Das sinnliche Spiel des italienischen Millionärs

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Sein dreißigster Geburtstag steht kurz bevor – und seine Freunde bestehen darauf, dass Selfmade-Millionär Gio Giordano angemessen feiert! Da kommt das Angebot der jungen Event-Planerin Luna Vecchioni wie gerufen. Denn plötzlich hat Gio eine geniale, wenn auch düstere Idee: Luna ist die Tochter seines Erzrivalen. Könnte er nicht durch sie an brisante Informationen kommen, um sich an ihm zu rächen? Der stolze Italiener engagiert die aparte Schönheit, die Party zu organisieren. Aber er hat die Rechnung nicht mit dem Gefühl gemacht, das man Liebe nennt …


  • Erscheinungstag 21.02.2023
  • Bandnummer 042023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751518369
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was soll das heißen, er ist an keinem Treffen interessiert?“ Gio kniff die Augen zusammen, während er mit der rechten Hand sein Handy so fest umklammerte, dass es drohte, ernsthaften Schaden zu nehmen. „Dannazione a tutto, ich bin nicht irgendwer! Ich bin …“

„Ich weiß, wer Sie sind, Signor“, erklang zum wiederholten Mal die weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung. Bemüht ruhig und sachlich konnte Adriano Vecchionis Sekretärin doch nicht verbergen, dass sie inzwischen genervt von ihm war. „Sie sind Giovanni Giordano und …“

„Signor Vecchionis Geschäftspartner“, fiel Gio ihr ins Wort. „Sein enger Geschäftspartner“, fügte er mit deutlich schärferer Stimme hinzu.

„Es tut mir leid, Signor, aber ich kann da nichts machen. Mein Boss ist derzeit … nicht zu sprechen für Sie. Soll ich vielleicht eine Nachricht …“

Doch ehe sie die Frage zu Ende stellen konnte, beendete Gio mit einem lauten italienischen Fluch das Gespräch und kehrte auf die Terrasse zurück, wo sein alter Freund Marios auf ihn wartete.

Seufzend stützte er sich einen Moment mit beiden Händen an die Balustrade und ließ den Blick über den Hafen von Sorrent schweifen. Blitzendes grünblaues Meer, in dem sich die strahlende Sonne spiegelte, exklusive Jachten, die zwischen einfachen Fischerbooten im Wasser schaukelten, eingebettet in hübsche pastellfarbene Häuser am Hafenrand. Dahinter üppig begrünte Hänge und schroffe Felsen.

Auf einem dieser Felsen thronte Gios Villa. Ein Ort der Ruhe, zweifellos. Und damit der genaue Gegensatz zu seinem Geburtsort, wo er noch immer seinen Hauptwohnsitz hatte, genau wie seine Eltern.

Neapel.

Gio gäbe einiges darum, nie wieder dorthin zurückkehren zu müssen. Allein schon die Nähe zu seinen Eltern war ihm ein Dorn im Auge. Dummerweise blieb ihm keine Wahl, denn nicht nur seine Eltern lebten nach wie vor in Neapel, auch der Sitz der Firma, für die er seit Kurzem als CEO tätig war, lag dort.

Er hatte seine Ferienvilla in Sorrent gekauft, um hier zumindest ab und zu herzukommen und sich zu entspannen. Immerhin lag der Ort nur knapp eine Stunde von Neapel entfernt und war damit eigentlich ideal als Refugium geeignet. Doch er hätte wissen müssen, dass es für so etwas wie Ruhe und Erholung in seinem Leben keinen Platz gab. Die wenigen Male, die er hier gewesen war, hatte er seine Aufenthalte mit geschäftlichen Meetings verbunden. Mit Erholung hatte das nichts zu tun. An diesem Wochenende war allerdings kein Geschäftspartner, sondern sein alter Freund Marios zu Besuch.

Die Nummer zwei des früheren Dreiergespanns war erst vor einigen Wochen nach langer Funkstille wieder in sein Leben geplatzt. Leider konnte von einem entspannen Treffen unter alten Freunden aber nicht die Rede sein. Dazu hatte Gio im Moment einfach zu viele Probleme.

Probleme, für die einzig und allein ein Mann verantwortlich war.

Adriano Vecchioni …

Sobald der erste Zorn verraucht war, tat Gio sein aufbrausende Verhalten am Handy auch schon wieder leid. Vecchionis Sekretärin war nun wirklich die Letzte, die etwas für ihren unfähigen Boss konnte. Das wusste Gio natürlich, doch was sollte er machen? Er war nun mal Italiener durch und durch – und es brauchte allgemein nicht allzu viel, bis sein Temperament mit ihm durchging. Und bei Vecchionis Unverfrorenheit war das absolut kein Wunder. Was bildete dieser Kerl sich ein? Der Deal war schon so gut wie in trockenen Tüchern gewesen, und nun …

„Ärger?“, erklang Marios’ Stimme hinter ihm.

Gio seufzte. „Ein Geschäftspartner, der plötzlich Probleme macht und nicht mehr für mich zu sprechen ist – obwohl der Deal, den ich mit seinem Vorgänger vorbereitet habe, praktisch schon unterschriftsreif war.“ Mit einem weiteren Seufzen fuhr er sich mit einer Hand durchs kurze schwarze Haar, atmete tief durch und drehte sich schließlich um. „Tut mir leid“, erklärte er, während er zu Marios an den Tisch trat und sich ihm gegenüber hinsetzte. „Ich weiß, ich bin gerade kein guter Gastgeber. Sicher hast du dir unser erstes Treffen nach all den Jahren anders vorgestellt.“

Marios machte eine abwinkende Handbewegung. „Nicht doch“, sagte er und deutete mit demselben verschmitzten Grinsen, das schon früher so typisch für ihn gewesen war, auf den gedeckten Tisch. „Der Wein ist exzellent, die Antipasti sind vorzüglich, die Aussicht könnte nicht atemberaubender sein. Was will ich mehr? Gut, ein bisschen weibliche Gesellschaft … nur zum kurzen Vergnügen, natürlich. Du weißt ja, an mehr bin ich nicht interessiert. Das hat sich bis heute nicht geändert.“

„Damit haben wir etwas gemeinsam“, erwiderte Gio. „Wie sich Menschen auf so etwas wie Beziehungen einlassen können, werde ich nie verstehen.“

Unwillkürlich wanderten seine Gedanken wieder zu seinen Eltern. Sie waren der wichtigste Grund für seine Einstellung zur Ehe.

„Aber ein bisschen Spaß ist schließlich nie verkehrt. Und wo könnte man den besser haben als auf einer Party.“

„Party?“ Gio griff zu seinem Glas und trank einen Schluck Wein. „Was für eine Party?“

„Na, deine Geburtstagsparty!“

„Meine … was?“ Gio verschluckte sich fast.

„Deine Geburtstagsparty.“ Marios sah ihn ungläubig an. „Du wirst doch wohl deinen Dreißigsten gebührend feiern wollen!“

„Ich hasse Geburtstage, besonders meine eigenen, und feiere sie grundsätzlich nie. Auch diesen nicht. Dreißig hin oder her. Außerdem …“

Marios kniff die Augen zusammen. „Außerdem?“ Ein wissender Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. „Du denkst an Rafael.“

Gio nickte. Rafael, der Dritte in ihrem Bunde, war seit einigen Monaten spurlos verschwunden und galt offiziell als vermisst. Das hatte Gio jedoch erst erfahren, als er vor Kurzem zum ersten Mal seit langer Zeit wieder mit Marios telefonierte.

Kaum zu glauben, dass sie früher einmal praktisch unzertrennlich gewesen waren. Die besten Freunde, die sich immer bedingungslos aufeinander verlassen konnten. Dabei stammten sie aus Welten, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnten. Gio selbst, dessen Familie schon immer von der Hand in den Mund gelebt hatte, Marios, der eigentlich aus gutem Hause stammte, dessen Eltern aber alles verloren hatten, und Rafael, dessen Vater einer der größten Gönner der Kingsbrook Academy war.

Als Stipendiaten hatten Gio und Marios es nicht immer leicht gehabt, gab es doch eine Gruppe von Mitschülern, die sie und alle anderen, deren Familien das teure Schulgeld nicht aus eigener Kraft aufbringen konnten, als Schmarotzer betrachteten. Ihre Freundschaft mit Rafael hatte sie mehr als nur einmal vor gemeinen Attacken geschützt. Denn niemand – nicht einmal Marios’ verhasster Cousin Stavros – hatte sich mit ihm anlegen wollen.

Doch nicht jeder hatte so viel Glück gehabt.

Ein Junge – Steve – war aus irgendeinem Grund ganz besonders zur Zielscheibe für Spott und kleine Grausamkeiten geworden. Vielleicht lag es daran, dass er nicht nur einer der Stipendiaten war, sondern außerdem ein wenig schüchtern, unsportlich und linkisch. Anfangs waren es nur kleine Dinge gewesen. Papierbällchen, die während des Unterrichts in seine Richtung geschossen wurden, Kaugummis unter seinem Tisch. Doch es wurde immer schlimmer und schlimmer, und die Lehrer unternahmen nichts und taten einfach so, als würden sie nichts mitbekommen.

Steve hatte einmal versucht, sich an den Vertrauenslehrer zu wenden, doch der hatte das Ganze als dumme Jungenstreiche abgetan und Steve geraten, sich ein dickeres Fell zuzulegen.

Gio, Marios und Rafael hatten ihr Möglichstes getan, um ihm zu helfen, doch sie konnten nicht immer auf ihn aufpassen. Und Stavros und seine Spießgesellen waren unerbittlich gewesen und hatten jede sich bietende Gelegenheit genutzt.

Am Ende war es so schlimm gewesen, dass sich Steve kaum noch aus seinem Zimmer getraut hatte. Und dann, eines Tages, war er einfach fort gewesen. Spurlos verschwunden.

Die eilig zusammengetrommelte Suchmannschaft hatte ihn ebenso wenig finden können wie die Polizei. Es wurden Vermutungen angestellt, dass er dem Leistungsdruck einfach nicht mehr länger hatte standhalten können. Doch daran hatten Gio und seine Freunde nicht eine Sekunde geglaubt.

„Erinnerst du dich noch an unseren Schwur?“, riss Marios ihn aus seinen trüben Gedanken.

„Du denn?“

Erneut wanderten seine Gedanken fast fünfzehn Jahre zurück. Zu jenem heißen Sommertag in Massachusetts, an dem Steve verschwand und sie sich am Ufer des kleinen Sees, der zum Internat gehörte, das Versprechen gaben, immer füreinander da zu sein und sich von nichts und niemandem davon abhalten zu lassen, ihr Leben in vollen Zügen zu genießen.

„Wie es aussieht, musste erst etwas passieren, damit wir uns wieder daran erinnern“, murmelte Gio.

„Glaubst du, Rafael ist etwas zugestoßen? Er ist nicht der Typ, der einfach so abtaucht. Und laut meiner Quellen hätte er dazu auch gar keinen Grund gehabt. Er war sehr erfolgreich, hatte keine dunklen Flecken auf seiner Weste … Stell dir vor, er hat wohl sogar einen Privatermittler engagiert, weil er unbedingt herausfinden wollte, was aus Steve geworden ist. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er da in irgendetwas hineingeraten ist. Und ich frage mich, ob er unsere Hilfe gebraucht hätte.“ Marios schüttelte frustriert den Kopf. „Denkst du, wir hätten es verhindern können?“

Auf die erste Frage hatte Gio keine Antwort. Und auf die zweite … „Wir haben uns versprochen, füreinander da zu sein. Immer.“

Marios hob die Hände und lehnte sich zurück. „Du weißt doch, wie das mit solchen Versprechen ist. Wenn man sie gibt, ist man fest entschlossen, sie zu halten, komme, was da wolle. Dann vergeht die Zeit, die Wege trennen sich, man wird älter, verändert sich, jeder lebt sein Leben.“ Er sah Gio ernst an. „Versteh mich nicht falsch, ich mache mir große Sorgen um Rafael, und ich wünschte wirklich, wir könnten irgendetwas unternehmen. Ich spiele mit dem Gedanken, ebenfalls Ermittler zu beauftragen – allerdings nicht, um nach Steve zu suchen, sondern nach Rafael.“

„Glaubst du denn, das bringt etwas?“ Gio war skeptisch. „Wenn er nicht gefunden werden will, dann wird man ihn nicht finden, davon bin ich überzeugt.“

„Aber was, wenn er in Schwierigkeiten steckt. Wenn er … wenn er nicht tot ist, wie gemunkelt wird.“ Marios zuckte mit den Schultern. „Ich fühle mich schlecht, so, als hätte ich ihn im Stich gelassen. Dabei weiß ich, wie unsinnig das ist.“ Er griff zu seinem Glas, trank einen Schluck und fuhr fort: „Wie auch immer … es gibt einen anderen Teil unseres Versprechens, den solltest du endlich mal in Angriff nehmen.“

Gio kniff die Augen zusammen. „Mein Leben genießen? Das tue ich, keine Sorge.“

„Na, komm, das nimmst du dir doch nicht einmal selbst ab. Es sei denn, du bezeichnest Arbeit allen Ernstes als das reinste Vergnügen, und das glaube ich dir nicht, bei dem Ärger, den du zu haben scheinst.“

„Vielleicht solltest du dir das mit der Geburtstagsparty noch einmal überlegen.“

„Kommt nicht infrage“, stellte Gio klar.

„Wirklich nicht?“, fragte Marios mit einem bedeutungsvollen Lächeln. „Also, ich an deiner Stelle …“

„Worauf willst du hinaus? Sag schon!“

„Habe ich es eben richtig verstanden, dass dein Geschäftspartner Vecchioni heißt?“

Gio horchte auf. „Du hast mein Telefonat belauscht?“

„So laut, wie du gesprochen hast, blieb mir gar nichts anderes übrig“, erwiderte Marios gelassen. „Es geht nicht zufällig um Adriano Vecchioni?“

„Doch, genau um den.“

„Wusstest du, dass er eine Tochter hat?“

„Eine Tochter? Kann sein. Das Privatleben meiner Geschäftspartner interessiert mich ehrlich gesagt nicht.“

„Sollte es aber. Zumindest in diesem Fall.“

„Tatsächlich?“

„Allerdings. Sie ist hübsch.“

„Und?“ Gio lachte. „Was das angeht, mangelt es mir nicht an Auswahl.“

„Das mag sein. Aber in diesem Fall …“

„Ja?“

„Nun, wie der Zufall will, habe ich erst vor ein paar Tagen in den sozialen Netzwerken mitbekommen, dass Luna Vecchioni kürzlich eine Party-Agentur gegründet hat. Die läuft, wie es scheint, schlecht, sodass sie jetzt auf allen Kanälen kräftig die Werbetrommel rührt.“ Marios trank seinen Wein aus und stellte das leere Glas auf dem Tisch ab. „Ich kenne zwar keine Details, aber womöglich könnte dir diese Information von Nutzen sein.“

Mit einem Mal begriff Gio. Er beugte sich vor, nahm die Weinflasche aus dem Kühler und schenkte Marios nach. „Du ahnst gar nicht, wie sehr, alter Freund“, sagte er dabei, während in seinem Kopf ein Plan Gestalt annahm. „Und es wird dich sicher freuen zu hören, dass ich mich gerade entschlossen habe, meinen Dreißigsten mit einer rauschenden Party zu feiern …“

Luna hasste Autofahren. Sie hatte die Fahrprüfung mit Ach und Krach beim dritten Anlauf bestanden, und das auch nur, weil sie die Sticheleien ihres Vaters über ihre angebliche Unfähigkeit leid gewesen war. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie sich gern hinters Steuer setzte.

Kein bisschen.

Aber sie konnte sich diese Chance, ihre kleine, gerade einmal etwas mehr als ein halbes Jahr alte Party-Agentur doch noch auf den richtigen Weg zu bringen, einfach nicht entgehen lassen. Weswegen sie sich jetzt nach über einer Stunde Fahrt in dem winzigen Fiat Uno ihrer Freundin Sabrina durch die Straßen von Sorrent kämpfte.

Wobei von Straßen im Grunde gar nicht die Rede sein konnte. Selbst das Wort Gassen erschien ihr beinahe übertrieben, so eng und gewunden, wie die schmalen Sträßchen waren. Mehr als einmal fürchtete sie, jeden Moment den Seitenspiegel an einer Häuserwand abzufahren.

Aber bisher hatte sie Glück gehabt. Doch sie glaubte nicht, dass es noch lange anhielt. Nicht bei der Pechsträhne, die sie nun schon eine Weile durchmachte.

Und wie der Teufel es wollte, hatte sie den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als sie auch schon das kreischende Geräusch von Metall über Stein hörte, bei dem ihr unwillkürlich ein Schauer über den Rücken lief.

Maledizione!

Sie biss die Zähne zusammen und fuhr weiter zwischen den Häusern mit den farbenfrohen Fassaden entlang. Als die Gasse endlich etwas breiter wurde, atmete sie erleichtert auf. Jetzt konnte es nicht mehr allzu weit sein. Das Haus ihres potenziellen Kunden lag auf einem der Felsen oberhalb des Hafens.

Langsam kroch der Fiat die steil ansteigende Straße hinauf, vorbei an Olivenbäumen und Kastanien, bis sie eine asphaltierte Zufahrt erreichte, die vor einem schmiedeeisernen Tor endete.

Luna stieg aus und sah sich um, konnte aber nirgends eine Klingel entdecken. Dafür gab es eine Kamera, in die sie jetzt hinaufblickte und verhalten grüßte. Kurz darauf öffneten sich die beiden Türflügel mit einem elektrischen Summen, und sie beeilte sich, wieder hinter dem Steuer Platz zu nehmen.

Sie brauchte zwei Anläufe, um den Motor anzulassen, dann fuhr sie los und atmete scharf ein, als sie hinter der ersten Wegbiegung das Haus erblickte.

Luna konnte sich nicht erinnern, jemals etwas Schöneres gesehen zu haben. Es war tatsächlich direkt in den Hang gebaut und erstreckte sich über drei Stockwerke. In der ersten Etage zog sich eine Terrasse um das gesamte Gebäude, im Erdgeschoss glitzerte ein Pool im Sonnenschein. Die Fassade erstrahlte in einem leuchtenden Kanariengelb, das Geländer der Terrasse, die Fensterrahmen und Türen dagegen waren weiß abgesetzt.

Ein bezaubernder Garten umgab das Haus, in dem es in allen Farben des Regenbogens grünte und blühte. Pinkfarbene Bougainvilleen ergossen sich wie ein Wasserfall über eine Natursteinmauer, und im Schatten eines Zitronenbaums plätscherte ein kleiner Springbrunnen.

Obwohl sie in einer ähnlich luxuriösen Umgebung aufgewachsen war, fühlte sie sich beeindruckt, beinahe ein wenig eingeschüchtert. Wer hier wohnte, hatte Geld. Viel Geld.

Natürlich hat er Geld! Das ist doch der Sinn der Sache, oder nicht? Du brauchst einen lukrativen Auftrag, und den kann dir jemand vom Kaliber eines Giovanni Giordano bieten. Also sei nicht albern, reiß dich zusammen und bring die Sache hinter dich.

Sie stellte ihren Wagen am Ende der Zufahrt neben einem protzigen roten Ferrari ab, atmete tief durch, zog den Schlüssel des Fiats ab und stieg aus. Nervös strich sie ihren hellgrauen Bleistiftrock glatt und überzeugte sich davon, dass ihre Bluse korrekt saß, bevor sie die drei Stufen zur Haustür hinaufstieg.

Sie war froh, dass sie ihr dunkles Haar am Hinterkopf zu einem Knoten zusammengefasst hatte, denn es war selbst für das hiesige Klima ein brütend heißer Tag, und ihre Stirn und ihr Nacken bedeckte eine dünne Schweißschicht. Was, wie sie sich eingestehen musste, nicht allein an der Hitze lag.

Sie war aufgeregt.

Sehr aufgeregt!

Alles hing davon ab, dass sie diesen Auftrag bekam.

Angefangen hatte es damit, dass sich ein gewisser Marios Samaras mit der Frage an sie gewandt hatte, ob sie noch Kapazitäten für einen größeren Auftrag frei habe. Ein Freund von ihm müsse eine Party in Sorrent ausrichten.

Und ob sie Kapazitäten hatte. Mehr als genug sogar! Das hatte sie natürlich nicht so deutlich gesagt. Ganz gleich, wie schlecht ihr noch junges Unternehmen derzeit lief – unter Wert verkaufen würde sie sich nicht.

Also hatte der Mann ihr die Nummer seines Freundes gegeben. Luna hatte ihn noch am selben Tage angerufen.

Bisher hatte sie lediglich mit Signor Giordanos Assistentin Kontakt gehabt. Sie war sehr freundlich gewesen und hatte diesen Termin mit ihrem Chef zu einem ersten Vorgespräch vereinbart. Was Luna freute, aber leider noch längst nichts heißen musste. Es gab in der Region mehr als ein Dutzend kleiner bis mittelgroßer Event-Agenturen. Vermutlich holte Giovanni Giordano sich nicht nur von ihr ein Angebot ein. Sicher war sie für ihn nur eine von vielen. Was bedeutete, dass ihr Konzept ihn absolut begeistern musste. Sosehr, dass er gar nicht anders konnte, als ihr den Zuschlag zu geben.

Sie straffte die Schultern, hob die Hand und klopfte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis geöffnet wurde, und dann starrte Luna einen Moment lang einfach nur stumm den Mann an, der vor ihr stand.

Oh, dio mio!

Er war groß, überragte sie um gut anderthalb Köpfe, trug sein dunkles Haar in einem ordentlichen Kurzhaarschnitt und war äußerst gut gebaut. Was sich so genau sagen ließ, weil er lediglich in eine knappe Badehose bekleidet vor ihr stand. Dunkle glatte Haut, die sich über stahlharte Muskeln spannte … Ein Bizeps, für den vermutlich nicht wenige Männer morden würden. Ein Oberkörper, der dazu einlud, den Kopf an ihn zu lehnen und … Himmel, was sich unter der Badehose verbarg, war trotz des Stoffes unzweifelhaft zu erkennen.

Luna spürte, wie eine Hitzewelle durch ihren Körper toste. Ihre Wangen brannten, ihr Herz flatterte.

„… reinkommen, oder planen Sie, vor meiner Haustür Wurzeln zu schlagen?“

Sie blinzelte irritiert – und begriff, dass sie ihn vermutlich schon seit einer ganzen Weile unverwandt angaffte.

Hastig senkte sie den Blick. „Ich … Mein Name ist Luna Vecchioni. Ich … Entschuldigung, aber ich dachte … Haben wir nicht einen Termin?“

„Allerdings“, entgegnete er und trat zur Seite. „Und ich habe meine Zeit nicht gestohlen. Also kommen Sie jetzt herein, oder soll ich mir eine andere Agentur für die Organisation meiner Geburtstagsfeier suchen?“

„Nein, nein, natürlich nicht“, beeilte sie sich zu sagen. „Es ist nur, ich …“

„Ja?“

„Na ja, ich wollte Sie natürlich nicht beim Schwimmen stören …“

Er winkte ab. „Mein Fehler. Ich hatte eine anstrengende Telefonkonferenz und glaubte, anschließend noch ausreichend Zeit für ein paar Bahnen zu haben. Darüber habe ich wohl die Zeit vergessen.“ Er reichte ihr die Hand. „Gio Giordano.“

Sie zögerte kurz, dann ergriff sie die ihr dargebotene, noch leicht nasse Hand. Die Berührung sandte eine weitere Hitzewelle durch ihren Körper. „Es freut mich, Sie kennenzulernen, Signor G…“

„Bitte, Luna …“, unterbrach er sie mit einem auffordernden Nicken. „Sagen Sie Gio zu mir.“

„Gern“, erwiderte sie und bemühte sich, den Blick auf sein Gesicht zu richten und ihn nicht noch einmal tiefer wandern zu lassen. Wobei die Wirkung, die ein Blick in seine Augen hatte, nicht minder verheerend war.

„Folgen Sie mir bitte, Luna.“ Er trat ein Stück zur Seite und gab somit die Tür frei. Luna ging an ihm vorbei und blieb stehen, um auf ihn zu warten, damit er vorgehen konnte.

Der Anblick seines sexy Hinterns in dieser unverschämt knappen Badehose ließ sie um ein Haar verzückt aufstöhnen. Gerade noch rechtzeitig riss sie sich zusammen und ermahnte sich zur Professionalität.

In der Empfangshalle war es angenehm kühl. Der Marmorfußboden glänzte, die Bilder an den hellen Wänden zeigten Landschaftsszenen aus der Umgebung. Zeit, sich näher umzusehen, blieb Luna jedoch nicht, denn Gio legte ein ordentliches Tempo vor, sodass sie die Halle kurz darauf schon wieder durch einen Hinterausgang verließen und auf einer weiträumigen Terrasse standen. Unter einem großen Sonnenschirm stand eine stylishe, aber bequem aussehende Sitzecke.

„Nehmen Sie Platz“, forderte Gio sie auf. Er deutete auf einen Beistelltisch, auf dem eine mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllte Karaffe sowie mehrere Gläser standen. „Eistee?“

„Sehr gern, vielen Dank“, sagte sie leicht befangen. Als sie sich hinsetzte, merkte sie, dass sie sich ein wenig zittrig fühlte. Was sich noch verstärkte, als ihr Blick auf den Pool fiel. Die Vorstellung, dass Gio dort gerade noch seine Bahnen gezogen hatte, erfüllte sie einmal mehr mit einem aufgeregten Kribbeln.

Nimm dich zusammen, Luna, ermahnte sie sich. Was war bloß mit ihr los? Gio Giordano war nun wirklich nicht der erste attraktive Mann, dem sie begegnete, und sie hatte auch zuvor schon Männer in Badehose gesehen. Sie durfte sich jetzt wirklich nicht von ein bisschen nackter Haut und ein paar Muskeln aus dem Konzept bringen lassen!

Zum Glück reichte er ihr in diesem Moment ein Glas Eistee. Dankbar nahm sie es entgegen, setzte es sofort an die Lippen und trank es – wie eine Verdurstende – in einem Zug leer. Gott, wie gut das tat!

Als sie das leere Glas auf dem Tisch abstellte, fiel ihr auf, dass Gio inzwischen auf dem Platz ihr gegenüber saß und sie amüsiert anlächelte.

„Da hatte aber jemand Durst“, kommentierte er leicht spöttisch und deutete auf die Karaffe. „Schenken Sie sich gern nach.“

Sie schüttelte den Kopf. „Danke, nein. Es war nur die Hitze, wissen Sie?“

„Woher stammen Sie?“, erkundigte er sich. „Ich hätte eigentlich gedacht, dass Sie Hitze gewohnt sind.“

„Ich komme aus Neapel und lebe dort auch heute noch.“ Sie lächelte. „Und ja, natürlich, ich bin Hitze gewohnt.“ Nur deine nicht. „Es ist nur …“

„Ja?“

„Die Fahrt war etwas anstrengend. Ich bin nicht unbedingt eine geübte Autofahrerin, und die Straßen hier sind sehr eng. Das hat für den ein oder anderen kleinen Schweißausbruch gesorgt.“

„Das tut mir leid. Ich hoffe, die Schwierigkeiten waren nicht zu groß?“

Sie winkte ab. „Nicht der Rede wert.“

„Ich lebe übrigens auch hauptsächlich in Neapel.“

„Tatsächlich? Welch ein Zufall. Die Party soll aber hier stattfinden?“ Sie war froh, dass sie nun auf das eigentliche Thema zu sprechen kommen konnten. Das würde sie sicherlich auch von diesem komischen Kribbeln in ihrem Körper und von Gios unwiderstehlichem Körper ablenken. Himmel, konnte er sich nicht wenigstens einen Bademantel überziehen? Das grenzte ja fast schon an sexuelle Belästigung!

Er trank selbst einen Schluck Eistee und nickte anschließend. „Ja, ich halte mich gelegentlich geschäftlich hier auf und halte die Villa auch darum für den idealen Ort, um die Party auszurichten, da ich vorhabe, überwiegend Geschäftspartner einzuladen.“

Autor

Penny Roberts
<p>Hinter Penny Roberts steht eigentlich ein Ehepaar, das eines ganz gewiss gemeinsam hat: die Liebe zum Schreiben. Schon früh hatten beide immer nur Bücher im Kopf, und daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Und auch wenn der Pfad nicht immer ohne Stolpersteine und Hindernisse war – bereut haben...
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