Darling, lass dich erobern

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Allein und schwanger - und kein Traummann in Sicht, der Shallie in dieser schweren Zeit zur Seite steht. Doch als sie in ihre Heimatstadt Sundown zurückkehrt, wendet sich alles zum Guten. Ihr Jugendfreund Mac, der sie schon damals stark angezogen hat, bietet ihr an, in seinem Haus zu wohnen. Voller Zärtlichkeit verwöhnt sie der attraktive Mann, doch als das heisse Feuer der Leidenschaft in ihnen erwacht, zieht Shallie sich zurück. Bevor sie den sinnlichen Gefühlen nachgibt, muss sie ihm ihr Geheimnis anvertrauen ...


  • Erscheinungstag 24.12.2006
  • Bandnummer 1439
  • ISBN / Artikelnummer 9783862959747
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

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1. KAPITEL

Aus den dunklen Wolken am Himmel fielen unablässig Schneeflocken auf die tief verschneite Berglandschaft. Shallie Malone saß auf dem Beifahrersitz des klapprigen Lieferwagens, der sich langsam Sundown, Montana, näherte, und starrte aus dem Seitenfenster. War dieser Schneesturm ein schlechtes Omen? Vielleicht ist es ein großer Fehler, hierher zurückzukommen, überlegte sie und hätte den Gedanken am liebsten schnell wieder abgeschüttelt. Denn sie wollte nicht noch einen Fehler machen.

Sie seufzte schwer, als der alte Lieferwagen über die schneebedeckte Straße holperte. Sie hatte in den siebenundzwanzig Jahren ihres Lebens eine Menge Fehler gemacht. Doch ihre Rückkehr nach Sundown sollte nicht zu einem weiteren Fehlschlag auf ihrem schwierigen Lebensweg werden. Sie wollte einfach wieder in ihre alte Heimat zurück. Aber wenn sie den Tatsachen ins Auge sah, musste sie sich eingestehen, dass ihr auch nicht viel anderes übrig geblieben war. Shallie betrachtete durch die Windschutzscheibe den Wald, der vor ihnen lag. Die Äste der alten Kiefern beugten sich unter der schweren Last aus Eis und Schnee. Sie selbst fühlte sich ebenso alt und wie von einer schweren Last gebeugt.

Der ältere Rancher Mr. Coleman hatte sich vage an sie erinnert und war so freundlich gewesen, sie in seinem Lieferwagen von der Busstation in Bozeman bis nach Sundown mitzunehmen. Shallie fror in ihrer leichten Jacke, obwohl Coleman die Heizung voll aufgedreht hatte. Sie fragte sich, ob für sie eine Heimkehr überhaupt möglich sein würde, und versuchte, das ungute Gefühl in der Magengrube einfach zu ignorieren.

Der Name auf einem Briefkasten am Ende eines langen Weges, der sich – wie sie noch wusste – tief in den Wald hinein- und fast den halben Berg hinaufschlängelte, erregte beim Vorbeifahren ihre Aufmerksamkeit. Sie drehte den Kopf, um einen Blick auf die schwarzen Buchstaben auf dem Briefkasten zu erhaschen. „Stand dort etwa Brad McDonald?“

„Hm? Oh ja.“ Bob Coleman, der sich auf die winterlichen Straßenverhältnisse konzentrierte, warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel. „Er hat die alte Fremont-Hütte etwa zur selben Zeit gekauft wie das ‚Dusk to Dawn‘.“

Dann gehört meinem alten Jugendfreund Brad „Mac“ McDonald jetzt die Berghütte? Das ist ja toll, dachte Shallie. Und sie konnte kaum glauben, was Bob Coleman gerade noch erzählt hatte. „Die Haskins haben das ‚Dusk to Dawn‘ verkauft?“

„Ja, ist kaum zu glauben, was?“ Bob zog die Augenbrauen hoch. „Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erleben würde, an dem Nadine und Chet sich zur Ruhe setzen würden. Aber sie wollten schon immer auf Reisen gehen, und Mac hatte das Geld, mit dem sie sich diesen Traum jetzt erfüllen können.“

Das „Dusk to Dawn“ war ein beliebter Treffpunkt, auch die Rancher aus der Umgegend gingen dorthin. Das Lokal war Bar, Restaurant, Coffeeshop und ein kleiner Einkaufsmarkt in einem. Bei einer Hochzeit fand der Empfang stets im „Dusk to Dawn“ statt und bei einem Todesfall die Trauerfeier. Schon solange Shallie denken konnte, kamen unter dem grünen Dach des Lokals die Leute zusammen, um Geburtstagspartys, Abschlussfeste und die regelmäßig am Samstagabend stattfindenden Partys zu feiern. Und immer hatten die Haskins das Lokal geführt.

Zu erfahren, dass die beiden nicht mehr dort waren, machte Shallie ein wenig traurig. Bei ihrer Heimkehr hätte sie am liebsten alles so vorgefunden, wie sie es vor langer Zeit verlassen hatte. Sie wollte nicht mit Veränderungen konfrontiert werden. Der Status quo war Garant für Sicherheit und Stabilität, und genau das brauchte sie jetzt am meisten. Es mochte dumm sein, aber es hatte für sie etwas Tröstliches gehabt, in einer Welt, in der permanent alles in Veränderung begriffen war, an Sundown als einen Ort zu denken, in dem alles beim Alten blieb.

„Mac ist anscheinend in Bozeman sehr erfolgreich in die Gastronomie eingestiegen“, fügte Bob hinzu, der Shallies Anflug von Melancholie nicht bemerkte. „Ihm gehört ein tolles italienisches Restaurant, in das Leute aus der ganzen Gegend zum Essen kommen. Ich bin mit meiner Frau ein oder zwei Mal dort gewesen, als wir eine Reservierung ergattern konnten. Und dann hat Mac wohl beschlossen, auch noch daheim ein Lokal zu übernehmen.“

Shallie musste bei dem Gedanken grinsen, dass der immer sehr heimatverbundene Mac ein tolles italienisches Restaurant führte, wie Bob Coleman es ausdrückte. Mac war immer ein lustiger Kerl gewesen und zusammen mit John Tyler für jeden Unfug zu haben. Oft war sie selbst an den Streichen beteiligt gewesen und hatte andere in Schwierigkeiten gebracht. Als sie daran dachte, in welchen Schwierigkeiten sie jetzt steckte, wurde sie sofort wieder ernst. Schützend legte sie die Hand auf ihren flachen Bauch. Doch als der Transporter den Bergrücken erreicht hatte und das kleine Dorf Sundown ins Blickfeld rückte, wich ihr Beklemmung und sie hatte das Gefühl, sich richtig entschieden zu haben.

Wie oft war sie diese Straße entlanggefahren und hatte das im Tal liegende Sundown von diesem Aussichtspunkt aus betrachtet? Jetzt lag eine weiße Schneedecke über ihrem Heimatort, und aus den Schornsteinen der Häuser stieg Rauch in den Winterhimmel. Wie oft hatte sie die einfache Schönheit dieses Fleckens Erde als selbstverständlich angesehen? Viel zu oft, sagte Shallie sich. Nun, diesen Fehler würde sie nicht mehr machen.

Sie war fast daheim. Auch wenn sie mit vor Scham gesenktem Kopf zurückkehrte, würde sie es nicht zulassen, dass ihre Entscheidung zur Rückkehr ein weiterer Fehler werden würde. Um es auf den Punkt zu bringen: Sie würde nicht dieselben Fehler machen wie ihre Mutter. Okay, verbesserte sie sich, während sie abwesend erneut über ihren Bauch strich. Sie würde nicht alle Fehler wiederholen, die ihre Mutter gemacht hatte. Joyce Malone hatte jeden enttäuscht und im Stich gelassen, der jemals auf sie gezählt hatte. Mich selbst eingeschlossen, dachte Shallie traurig.

Als der Lieferwagen den Bergrücken überquert hatte und zur Fahrt ins Tal ansetzte, kam ihnen auf der Straße ein schwarzer Transporter entgegen und riss Shallie aus ihren Gedanken. Denn auf der glatten Straße kam der Transporter ins Rutschen, geriet dabei auf die andere Fahrspur und steuerte direkt auf sie zu.

„Verdammt!“, murmelte Bob. Er riss das Lenkrad herum. „Halt dich fest“, rief er, als er nach rechts auswich und mit voller Kraft auf die Bremsen trat.

Als Shallie den großen Baum auf sich zukommen sah, stützte sie sich mit der Hand am Armaturenbrett ab und biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Doch das nützte nichts. Als der Lieferwagen zum Stehen kam, tat ihr Handgelenk so weh, dass ihr übel würde und sie einen ohrenbetäubenden Schrei ausstieß.

Brad McDonald fluchte leise vor sich hin, als er seinen Transporter auf dem Seitenstreifen anhielt. Verflixt. Er hatte die vereiste Stelle auf der Fahrbahn nicht gesehen. Aber Bob Colemans Lieferwagen hatte er gerade noch rechtzeitig bemerkt. Er hatte seinen Transporter ins Schleudern gebracht, um einen Zusammenprall zu verhindern – was ihm glücklicherweise gelungen war. Er zog die Handbremse an und machte die Tür auf. Sein Herz hämmerte, als er auf den Boden sprang und zu Bobs Lieferwagen rannte. Er hatte furchtbare Angst, dass sich der alte Mann bei dem Ausweichmanöver verletzt haben könnte.

Erleichtert registrierte er, dass der alte Ford von einer Schneewehe gestoppt worden war, was den Aufprall auf den Baum kurz dahinter wohl verhindert hatte. Das Fahrzeug hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen. Allerdings steckte die vordere Stoßstange seitlich im Straßengraben fest. „Bist du okay, Bob?“, rief Mac durch das geschlossene Seitenfenster.

„Ja, ich glaube, ich bin heil geblieben.“ Bob drehte seinen Kopf zum Beifahrersitz. „Was ist mit dir, Shallie? Bist du in Ordnung?“

Shallie? Mac hatte in seinem Leben nur eine Shallie gekannt – aber die Frau konnte wohl kaum die Shallie sein. Er hob den Kopf, um bis hinüber zum Beifahrersitz sehen zu können. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus, als er sie erkannte. Eine ganze Welt von Erinnerungen und Gefühlen stieg in ihm auf. Shallie. Seine Shallie Malone. Er hatte sie seit der Highschool nicht mehr gesehen. Damals hatte sie Sundown so eilig verlassen, als wäre der Teufel hinter ihr her gewesen. Aber diese großen braunen Augen und ihre kurze braune Lockenmähne hätte er jederzeit wiedererkannt.

Und seine Reaktion auf diese Frau erkannte er ebenfalls wieder. Wie früher stockte ihm der Atem, und er bekam Herzklopfen. Okay. Das letzte Mal, als er sie gesehen hatte, war sie noch ein junges Mädchen gewesen. Das hatte seinen Gefühlen für sie aber keinen Abbruch getan. Sie hatte nie etwas davon gewusst. Denn er war zu stolz gewesen, um ihr seine Gefühle zu gestehen. Aber er hatte immer nur Augen für Shallie Malone gehabt, bis sie ganz plötzlich verschwunden gewesen war.

Er bahnte sich den Weg zur Beifahrerseite, watete durch den hohen Schnee und riss mit breitem Grinsen die Beifahrertür auf. Shallie war zurück – und wenn sie nicht verheiratet, verlobt oder anderweitig vergeben war, würde sie ihm dieses Mal nicht durch die Lappen gehen. „Shallie, Süße. Was für ein Anblick für meine müden Augen.“

Sie war ein hübsches Mädchen gewesen, und jetzt war sie eine schöne Frau. Doch sein Lächeln verschwand, als er ihr forschend ins Gesicht sah und den Schmerz in ihren Augen registrierte. „Oh, verdammt!“ Ihm wurde das Herz schwer vor Sorge. „Du bist verletzt.“

Shallie lächelte ihn tapfer an. „Wie das Leben so spielt, Mac. Ich bin fast dreieinhalbtausend Kilometer quer durchs Land gereist, ohne auch nur einen Kratzer abzubekommen. Und dann kommst du und brichst mir anderthalb Kilometer von zu Hause entfernt das Handgelenk.“

2. KAPITEL

„Mac, du unverbesserlicher Pessimist, du kannst jetzt aufhören, dir solche Sorgen zu machen“, versicherte Shallie, als sie drei Stunden später aus der Notaufnahme des Krankenhauses kam. „Mir geht es gut. Es ist kaum mehr als eine Verstauchung.“

Er atmete erleichtert auf, erhob sich von dem harten Stuhl im Wartezimmer und eilte zu ihr. Sie war blass und wirkte erschöpft und müde. Unter ihren braunen Augen lagen dunkle Schatten. Ihr linker Arm wurde von einer Schlinge gehalten, und ihr Handgelenk steckte in einer Gipsschiene. Das ist allein meine Schuld, dachte er. „Wenn es nur eine Verstauchung ist, warum dann der Gipsverband?“

Sie zuckte die Achseln, als wäre die Angelegenheit kaum der Rede wert. „Okay“, räumte sie schließlich ein, „es könnte ein Haarriss sein.“

„Dann ist es also doch nicht ganz so harmlos.“ Er hatte Gewissensbisse, sosehr sie auch versuchte, die Verletzung herunterzuspielen.

Obwohl Shallie anzusehen war, dass sie Schmerzen hatte, brachte sie ein Lächeln zustande. „Nun, wenn du etwas tust, dann machst du es richtig.“

„Verdammt, Süße.“ Mac legte ihr den Arm um die Schultern und hätte sie am liebsten ganz fest umarmt, um ihre Schmerzen zu lindern. Stattdessen küsste er sie sanft auf den Kopf. Er machte sich Vorwürfe, fühlte sich verantwortlich und wollte sie beschützen. „Es tut mir so unendlich leid.“

„Stopp.“ Mit ihrem gesunden Arm drückte sie ihn kurz und löste sich dann von ihm. „Mir geht’s gut. Hör auf damit, dir deshalb Gedanken zu machen.“

Doch er fand, dass er es verdient hätte, in Stücke geteilt zu werden, weil er sie in eine derartige Klemme gebracht hatte. Nachdem er entdeckt hatte, dass sie verletzt war, hatte er sie in seinen Transporter verfrachtet und sich vergewissert, dass Bob Coleman in Ordnung war und seine Fahrt fortsetzen konnte. Dann hatte er Shallie sofort nach Bozeman ins Krankenhaus gebracht.

Die ganze Fahrt über hatte sie versucht, ihre Verletzung herunterzuspielen. „Ich brauche keinen Arzt. Ich habe doch nur einen Witz gemacht, als ich behauptet habe, das Handgelenk sei gebrochen. Es ist nur ein bisschen lädiert. Höchstens ein Haarriss.“

Mac vermutete, dass sie die Verletzung bewusst herunterspielte, denn sie hatte das Handgelenk ganz vorsichtig mit der anderen Hand abgestützt. Und er hätte alles darum gegeben, nicht recht zu behalten.

„Haben sie dir etwas gegen die Schmerzen verschrieben?“ Er nahm Shallies Jacke von der Stuhllehne.

„Mit etwas Paracetamol wird es mir wieder gut gehen.“

„Du brauchst ein sehr viel stärkeres Schmerzmittel“, beharrte er und half ihr, mit dem intakten Arm in den rechten Ärmel ihrer Jacke zu schlüpfen. Vorsichtig legte er die Jacke um ihre Schultern und kämpfte gegen den Drang an, Shallie an sich zu ziehen. „Was ist denn mit dem Arzt los?“

„Ich wollte kein Rezept haben, okay?“ Sie warf ihm über die Schulter einen kurzen Blick zu und sah dann weg. Anscheinend hatte sie ihm noch etwas sagen wollen, hatte es sich jedoch im letzten Moment anders überlegt.

Mac realisierte plötzlich, dass Shallie ihm überhaupt noch nicht viel über sich erzählt hatte, seitdem sie sich wiedergesehen hatten. Dass sie nicht krankenversichert war, hatte er erst mitbekommen, als sie am Schalter der Notaufnahme darüber Auskunft geben musste. Schließlich ging ihm ein Licht auf. Wahrscheinlich war das der Grund dafür, warum sie sich kein Schmerzmittel hatte verschreiben lassen. Vielleicht konnte sie es sich nicht leisten. „Sieh mal, Naschkatze“, sagte er und benutzte ihren alten Spitznamen, den sie wegen ihrer ausgeprägten Liebe zu Schokolade erhalten hatte. Er zog sein Jackett an. „Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich für alle Kosten aufkomme, da ich für deine Verletzung verantwortlich bin. Außerdem wird ohnehin meine Versicherung für den entstandenen Schaden aufkommen. Also muss ich nicht einmal etwas aus eigener Tasche bezahlen. Deshalb lass uns jetzt noch einmal über das Rezept reden, ja?“

Aber sie war schon auf dem Weg zur Tür.

Mit einem aufgebrachten Seufzer folgte er ihr. „Immer noch derselbe Dickkopf“, beschwerte er sich. Das war eine der Eigenschaften, die er schon früher an ihr geliebt hatte. Sie war stur, stark und hatte sich durchgebissen, trotz ihrer schwierigen Kindheit und Jugend. Sie war ein dickköpfiges Mädchen gewesen und war inzwischen zu einer ebenso dickköpfigen Frau geworden. Noch dazu zu einer sehr schönen. Sie hatte für alle anderen Frauen, die ihm seither begegnet waren, Maßstäbe gesetzt. Und keine hatte mit ihr mithalten können.

„Okay“, gab er nach, als er sie an der Drehtür einholte. „Ich lasse dir deinen Willen – zumindest vorerst. Aber wenn ich nur das leiseste Stöhnen höre oder sehe, dass du unter den Schmerzen leidest, werden wir noch einmal miteinander reden müssen.“

„Ja, lass uns reden“, schlug Shallie vor, als sie nebeneinander zu seinem Transporter gingen. „Wie geht’s dir denn so, Mac?“

Mac umfasste ihren rechten Ellbogen, als sie vorsichtig den verschneiten Parkplatz überquerten. Er sagte sich, dass er das nur tat, um ihr Halt zu geben, nicht weil er sie einfach berühren musste. „Ich bin hungrig, so geht’s mir“, antwortete er und hoffte, dass sie nicht bemerkte, wie sehr sie auf ihn wirkte. Es schneite wieder stärker, als sie den Transporter erreichten. „Wie wäre es, wenn wir uns bei einem guten Essen unterhalten?“ Auf diese Weise würde er länger mit ihr zusammen sein können.

„Einverstanden“, sagte Shallie, als er ihr beim Einsteigen half. „Solange es sich nicht um italienisches Essen handelt.“

Er starrte sie an, als hätte ihn der Schlag getroffen.

Sie lachte, machte mit Daumen und Zeigefinger eine Geste, als hätte sie eine Waffe in der Hand und würde auf ihn schießen. „Volltreffer.“

Mac grinste, als er ihr die Beifahrertür zumachte, um den Transporter herumging und sich hinter das Steuer setzte. „Ha, ha. Gar keine schlechte Vorstellung, dass ich mir mit meinem Restaurant im ganzen Land einen Namen gemacht habe.“ Genauso schön hätte er es gefunden, wenn sie sich in den vergangenen Jahren über ihn auf dem Laufenden gehalten hätte und deshalb von seinem Restaurant wusste. Aber das war wohl Selbstüberschätzung und reines Wunschdenken.

„Wenn du dich gut dabei fühlst, dann denk das ruhig.“

Gut fühlen würde er sich, wenn er Shallie in dieser kalten Winternacht in seinen Armen halten könnte. Aber das war einfach verrückt. Also setzte Mac sein altes lausbübisches Grinsen auf, anstatt ihr vorzuschlagen, sie solle ihm um den Hals fallen. „Ich denke, dass Bob Coleman wie gewöhnlich ziemlich redselig war.“

„Dem würde wohl niemand widersprechen“, meinte sie mit einem matten Lächeln.

Sie ist völlig erschöpft, dachte Mac, als er die Heizung aufdrehte und losfuhr. Und dennoch war sie schön und setzte ihn total unter Strom.

Er konnte es immer noch nicht glauben, dass sie wieder hier war. Welche glückliche Fügung hatte sie bloß dazu veranlasst, nach gut neun Jahren nach Sundown zurückzukehren? Er würde es bestimmt bald herausfinden. In der Zwischenzeit kümmerte es ihn nicht wirklich, welcher Umstand sie in sein Leben zurückgebracht hatte. Oder warum sie damals weggegangen war und er niemals wieder etwas von ihr gehört hatte. Er war einfach verdammt froh, dass sie da war. Er hatte nie aufgehört, an sie zu denken – was in Anbetracht der Tatsache, dass er ihr in den vergangenen Jahren wahrscheinlich nur ab und zu in den Sinn gekommen war, ziemlich dumm war. Aber dennoch war er wahnsinnig glücklich darüber, dass sie hier war.

„Ich muss aufhören, auch wenn ich es nicht will.“ Shallie schob ihren Teller mit Spaghetti Carbonara zur Seite. Sie war so satt, dass sie keinen Bissen mehr herunterbrachte. „Meine Güte, Mac, das Essen ist erstaunlich.“

„Du meinst erstaunlich gut, oder?“

Macs blaue Augen blitzten in seinem vertrauten, gut geschnittenen Gesicht, das immer noch einen leicht goldenen Schimmer von der Sommersonne hatte. Sie hatte vergessen, wie blau seine Augen waren. So blau wie der Himmel über Montana. Und er hatte immer noch diesen ein wenig übermütigen Ausdruck in den Augen. Es waren die Augen eines Freundes.

Es tat ihr so gut, ihn zu sehen, auch wenn Shallie ihm das nie so offen sagen würde. Auf diese Weise hatte ihre Beziehung noch nie funktioniert. Denn schon als Mädchen hatte sie insgeheim gewusst, dass er es gern gesehen hätte, wenn aus ihrer Freundschaft mehr geworden wäre. Und das war sehr verführerisch gewesen. Aber sosehr sie auch in Versuchung gewesen war – und auch jetzt in Versuchung geraten könnte –, hatte sie keine Beziehung gebraucht, sondern einen Freund. Genauso wie sie jetzt einen Freund brauchte. Sie konnte es sich einfach nicht leisten, die Freundschaft zwischen ihnen aufs Spiel zu setzen. Das würde sie sich nie verzeihen.

Außerdem wäre es ihr damals sehr leicht gefallen, sich in Mac zu verlieben. Und wenn sie ihn so ansah, würde es ihr heute immer noch sehr leicht fallen. So leicht, dass sie misstrauisch wurde. Denn sie hatte es in ihrem Leben noch nie leicht gehabt – insbesondere was Männer anging. Als es ihr damals so einfach erschienen war, ihren romantischen Gefühlen nachzugeben und sich bis über beide Ohren in Brad McDonald zu verlieben, hatte sie Sundown verlassen. Durch ihre Gefühle in Angst und Schrecken versetzt, war sie weggelaufen. Es wäre nicht gut ausgegangen, und das hätte sie nicht ertragen können. Und wenn es um Mac ging, konnte sie das auch heute nicht ertragen. Das war der Grund gewesen, warum sie den Kontakt zu ihm abgebrochen hatte. Sie hatte einen klaren Schlussstrich ziehen müssen.

„Ja, ich meinte erstaunlich gut“, antwortete Shallie bereitwillig und griff dann ihre vertraute Gewohnheit auf, sich gegenseitig ein wenig zu necken. „Einige Dinge ändern sich wohl nie. Du bist immer noch auf Komplimente aus.“

„Was kann ich sagen? Ich habe nun mal ein großes Ego, das gestreichelt werden muss.“

Das war nicht wahr. Eher war es überraschend, dass er es nicht hatte. Mac hatte sich selbst – oder sein Aussehen – nie wichtig genommen, obwohl er immer der attraktivste, sportlichste, klügste, männlichste und begehrteste Junge der Schule gewesen war. Nicht von ihr natürlich. Denn sie war stets sehr darauf bedacht gewesen, ihn wie einen Bruder zu behandeln. Dass ich jetzt hier mit Mac an einem Tisch in einer ruhigen Ecke in seinem Restaurant „Spaghetti Western“ sitze, wäre schon Grund genug gewesen zurückzukommen, dachte Shallie. Sie hatte zunehmend das Gefühl, dass es trotz der Umstände, die sie zu ihrer Rückkehr nach Sundown veranlasst hatten, die richtige Entscheidung gewesen war.

Mac war ihr bester Freund, und sie war inzwischen reif genug, nichts anderes in ihm zu sehen. Er war eine der wenigen Konstanten in ihrer wenig schönen Kindheit und Jugend gewesen und hatte sie über so manches hinweggetröstet. In diesem Moment wirkte er so wohltuend auf sie wie eine warme Decke in dieser kalten Winternacht Ende Dezember. Gefühle für ihn zu haben, die über diese wohltuende Sicherheit und Vertrautheit hinausgingen, konnte sie sich nicht leisten.

„Mann, tut das gut, dich zu sehen“, sagte Mac und schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, dass sie tatsächlich hier war. „Also, was hat dich zurück nach Sundown gebracht, Schönheit?“

Eine nahe liegende Frage. Ihr Herzklopfen war jedoch keine passende Antwort darauf. Auch wenn er ein guter Freund war, war sie noch nicht bereit, diese Information preiszugeben. Sowohl Scham als auch Schuldgefühle hielten Shallie davon ab, ihm von dem Baby zu erzählen. Zumindest im Augenblick. „Ich hatte einfach Sehnsucht, wieder einmal die verschneiten Berge zu sehen“, meinte sie ausweichend. Sie sah weg, als sie in seinen Augen lesen konnte, dass er ihr diese Erklärung nicht ganz abnahm. Mac hatte sie schon immer ein bisschen zu gut gekannt. Aber er hakte nicht nach, wofür sie ihm dankbar war.

„Und um dich zu sehen natürlich“, fügte sie hinzu und erkannte plötzlich, wie sehr das der Wahrheit entsprach. Sie hatte ihn wirklich vermisst. Als Freund vermisst, und sie fühlte sich plötzlich ganz schlecht, weil sie all die Jahre nie den Kontakt zu ihm gesucht hatte. „Es tut mir leid, dass ich mich nie bei dir gemeldet habe.“

Mac zuckte lässig mit den Achseln, als ob ihm das nichts ausgemacht hätte. Aber sie spürte, dass er damit nur kaschierte, wie verletzt er war. „Daran sind ja immer zwei beteiligt. Also bin ich genauso schuld. Das ist Männersache“, fügte er mit einem Grinsen hinzu.

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