiner Lippen war so sanft, so flüchtig, dass sie fast glaubte, sie habe sie sich nur eingebildet. Als sie spürte, dass er sich von ihr entfernte, schlug sie die Augen auf und sah ihn fragend an.

Er nickte kurz. „Dann also auf Wiedersehen.“ Das war alles. Er war fort, und die Tür schloss sich mit dem vertrauten Knarren der Scharniere hinter ihm.

Verdammt, verdammt, verdammt! Wie hatte sie zulassen können, dass er sie küsste? Sie musste doch wissen, dass er nur mit ihr spielte. Er war genau wie sein Bruder. Zu viel Geld, zu gutes Aussehen und die feste Überzeugung, dass er alles haben konnte, wenn er nur wollte … auch jede Frau.

Sam ließ sich am Küchentisch nieder und schloss die Augen. Ihr Herzschlag wollte sich lange nicht beruhigen. Nicht einmal ins Haus hätte sie diesen Mann lassen dürfen. Sie hätte unten im Bootsschuppen mit ihm reden und ihn auf Distanz halten sollen. Ihre Bekanntschaft mit Damien hätte sie warnen müssen. Die Harpers brachten ihr nichts als Ärger.

Dabei war Damien eigentlich nicht schlimm gewesen, wie sie sich rückblickend eingestehen musste. Trotz seiner neunundzwanzig Jahre war er nur ein großer Junge gewesen, voller Charme und mit nichts als seinem Vergnügen im Sinn. Ein halbes Jahr lang hatte er ihr nachgestellt, wenn er geschäftlich im Hotel zu tun gehabt hatte oder mit seiner Yacht im Hafen gewesen war. Sie kannte seinen Ruf und hatte sich davor gehütet, den Flirt ernst zu nehmen.

Er war es zwar nicht gewohnt, von einer Frau abgewiesen zu werden, doch in seiner gutmütigen Art hatte er die Abfuhr jedes Mal gut weggesteckt. Meist lachten sie gemeinsam darüber, wenn er schwor, dass er es bei seinem nächsten Besuch in Cornwall erneut versuchen würde.

Dann war dieser schicksalsschwere Abend vor etwas mehr als einem Monat gekommen … der Abend ihres Geburtstages. Sie hatte nicht vorgehabt, viel Aufhebens davon zu machen. Ihre Geburtstage waren nie etwas Besonderes gewesen. Außerdem hatte sie es eilig gehabt, das erste Stück aus ihrer Freiheitsserie fertig zu stellen und es in die Galerie nach St. Ives zu bringen. Antonia, die Besitzerin der Galerie, hatte ihr von einem Amerikaner erzählt, der sich für eines ihrer kleineren Stücke interessierte. Deshalb hatte sie gehofft, dass er auch an diesem Gefallen finden könnte.

Damit fing der Ärger an. Sie war ein wenig sorglos mit dem Schweißbrenner umgegangen und hatte sich die Hand verbrannt. Es war keine schlimme Verletzung, aber es brannte wie die Hölle. Deshalb hatte sie, nachdem sie die Hand so lange wie möglich unter den kalten Wasserstrahl gehalten hatte, eine Schmerztablette genommen.

Natürlich hätte sie den Beipackzettel sorgfältig lesen müssen. Die Warnung vor der gleichzeitigen Einnahme von Alkohol war deutlich genug, doch in dem Moment hatte sie noch nicht vorgehabt, etwas zu trinken. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass Damiens Yacht für einen kurzen Zwischenstopp auf dem Weg in die Karibik im Hafen lag. Sie entdeckte Damien erst, als sie ihn auf dem Rückweg von St. Ives auf der Hafenmauer winken sah. Er begrüßte sie mit der üblichen überschwänglichen Freude und bestand gegen ihren halbherzigen Protest darauf, dass sie mit ihm und einer Gruppe anderer Segler auf einen Drink mit in die Smugglers Rest kam. Schließlich gab sie nach. Es war wirklich eine schönere Art, ihren Geburtstag zu verbringen, als allein zu Hause vor dem Radio zu sitzen.

Sie trank nicht viel, ein Glas Champagner oder vielleicht auch zwei. An das, was danach geschah, hatte sie kaum eine Erinnerung. Sie hatte den vagen Eindruck, dass sie mit Damien vergnügt lachend den Kai entlanggetanzt war. Dann waren sie zusammen die Gangway hinab bis in den luxuriösen Salon der Yacht gestolpert. Sie hatte sich plötzlich ein wenig unwohl gefühlt und sich hinlegen wollen. Damien hatte sie in seine Kajüte gebracht, aber erst, als er sich neben sie in die enge Koje legte, war ihr klar geworden, dass er die Tür von innen verschlossen hatte. Sam war sich sicher, dass sie protestiert haben musste, doch er hatte nicht darauf geachtet. Er war selbst ziemlich betrunken gewesen. Seine Küsse waren feucht und hatten nach Brandy geschmeckt. Wie ein totes Gewicht hatte sein Körper in der Dunkelheit auf ihr gelegen. Irgendwann mitten in der Nacht war sie aufgewacht und hatte ihn schnarchend neben sich gefunden. Mit bohrenden Kopfschmerzen und brennender Scham im Herzen hatte sie sich davongeschlichen.

Am nächsten Morgen hatte sie äußerst erleichtert festgestellt, dass seine Yacht den Hafen verlassen hatte. Die Vorstellung, Damien wiederzusehen, war alles andere als erfreulich gewesen. Sie wusste nicht einmal, ob er sich überhaupt an das Vorgefallene würde erinnern können. Sie wusste ja nicht einmal selbst genau, was alles geschehen war. Doch das grausame Schicksal hatte die Sache in die Hand genommen. Zwei Wochen später, als sie gerade auf dem Markt nach Gemüse anstand, hörte sie die Nachricht zufällig im Gespräch zweier Frauen. Damien Harper war bei einem Unfall in Barbados ums Leben gekommen. Beim Schwimmen im Meer war er vom Jetski eines Anfängers, der die Kontrolle über sein neues Spielzeug verloren hatte, am Kopf getroffen worden.

Zu Hause war sie in Tränen ausgebrochen. Der Gedanke, wie plötzlich ein so lebensfroher Mensch dahingerafft worden war, machte sie traurig, auch wenn sie allen Grund hatte, ihm böse zu sein. Es war kaum zu glauben, dass sie nie wieder sein vergnügtes Lachen hören und sein fröhliches Lächeln sehen sollte. Dass ihre einzige gemeinsame Nacht Konsequenzen haben könnte, hatte sie nicht im Entferntesten in Betracht gezogen.

Aidan schlenderte gemütlich den Pfad an den Klippen hinauf. Tief atmete er den würzigen Duft von Salzwasser und Seetang ein, den der kräftige Wind zu ihm herauftrug. Warum war er nicht schon öfter hierhergekommen? Als er die Hotelkette gekauft hatte, zu der das Treloar Hotel gehörte, hatte er sich das Gebäude kaum angesehen, geschweige denn das umgebende Gelände. Das Treloar schrieb rote Zahlen, und er hatte gleich vorgehabt, es sich so schnell wie möglich vom Hals zu schaffen. Irgendwie hatte er es jedoch aus dem Blick verloren. Als dann Konferenzhotels in Mode kamen und das Treloar von den Überbuchungen der günstiger gelegenen Hotels profitierte, hatte es sich als Überraschungserfolg erwiesen. Sicher hatte dazu auch die wachsende Popularität von Sportarten wie Windsurfing, Jetskiing und in jüngster Zeit auch Offroadfahren beigetragen.

Das Offroading war auch der Grund für seinen jetzigen Besuch. Vor sechs Monaten hatte man ihn gefragt, ob auf dem Gelände rund um das Treloar ein Prominentenrennen durchgeführt werden könne. Das Ereignis sollte im Fernsehen übertragen werden und der Erlös einer Kinderhilfsorganisation zugutekommen. Natürlich hatte er sofort zugestimmt. Es war eine riesige Veranstaltung geplant. Im nahe gelegenen Bodmin Moor sollten die Gäste sogar in Panzern fahren dürfen, und auf dem Parkplatz des Hotels wollte man eigens eine Kartbahn aufbauen. Das Hauptereignis aber sollte das Prominentenrennen mit allradgetriebenen Geländewagen auf dem zerklüfteten Gelände der Offroadschule sein, die man kürzlich hier gegründet hatte.

Er hatte die ganze Angelegenheit an Damien delegiert. Es war genau die Art von Veranstaltung, für die sein Bruder schwärmte. Fairerweise musste er zugeben, dass sein sonst so leichtlebiger Bruder ausnahmsweise ernsthafte Arbeit in diese Sache investiert hatte. Es war ein Jammer, dass er nicht mehr hier war, um das Ergebnis seiner Mühen zu sehen. Aidan spürte einen plötzlichen Stich im Herzen. Damien war sechs Jahre jünger gewesen als er und von Geburt an der verwöhnte Liebling seiner in ihn vernarrten Mutter. Dennoch hatte er den Burschen immer gern gemocht.

Die Veranstaltung bot ihm auch die Gelegenheit, sich von der Entwicklung des Hotels zu überzeugen und die Bücher durchzusehen. Dabei war er auch auf diesen unbedeutenden, in der Gesamtaufstellung fast verlorenen Posten gestoßen. Weil er ohnehin eine kleine Pause einlegen wollte, hatte er beschlossen, einen Spaziergang entlang der Klippen zu machen und den Mieter in Augenschein zu nehmen, der eine solch lächerliche Miete für ein Cottage zahlte. Er hatte nicht einmal gewusst, dass es überhaupt zu seinem Besitz gehörte.

Es war die reine Neugier gewesen … nur eine Ausrede, um die langweiligen Zahlenkolonnen für eine Weile beiseitezuschieben und sich für einen Moment Bewegung zu verschaffen. Wenn er schon hier sein musste, wollte er wenigstens das Beste aus den wenigen Tagen in Cornwall machen. In der Sommersonne hatte der Panoramablick über grüne Hügel, schwarze Klippen, gelben Sand und endlos blauen Ozean einen besonderen Reiz.

Und dann hatte ihn statt des mürrischen alten Einsiedlers, den er erwartet hatte, eine beeindruckend attraktive junge Frau begrüßt …

Als er jetzt die Höhe der Steilküste erreichte, blieb er stehen und wandte sich um. Das Dach der alten Hütte war gerade noch zu sehen. Selbst von hier aus konnte er erkennen, dass die grauen Schindeln an verschiedenen Stellen gebrochen waren und an einer Ecke des Daches ein Busch zu wachsen begonnen hatte.

Zu seiner Rechten senkte sich die Wiese hinunter zur Hotelanlage und zum Ort mit seinem malerischen Hafen im Windschatten der Klippen. Hier war das Wasser vergleichsweise ruhig und bot perfekte Möglichkeiten zum Jetskifahren, Paragleiten und Motorbootfahren. Der Strand war auch für Familien geeignet und der Sand ideal für den Bau von Sandburgen.

Der Blick zur Linken bot den direkten Gegensatz. Ungeschützt vor den lang anrollenden Wogen des Atlantiks, war die Küste wild und zerklüftet. Die dunklen Granitfelsen stiegen senkrecht aus dem Meer auf. Wreckers Point nannte man diesen Ort. In vergangenen Jahrhunderten hatten skrupellose Plünderer Lampen auf die Klippen gestellt, um Schiffe auf die scharfen Felsen vor der Küste zu locken und sie dann ihrer wertvollen Fracht zu berauben. Das Schicksal der Mannschaften war den Seeräubern gleichgültig gewesen.

Noch einmal warf er einen Blick auf das Cottage hinab. Ein Lächeln vertiefte die Falten um seine Mundwinkel. Dort, so hieß es, hätten die Seeräuber gehaust und auf ihre Beute gewartet. Ein gefährlicher Ort. Sollte er das als Warnung nehmen? Doch gefährliche Spiele hatten ihn schon immer gereizt!

2. KAPITEL

„Zitronen! Ich brauche mehr Zitronen, sofort! Dios! Noch nie ist mir eine so nutzlose Bande von Küchenhilfen untergekommen! Muss ich denn alles selbst machen?“

Sam war froh, dass sie hier, am anderen Ende der riesigen Hotelküche, außer Reichweite des wütenden Küchenchefs war. Allerdings musste sie zugeben, dass er es nicht leicht hatte. Ein Fünfgängemenü für einhundertfünfzig anspruchsvolle Gäste rechtzeitig und perfekt auf den Tisch zu bringen rechtfertigte einen kleinen Ausbruch von künstlerischem Temperament.

„Hier, Sam, noch ein Stapel für dich.“ Barry, die Aushilfskraft, stellte einen Stoß verkrusteter Auflaufformen auf das Ablaufbrett neben ihrer Spüle. Er drängte sich nah an sie und rieb seine Hüfte an ihrer. „Was hast du denn vor, wenn das erledigt ist?“, fragte er mit anzüglichem Grinsen. „Wie wäre es mit einem Strandspaziergang im Mondschein … nur du und ich und die Sterne?“

Sam erwiderte sein Lächeln, schüttelte jedoch gleichzeitig entschieden den Kopf. Dabei wischte sie sich den Schweiß mit dem Handrücken von der Stirn. „Wenn das hier erledigt ist, werde ich nur noch geradewegs nach Hause in mein Bett gehen. Allein“, fügte sie entschlossen hinzu.

„Ah …“ Barry verzog enttäuscht das Gesicht. „Grausames Weib! Weißt du nicht, dass du mir das Herz damit brichst?“

„Dir das Herz brechen?“, entgegnete Sam lachend. „Dein Herz ist aus Gummi. Es springt wie ein Tennisball … geradewegs auf das nächste hübsche Mädchen zu, das dir unter die Augen kommt.“

„Das ist nicht wahr! Ich bin sehr …“ Ein Schrei vom Herrscher am anderen Ende der Küche unterbrach seinen Protest. Er zuckte resigniert die Schultern und schlich sich augenzwinkernd davon.

Sam stand nun allein vor dem Stapel Geschirr und verzog das Gesicht. Es war zwar hilfreich, dass sie sich ein kleines Zubrot verdienen konnte, wenn im Hotel eine große Veranstaltung stattfand, doch das Geschirrspülen empfand sie immer wieder als Sklavenarbeit. Seufzend ließ sie frisches Wasser einlaufen, spritzte eine großzügige Dosis Spülmittel dazu und stellte das Geschirr hinein, damit die angetrockneten Speisereste einweichen konnten.

Aidan würde jetzt oben im Speisesaal am Kopf der langen Tafel sitzen. Nicht, dass es sie auch nur im Entferntesten interessierte … es war nur so ein Gedanke.

Sie hatte ihn am Nachmittag gesehen, als er die Finalrennen auf dem Kurs hinter dem Hotel verfolgte. Er war in Gesellschaft äußerst wichtiger Gäste gewesen, darunter mehrere ausländische Diplomaten und einige niedere Mitglieder der königlichen Familie. Er hatte sie, Sam, nicht bemerkt.

Außerdem wich eine bemerkenswert schöne Blondine nicht von seiner Seite. Sie war eines dieser Supermodels, deren makellose Perfektion jeder anderen Frau das Gefühl gab, dass sie besser mit einem Sack über dem Kopf herumlaufen sollte. „Eines muss man meinem Bruder wirklich lassen“, hatte Damien mehr als einmal betont. „Was Frauen angeht, hat er einen unfehlbaren Geschmack.“

Sam musste plötzlich lachen, als ihr Blick auf ihr Spiegelbild im Fenster über dem Spülbecken fiel. Sie sah verheerend aus. Ihr vom Dampf des Abwaschwassers gerötetes Gesicht war ohne Make-up, und das Haar hing ihr in feuchten Strähnen herunter. Ihre Jeans waren fleckig, und über dem T-Shirt trug sie eine billige Plastikschürze.

Unfehlbarer Geschmack? Das mochte ja sein, aber er war sich anscheinend auch nicht zu schade, seinen Charme an jeder anderen Frau zu erproben, die das Pech hatte, seinen Weg zu kreuzen.

Sie bedauerte zutiefst, welchen Narren sie bei ihrer Begegnung aus sich gemacht hatte. Ständig war sie errötet wie ein Schulmädchen und hatte verlegen gestammelt. Dann hatte sie es auch noch zugelassen, dass er sie küsste. Natürlich hatte das nur geschehen können, weil sie völlig durcheinander gewesen war. Als er so unerwartet vor ihr gestanden hatte, hatte sie ihn im ersten Moment für seinen toten Bruder gehalten. Er durfte nicht damit rechnen, dass er sie noch einmal derart auf dem falschen Fuß erwischen würde.

Das Dinner musste jetzt fast beendet sein. Dessertschalen und Kaffeetassen wurden heruntergebracht und in die riesige Spülmaschine neben ihrem Spülbecken geladen. Selbst hier unten im Geklapper der Küche konnte man die ersten Klänge von Tanzmusik hören, die durch die großen offenen Fenster des Saales drangen.

Sam summte die Melodie mit, während sie Töpfe und Pfannen schrubbte. Sie bewegte sich im Takt der Musik, und mit der Zeit fand sie einen Rhythmus, der ihr die Arbeit leichter von der Hand gehen ließ, während oben die Reichen und Schönen tanzten.

Sam geriet ins Träumen. Wenn sie dort oben wäre, würde sie Schwarz tragen … etwas Schlichtes, Elegantes mit schmalen Trägern und einem weiten Rock, der beim Tanzen um die Beine schwang. Ihr Haar würde sie in weichen Locken auf die Schultern fallen lassen, und sie würde nur wenig geschmackvollen Schmuck tragen. Nichts Aufdringliches, nur schlichtes Gold mit dem diskreten Funkeln einiger Diamanten. Lange Handschuhe? Nein, das wäre schon zu viel.

Sie würde mit dem bestaussehenden Mann im ganzen Saal tanzen. Er wäre groß und dunkelhaarig. Seine breiten Schultern würden den perfekten Schnitt seines Smokings zur Geltung bringen. Er würde wundervoll tanzen. Fast schwerelos würde sie in seinen starken Armen über das Parkett gleiten. Jede andere Frau im Saal würde ihnen neidvoll nachblicken, doch er würde nur Augen für sie haben … dunkle Augen, tief und ein wenig gefährlich …

Oh nein, Schluss damit, rief sie sich zur Vernunft, als sie merkte, wohin ihre Fantasie zu führen drohte. Sie hatte dort oben nichts zu suchen! Sie würde sich völlig fehl am Platz vorkommen, und getanzt hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht. Außerdem warteten hier Töpfe und Pfannen auf sie, und hundertfünfzig Tassen und Untertassen mussten in den Geschirrspüler geräumt werden.

Als schließlich die letzten Töpfe und Pfannen abgetrocknet und an ihren Plätzen verstaut waren, war es fast elf. Die meisten anderen vom Küchenpersonal waren hinaus in den Hof gegangen und feierten das Fest auf ihre Weise. Sie ließen sich die Reste vom Bankett schmecken, und einige hatten begonnen, zwischen den Mülltonnen und leeren Bierkisten zu tanzen.

Gähnend zog Sam ihre Gummihandschuhe aus und hängte die blaue Plastikschürze an den Haken zu den anderen. Dann ging auch sie hinaus. Sobald sie erschien, fiel Barry über sie her.

„Hallo!“ Er packte sie und wirbelte sie in wildem Tanz herum. „Mondlicht in deinen Haaren …“, sang er den Schlager, der von oben erklang, in falscher Tonart mit.

„Gnade!“, flehte Sam lachend. „Du trittst mir auf die Füße.“

Es gelang ihr, sich ihm zu entwinden. Dann setzte sie sich auf eine der umgedrehten Bierkisten und griff nach einem gegrillten Hähnchenschenkel. Jemand reichte ihr eine Dose Bier. Sie riss den Verschluss auf und trank begierig die ersten Schlucke. Abwaschen machte durstig.

George, der rotgesichtige Stellvertreter des Küchenchefs, rieb sich vergnügt die Hände und machte sich über seine dritte Portion karamellisierter Birnen her. „Ich wette, wir haben hier unten mehr Spaß als die da oben“, erklärte er und deutete mit einer Kopfbewegung zum Ballsaal hinauf.

„Das kannst du aber laut sagen“, stimmte Mary zu, die untersetzte Vorarbeiterin der Putzkolonne, während sie nach einer Schale Schokoladencreme griff. „Aber jetzt will ich mir die Kleider ansehen. Kommst du mit, Val?“

Einige der Frauen, die noch keine Gelegenheit gehabt hatten, die Gäste in ihrer ganzen Pracht zu sehen, folgten ihr. Die Seeseite des Hotels war in mehreren Ebenen über den Klippen erbaut. Steile, in den Fels gehauene Stufen führten von der Küche zur Ebene darüber. Dort war eine Terrasse vor dem Frühstücksraum angelegt. Bei schönem Wetter war dies wegen des prächtigen Blicks über das Dorf und die Bucht ein beliebter Platz.

Drei oder vier weitere Stufen führten zur Hauptterrasse vor dem Ballsaal hinauf, doch so weit brauchten die Frauen gar nicht zu gehen. Wenn sie sich auf die Stühle der Frühstücksterrasse stellten, konnten sie durch die großen Fenster des Ballsaales spähen, ohne selbst entdeckt zu werden.

Sam blieb auf ihrer Kiste sitzen. Sie würde sich nicht die Nase an den Fensterscheiben platt drücken! Warum sollte sie zusehen, wie Aidan Harper mit seiner strahlenden Freundin tanzte.

„Hallo, Baby! Träumst du von mir?“ Barry schwang sich auf die leere Bierkiste neben ihr und tat so, als würde er eine schwere Harley Davidson fahren. Dabei war das Einzige, was er sich leisten konnte, ein Moped. „Du brauchst nicht zu träumen … hier bin ich in Fleisch und Blut!“

Sam schüttelte lachend den Kopf. „Tut mir leid, Barry, aber gerade jetzt habe ich nicht von dir geträumt“, erwiderte sie. „Ich musste an all die schrecklichen Töpfe und Pfannen denken. Ich hoffe, dass ich in meinem ganzen Leben keine mehr sehen muss!“

Barry legte ihr unbeholfen den Arm um die Schultern und warf sie fast von ihrem Sitz, als er sie an sich zog. „He, eine Süße wie du sollte ihr Leben nicht mit schmutzigem Geschirr verschwenden! Lass uns zusammen abhauen!“ Er presste seine feuchten Lippen auf ihren Hals. „Lass uns nach Südfrankreich gehen. Dort gibt es jede Menge Arbeit bei der Weinlese.“

„Ach ja? Und wie sollen wir dorthin kommen?“, fragte sie neckend. Sie entzog sich ihm gerade weit genug, um nicht vom Bierdunst seines Atems benebelt zu werden. „Auf deinem Moped?“

„Das Ding?“, mischte sich George verächtlich ein. „Damit kommst du ja nicht einmal bis nach Plymouth.“

„Was weißt du denn schon?“, erwiderte Barry streitlustig. „Es läuft besser als die Rostlaube, die du dein Auto nennst!“

Erleichtert, dass der kurze Streit Barrys Aufmerksamkeit vorübergehend von ihr abgelenkt hatte, entwand sich Sam seinen Armen. Sie hatte nichts dagegen, dass er mit ihr zu flirten versuchte. Nur wenn er angetrunken war, konnte er gelegentlich etwas zu aufdringlich werden.

Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt, zur Terrasse hinaufzusteigen, doch irgendwie fand sie sich plötzlich dort. Sie zögerte und wäre fast umgekehrt, doch unten schien Barry bereits nach ihr zu suchen. So schlich sie sich leise auch die letzten Stufen hinauf. Von der Terrasse würde sie eine Abkürzung zum Pfad an der Steilküste nehmen und von dort nach Hause gehen. Sie brauchte ja nicht durch die Fenster zu sehen.

„Oh, siehst du das Grüne dort? Ist das nicht traumhaft? Wenn ich doch nur die Figur für so etwas hätte!“ Neugierig trat Sam einen Schritt näher, um zu sehen, wovon Val so schwärmte. Val spürte, dass ihr jemand über die Schulter blickte. Sie drehte sich um und sagte: „Oh Sam, komm, sieh dir diese Kleider an. Sind die nicht wunderbar?“

Es war eine schwierige Entscheidung. Sie wollte eigentlich nicht hineinblicken, aber wenn sie sich weigerte, würden die anderen Frauen sie für eingebildet halten. Für sie war es ein schlichtes Vergnügen, die prachtvollen Kleider zu bewundern, die sie sich in ihrem ganzen Leben nie würden leisten können. So lächelte sie verlegen und kletterte auf den angebotenen Stuhl, um einen raschen Blick durch den Spalt zwischen den langen Vorhängen zu werfen.

Sie kannte den Ballsaal gut. Erst am Morgen hatte sie mehrere Stunden damit verbracht, den Parkettboden zum Glänzen zu bringen. Im hellen Sonnenlicht hatte der Saal nichts Besonderes an sich gehabt.

Doch nun wirkte er wie verzaubert. Er strahlte im Licht der fünf funkelnden Kronleuchter, das die prachtvollen Fresken an der Decke und die aufwendigen Stuckverzierungen besonders gut zur Geltung brachte. Die festlich gekleideten Paare, die sich im Takt der Musik drehten, wirkten wie Königinnen und Könige aus einem Märchen.

„Oh, sieh mal, wer da ist!“, flüsterte Val aufgeregt, als ein gut aussehender Filmstar ganz dicht an ihrem Versteck vorbeitanzte. „Oh, der könnte jeden Tag in der Woche die letzte Kartoffel von meinem Teller bekommen.“ Sie schüttelte sich vor leisem Gelächter.

„Und da ist Mr. Harper … sieh nur, den finde ich toll. Der sieht besser aus als die meisten Fernsehstars. Mit wem tanzt er denn?“

„Das ist Imogen Larsson“, kam es von der Seite. „Sie ist seine Freundin … das weiß doch jeder.“

„Ich dachte, er wollte diese Schauspielerin heiraten … du weißt schon, die mit dem roten Haar aus Summer Moon.“

„Das war letztes Jahr. Die hat inzwischen einen französischen Grafen geheiratet. Die Bilder waren doch in allen Zeitungen.“

„Und wird Mr. Harper jetzt diese hier heiraten?“

Val schnaufte verächtlich. „Na, ich glaube nicht, dass er sich so leicht einfangen lässt. Warum sollte er auch? Er wird schon nicht einsam sein an langen Winterabenden.“

Sam verfolgte die Diskussion der beiden Frauen nur mit halbem Ohr. Gegen ihren Willen beobachtete sie gebannt, wie Aidan über das Parkett glitt. Da er etwas größer war als die meisten anderen Männer, war er selbst von ihrem ungünstigen Standort aus leicht zu sehen. Genau wie sie es sich in ihrer Fantasie ausgemalt hatte, war er der bestaussehende Mann im Saal.

Bist du verrückt geworden?,schalt sie sich unwillig. War sie noch bei Sinnen, sich die Nase an der kalten Fensterscheibe platt zu drücken? Doch sosehr sie sich auch bemühte, den Blick abzuwenden, immer wieder suchte sie nach dem attraktiven Mann, als würde eine unbekannte Macht ihren Willen unterdrücken.

Die anderen Frauen hatten sich inzwischen zufrieden zurückgezogen, doch Sam blieb und spähte unbemerkt durch den Spalt zwischen den Vorhängen. Wie mochte es wohl sein, mit ihm zu tanzen? Seine Arme um sich zu fühlen, von ihm geführt zu werden? Es würde ein Gefühl sein … wie auf Wolken zu schweben.

Plötzlich verschwamm das Bild. Unwillig fuhr sie sich mit der Hand über die Augen. Was war nur los mit ihr? Bestimmt lag es daran, dass sie zurzeit ein wenig verunsichert war. Mehr als fünf Wochen waren jetzt seit der Nacht mit Damien vergangen, und es wurde immer schwieriger, die Drohung des Kalenders zu ignorieren.

Bestimmt ist nichts passiert, versuchte sie sich selbst zu beruhigen und schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen. Dass sie sich überhaupt Sorgen machte, war vermutlich das einzige Problem. Schließlich war es nur diese eine Nacht gewesen. So grausam durfte das Schicksal nicht sein!

Vielleicht war es nur natürlich, dass sie sich mit solch bedrückenden Gedanken im Hinterkopf dann und wann in Fantasien verlor. Ein starker Mann zum Anlehnen, jemand, der ihr …

„Guten Abend. Was machen Sie hier?“

Beim Klang dieser vertrauten, etwas spöttischen Stimme fuhr Sam heftig herum. Fast hätte sie die Balance verloren. Unsicher schwankte sie auf dem Stuhl, bis Aidan nach ihr griff und ihr festen Halt bot.

„Was … wieso sind Sie hier draußen?“, fragte sie entgeistert und sprang vom Stuhl herab. Tief in Gedanken versunken, hatte sie nicht einmal bemerkt, dass er den Ballsaal verlassen hatte.

Da war wieder dieses Lächeln, vor dem sie sich hüten musste. „Ich bin nur heruntergekommen, um dem Küchenpersonal ein paar Flaschen Champagner als Dank für seine Mühen zu bringen“, erklärte er leicht amüsiert. „Aber ich habe zuerst gefragt.“

„Ich gehöre zum Küchenpersonal“, informierte sie ihn würdevoll. „Jedenfalls heute Abend. Ich habe Töpfe und Pfannen geschrubbt.“

„Ach wirklich?“ Er zog erstaunt die Brauen hoch. „Töpfe und Pfannen? Mit so zarten Händen?“ Er strich mit seinen Fingerspitzen leicht über ihren Handballen, sodass die Finger sich öffneten wie die Blätter einer Blüte. Bei seiner Berührung durchlief sie ein eigenartiger Schauer. Ihr Verstand warnte sie, sich nicht vom Bann dieser dunklen Augen einfangen zu lassen, doch zu spät.

„Ich … brauche das Geld“, brachte sie mit unsicherer Stimme hervor. „Sogar Schrott gibt es nicht umsonst, und Skulpturen verkaufen sich nicht besonders gut, wenn man nicht wirklich berühmt ist.“

Er hielt noch immer ihre Hand fest. „Armes kleines Aschenputtel … scheuert sich unten in der Küche die Hände wund, statt oben im Ballsaal die Männer zu betören.“

Sam rang sich ein Lächeln ab. „Oh, das ist wirklich nicht meine Welt“, versicherte sie und machte einen Versuch, ihm ihre Hand zu entziehen. „Außerdem bin ich dafür nicht richtig gekleidet.“

Er ließ den Blick an ihr herabgleiten. Plötzlich war sich Sam peinlich bewusst, wie eng die Jeans sich um ihre Hüften schmiegten und wie sich die feste Rundung ihrer Brüste unter dem schlichten weißen T-Shirt abzeichnete. Als sein Blick zu ihren Augen zurückkehrte, bedauerte sie ihre sorglose Bemerkung bereits.

„Das … ist Ansichtssache“, sagte er leise. Dann lächelte er aufmunternd. „Ich finde Ihre Kleidung absolut passend.“ Er legte ihr den Arm um die Taille und zog sie an sich. Dann bewegte er sich mit ihr zum Klang der Musik, die aus dem Ballsaal drang. Sam kam es vor, als hätte ihr Herz zu schlagen aufgehört. Würde das Aschenputtel am Ende doch den Prinzen bekommen?

Mach dich nicht lächerlich, rief sie sich scharf zur Ordnung. Dies war kein Märchen! Sie war eine erwachsene Frau, kein verträumter Teenager! Mit einiger Mühe löste sie sich wenigstens so weit von ihm, dass ein kleiner Abstand zwischen ihnen war. „Haben Sie denn … schon eine Entscheidung über das Cottage getroffen?“, fragte sie, bemüht, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen.

„Noch nicht. Ich sagte ja bereits, dass mein Verwalter es sich ansehen wird. Wenn er mir eine Schätzung gibt, wie viel die Reparaturen kosten werden, kann ich entscheiden, ob sich die Investition lohnt.“

Sie sah ihn besorgt an. „Und wenn Sie sich zu den Reparaturen entschließen, werden Sie mehr Miete von mir verlangen?“, fragte sie.

In seinen Augen blitzte es auf. „Sie erwarten, dass ich Geld ausgebe, ohne die Miete zu erhöhen?“

„Ich verstehe nicht, warum Sie überhaupt etwas tun müssen“, entgegnete Sam trotzig. „Ich habe mich nicht beklagt.“

„Als Vermieter bin ich nach dem Gesetz für die Sicherheit des Anwesens verantwortlich. Wenn zum Beispiel das Dach bei einem Sturm einstürzte und Sie getötet würden, könnte Ihre Familie mich mit Schadenersatzansprüchen ruinieren.“

Ihr Lachen klang bitter. „Das würde sie gewiss nicht“, versicherte sie. „Vermutlich würde man Ihnen eher einen Dankesbrief schicken.“

Aidan sah sie verblüfft an.

Sam seufzte. Sie hatte nicht vorgehabt, das herauszuplappern. Sie versuchte es mit einem abwehrenden Schulterzucken. „Sie mögen mich nicht besonders“, erklärte sie verlegen.

„Ihre Eltern?“

„Meine Tante, die Schwester meiner Mutter. Sie hat mich großgezogen, nachdem meine Mutter … verschwunden war. Ich war ihr nicht sonderlich willkommen.“ Das Lächeln gelang ihr nicht ganz. „Sie sagte immer, ich würde nach meiner Mutter geraten.“

„Die das schwarze Schaf der Familie war?“, fragte Aidan unerwartet mitfühlend.

Sam nickte. „Meine Mutter war immer ein bisschen wild. Sie war mit meinem Onkel verlobt, aber dann brannte sie mit einem anderen durch, und er hat meine Tante geheiratet. Ein paar Jahre später tauchte meine Mutter wieder auf … mit mir. Sie blieb eine Weile, dann verschwand sie wieder. Mich ließ sie bei meiner Großmutter zurück, die sich eine Weile um mich kümmerte. Als es Granny zu viel wurde, musste Tante Meg mich aufnehmen. Es war bestimmt nicht leicht für sie“, fügte sie fairerweise hinzu. „Ich war das Kuckucksei im Nest. Sie hatte drei eigene Töchter, und wir haben uns nie wirklich verstanden.“

„Und Ihre Mutter ist nicht wieder zurückgekommen?“

„Oh, ein paar Mal schon.“ Sam war sich der Trauer in ihrer Stimme nicht bewusst. „Aber sie hat immer gesagt, dass es so am besten für mich sei. In Wahrheit war ich ihr immer ein Klotz am Bein. Sie ist gestorben, als ich zehn war. Sie ist bei einer Party vom Balkon gestürzt.“ Ihr Blick verlor sich, als hätte sie die Szene vor Augen. „Man sagt, sie sei ziemlich betrunken gewesen.“

Eine Weile schwiegen sie beide.„Und was ist mit Ihrem Vater?“, fragte Aidan dann leise.

„Ihn habe ich nie kennengelernt.“ Ihre Antwort klang gleichgültig. Sie hatte schon lange ihre Kindheitsträume von einem geheimnisvollen Vater aufgegeben, der plötzlich erscheinen und ihre kleine Welt in Ordnung bringen würde. „Ich weiß nur, dass er Peter hieß, aber angeblich nannten ihn alle nur den Schleicher.“

Aidan lachte trocken. „Das klingt, als wäre es wirklich besser, dass Sie ihn nicht kennengelernt haben“, stellte er fest.

„Ja, wahrscheinlich ist es so.“

Warum erzählte sie diesem Mann so viel? Gewöhnlich behielt sie ihre unerfreuliche Biografie für sich. Selbst Menschen, die sie schon lange kannten, wussten nicht viel davon. Und nun schüttete sie diesem Mann, den sie erst seit ein paar Tagen kannte, ihr Herz aus. War es diese sanfte, verführerische Stimme oder die unerwartete Wärme in seinem Blick, die sie dazu verleitete, ihre mühsam aufgebaute Deckung zu verlassen?

„Ich … sollte jetzt besser gehen“, versuchte Sam das Gespräch zu beenden. „Es ist spät.“

Er lachte leise, und sein Lachen schien eine lange vergessene Saite in ihrem Inneren zum Schwingen zu bringen. „Soll das heißen, Sie sind wirklich Cinderella? Wenn Sie nicht vor Mitternacht verschwinden, wird sich Ihre gläserne Kutsche wieder in einen Kürbis zurückverwandeln?“

„Natürlich nicht. Es ist nur …“

„Dann entspannen Sie sich.“ Er ließ die Hand ihren Rücken hinuntergleiten. Diese Berührung hatte genau die gegenteilige Wirkung. „Wir tanzen doch nur.“

Nur? Wieso lag dann seine Hand auf der Gesäßtasche ihrer Jeans? Und wieso ließ der Blick aus seinen dunklen Augen ihren Herzschlag mit fast hypnotischer Kraft immer schneller werden?

Die Situation geriet immer mehr außer Kontrolle. Sie hatte keine Ahnung, wie sie mit einer solchen Situation umgehen sollte. Ihre Erfahrung mit Männern war viel begrenzter, als er zu denken schien. Sie hatte immer zu viel Angst gehabt, in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten.

Bis zu jener Nacht mit Damien. Doch selbst Damien hatte ihr nur zu nahe kommen können, weil sie in dieser unseligen Mischung von Tabletten und Alkohol wie betäubt gewesen war. Aidan, befürchtete sie, war weit gefährlicher. Er schien sie mit seinen Blicken und seiner Stimme zu verzaubern und ihre Abwehr zu untergraben, sodass sie sich fast freiwillig seinen routinierten Verführungskünsten ergab. Schon mit ihm zu tanzen und sich in seinen Armen zu wiegen erhitzte ihr Blut und ließ ihr Herz viel zu schnell schlagen.

Was machte er überhaupt hier draußen mit einer Küchenfee in abgewetzten Jeans, während seine bezaubernde Imogen drinnen auf ihn wartete? Gehörte er zu den Männern, die ständig eine neue Herausforderung brauchten? Die jede Frau, die ihnen gefiel, erobern mussten? Er schien sich sicher zu sein, dass er seine schöne Blondine würde besänftigen können, falls sie ihn auf Abwegen ertappte. Aber vielleicht machte es ihr auch gar nichts aus. Vielleicht gönnte sie ihm ein kleines, unbedeutendes Vergnügen am Rande.

Ich könnte das niemals, schoss es Sam durch den Kopf. Wenn er zu mir gehörte, würde ich ihn niemals aus den Augen lassen.

Aidan blickte belustigt auf sie herab. „Sie sehen aus, als wollten Sie jemanden erwürgen.“

„Ach ja?“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ich wüsste nicht, wen.“

„Mich doch hoffentlich nicht“, neckte er.

Er flirtete mit ihr, aber sie wusste nicht, wie sie auf einen harmlosen Flirt reagieren sollte. Sie fühlte sich unbeholfen. Vergeblich suchte sie nach einer schlagfertigen, witzigen Entgegnung. Sie fühlte sich unter dem Blick aus seinen dunklen Augen wie gefangen.

„Sie haben doch nicht etwa Angst vor mir?“, forderte er sie heraus.

„Angst vor Ihnen?“ Ihre Stimme zitterte verräterisch. „Natürlich nicht! Das ist ja lächerlich.“

„Dann ist es gut.“ Erneut zeigte sich das Lächeln, das ihren Herzschlag außer Kontrolle brachte. „Es gibt keinen Grund, Angst vor mir zu haben. Nicht den geringsten.“

Er umschlang sie ein wenig kräftiger und zog sie enger an sich. Nun schmiegten sich ihre Körper aneinander, und Sam spürte seine erregende männliche Kraft. Als er über ihr Haar strich, sodass sie zu ihm aufsehen musste, ahnte Sam, dass er sie gleich küssen würde. Diesmal würde es keine flüchtige Berührung sein.

Sie schloss die Augen, öffnete erwartungsvoll die Lippen, und ein Schauer durchlief sie. Aidans Atem streifte warm ihre Wange. Er schien den Moment zu genießen, bevor er die Lippen auf ihren Mund presste. Mit der Zungenspitze strich er aufreizend über ihre Lippen und ließ Sam vor Lust erbeben.

Ein gefährliches Verlangen erwachte in ihr. Die Klänge der Musik aus dem Ballsaal und Aidans Duft betäubten sie und erfüllten sie mit brennender Begierde, die die immer schwächer werdenden Warnungen ihres Verstandes zum Verstummen brachte. Als Adrian die Hand aufreizend langsam über ihren Hals und die Rundungen ihrer festen Brüste gleiten ließ, war sie vollends verloren.

Aidans Kuss wurde leidenschaftlicher und fordernder. Wie von selbst legten sich Sams Arme um seinen Nacken. Ihr ganzer Körper verlangte danach, sich Aidan hinzugeben. Ein solches Gefühl hatte sie noch nie verspürt. Auch die seltenen Gelegenheiten, bei denen sie sich von Damien hatte küssen lassen, waren damit nicht vergleichbar.

Damien! Die Erinnerung an diese Nacht und ihre Geschehnisse zerbrach abrupt den Zauber, mit dem Aidan sie umwoben hatte. Wusste er davon? Hatte Damien ihm davon erzählt? Hatten sie gemeinsam über das Mädchen gelacht, das sich erst so widerspenstig gezeigt und sich dann doch als leichte Beute erwiesen hatte? Glaubte er, nun sei er an der Reihe?

Irgendwie fand Sam die Kraft, Aidan von sich zu stoßen und sich seinem Griff zu entwinden. Heftig rang sie nach Atem, um die Benommenheit in ihrem Kopf zu vertreiben. „Wozu sollte das gut sein?“, fragte sie hitzig.

Er lachte rau. „Aus dem üblichen Grund“, erwiderte er spöttisch. „Sie sind eine Frau, ich bin ein Mann. Ich nehme an, jeder normal fühlende Mann würde gern mit Ihnen ins Bett gehen.“

Sie sah ihn fassungslos an. Sie zitterte noch immer unter den Nachwirkungen des vergangenen Augenblicks. „Sie bestreiten es nicht einmal?“, fuhr sie auf.

Er zuckte beiläufig die Schultern. „Warum sollte ich? Nach diesem Kuss würden Sie mir doch nicht glauben. Und ganz ehrlich, nach diesem Kuss kann ich auch nicht glauben, dass Sie diese Vorstellung völlig abwegig finden“, fügte er hinzu.

Sam musste sich zusammenreißen, um ihm nicht in das schöne Gesicht zu schlagen. „Sie … Sie sind der eingebildetste Kerl, dem ich je begegnet bin“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Sie glauben anscheinend, jede Frau, die Ihnen über den Weg läuft, könne es kaum erwarten, mit Ihnen ins Bett zu springen. Bemühen Sie sich nicht weiter um mich. Ich bin nicht im Geringsten daran interessiert. Gehen Sie zurück zu Ihrer schönen Freundin. Sie wird sich schon fragen, wo Sie bleiben.“

Sie machte auf dem Absatz kehrt und marschierte davon. Unwillig strich sie sich dabei die Tränen aus dem Gesicht.

3. KAPITEL

Es war ein frischer, sonniger Morgen. Von der See wehte eine kräftige Brise, und die Brandung stand zwei bis drei Meter hoch. Sam streifte sich die flachen Sandaletten ab und atmete tief den salzigen Duft des Meeres ein. Der Sand knirschte unter ihren Füßen, als sie sich niederbeugte, um die Sicherheitsleine ihres Surfbretts an ihrem Knöchel zu befestigen. Dann watete sie hinaus in den Schaum der Brecher. Das Wasser war noch ziemlich kalt, sodass sie prustend nach Luft schnappte, als die Wellen immer höher schlugen. Schließlich legte sie sich auf das Brett und paddelte durch die Brandungszone hindurch.

Obwohl es erst kurz nach sieben war, hatten sich schon viele Einheimische und sogar etliche Touristen eingefunden. Einige der jungen Männer waren weit hinausgepaddelt, um dort auf die besonders großen Wogen zu warten. Sam begnügte sich damit, kurz hinter der Brandungszone zu bleiben. Ihr Brett schaukelte sanft auf den Wellen, und langsam spürte sie, wie der unendliche Rhythmus des weiten Atlantiks sie erfasste.

Genau das brauchte sie nach einer schlaflosen Nacht, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Die beißende Kälte des Wassers, die Frische der Morgenluft und das Spiel mit den Wellen halfen ihr, die Erinnerung an die Geschehnisse der vergangenen Nacht zu verdrängen.

Sie suchte sich eine Welle aus und drehte ihr Brett in die richtige Richtung. Dann paddelte sie, so schnell sie konnte, bis sie spürte, wie die Woge ihr Brett anhob und mit sich nahm. Rasch erhob sie sich auf die Füße, suchte mit gebeugten Knien und ausgestreckten Armen ihr Gleichgewicht und schoss mit dem Schwung der Welle auf das Ufer zu. Jauchzend gab sie sich dem immer wieder überwältigenden Erlebnis hin. Näher konnte ein Mensch dem Gefühl zu fliegen kaum kommen.

Ein paar Meter von ihr entfernt ritt ein anderer Surfer auf der derselben Welle. Sie warf ihm einen raschen Seitenblick zu, um sicherzugehen, dass sie nicht auf Kollisionskurs lagen. Der eng anliegende, nass glänzende Neoprenanzug betonte die athletische, breitschultrige Gestalt des Mannes, der sein Brett mühelos und elegant in rasender Fahrt genau am Rand der Schaumkrone hielt.

Ihr Herz schlug schneller. Er hatte ihr den Rücken zugewandt, doch Aidan Harper war nicht zu verwechseln.

Was hatte er hier zu suchen? Dies war ihr Revier! Um diese Jahreszeit kam sie gewöhnlich jeden Tag zum Schwimmen oder Surfen. Er hatte kein Recht, hier einzudringen. Außerdem hatte sie erwartet, dass er längst samt seiner glamourösen Freundin in London wäre. Dort gehörte er hin … obwohl er auf dem Surfbrett eine ebenso gute Figur machte wie vermutlich in einem Konferenzraum in der Stadt.

Sie wandte den Blick von ihm ab und konzentrierte sich auf ihre eigene Fahrt. Routiniert umkurvte sie einen Anfänger, dem die Wellen seine Fehler nicht verziehen hatten. Sanft ließ sie ihr Brett ausgleiten. Bevor die Finne auf den Sand stieß, sprang sie ab.

Sie griff ihr Brett und wollte sich, ohne Atem zu holen, erneut in die Wogen stürzen. Sie wollte nur fort von hier, weiter den Strand entlang, bevor Aidan sie entdeckte. Doch sie hatte kein Glück.

„Sam? Hallo, guten Morgen.“ Er schien erstaunt, sie zu sehen. Die Höflichkeit gebot, dass sie ihm wenigstens ein flüchtiges Lächeln schenkte, doch er schien das als Ermutigung aufzufassen. Er nahm sein Brett und watete neben ihr durch das Wasser. „Wunderbares Wetter zum Surfen“, stellte er freundlich fest.

„Ja“, erwiderte sie spröde. „Wenn der Wind aus Südosten weht, können die Wellen drei bis vier Meter hoch werden. Aber das muss Ihnen ziemlich harmlos vorkommen, wenn Sie an Hawaii oder Kalifornien gewöhnt sind.“

„Mag sein.“ Amüsiert warf er ihr einen Seitenblick zu. „Aber jetzt bin ich in Cornwall. Ich versuche immer, das Beste aus der Situation zu machen.“

Darauf fiel Sam keine vernünftige Antwort ein. Ihr Gehirn schien sich abgeschaltet zu haben. Glücklicherweise hatten sie jetzt tieferes Wasser erreicht. Sie legte sich auf ihr Surfbrett und paddelte schnell auf die nächste brechende Welle zu.

Aidan blieb mühelos an ihrer Seite. „Ich habe gesehen, wie Sie vorhin auf der Welle geritten sind“, stellte er fest. „Sie sind ziemlich gut. Wo haben Sie surfen gelernt? Hier?“

„Nein.“ Warum brachte sie es nicht fertig, ihm zu sagen, dass er verschwinden und sie in Ruhe lassen solle? „Zu Hause.“

„Zu Hause?“

„In Swansea“, erklärte sie zögernd.

„Ach ja.“ Er nickte. „Es gibt ein paar gute Strände um Gower herum.“

„Sie kennen die Gegend?“, fragte sie überrascht.

„Ich bin ein paar Mal dort gewesen. Eine meiner Firmen besitzt Land in der Gegend.“

„Ich verstehe.“ Eine meiner Firmen besitzt Land in der Gegend. Er sprach davon so beiläufig, als ginge es um einen Fernseher oder ein Auto. Halte dich von ihm fern, Sam, warnte sie sich stumm. Er spielt in einer anderen Liga … finanziell, in sexueller Hinsicht und in jeder anderen auch.

„Sind Sie dort viel gesurft?“, fragte er. So leicht schien er nicht aufzugeben.

Sie antwortete mit einem Kopfnicken. „Als ich noch zur Schule ging … oder jedenfalls in der Schule hätte sein sollen“, fügte sie verlegen lächelnd hinzu.

Er erwiderte ihr Lächeln, und Sam spürte den nun schon vertrauten Stich in ihrem Herzen. „Haben Sie oft geschwänzt?“

„Manchmal schon. Ja … ziemlich oft“, gestand sie und dachte an die schreckliche Zeit, die sie mit ihrer Cousine in derselben Klasse verbringen musste.

„Dann waren Sie also ein schwieriges Kind?“, fragte Aidan weiter.

„Ich fürchte, ja. Ich habe mich nie anpassen können. Das einzige Schulfach, das mir wirklich gefiel, war Kunst.“ Sie hatte völlig vergessen, dass sie nicht mit ihm reden wollte. Die Sonne schien ihr warm auf den Rücken, und es war schön, auf dem in den Wellen schaukelnden Surfbrett zu liegen.

„Die Lehrerin war richtig nett. Sie hieß Mrs. Mason, aber wir durften sie Maggie nennen. Sie war die Einzige, mit der ich zurechtkam. Ich habe viel von ihr gelernt. Einmal habe ich sogar einen nationalen Preis gewonnen.“ Sam strahlte vor Stolz bei der Erinnerung. „Es war eine Katze aus Pappmaché. Eine Pfote war ein wenig schief geraten, aber die Jury schien das nicht bemerkt zu haben. Ich bekam eine Urkunde und einen Buchpreis. Sheryl, meine Cousine, hat die Katze anschließend zerbrochen“, fügte sie hinzu. Jetzt war sie im Stande, über den üblen Streich zu lachen. „Sie hat sich daraufgesetzt. Sie hat behauptet, es sei ein Versehen gewesen. Leider hatte sie vergessen, dass die Skulptur innen mit Draht verstärkt war, und sich dabei ihren Lieblingsrock zerrissen.“

Aidan fiel in ihr Lachen ein. „Das geschah ihr recht“, stimmte er zu. „Was haben Sie denn nach der Schulzeit gemacht? Sind Sie zur Kunstakademie gegangen?“

Sie nickte. „Tante Meg wollte das natürlich nicht. Sie sagte, es sei nur Geldverschwendung. Sie erwartete, dass ich mir eine vernünftige Arbeit suchte, in einer Bank oder so – wie Sheryl. Aber dort wäre ich verrückt geworden. Also musste ich mir mein Studium selbst verdienen. Ich habe als Kellnerin gejobbt oder in der Küche. Was sich eben so bot. Auf diese Weise habe ich auch meine ersten Arbeiten verkauft.“

Seine in stummer Frage hochgezogenen Augenbrauen ermunterten sie fortzufahren.

„Ich habe letzten Sommer in einem Restaurant in Torquay gearbeitet“, erklärte sie. „Der Besitzer hatte ein paar Stücke gesehen, die ich aus Treibholz angefertigt hatte, und bat mich, etwas als Blickfang für seine Fenster zu machen. Dadurch wurden einige Gäste aufmerksam, darunter auch eine Galeristin aus St. Ives. Sie hat angeboten, meine Stücke in Kommission zu nehmen. Seitdem … nun ja, meine Arbeit hat nicht gerade die Kunstwelt in Begeisterung versetzt, aber ich verdiene inzwischen so viel damit, dass ich fast meine ganze Zeit damit verbringen kann.“

„Und warum sind Sie hierhergezogen?“, fragte er interessiert weiter.

Sam zuckte die Schultern. „Es gefällt mir hier. Vor ein paar Jahren habe ich einmal einen Sommer lang im Fischrestaurant am Hafen gearbeitet, und schon damals wäre ich gern geblieben. Die Nordküste ist wilder als der Süden und nicht so von Touristen überlaufen. Außerdem ist es hier nicht so teuer“, fügte sie hinzu.

Er nickte. Das Argument schien ihm einzuleuchten. „Wollen Sie eines Tages nach Swansea zurück?“

Sie schüttelte den Kopf. „Seit meinem achtzehnten Lebensjahr bin ich nicht mehr dort gewesen.“ Sie merkte nicht, wie trostlos ihre Stimme dabei klang. „Mich zieht auch nichts mehr dorthin.“

Sein Blick wurde noch wärmer, einfühlsamer. „Dann sind Sie also ziemlich allein auf der Welt“, stellte er fest.

„Ziemlich …“

Plötzlich wurde Sam klar, mit wem sie sprach, und schon richtete sich ihr Schutzwall wieder auf. Das letzte Mal, als sie sich eingestanden hatte, einsam zu sein, war an ihrem Geburtstag gewesen. Sie mochte gar nicht daran denken, was dabei herausgekommen war.

Seitdem hatte sie sich manches Mal gefragt, ob es wohl diese Einsamkeit gewesen war, die sie für Damiens Schmeicheleien empfänglich gemacht hatte. Als ihre gewöhnliche Vorsicht von der unseligen Mischung aus Alkohol und Tabletten betäubt war, hatte sie sich vielleicht allzu willig in Damiens Arme begeben. Er musste geglaubt haben, dass sie auch mit dem Folgenden einverstanden sein würde. Sie durfte nicht zulassen, dass ihr so etwas jemals wieder geschah.

„Aber ich bin gern allein“, beschloss sie ihren Gedanken. Ihre Stimme war plötzlich scharf und ihr Blick kühl. „Gewöhnlich ziehe ich meine eigene Gesellschaft der anderer Menschen vor.“

Im ersten Moment schien er erschrocken über den plötzlichen Stimmungswandel. Dann verzog sich sein Mund zu dem vertrauten spöttischen Lächeln. „Ich nehme an, das war ein Wink mit dem Zaunpfahl“, stellte er fest.

Sam wagte nicht, in seine Richtung zu blicken. Stattdessen sah sie unverwandt geradeaus an den Horizont. „Wir sind jetzt über die Brandungszone hinaus“, stellte sie fest. „Für mich ist das weit genug.“

Aidan lachte nur. Es widerfuhr ihm vermutlich nicht oft, dass er abgewiesen wurde. Sicherlich würde es seinem Selbstbewusstsein nicht ernsthaft schaden.

„Also gut“, beendete er ihr Gespräch. „Wir sehen uns dann am Strand.“

Er paddelte mit kraftvollen Schlägen davon. Unter dem glatten Neopren seines Anzugs war das Spiel seiner Muskeln deutlich zu sehen. Sam sah ihm mit gemischten Gefühlen nach. Es war nicht zu leugnen, dass er ein sehr attraktiver Mann war. Gegen einen kleinen, unverbindlichen Flirt hätte ich nichts einzuwenden, dachte sie und spürte erneut diesen kleinen Stich im Herzen. Schließlich würde er in wenigen Tagen wieder nach London verschwinden. Wenn sie sich nur selbst trauen könnte!

Sie achtete sorgfältig darauf, nicht wieder auf derselben Welle mit ihm zu landen, und arbeitete sich Stück für Stück weiter den Strand entlang. Es wurde langsam voll im Wasser. Die Touristen schienen ihr Frühstück beendet zu haben. Ein stetiger Strom von Menschen kam den steilen Pfad vom Parkplatz oberhalb der Klippen herab. Kinder quietschten vergnügt, als sie endlich den Strand erreichten und sich ins Wasser stürzen konnten. Bald würde es unmöglich sein, eine Welle gefahrlos abzureiten.

Wenn sich ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sollten, würde sie bald überhaupt nicht mehr surfen können. Sie wollte noch immer nicht daran glauben, doch als sie vorhin ihren Anzug schließen wollte, hatte der Reißverschluss etwas mehr gespannt als gewöhnlich.

Noch diese eine letzte Welle, nahm sie sich vor. Dann würde sie für heute Schluss machen. Sie wartete und blickte prüfend hinaus auf die Wellen, die unablässig vom Atlantik heranrollten. Für den letzten Ritt des Tages sollte es eine besonders gute sein. Die Dünung rollte lang und gleichmäßig, aber hin und wieder war eine Woge größer als alle anderen. Sam paddelte noch ein wenig weiter hinaus und ließ mehrere Gelegenheiten passieren, bis sie sicher wusste … diese war es.

Sie wendete das Brett und paddelte, so schnell sie konnte. Sie spürte, wie die Welle von hinten heranrauschte und sie mit einer Kraft anhob, die ihr fast den Atem nahm. Gerade noch rechtzeitig war sie auf den Füßen, als das Brett die Nase senkte und auf der Vorderfront der Welle hinabschoss. Hinter ihr rollte sich der Gipfel des aufgetürmten Wassers und stürzte tosend in einem gewaltigen Schaumberg in sich zusammen.

Es war eine riesige Welle. Die größte, auf der sie je geritten war. Sie spürte die Gewalt des Wassers unter ihren Füßen. Mit gebeugten Knien hielt sie die Balance und nutzte gekonnt die Kraft der Welle. Es hatte ohnehin keinen Zweck, dagegen anzukämpfen. Ein Stückchen weiter schrien ein paar junge Burschen vor Vergnügen, und beinahe hätte sie mit eingestimmt. Es war ein unglaubliches Gefühl, mit der Naturgewalt zu spielen.

Der Junge erschien wie aus dem Nichts. Seine blauen Baumwollshorts umflatterten nass seine blassen Beine. Er wedelte wild mit den Armen und versuchte vergeblich, sein Gleichgewicht zu halten. Er fiel auf die Knie, und als sein Brett kippte, öffnete er den Mund zu einem stummen Schrei. Dann stürzte er kopfüber ins Wasser. Sam riss ihr Brett herum und verfehlte den Kopf des Jungen nur um wenige Zentimeter. Doch das Manöver kostete sie die Balance. Die Welle türmte sich über ihr auf, und dann schien es, als würde der Himmel über ihr einstürzen.

Sie stieß das Brett von sich, so weit sie konnte, und füllte die Lungen mit Luft, ehe sie auf dem Wasser aufschlug. Sie legte das Kinn an die Brust, schlang die Arme um den Kopf und rollte sich zu einem Ball zusammen. Mit geschlossenen Augen hoffte sie, dass sie nirgendwo aufprallte. Dann würde die Welle einfach über sie hinwegrauschen und sie hinter sich wieder auftauchen lassen.

Doch so einfach sollte es nicht werden. Das tosende Wasser drückte sie immer tiefer hinab. Sie verlor die Orientierung. In ihren Ohren begann es zu dröhnen. Sie versuchte, den Kopf mit den Armen geschützt zu halten, doch das Wasser zerrte von allen Richtungen an ihr. Plötzlich bekam sie einen Schlag gegen die Stirn. Ihr eigenes Surfbrett wurde im Rückstrom der Welle auf sie zugeschleudert!

Halb benommen versuchte sie, den Weg an die Oberfläche zu finden. Sie schluckte Wasser und rang nach Luft. Auf einmal legte sich ein starker Arm um ihre Taille und zog sie aus dem tosenden Chaos. Sam merkte kaum, dass es Aidan Harper war, der sie an den Strand trug. Vorsichtig legte er sie an der Wasserkante in den nassen Sand. Er kniete neben ihr nieder und sah stirnrunzelnd zu, wie sie nach und nach zu sich kam. Schließlich konnte sie wieder sprechen. „Vielen Dank. Jetzt geht es wieder.“

„Das ist eine schlimme Beule“, stellte er fest und strich ihr eine nasse Haarsträhne aus der Stirn. „Die sollte sich ein Arzt ansehen.“

„Nein, nein, es geht schon“, wehrte Sam heftig ab.

„So sehen Sie aber gar nicht aus“, beharrte er. „Sie sind kreidebleich.“

Sam spürte das starke Verlangen, sich an diese beschützende Schulter zu lehnen. Doch solche Schwäche war gefährlich, erinnerte sie sich selbst. Sie drehte sich zur Seite. „Ich sage doch, es geht mir gut“, behauptete sie und hoffte, dass es überzeugender klang, als sie sich fühlte. „Es ist nicht das erste Mal, dass mich eine Welle erwischt hat, und es wird auch bestimmt nicht das letzte Mal sein.“

„Sie hätten die Arme über dem Kopf halten sollen“, schimpfte er. „Das lernt man doch in der ersten Stunde.“

„Das habe ich auch, bis zum letzten Moment“, erwiderte sie unwillig. „Ich bin ja nicht völlig blöd.“

„Das habe ich auch nicht behauptet.“

Lieber Himmel, ein solches Lächeln sollte verboten sein, dachte Sam im Stillen.

„Aber Kopfverletzungen darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen“, fuhr Aidan fort. „Vielleicht muss die Wunde sogar genäht werden.“

„Nun übertreiben Sie aber“, wehrte Sam ab. „Ein Pflaster wird völlig genügen.“ Sie beugte sich vor, um die Sicherheitsleine von ihrem Knöchel zu lösen und ihr Surfbrett aus dem Wasser zu ziehen. „Vielen Dank für Ihre Hilfe. Sie brauchen nicht länger zu bleiben.“

„Sie sind gern unabhängig, nicht wahr?“, sagte er spöttisch.

Gegen die Sonne blinzelnd, sah sie zu ihm auf. „Was ist daran falsch?“, fragte sie abwehrend.

Er lachte. Ihre Widerborstigkeit schien ihn zu amüsieren. „Manchmal kann zu viel Unabhängigkeit auch schaden“, spottete er.

„Ich wüsste nicht, wie.“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, schob sie sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Dann stand sie auf und griff nach hinten, um den Reißverschluss ihres Neoprenanzuges zu öffnen. Es war nicht leicht, Aidan dabei zu ignorieren. Sie spürte seinen Blick auf sich, während sie sich aus dem Anzug schälte.

Darunter trug sie einen schlichten blauen Badeanzug. Er war ein Sonderangebot im Saisonausverkauf gewesen und stand ihr gut. Jedenfalls war sie bisher dieser Meinung gewesen. Jetzt musste sie nur daran denken, wie sich ihre Rundungen unter dem dünnen Stoff abzeichneten. Mit hochrotem Kopf bückte sie sich, um die Reißverschlüsse an den Beinen zu öffnen und sich den Anzug vollends von den Füßen zu streifen. Noch bevor sie sich wieder aufrichtete, wurde ihr klar, welchen Anblick ihre gebeugte Kehrseite Aidan geboten hatte.

Autor

Robyn Donald
Die Neuseeländerin Robyn Donald ist überzeugt, dass Schreiben und Gärtnern viel gemeinsam haben: Beide Tätigkeiten sind mit Fantasie, Gefühlen, Visionen, viel Arbeit und Rückenschmerzen verbunden - und machen, wenn sie erfolgreich abgeschlossen sind, sehr glücklich. Schon als Kind erzählte Robyn ihren vier jüngeren Schwestern und ihrem Bruder sehr gern haarsträubende...
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