Die Braut des stolzen Kriegers

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Wales, 1205. Der "Bär von Brecon" soll ihr Ehemann werden? Verzagt reist Lady Roslynn nach Wales, wo sie auf Befehl den Königs den berüchtigten Kriegsherrn Sir Madoc of Llanpowell heiraten soll. Die junge Witwe fürchtet das Schlimmste - doch beim Anblick ihres walisischen Bräutigams schwinden alle Zweifel: Sir Madoc erweist sich als ritterlich und dazu verwegen attraktiv! In seinen Armen erlebt Roslynn nie gekannte Leidenschaft. Allzu bald scheint Madocs Verlangen nach ihr jedoch zu erkalten. War es nur ihre Mitgift, die ihn der Heirat zustimmen ließ? Oder steckt ein schreckliches Geheimnis hinter seinem abweisenden Verhalten?


  • Erscheinungstag 09.12.2014
  • Bandnummer 282
  • ISBN / Artikelnummer 9783733761639
  • Seitenanzahl 320
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. Kapitel

Wales, 1205

Lord Alfred de Garleboine brachte seinen Schecken zum Stehen. Er spähte durch den Regen, der von seiner Bundhaube tropfte. Die Kiefern links und rechts neben ihm verströmten noch immer einen kräftigen Duft, obwohl die Zweige vom schweren Wasser niedergedrückt waren. Der Weg war an den Rändern aufgeweicht, nichts als Matsch und gurgelnde Rinnsale, die immer stärker wurden. So grau, wie der Himmel war, würde der Regen kaum aufhören, jedenfalls nicht so bald. Geradeaus konnte man auf eine Landschaft blicken, die auch wenig erfreulich wirkte, eine Mischung aus schmuddeligem Grün und trübem Grün, die wenigen Felsen sahen aus wie Zwerge, die sich zusammengekauert hatten, um das Wetter möglichst trocken zu überstehen.

„Gelobt sei der Herr! Dort liegt Llanpowell“, murmelte der Adelige, er befand sich in den mittleren Jahren. Mit diesen Worten trieb er sein Pferd an, dessen Hufe Schlamm und kleine Kiesel aufwirbelten.

Ziemlich durchnässt folgte die junge Dame, die an seiner Seite ritt, seinem Blick. Sie trug einen Umhang, dessen Kapuze mit Fuchspelz verbrämt war, jetzt aber durch die Nässe kaum noch als solcher zu erkennen war. Das da vorn war wirklich eine Burg und keine weitere dieser Felszungen, von denen es hier im Süden von Wales reichlich zu geben schien.

„Oh Gott!“

Lord Alfred und Lady Roslynn de Werre drehten sich um, als sie den Aufschrei hörten. Ein schwerer hölzerner Wagen steckte in der Fahrspur fest und neigte sich bedrohlich zur Seite. Der zahnlose Kutscher lehnte sich in die Gegenrichtung und trieb die beiden Zugpferde an. Die Tiere schnaubten und setzten sich in Bewegung, doch die Wagenräder versanken nur tiefer im Matsch.

„Sitz nicht da wie ein Getreidesack!“, befahl Lord Alfred. „Steig ab und bring die dummen Biester dazu, sich zu bewegen.“ Er zeigte auf die sechs Soldaten, die das Gefährt eskortierten. „Bleib beim Wagen, bis er die Burg erreicht hat. Die anderen kommen mit uns.“

Er lehnte sich vor und blickte Lady Roslynn mit seinen grauen Augen an. „Habt Ihr irgendwelche Einwände, wenn wir es so handhaben, Mylady?“

„Ihr habt hier das Kommando“, sagte sie mit einem sanften Lächeln, das einen eigenartigen Gegensatz zu dem Aufruhr um sie herum bildete. In Wahrheit würde sie lieber draußen im Regen bleiben, als nach Llanpowell zu gelangen. „Ist es wirklich notwendig, sechs Männer bei solchem Wetter zurückzulassen, immerhin sind wir in der Nähe einer Burg und damit eines Edelmannes?“

„Ich will kein Risiko eingehen“, antwortete Lord Alfred. Dann hob er seine Hand und winkte seinem Gefolge, ein eindeutiges Zeichen, dass es weiterreiten sollte.

Lady Roslynn unterdrückte einen Seufzer. Sie wusste nicht, warum König Johns Höfling überhaupt nach ihrer Meinung fragte. Sie hätte sich die Mühe sparen können, darauf zu antworten.

Die Gruppe setzte ihren Weg fort. Niemand sprach, so war das Geräusch des weiterhin strömenden Regens zu hören, dazwischen vernahm man noch das Klirren, das die Kettenhemden der Soldaten verursachten, sowie das Schmatzen der Pferdehufe im Matsch. Jeder Schritt brachte sie der Burg des Herrn von Llanpowell näher. Das Gebäude wirkte nicht so, als sei es von Menschen erbaut worden. Es schien eher ein natürlicher Teil der Landschaft zu sein – wie die Felsen, die der Zeit und dem Wetter trotzten.

Die gesamte Gegend bildete einen starken Gegensatz zu Lincolnshire, wo Roslynn aufgewachsen war. In ihrer Heimat erstreckten sich die Moore meilenweit, und der Himmel schien endlos, hier jedoch gab es Hügel und Täler, unerwartete Wasserläufe mit Farnkraut, Geröll und Felsen. Das Land schien wild und ungezähmt, fremdartig und atemberaubend – so wie die Festung in Sichtweite. Na ja, atemberaubend war sie vielleicht nicht gerade.

Roslynn versuchte, ihre Befürchtungen zu unterdrücken, als sie sich dem eisenbeschlagenen Tor aus massiver Eiche näherten. Was auch immer hier geschehen würde, sie war zumindest weit weg vom Königshof. Und die Räume waren sicher komfortabler als alle, in denen sie sich während ihrer Reise aufgehalten hatten.

Vom Vorwerk aus ließ sich eine Stimme vernehmen. Der Mann sprach das Französisch der Normannen mit einem deutlichen walisischen Einschlag. „Wer seid Ihr, und was wollt Ihr auf Llanpowell?“

„Ich bin Lord Alfred de Garleboine und im Auftrag des Königs unterwegs“, rief Lord Alfred hinauf.

„Im Auftrag des Königs?“, wiederholte der Mann auf der Mauer. „Welcher König?“

„Ist der Mann ein Einfallspinsel?“, murmelte Lord Alfred. Er hob die Stimme. „John. Durch die Gnade Gottes König von England, Herrscher über Irland, Herzog der Normandie und Aquitaniens und Graf von Anjou.“

„Ach, der Thronräuber, der seinen Neffen umgebracht hat.“

Obwohl der Mann auf der Mauer nur das sagte, was die meisten Menschen für die Wahrheit hielten, war es kein gutes Vorzeichen für ihre Aufnahme auf Llanpowell.

Drei weitere Männer, die ebenso wie der erste Mann barhäuptig und mit Tuniken statt mit Kettenhemden bekleidet waren, traten dazu.

„Was will John?“, rief einer von ihnen herunter.

„Darüber werde ich nur mit Eurem Lehnsherrn sprechen“, antwortete Lord Alfred.

„Vielleicht seid Ihr gekommen, um uns anzugreifen“, rief der erste Mann zurück.

Lord Alfred erhob sich ungeduldig aus seinem reich verzierten Sattel. „Sehen wir aus wie eine Horde Wegelagerer?“

„In dieser Zeit kann man sich da nie sicher sein“, antwortete der erste Mann. Die wachsende Ungeduld des Adeligen schien ihn nicht zu beeindrucken. „Wir Waliser sind erst neulich einigen gut gekleideten normannischen Dieben begegnet.“

„Öffnet die Tore oder der König wird von Eurem Verhalten ebenso erfahren wie Euer Herr.“ Es schien fast, als habe der Besitzer von Llanpowell weniger Spaß daran, seine normannischen Besucher und ihren König zu verspotten als seine Wachleute. Die massiven Tore öffneten sich langsam.

Was sagte das über den Herrn von Llanpowell aus? War er einer, der seine Macht auf Angst und strenge Strafen gründete? Oder war er jemand, der geachtet und respektiert wurde und mit dem man nicht leichtfertig umgehen sollte?

Welchen Charakter ap Gruffydd auch haben mochte, jetzt war es zu spät, kehrtzumachen oder davonzulaufen.

„Widerwärtige Zeiten. Freche Wilde“, grummelte Lord Alfred, während er seine behandschuhte Hand hob und seinen Männern das Zeichen gab, die Burg zu betreten.

Hinter der äußeren Mauer erstreckte sich ein mit Gras bewachsener, etwa fünfzig Meter langer Bereich. Dahinter erhob sich abermals eine Mauer, höher als die erste, mit einem weiteren Tor und einem Wachturm.

Das innere Tor war geöffnet. Gerade rollte ein großer hölzerner Wagen, den zwei breitbrüstige Ochsen zogen, durch dieses. Ihm folgte eine Gruppe von zwanzig Mann mit Schwertgehängen, Bögen und Köchern. Sie trugen keine Kettenhemden, sondern ein Lederwams, Hosen und Stiefel. Keine Helme. Fast alle hatten dunkelbraunes oder schwarzes Haar. Die meisten von ihnen auch einen Bart.

Trotz ihrer Kleidung gehörten sie wohl zur Burg, denn sie gingen in zwei Reihen in den inneren Bereich.

Lord Alfred presste seine Lippen zusammen. „Der König wird von dieser Beleidigung erfahren.“

„Ich glaube, es handelt sich um eine Ehrengarde“, wandte Roslynn leise ein. „Schauen Sie sich ihre Formation an, und wie sie stillstehen.“

Der einzige Kommentar, den Lord Alfred dazu abgab, war ein leises Knurren.

Sie war sicher, dass sie recht hatte, denn die Männer, die sie hereingelassen hatten, blieben, wo sie waren. Stumm blickten sie geradeaus, während der Zug an ihnen vorbei in den Burghof ritt.

Dort wurden Gebäude verschiedenster Größe sichtbar. Einige waren aus Stein erbaut und hatten Schieferdächer, andere waren holzverkleidete, mit Flechtwerk durchzogene Lehmbauten. Sicher die Ställe. Manche wirkten eher wie Verschläge, die sich an eine Wand lehnten. Immerhin war der Burghof mit Kopfsteinen gepflastert. Auch wenn hier und da große Pfützen standen, so war er doch keine morastige Lache.

Leider standen auch hier bewaffnete Soldaten und beobachteten sie grimmig.

Bevor sie absteigen konnten oder ein Stallknecht erschien, um ihnen die Pferde abzunehmen, flog die Tür des größten steinernen Gebäudes mit einer Wucht auf, als habe sie ein starker Wind aufgerissen. Ein rundlicher grauhaariger Mann kam rasch die Treppe herunter. Er trug ein dunkelgrünes Hemd, schlichte Hosen, abgewetzte Stiefel und einen dunkelbraunen Umhang, den er über die Schultern geworfen hatte. Sein Haar war wie bei den anderen Männern lang und sein Gesicht unrasiert, im Gegensatz zu ihnen trug er aber keine sichtbaren Waffen. Er lächelte und hielt einen großen Becher in der Hand. Den Regen schien er kaum zu bemerken.

„Willkommen, Mylord und Mylady!“, rief er in einem Französisch, das einen deutlichen walisischen Akzent hatte. Er ignorierte die Pfützen und ging geradewegs durch sie hindurch. „Willkommen auf Llanpowell! Willkommen in meinem Heim! Es ist eine Ehre, Sie hier begrüßen zu dürfen!“

In Roslynns Magen schien ein Wackerstein zu drücken, als ihr klar wurde, dass dieser Mann Madoc ap Gruffydd, der Herr von Llanpowell sein musste.

Sie hatte angenommen – dummerweise, wie es ihr jetzt erschien –, der „Bär von Brecon“ sei ein junger Mann. Sie hatte auch angenommen, er trage seinen Spitznamen wegen seiner Wildheit im Kampf und nicht wegen seiner zotteligen grauen Haare, die ihm bis auf die Schultern fielen, oder wegen seines buschigen Bartes oder des Umfangs seines Bauches.

Vielleicht hatte er diesen Namen aber schon in seiner Jugend erhalten.

Der Waliser rief ein paar Befehle, und sofort kamen Stallknechte und Stalljungen herbeigelaufen, um den Gästen die Pferde abzunehmen.

Offensichtlich waren die Bediensteten des Herrn von Llanpowell ebenso gut ausgebildet wie seine Soldaten, aber sein joviales Äußeres und sein freundliches Verhalten konnten auch täuschen.

„Kommen Sie ins Trockene!“, rief der Waliser und machte eine einladende Bewegung in Richtung des steinernen Gebäudes. Auf den Becher, dessen Inhalt dabei herausschwappte, achtete er nicht. Dort drinnen musste die Halle sein.

Roslynn hoffte inständig, dass Madoc ap Gruffydd kein Trunkenbold war.

Mit einem grimmigen Ausdruck auf seinem Gesicht schwang sich Lord Alfred aus dem Sattel und trat zu ihr, um ihr vom Pferd zu helfen. Sie atmete tief durch und schüttelte den nassen Rock ihres graublauen Kleides aus, als sie Boden berührte. Steif griff Lord Alfred nach ihrem Arm, um sie in die Halle zu begleiten.

Die Soldaten im Hof blieben regungslos. Sie beobachteten sie aufmerksam und argwöhnisch.

Die Halle war klein, eng und alt. Die Dachbalken waren durch die Jahre und den Rauch fast schwarz. Anders als in neuen Hallen lag die Feuerstelle in der Mitte des Raums. Das Dach wurde nicht von Steinsäulen gehalten, sondern von Säulen aus Holz. Manche davon waren glatt, andere mit Schnitzarbeiten verziert, die Weinreben, Blätter oder Tierköpfe zeigten. Auf dem Boden lagen Binsen. Drei große Jagdhunde, die ebenso zottelig wie ihr Besitzer aussahen, strichen um ihre Beine und beschnüffelten die Eintretenden.

Auch hier standen Soldaten an den Wänden Wache. Sie beobachteten sie, während ihr Gastgeber sie zur Herdstelle führte, um die Bänke und einige Holzstühle gruppiert waren.

Die Befestigungen der Burg hatten Roslynn vermuten lassen, dass die Wohnräume von Llanpowell modern und behaglich sein würden. Es war eine üble Überraschung, dass sie sich geirrt hatte. Aber immerhin würden die Kammern trocken sein.

Aber wie primitiv auch die Unterbringung sein mochte – es war besser, hier zu sein als am Königshof, wo sie weder vor den Nachstellungen König Johns noch vor denen seiner Hofleute sicher war, die auch noch glaubten, sie sollte für diese Art von Aufmerksamkeit dankbar sein.

„Setzen Sie sich ans Feuer, Mylady“, sagte ihr Gastgeber. Er zog seinen Umhang von den Schultern, behielt den Becher aber weiterhin in der Hand. Er schien nicht zu bemerken, dass der Umhang auf den mit Binsen bedeckten Boden fiel, bevor ein Bediensteter danach greifen konnte.

„Bron, was stehst du da herum?“, bemerkte er zu einer Dienstmagd, die sich in der Nähe an einer Wand aufhielt und um die achtzehn Jahre alt sein mochte. „Nimm der Lady ihren Umhang ab.“

Die junge Frau sprang vor und stellte sich neben Roslynn, die das durchnässte Kleidungsstück augenblicklich auszog. Nachdem die Magd es an sich genommen hatte, eilte sie rasch zu einem Wandpflock, an dem sie den Umhang am Fuchspelz aufhängte. Danach kehrte sie zu ihrem Posten zurück.

Es war angenehm, die Wärme des Feuers zu spüren. Roslynn war zwar richtig angezogen – sie trug ein Wollkleid und feste Stiefel –, dennoch zitterte sie. Sie schlang die Arme um ihren Körper, als sie sich auf eine der Bänke setzte.

Mit einem breiten Lächeln platzierte der Waliser seine Körperfülle auf einen der Stühle. Er grinste Lord Alfred an, der so steif dastand, dass man meinen konnte, er sei nicht in der Lage, sich zu setzen.

„Sie fragen sich zweifellos, was uns hierher bringt“, begann er nicht minder steif.

Aye, mache ich, aber setzen Sie sich erst einmal!“, befahl der Waliser kichernd. „Essen und Trinken kommen vor den Geschäften. Ich kann nicht über wichtige Dinge nachdenken, wenn mein Magen knurrt. Bron, hol gewärmten Wein für unsere Gäste! Dazu Brot und etwas vom weichen Käse, nicht den harten. Kein Met! Jedenfalls jetzt noch nicht.“

Als die junge Frau dort verschwand, wo wahrscheinlich der Flur zur Küche war, wandte sich der Waliser zwinkernd an Roslynn. „Unser Met ist stark, Mylady. Daher bleiben wir fürs Erste besser bei Wein.“

Sie schaffte es, sein Lächeln zu erwidern. Madoc ap Gruffydd war weder jung noch stattlich, aber das war vermutlich gut so. Hatte sie nicht gelernt, wie trügerisch ein junges, hübsches Gesicht sein konnte? Außerdem konnte es sein, dass ein Mann seines Alters Gier und Ehrgeiz hinter sich gelassen hatte. Vielleicht war er froh, seine letzten Tage zurückgezogen auf seinem Besitz leben zu können. Das wäre eine Erklärung dafür, warum Madoc ap Gruffydd so fröhlich und gastfreundlich war: Er hatte einfach keinen Grund, es nicht zu sein.

„So, Mylord. Wie geht’s denn dem König dieser Tage?“, fragte er, während er den nun leer getrunkenen Becher einem Bediensteten zuwarf. Der fing ihn derart geschickt auf, dass Roslynn annahm, dass so etwas öfter passierte. „Ist er immer noch glücklich mit seiner kleinen französischen Frau?“

„King John geht es bestens, und ja, er ist glücklich verheiratet. Wir haben die berechtigte Hoffnung, dass demnächst ein Thronerbe geboren wird“, antwortete Lord Alfred kühl. „Nun, wenn Sie mir gestatten, mich vorzustellen, Mylord. Ich bin Lord Alfred de Garleboine, und das hier ist …“

„Lord Alfred de Garleboine? Klingt gut! Ich kann nicht behaupten, dass ich je von Ihnen gehört habe. Ich kümmere mich allerdings wenig um den englischen Hof und den Unfug, den sie dort ausbrüten.“ Der Waliser tätschelte Roslynns Hand. „Es ist sehr viel angenehmer, am Feuer zu sitzen und Lieder von tapferen Männern zu singen, nicht wahr, Mylady?“

„Ein Adeliger sollte dem Hof und dem, was dort geschieht, Aufmerksamkeit schenken. Schließlich muss er dem König helfen und dessen Familie schützen“, antwortete sie. Sie wollte seine nachlässige Haltung nicht unterstützen, vor allem nicht in diesen Zeiten und nicht mit diesem König.

„Ach, ich weiß genug. Wir leben ja nicht am Ende der Welt“, bemerkte Madoc. Dann hob er die Stimme und rief nach Bron. Sofort erschien sie mit einem gehetzten Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht in der Tür. „Wo bleibt das Essen, Mädchen? Und die Getränke? Unsere Gäste sind hungrig und durstig! Es wird ihnen guttun, einen Happen zu essen, nachdem sie im Regen gereist sind.“

Die Magd sagte etwas auf Walisisch. Dann verschwand sie wieder.

„Es ist nicht so, dass wir nicht genügend Vorräte haben, Mylady“, erklärte der Herr von Llanpowell, als sei das eine Sache von größter Wichtigkeit. „Ihr habt uns nur zwischen den Mahlzeiten erwischt. Außerdem warten wir auf die Rückkehr einer Patrouille. Wir hatten ein bisschen Ärger mit denen hinterm Berg.“

Roslynn lächelte, um zu zeigen, dass sie keineswegs über das nicht gleich aufgetragene Mahl beunruhigt war. Sie fragte sich, was er wohl mit „ein bisschen Ärger“ meinte und wer die „hinterm Berg“ sein mochten. Offensichtlich irgendwelche Feinde, aber wie viele waren es, und wie mächtig waren sie? Ihr war nichts über den Herrn von Llanpowell gesagt worden und noch weniger über seine möglichen Feinde.

„Mylord“, hob Lord Alfred erneut an. Seine Verärgerung war ihm anzusehen. „Wir sind gekommen …“

„Ah! Da kommt ja endlich das Essen!“, unterbrach ihn der Waliser, als die Dienstmagd die Halle betrat. Sie trug ein Brett mit drei unerwartet schön gearbeiteten Silberpokalen, einer Karaffe mit dampfendem Wein, dessen Duft den Raum erfüllte, sowie einer Platte aus Buchenholz, die mit einem Tuch bedeckt war. Einer der männlichen Bediensteten brachte flink eine kleine Bank herbei, die er vor Madoc ap Gruffydd stellte. Nachdem Bron das Brett abgestellt hatte, zog er das Tuch weg. Zum Vorschein kamen zwei braune, in Scheiben geschnittene Brotlaibe, Käsestücke und Honigkuchen.

Als sie das warme Brot und den Würzwein roch, begann Roslynns Magen laut zu knurren.

Sie errötete vor Verlegenheit, doch der Herr von Llanpowell lachte bloß, reichte ihr einen der Pokale und schenkte ihr Wein ein. „Was habe ich gesagt? Sie sind hungrig. Streiten Sie es nicht ab! Ich habe Ihnen das am Gesicht abgelesen. Und ein bisschen mehr Fleisch auf den Rippen könnte Ihnen auch nicht schaden.“

„Vielleicht könnten wir nun den Zweck unseres Besuches besprechen“, presste Lord Alfred durch seine zusammengebissenen Zähne.

Sofort verschwand der freundliche Ausdruck aus dem Gesicht des Walisers und wurde durch eine kalte missbilligende Miene ersetzt. „Es mag sein, dass das Haus Plantagenet Sie geschickt hat, Mylord. Und das ohne Einladung, wie ich wohl weiß. Aber in diesem Haus kommt die Gastfreundschaft als Erstes und erst dann das Geschäft.“

Das schmale Gesicht Lord Alfreds wurde rot. Schließlich setzte er sich auch ans Feuer, auf einen Stuhl gegenüber von Roslynn, und nahm einen Pokal mit Würzwein entgegen.

„Wunderbar, essen wir jetzt, und danach können wir reden“, verkündete der Waliser. Sein Ärger war so schnell verschwunden wie der Dampf aus der Karaffe.

Der Wein war überraschend gut und wärmte. Obwohl er Roslynn nicht nur gut schmeckte, sondern ihr auch guttat, versuchte sie nicht zu viel davon zu trinken. Sie wollte nicht, dass der Alkohol ihr Denken vernebelte.

„Fühlen Sie sich nicht besser?“, fragte der Waliser, als die Platten fast leer waren und Roslynn keinen Bissen mehr herunterbekam. „Und nun zu den Geschäften! Also, Lord Alfred de Garleboine, was führt Sie und Ihre schöne Tochter nach Llanpowell?“

Roslynn hätte fast ihren Schluck Wein ausgespuckt, den sie gerade genommen hatte, obwohl die Bemerkung des Walisers ein lässlicher Irrtum war. Lord Alfred war tatsächlich alt genug, um ihr Vater zu sein.

„Lady Roslynn ist nicht meine Tochter“, antwortete Lord Alfred ernst. „Sie ist …“

„Dann Ihre schöne Frau, nicht wahr?“, rief der Waliser und grinste. „Sie sind ein glücklicher Kerl!“

Lord Alfred konnte kaum empörter blicken, während Roslynn ein kaum bezähmbares Bedürfnis zu kichern verspürte, das so gar nicht zu der Situation passte. „Nein. Sie ist auch ganz sicher nicht meine Frau. Sie ist …“

„Heilige, beschützt uns!“ Lord Madocs Stimme klang, als sei er zwischen Erschrecken und Bewunderung hin- und hergerissen. „Sie wollen doch nicht etwa sagen, sie sei Ihr Kebsweib?“

„Nein!“ Roslynn schnappte nach Luft und unterbrach das Gespräch. „Ich bin nicht seine Geliebte!“

„Dem Himmel sei gedankt“, sagte der Waliser mit offenkundigem Bedauern, während Lord Alfreds Gesichtsfarbe von Rot zu Purpur wechselte.

„Mein Herr“, stieß Lord Alfred hervor, „Lady Roslynn ist auf Anweisung von König John hier.“

„Hat er nun auch weibliche Botschafter?“ Der Waliser blickte erstaunt. Er war von Lord Alfreds Ärger nicht im Geringsten beeindruckt. Statt den Normannen anzureden, wandte er sich an Roslynn. „Interessant, muss ich sagen, und schlau dazu. Ich würde gern den Worten einer schönen Frau lauschen.“

„Wenn Sie mir gestatten würden, es Ihnen zu erklären“, sagte Lord Alfred. Seine Hände umfassten den Fuß des Pokals mit solcher Kraft, als erwürge er ein Huhn. „Lady Roslynn de Werre ist kürzlich Witwe geworden …“

„Oh, ein Jammer!“, rief Lord Madoc aus. Er schaute Roslynn mitleidig an und tätschelte ihren Arm. „Und noch so jung.“

„Verwitwet“, fuhr Lord Alfred mit Nachdruck fort. „Und der König hat …“

Die Tür zur Halle öffnete sich mit einem lauten Knall, und ein großer, bartloser junger Mann mit schulterlangen braunen Haaren trat ein.

Wie die anderen Männer trug er ein Lederwams über einem leichten Hemd, das im Nacken zusammengebunden war, und Wollhosen, die in abgetragenen Stiefeln steckten. Anders als Lord Madoc war er jedoch mit einem Schwertgehänge ausgestattet. Der eiserne Schwertgriff war mit Lederstreifen umwickelt, die vom Alter und ständigem Gebrauch dunkel waren.

Noch etwas unterschied ihn von Lord Madoc. Er war erstaunlich stattlich und gut aussehend. Wild gelocktes Haar umrahmte ein Gesicht mit scharfen Zügen. Eine breite Stirn und braune Augenbrauen überschatteten dunkle Augen, aus denen ein inneres Licht strahlte. Seine Nase war gerade, seine Lippen waren voll und schön.

Als er ihren prüfenden Blick erwiderte, begann sie zu zittern. Aber nicht aus Angst, sondern weil sie glaubte, er könnte ihr heftig klopfendes Herz sehen.

Sie war überrascht, als sie feststellte, dass er über ihre Reaktion nicht erfreut zu sein schien.

Der Herr von Llanpowell rappelte sich auf und eilte dem Ankömmling entgegen. Glücklicherweise zog er damit auch die Aufmerksamkeit des jungen Mannes auf sich. Sie unterhielten sich in schnell dahinsprudelndem Walisisch. Wie es schien, versuchte der ältere Mann den jüngeren zu beruhigen.

Wie sie da so nebeneinander standen, sah es aus, als könnten sie Verwandte sein. Vielleicht Vater und Sohn?

Sie wusste nichts darüber, ob der Herr von Llanpowell verheiratet war, ob er einen Sohn oder weitere Kinder hatte. Eigentlich wusste sie gar nichts über Madoc ap Gruffydd. John hatte ihr nur gesagt, dass der Bär von Brecon mit einer Frau und einer bedeutenden Mitgift belohnt werden sollte, weil er dabei geholfen hatte, die aufrührerischen Pläne ihres toten Ehemanns zu vereiteln – und dass sie diese Frau war.

Was, wenn der Ankömmling sein Sohn war? Ein erwachsener Sohn gefährdete die Stellung einer zweiten Frau – wenn sie den Herrn von Llanpowell heiraten würde.

„Wir sind unhöflich“, sagte der ältere Mann plötzlich im Französisch der Normannen und drehte sich zu den Gästen um. „Komm und lerne unsere Gäste kennen.“

Lord Alfred war bereits aufgestanden, Roslynn folgte seinem Beispiel. Sie ließ ihre Hände unter den langen Ärmeln ihres Kleides verschwinden und hielt ihre Unterarme fest, damit ihre Gastgeber ihr Beben nicht bemerkten.

„Dies ist Lord Alfred de Garleboine, den König John geschickt hat“, sagte der ältere Mann. „Und dies hier ist Lady Roslynn. Weder Lord Alfreds Tochter noch seine Ehefrau oder anderswie mit ihm verwandt. Das arme Ding ist gerade Witwe geworden.“

Der junge Mann stellte sich mit gekreuzten Armen vor ihr auf und betrachtete sie argwöhnisch.

Er verbarg weder seine Gefühle noch seine Gedanken wie die meisten Männer, die sie kannte. Weil er das nicht musste? Weil er genügend Macht und Selbstbewusstsein besaß, um jedem seine Empfindungen und Ansichten offen zu zeigen?

Macht und Selbstbewusstsein. Er besaß offensichtlich beides. Sein Verhalten ließ Lord Alfred als leuchtendes Beispiel eines Höflings erscheinen und seinen Vater als die Gastfreundschaft in Person.

Ebenso schnell wie die Flamme der Begierde in ihr aufgeflackert war, so rasch erstarb das Feuer. Er war kein ungezähmter kriegerischer Prinz, den man bewunderte und begehrte, sondern ein arroganter, mächtiger Mann, der ihr Leid zufügen konnte.

Sie hatte sich geschworen, dass kein Mann sie jemals wieder verletzten würde, ganz egal, was König John befohlen hatte.

Sie dachte an ihre Herkunft und an ihren Stolz. Sie hob das Kinn und begegnete seinem skeptischen Blick. „Ich bin Lady Roslynn de Werre.“

„De Werre?“, wiederholte der jüngere Mann. Er kniff die Augen zusammen. „Wie der Verräter?“

„Ja. Ich war die Ehefrau von Wimarc de Werre, aber weil der König für die Unterstützung Ihres Vaters …“

„Mein Vater?“, unterbrach er sie. „Mein Vater ist seit drei Jahren tot.“

Roslynn schaute von dem jüngeren Mann zu dem älteren und wieder zurück. „Ist Ihr Vater nicht Lord Madoc ap Gruffydd?“

„Nein“, antwortete der junge Mann. „Ich bin der Herr von Llanpowell.“

2. Kapitel

Er war Madoc ap Gruffydd? Dieser junge, starke, arrogante Bursche war der Mann, den sie nach dem Willen von König John heiraten sollte?

Sie ließ sich auf die Bank fallen. Sie konnte sich vorstellen, einen älteren Mann zu heiraten, vor allem, wenn er freundlich und großzügig war. Aber einen vor Kraft strotzenden, eingebildeten Krieger, der sich als ebenso gewalttätig und grausam zeigen konnte wie ihr Ehemann? Das konnte sie nicht hinnehmen.

„Onkel, was hast du gemacht?“, fragte der junge Waliser den Mann, von dem sie angenommen hatten, er sei Madoc ap Gruffydd.

„Unsere Gäste willkommen geheißen. Du warst ja nicht hier“, antwortete der alte Mann, ohne die geringste Reue zu zeigen. „Ich muss vergessen haben, mich vorzustellen, wie es sich gehört. Wen wundert das, angesichts einer so schönen Dame!“ Er lächelte Roslynn an. „Ich bin Lloyd ap Iolo, Madocs Onkel. Ich trage die Verantwortung für Llanpowell, wenn Madoc seine Runden macht.“

Lord Alfred starrte den Mann an, der sie begrüßt hatte. „Was für eine Art walisischer Betrügerei ist das?“

Der wirkliche Lord Madoc betrachtete Lord Alfred mit unverhohlener Verachtung. „Es sind weder Betrug noch Hinterlist im Spiel. Mein Onkel hat die Befehlsgewalt über Llanpowell, wenn ich abwesend bin. Er empfängt auch Gäste in meinem Namen. Wenn er sagt, dass er vergessen hat, sich vorzustellen, dann sagt er die Wahrheit. Eine Kränkung war nicht beabsichtigt.“

Aye. Ein Fehler. Das ist alles. Muss damit zusammenhängen, dass Ihre Ankunft unerwartet war, wissen Sie“, versicherte der Ältere.

„Onkel, sei so nett, und gib der Lady etwas zu trinken“, befahl der junge Herr von Llanpowell. „Sie sieht aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen.“

Roslynn fühlte sich weder schwach noch schwindelig. Im Gegenteil: Sie hatte sich nie lebendiger gefühlt. Sie war empört! Wieder hatte ein Mann sie hereingelegt. Auch wenn die Erklärung dafür harmlos klang und plausibel war – sie bedeutete auch mangelnden Respekt.

Weil sie eine Frau war und dazu noch Gast in diesem Haus, konnte sie ihren Gefühlen keinen Ausdruck verleihen. Und dazu kam auch noch die Ursache ihres Besuchs hier. Also nahm sie den gefüllten Pokal, den ihr Lloyd ap Iolo reichte.

Der junge Mann ging zu einem Stuhl und ließ sich darauf nieder, als sei es ein Thron. „Ich entschuldige mich für den Kummer, den dieses Versehen möglicherweise verursacht hat“, sagte er und sah dabei überhaupt nicht zerknirscht aus. „Vielleicht sind Sie so freundlich und erklären uns, warum Sie Llanpowell besuchen, Lord Alfred.“

„Das habe ich bereits versucht“, schnarrte der Edelmann.

„Ich stehe Ihnen zur Verfügung, Mylord“, entgegnete Madoc ap Gruffydd mit übertriebener Höflichkeit.

Wieder hatte sie den Eindruck, abfällig behandelt zu werden. Ihr Unmut wuchs.

Lord Alfred ging es sicher ebenso, doch er antwortete. Er war Heuchelei und Duckmäusertum vom Königshof gewöhnt. Deshalb erwiderte er gefasst: „König John ist Ihnen für Ihre Unterstützung bei der Niederwerfung der Rebellion dankbar, die Wimarc de Werre angezettelt hat.“

Lord Alfred machte eine Pause, als wolle er Lord Madoc Zeit geben, die Großzügigkeit des Königs zu würdigen.

„Ich komme auch ohne seine Dankbarkeit zurecht“, bemerkte Lord Madoc stattdessen. „Was ist mit der Bezahlung, die mir versprochen wurde?“ Er schaute zu Roslynn herüber. Seine Lippen verzogen sich zu einem verächtlichen Lächeln. „Wollen Sie mir vielleicht sagen, dass ich mit Lady Roslynn belohnt werde?“

Roslynn errötete, wich aber seinem spöttischen Blick nicht aus. „So ist es, Mylord.“

Sie fühlte eine tiefe Befriedigung, als sie sah, dass der Herr von Llanpowell für einen Moment ebenso fassungslos war wie sie, als sie gehört hatte, wer er war.

„Lady Roslynn und ihre Mitgift sind in der Tat Eure Belohnung“, machte Lord Alfred noch einmal deutlich.

„Mitgift? Hat er Mitgift gesagt?“, fragte Lloyd ap Iolo, während sein Neffe nur dasaß und Roslynn anstarrte, als habe ihm jemand einen schweren Gegenstand auf den Kopf geschlagen.

„Ihre Mitgift umfasst achthundert Pfund Sterling, dazu Juwelen und kostbare Haushaltsgegenstände“, fügte Lord Alfred hinzu.

Madoc ap Gruffydd sprang so rasch auf, als hätte jemand seinen Stuhl angezündet. „Mir wurde keine Frau für meine Hilfe versprochen, sondern Geld. Ich will keine Frau, und schon gar keine, die ein anderer Mann für mich ausgesucht hat.“

Roslynn schöpfte Hoffnung. Er würde sie zurückweisen. Ihr würde eine zweite grässliche Heirat erspart bleiben, und der König konnte sie nicht dafür verantwortlich machen.

Lord Alfred erhob sich ebenfalls, er raste nahezu vor Zorn. „Wie können Sie es wagen …?“

Er atmete tief durch und schaffte es, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. „Denken Sie gut darüber nach, Lord Madoc, bevor Sie etwas zurückweisen, was Ihnen der König so großzügig anbietet. Sie bekommen Lady Roslynn und ihre Mitgift – oder gar nichts.“

„Sei vernünftig, Madoc“, mischte sich der Onkel ein. „Das ist eine Menge Geld, diese Mitgift! Außerdem wird es Zeit, dass du wieder heiratest.“

Wieder?

„Und auch wenn du schon einen Sohn hast, wäre ein zweiter besser.“

Er hatte einen Sohn?

„Ich werde weder auf Befehl eines anderen Mannes heiraten noch Kinder zeugen“, antwortete Lord Madoc. „Ich möchte auch nicht, dass eine Frau dazu gezwungen wird, mich zu heiraten.“

Als ob die Wünsche einer Frau für einen Mann wie ihn eine Rolle spielten!

„Lady Roslynn wurde nicht gezwungen“, mischte sich Lord Alfred ein und drehte sich zu ihr um. „Sagen Sie es ihm, Mylady. Sagen Sie ihm, dass Sie aus freiem Willen hierhergekommen sind und dass Sie ihn aus freiem Willen heiraten werden.“

Roslynn hätte lieber geschwiegen und die anderen streiten lassen, aber nun, wo sie dazu aufgefordert wurde, antwortete sie wahrheitsgemäß. „Ich bin weder bedroht noch gefoltert worden, um meine Zustimmung zu diesem Plan zu geben. Es bestanden für mich nur zwei Möglichkeiten: entweder die Bitte des Königs zu erfüllen oder an seinem Hof zu bleiben. Letzteres wollte ich auf keinen Fall.“

„Mylady!“ Lord Alfred schnappte nach Luft, als habe sich noch nie jemand gewünscht, den König und seinen Hof zu verlassen.

Sie ignorierte den Normannen, der sie hierher gebracht und unterwegs wie eine Kiste oder ein Fass behandelt hatte, und wandte sich an den Waliser und seinen Onkel. „Ich hätte allem zugestimmt, was mich in die Lage versetzt hätte, dem Hof den Rücken zu kehren.

Ich bin außerdem eine Frau und wünsche mir einen Ehemann und Kinder. Ich weiß recht gut, dass ich als Witwe eines Verräters als Ehefrau nicht besonders begehrt bin. Daher habe ich dem Befehl des Königs gehorcht und das Beste gehofft.

Sie sollten auch wissen, Mylord, dass dieses Angebot den König nichts kostet. Die Mitgift ist wesentlich geringer als die, die ich in meine erste Ehe eingebracht habe. Das Geld und die anderen Besitztümer gingen in das Eigentum meines Mannes über und fielen an die Krone, als er wegen Verrats angeklagt und hingerichtet wurde. John hat dem, was ich mitbringe, nichts hinzugefügt. Der König hat mich zu Ihnen geschickt wie er einem Bettler einen gebrauchten Umhang schicken würde.“

Lord Alfred sah aus, als würde er gleich explodieren. „Mylady, das ist nicht …“

„Es ist die Wahrheit, Mylord, und wir beide wissen es“, unterbrach sie ihn mit fester Stimme. Sie faltete ihre Hände im Schoß, um eine Gelassenheit vorzutäuschen, die sie durchaus nicht spürte. „Ich möchte nur, dass Lord Madoc es auch weiß.“

Als der walisische Edelmann sie aufmerksam musterte, wurde ihr warm – und der Grund dafür war nicht ihre Empörung. Er war ein attraktiver Mann, auch wenn er ein ungezügeltes Temperament hatte, sein Haar schulterlang wie ein Wilder trug und wenig besser gekleidet war als einer seiner Soldaten.

Darin war er übrigens das Gegenteil von Wimarc, der sich nur in Seide und andere edle Stoffe gekleidet und sein Haar nach normannischer Mode getragen hatte. Wimarc hatte nie so ausgesehen, als sei er gerade von einem langen Ritt durch die Moore heimgekehrt.

„Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen, Mylady“, sagte Lord Madoc. Sein Ton war nun ein wenig freundlicher. „Doch Sie unterschätzen sich. Sie sind mit einem gebrauchten Umhang nicht im Entferntesten zu vergleichen.“

Das kleine Lächeln und das Kompliment würden sie nicht erreichen. Keineswegs. Seine tiefe Stimme würde sie nicht beeinflussen. Sie würde sich nicht von diesem Mann beeindrucken lassen, egal wie er aussah oder sprach. Sie spürte die Erregung in sich, und sie schwor sich, sie würde dagegen ankämpfen. Dieselbe Schwäche hatte sie schon einmal in die Arme eines Mannes getrieben. Eines schrecklichen Menschen. Sie würde auch nicht auf seine Schmeichelei antworten. Nein.

„Was wird mit der Dame geschehen, wenn wir nicht heiraten?“ Lord Madoc wandte sich an Lord Alfred.

„Wir werden gemeinsam zum Hof zurückkehren, um den König darüber zu informieren, dass sie zurückgewiesen wurde“, antwortete der Normanne fest.

„Nein, das werden wir nicht, Mylord.“

Roslynn hatte an diese Möglichkeit gedacht und bereits entschieden, was sie in einem solchen Fall tun würde. „Sie und meine Mitgift können zurückkehren, Lord Alfred. Aber ich werde eher den Schleier nehmen und Nonne werden, als wieder am Königshof zu leben.“

Lord Alfred starrte sie an, als sei sie wahnsinnig geworden. „Aber der König …“

„Mag Gründe haben, das zu bedauern. Wenn Lord Madoc mich zurückweist, kann der König nicht behaupten, ich sei ungehorsam gewesen. Wenn Sie Angst davor haben, ohne mich zurückzukehren, so sagen Sie dem König, ich sei melancholisch geworden. Nur ein Leben als Braut Christi biete die Chance, meinen Geist wieder heilen zu lassen. Ich bin sicher, dass meine Mitgift ihn über meine Abwesenheit hinwegtrösten wird.“

Der Herr von Llanpowell nahm wieder Platz. „Wie es scheint, stimmen die Dame und ich in einem Punkt überein: Wir werden nicht heiraten, nur weil König John das möchte.“

Lord Alfred ballte die Fäuste. „Darf ich Sie beide erinnern, dass es niemals klug ist, die Wünsche eines Königs zu missachten?“

„Vielleicht ist es nicht klug von John, meine Wünsche zu missachten“, erwiderte Lord Madoc. „Ich zweifle, ob er es sich leisten kann, die Freundschaft eines Mannes aufs Spiel zu setzen, der Verbündete in den Marschen hat. Aber glücklicherweise habe ich das Geschenk des Königs ja noch nicht zurückgewiesen. Sie ist immerhin eine sehr schöne Frau. Keck auch. Die meisten Männer mögen anschmiegsame Frauen, ich hingegen bevorzuge welche, die offen aussprechen, was in ihnen vorgeht – so wie es diese Dame hier macht. Also kann es sein, dass ich das Geschenk doch annehme.“

Das meinte er ganz sicher nicht! Warum verhielt er sich im einen Moment so offensichtlich ablehnend gegenüber dem königlichen Angebot und wurde im nächsten wankelmütig? Wahrscheinlich war die Mitgift der Grund dafür!

„Aber wie ich bereits sagte, die Dame muss zustimmen.“

Was sie nicht tun würde, egal wie ansehnlich er sein mochte.

Wahrscheinlich versuchte er die Verantwortung für das Scheitern der Pläne des Königs auf sie abzuwälzen.

„Das ist doch absurd! Sie ist nur eine Frau!“, protestierte Lord Alfred. „Sie hat kein Recht auf eine eigene Meinung.“

„In meiner Halle schon“, antwortete Lord Madoc. „Nun, Mylady? Was sagen Sie?“

Sie würde sich nicht von ihm einfangen lassen. Falls er erwartete, dass sie Ja oder Nein sagen würde, so irrte er sich. „Wir sind gerade erst angekommen“, äußerte sie stattdessen. „Muss ich sofort antworten?“

„Nein“, erwiderte Lord Madoc. „Wir sollten uns beide die Zeit nehmen, um zu entscheiden, ob wir zusammenpassen.“

„Ich sollte ohne Verzögerung zum König zurückkehren“, erklärte Lord Alfred. „Es ist von höchster Wichtigkeit, dass dies hier erledigt wird.“

„Er hat monatelang damit gewartet, seine Schuld zu begleichen. Ich denke, er kann sich ein paar Tage gedulden“, sagte der Herr von Llanpowell und stand auf. „Sie können das Wetter in Wales dafür verantwortlich machen, Mylord, falls Sie eine Rechtfertigung brauchen. Ich bitte Sie, mich jetzt zu entschuldigen. Ich muss meinen Verwalter aufsuchen und ihm mitteilen, dass wichtige Gäste da sind. Onkel, kümmere dich um die Unterbringung von Lord Alfred und seinen Männern.“

Aye, Neffe, mit Vergnügen“, bemerkte der Ältere mit einem breiten Grinsen.

„Bron“, fuhr Lord Madoc fort, „zeig Lady Roslynn das Gemach im südlichen Turm. Sie wird sich bis zum Abendbrot ausruhen wollen.“

Obwohl es ihr missfallen hatte, dass Madoc ap Llanpowell sie so selbstherrlich weggeschickt hatte, war Roslynn froh, allein zu sein. Sie benötigte Zeit, um über all das nachzudenken, was seit ihrer Ankunft auf Llanpowell geschehen war.

Die Turmkammer, zu der die Bedienstete sie gebracht hatte, war erstaunlich bequem eingerichtet, wenn auch ein wenig staubig. Die Möbel – ein Himmelbett, ein kleiner hölzerner Tisch, ein Hocker und ein Waschtisch – waren alt, aber gut gepflegt. Der leinene, leuchtend blau gefärbte Bettvorhang hing an Bronzeringen. Nichts wies darauf hin, dass der Raum vor Kurzem benutzt worden war.

Vielleicht war die Kammer Gästen vorbehalten, und der Herr hatte in einem anderen Teil der Burg schönere Räume.

Sie schlenderte zu dem kleinen Fenster und schaute hinaus. Der Blick war nicht besonders erbaulich: Sie konnte nichts weiter als die innere Burgmauer erkennen.

Andererseits hatte sie vielleicht genug von dieser Burg und dem Land, das dazugehörte, gesehen. Sehr wahrscheinlich würde sie hier nicht lange bleiben.

Auch wenn sie den König nicht um jeden Preis verärgern wollte, würde sie es tun, wenn es nicht anders möglich war. Sie würde lieber John gegenübertreten und seinen Ärger ertragen, als einen heißblütigen Mann heiraten, der vielleicht grausam war und sie unglücklich machen würde. Das kannte sie bereits. Sie würde ein solches Leben nicht noch einmal ertragen.

Sie hörte das Geräusch schwerer Stiefel auf der Treppe und drehte sich zur Tür, die im selben Moment von Lord Alfred aufgerissen wurde.

„Bei allen Heiligen, Mylady!“, erklärte er, während er ungebeten in die Kammer trat. „Ich bereue, dass Sie mir jemals leidgetan haben.“

Er blieb stehen, stützte die Hände auf die Hüften und sah sie an. „Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?“

„Ich bin Lady Roslynn de Werre, die Tochter von Lady Eloise und Lord James de Briston“, antwortete sie. Sie fürchtete den Zorn Lord Alfreds nicht. So weit vom Königshof entfernt, hatte er kaum Macht über sie.

Ihre schlichte Antwort linderte Lord Alfreds Ärger nicht. „Welche Art von Intrige spinnen Sie, Mylady? Sie haben auf der Reise hierher nie aufbegehrt.“

„Ich spinne keine Intrigen. Wie ich gesagt habe: Ich habe nichts gegen die Heirat einzuwenden. Ich werde nur nicht zum Hof zurückkehren, wenn Lord Madoc mich nicht will. Sie wissen, mit welchen Männern sich John umgibt. Wundert es Sie wirklich, dass ich dorthin nicht zurückkehren will?“

Lord Alfred gab keine direkte Antwort, wahrscheinlich, weil ihm ganz genau bekannt war, was das für Personen waren. „Sie hätten dem König von ihren Gefühlen erzählen sollen.“

Als ob John sich dafür interessierte! Aber das sagte sie nicht. Stattdessen entgegnete sie: „Er hätte mir auch mehr über Madoc ap Gruffydd erzählen sollen.“

„Damit Sie Gründe hätten, dem Willen des Königs zu trotzen?“

„Um zu erfahren, welche Art von Mann ich heiraten soll. Er scheint ein unausgeglichener Wilder zu sein, der es amüsant findet, uns wie Dummköpfe aussehen zu lassen. Ich hätte vor allem wissen müssen, dass er bereits einen Sohn hat. Jeder weitere Sohn, den ich ihm gebären würde, wäre diesem Sohn nachgestellt und könnte den Besitz nicht erben.“

„Jedes meiner Kinder wird – abgesehen vom Titel – einen gleich großen Anteil meiner Hinterlassenschaft erben“, erklärte der Wilde von der Tür aus.

Roslynn und Lord Alfred wirbelten herum und blickten Lord Madoc an, der mit gekreuzten Armen auf der Türschwelle stand.

Um Gottes willen! Wie viel hatte er gehört?

„Diese Entscheidung habe ich bereits getroffen, bevor ich einen Nachfolger hatte. Und dabei werde ich bleiben, falls ich mit weiteren Kindern gesegnet werde“, fuhr er fort, während er in die Kammer schlenderte. Er hob die Augenbrauen. „Darf ich fragen, was Sie im Gemach einer Dame tun, Mylord?“

Lord Alfred richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Als Vertreter des Königs haben ich das Recht, privat mit ihr zu sprechen.“

„Aber nicht in meiner Burg.“

Der Normanne sah aus, als hätte Lord Madoc ihn geohrfeigt. „Ich bin ein ehrenhafter Mann!“

„Das sagt Ihr, aber Worte kosten nichts.“

„Dann hören Sie mir zu“, erklärte Roslynn mit zunehmender Wut. „Was immer auch mein Mann war, ich bin eine ehrenhafte Frau, und die Beziehung zwischen mir und Lord Alfred hat nichts Unziemliches!“

„Das hoffe ich.“

„Lord Madoc“, zischte sie ihn an, „wenn Sie nur hierhergekommen sind, um uns zu beleidigen …“

„Ich bin hierhergekommen, um mit Ihnen zu sprechen, Mylady – am liebsten ohne die Anwesenheit dieses königlichen Lakaien.“

„Mylord!“, schnaubte Lord Alfred. Seine Hand glitt zum Schwertknauf. „Ich bin der Abgesandte des Königs und daher für Lady Roslynn verantwortlich. Solange sie nicht mit ihr verheiratet sind, ist es ausgeschlossen, dass Sie mit ihr allein sind.“

Der Waliser blickte Lord Alfred drohend an. „Glauben Sie, ich würde ihr Gewalt antun?“

Roslynn kämpfte gegen die Angst an, die diese Worte in ihr auslösten. In ihrem Inneren formten sich scheußliche Bilder, schreckliche Erinnerungen stiegen in ihr hoch. Sie trat einige Schritte zurück und griff nach dem Dolch, den sie in ihrem Gürtel trug. Er war klein, aber scharf, und sie würde ihn benutzen, wenn sie musste. Sie würde es nie wieder zulassen, dass ein Mann ihr Gewalt antat. Nie wieder.

„Sie steht unter dem Schutz des Königs!“, rief Lord Alfred und griff nach seinem Schwert.

„Der, soweit ich höre, Frauen an seinem Hof dauernd misshandelt, selbst die Ehefrauen anderer Männer und deren Töchter“, antwortete der Waliser. „Warum sollte ich es nicht riskieren, wenn wir ohnehin heiraten? Die Lady würde sich sicher nicht wehren.“

Um Gottes willen! Er könnte sogar noch schlimmer als Wimarc sein!

Lord Alfred zog sein Schwert und stellte sich vor sie. „Sie berühren sie auf eigene Gefahr, Waliser! Sie ist in meiner Obhut. Ich werde ihre Ehre mit meinem Leben beschützen.“

Einen kurzen Moment lang dachte sie, die beiden würden sich schlagen. Dann atmete der Herr von Llanpowell tief durch und schüttelte sich wie ein Bär. Sein Ärger schien verflogen. „Dass Sie die Lady verteidigen, ist aller Ehren wert, Lord Alfred. Sie können Ihr Schwert wegstecken. Die Tugend von Lady Roslynn ist bei mir in guten Händen. Ich habe noch nie einer Frau Gewalt angetan und werde es auch niemals tun. Dummerweise kann ich schlecht einschätzen, ob ein Normanne ehrenhaft ist oder nicht. Jetzt bin ich sicher, dass Sie es sind.“

Roslynn schob Lord Alfred beiseite. „War das eine Art Probe, Sie walisischer Ochse? Wollten Sie so feststellen, ob Lord Alfred ein Ehrenmann ist und ich eine ehrenhafte Frau bin?“ Ihr Körper zitterte vor Empörung. „Vielleicht haben Sie gehofft, mich in Lord Alfreds Armen zu finden? Das hätte eine vorzügliche Begründung abgegeben, mich zurückzuweisen und sich vom König eine andere Belohnung geben zu lassen! Wie dumm für Sie, dass Ihr Plan nicht aufgegangen ist! Ich schätze die Ehre ebenso hoch wie jeder Mann.“ Sie zeigte auf die Tür. „Gehen Sie!“

Er zog die Brauen hoch, bewegte sich aber nicht.

„Gehen Sie!“, wiederholte sie mit Nachdruck. Als er sich immer noch nicht bewegte, zog sie ihren Dolch aus dem Gürtel.

Mit zwei großen Schritten trat der Herr von Llanpowell auf sie zu und umfasste ihren Unterarm. Er wirkte wie ein erzürnter Gott. Sie hatte noch nie einen wütenderen Mann gesehen. Nicht einmal Wimarc hatte so zornig gewirkt, als man ihn gefasst hatte. Zu Tode erschrocken drehte sie sich weg, riss ihren freien Arm hoch und hielt ihn schützend über ihren Kopf. Sie erwartete Schläge, Verwünschungen und Tritte.

Stattdessen ließ er sie los, und sie hörte seine ruhige, feste Stimme: „Ich werde Sie nicht schlagen, Mylady. Auch wenn Sie eine Waffe gezogen haben und ich jedes Recht habe, mich zu verteidigen – selbst bei einer Frau.“

Obwohl sie ihn nicht kannte, glaubte sie seinen Worten. Ihre Angst ließ nach. „Ich habe das Messer nur gezogen, weil ich es nie wieder gestatten werde, dass ein Mann mich gegen meinen Willen nimmt.“

Lord Madoc sah sie überrascht an. Sie sah Mitleid in seinem Blick, als sei sie ein armes, bedauernswertes Ding.

„Ich bin nicht von einem Fremden vergewaltigt worden“, beeilte sie sich zu erklären. „Es war kein Dieb oder Streuner, der mir das angetan hat. Es war mein Ehemann. Unser Bett war der Ort seiner Vergnügungen, nicht meiner.“

Lord Alfred errötete. „Wenn er Euer Ehemann war, dann war es sein Recht …“

„Lassen Sie uns allein, Mylord“, befahl Lord Madoc. „Ich werde nur mit der Dame sprechen. Ich werde sie nicht anfassen.“

Roslynn sah ihm an, dass er die Wahrheit sagte. Seine tiefen braunen Augen schienen wie ein offenes Buch, in dem seine Gefühle zu lesen waren. Vielleicht war das hier ihre einzige Chance, ihre Freiheit sicherzustellen. Deshalb würde sie sie ergreifen. Wenn er sie doch belog, hatte sie immer noch ihren Dolch.

Lord Alfred hatte jedoch kein Interesse daran, den Raum zu verlassen. „Es ist sehr ungewöhnlich …“

„Mylord, bitte.“

Lord Alfred schob sein Schwert zurück in die Scheide. „Nun gut, ich werde gehen. Aber ich möchte, dass Sie dies wissen, Mylord, ich werde nicht wie ein Hund auf der Schwelle warten. In zwei Tagen werde ich zum Hof zurückkehren, mit oder ohne Lady Roslynn. Wenn diese Hochzeit nicht stattfindet, bin ich nicht dafür verantwortlich.“

3. Kapitel

Nachdem Lord Alfred gegangen war, wandte sich Lord Madoc Roslynn zu und betrachtete sie, als habe er noch nie zuvor eine Frau gesehen. „Sie hätten mich umgebracht, wenn ich Sie angefasst hätte, nicht wahr?“

Sie sah keinen Grund, das abzustreiten. „Ja. Ich meine, was ich gesagt habe.“

„Ich habe auch gemeint, was ich gesagt habe. Ich habe noch nie in meinem Leben eine Frau gegen ihren Willen genommen – und ich werde es auch niemals tun. Ich werde niemals eine Frau oder einen Bediensteten schlagen. So etwas tun nur Rohlinge und Feiglinge.“

Worte waren nur Worte. Wie konnte einem Mann mit seinem Temperament nicht irgendwann einmal die Hand ausrutschen?

Er ging an ihr vorbei zum Fenster, schaute zur Mauer herüber und begann zu sprechen, ohne sie anzusehen. „Ihre Heirat mit Wimarc … Hat man Sie dazu gezwungen?“

„Nein, Mylord“, sagte sie, obwohl das Bekenntnis sie schmerzte und beschämte. „Ich glaubte, er würde mich lieben. Dann aber entdeckte ich, dass Wimarc nur meine Mitgift wichtig war. Außerdem hatte er eine Frau, die er missbrauchen konnte, sobald ihm danach zumute war. Schlimmer noch: Er war ein Verräter. Obwohl ich unschuldig war, hätte ich auch leicht hingerichtet werden können. Könige sind misstrauisch. Wenn sich nicht Freunde für mich eingesetzt hätten, mein Schicksal hätte ein anderes sein können.“

„Also hat der König Sie am Leben gelassen, um sie als Werkzeug zu benutzen, als Geschenk.“

Was sollte sie dazu sagen? Es war die Wahrheit.

Autor

Margaret Moore
<p>Margaret Moore ist ein echtes Multitalent. Sie versuchte sich u.a. als Synchronschwimmerin, als Bogenschützin und lernte fechten und tanzen, bevor sie schließlich zum Schreiben kam. Seitdem hat sie zahlreiche Auszeichnungen für ihre gefühlvollen historischen Romane erhalten, die überwiegend im Mittelalter spielen und in viele Sprachen übersetzt wurden. Sie lebt mit...
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