Collection Baccara Band 0321

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Zu sexy, um wahr zu sein von Garbera, Katherine
CJ blickt Tad atemlos an. Seit er Kunde ihrer Werbeagentur ist, stehen heiße Flirts im Lift auf der Agenda. Auf der Schule hatte Tad sie übersehen, jetzt bekommt der sexy Unternehmer nicht genug von ihr. Doch wird es je ein Happy End mit Mr. Perfect geben?

Küss mich, wenn uns keiner sieht von Banks, Leanne
Charmant und smart hat Nicola den Wahlkampf von Abe Danforth geleitet. Kein Wunder, dass sie den Gipfel des Erfolgs stürmten. Und den der Lust. Ihre Affäre zu verbergen, war kein Problem - bis Nicola verräterische Zeichen sieht. Auf einem Schwangerschaftstest …

Schutzengel in roter Spitze von Summers, Cara
Wilde Küsse und kein Wort zu viel: Die Nacht mit Jonah hat Cillas geheimste Wünsche erfüllt. Leider ist der Clubbesitzer mit ihrem Boss befreundet und damit ab sofort tabu. Doch wie soll sie Jonah länger widerstehen, als er sie als seinen Bodyguard engagiert?


  • Erscheinungstag 13.10.2012
  • Bandnummer 0321
  • ISBN / Artikelnummer 9783954461905
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cara Summers, Katherine Garbera, Leanne Banks

COLLECTION BACCARA, BAND 321

CARA SUMMERS

Schutzengel in roter Spitze

Oh wow! Jonah durchlaufen heiße Schauer, wenn er an die Nacht mit Cilla denkt. Doch die Sicherheitsexpertin mit der Schwäche für rote Spitze hat betont: Es darf kein zweites Mal geben. Als Jonah Drohbriefe erhält, hat er endlich einen Vorwand, sie zu engagieren. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er mit ihrem vollen Körpereinsatz rechnet …

KATHERINE GARBERA

Zu sexy, um wahr zu sein

„Ich werde dich heiraten.“ Entschlossen blickt Tad in CJs Augen. Unglaublich, dass diese erotische Frau mal das schüchterne Mädchen war, mit dem er zur Schule ging. Als Kunde ihrer Werbeagentur sollte er zwar Privates außen vor lassen, doch CJs scharfe Kurven rauben ihm den Verstand. Warum fällt es ihr nur so schwer, an ein gemeinsames Glück zu glauben?

LEANNE BANKS

Küss mich, wenn uns keiner sieht

Senator Abe Danforth hat immer bekommen, was er will – und Nicola will er mehr als alles andere auf der Welt. Doch als er bereit ist, öffentlich zu ihr zu stehen, weist sie ihn ab. Überhaupt sind ihre plötzlichen Stimmungsschwankungen ihm unerklärlich. Steckt etwa ein anderer Mann dahinter? Oder etwas, das sich nur in neun Monaten und mit einem Antrag lösen lässt?

1. KAPITEL

Denver … 5 Uhr morgens.

Ich werde das Hotelzimmer nicht ohne meinen Slip verlassen, dachte Cilla Michaels entschlossen. Auch wenn sich die Suche im Dunkeln etwas schwierig gestaltete.

Als ehemalige Polizistin und Mitarbeiterin einer Sicherheitsfirma war sie jedoch ein Profi im Aufspüren von Dingen. Und welche Frau würde freiwillig auf ein Dessous von La Perla verzichten?

Cilla jedenfalls nicht. Sie ließ sich auf die Knie sinken und fuhr mit der Hand unter dem Bett entlang – nichts.

Wo versteckte sich ihr rotes Spitzenhöschen?

Es war sündhaft teuer gewesen und gehörte zu einem aufregenden Set.

Sie musste es finden – wenn möglich, ohne den attraktiven Mann zu wecken, der auf dem breiten Polsterbett lag.

Sobald er die Hand nach ihr ausstreckte, würde sie gleich wieder in seine Arme sinken. Oder? Ja, sicher. Wie sollte sie ihm denn widerstehen? Nach dieser berauschenden Nacht …

Schon die Erinnerung an den Beginn des Abends ließ ihr Herz wie wild pochen. Jonah Stone hatte keine Zeit vergeudet. Sie waren kaum im Zimmer gewesen, da hatte er sie geküsst, begierig und fordernd … ihr dabei die Kleidung vom Körper gestreift.

Ihr wurde heiß, wenn sie daran dachte. Beim ersten Mal hatte er sie gleich dort genommen, an der Tür. Ohne verführerische Worte. Ohne überhaupt ein Wort zu sagen. Aber sein Vorspiel war äußerst erregend gewesen. Sie spürte noch seine Hände auf ihrer Haut. Seine leidenschaftlichen Küsse. Ihre Lust.

Er hatte so gut gerochen und fühlte sich wundervoll an – stark, muskulös und männlich.

Genau, wie Cilla es sich vorgestellt hatte, seit sie ihm gestern Nachmittag auf einer Feier zum ersten Mal begegnet war.

Sie hatte diesem Mann in die Augen gesehen und plötzlich nicht mehr klar denken können. Nichts und niemanden mehr wahrgenommen – nur ihn.

Sein Blick schien eine magische Wirkung auf sie zu haben. Ja, so musste es sein. Sonst hätte sie – die vernünftige Cilla Michaels – sein Angebot für einen One-Night-Stand doch sofort abgelehnt.

Als Jonah abends in der Hotelbar aufgetaucht war und sich zu ihr gesetzt hatte, war sie ja auch noch entschlossen gewesen, nichts mit ihm anzufangen.

Aber dann … ein tiefer Blick in seine graublauen Augen, und sie hatte ihm spontan recht gegeben: Sie waren beide Single, fanden einander sehr attraktiv und mussten hier ausharren, weil der Flughafen wegen eines Schneesturms geschlossen war. Warum sollten sie nicht eine wundervolle Nacht miteinander verbringen?

So kam es, dass sie sich wenig später in seinem Hotelzimmer wiedergefunden hatte, an der Tür – verloren in einem leidenschaftlichen Kuss.

Nur vage erinnerte Cilla sich daran, wie zunächst ihr Pullover, dann ihre Hose auf dem Boden gelandet waren. Sie hatte sich ganz auf Jonahs Hände konzentriert, die erregend über ihren Körper strichen … ein loderndes Feuer in ihr entfachten.

Nie zuvor hatte sie ein solches Verlangen verspürt! Noch nie einen Mann so verzweifelt begehrt wie ihn. Ja, schon die Erinnerung ließ sie heiß erschauern. Er hatte die Hand in ihren Slip geschoben, sie aufreizend gestreichelt, und die Lust hatte sie wie eine riesige Welle überrollt.

Noch einmal. Bitte!

Als hätte er ihre Gedanken erraten … Sie hörte, wie er seinen Reißverschluss herunterzog, ein Folienpäckchen aufriss. Sogar diese Geräusche hatten für sie erregend geklungen. Und als er sich das Kondom überstreifte, war ihr Verlangen schon fast unerträglich geworden. Sie wollte ihn! Sie musste ihn in sich spüren.

Jetzt. Sofort.

Er hatte die Hände um ihre Hüften gelegt, sie hochgehoben, sie hatte die Arme und Beine um ihn geschlungen. Dann war er in sie eingedrungen, und wie im Rausch hatten sie sich stürmisch geliebt.

Konnte man eigentlich vor purer Lust und Erregung sterben? Oh ja, seit dieser Nacht glaubte sie es. Mit jedem seiner kraftvollen Stöße hatte Jonah sie gegen die Tür gepresst. Immer leidenschaftlicher. Als wollte er tiefer und tiefer in ihr versinken.

Als hätte er sich ebenso verzweifelt danach gesehnt wie sie. Das war ihr letzter Gedanke gewesen, bevor sie gemeinsam mit ihm zu einem ekstatischen Höhepunkt gekommen war.

Oje! Cilla presste die Hand auf ihr pochendes Herz. Von Jonah zu träumen, half ihr nicht, das Seidenhöschen zu finden. Es brachte sie nur in Versuchung, wieder zu ihm ins Bett zu kriechen.

Dabei sollte sie lieber still und heimlich verschwinden. Denn so fantastisch die Nacht mit ihm auch gewesen war – es wurde langsam Zeit, dass sie wieder Vernunft annahm. Sie brauchte einen klaren Kopf. Und dieser Mann verwirrte sie total. Daran gab’s wohl keinen Zweifel.

Ihr neuer Job bei G. W. Securities hatte sie gestern nach Denver geführt. Der Hauptsitz befand sich hier, und ihr Chef hatte sie zu einer privaten Feier in sein Haus eingeladen, um ihr seine Familie und Freunde vorstellen zu können.

Kaum hatte sie den Raum betreten, war ihr Jonah sofort aufgefallen.

Er war ja auch ein Mann, bei dem wohl jede Frau einen zweiten Blick riskierte – groß, dunkelhaarig. Ein maskuliner Typ mit graublauen Augen, einem markanten Kinn und breiten Schultern. In seinem schwarzen Rollkragenpullover und den Jeans, die seine langen Beine betonten, sah er einfach umwerfend aus.

Natürlich war Cillas Blick mehr als ein- oder zweimal zu ihm hinübergewandert. Warum auch nicht? Der Mann war eine Augenweide. Das Problem hatte erst begonnen, als sich ihre Blicke trafen.

Plötzlich hatte ihr Denken ausgesetzt. Für Sekunden, vielleicht sogar für Minuten war die Welt um sie herum verblasst. Cilla hatte nichts und niemanden wahrgenommen – nur ihn, den fremden Mann auf der anderen Seite des Raums.

Es war genau so gewesen, wie Liebeslieder, Romane und Kinofilme es einem immer vorgaukelten: Die Zeit war stehen geblieben.

Bis gestern Nachmittag hätte Cilla ja abgestritten, dass es so etwas im wirklichen Leben gab. Doch jetzt war es ihr passiert, hatte sie neugierig gemacht.

Wer war dieser Mann?

Wie konnte er eine solche Wirkung auf sie haben?

Die Antwort auf die erste Frage hatte sie schnell herausgefunden. Er hieß Jonah Stone – und war der beste Freund ihres Chefs. Allein das setzte ihn ganz oben auf ihre Tabuliste.

Die neue Filiale von G. W. Securities in San Francisco war erst vor sechs Monaten eröffnet worden, und Gabe Wilder hatte ihr die Leitung anvertraut. Sie musste sich auf ihren Job konzentrieren und Gabe beweisen, dass sie ein Profi war. Eine kühl denkende Frau, die eine Sicherheitsfirma leiten konnte. Da machte es keinen guten Eindruck, wenn sie eine Affäre mit seinem Freund begann.

Aber es gab noch einen anderen Grund, warum er auf ihre Tabuliste gehörte. Wie Gabe ihr erzählt hatte, war Jonah Stone ein erfolgreicher Unternehmer, der Besitzer von drei exklusiven Nachtclubs und total auf seine Arbeit fixiert. Das erinnerte Cilla auf unangenehme Weise an ihren Vater.

Trotzdem … sie war neugierig gewesen. Warum zog dieser dunkelhaarige Fremde sie so in seinen Bann, dass sie die Welt um sich herum vergaß?

Als er wenige Minuten später auf sie zugekommen war, hatte sie seine ausgestreckte Hand ergriffen … seinen festen Händedruck, eine prickelnde Wärme und eine seltsame Vertrautheit gespürt. Ihm in die Augen gesehen – und nicht mehr klar denken können, sondern sich plötzlich vorgestellt, wie sie sich beide nackt, in leidenschaftlicher Umarmung auf einem breiten Bett wälzten.

Okay, der Typ faszinierte sie. Es ließ sich nicht ändern.

Da Cilla jedoch gute Gründe hatte, die Finger von ihm zu lassen, war sie ihm nach der Begrüßung geschickt aus dem Weg gegangen. Sie hatte sich unter die Gäste gemischt, sich angeregt mit anderen Gästen unterhalten, die Party rechtzeitig verlassen. Und ohne diesen Schneesturm wäre sie auch gar nicht in Versuchung geraten, ihre erotischen Fantasien Wahrheit werden zu lassen.

Ja, hätte man den Flughafen von Denver gestern Abend nicht schließen müssen, wäre Jonah in seine Wohnung in San Francisco zurückgekehrt, sie in ihre, und das rote La-Perla-Höschen würde brav im Wäschekorb liegen.

Aber so … Cilla war nichts anderes übrig geblieben, als den Flug auf den frühen Morgen umzubuchen und im Airport-Hotel einzuchecken. Dort hatte sie bei einem Glas Wein in der Bar gesessen und an Jonah gedacht, als er unerwartet hereingekommen war.

Noch nie hatte ihr Herz so plötzlich zu rasen begonnen.

Jonah hatte sich zu ihr an den Tisch gesetzt, ohne ein Wort, und eine Weile hatten sie einander schweigend in die Augen gesehen.

Als wüsste sie nicht, wie gefährlich das war!

Dann hatte er ihr einen One-Night-Stand vorgeschlagen. Sie hatte zugestimmt. Der Rest der Nacht war nun Geschichte – und die erotischste ihres Lebens.

Höschen erinnerte sich Cilla, während sie am Bett entlang kroch. Finde es. Zieh dich an. Verschwinde. Je früher sie nach San Francisco zurückkehrte, desto besser.

Am Fußende fand sie es jedoch nicht. Es war gut möglich, dass ihr Slip noch im Bett lag, aber wenn sie dort suchte, würde sie wohl nicht so bald wieder herauskommen.

Oh! Als sie weiter ums Bett herumkroch, entdeckte sie ihre Dessous. Im Lichtschein des Digitalweckers am Nachttisch sah sie auch Jonah. Mehr von ihm, als ihr lieb war. Er lag auf dem Bauch, sein linker Arm hing über der Bettkante. Das Laken bedeckte ihn nur bis zur Hüfte.

Und sein muskulöser Rücken reizte sie, ihn zu berühren.

Da half nur wegschauen! Cilla ließ den Blick an seinem Arm hinabwandern. In der Hand, die fast den Boden berührte, hielt er ihr rotes Seidenhöschen.

Nun sollte sie klug sein, es ihm vorsichtig entwenden, sich anziehen und verschwinden.

Andererseits … Die Leuchtziffern des Digitalweckers zeigten 5:09. Also, genau genommen war es noch Nacht.

Jonah sah auch so verlockend aus. Sogar mit geschlossenen Augen. Er hatte ihr das Gesicht zugewandt; sein dunkler Bartschatten wirkte ungeheuer erotisch. Sie könnte ihn wecken, indem sie seine Wange küsste, seinen Hals.

Sie könnte seine nackte Schulter streicheln … schon dieser Gedanke löste heftiges Verlangen in ihr aus.

Und wenn eine Frau nur eine einzige Nacht mit diesem fantastischen Liebhaber verbringen durfte, sollte sie doch jede Sekunde davon auskosten, oder?

Natürlich. Sie streifte Jonah das Laken von den Hüften, bevor sie sich rittlings auf ihn setzte. Dann beugte sie sich vor und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich möchte dir ein Angebot machen.“

2. KAPITEL

San Francisco … um 2 Uhr in der Nacht.

Jonah Stone stand am Fenster und blickte zur hell beleuchteten Golden Gate Bridge hinüber. Seit drei Wochen verweilte er jeden Abend hier – nur um so spät wie möglich ins Bett zu gehen. Denn sobald er einschlief, würde er wieder von ihr träumen.

Cilla Michaels.

Die Träume quälten ihn schon seit der erotischen Nacht im Airport-Hotel. In jedem dieser Träume war sie bei ihm in seinem Bett. Und immer spürte er sie mit all seinen Sinnen … so intensiv, als wäre es real. Er atmete ihren süßen Duft ein, schmeckte und liebkoste ihre Brüste, die seidige Haut ihrer Schenkel. Hörte, wie sie keuchend seinen Namen rief.

Oder blickte in ihre faszinierenden Augen, während er voller Lust tiefer und tiefer in ihr versank.

Aber dann wachte er auf, lag allein im Bett – und fühlte sich frustriert.

Eine Nacht. Eine einzige Nacht. Mehr hatte er ihr nicht angeboten. Mehr hatte er sich nicht erlaubt. Und so berauschend der Sex mit ihr auch gewesen war, sollte die Erinnerung daran nicht langsam verblassen?

Ja, sicher. Doch leider passierte das Gegenteil. Seine Sehnsucht nach dieser Frau wurde immer quälender.

Jonah wandte den Blick zum Konferenztisch, wo sein Handy lag. Neben einer schmalen grünen Schachtel mit einer roten Schleife. Cilla leitete das Büro von G. W. Securities in San Francisco. Also könnte er den Drohbrief, der sich in der Geschenkbox befand, zum Vorwand nehmen, um sie anzurufen.

Er würde so gern ihre Stimme hören. Unzählige Male hatte er hier abends am Fenster gestanden, von Cilla geträumt und ihre Telefonnummer ins Handy getippt – nur um sich im letzten Moment zu stoppen.

Eine Ausrede zu benutzen, wäre allerdings ziemlich albern. Und noch stand gar nicht fest, ob er einen Sicherheitsdienst brauchte. Auch wenn die seltsame Botschaft durchaus bedrohlich klang.

Die grüne Schachtel mit der roten Schleife war ihm heute im „Pleasures“ überreicht worden, mitten im Hochbetrieb, als die Gäste zur Cocktailstunde hereingeströmt waren.

Er hatte an der Bar gestanden, als Carl Rockwell – ein Geschäftspartner und Stammgast im Nachtclub Pleasures – ihm das Geschenk überreicht hatte.

„Ist nicht von mir“, hatte Carl fröhlich gemeint. „Der Weihnachtsmann hat es mir draußen in die Hand gedrückt und mich gebeten, es Jonah Stone zu geben.“

Toll! Den Boten würde man niemals finden. Ein Kerl im Weihnachtsmannkostüm. Davon liefen in diesen Tagen Hunderte durch San Francisco.

In dem Trubel war Jonah keine Zeit geblieben, sich das Geschenk anzusehen. Er hatte es am Tresen deponiert, sich weiter um die Gäste gekümmert, und wie jeden Montag seinen Manager Virgil vertreten.

Erst gegen elf hatte er sich eine Pause gegönnt und war in sein Apartment gegangen, das die gesamte Etage über dem Nachtclub einnahm. Dann hatte er die grüne Schachtel geöffnet und die rätselhafte Botschaft gelesen.

Erinnerst du dich an vergangene Weihnachtsfeste? Falls nicht, denk nach, es wird höchste Zeit. Reichtum und Glück sind vergänglich. Du hast ein unschuldiges Leben zerstört, um deine Ziele zu verwirklichen. Dafür wirst du bezahlen! In sechs Tagen …

Was sollte er damit anfangen? Mit neunundzwanzig erinnerte sich Jonah natürlich an viele Weihnachtsfeste, obwohl er einige davon lieber vergessen würde. Besonders das vor zwanzig Jahren, weil sein Vater nicht wie versprochen zurückgekommen war.

Doch wessen Leben sollte er zerstört haben? Wer drohte ihm?

Zugegeben … trotz seiner vielen wunderbaren Freunde hatte er sich im Lauf der Zeit wohl auch einige Feinde geschaffen. Schon als Neunjähriger in der ersten Pflegefamilie, da war er rotzfrech und oft gemein zu den anderen Kindern gewesen.

Und als Geschäftsmann konnte er nicht bei jedem beliebt sein. Er stellte hohe Anforderungen an seine Mitarbeiter, hatte schon einige Kündigungen unterschrieben. Und sicherlich manch einen Lieferanten oder die Konkurrenz verärgert.

Welcher Barbesitzer blickte nicht voller Neid auf die angesagten Clubs der Stadt, mit denen Jonah ein Vermögen verdiente?

Begonnen hatte er vor sechs Jahren mit Pleasures, einer extravaganten Nachtbar. Damals hatte er sich ganz bewusst für San Francisco entschieden. Weil der Heilige, nach dem diese Stadt benannt worden war, eine entscheidende Rolle in seinem Leben gespielt hatte. Ja, dem guten Franziskus verdankte er sehr viel.

Der Erfolg mit Pleasures hatte es ihm dann ermöglicht, „Interludes“ zu eröffnen. Ebenfalls in San Francisco, nur trafen sich dort eher junge Leute, um Fußball zu schauen oder Billard zu spielen. Und sein jüngstes Baby – ein edler Nachtclub in Denver, seiner Heimatstadt – hieß „Passions“.

Doch warum schickte ihm jemand eine Drohung? Sechs Tage vor Weihnachten. Jonah hatte nicht den leisesten Schimmer.

Brauchte er einen Sicherheitsdienst? Sollte er Cilla Michaels anrufen?

Nein! Besser nicht. Er musste auf Abstand zu ihr bleiben, sonst könnte sie seinem Seelenfrieden gefährlich werden.

Das war sein erster Gedanke gewesen, als er sie auf der Party gesehen hatte.

Und er hatte sich nicht getäuscht, wie Jonah inzwischen wusste.

Diese Frau faszinierte ihn wie keine andere. Sie geisterte in seinem Kopf herum, verfolgte ihn bis in seine Träume. Sogar nach drei Wochen.

Auf der Feier hatte er sie gleich bemerkt, als sie gekommen war, und von da an hatte er sie kaum noch aus den Augen gelassen. Hatte es nicht geschafft, um ehrlich zu sein. Wie von einem Magneten angezogen, war sein Blick immer wieder zu ihr hinübergewandert.

Ihr hübsches Gesicht gefiel ihm, auch ihr störrisches Kinn. Sie war schlank, fast etwas zu dünn, und ihre fantastischen langen Beine waren durch die dunkelgraue Hose noch betont worden. Aber nicht nur ihr Aussehen, ihre ganze Art begeisterte ihn. Sie wirkte so fröhlich, schien vor Energie zu sprühen.

Und ihre grünen Augen! Beim ersten Blick in ihre strahlenden Augen war ihm regelrecht schwindlig geworden. Und als sie ihm zur Begrüßung die Hand reichte, hätte er sie am liebsten nie wieder losgelassen.

Das Letzte, was er wollte oder brauchte, war eine Beziehung mit einer Frau, die ihn dermaßen fesselte. Einer Frau, die ihm den Verstand raubte.

Er hatte auch nicht die Absicht, dem Beispiel seiner besten Freunde zu folgen. Nash Fortune war seit einigen Monaten mit Bianca verheiratet, und Gabe Wilder würde am Valentinstag mit Nicola vor den Traualtar treten.

Schön, wenn es sie glücklich machte. Aber Jonah wünschte sich, dass sein Leben so blieb, wie es war. Einfach und unkompliziert. Das könnte eine Frau wie Cilla schnell ändern. Darum hätte er in Denver auch seinen Verstand einschalten sollen.

Doch der hatte an dem Abend ausgesetzt. Anders ließ sich sein Verhalten nicht erklären.

Jonah war Cilla heimlich gefolgt, als sie die Party verlassen hatte. Und auf dem Flughafen hatte er sie wie ein Stalker beobachtet, bis ihr Flug gestrichen worden war. Dann war er ihr im Taxi zum Airport-Hotel hinterhergefahren, hatte sich ein Zimmer genommen. Schließlich hatte er sich in der Bar zu Cilla an den Tisch gesetzt und ihr einen One-Night-Stand angeboten.

Im Geschäftsleben handelte er nie impulsiv. Er studierte seine Möglichkeiten, entwarf diverse Strategien. Und noch vorsichtiger war er, wenn sich private Beziehungen anbahnten. Er war neun gewesen, als sein Vater beschlossen hatte, die Familie zu verlassen. Neuneinhalb, als sich seine Mutter vor einen Bus geworfen hatte, weil sie meinte, ohne ihre große Liebe nicht weiterleben zu können.

Jonah hatte sich geschworen, niemals jemanden so sehr zu brauchen. Er wollte sich nicht verlieben. Denn ein „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ gab es nicht.

Cilla Michaels hätte die Macht, ihn das Unmögliche hoffen zu lassen. Das spürte er. Darum war es auch viel klüger, ihr aus dem Weg zu gehen.

Ja, er sollte aufpassen und ihr nicht wieder zu nahe kommen. Sonst könnte ein Blick in ihre schönen Augen reichen, und er würde schwach werden.

Es war wie verhext. Diesen Monat tauchte ein Problem nach dem anderen auf. Eine bezaubernde Frau raubte ihm erst den Verstand, dann den Schlaf. Und der Weihnachtsmann schickte ihm eine Drohung. Noch sechs Tage …

Jonah starrte auf die grüne Schachtel mit der festlichen roten Schleife.

Vielleicht brauchte er doch einen Sicherheitsdienst. Und wer könnte ihn besser beschützen als G. W. Securities? Gabe würde allerdings empfehlen, dass Cilla den Fall übernahm. Sie war hier in San Francisco, Gabe in Denver. Und auf der Party hatte sein Freund sie in den höchsten Tönen gelobt.

Nach ihrer Ausbildung zur Polizistin hatte sie zwei Jahre lang als Bodyguard in Los Angeles gearbeitet, einem ihrer Klienten das Leben gerettet. Gabe attestierte ihr einen ausgezeichneten Spürsinn und Geschick im Kombinieren. Topfit war sie natürlich obendrein.

Sie könnte ihm helfen, die rätselhafte Botschaft zu entschlüsseln.

Aber Jonah ahnte es – wenn er sich mit Cilla traf, würde er auch mit ihr im Bett landen.

Na ja. Er rieb sich müde über die Augen. Jetzt sollte er sich hinlegen, statt länger zu grübeln. Er brauchte Schlaf. Morgen früh würde er nach Denver fliegen, um an der Weihnachtsfeier im Jugendzentrum teilzunehmen, das von ihm, Gabe und Nash finanziert wurde. Bei der Gelegenheit könnte er mit Gabe über den Drohbrief reden.

Und mit ein bisschen Glück ließ die Erinnerung an Cilla Michaels ihn diese Nacht endlich mal in Ruhe.

Cilla schreckte hoch und brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Ach! Sie war auf dem Sofa eingedöst, wie sie erleichtert feststellte – nicht im Bett. Seit drei Wochen musste sie die Stunden, die sie darin verbrachte, nämlich streng limitieren.

Weil ihr Bett verhext war.

Sobald sie dort schlief, träumte sie von Jonah Stone … wie er sie küsste, sie berührte, sie liebte.

Und wenn sie aufwachte, lag sie allein da, sehnte sich nach ihm.

Das war so frustrierend. Darum ging sie selten vor Mitternacht ins Bett.

Aus dem Grund war sie wohl vor Müdigkeit auf dem Sofa eingenickt, während im Fernsehen eine Weihnachtskomödie lief. Gut, sie kannte den Film bereits, insofern störte es sie nicht, die Hälfte verpasst zu haben. Aber von den leckeren Käsewürfeln und Crackern hätte sie gern einige abbekommen. Der Teller auf dem Kissen neben ihr war jedoch leer.

Sie starrte ihre Katze an. Flash, dick und zimtfarben, lag zusammengerollt auf der Armlehne des Sofas.

Tiere waren in den Manderley Apartments nicht erlaubt. So stand es im Mietvertrag, und Mrs Ortiz, die Hausmeisterin – die Cilla an die gruselige Mrs Danvers aus dem Film Rebecca erinnerte –, hatte es auch laut und deutlich verkündet.

Aber Flash hatte Cilla keine Wahl gelassen. Als sie vor einigen Monaten hier eingezogen war, hatte die Katze ihr Plätzchen auf der Feuertreppe verlassen und war durch ein offenes Fenster ins Wohnzimmer gesprungen. Und geblieben.

Es konnte nur wegen des Fressens sein oder um ein bisschen Unterhaltung zu haben, denn eine Schmusekatze war sie nicht. Sie ließ sich nicht streicheln, und oft wich sie schon aus, wenn man sie hochheben wollte.

„Du könntest wenigstens mit mir teilen“, meinte Cilla vorwurfsvoll.

Flash schenkte ihr einen Blick, der nur bedeuten konnte: Wenn du so dumm bist einzuschlafen.

Ihr Telefon klingelte, dann ertönte eine weibliche Stimme vom Band: „Ein Anruf von Wilder, Gabe.“

Cilla sprang vom Sofa auf und eilte zum Schreibtisch. Ihr Boss würde sie nicht an ihrem freien Abend stören, wenn es nicht wichtig wäre.

Vielleicht hatte er sogar einen spannenden Auftrag für sie. G. W. Securities bot Firmen und Privatleuten verschiedene Dienste an. Objekt- und Personenschutz. Auch die Installation von Alarmanlagen – die waren im Moment sehr gefragt –, und Cilla hatte in letzter Zeit kaum etwas anderes gemacht. Darum fehlte ihr manchmal der Nervenkitzel, den nur ein Einsatz als Bodyguard mit sich brachte.

Erwartungsvoll drückte sie das Telefon ans Ohr. „Gabe?“

„Hi, Cilla. Störe ich Sie gerade bei etwas Wichtigem?“

„Ganz und gar nicht.“ Die Käsewürfel und Cracker waren vertilgt, wenn auch nicht von ihr, im Fernsehen lief der Nachspann des Films, und dieser Anruf bot ihr eine prima Ausrede, um noch nicht ins Bett zu gehen.

„Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten.“

Also kein spannender Job, dachte Cilla enttäuscht. „Was kann ich tun?“

„Sie müssten jemanden am Flughafen abholen und sicher nach Hause begleiten. Er ist kein Kunde.“ Gabe klang besorgt. „Er weiß auch nicht, dass ich Sie anrufe.“

„Okay.“ Sie nahm sich einen Zettel und einen Stift. „Wer ist es? Wann landet seine Maschine?“

Gabe atmete hörbar aus. „Danke, Cilla. Es handelt sich um Jonah Stone. Geplante Landung in San Francisco 22:15. Hier in Denver hat es etliche Verzögerungen aufgrund der Schneefälle gegeben. Ich hatte gehofft, dass man seinen Flug streichen würde, aber Jonah ist unterwegs.“

Jonah Stone.

Schon die Erwähnung seines Namens ließ ihr Herz wild pochen. Im Geist sah sie ihn vor sich – den attraktiven, dunkelhaarigen Mann mit den graublauen Augen. Nun bekam sie auch noch weiche Knie. Vorsichtshalber setzte sich Cilla auf den Stuhl am Schreibtisch.

„Es wird Jonah nicht gefallen, dass ich ihm einen Bodyguard schicke.“

Das überraschte sie nicht. Der Mann war durchtrainiert, wirkte unerschrocken. Kerle wie er waren meistens davon überzeugt, sich – komme, was wolle – allein verteidigen zu können. „Warum braucht er denn einen Beschützer?“

„Er hat heute einen Drohbrief erhalten. Wir waren auf einer Weihnachtsfeier im Jugendclub für Kinder aus Problemfamilien, die Jonah, Nash und ich vor einigen Jahren gegründet haben.“

„Und auf dieser Feier hat er einen Drohbrief bekommen?“

„Ja. Eine grüne Schachtel mit einer roten Schleife. Ein kleiner Junge kam strahlend damit an und sagte: ‚Ich hab draußen den Weihnachtsmann getroffen, der hat mir ein Geschenk für dich gegeben, Jonah.‘ Den Text schicke ich Ihnen gerade per SMS aufs Handy.“

Sie griff danach. „War es die erste Drohung?“

„Die zweite, wie Jonah auf meine Frage hin zugegeben hat. Die erste wurde ihm im Pleasures zur Cocktailstunde überreicht.“

„Ich habe den Text.“ Cilla las ihn vor:

„Erinnerst du dich an vergangene Weihnachtsfeste? Falls nicht, denk nach, es wird höchste Zeit. Reichtum und Glück sind vergänglich. Du hast ein unschuldiges Leben zerstört, um deine Ziele zu verwirklichen. Dafür wirst du bezahlen! In fünf Tagen …“

Heute war der zwanzigste Dezember. „In fünf Tagen ist Weihnachten.“

„Ja. Die erste Botschaft lautete identisch. Nur hieß es da ‚In sechs Tagen …‘“

„Die erste wurde in seinem Nachtclub in San Francisco abgegeben, die nächste in Denver. Der Absender will Jonah deutlich machen, dass er ihm stets dicht auf den Fersen ist.“

„Sehe ich genauso. Jonah auch.“

„Hat er eine Idee, warum ihn jemand beschuldigen könnte?“

„Nein. Es ist ihm ein Rätsel.“

„Und dieses Rätsel müssen wir lösen, wenn wir den Typen kriegen wollen.“

„Es könnte auch eine Frau sein, die sich unter einem Weihnachtsmannkostüm versteckt.“

„Stimmt. Wir werden es herausfinden. Aber heute bringe ich ihn erst mal sicher nach Hause. Und das ist wo?“

„Die Etage über dem Pleasures.“

Oh! Sie würde sich umziehen müssen. In dem eleganten Nachtclub wäre sie in ihren Jeans wohl fehl am Platz.

„Ich kenne Jonah, seit wir Teenager waren. Bitte ihn um Hilfe, und er tut alles für dich. Er ist großzügig, hat ein gutes Herz. Aber er ist auch ein Einzelgänger. Er mag es nicht, von anderen abhängig zu sein.“

„Mit anderen Worten: Er wird versuchen, mich wegzuscheuchen.“

„Ganz bestimmt. Er hat sich geweigert, unsere Dienste in Anspruch zu nehmen. Wollte partout keinen Beschützer. Er hat nicht mal zugelassen, dass ich ihn auf dem Flug begleite.“

„Keine Sorge. Mich schüttelt er nicht ab.“ In Hollywood hatte sie als Bodyguard die frechsten Teenager aus Millionärsfamilien beschützt und dabei gelernt, sich nicht abhängen zu lassen.

Nach dem Telefonat eilte Cilla ins Schlafzimmer und blickte in ihren Kleiderschrank. Sie musste nicht überlegen. Ihre Garderobe war sehr überschaubar und bestand vorwiegend aus sportlichen Sachen. Doch für besondere Anlässe hatte sie sich ein edles schwarzes Kleid gegönnt.

Das nahm sie heraus und wollte es aufs Bett werfen, aber dort lag Flash. Also wirklich. Diese Katze konnte schnell wie der Blitz sein.

„Bleibst du eine Weile allein?“ Cilla versuchte, die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu ignorieren. „Ich habe einen Auftrag. Besuche einen tollen Nachtclub.“

Sie war noch nie im Pleasures gewesen, obwohl sie in der Nähe wohnte. Jedes Mal, wenn sie während der letzten drei Wochen am Eingang vorbeigegangen war, hatte sie überlegt, ob sie einen Blick in die Bar werfen sollte. Aber dann wäre sie möglicherweise Jonah begegnet … hätte sich noch mehr nach ihm gesehnt.

Und er stand doch auf ihrer Tabuliste! Sie musste aufhören, von ihm zu träumen.

Bisher war ihr das nicht gelungen. Und wenn sie ihn nachher wiedersah …

Jonah ist dein Klient, erinnerte sich Cilla. Eine Affäre mit einem Klienten kam schon mal gar nicht infrage, da hatte sie strikte Regeln.

Sie wandte sich an Flash. „Dem Kleid fehlt ein Highlight, meinst du nicht auch?“ Die roten Schuhe, die sie demonstrativ hochhielt, hatten sie ein Vermögen gekostet. Die Katze schnurrte zufrieden. „Richtig. Du hast einen erlesenen Geschmack. Diese roten Schuhe zum schwarzen Cocktailkleid. Super.“

Cilla brauchte nur drei Minuten, um sich umzuziehen, und weitere zehn, bis sie mit ihrem Haar und Make-up zufrieden war.

Sie betrachtete sich im Spiegel. Wie ein Bodyguard sah sie definitiv nicht aus. Das sollte es Jonah Stone erleichtern, sie an seiner Seite zu dulden. Zumindest für den heutigen Abend.

„Ach, wem machst du was vor? Dieses schicke Kleid trägst du doch nur, um ihn zu beeindrucken.“

Cilla beugte sich vor und tippte mit dem Finger gegen den Spiegel. „Es gibt drei Gründe, warum der Mann auf deiner Tabuliste steht. Er ist der beste Freund deines Chefs. Er ist ein Workaholic wie dein Vater. Und jetzt ist er auch noch dein Klient. Eine Nacht mit Jonah Stone sei dir zu gönnen. Doch jede weitere könnte zu einem Desaster führen. Du wirst vernünftig sein.“

Sie nahm ihre Pistole aus dem Nachttisch und steckte sie in die Tasche ihres roten Ledermantels.

Die Katze blickte sie mit großen Augen an.

„Tja, ich muss dich ’ne Weile allein lassen. Und zu fressen bekommst du heute auch nichts mehr. Mach es dir hier ruhig gemütlich. Und wünsch mir Glück. Dieser Auftrag ist meine Chance, meinen neuen Boss zu beeindrucken.“

Flash miaute, als Cilla das Apartment verließ.

Jonah hatte einen ziemlich nervigen Tag hinter sich, als er die Parkgarage des Flughafens betrat. Nun war er endlich in San Francisco, doch mit dreistündiger Verspätung. Wegen eines Schneesturms in Denver. Und dort hatte er während der langen Wartezeit ständig an eine bestimmte Nacht denken müssen.

Dabei hatte er fest damit gerechnet, dass ihn die Reise von Cilla ablenken würde. Mit Gabe hatte er sich ja immer viel zu erzählen. Auch mit Nash, aber der befand sich auf einer Kreuzfahrt, darum war er nicht zur Weihnachtsfeier erschienen.

Obwohl sie jetzt in unterschiedlichen Städten lebten, waren die drei noch immer die besten Freunde. Schon seit sie sich mit dreizehn bei Pater Mike im St Francis Center in Denver kennengelernt hatten. Sie trafen sich so oft wie möglich. Und Jonah hatte sich darauf gefreut, heute Abend mit Gabe zu pokern. Morgen mit ihm Basketball zu spielen.

Der zweite Drohbrief dann hatte Jonah gründlich die Laune verdorben. Wenn er nur wüsste, was man ihm vorwarf! Er war sich keiner Schuld bewusst.

Er zog das Parkticket aus der Jackentasche, um zu prüfen, wo der Wagen stand, wandte sich nach links und beschleunigte seinen Schritt.

Im nächsten Moment wäre er jedoch fast erstarrt. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, ging er weiter, aber es durchfuhr ihn heiß, während er die Frau ansah. Sie lehnte am Heck seines Wagens, ihre endlos langen Beine gekreuzt.

Cilla Michaels.

So oft er von ihr geträumt hatte, überraschte es Jonah, welch eine magische Anziehungskraft sie auf ihn ausübte. Er musste sich beherrschen, um nicht auf sie zuzustürzen und sie in die Arme zu reißen.

An dem Abend in Denver hatte sie ihr brünettes Haar zu einem Zopf gebunden. Heute umspielte es in dunklen Locken ihre Schultern. Der offene rote Ledermantel enthüllte ein kurzes schwarzes Kleid, dazu trug sie rote High Heels. Und ihre Beine … oh, die waren unglaublich.

Als er ihr dann gegenüberstand, waren es jedoch ihre Augen, die seinen Blick fesselten. Ihre funkelnden grünen Augen. Genau wie vor drei Wochen. Und wieder passierte das Gleiche, als ihre Blicke verschmolzen. Er vergaß zu atmen.

Noch nie hatte ihn eine Frau so fasziniert. Eine solche Wirkung auf seine Sinne, sein Denken gehabt. Dieses atemberaubende Verlangen in ihm ausgelöst.

Fast ein Monat war nun vergangen, und er hatte nicht aufhören können, sich nach ihr zu sehnen. Kaum sah er sie wieder, begehrte er sie mehr als zuvor. Er wollte sie berühren, wollte ihre Hände auf seinem Körper spüren.

Umso wichtiger, sich daran zu erinnern, wie gefährlich sie für ihn war.

Genau deshalb sollte er sie fortschicken. Er brauchte einen klaren Kopf. Jemand drohte ihm, noch wusste er nicht, warum. Und er hatte nur fünf Tage Zeit, um dieses Rätsel zu lösen.

„Cilla Michaels“, sagte er entschlossen. „Gabe schickt dich.“

„Er meint, du brauchst einen Bodyguard … und hat mich bereits vorgewarnt, dass es dir nicht gefallen wird.“

„Na, sehe ich so aus, als bräuchte ich einen Beschützer?“

„Absolut nicht.“ Cilla hatte ihn schon genüsslich betrachtet, während er auf sie zugekommen war, doch jetzt ließ sie den Blick erneut über seinen Körper wandern. Wie kräftig und muskulös er war, wusste sie ja. Und in schwarzer Lederjacke und Jeans sah der Mann echt umwerfend aus.

Sie lächelte. „Ich schätze, du wirst mit jeder Gefahr fertig.“

„Gut.“ Er öffnete die Beifahrertür und warf seine Reisetasche auf den Sitz. „Dann sind wir beide der Meinung, dass ich keinen Sicherheitsdienst brauche.“

„Nein, sind wir nicht.“ Sie wartete, bis Jonah sie ansah. „Sei so nett und gib mir wenigstens die Chance, dir meine übliche Verkaufsmasche zu demonstrieren. Also … Wir von G. W. Securities sind geschult darin, an alles zu denken, was der Kunde übersehen könnte.“

Er trat auf sie zu, kam ihr gefährlich nah. „Zum Beispiel?“

„Hättest du daran gedacht, zu überprüfen, ob unter deinem Wagen eine Bombe angebracht ist?“

Jonah kniff die Augen leicht zusammen. „Nein.“

„Ich habe es getan. Gehört zu unserem Service.“ Ein Punkt für sie, das las sie in seinem Blick.

„Und ich weiß“, fuhr Cilla fort, „im ersten Drohbrief hieß es ‚In sechs Tagen‘, im Zweiten dann fünf, aber das könnte eine Lüge sein. Verbrecher sind nicht für ihre Ehrlichkeit bekannt.“

Schweigen.

„Und vermutlich rechnest du nicht damit, dass jemand deinen Wagen in dieser Parkgarage aufstöbern könnte. Aber ich brauchte nur dein Kennzeichen, dann bin ich durch die Garage gefahren, bis ich deinen Wagen gefunden hatte. Genauso hätte es der Absender der Drohbriefe machen können, um eine Bombe anzubringen, während du auf Reisen bist.“

„Stimmt.“ Jonah bedachte sie mit einem Lächeln, und schon durchrieselte sie ein heißes Prickeln. Dann strich er mit dem Finger über das Revers ihres Mantels. Nun begann auch noch ihr Herz verräterisch zu pochen.

„Du hast heute Abend wohl etwas Besseres vor, als auf mich aufzupassen. So wie du gekleidet bist, scheint Gabe dich von einem speziellen Event oder Date weggerufen zu haben.“

Sie dachte an den leeren Käseteller, ihre Katze, den alten Fernsehfilm und hätte fast gegähnt. Doch sie erwiderte sein Lächeln. „Nein, ich war zu Hause.“

Er zog die Augenbrauen hoch. „Stylst du dich immer so für einen ruhigen Abend auf dem Sofa?“

„Ich habe mich umgezogen, nachdem ich mit Gabe telefoniert hatte. Ich dachte, ein Kleid wäre passender fürs Pleasures. Dahin fahren wir doch, oder?“

Jonahs Lächeln verblasste. „Gabe hat überreagiert.“

„Du siehst keine Gefahr?“

Er schwieg.

Also doch. „Tu es Gabe zuliebe. Lass dich von mir begleiten, damit dein Freund ruhig schlafen kann.“

„Du folgst mir zum Pleasures, und das war’s?“

„Nicht ganz. Ich überprüfe dein Apartment, bevor du hineindarfst. Kontrolliere das Alarmsystem.“

„In meiner Wohnung?“ Jonah schüttelte den Kopf. „Das halte ich für übertrieben.“

Warum weigerte er sich? Cilla dachte an das Zimmer im Airport-Hotel. Wie sie an der Tür gestanden, sich geküsst hatten. Sie spürte noch seine Hände auf ihrem Körper, und wieder durchströmte sie eine prickelnde Wärme.

Sie riss sich jedoch sofort zusammen. „Ich weiß, wir waren uns schon mal näher. Aber wir hatten eine klare Absprache. Eine Nacht, dann geht jeder seiner Wege. Wir müssen die kleine Episode für eine Weile vergessen. Bis für dich keine Gefahr mehr besteht. Ich bin in meiner Freizeit hier. Allerdings als Bodyguard. Und ich nehme meine Aufgabe verdammt ernst.“

„Und ich brauche keinen Bodyguard.“

Er blieb störrisch? Okay, da half vielleicht eine andere Masche. „Ach, bitte. Ich möchte meinen Boss nicht enttäuschen. Und ich hatte mich so darauf gefreut, dich in den Nachtclub begleiten zu dürfen. Ich war noch nie im Pleasures.“

Jonah blickte ihr in die Augen. „Ich schätze, du würdest mich für unhöflich halten, wenn ich deine Bitte ablehne.“

„Für den unhöflichsten Kerl von San Francisco.“

„Das würde ich nur ungern riskieren.“

Cilla strahlte ihn an. „Schön. Dann bringe ich dich jetzt in deine Wohnung.“

Er saß am liebsten im Dunkeln. In der Weihnachtszeit war es ihm überall zu hell. In jeder Straße, an jedem Haus, über jedem Geschäft glitzerten bunte Lichter. Wie ihn das nervte! Ihm reichte schon der Lichtschein, der durchs Fenster in dieses dunkle Zimmer fiel. Na, endlich. Die Internet-Seite des Flughafens verriet ihm, dass Jonah Stones Maschine soeben gelandet war – 22:15.

Der Ärger, der sich während der langen Wartezeit in ihm aufgestaut hatte, legte sich ein wenig. Er mochte es überhaupt nicht, wenn er seine Pläne ändern musste. Das Flugzeug hätte vor drei Stunden landen sollen.

Aber Stone war endlich da. Und noch war es nicht zu spät, um die Sache durchzuziehen. In zirka einer Stunde würde er vor dem Pleasures sein.

Er nahm sein Handy vom Schreibtisch und wählte eine Nummer. Nach dem vierten Klingeln meldete sich eine raue Stimme: „Ja?“

„Ist gelandet. 22:15.“ Er wiederholte seinen Auftrag. „Verstanden?“

„Sicher. Verlass dich auf mich.“

Er schaltete das Handy aus, legte es auf den Schreibtisch. Dann erhob er sich und ging zum Schrank, um seinen Mantel herauszunehmen, einen Hut und einen Schal. Er vertraute dem Mann, den er beauftragt hatte, aber es war ihm wichtig, vor Ort zu sein, um zu sehen, ob seine Instruktionen auch befolgt wurden.

Fünf weitere Tage – die brauchte er, um seine Mission zu vollenden. Jeder einzelne Schritt war gut geplant. Und während dieser Tage, dieser Nächte würde Jonah Stone dafür bezahlen, dass er sie in den Tod getrieben hatte.

Er trat an den Nachttisch, wo ein Foto stand. In einem Kristallrahmen, daneben brannte eine elektrische Kerze.

Elizabeth. Die arme, unschuldige Elizabeth. Sie war der einzige Mensch, den er je geliebt hatte. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als sie allein zu lassen. Ein Einsatz im Ausland. Sie hatte dafür Verständnis gehabt.

Und er hatte gewusst, wie einsam sie sich fühlen würde. Aber wie hätte er ahnen sollen, dass sie sich während seiner Abwesenheit in einen Mann verliebte, der sie verführte und dann eiskalt zurückwies?

Noch fünf Nächte. Am Jahrestag ihres Todes würde er sie rächen.

Zärtlich strich er mit dem Finger über das Foto, dann ging er zur Tür.

3. KAPITEL

„Wirklich beeindruckend, dieses Gebäude“, schwärmte Cilla, als sie mit Jonah auf das Pleasures zuging. Er war in eine private Tiefgarage gefahren – schräg gegenüber des Nachtclubs – und hatte mit dem Portier gesprochen, damit sie ihren Wagen ebenfalls dort abstellen konnte.

„Ja, mir gefällt es auch“, meinte er.

Sicher. Es lag im Herzen der Stadt, war also der perfekte Standort für einen Club. Und dann diese prachtvolle Fassade! Die oberen Stockwerke hatten hohe Fenster mit Rundbögen. Und auf der weißen Markise über dem Eingang glitzerten kleine Lichter – jedenfalls zur Weihnachtszeit.

Im Erdgeschoss befand sich die Bar, in der ersten Etage weitere Gasträume und darüber wohl Jonahs Wohnung.

„Ich weiß, du hast nur zugestimmt, dass ich dich heute Abend nach Hause bringe. Aber du solltest dich wirklich rund um die Uhr von uns beschützen lassen. Tu mir den Gefallen. Diese Drohbriefe klingen nicht nach einem Scherz.“

„Du hast während der Fahrt mit Gabe gesprochen.“

„Natürlich. Er ist mein Boss. Er will ein paar Männer abstellen, die dich bewachen sollen. Auch ohne dein Einverständnis. Aber ich fürchte, du könntest sie abschütteln, wenn du sie bemerkst. Gabe ist der gleichen Meinung. Darum hätten wir gern deine Erlaubnis.“

„Vergiss es. Morgen Nachmittag habe ich ein Meeting mit Investoren. Ich kann da nicht mit einer Horde von Babysittern aufkreuzen. Sag Gabe, ab sofort werde ich mein Auto selbst auf Bomben überprüfen.“

„Das wird nicht reichen.“ Cilla blickte die Straße entlang. Alles schien ruhig und friedlich. So spät am Abend war hier kaum jemand unterwegs. Nur ein schwarzer Van, der am Bürgersteig parkte, erregte ihr Misstrauen.

In dem Moment öffnete sich drüben die Tür des Nachtclubs, ein paar Leute kamen heraus, und man hörte Musik. Die Männer und Frauen bewegten sich von ihnen weg, verschwanden in einer Seitengasse.

„Ich wohne ganz in der Nähe“, verriet Cilla. „Darum komme ich hier öfter vorbei. Du hast die Tür vor einigen Wochen rot lackieren lassen.“

„War die Idee meines Managers. Virgil meinte, in der Weihnachtszeit würde es den Gästen gefallen.“

„Sieht festlich aus, ja.“ Doch warum beschlich sie plötzlich so ein ungutes Gefühl? Cilla musste sich zwingen, sich nicht umzudrehen. Sie horchte.

Tat sich etwas an dem schwarzen Van? Dem hatten sie den Rücken zugekehrt. Und sie hörte Schritte, die sich von dort näherten.

Sie hakte sich bei Jonah ein, flüsterte: „Hinter uns ist jemand. Tu, was ich dir sage. Nimm mich in die Arme.“

Das tat er ohne Zögern, und Cilla drehte sich so, dass sie seinen Körper mit ihrem schützte. Dann legte sie die Hände an seine Wangen. „Beug dich zu mir.“

Oje! So nah nun auch wieder nicht. Seine Lippen berührten fast ihre! Die Schritte hinter ihr wurden lauter. Doch eine Flut von Gefühlen lenkte sie ab – sie spürte Jonahs festen männlichen Körper, seinen heißen Atem an ihrem Mund. Eine Woge des Verlangens durchströmte sie. In jeder Faser ihres Körpers schien die Erinnerung an ihn gespeichert. Die Sehnsucht, Jonah zu küssen, überwältigte sie fast.

Cilla versuchte, sich zu konzentrieren. Flüsterte: „Sag mir, was du siehst. Wer ist hinter mir? Wie viele? Wie nah?“

„Zwei Männer. Sehen aus wie Dick und Doof.“ Er knabberte an ihrer Unterlippe, und für einen Moment benebelten sich ihre Sinne. Sie nahm nur noch Jonah wahr – seine festen Oberschenkel an ihren, seine Hände an ihrer Taille, seinen Atem, der so verlockend über ihre Lippen strich. Oh ja, sie sehnte sich nach einem Kuss.

„Sind ungefähr drei Meter entfernt. Und Dicky hat eine Pistole.“

Pistole! Das Adrenalin schoss Cilla in die Adern, sorgte dafür, dass sie auf der Stelle hellwach war. „Ich brauch sie näher.“

„Der Wunsch wird dir erfüllt.“

„Der mit der Pistole ist meiner.“

„Von wegen.“

Sie biss Jonah sanft in die Unterlippe. „Tu, was ich dir sage. Ich spiel die hilflose Frau, du den Macho. Und bevor der Kerl was kapiert, knocke ich ihn aus.“

„Lass die Dame los“, hörte sie eine heisere Stimme.

Jetzt blieb keine Zeit mehr zum Diskutieren, doch Jonah schien mitzuspielen. Er zog die Hände von ihrer Taille. Cilla drehte sich zu den Männern um, riss die Augen weit auf und kreischte: „Oh Gott! Er hat eine Pistole.“

„Geh zur Seite!“, befahl der hagere Kerl. „Von dir wollen wir nichts.“

„Mach schon, Süße“, bat Jonah. „Lauf zum Club. Ich kann das hier allein regeln.“

„Gut … ja …“, stammelte Cilla, während sie sich leicht zur Seite bewegte. Doch in der nächsten Sekunde ließ sie das rechte Bein hochschnellen, traf mit dem Fuß zielsicher Dickys Handgelenk – die Pistole fiel scheppernd auf den Asphalt. Bevor er den Mund zubekam, hatte sie ihm einen Karateschlag gegen die Schläfe verpasst, und der arme Mann ging zu Boden.

Tja, der Überraschungseffekt war meistens sehr wirkungsvoll.

Als Cilla sich umdrehte, sah sie Jonah hinter dem hageren Kerl herlaufen. „Oh, verdammt!“

Hastig kickte sie die Pistole weit aus dem Weg, dann rannte sie den beiden nach. Auf den schwarzen Van zu, und nun pochte ihr Herz wie verrückt. Denn es gab einen weiteren Ganoven – den Fahrer. Sie konnte ihn durch die Windschutzscheibe sehen. Er hatte breite Schultern, kurzes Haar.

Bis zum Van schaffte es sein hagerer Kumpel nicht. Jonah packte ihn am Kragen, riss ihn herum und streckte ihn mit einem kräftigen Boxhieb nieder.

Jetzt glitt das Fenster auf der Fahrerseite nach unten – und der Kerl richtete eine Pistole auf Jonah.

„Runter, Jonah!“, schrie Cilla. „Runter!“ Sofort ließ er sich zur Seite rollen und war aus der Schusslinie. Sie selbst blieb stehen, zog ihre Waffe aus der Manteltasche und feuerte auf den Van. Der fuhr mit quietschenden Reifen los, raste die Straße hinunter. Na, zumindest hatte sie das Kennzeichen.

Cilla schob ihre Pistole zurück in die Tasche. Als sie sah, dass Jonah bereits wieder auf den Beinen war – unverletzt –, schnürte sich ihr vor Erleichterung die Kehle zu. Einen Moment lang bekam sie keinen Ton heraus.

Dann schimpfte sie: „Bist du denn völlig verrückt geworden? Warum rennst du dem Kerl hinterher? Du hättest erschossen werden können.“

Sie auch, dachte Jonah. Schließlich hatte er mit ansehen müssen, wie sie da schutzlos auf der Straße gestanden hatte – wie eine lebende Zielscheibe für diesen Revolverhelden. Sein Herz hatte einige Male ausgesetzt, das schwor er.

„Zum Glück ist weder mir noch dir etwas passiert. Und Dick und Doof sind außer Gefecht. Du hast deine Sache verdammt gut gemacht, Cilla Michaels.“

Er packte den hageren Kerl am Arm, bevor der abhauen konnte, und stieß ihn zum Eingang des Pleasures. Dort war der Türsteher wohl längst auf die Szene aufmerksam geworden, hatte Virgil und ein paar Kollegen herbeigerufen.

Zwei der Barkeeper hatten Dicky fest im Griff. Und auf dem Bürgersteig standen ein paar Männer herum, vielleicht Gäste.

„Alles okay?“, fragte Virgil besorgt. „Die Polizei ist bereits alarmiert. Sollte gleich hier sein.“

„Gut. Ich schätze, diese beiden Typen wollten uns ausrauben. Könnt ihr auf sie aufpassen, bis die Polizei eintrifft? Ich würde gern mit Miss Michaels an die Bar gehen, um sie für den Schrecken zu entschädigen.“

„Natürlich“, erwiderte Virgil. „Und keine Sorge, Jonah. Die Burschen entwischen uns nicht.“

Er nahm Cilla am Arm und führte sie in den Club. „Habe ich das jetzt richtig gemacht, Miss Bodyguard?“, flüsterte er. „Mich aus der Schusslinie nehmen, statt draußen auf der Straße zu bleiben?“

Sie lachte. „Ja. Das war brav von dir.“

Eine Stunde später saß Jonah in seinem Büro und beobachtete Cilla, die vor seinem Schreibtisch auf und ab ging, während sie Gabe am Telefon Bericht erstattete.

Die Polizisten hatten sie befragt, und Detective Finelli, der den Fall übernommen hatte, schien Cilla sehr gut zu kennen. Was Jonah daran erinnerte, wie wenig er von ihr wusste – nur das, was Gabe ihm auf der Party erzählt hatte.

Ihr Name war Priscilla Michaels, sie ließ sich jedoch Cilla nennen, und Gabe hielt wahnsinnig viel von ihr.

Klar, es hatte Jonah gereizt, alles Mögliche über sie herauszufinden, aber darauf hatte er lieber verzichtet. Er wollte diese Frau ja aus seinen Gedanken vertreiben. Bisher war ihm das nicht gelungen. Und nun erfuhr er von Minute zu Minute mehr über sie. Das gefiel ihm ja auch.

Dumm war nur: Je besser er sie kennenlernte, desto mehr faszinierte sie ihn.

Die verführerische Cilla mit den funkelnden Augen, ihrem humorvollen Ton.

Genau wie Priscilla, die sie im Moment zu sein schien. Die kühl denkende Chefin des Sicherheitsdienstes, die ernst und konzentriert mit Gabe sprach.

„Ja, die Polizei hat alles in die Wege geleitet“, erklärte sie ihm. „Nach dem Van wird gefahndet. Die beiden Männer können erst morgen früh vernommen werden. Sie weigern sich, eine Aussage zu machen, bevor ihnen ein Strafverteidiger zugeteilt wurde. Doch mein Freund Joe Finelli hat mir versprochen, dass ich bei dem Verhör dabei sein darf.“

Ihr Freund? Jonah starrte sie an. Finelli musste ungefähr zehn Jahre älter sein als sie. Wie gut kannte sie ihn? War er ihr Liebhaber gewesen?

Und seit wann plagte ihn die Eifersucht?

Ach was, er war nicht eifersüchtig. Das wäre ja absurd. Schließlich wollte er keine feste Beziehung und hütete sich davor, sich zu verlieben.

„Joe hat empfohlen, dass Jonah sich rund um die Uhr überwachen lässt.“ Cilla hörte Gabe einen Moment zu. „Ja, sicher. Ich werde sofort den Plan ausarbeiten. Sieben Tage, vierundzwanzig Stunden, zwei Männer pro Schicht.“

Jonah holte tief Luft. Also, wirklich … er hatte es schon immer gehasst, wenn jemand einfach über ihn bestimmt hatte.

Aus drei Pflegefamilien war er abgehauen, bis die Jugendrichterin es leid gewesen war, sein trotziges Gesicht zu sehen, und ihn zu Pater Mike geschickt hatte.

Das St Francis Center in Denver gab es leider nicht mehr, damals war es die Rettung für viele Kinder gewesen. Denn Pater Mike war sehr geschickt darin, „böse“ oder „schwierige“ Jungen zu erziehen. Jonah nahm an, dass er selbst wohl beides gewesen war. Und eins wusste er genau: Ohne das Center, wo er Gabe und Nash kennengelernt hatte, wäre er heute kein erfolgreicher Mann.

„Ja, ich regle das“, versicherte Cilla.

Jonah lehnte sich auf dem Stuhl zurück, während er sie beobachtete. Wohin führte das hier? Er legte Wert darauf, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Oder allein zu entscheiden, an wen er Aufgaben delegierte. Falls möglich, wählte er dafür nur Personen, denen er vertraute.

Virgil zum Beispiel, der war in der ersten Pflegefamilie wie ein großer Bruder für ihn gewesen. Darum hatte Jonah nach ihm gesucht, bevor er das Pleasures eröffnet hatte, und ihm den Posten des Managers angeboten.

Für das Interludes hatte er Carmen D’Annunzio aus Denver geholt. Eine Frau, die im St Francis Center gearbeitet hatte.

Aber Cilla Michaels hatte er nicht ausgewählt. Er hatte sogar beschlossen, sie nicht als Bodyguard anzuheuern. Trotzdem ging sie vor seinem Schreibtisch auf und ab und sagte bestimmend: „Ja, genau. So machen wir’s. Ich schätze, wir haben jetzt an alles gedacht.“

Wir? Wen meinte sie damit? Er war kein einziges Mal gefragt worden. Es gefiel ihm gar nicht, dass sie für ihn plante, als wäre er … was? Ein Klient, dessen Leben sie gerade gerettet hatte?

Jonah zog die Stirn kraus. Okay, es stimmte. Hätte Cilla Michaels ihn nicht vom Flughafen abgeholt und ihm ihre Begleitung aufgedrängt, wäre er vielleicht von Dicky und dem hageren Kerl zusammengeschlagen worden. Oder erschossen!

Die große Frage war, ob diese Typen ihm die Drohbriefe geschickt hatten. Also, eigentlich machte das ja keinen Sinn. Wenn ihn jemand auf der Straße erschießen wollte – warum sollte der ihn vorher warnen? Und warum die Tage bis Weihnachten zählen? Vielleicht hingen die beiden Fälle gar nicht zusammen.

„Nein, ich habe das noch nicht mit ihm besprochen“, sagte Cilla. „Aber ich denke, er wird einsehen, dass er sich rund um die Uhr beschützen lassen muss.“

Sie blickte ihn fragend an, doch Jonah machte ein Pokerface, signalisierte weder Zustimmung noch Ablehnung.

Er war natürlich kein Dummkopf. Natürlich würde er für seine Sicherheit sorgen. Und ein Bodyguard war keine schlechte Idee.

„Ich werde David Santos und Mark Gibbons abstellen“, meinte Cilla. „Beide sind sehr gut. Und ich übernehme deren Klienten.“

Wie bitte? Jonah horchte auf. Hatte er das richtig verstanden? Sie wollte sich aus dem Fall zurückziehen, ihm zwei fremde Leute schicken?

Das ärgerte ihn. Diese Entscheidung hatte sie nicht für ihn zu treffen.

Cilla beendete das Telefonat und blickte ihn an. „Wir müssen reden.“

„Stimmt.“ Jonah betrachtete sie noch einen Moment lang, dann stand er auf. „Doch bevor du mir erzählst, was ihr beide ausgeheckt habt, würde ich dich gern durch den Club führen.“

Seit über einer Stunde ging er hier spazieren, um seine Wut zu bändigen. Der Wind trug von der Bucht einen eisigen Nebel herüber, der ihm in die Wangen stach. Es war kalt. Spät. Trotzdem waren noch immer viele Leute auf den Landungsbrücken bei der Fisherman’s Wharf.

Normalerweise mied er solche Orte. Wegen der Weihnachtsbeleuchtung – aber heute Abend sollte sie ihn erinnern.

An Elizabeth.

An seinen Verlust.

An seine Mission.

Er sollte sich beruhigen, doch er schaffte es nicht. Sobald er daran dachte, was vor dem Pleasures geschehen war, stieg eine rasende Wut in ihm auf. Es gab Momente, da war er blind vor Zorn.

Sein Plan, sein perfekter Plan war verpfuscht worden! Sogar jetzt, wenn er sich diese Szene nur vor Augen rief, verspürte er die gleiche Wut, die Panik wie vor Ort. Er hatte sein Auto in der Nähe des Nachtclubs geparkt.

Fast wäre er aus dem Wagen gesprungen und hätte laut geschrien.

Aber er hatte sich zusammengerissen. Sogar als er die Schüsse hörte. Er hatte nicht zugelassen, dass er vor Panik die Kontrolle verlor. Sein erster Impuls war gewesen, dem Van zu folgen, um seinen Partner zur Rede zu stellen. Doch sollte er nichts unternehmen, solange er innerlich tobte. Es wäre ein Fehler.

Also hatte er gewartet, bis die Leute vor dem Pleasures verschwunden waren, erst dann hatte er seinen Wagen gestartet und war zur Fisherman’s Wharf gefahren.

In einer Weile würde er sich auch wieder beruhigt haben. Sicherlich.

Auch wenn es unverzeihlich war, was sein Partner getan hatte.

Keine Waffen. Hatte er das nicht ausdrücklich befohlen?

Wieder stieg die blinde Wut in ihm auf. Wenn sie Jonah erschossen hätten …

Er unterdrückte den Schrei, der in seiner Kehle brannte. Es war seine Aufgabe, Jonah zu töten. Seine. Und noch war es zu früh.

Da ihn der Zorn fast überwältigte, blieb er stehen und atmete tief ein. Dann ein weiteres Mal.

Überlegen. Er musste überlegen.

Es war nicht allein die Schuld seines Partners, dass heute etwas schiefgegangen war. Die Frau …

Sie hätte nicht da sein sollen. Jonah Stone kannte keine Frau, die ihm etwas bedeutete. Sie war auch nicht seine Angestellte. Und sie hatte alles verdorben.

Er ging weiter. Er würde herausfinden, wer sie war. Und sie würde teuer dafür bezahlen, dass sie seine Pläne durchkreuzt hatte.

Als er sich schließlich beruhigt hatte, bemerkte er, dass er vor einem Restaurant stand. Durch die Fenster sah er Leute lachen und reden. Einen Moment lang wünschte er sich, hineinzugehen, um an der Bar einen Drink zu nehmen. Doch in diesem Moment öffnete jemand die Tür, und er hörte Weihnachtsmusik.

Nein. Er konnte nicht in ein Lokal gehen, wo man Weihnachten feierte.

Er würde in sein Zimmer zurückkehren, dort etwas trinken und darauf warten, dass sich sein Partner meldete.

Und Pläne schmieden … um sich an der Frau zu rächen.

Cilla spürte, dass Jonah verärgert war. Mit seinem charmanten Lächeln konnte er sie nicht täuschen.

Sie verstand ihn ja auch. Und bewunderte ihn dafür, dass er so ruhig blieb. Er hatte sie nicht ein einziges Mal unterbrochen, als sie mit Gabe telefoniert hatte. Ob sie im umgekehrten Fall so geduldig geblieben wäre? Na, das bezweifelte sie.

Inzwischen hatte er ihr die Bar gezeigt, das Restaurant und die Salons, doch sie erinnerte sich an kein Detail. Jedes Mal, wenn sein Arm ihren streifte, oder er ihr die Hand auf den Rücken legte, durchrieselten sie heiße Schauer. Und jedes Mal musste sie an den Moment auf der Straße denken.

In Jonahs Armen hatte sie ein paar Sekunden lang nur ihn wahrgenommen, seine Lippen, seinen Körper. Nur noch ihr Verlangen gespürt, und sich danach gesehnt, Jonah zu küssen. Doch vergessen, in welcher Gefahr er sich befand.

Das durfte ihr als Bodyguard nicht passieren. Da musste sie jede Sekunde hellwach sein.

In ihren Augen war es ohnehin verboten, eine Affäre mit einem Klienten zu haben. Doch unter diesen Umständen …

Jonah brauchte sie nur anzuschauen. Mit jedem Blick, jeder kleinsten Berührung lenkte er sie ab, führte sie in Versuchung, in seine Arme zu sinken.

So brachte sie ihn ja geradezu in Gefahr.

Darum musste sie den Fall abgeben. Der Mann wurde bedroht. Und sie würde ihm helfen, indem sie auf Abstand zu ihm blieb. Damit sie klar denken konnte – statt von heißem Sex mit Jonah Stone zu träumen.

Sie blickte ihn von der Seite an. Er wirkte ruhig und gelassen, als wäre nichts geschehen. Dabei hatte er einiges durchgemacht. Zuerst die Drohbriefe, heute Abend der Überfall.

Nach dem Rundgang durch den Nachtclub kehrten sie in die Bar zurück, wo Jonah einen älteren Mann begrüßte. Er sah gut aus, hatte dunkle Haare mit grauen Schläfen, schien um die sechzig zu sein.

„Üble Sache da draußen“, meinte er mit besorgtem Blick. „Euch ist hoffentlich nichts passiert?“

„Nein, nein“, versicherte Jonah. „Cilla, darf ich dir Carl Rockwell vorstellen. Er ist nicht nur Stammgast im Pleasures, sondern gehörte zu den ersten Investoren, die es mir ermöglicht haben, diesen Club zu eröffnen. Er hat an mich geglaubt, als ich außer meiner schönen Ideen nichts vorzuweisen hatte.“

„Und das tue ich nach wie vor“, bekräftigte Carl.

Jonah lächelte zufrieden. „Er hat in jeden meiner Clubs investiert, und jetzt ist er mein Partner bei einem neuen Projekt. Wir eröffnen eine Nachtbar in San Diego.“

Cilla reichte ihm die Hand.

„Cilla Michaels. Sie leitet das Büro von G. W. Securities in San Francisco“, erklärte Jonah. „Und ich scheine ihr neuester Klient zu sein.“

„Gut.“ Carl sah ihr fest in die Augen. „Lassen Sie nicht zu, dass ihm etwas geschieht. Und geben Sie mir Bescheid, falls Sie Unterstützung brauchen.“

„Das meint er ernst“, sagte Jonah. „Carl hat vor seiner Pensionierung für Sicherheitsdienste gearbeitet.“

„Ich bin da, wenn ihr meine Hilfe benötigt.“ Carl nickte ihnen freundlich zu, dann ging er zum Tresen hinüber.

Jonah führte sie zu einer Nische am Ende des Raums, wo im nächsten Moment Virgil auftauchte, den sie bereits kennengelernt hatte.

Er strahlte sie beide an, bevor er leise fragte: „Hatte eure Westernshow auf der Straße etwas mit der grünen Schachtel zu tun, die gestern abgegeben wurde?“

„Weiß ich nicht“, murmelte Jonah. „In Denver habe ich heute das gleiche nette Geschenk bekommen.“

„Mist!“, fluchte Virgil. „Was kann ich tun?“

„Genau das, was du tust. Den Club leiten.“

Cilla musterte die beiden Männer, während Jonah eine Hand auf Virgils Arm legte und ihm dieselbe Information gab wie zuvor Carl Rockwell. „Sie leitet das Büro von G. W. Securities. Und ich scheine ihr neuester Klient zu sein.“

Virgil blickte sie an. „Wenn Sie für Gabe Wilder arbeiten, darf ich annehmen, dass Sie ein Profi sind. Das beruhigt mich ein wenig. Aber bitte … behalten Sie Jonah im Auge. Lassen Sie nicht zu, dass ihm etwas passiert.“

Nach den Worten verschwand er.

„Wow! Nun bin ich gewarnt.“ Cilla setzte sich. „Du hast gute Freunde, die sehr besorgt um dich sind. Da darf ich mir wohl keine Fehler erlauben. Weiß sonst noch jemand von den grünen Schachteln?“

„Nein.“ Jonah rutschte in die Bank ihr gegenüber. „Nur Virgil. Ich habe ihn gebeten, die Augen offen zu halten, falls wieder eine abgegeben wird.“

„Gut. Dann werde ich dir jetzt erzählen, was Gabe vorgeschlagen hat.“

„Das Wichtigste habe ich mitbekommen – Personenschutz rund um die Uhr. Aber ich treffe meine eigenen Entscheidungen.“

Sie blickte ihn stirnrunzelnd an. „Er hat mir schon erzählt, dass du es nicht magst, von anderen abhängig zu sein. Aber du bist doch nicht dumm. Du wirst ja wohl einsehen, dass du einen Sicherheitsdienst brauchst – zumindest, bis wir wissen, was hier eigentlich gespielt wird.“

„Und ich werde einen Sicherheitsdienst engagieren.“

„Aber?“ Sie beugte sich vor. „Ich höre ein Aber. Es gibt keine besseren Leute als bei G. W. Securities. Und Gabe ist dein Freund. Mark Gibbons und David Santos sind zwei hervorragende Agenten. Gabe plant, zu ihrer Unterstützung weitere Männer aus Denver zu schicken.“

„Das kann er sein lassen.“

„Du …“ Cilla brach ab, da Virgil an ihren Tisch trat.

„Was möchtet ihr trinken?“

Jonah blickte sie an. „Champagner?“

Klang verlockend. „Gern.“

„Die Nummer fünfunddreißig“, bat Jonah.

Sobald sie wieder allein waren, fuhr Cilla fort: „Mach keinen Fehler. Du brauchst nicht nur einen Beschützer, sondern Experten. Es mag ja sein, dass wir heute Abend rein zufällig Opfer eines Überfalls waren. Aber diese Drohbriefe zeigen, dass du ernsthaft in Gefahr bist.“

Jonah nickte. „Ich weiß. Jemand spielt Katz und Maus mit mir. Die erste grüne Schachtel in San Francisco. Die Nächste in Denver. Er will mir zeigen, dass er mir stets auf den Fersen ist.“

„Noch sechs Tage … noch fünf Tage … Er will, dass du vor Angst zitterst. Du sollst leiden. Was immer er letztendlich vorhat … Wir müssen herausfinden, wer er ist. Das können nur Spezialisten. Die hat G. W. Securities.“

„Und hiermit erteile ich dir den Auftrag.“ Jonah sah ihr in die Augen. „Deine Leute sollen den Kerl suchen. Und ich will einen Bodyguard, jeden Tag, rund um die Uhr. Aber weder Mark Gibbons noch David Santos oder einen Mann aus Denver.“

Er lächelte herausfordernd. „Ich bestehe darauf, dass du an meiner Seite bleibst.“

4. KAPITEL

Cilla überlegte hektisch, was sie Jonah antworten sollte. Zum Glück brachte Virgil in diesem Moment den Champagner. Er zelebrierte das Öffnen der Flasche ein wenig, dann füllte er ihre Gläser, ließ Jonah kosten – und verschaffte ihr somit etwas Zeit.

Sie durfte Jonahs Forderung nicht akzeptieren. So viel stand fest. Sie hatte gute Gründe, den Fall nicht selbst zu übernehmen. Das würde er verstehen müssen.

Nur … wie brachte sie ihm das bei?

Als Virgil ging, erhob Jonah sein Glas, um mit ihr anzustoßen. „Danke für deine Hilfe. Ich bin froh, dass du mich auf dem Flughafen überredet hast.“

Tja, etwas Geschick würde sie wohl noch brauchen. Cilla trank einen Schluck Champagner. „Der ist sehr gut.“

„Der Beste.“

Sie blickte auf den perlenden Wein. „Sag mir nicht, die Nummer fünfunddreißig ist dies wahnsinnig teure Zeug, das mehrere Hundert Dollar pro Flasche kostet.“

Jonah grinste. „Die Winzer von ‚Cristal‘ würden kalt erschauern, wenn sie deine Beschreibung hörten.“

„Zugegeben, ihr Champagner ist köstlich.“

„Darum habe ich ihn für dich ausgewählt. Übrigens … du siehst fantastisch aus.“

Cilla konnte nicht anders – sie lächelte Jonah an und spürte die Schmetterlinge im Bauch, als er ihr Lächeln erwiderte.

Ja, sie sollte auf Abstand zu ihm bleiben.

Doch was tat sie? Blickte ihm tief in die Augen und malte sich aus, wie prickelnd es wäre, ihm noch näher zu kommen. Und er wünschte sich das Gleiche. Das Verlangen in seinen dunklen Augen war nicht zu übersehen.

Dieser Mann schaffte es wirklich spielend, sie abzulenken.

Also, so durfte es nicht weitergehen. Cilla löste den Blick von ihm, trank einen Schluck Champagner, konzentrierte sich – diesmal auf ihren Job.

„Wenn ich deinen Fall übernehmen soll, musst du mir die Entscheidung überlassen, wie ich unser Team einsetze. Und eins weiß ich: Wir können dich am besten beschützen, wenn ich im Hintergrund bleibe.“

„Warum?“

„Das erkläre ich dir noch. Welche Termine hast du morgen?“

Jonah nahm sein Handy, tippte etwas ein. „Wie ist deine Nummer?“

Sobald sie ihm die genannt hatte, sagte er: „Ich schick dir die Liste per SMS.“

„Nenn mir die Wichtigsten.“

„Da ich vorhatte, über Nacht in Denver zu bleiben, ist für morgen früh nichts geplant. Aber nun bin ich zurück und werde gegen Mittag zum Interludes fahren, weil dort eine Weihnachtsfeier für Kinder stattfindet. Am Nachmittag habe ich ein Meeting im St Francis Hotel mit Carl Rockwell und Stanley Rubin. Stanley ist mein zweiter Partner bei dem neuen Projekt in San Diego. Er ist in der Stadt, um seine Familie zu besuchen, und es gibt ein Problem, das er mit mir besprechen möchte. Abends werde ich hier im Pleasures sein. Wir haben zurzeit viele private Feiern.“

„Und die Tage darauf?“

„Übermorgen findet im Pleasures ein Wohltätigkeitsball statt. Daran werde ich teilnehmen.“

Sie zog die Stirn kraus. „Das halte ich für keine gute Idee.“

„Es muss sein. Ich bin der Gastgeber. Schick mir ein Heer von Aufpassern, wenn du willst.“

„Das werde ich wollen. Und es ist einer der Gründe, warum ich im Hintergrund bleiben muss.“

Als Jonah den Mund aufmachte, um etwas zu erwidern, hob sie die Hand. „Lass mich ausreden. Als Geschäftsmann weißt du, wie wichtig es ist, den Überblick zu behalten. Ich muss die Leute koordinieren. Ich muss auf jedes Problem spontan reagieren können.“

„Ja, und warum solltest du das an meiner Seite nicht können? Das wäre noch effektiver. Dann könntest du mich sofort informieren, wenn sich Probleme ergeben. Ich bestehe darauf.“

Sie musterte sein Gesicht. Das amüsierte Funkeln in seinen Augen verriet ihr, dass er absichtlich den „schwierigen Klienten“ spielte. Er genoss es. Sie auch, ehrlich gesagt. Es gefiel ihr, sich mit ihm zu messen. Aber dieses Spiel musste sie gewinnen. Eisern hielt sie seinem Blick stand. „Du brauchst einen Bodyguard, der cool bleibt und sich nicht ablenken lässt. Und da ich mich zu dir hingezogen fühle, bin ich nicht die Richtige für diesen Job.“

Jonah trank einen Schluck Champagner. „Wie sehr?“

„Siehst du? So eine Frage solltest du gar nicht stellen.“

Wie sehr fühlst du dich zu mir hingezogen?“

„Genug, um alles andere zu vergessen, als du mich auf der Straße in deine Arme genommen hast. Da kamen zwei Kerle auf uns zu – bewaffnet –, und ich hatte nur noch einen Gedanken: Ich wollte, dass du mich küsst, und ich wollte dich küssen.“

„Ging mir genauso. Vielleicht sollten wir es jetzt einfach tun, dann haben wir es hinter uns.“

Das Funkeln in seinen Augen wurde intensiver. Verlockend wie der Schein eines prasselnden Feuers. Heiß und gefährlich. Und zum ersten Mal ahnte sie, warum eine Motte so dumm war, in eine Flamme zu fliegen.

Sie schluckte. „Dich jetzt zu küssen, würde das Problem nicht lösen.“

„So?“ Jonah glitt von der Sitzbank, kam auf ihre Seite des Tisches und setzte sich neben sie. Ohne sie zu berühren, sah er sie forschend an. „Ein Kuss. Vielleicht sind wir dann so enttäuscht, dass wir aufhören können, davon zu träumen.“

„Unsinn.“ Sie verspürte schon ein heißes Prickeln, wenn sie nur daran dachte, ihn zu küssen. Und jetzt war er ihr so nah, sein Duft stieg ihr in die Nase. Er roch nach einem balsamischen Aftershave, sehr männlich – und kein bisschen nach Enttäuschung.

Sanft wickelte er sich eine Strähne ihres Haars um den Finger. „Du bist überhaupt nicht mein Typ.“

Sie zog die Stirn kraus. „Und du stehst ganz oben auf meiner Tabuliste.“

„Schmecken verbotene Früchte nicht immer am leckersten? Ja. Das könnte der Grund sein, warum ich dich jetzt unbedingt küssen möchte.“

Als er den Blick auf ihren Mund senkte, spürte Cilla förmlich, wie ihre Lippen zu glühen begannen. Herrje! „Bitte … lass mich deinen Fall so handhaben, wie ich es für richtig halte. Ich bleibe im Hintergrund. Dann sind wir schon mal ein Problem los. Du wirst weder Mark noch David küssen wollen. Das garantiere ich dir.“

Jonah lachte. „Damit hast du vermutlich recht. Aber im Ernst. Ich sehe gar kein Problem. Du hast mich da draußen auf der Straße bestens beschützt.“

„Im Airport-Hotel sind wir förmlich übereinander hergefallen. Und es knistert schon wieder gewaltig zwischen uns. Trotzdem willst du mich als Bodyguard? Jeden Tag, rund um die Uhr?“

„So ist es.“ Er beugte sich zu ihr. „Und jetzt sollten wir herausfinden, wie heiß es noch knistert, damit wir gewappnet sind.“

Sie erschauerte lustvoll, als sie auf seine Lippen starrte, die ihren verführerisch nahe kamen. Sein Duft benebelte ihr die Sinne. Und verdammt, sie saß hier in der Falle. Aus dieser Nische käme sie nicht heraus, ohne Jonah zu berühren.

Und wenn sie ihn berührte? Ach, herrje! Seit Wochen wünschte sie sich nichts sehnlicher als das. Wie sollte sie ihm da noch widerstehen?

„Ich muss dich küssen.“ Entschlossen umfasste sie sein Gesicht mit beiden Händen und presste die Lippen auf seine.

Endlich. Endlich. Endlich.

Das war Jonahs einziger Gedanke, während sein Puls zu rasen begann, weil ihn heftiges Verlangen durchströmte. Nacht für Nacht hatte er von Cilla Michaels geträumt. Doch nie war die Erinnerung so berauschend gewesen wie dieser Moment. Wie hatte er vergessen können, wie weich sich ihre Lippen anfühlten? Wie erregend, wie süß und wundervoll sie schmeckten?

Einladend öffnete sie die Lippen, als er den Kuss vertiefte. Und er hätte nicht sagen können, wer sich an wen geschmiegt hatte. Es spielte auch keine Rolle. Er genoss es einfach, ihren verlockenden Körper an seinem zu spüren, ließ die Hände über ihre Taille gleiten, umfasste dann ihre Brüste.

Sie stöhnte auf, und nun rauschte das Blut noch heißer durch seine Adern. Nach keiner anderen Frau hatte er sich je so verzweifelt gesehnt.

Er wollte sie berühren. Nein, er musste sie berühren, ihr dieses Kleid abstreifen und ihre Haut erkunden, jeden Zentimeter ihrer seidigen Haut. Und noch viel mehr als das wollte er in ihr sein, jetzt.

Doch so ganz hatte Jonah nicht vergessen, wo sie sich hier befanden. Noch nicht. Atemlos unterbrach er den Kuss. „Lass uns zu mir gehen.“

Cilla blickte ihm in die Augen … brauchte einen Moment, um zu sich zu kommen. Wow! Davon hatte sie geträumt. Dass dieser Mann sie wieder so küsste. Hungrig und sehr verheißungsvoll. Nun wurde es allerdings höchste Zeit, Vernunft anzunehmen. „Ich will nicht mit dir schlafen.“

„Dein Kuss hat mir etwas anderes verraten.“

„Dieser Kuss hat nur bewiesen, wie recht ich habe. Wenn ich deinen Fall annehmen soll, muss ich im Hintergrund bleiben. Damit wir beide klar denken können.“

„Der räumliche Abstand wird uns kaum helfen. Und ständig von Sex zu träumen, wenn wir voneinander getrennt sind, könnte noch ablenkender sein.“

Autor

Cara Summers
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Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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Leanne Banks
<p>Mit mehr als 20 geschriebenen Romanen, ist Leanne dafür geschätzt Geschichten mit starken Emotionen, Charakteren mit denen sich jeder identifizieren kann, einem Schuss heißer Sinnlichkeit und einem Happy End, welches nach dem Lesen noch nachklingt zu erzählen. Sie ist die Abnehmerin der Romantic Times Magazine’s Awards in Serie. Sinnlichkeit, Liebe...
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