Dornröschen lernt küssen

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Seit Duke Merchon, Sicherheitschef bei Pryce Enterprises, zufällig im Büro beobachtete, wie Cami Jones ihren Seidenstrumpf befestigte, träumt er jede Nacht davon, sie lustvoll zu verwöhnen. Doch Duke hat sich nach seiner unglücklichen Ehe geschworen, auf jegliche Bindungen zu verzichten. Und Cami ist keine Frau, die sich auf eine Affäre einlassen würde - sie wünscht sich sehnlichst eine Familie. Immer wieder sagt sich Duke, dass er die Finger von Cami lassen muss, aber als sie zusammen mit dem Fahrstuhl stecken bleiben, siegt die Leidenschaft. Heiß beginnt er Cami zu küssen - ihren herrlich weiblichen Körper zu streicheln ...


  • Erscheinungstag 26.09.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733759384
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Bitte halten Sie den Fahrstuhl an!“, rief eine melodische Frauenstimme.

Duke Merchon streckte die Hand aus, um den Mechanismus der Tür zu blockieren. Eine zierliche junge Frau mit lockigem braunem Haar, die ihm gerade mal bis zur Brust reichte, stieg ein. Sie trug ein locker sitzendes, bunt gemustertes Sommerkleid. Intelligente braune Augen hinter einer gesprenkelten Hornbrille musterten Duke. Obwohl auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches an der jungen Frau war, schien sie vor Energie zu sprühen.

„Danke.“ Sie lächelte ihn an. „Ich habe es nämlich eilig. Ich muss zu einem Treffen mit dem Big Boss.“

„Welches Stockwerk?“

„Vierzehntes, bitte.“

Duke lehnte lässig an der Wand und beobachtete, wie sie sich in die reichlich volle Kabine schob. Trotz der drückenden Hitze in Atlanta machte sie ein freundliches Gesicht und kam gleich mit einigen Leuten ins Gespräch.

Von Stockwerk zu Stockwerk leerte sich der Fahrstuhl allmählich, bis nur noch sie beide darin zurückblieben. Im zehnten Stock schloss sich die Tür zwar wieder, aber der Lift setzte sich nicht in Bewegung. Duke wartete aufmerksam ab, denn sein Team und er waren auch für die Sicherheit der höher gelegenen Manageretagen verantwortlich.

„Sie steigen also hier nicht aus?“, fragte ihn die junge Frau und schob ihren ledernen Aktenkoffer von der linken in die rechte Hand.

„Nein, mein Büro ist im zwölften Stock.“

Lächelnd legte sie den Kopf auf die Seite. „Okay, ich werde Ihnen vertrauen.“

Dann streckte sie ihre Hand aus, um den Zugangscode für die Manageretagen einzugeben. Wie kann sie mir vertrauen, wenn sie mich heute zum ersten Mal sieht? fragte sich Duke. Als Leiter der Sicherheitsabteilung war er nicht davon erbaut. Eigentlich hätte er sie in sein Büro bitten und ihr eine Rüge erteilen sollen. Er drückte auf „Stopp“.

„Was ist?“ Sie zog die Brauen hoch.

„Miss, es gibt eine Sicherheitsrichtlinie der Firma, die es verbietet, den Zugangscode für die oberen Etagen einzugeben, wenn man die Identität von Mitfahrenden nicht kennt.“

Sie nickte. „Ich bin Cami Jones. Bisher habe ich als Bibliothekarin gearbeitet, aber in den nächsten Monaten bin ich hier in der Firma für die Organisation besonderer Veranstaltungen verantwortlich.“

Duke hatte ihren Namen schon mal gehört. Sie würden also zukünftig zusammenarbeiten. Es amüsierte ihn, wie sie sich vorgestellt hatte. Es hatte sich angehört, als ob sie sich in ihrer neuen Rolle noch nicht ganz sicher fühlte. Er blieb ernst. „Duke Merchon, Leiter der Sicherheitsabteilung.“

„Oh nein!“

„Oh ja!“

Sie stellte ihren Aktenkoffer ab und hielt ihm theatralisch die Handgelenke hin. „Na schön, nehmen Sie mich fest.“

Er biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen. Diese Frau hatte fast etwas Rührendes und wirkte sehr sympathisch. Er hätte ihr Lächeln zu gern erwidert, aber er hielt nichts von freundlichen Gesten, die waren ihm zu verbindlich. So etwas hätte zu einer Beziehung führen können, und Beziehungen machten das Leben seiner Erfahrung nach kompliziert. Also drückte er stumm den Knopf für den vierzehnten Stock.

Als sich die Tür öffnete, nahm Cami ihren Aktenkoffer und stieg eilig aus. Dann wandte sie sich noch einmal zu Duke um. „Ich dachte, Ihr Büro wäre im zwölften Stock.“

„Ist es auch.“

„Okay, Mr. Merchon, auf Wiedersehen.“ Mit sanft schwingenden Hüften entfernte sie sich.

Ihm wurde bewusst, wie anziehend er sie fand. Sie war jung, süß und sexy und hatte eine sehr weibliche Ausstrahlung. Er schaute ihr interessiert nach.

Er wunderte sich, dass er den Wunsch verspürte, mit ihr zu flirten. Er besaß sonst stets eine zuverlässige Selbstkontrolle.

Er griff mit der rechten Hand in die Jacketttasche und tastete nach Rebeccas Ring. Er trug ihn immer bei sich, sozusagen als Talisman. Der Ring erinnerte ihn daran, dass er lieber keine Kontakte knüpfen sollte. Diese junge Frau mit dem reizenden Lächeln war schon gar nichts für ihn.

Obwohl er heute Nachmittag ebenfalls zu dem Treffen der Führungskräfte eingeladen war, fühlte er sich ein wenig befangen, während er Cami Jones in den Konferenzraum folgte. Doch das war in dem Moment vorbei, als Max ihm zuwinkte. Selbstbewusst näher er sich dem Vorstandsvorsitzenden von Pryce Enterprises.

Als Leiter der Sicherheitsabteilung kannte Duke eine Vielzahl von Leuten. Pryce Enterprises war ein bekanntes Unternehmen der Medienbranche, mit eigenem TV-Sender und einem weltweiten Nachrichtennetz. Vor fünf Jahren, als Max Williams bei Pryce geschäftsführender Vorstand wurde, hatte er Duke mit in die Firma gebracht. Duke fühlte sich in Atlanta immer noch nicht wohl. Es gab hier zu viele unangenehme Erinnerungen für ihn.

Jetzt bemerkte er, wie Cami Jones ihn mit großen Augen und leicht geröteten Wangen ansah. Ob sie nach einer Liebesnacht auch so aussieht, schoss es ihm durch den Kopf und rief sich gleich darauf zur Ordnung.

Außerdem war sie nicht unbedingt sein Typ. Dass er trotzdem so stark auf sie reagierte, musste daran liegen, dass sie nur so vor Energie sprühte. Sein männlicher Instinkt sprang instinktiv darauf an. So etwas war Duke noch nie passiert, und allmählich begann er, sich Sorgen zu machen. Normalerweise konnte ihn nichts und niemand von seinem Job ablenken.

Mit einem Lächeln auf den Lippen bewegte sie sich durch den Raum nach vorn. Duke beobachtete aufmerksam, wie sie das Flip-Chart-Gestell für ihre Präsentation aufbaute.

Eigentlich brauchte er an den Meetings der Geschäftsleitung nicht teilzunehmen. Die meisten Entscheidungen, die seine Aufgabe betrafen, wurden sowieso nicht im größeren Kreis diskutiert, sondern waren eine Sache zwischen Max und ihm. Max vertraute ihm bedingungslos.

Aber seit Kurzem erhielt die Geschäftsleitung Drohbriefe, und man konnte nie wissen, wo genau der Feind saß. So nahm Duke heute ausnahmsweise an dem wöchentlichen Meeting teil, ebenso wie die durchschnittlich aussehende, aber ausgesprochen nette Cami Jones.

Als der Konferenzraum sich gefüllt hatte und jeder seinen Platz, möglichst in der Nähe des Big Boss, eingenommen hatte, begann Cami mit ihrem Vortrag.

Ohne Umschweife kam sie auf die bevorstehende Jubiläumsgala der Firma zu sprechen. „Ich werde Ihnen zunächst den Entwurf für die Dekoration der Räumlichkeiten vorstellen.“

In dem Moment, als sie sich über ihren Aktenkoffer beugte, um schnell noch etwas herauszusuchen, passierte es. Sie stieß mit dem Rücken gegen das Flip-Chart-Gestell, sodass die vorbereiteten bunten Poster und Folien auf beiden Seiten zu Boden segelten. Duke verkniff sich das Lachen, als Max ihm mit einem Blick bedeutete, Cami zur Hilfe zu eilen.

Die Rolle des Retters war ihm vertraut. Wem hätte er lieber geholfen als dieser reizenden jungen Frau in ihrer Not?

Cami Jones murmelte etwas von verbindlichem Dank, während er ihr half, Papiere und Folien aufzulesen. Ihre Stimme klang auch in dieser Stresssituation immer noch samtweich, jedoch nicht mehr ganz so melodisch wie vorher.

„Miss Jones …“, begann Duke.

„Schon gut“, flüsterte sie, während sie ihre Brille zurechtrückte. „Sagen Sie jetzt besser nichts.“ Sie legte vertrauensvoll die Hand auf seinen Arm und richtete sich rasch wieder auf.

Ihre Berührung elektrisierte Duke. Obwohl er Camis Hand nur für einen Moment durch den Stoff seines Anzugs gespürt hatte, breitete sich ihre Wärme in ihm aus. Was ist nur mit mir los? dachte Duke. Vielleicht sollte er mal wieder mit einer Frau ausgehen.

Er ging zurück auf seinen Platz, aber auch dort konnte er sich Camis Zauber nicht entziehen. Die neue Event-Managerin faszinierte ihn. Nicht gerade die beste Voraussetzung für eine berufliche Zusammenarbeit, dachte er. Er würde bei der großen Gala einiges zu tun bekommen. Zum Firmenjubiläum würden neben der gesamten Geschäftsleitung wichtige Größen aus Politik und Wirtschaft anwesend sein. Außerdem waren nicht nur die Fernseh-Stars ihres Senders eingeladen, sondern auch etliche hochkarätige Sportler, die Max sponserte.

Cami nahm jetzt ihre Unterlagen und wollte ihren Vortrag fortsetzen, da bemerkte sie, dass die Folien nicht mehr in der richtigen Reihenfolge lagen. Sie biss sich etwas ratlos auf die Unterlippe, bevor sie zu improvisieren anfing.

Von da an hatte Duke nur noch Augen für ihren Mund. Diese schönen vollen Lippen sind wie zum Küssen gemacht, ging es ihm durch den Kopf. Aber er wehrte sich gegen solche Gedanken, denn diese sympathische junge Frau schien der reinste Unschuldsengel zu sein.

Dennoch ließ er sie nicht aus den Augen, und er merkte, wie sie ihr Publikum durch ihre Begeisterung fesselte. Ihr Lächeln war warm, wenn sich dahinter auch eine gewisse Nervosität verbarg. Duke spürte deutlich, dass sie das Leben mit all seinen Herausforderungen liebte. Sie musste eine sehr glückliche Kindheit gehabt haben und vielleicht so etwas wie Urvertrauen mit in die Wiege gelegt bekommen haben.

Duke war als Waise aufgewachsen. Obwohl seine Erzieher im Heim ihn fair behandelt hatten, hatte er sich immer nach der Liebe und Geborgenheit einer Familie gesehnt.

Aufmerksam lauschte Duke Camis Worten. Er mochte ihre Stimme, aber auch ihre Art sich auszudrücken und die Dinge beim Namen zu nennen. Ihr Vortrag verriet neben ihrer Intelligenz eine gewisse Unerfahrenheit, die sie nur umso sympathischer erscheinen ließ.

„Diese Jubiläumsgala wird eine großartige Veranstaltung“, versicherte Cami zum Schluss. „Die Aufgabe erfordert sowohl Kompetenz als auch Kreativität und Fingerspitzengefühl. Ich bin sicher, dass ich die richtige Frau dafür bin.“

„Miss Jones, Sie haben uns überzeugt“, erklärte Max darauf zufrieden.

Max war gebildet und warmherzig, und er besaß eine Familie. Offenbar teilten jedoch nicht alle Manager seine Meinung über Cami. Von irgendwoher vernahm Duke ein leises amüsiertes Lachen. Er fragte sich erbost, wer es wagte, sich über Cami lustig zu machen. Natürlich unterschied sie sich von den erfahrenen Managern im Nadelstreifen, die hier beisammensaßen. Vor Freude über Max’ Worte war sie sogar sanft errötet. Am liebsten hätte Duke jetzt schützend seinen Arm um sie gelegt.

Zum Glück lächelte ihr Max aufmunternd zu. „Trotz der Panne am Anfang Ihres Vortrags, Miss Jones, glaube ich, dass Sie eine gute Event-Managerin sind und diese Aufgabe schon meistern werden. Ich habe Mr. Merchon, unseren Sicherheitschef, gebeten, schon bei der Organisation der Gala eng mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“

„Gibt es denn besondere Sicherheitsprobleme? Ich hatte mir eigentlich vorgestellt, dass der Sicherheitsdienst erst später hinzugezogen wird.“

„Einige Punkte sollten von Anfang an beachtet werden, Miss Jones“, erwiderte Max sachlich. „Mr. Merchon wird Sie vertraulich darüber informieren.“

In diesem Moment stand Duke auf, um ihr die Hand zu reichen. Eigentlich hatte er sich das Händeschütteln während seines Einsatzes für Pryce Enterprises in Japan abgewöhnt. Er zog die japanische Sitte vor, sich kurz zu verbeugen. Aber jetzt kam ihm die Gepflogenheit gerade recht.

Als er Camis Hand drückte, spürte er wieder dieses aufregende warme Kribbeln. Er hatte es sich also vorhin nicht nur eingebildet.

Ihre Hand war klein, hatte aber schmale lange Finger. Für einen Moment stellte Duke sich vor, wie Camis Finger mit den langen Nägeln ihn berührten. Nachdenklich blickte er sie an. Warum löste sie in ihm solche Gedanken aus, obwohl sie nicht sein Typ war?

Sie war klein und zierlich, wirkte fast ein wenig zerbrechlich. Eine Frau, die er mit seiner rauen Art schnell verletzen konnte. Er wagte es, in ihre großen tiefbraunen Augen zu schauen, und entdeckte in ihnen einen warmen Glanz.

Cami fing seinen Blick auf, schaute dann jedoch wieder weg. Duke hatte eine etwas einschüchternde Wirkung auf Frauen. Rebecca, seine verstorbene Frau, pflegte zu sagen, dass selbst eine ganze Versammlung von Frauen unter seinen Blicken verstummen würde.

„Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit, Mr. Merchon“, hörte er Cami sagen.

Das glaubte er ihr nicht ganz. Sie war genau der Typ, der eine Aufgabe allein meistern wollte. Andererseits war Cami klug genug, um ihm das nicht gleich auf die Nase zu binden.

Er nickte ihr zu. „Nennen Sie mich Duke.“

„Ich heiße Cami.“

Dann ist ja eigentlich alles okay, ging es ihm durch den Kopf. Er hielt nicht viel davon, um jeden Preis Konversation zu machen. Duke war kein unhöflicher Mensch, aber sein Job gab ihm wenig Gelegenheit, soziale Kontakte zu pflegen. Dennoch sagte er zu Cami: „Lassen Sie mich Ihnen helfen, das Material für Ihre Präsentation zum Fahrstuhl zu bringen.“

Sie verstaute die Folien in ihrem Aktenkoffer und griff nach ihrer Handtasche. „Danke, es geht schon.“

Ein unglücklicher Zufall wollte es jedoch, dass ihr beim Verlassen des Konferenzraums die Tür entgegenschlug. Der Aktenkoffer flog hoch, und sie hätte vollends das Gleichgewicht verloren, wenn Duke sie nicht festgehalten hätte.

„Hoppla!“ Es konnte abenteuerlich werden, mit Cami zusammenzuarbeiten. Dabei legte er größten Wert darauf, immer alles unter Kontrolle zu haben. Er hatte jedoch das Gefühl, dass er bei Cami in dieser Hinsicht zurückstecken musste, sie würde sich stets unberechenbar verhalten. Vielleicht war es die größte Herausforderung seit seinem Eintreten in die Firma, mit ihr zusammenzuarbeiten. Eigentlich war es erstaunlich, dass er bis jetzt nichts von ihr gehört hatte.

„Ich fürchte, ich muss darauf bestehen, Ihnen behilflich zu sein“, erklärte er trocken.

Sie lächelte etwas ironisch. „Befürchten Sie, dass ich bei Pryce nicht hoch genug versichert bin, wenn mir etwas passiert?“

Duke hielt sich höflich zurück und zuckte nur die Schultern. „Sehen Sie es doch einfach so, dass ich mich wie ein Gentleman benehmen möchte.“

„Okay“, erwiderte sie. Er nahm ihr den Koffer ab, und sie gingen gemeinsam zum Fahrstuhl. „Aber ich weiß schon, wovor Sie Angst haben“, fügte sie hinzu.

„Verraten Sie es mir bitte.“ Sie hatte ihn ängstlich genannt, obwohl er allgemein als harter Mann galt.

„Sie haben sicher Angst, dass so ein Trampel wie ich irgendwie in den Fahrstuhlschacht fallen könnte.“ Dabei blinzelte sie ihn lächelnd an und hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut zu lachen.

Wenigstens hat sie Humor, dachte Duke amüsiert. Er hätte zu gern mit ihr gelacht, aber im Dienst blieb er stets ernst.

„Die Welt wird nicht gleich untergehen, wenn Sie ein kleines Lächeln riskieren“, bemerkte sie, nahm den Aktenkoffer aus seiner Hand und stieg in den Fahrstuhl. „Danke für Ihre Hilfe, Duke.“

„Gern geschehen. Übrigens, es könnte doch sein.“

„Was könnte sein?“

„Die Welt könnte untergehen, wenn ich lächeln würde. Man kann nie wissen.“

„Bis jetzt ist aber noch nichts passiert.“

„Ich habe ja auch noch nicht gelächelt.“

„Das betrachte ich als Herausforderung, Duke“, konterte Cami.

Die Fahrstuhltür schloss sich, bevor er etwas erwidern konnte.

Zwei Tage später stand Duke vor Camis Büro. Er hatte den ganzen Morgen nichts als Ärger gehabt. Es kann nur besser werden, dachte er, als er kurz anklopfte und die Tür öffnete, weil sie für halb elf verabredet waren.

Sein erster Blick fiel auf wohlgeformte, scheinbar endlos lange Beine. Darüber gebeugt eine Frau, das Gesicht fast verdeckt vom herabhängenden seidigen Haar. Sie strich gerade den Strumpf am rechten Bein glatt, um ihn dann an weißen Strapsen zu befestigen.

Welch ein aufregender Anblick in der nüchternen, sachlichen Atmosphäre eines Bürohochhauses! Duke blieb spontan in der Tür stehen und genoss das Schauspiel. Es war lange her, dass er so hübsche Beine bewundert hatte. Camis Anblick in dieser Pose und mit Strapsen ließ sein Herz augenblicklich schneller schlagen, und er spürte heftiges Verlangen. Dazu zogen vor seinem inneren Auge ziemlich eindeutige Bilder vorbei.

Duke schluckte. So etwas war ihm noch nie passiert. Sein ungestümes Verlangen verunsicherte ihn. Es war ärgerlich, und es war bedrohlich. Niemand sollte ihn derartig verwirren können. Er war stolz auf seine Selbstdisziplin und würde sie nicht aufgeben. Schon gar nicht wegen einer kleinen Bibliothekarin, die zur Event-Managerin aufgestiegenen war.

Als er sich räusperte, hob Cami erschrocken den Kopf und zog hastig den Rock herunter, ohne den anderen Straps zu befestigen. An diesen Straps musste Duke denken und an Camis übrige Dessous. Wieso trug diese eher unauffällige Frau hauchzarte, seidig glänzende Strümpfe und weiße Spitzenstrapse?

Ihr Kleid wirkte schlicht, und auch ihre Schuhe und ihre Frisur hatten nichts Außergewöhnliches. Folglich hätte man bei Cami Dessous aus Baumwolle und praktische Strumpfhosen vermutet.

Dukes Gedanken überschlugen sich. Was sollte er davon halten? Wäre ihm nicht bewusst gewesen, wie streng die Gesetze gegen sexuelle Belästigung ausgelegt wurden, hätte er sicher eine anerkennende Bemerkung über Camis rassige Beine gemacht. Am liebsten hätte er sie auch gefragt, warum sie darüber solch biedere Sachen trug. Und wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass er irgendwie schon bei ihrer ersten Begegnung geahnt hatte, dass sich hinter ihrer schlichter Aufmachung eine bildhübsche sinnliche Frau verbergen könnte.

Mittlerweile glühten ihre Wangen, und sie wagte nicht, Duke anzusehen. Ihre Verlegenheit war rührend und weckte in ihm einen Anflug von Zärtlichkeit, ein Gefühl, das er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Aber er hütete sich davor, es ihr zu zeigen.

„Wir haben einen Gesprächstermin für halb elf“, erklärte er betont sachlich.

„Sie kommen einige Minuten zu früh“, entgegnete Cami.

Sie wollte also nicht darüber sprechen, dass er sie gerade überrascht hatte. Duke versuchte, die Erinnerung an ihren verführerischen Anblick zu verdrängen. Bloß keine gefühlsmäßigen Verstrickungen …

Jetzt hielt sie ihm ihre Hand hin. Er erwiderte ihren Händedruck. Ihre Hand war zart und weich, und er konnte der Versuchung nicht widerstehen, über die Innenfläche zu streichen, bevor er ihre Hand losließ. Erneut musste er an die Szene von vorhin denken. Für einen aufregenden Moment stellte er sich vor, dass sie ihm die Beine um die Hüften schlang.

Cami deutete auf einen mit Kunstleder bezogenen Besucherstuhl. „Bitte, setzen Sie sich doch“. Zwei von solchen Stühlen gehörten zur Standard-Büroeinrichtung und waren so wenig einladend, als wollte man vermeiden, dass die Besucher allzu lange blieben. Abgesehen davon war die Atmosphäre in Camis Büro jedoch überaus freundlich und einladend.

Das Bücherregal hinter ihrem Schreibtisch schien überzuquellen vor dicken und schmalen bunten Bänden. Überall, wo sich auf den Möbeln Platz fand, standen gerahmte Bilder mit Familienaufnahmen oder Porträts. Es gab auch Nippesfiguren, Kerzenhalter und sogar eine Schale mit duftenden getrockneten Blütenblättern. Vermutlich war Camis Büro das am besten duftende in der ganzen Firma.

Das Ambiente war durch und durch feminin. Duke fand das ganz schön unbehaglich. Er spürte die gleiche Verunsicherung, die ihn überkam, wenn er an schicken Wäschegeschäften mit erotischen Dessous in der Auslage vorbeiging. Offensichtlich kannte Cami sich in diesen Geschäften gut aus.

„Duke, ich habe schon mal vorgearbeitet, was die Sicherheit der Gala anbetrifft“, begann sie geschäftsmäßig. „Ich würde gern Ihre Meinung als Experte dazu hören.“

Duke würde ihr nicht gestehen, dass er im Moment Probleme hatte, die durch ihre Dessous verursacht wurden. Er versuchte sich aufs Dienstliche zu konzentrieren.

Die Sicherheit bei der Gala war tatsächlich ein heikles Thema. Nach den letzten Auseinandersetzungen über Rationalisierungsmaßnahmen der Firma waren auch Drohungen laut geworden. Nichts war bisher geregelt, die Gefahr eines Streiks noch nicht gebannt. Möglicherweise wollte sich jemand gewaltsam rächen. In dieser Situation fühlte Duke sich verpflichtet, sich persönlich um alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen in der Firma zu kümmern.

„Ich habe ‚Seashore Mansion‘ auf Hilton Head für die Gala gebucht“, erklärte ihm Cami.

Er schüttelte sofort den Kopf, denn er kannte das bekannte Fünf-Sterne-Hotel und die Umgebung gut. Das Hotel hatte jede Menge Terrassen und Balkone zum öffentlichen Strand hin und würde nur schwer abzuriegeln sein. Duke wollte sich lieber selbst nach einem geeigneteren Ort umsehen.

„Sie brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln. Ich habe bereits alles vereinbart und einen Vertrag unterschrieben.“

„Dann werden Sie den Vertrag eben rückgängig machen müssen.“

„Nein, das werde ich nicht tun. Ihre Aufgabe ist es nur, für die Sicherheit zu sorgen, aber nicht die Räumlichkeiten auszusuchen.“

„Ich kann meinen Job nur erledigen, wenn die Voraussetzungen stimmen. Ich werde mich gleich morgen mit der Hotelleitung in Verbindung setzen, um festzustellen, ob das Hotel überhaupt für uns infrage kommt.“

„Infrage kommt?“

„Ja, denn was nützt der eleganteste Ballsaal, wenn er von meinen Leuten nicht zu überwachen ist.“

Cami runzelte die Stirn. „Gibt es denn ein außergewöhnliches Sicherheitsrisiko bei unserer Gala?“

„Meine Leute werden schon damit fertig“, antwortete Duke. Zögernd fuhr er fort: „Offen gesagt, es hat Drohungen im Zusammenhang mit den geplanten Rationalisierungen gegeben.“

„Oh, das höre ich tatsächlich zum ersten Mal“, gestand Cami. „Aber sonst weiß ich sehr wohl Bescheid, was in der Firma läuft. Lassen Sie sich durch meine simple äußere Erscheinung nicht täuschen.“

Duke musste sofort wieder an ihre Strapse denken. „Besonders Ihr Geschmack bei Dessous scheint mir überhaupt nicht simpel zu sein.“

Wieder errötete Cami, und zu seinem eigenen Erstaunen war Duke von diesem entzückenden Pfirsichrot, das in ihre zarten Wangen stieg, fasziniert. Wo hatte diese sanfte Glut ihren Ursprung?

„Es ist nicht sehr galant, so etwas zu erwähnen.“

„Galant?“

„Genau, ich sagte galant“, bestätigte sie mit einem knappen Lächeln.

„Offen gesagt, ich finde den Ausdruck etwas altmodisch.“

„Dann drücke ich mich eben antiquiert aus. Ich befürchte, in Ihren Augen ist mein ganzer Lebensstil antiquiert. Aber das hat nichts mit unserem Thema zu tun.“ Cami hatte ihre Selbstsicherheit erstaunlich schnell zurückgewonnen. „Ich hoffe, dass wir bei dem Hotel, das ich ausgesucht habe, bleiben können. Es ist ideal für unseren Anlass. Von dem großen eleganten Ballsaal kann man das Meer sehen, und der teilweise überdachte ist der schönste an der ganzen Küste. Für die Jubiläumsgala von Pryce Enterprises ist das Beste gerade gut genug, denke ich.“

„Unter der Bedingung, dass wir jederzeit absolute Sicherheit garantieren können.“

„Richtig!“ Sie nickte lächelnd. „Aber das dürfte für einen Experten wie Sie doch eine reizvolle Herausforderung sein, nicht wahr?“

Duke hielt sich mit weiteren Einwänden zunächst zurück. Wenn Cami sich etwas vorgenommen hatte, konnte sie sehr hartnäckig sein, wie er feststellen musste. Er bewunderte Ihren Kampfgeist. Sie war intelligent und hatte Durchsetzungsvermögen. Zwei Charaktereigenschaften, die er bei einer Frau zu schätzen wusste. Aber das bedeutete nicht, dass er sich für Cami auch privat interessierte, oder etwa doch? Seine Reaktionen sprachen eine deutliche Sprache.

Als Nächstes erläuterte Cami Duke, wie sie sich den gesamten Ablauf der Veranstaltung vorstellte. Sie hatte als Gastredner einen prominenten Kommunikationswissenschaftler vorgesehen, der besonderen Personenschutz verlangte. Dagegen hatte Duke nichts einzuwenden. Er bestand aber darauf, dass sein Team bei dem gesamten Personal für die Gala einen Sicherheitscheck durchführen würden.

Im Laufe der Besprechung wurde deutlich, dass Cami fest entschlossen war, sich die Zügel nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Sie war bereit, die volle Verantwortung für die Jubiläumsfeierlichkeiten zu übernehmen. Duke zweifelte nicht daran, dass ihr die Organisation gelingen würde, obwohl es für jemanden, der so etwas zum ersten Mal machte, eine Mammutaufgabe war. Er hatte sich selbst davon überzeugen können, mit welcher Sorgfalt sie alles plante und mit welcher Begeisterung sie bei der Sache war.

„Sie haben bisher großartig gearbeitet“, lobte er Cami. „Schicken Sie mir doch eine Kopie Ihrer Planungsunterlagen. Meine Sekretärin wird Ihnen dann die Termine für unsere weiteren Treffen mitteilen. Ich werde mich persönlich um den Ablauf der Gala kümmern, was die Sicherheitsfragen anbetrifft, und alles koordinieren. Kümmern Sie sich in erster Linie um die künstlerische Gestaltung und die gesellschaftlichen Highlights.“

Cami reagierte so, wie er erwartet hatte. Wenn ihre Augen so funkelten wie jetzt, sah sie ganz reizend aus, fand er. Er war sich jedoch nicht sicher, ob er sich darüber freuen sollte, dass sie schon wieder etwas einzuwenden hatte. „Duke, Sie scheinen mich noch immer falsch zu verstehen.“ Mit den Fingern trommelte sie leise auf die Tischplatte.

„Was haben Sie denn jetzt schon wieder auszusetzen, Cami?“

„Ich möchte ein für alle Mal klarstellen, dass ich die Koordination übernehme. Ich bin die Event-Managerin, das heißt, ich trage die volle Verantwortung für die gesamten Feierlichkeiten.“

Er schwieg bewusst eine ganze Minute lang, damit Cami ihm danach umso aufmerksamer zuhören würde. „Damit bin ich nicht einverstanden. Ich bestehe darauf, dass ich den Sicherheitsbereich allein verantworte und die gesamte Koordination übernehme.“

Autor

Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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