Der Millionär und das Partygirl

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Eigentlich ist Unternehmer Brody Calder undercover in Hollywood, um seinen Konkurrenten Quentin Roo des Betrugs zu überführen. Doch als die aufreizende Kate am Pool von Roos Luxusvilla auftaucht, erwacht eine unbezähmbare Lust in Brody. Vielleicht kann ihm eine Affäre mit Kate Zugang zu Roos innersten Kreisen verschaffen? Aber bald verliert er die Kontrolle und verfällt vollständig ihrer verführerischen Mischung aus Sinnlichkeit und Unschuld. Zu spät entdeckt er, dass auch Kate nicht die ist, die sie zu sein vorgibt …


  • Erscheinungstag 23.01.2018
  • Bandnummer 2012
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720100
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der Geruch von kaltem Zigarettenrauch rief in Kate Dunhern schmerzvolle Erinnerungen hervor, als sie im Eingang des schäbigen Apartments ihrer Mutter in South Central, Los Angeles, stand.

„Schätzchen“, rief ihre Mutter Chloe und umarmte sie.

Chloes Haar war raspelkurz, ihr ärmelloses Top war mit farbigen Pailletten übersät, und der Duft eines billigen Parfüms umgab sie wie eine Wolke. Augenblicklich fühlte Kate sich in ihre Kindheit zurückversetzt.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du kommst“, flötete ihre Mutter und wiegte Kate in ihren Armen.

„Natürlich bin ich gekommen.“ Kate wartete darauf, dass ihre Mutter die Umarmung löste.

„Das war ein schrecklicher Schlag für uns alle.“ Chloe schniefte und ließ Kate endlich los, sodass sie wieder atmen konnte.

„Ich kann nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist.“ Das Bild ihrer Schwester Francie tauchte vor Kates geistigem Auge auf.

Sie sah Francie als Teenager, wie sie grinste, als die beiden sich über einen Becher Eis mit bunten Streuseln hermachten. Eine schöne Erinnerung. Doch dann sah sie, wie Francie schrie, dass sie Chloe hasse, und türknallend aus der Wohnung stürmte.

Nicht, dass Kate es Francie verübelte, dass sie abgehauen war. Chloe war nie eine Kandidatin für die beste Mutter des Jahres gewesen.

Sie hatte ihre Töchter geliebt, wenn sie in der Stimmung dafür war, und sie ignoriert, wenn nicht. Wenn ihre Laune schlecht war, und das war sie fast immer, hatte sie an ihnen herumgemäkelt und ihnen vorgeworfen, dass die beiden ihre Figur ruiniert hätten und sie ans Haus fesselten, wo sie doch lieber mit einem tollen Mann um die Häuser ziehen würde. Chloe war davon überzeugt gewesen, dass es nur an Kate und Francie lag, dass sie noch nicht ihren Traumprinzen gefunden hatte.

Kate war Francies Beispiel gefolgt und mit ihrer besten Freundin Nadja nach Seattle gegangen, sobald sie die Highschool abgeschlossen hatten. Nadja und sie hatten sich gegenseitig beim Lehrerstudium unterstützt, und Kate hatte bisher nie zurückgeblickt. Bis Francie bei einem Autounfall ums Leben kam.

„Sie hat getrunken, musst du wissen.“ Chloe schloss die Wohnungstür und stakste mit ihren High Heels über den abgenutzten Teppich.

„Ich habe den Artikel in der Zeitung gelesen.“ Der abschätzige Ton in der Stimme ihrer Mutter ärgerte Kate.

Chloe nahm ein Glas Orangensaft von dem kleinen wackeligen Esstisch. „Sie hätte es besser wissen müssen.“

Auch wenn die Eiswürfel beim Trinken nicht geklirrt hätten, wäre Kate sicher gewesen, dass der Orangensaft mit Wodka versetzt war.

Weil du uns solch ein fabelhaftes Vorbild gewesen bist?

„Wann ist die Trauerfeier?“

Chloe winkte ab. „Sie wollte keine Trauerfeier.“

„Es muss ja keine große Sache sein“, sagte Kate.

Sie waren alles andere als eine Bilderbuchfamilie, aber sie waren Francies einzige Familie. Sie mussten sich einfach von ihr verabschieden.

„Sie ist bereits eingeäschert worden.“

„Was? Wann?“ Kates Knie wurden weich, als ihr plötzlich die Endgültigkeit des Tods ihrer Schwester bewusst wurde.

Sie würde Francie nie wiedersehen. Mehr Bilder ihrer Schwester kamen ihr nun mit Macht in den Sinn. Francie mit acht Jahren, wie sie Kate auf ihrer gemeinsamen Matratze hinten im Schlafzimmer Geschichten vorlas. Wie sie versucht hatten, Erdnusscookies zu backen und dabei fast die Küche in Brand gesetzt hatten. Und wie sie auf dem Boden vor dem Fernseher saßen und einen für Kinder höchst ungeeigneten Krimi im Spätprogramm schauten, während Chloe auf dem Sofa ihren Rausch ausschlief.

„Warum hast du das getan?“, fragte sie ihre Mutter mit rauer Stimme.

„Ich war es nicht“, antwortete Chloe.

„Hat etwa das Krankenhaus entschieden, sie einzuäschern?“

„Nein, Quentin hat es entschieden. Angeblich hat sie es so gewollt. Er kann sich leisten, was immer er will, ohne mit der Wimper zu zucken, also schätze ich, er sagt die Wahrheit.“ Chloe nahm einen großen Schluck von ihrem Drink.

„Quentin?“

„Francies Freund. Annabelles Vater.“

„Wer ist Annabelle?“

Chloe blinzelte. „Francies Baby.“

Kate war froh, dass sie saß. „Francie …?“ Ihre Stimme versagte. Sie räusperte sich und versuchte es erneut. „Francie hat ein Baby?“

„Wusstest du das nicht?“

„Wie hätte ich das wissen sollen?“ Kate hatte seit fast sieben Jahren weder mit ihrer Mutter noch mit ihrer Schwester gesprochen. „Geht es dem Baby gut? Wo ist es?“ Kate sah sich im Apartment um und fragte sich, ob ihre Nichte wohl im Schlafzimmer lag.

Chloe hatte Kates Gedanken offenbar erraten. „Sie ist nicht hier. Sie ist dort, wo sie hingehört, bei ihrem Vater Quentin Roo.“

Seit etwa einem Monat tat Brody Calder nun schon so, als ob Quentin Roos geschmacklose und frauenfeindliche Bemerkungen ihn amüsierten. Quentins derzeitiges Objekt der Begierde war das Bikinimodel Vera Redmont, die auf dem überfüllten Pooldeck von Quentins Villa in den Hollywood Hills in einem hautengen schwarzen Minikleid an einem Martini nippte.

„Wow, die hat echt einen Knackarsch.“ Quentin lachte leise.

„Kann ich bestätigen“, sagte Rex Markel. Quentin lachte noch lauter.

Brody grinste und wünschte, er wäre an diesem Samstagabend woanders. Egal wo. Aber seine Familie hatte ihm vertraut und damit ihr Vermögen aufs Spiel gesetzt. Brody hatte einen Fehler gemacht, und nun musste er die Sache wieder geradebiegen. Er stand, während Quentin und Rex sich auf gepolsterten Rattansesseln fläzten. Die gläsernen Schiebetüren zu dem Saal mit der hohen Decke waren weit geöffnet, damit die Gäste Haus und Terrasse nach Belieben nutzen konnten. Quentin gab gern Partys, und dank der enormen Einnahmen aus seiner Videospielfirma Beast Blue Designs besaß er das nötige Kleingeld dafür.

„Hast du das kleine Eulentattoo bemerkt?“, wandte sich Brody an Rex, wobei er den großspurigen Ton des Rockkonzert-Promotors anschlug, der zu sein er vorgab.

Rex sah überrascht aus, was Brody zu der Annahme brachte, dass Rex das Hinterteil der ehemaligen Miss Ventura County nicht einmal aus der Nähe betrachtet hatte.

Brody hatte am vergangenen Mittwochmorgen zufällig einen Blick auf das Tattoo erhascht. Anscheinend mochte Vera String-Bikinis und morgendliches Schwimmen, und Brody war der Einzige, der an diesem Tag pünktlich zum Frühstück erschienen war. Das behielt er natürlich für sich.

Quentin hob sein Cocktailglas für einen Toast in die Höhe. „Weiter so, Brody.“

„Man tut, was man kann“, gab Brody zurück.

„Setz dich“, lud Quentin ihn ein.

Rex verzog das Gesicht, doch Brody ließ sich auf einem der Rattansessel nieder. Aus der enormen Soundanlage wummerte die Musik. Ein paar Gäste sprangen in den Pool, während andere sich um die Bar und das Büfett versammelt hatten.

„Hey, wen haben wir denn da? Hallo Sahneschnittchen.“ Rex setzte sich aufrecht hin, und Brody folgte seinem Blick.

Auf dem Pooldeck war eine Frau erschienen, langbeinig und braungebrannt, mit glitzernden hochhackigen Sandalen. Ihr Kleid war nicht mehr als ein hautenger pinkfarbener Fetzen Stoff. Ihr kurzes blondes Haar umrahmte ihr Gesicht, und lilafarbene Strähnchen bildeten einen Kontrast zu ihren dichten Wimpern und den großen blauen Augen. Sie trug glitzernde Ohrringe und klobige Armreifen. Und als sich ihre tiefroten Lippen zu einem einladenden Lächeln verzogen, traf es Brody wie ein Schlag in die Magengrube.

„Wer ist das?“, fragte er und vergaß dabei seine gespielt coole Art.

„Kate Dunhern“, antwortete Quentin.

„Francies Schwester?“ Rex war sichtlich überrascht.

„Scheint ihre kleine Schwester zu sein“, sagte Quentin gedankenverloren und betrachtete die Frau mit offensichtlicher Neugier.

„Wer ist Francie?“, fragte Brody. Der Name kam ihm nicht bekannt vor.

„Meine Baby-Mama“, sagte Quentin.

Diese Offenbarung überraschte Brody. „Du hast ein Kind?“

„Annabelle.“

Quentin hatte eine Tochter. Brody hatte keine Ahnung, wie er das in seinen Recherchen hatte übersehen können.

„Wie alt ist sie?“, fragte er und versuchte, sich Quentin als Vater vorzustellen.

Quentin sah zu Rex hinüber, als wüsste er das Alter seiner eigenen Tochter nicht.

„Ungefähr sechs Monate“, antwortete Rex.

„Davon wusste ich nichts“, sagte Brody.

„Warum solltest du auch?“ Rex grinste herablassend, so als wollte er Brody daran erinnern, dass er neu in dieser Runde war, wohingegen er Quentin schon seit der Junior-High kannte.

„Sie ist letzte Woche gestorben“, sagte Quentin in beiläufigem Ton.

Brodys Magen zog sich zusammen. „Dein Baby ist gestorben?“

„Francie ist gestorben“, sagte Rex.

Brody war erleichtert, doch dann tat es ihm augenblicklich leid für Francie, und er war entsetzt über Quentins offensichtliche Gleichgültigkeit gegenüber der Mutter seines Kindes. Nicht, dass es ihn überrascht hätte. Was er bisher über Quentin Roo in Erfahrung gebracht hatte, war, dass er außer spendabel auch kaltschnäuzig, berechnend und selbstsüchtig war.

Brody richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die atemraubende Frau namens Kate. Ihre Schwester war letzte Woche gestorben, und sie war auf einer Party wie dieser in so einem Outfit?

„Mein Beileid“, sagte er zu Quentin.

Quentin zuckte mit den Schultern. „Es hat Spaß gemacht mit ihr, aber wenn ich sie nicht geschwängert hätte, wäre es schon lange vorbei gewesen.“

Genau in dem Moment, als Brody dachte, Quentin könnte in seiner Achtung nicht noch tiefer sinken, geschah es doch.

„Hat sie hier gewohnt?“ Es war unwahrscheinlich, dass Francie in den Technologie-Diebstahl von Beast Blue Designs involviert war, doch Brody sammelte alle Informationen, die er kriegen konnte.

„Ich habe sie im Torhaus wohnen lassen. Das war am einfachsten. So konnte ich manchmal das Baby sehen, wenn ich Zeit hatte.“

Zwischen alkohol- und drogengeschwängerten Partys? Brody verkniff sich die sarkastische Bemerkung. Quentins Privatleben ging ihn nichts an.

„Was ist mit der Schwester?“, fragte Rex, während er Kate mit den Augen auszog.

Brody bemerkte, dass er dasselbe tat. Er war nicht stolz darauf, aber er war wie hypnotisiert. Sie war einfach umwerfend, sogar in diesem geschmacklosen Outfit.

„Keine Ahnung“, sagte Quentin. „Ist mir auch egal.“

„Sie ist einfach so aufgetaucht?“, fragte Rex.

„Anscheinend ist sie aus Seattle gekommen.“

„Kanntest du sie vorher schon?“ Obwohl diese Kate nichts mit seinen Nachforschungen über Quentins Firma zu tun hatte, interessierte Brody sich für sie.

„Hatte keine Ahnung, dass es sie überhaupt gibt“, sagte Quentin.

„Du hast sie heute zum ersten Mal gesehen?“ Rex’ Stimme klang argwöhnisch.

„Soll ich etwa ihren Ausweis kontrollieren?“

„Dass sie Francies Schwester ist, gibt ihr kein Recht auf irgendwas“, sagte Rex. „Du kannst dein Geld nicht jeder dahergelaufenen Frau in den Rachen werfen.“

„Das ist einfacher, als mit ihnen zu kämpfen.“

„Es ist dumm.“

„Es ist der Weg des geringsten Widerstands. Außerdem bin ich keineswegs knapp bei Kasse.“

Brody nahm sein Glas und trank den Rest seines Single Malts. Der Geschmack erinnerte ihn an sein Zuhause in Schottland, an seine Eltern, seinen Bruder und an den Grund, aus dem er hier war. Quentin war nicht knapp bei Kasse, aber nur, weil er die Technologie der Familie Calder gestohlen hatte.

Brody war fest entschlossen, das zu beweisen; nur deshalb war er hier.

Quentin richtete seine Aufmerksamkeit nun wieder auf Miss Ventura County. „Ich denke, ich werde einen Blick auf dieses Eulentattoo werfen.“

Brody rief sich ins Gedächtnis, dass er seine Rolle weiterspielen musste. „Schnapp sie dir.“

Quentin grinste, stürzte seinen Martini herunter und erhob sich.

Zwei Sekunden später trat Kate auf ihn zu.

„Hallo Quentin.“

Ihr Ton war sanft und kultiviert und ganz und gar nicht so, wie Brody erwartet hatte. Er meinte einen Hauch Nervosität herauszuhören. Wollte sie ihn etwa an Ort und Stelle um Geld bitten?

„Hallo Kate.“ Quentin klang gleichmütig. „Schön, dass du da bist.“

„Danke für die Einladung.“

Er machte eine einladende Handbewegung.

„Ich wollte fragen, ob wir irgendwo miteinander reden können.“

Quentins Blick schweifte ab zu Vera. „Kommt darauf an …“

Vera hatte Quentin offenbar bemerkt und lächelte ihn freundlich an.

„Morgen vielleicht“, sagte er zu Kate.

„Oh, sicher. Okay.“ Auch wenn sie sich Mühe gab, sie konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen.

„Wir sehen uns später.“ Damit ließ er sie stehen.

Rex machte Anstalten aufzustehen, doch Brody war schneller. Er wusste nicht, warum, aber er wollte nicht, dass Rex sie anmachte. Woher dieses Gefühl kam, wusste er ebenso wenig. Aber es spielte keine Rolle.

Er trat auf sie zu.

„Brody Herrington“, sagte er und benutzte den Nachnamen seiner Großmutter, den er vorübergehend angenommen hatte.

Sie nahm sich einen langen Moment Zeit, um ihn zu mustern. Dabei bemerkte er eine wache Intelligenz in ihrem Blick.

„Kate Dunhern“, antwortete sie schließlich.

„Kann ich dir einen Drink anbieten?“

Sie schien sich zu orientieren, ihn regelrecht abzuschätzen. Dann erstrahlte plötzlich ein Lächeln auf ihrem Gesicht.

„Das wäre großartig. Champagner?“

Er wunderte sich über diesen plötzlichen Wandel. Hatte sie seine Designer-Jeans erkannt oder seine teure Uhr bemerkt und entschieden, dass es sich lohnte, ihn an sich heranzulassen? Was auch immer es war, sie benahm sich jetzt genau so, wie er es erwartet hatte, als er ihr lila gesträhntes Haar und die Glitzersandalen gesehen hatte.

Er bot ihr seinen Arm an. „Hier entlang.“

Sie legte ihre Hand auf seinen Arm, und ihre pink lackierten Fingernägel schimmerten auf seiner Haut.

Er nahm das ausgesprochen sinnliche Bild in sich auf, und plötzlich stieg Lust in ihm auf. Das ist eine normale Reaktion, sagte er sich. Sie ist eine wunderschöne Frau in einem aufreizenden Outfit. Und er war nicht der Einzige hier, der das bemerkt hatte.

„Bist du ein Freund von Quentin?“, fragte sie freundlich.

„Ein Bekannter.“ Mehr wollte er nicht preisgeben.

„Bist du auch in der Videospielbranche?“

„In der Entertainment-Branche. Ich bin Konzert-Promoter und komme aus Europa.“

„Schottland?“, fragte sie.

Er hatte gehofft, seine Herkunft im Ungewissen zu lassen, doch sein Akzent hatte ihn verraten. Er konnte nur hoffen, dass sein falscher Name und der vorgetäuschte Beruf verhindern würden, dass Quentin eine Verbindung zu seinem Vater oder genauer seinem Konkurrenten Shetland Tech Corporation herstellte.

„Richtig geraten.“

„Ich nehme an, du promotest keine klassische Musik.“ Sie ließ ihren Blick über die Partygäste schweifen, die immer ausgelassener wurden.

Brody wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis eine Schlägerei ausbrach oder jemand in den Pool geschubst wurde.

„Rock ’n’ Roll“, antwortete er.

„Irgendjemand Bekanntes?“

„Ich fürchte, das ist vertraulich.“

Das war seine Standard-Ausrede, wenn jemand nach Details fragte.

„Bist du wegen eines Konzerts in L. A.?“, fragte sie.

„Nein, ich mache Urlaub.“

„Vergnügungsparks und Surfen?“

„So was in der Art. Und du?“

Ihr Blick verdüsterte sich. „Du hast vielleicht gehört, dass meine Schwester ums Leben gekommen ist.“

„Das habe ich.“ Er fragte sich, ob er sie zu Unrecht verurteilt hatte, denn ihr schlechtes Gewissen schien echt zu sein. „Das tut mir leid.“

„Wir standen uns nicht mehr sehr nahe. Ich hatte sie seit sieben Jahren nicht gesehen.“

Sie gelangten zur Bar, und er bestellte. Champagner für sie und noch einen Whisky für sich.

„Böses Blut?“

„Nein, nur verschiedene Lebensansichten und Ziele.“ Sie nahm den Champagner entgegen.

„Wie das?“

Sie zögerte. „Schwer zu sagen.“ Dann grinste sie, und der unbekümmerte Ausdruck trat wieder in ihre Augen. „Interessant, dass sie mit Quentin zusammen war.“

„Interessant“, stimmte Brody zu. Quentin hatte offensichtlich recht gehabt. Kate war hier, um aus der Beziehung ihrer Schwester zu einem schwerreichen Mann Profit zu schlagen.

„Quentin sagt, du wärst aus Seattle“, fuhr er fort.

„Ich wohne da.“

„Das hätte ich nicht erwartet.“

Sie zog eine Augenbraue in die Höhe. „Warum nicht?“

„Scheint keine sehr aufregende Stadt zu sein.“ Seine Rock ’n’ Roll-Tarnung kam nun durch. „Und du scheinst mir eine aufregende Frau zu sein.“

„Seattle birgt so manche Überraschung.“ Sie lächelte geheimnisvoll, stieß mit ihm an und drehte sich um, um von der Bar fortzugehen.

Er hätte die Konversation an dieser Stelle enden lassen können. Kate lenkte ihn ab, und das konnte er im Moment nicht gebrauchen. Er war hier, um Quentin und dem Team von Beast Blue Designs Honig ums Maul zu schmieren und an Insider-Informationen zu kommen. Nur so konnte er beweisen, dass sie geistiges Eigentum von Shetland Tech gestohlen hatten.

Seine Gespräche mit Scotland Yard und dem Los Angeles Police Department hatten zu nichts geführt. Sein Plan B war ein privater Ermittler gewesen, der sich bei Beast Blue Designs eingeschmuggelt hatte. Er war jedoch beim Herumschnüffeln erwischt worden. Außerdem hatte die Firma extrem hohe Sicherheitsstandards. Er hatte rein gar nichts herausgefunden.

Da die Zeit drängte, hatte Brody die Sache schließlich selbst in die Hand genommen. Er versuchte, Quentins Vertrauen zu gewinnen, um irgendwie Zugang zu seiner Firma zu bekommen.

Er befahl seinen Füßen, von Kate wegzugehen, aber sie gehorchten ihm nicht.

„Was machst du in Seattle?“, fragte er.

„Dies und das“, sagte sie vage.

Das bedeutete, dass sie arbeitslos war oder sich vielleicht für ihren Job schämte. Vielleicht war sie aber auch einfach nur eine schamlose Abstauberin.

Was immer sie war, sie war verdammt sexy. Er näherte sich ihr etwas, sah in ihre blauen Augen und sie stießen zum zweiten Mal an.

„Auf dies und das“, sagte er.

2. KAPITEL

Auf der Party wurden Kates schlimmste Befürchtungen bestätigt. Wildes Partyvolk tummelte sich hier, angeheizt von hämmernder Technomusik und exzessivem Alkoholgenuss. Sie war keine Expertin auf dem Gebiet, aber ihr war, als ob ein Geruch nach Marihuana vom Garten heraufstieg. Und sie befürchtete, dass in Quentins Villa noch andere Drogen konsumiert wurden.

Was hatte sich ihre Schwester nur dabei gedacht, in solch einer Umgebung ein Kind auf die Welt zu bringen? Wahrscheinlich hatte sie nur daran gedacht, die nächsten zehn Minuten ihres Lebens zu genießen. Diesen Charakterzug hatte sie von Chloe geerbt.

Erst heute Morgen hatte Kate sich eingeredet, dass es Annabelle gut gehe. Chloe hatte geschworen, dass Annabelle das glücklichste kleine Mädchen der Welt sei. Ihre Mutter hatte alles über Quentin Roo gelesen und war von seinem Geld und seinem Erfolg mehr als beeindruckt.

Er sei in Trauer, hatte sie gesagt, und deshalb gerade nicht in der Lage, Annabelle der Familie vorzustellen. Und da Kate es eilig gehabt hatte, ihren Kindheitserinnerungen zu entfliehen, hatte sie sich nur all zu bereitwillig von Chloes Optimismus anstecken lassen.

Sie hatte ihr Gepäck auf dem Flughafen aufgegeben und Nadja gebeten, sie abzuholen. Doch während sie auf den Flug wartete, hatte sie Nachforschungen im Internet angestellt und einiges über Quentin in den sozialen Medien gefunden. Ein Foto war vor einigen Wochen aufgenommen worden. Es zeigte ihn vor einem Nachtclub, eindeutig betrunken und mit einer sexy Frau im Arm. Er legte sich gerade mit einem Police Officer an, der ihn davon abhalten wollte, in seinen schicken Sportwagen zu steigen.

Beunruhigt hatte sie weitergesucht. Ganz offensichtlich war Quentin ein Partylöwe Außerdem hatte sie Hinweise auf aggressives Verhalten und wilde Partys in seiner Villa gefunden. Er mochte reich sein, aber er war definitiv kein verantwortungsvoller Mensch.

Ihr Beschützerinstinkt hatte gesiegt. Sie sagte ihren Flug ab und war wild entschlossen, Quentin zur Rede zu stellen und zu verlangen, dass sie Annabelle sehen konnte, um sich zu versichern, dass es dem Baby gut ging. Doch dann war ihr auf halbem Weg zu seiner Villa klargeworden, dass eine direkte Konfrontation ihr Vorhaben wahrscheinlich von vornherein zum Scheitern bringen würde.

Sie brauchte einen besseren Plan, um an Annabelle heranzukommen. Das Beste, was ihr einfiel, war, einen freundlichen und harmlosen Eindruck zu machen und sich seiner Welt anzupassen. Sie würde also zu Quentin gehen und so tun, als wäre sie genau wie Francie.

Nachdem sie sich in einer verrückten Aktion von Kopf bis Fuß umgestylt hatte, sah sie tatsächlich so aus wie Francie. Und jetzt war sie hier auf der Party. Und sie hatte mit Quentin gesprochen. Auch wenn es kurz gewesen war, es war ein Anfang.

Der Mann namens Brody hielt mit ihr Schritt, während sie das Pooldeck entlangging. Die Menschen standen in Grüppchen, redeten und lachten mit ihren Drinks in der Hand. Ihre Augen glänzten vor Erregung und Heiterkeit. Der Bass dröhnte und vibrierte in ihrem Körper.

Sie hielt nach Quentin Ausschau, um den richtigen Moment abzupassen, ihn erneut anzusprechen. Er unterhielt sich gerade mit einer großen blonden Frau mit Model-Figur.

„Ich selbst war noch nie im Norden“, begann Brody die Konversation erneut.

Sein tiefer, rollender Akzent verursachte ihr eine Gänsehaut. Doch sie musste sich an Quentin halten, auch wenn der Mann wirklich attraktiv war.

Er hatte ein kantiges Kinn, mit gerade so viel Bartstoppeln, um verwegen auszusehen. Seine Augen waren schiefergrau, und sein Haar war dunkel und voll. Sein Mund war wohlgeformt, etwas ernst. Wie das allerdings zu seinem Rock ’n’ Roll-Lebensstil passte, war ihr ein Rätsel.

„Gibt es keine Rockkonzerte in Washington State zu promoten?“ Sie bemühte sich, die Konversation leicht zu halten. Jeder, der etwas mit Quentin zu tun hatte, sollte glauben, sie sei wie Francie, eine Frau, die das Leben genießt, ohne sich zu viele Gedanken zu machen.

„In den USA konzentrieren wir uns meist auf New York City. Ich war aber auch schon in Boston und Chicago.“

Kate folgte Quentin weiterhin mit ihrem Blick. Langsam wurde sie ungeduldig. Er wurde zusehends betrunken, wer passte also auf das Baby auf?

„Und wie lange kennst du Quentin schon?“

„Ich bin seit ein paar Wochen in L. A.“, antwortete Brody. „Aber ich kenne ihn schon länger.“

Sie lehnte sich lässig an eine Brüstung, von der aus man einen Ausblick auf das Lichtermeer der Stadt hatte. Der Wind fuhr ihr durch das frisch gekürzte Haar. „Und was hältst du von ihm?“

Brody drehte sich zu ihr um. „Wie meinst du das?“

„Ich habe diese Meldungen in den Nachrichten über ihn gesehen und mich gefragt, wie viel davon stimmt.“

Er betrachtete ihr Outfit. „Er weiß, wie man Spaß hat.“

Kate nickte und ließ ihren Blick über die Party schweifen. „Das sieht definitiv nach Spaß aus.“

Ein unergründlicher Ausdruck trat in seine Augen, der Sarkasmus oder Resignation hätte sein können.

Diese merkwürdige Reaktion machte sie neugierig. „Bei deinem Job musst du an Partys gewöhnt sein.“

„Ich war auf allen erdenklichen Arten von Partys.“

„Auch wilden?“ Sie gab sich Mühe, enthusiastisch auszusehen.

„Ein paar.“ Er lächelte sie an.

„Hört sich fantastisch an.“

Genau in diesem Moment verließ Quentin seine Gesprächspartnerin, und Kate sah ihre Chance. Sie machte eine hastige Bewegung in seine Richtung, doch ihr Absatz blieb in einer Bodenritze stecken, und sie stolperte.

Brody griff nach ihrem Ellenbogen und gab ihr Halt.

„Verzeihung.“ Sie hoffte, sie hatte keinen Champagner über seiner Kleidung geschüttet.

„Alles in Ordnung?“ Er hielt sie immer noch fest.

„Ich bin gestolpert.“

„Du hattest es ziemlich eilig.“

„Ich …“ Sie zögerte. „Ich hatte gehofft, Quentin zu erwischen.“

Brody sah an ihr vorbei. „Jemand war schneller als du.“

Sie sah sich um und erblickte zwei neue Frauen, die mit ihm lachten. Sie fluchte in sich hinein.

„Er war gerade erst mit deiner Schwester zusammen.“ In Brodys Ton schwang Missbilligung mit.

„Das ist es nicht. Ich bin nicht hier, um mich an Quentin heranzumachen.“

„Du hast dich geradezu überschlagen, um an ihn heranzukommen.“

„Aber nicht, um mit ihm zu flirten.“

„Es geht mich ja auch gar nichts an.“

„Genau. Das tut es nicht. Aber ich sage es dir trotzdem. Ich bin nicht auf romantischer Ebene an Quentin interessiert.“

Brody betrachtete erneut ihr Outfit. „Romantik ist auch nicht gerade das, was du ausstrahlst.“

Obwohl sie es darauf angelegt hatte, aufreizend auszusehen, kränkte sie seine Bemerkung. „Ich bin in keiner Weise an Quentins Person interessiert.“

„Natürlich nicht.“

Es war ihr egal, was dieser Brody dachte. Zumindest sollte es das. Doch aus irgendeinem Grund, war es ihr doch nicht egal.

Sie war kurz davor, ihm von ihrer Nichte zu erzählen. Aber sie konnte sich gerade noch rechtzeitig bremsen. Sie sah ihn an und schüttelte ihr gesträhntes Haar herausfordernd. „Ich bin hier, um Spaß zu haben.“

Seine Augen erinnerten sie an Feuersteine. „Sind wir das nicht alle?“

Brody sah den winzigen Raumschiffen zu, die sich auf dem Flachbildschirm ihren Weg durch ein Asteroidenfeld schossen. Sie änderten ihre Farbe, benutzten verschiedene Waffen und kämpften um die beste Position, während sie versuchten zu verhindern, dass andere Spieler sie vernichteten.

„Siehst du das? Genau dort“, sagte Will Finlay, der Programmierchef von Shetland Tech. „Auf der Oberfläche des Planeten.“

„Ich sehe nur ein Haufen Zeug explodieren.“

„Es ist die Art, wie es explodiert“, sagte Will. „Genauer gesagt, was sie an der Art geändert haben, wie die Dinge explodieren.“

„Wenn du es sagst.“ Brody war kein Programmierer und kam bei Weitem nicht an Wills technisches Verständnis heran.

„Das ist der beste Beweis bis jetzt. Ich habe mit ein paar Leuten am MIT gesprochen, und sie sind auch der Meinung, dass Shetland Tech beklaut worden ist.“

„Können wir es damit beweisen?“, fragte Brody.

Will hatte es geschafft, einen Prototyp von Beast Blue Designs’ neuem Spiel Blue Strata Combat in die Hände zu bekommen.

„Nicht ohne den Quellcode“, sagte Will. „Wir können beweisen, dass sie hochspezialisierte Algorithmen benutzen, um die Entwicklung von Objekten in einer KI-Umgebung auszulösen, aber wir können nicht beweisen, dass sie sie von Shetland Tech gestohlen haben.“

„Aber das haben sie“, sagte Brody.

„Das haben sie.“

Brody lehnte sich in seinem Ledersessel im Wohnzimmer seiner Hotel-Suite zurück. Er war jetzt seit über einem Monat von zu Hause fort, und seine Geduld war aufgebraucht.

Sein Bruder Blane hatte in Schottland schon genug Sorgen. Er litt an einer neuromuskulären Erkrankung. Blane ermüdete schneller als die meisten Menschen. Doch da er der älteste Sohn und somit Viscount war, lastete die Verantwortung für den Familiensitz auf ihm, dem zukünftigen Earl von Calder. Brody musste ihm also wenigstens die Geldsorgen vom Hals halten.

„Wir müssen in ihr Firmengebäude hereinkommen“, sagte Will. „Um etwas zu beweisen, müssen wir Zugang zu ihrem Server bekommen und unseren firmeneigenen Code finden.“

„Das haben wir schon versucht.“

Der Versuch war gescheitert. Die Sicherheitsvorkehrungen waren unüberwindbar. Der Privatdetektiv, den sie angeheuert hatten, war erwischt und daraufhin gefeuert worden.

„Ich muss eine Möglichkeit finden, sein Haus zu durchsuchen“, sagte Brody. „Wenn wir nicht in die Firma kommen, ist sein Haus die zweitbeste Chance.“

„Und wenn du erwischt wirst? Mit diesen Sicherheitstypen ist garantiert nicht zu spaßen.“

„Ich bin vorsichtig.“

„Sie haben einen russischen Akzent.“

„Ich weiß.“

Brody hatte Gerüchte über Quentins dubiose Geldgeber gehört, die angeblich Verbindungen zu kriminellen Organisationen jenseits des Großen Teichs hatten.

Autor

Barbara Dunlop
<p>Barbara Dunlop hat sich mit ihren humorvollen Romances einen großen Namen gemacht. Schon als kleines Mädchen dachte sie sich liebend gern Geschichten aus, doch wegen mangelnder Nachfrage blieb es stets bei einer Auflage von einem Exemplar. Das änderte sich, als sie ihr erstes Manuskript verkaufte: Mittlerweile haben die Romane von...
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