Ein Millionär und Herzensbrecher

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Kinley ist Profi genug, um die Hochzeit von Nate Caruthers Bruder zu planen! Aber Nate sagen, dass er der Vater ihrer Tochter ist? Niemals! Schließlich hat der Milliardär sie einst eiskalt abserviert. Wenn nur diese unwiderstehliche gegenseitige Anziehung nicht wäre …


  • Erscheinungstag 15.04.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506502
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Pack die Koffer, Kin, du gehst auf Reisen.“ Jacs Veerling kam in Kinley Quintens Büro gesegelt. „Büro“ war ein etwas ungenauer Begriff für den riesigen Arbeitsraum, den Kinley mit Willa Miller teilte, der anderen Hochzeitsplanerin, die für Jacs arbeitete.

Jacs besaß den Verstand von Madeleine Albright, die Figur von Sofia Vergara und den Geschäftssinn von Estée Lauder. Sie war fünfzig, sah aus wie vierzig und hatte sich einen Namen gemacht mit der Planung von Hochzeiten, von denen noch Jahre später in den Medien die Rede war, auch wenn die Paare sich längst getrennt hatten. Sie trug das Haar kurz, und die Farbe wechselte mit den Jahreszeiten. Jetzt, zu Beginn des Sommers, hatte sie sich für ein Platinblond entschieden, das ihre blauen Augen betonte.

„Wer fährt? Wir beide? Wir alle drei?“ Kinley sah sie fragend an. Der Firmensitz befand sich im Gebäude des Chimera, eines Hotels und Casinos in Las Vegas, aber sie arbeiteten auf der ganzen Welt – wo auch immer ihre prominenten Kunden es sich wünschten.

„Nur du, Kin“, sagte Jacs. „Ich habe einen Vertrag mit Hunter Caruthers unter Dach und Fach gebracht. Die Hochzeit soll in Texas stattfinden, deiner Heimat. Als ich deinen Namen erwähnte, sagte er, dass er dich kennt. Echt Glück für uns. Ich nehme an, das hat den Ausschlag für seine Entscheidung gegeben – soweit ich weiß, hatte er auch ein Angebot von einer Firma aus Beverly Hills.“

Caruthers.

Wenigstens war es Hunter und nicht sein Bruder Nate.

„Ich kann nicht.“

Willa beendete abrupt ihr Telefonat mit einem Kunden und versprach zurückzurufen. Sie sah zu Jacs hinüber, die Kinley mit ihrem legendären Widerspruch-zwecklos-Blick bedachte.

„Wie war das? Ich muss mich verhört haben.“

Kinley atmete tief durch und legte ihre Hände auf den Tisch, wobei sie vage registrierte, dass der Lack auf dem Nagel ihres Mittelfingers gesprungen war. Aber das spielte im Moment keine Rolle. Sie musste ihre aufsteigende Panik in den Griff bekommen. Sie hatte nicht die Absicht, nach Texas zurückzukehren.

Niemals.

„Ich kann nicht. Es ist ziemlich kompliziert und sehr persönlich. Ich möchte nicht weiter darauf eingehen. Bitte, lass Willa fahren.“

Jacs lehnte sich gegen Kinleys Schreibtisch, der übersät war mit Katalogen für Brautmoden und Fotos von Blumenarrangements. „Er hat nach dir gefragt. Persönlich. Das ist das einzige ‚Persönlich‘, das für mich eine Rolle spielt. Bringt es dich um, wenn du nach Texas fährst?“

„Nein, natürlich nicht.“ Kinley wollte Nate nicht wiedersehen. Nicht einmal an einer Begegnung mit ihrem eigenen Vater war ihr gelegen. Das wöchentliche Telefonat per Skype war genug. Sowohl für sie als auch für ihre zweijährige Tochter Penny.

„Geht es um deine Kleine?“, fragte Jacs.

Sie hatte Kinley schon beim Einstellungsgespräch klargemacht, dass sie zwar selbst keine Kinder wollte, dass sie die Aufgaben einer Mutter aber sehr ernst nahm. In dieser Hinsicht brachte sie stets Verständnis für Kinleys Probleme auf und kam ihr großzügig entgegen.

„Mehr oder weniger. Sie hat sich gerade an den Rhythmus der Tagesbetreuung hier im Casino gewöhnt. Geht es nur um ein Wochenende?“

„Äh … nein. Du müsstest längere Zeit vor Ort sein. Wahrscheinlich sechs Monate. Ich würde dir noch zwei weitere Kunden in Texas anvertrauen – einen Footballspieler der Dallas Cowboys, der andere spielt Basketball für San Antonio. Damit dürftest du gut ausgelastet sein.“

„Wo würde ich wohnen?“ Kinley ahnte, dass sie aus der Sache nicht herauskam.

„Ich habe ein Haus in einem netten Vorort gemietet – ich glaube, er heißt Five Families. Fünf Familien. Ein merkwürdiger Name für einen Stadtteil.“

„Könnte ich irgendetwas sagen, was deine Meinung ändert?“, fragte Kinley schließlich.

„Nein. Der Kunde möchte dich, und du hast keinen Grund, nicht zu fahren. Oder?“

Doch! Nate Caruthers. Der Mann, der ihre Welt für ein leidenschaftliches Wochenende in Las Vegas aus den Angeln gehoben hatte. Der Mann, der der Vater ihrer Tochter war – und sie schroff abgewiesen hatte, als sie ihn anrief, um ihm von seinem Kind zu erzählen. Kühl hatte er entgegnet, dass das, was in Vegas passiert sei, auch in Vegas bleiben solle. Er war der ältere Bruder ihres neuen Klienten und lebte immer noch auf der Familienranch außerhalb von Cole’s Hill. Aber das alles wollte sie Jacs nicht erzählen. Vor allem wollte sie deswegen nicht ihren Job aufs Spiel setzen.

Blieb nur zu hoffen, dass Nate so sehr mit der Rockin’ C Ranch beschäftigt war, dass er keine Zeit haben würde, sich um die Hochzeitsvorbereitungen seines Bruders zu kümmern.

„Nein, habe ich nicht. Wann soll ich anfangen?“, fragte Kinley.

„Montag. Lori kümmert sich um die Details. Du fliegst am Freitag, damit du übers Wochenende Zeit hast, dich einzurichten. Ich habe auch deine Nanny mit eingeplant. Halt mich auf dem Laufenden.“ Damit war Jacs schon wieder auf dem Weg in ihr Büro.

Kinley warf einen Blick auf das gerahmte Foto ihrer kleinen Tochter, das auf ihrem Schreibtisch stand. In ihrem Innern schien sich alles zu verkrampfen. Nach dem deprimierenden Telefonat mit Nate hatte sie sich geschworen, nicht zuzulassen, dass er Penny genauso im Stich ließ, wie sie es mit ihrem eigenen Vater erlebt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass sie sich an diesen Vorsatz halten konnte, wenn sie wieder in Cole’s Hill war. Dazu musste sie nur eines tun: Nate aus dem Weg gehen. Eigentlich kein Problem – wäre das Kaff nicht so klein gewesen, dass das mehr oder weniger unmöglich war.

Nate Caruthers hatte einen leichten Kater, als er seinen Pick-up auf dem Kurzzeitparkplatz vor der Filiale der First National Bank in Cole’s Hill abstellte. Er griff nach seiner Sonnenbrille und stieg aus. Sein jüngerer Bruder war zurück in der Stadt, und das hatten sie natürlich gefeiert – bis in die frühen Morgenstunden.

Die Bank war noch geschlossen. Er lehnte sich gegen die Mauer und zog sich den Stetson-Hut über die Augen, um die fünf Minuten bis zur Öffnung zu warten.

„Nate? Nate Caruthers?“

Eine Stimme aus seiner Vergangenheit. Eine Stimme, die er mit dem heißesten Wochenende verband, das er je erlebt hatte. Er schob den Stetson hoch und sah auf.

Kinley Quinten.

Er stieß unwillkürlich einen leisen Pfiff aus.

Sie hatte sich verändert. Wieder einmal. Sie trug ein weißes Kleid aus einer Art Spitzenstoff. Es endete eine Handbreit über dem Knie und ließ ihre Arme frei. Sie wirkte elegant. Kultiviert. Nicht wie das Partygirl, mit dem er vor fast drei Jahren ein Wochenende in Vegas verbracht hatte. Sein Blick glitt an ihren Beinen hinunter zu einem Paar abartig hoher High Heels. Sie schien direkt einem der noblen Neiman-Marcus-Kataloge entsprungen zu sein, die er bei seiner Mutter gesehen hatte.

Zwischen ihnen mochte ein Altersunterschied von fünf Jahren bestehen, aber das hatte damals in Vegas keine Rolle gespielt. Sie war dreiundzwanzig gewesen, er achtundzwanzig.

„Die Augen sind hier oben“, bemerkte sie kühl.

Er löste sich von der Wand und schenkte ihr ein Lächeln, das schon manche Frau hatte schwach werden lassen. „Sorry“, grinste er. „Du siehst umwerfend aus.“

„Soll das ein Kompliment sein?“ Sie zog eine dunkle Sonnenbrille aus ihrer Handtasche und setzte sie auf.

„Was sonst? Die Männer in Kalifornien müssen blind sein, wenn du dir in dieser Hinsicht nicht sicher bist.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich lebe in Las Vegas.“

„Wirklich? Seit wann? Ich dachte, du hättest nur dein Examen dort gefeiert. Wie wäre es, wenn wir einen Kaffee trinken gehen, sobald ich hier in der Bank fertig bin? Dann können wir einander auf den neuesten Stand bringen.“

„Nein. Ich bin beruflich in der Stadt, Nate. Außerdem haben wir vor drei Jahren alles gesagt, was es zu sagen gab.“

Die Tür neben ihm glitt auf und ließ einen Schwall kühler Klimaanlagenluft heraus. Kinley bedeutete ihm voranzugehen, aber er schüttelte den Kopf. „Ladies first.“

Sie schnaubte gereizt und ging an ihm vorbei.

Er beobachtete ihre Bewegungen. Sah den Schwung ihrer Hüften bei jedem ihrer festen Schritte. Wahrscheinlich wäre sie nicht erbaut gewesen von seinen Blicken, aber er bemerkte, dass auch Stewart, der Manager der Bank, ihr unverhohlen nachsah.

Nate stellte sich hinter ihr an den Schalter.

„Es tut mir leid, dass ich damals am Telefon so unhöflich war. Könnten wir bitte zusammen einen Kaffee trinken?“ Seine Mom sagte immer: „Wer nicht fragt, bekommt nicht, was er will.“ Und er wollte Kinley. Zumindest wollte er ein wenig mit ihr flirten, bevor er zur Ranch zurückfuhr.

Sie seufzte. „Einen Kaffee, mehr nicht. Okay?“

„Wieso? Es könnte doch sein, dass du anschließend Lust hast, mich noch einmal zu sehen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Dazu reicht die Zeit nicht. Ich bin beruflich hier.“

„Was heißt beruflich?“, wollte er wissen. „Arbeitest du für die NASA?“

„Nein, ich bin Hochzeitsplanerin. Ich soll die Hochzeit von Hunter vorbereiten.“

„Großer Gott!“

Die Frau am Schalter forderte Kinley auf, näher zu treten. Nate beobachtete sie. Nicht nur ihre Garderobe hatte sich verändert. Sie strahlte eine Stärke aus, die ihm bei ihrem gemeinsamen Wochenende nicht aufgefallen war. Aber vielleicht war das auch nur darauf zurückzuführen, dass sie sich damals ganz auf den Spaß konzentriert hatten.

Kinley beendete ihre Transaktion und machte ihm Platz. Er unterhielt sich mit Maggie, die schon hier arbeitete, solange er denken konnte. Als er fertig war, sah er sich um und stellte fest, dass Kinley an der Tür auf ihn wartete.

Sie hielt ihr Smartphone in der Hand und tippte offensichtlich eine Nachricht an jemanden. Dabei hatte sie sich die Sonnenbrille auf den Kopf geschoben und konzentrierte sich. Sie wirkte sehr ernst.

Er fragte sich, was in den vergangenen drei Jahren in ihrem Leben passiert sein mochte. Gleichzeitig wurde ihm klar, dass er kein Recht hatte, sich dafür zu interessieren. Er hatte ihre Affäre beendet, weil ihr Vater für seine Familie arbeitete. Und weil er selbst ungeeignet war für feste Beziehungen. Ebenso wie für Monogamie.

Aber als er sie jetzt so sah, erinnerte er sich daran, wie gut das Wochenende gewesen und wie schwer es ihm gefallen war, sie abblitzen zu lassen, als sie angerufen und gesagt hatte, sie wolle ihn wiedersehen.

Sie sah auf, als er näher kam.

„Ich kann heute Morgen nicht mit dir Kaffee trinken. Mein Boss hat um zehn Uhr einen Termin mit einem potenziellen Klienten angesetzt.“

„Dann verschieben wir es auf ein andermal?“

„Abgemacht.“ Sie hielt ihm die Hand hin.

Sie wollte ihm die Hand schütteln? Hielt sie das hier für einen Geschäftsabschluss? Er nahm ihre Hand. Bemerkte, wie glatt und klein sie sich in seiner anfühlte. Er ließ seinen Daumen über ihre Knöchel gleiten und hob ihre Hand dann an seine Lippen, um einen Kuss daraufzuhauchen.

„Ich melde mich“, versprach er. Als er zu seinem Pick-up ging, stellte er fest, dass sein Kater verflogen war.

Kinley verdrängte alle Gedanken an Nate, während sie das Besprechungszimmer für den Termin mit dem Basketballspieler und seiner Verlobten vorbereitete. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Die Tagesbetreuung, bei der sie Penny angemeldet hatte, war zwei Blocks weiter. Sie konnte es schaffen, noch kurz hinüberzugehen, um nach Penny zu sehen.

Schon wanderten ihre Gedanken zurück zu Nate.

Verdammt.

Er hatte sie überrascht. Obwohl sie gewusst hatte, dass sie ihm begegnen würde, hatte sie nicht so schnell damit gerechnet. Irgendwie hatte sie gehofft, sich zuerst einmal einrichten zu können. Sie stand in der Tür und betrachtete den Tisch, auf dem sie eine Reihe künstlicher Hochzeitstorten und Blumenarrangements verteilt hatte.

Ihr Smartphone klingelte. Es war Jacs auf Skype. Sie nahm das Gespräch an.

„Hasst du mich jetzt, weil du in Texas bist?“, wollte Jacs wissen.

„Nein, das nicht, aber ich hätte gern etwas mehr Zeit gehabt vor dem ersten Termin heute Morgen.“

„Tut mir leid, aber die beiden brennen darauf, zu heiraten. Es soll so schnell wie möglich gehen – und dennoch einzigartig sein. Du musst wirklich alle Beziehungen spielen lassen, um das hinzubekommen. Aber ich bin sicher, du schaffst das. Lass dich von der Braut nicht irritieren. Sie scheint leicht hysterisch zu sein. Auf jeden Fall hat sie mich heute Morgen schon vollgetextet.“

„Damit werde ich fertig. Ich habe heute Nachmittag einen Termin bei der Konditorin hier aus dem Ort für die Caruthers-Gainer-Hochzeit. Falls sie uns kein gutes Angebot machen kann, will ich sehen, ob wir Carine aus L. A. einfliegen lassen können.“

„Brauchst du noch irgendetwas hier aus dem Büro?“

„Vielleicht nach dem Zehn-Uhr-Termin. Wir haben noch das Kleid von der O’Neill-Peterson-Stornierung. Vielleicht ist diese Braut glücklich damit. Wir müssen ihr ja nicht sagen, dass es für eine andere Frau designt wurde.“

„Eine gute Idee. Ich werde Lori bitten, dir die Entwürfe zu mailen, damit du sie der Braut zeigen kannst.“

Jacs verabschiedete sich. Kinley ließ den Blick ein letztes Mal durch den Raum schweifen. Dabei wurde ihr plötzlich klar, dass sie sich den rechten Handrücken rieb – auf den Nate sie geküsst hatte.

Sie schüttelte den Kopf über sich selbst. Sie war eindeutig nie über ihn hinweggekommen. Sie hatte sich nicht nach ihm verzehrt, dazu war sie zu vernünftig – oder zumindest redete sie sich das ein –, aber sie dachte immer noch an ihn.

Sie erinnerte sich ganz genau an alles, was damals in Vegas zwischen ihnen gewesen war. Manchmal erwachte sie schweißgebadet, weil sie von Nate geträumt hatte.

Für gewöhnlich dauerte es nicht lange, diese Gedanken wieder zu verdrängen. Sie hatte sich einzureden versucht, dass er bestimmt nicht so gut aussah wie in ihrer Erinnerung, aber sein Anblick heute in der engsitzenden Jeans hatte ihr das Gegenteil bewiesen.

Und das gewisse Prickeln, das ihren Körper durchlaufen hatte und auf ein Verlangen hindeutete, das seit der Geburt ihrer Tochter geschlafen hatte, ließ sich nicht ignorieren. Vielleicht hatte Willa recht. Vielleicht war es Zeit, dass sie sich mal wieder verabredete.

Sie würde sich einen netten Mann suchen – einen aus Vegas – und ihn auf einen Drink einladen. Oder vielleicht würde sie in eine Bar gehen und sehen, ob sich dort etwas ergab … Um was zu tun? Sie war nicht mehr das Partygirl von früher.

Sie war eine Mutter. Wenn sie ehrlich war, erschien ihr die Vorstellung, auszugehen und jemanden kennenzulernen, absurd. Das wäre mit viel zu viel Aufwand verbunden. Mit einem Aufwand, der ihr irgendwie widerstrebte.

Sie schnappte sich ihre Tasche und die Schlüssel und schloss die Bürotür hinter sich ab. Sie wollte nach Penny sehen. Ihre Tochter erdete sie immer irgendwie. Sie machte ihr klar, was wirklich wichtig war.

Während sie die Straße hinunterging, dachte sie über ihren Lebensweg nach. Bei der Scheidung ihrer Eltern war sie noch ein richtiger Wildfang gewesen, die Tochter der Haushälterin einer der reichsten Familien in Cole’s Hill. Nun lebte sie in einem der Häuser, in dem ihre Mutter geputzt hatte, und plante die Hochzeit für den Sohn vom Boss ihres Vaters. Sie hatte das Gefühl, es weit gebracht zu haben.

Nicht, dass es an den Berufen ihrer Eltern irgendetwas auszusetzen gegeben hätte. Aber sie war anders. So war es schon immer gewesen.

Sie betrat die Tagesbetreuungsstätte und wurde zu dem Raum geführt, in dem Penny und die anderen Zweijährigen spielten. Ihre Tochter war mitten in einer Gruppe, die an ein paar Malwänden beschäftigt war. Kinley ging zu Penny und blieb neben ihr stehen.

„Mama.“ Die Kleine ließ ihren Stift fallen und schlang die Arme um die Beine ihrer Mutter.

„Hey, Süße.“ Kinley beugte sich zu ihr hinab. „Was malst du denn da?“

„Pferd.“

Kinley schob ihrer Tochter eine rote Haarsträhne hinter das Ohr und gab ihr einen Kuss. „Es gibt viele Pferde hier in der Gegend.“

„Pop-Pop?“

Penny hatte die Ranch bei den vielen Skype-Telefonaten mit Marcus gesehen. Beim letzten Mal hatte er sein Tablet mit in den Stall genommen und ihr sein Pferd gezeigt. Die Kleine konnte es gar nicht erwarten, ihren Pop-Pop zu besuchen und das Pferd zu sehen.

„Richtig. Pop-Pop arbeitet auf einer Ranch. Da gibt es viele Pferde.“

„Will Pferde sehen“, sagte Penny sehnsüchtig.

„Vielleicht schaffen wir es nicht“, sagte Kinley ausweichend. Ihr lag nichts daran, mit der Kleinen zur Rockin’ C Ranch zu fahren und dabei das Risiko einzugehen, Nate über den Weg zu laufen. Sie hatte nicht die Absicht, ihm von Penny zu erzählen. Er hatte vor langer Zeit mehr als deutlich gemacht, wo seine Interessen lagen. Eine eigene Familie gehörte nicht dazu. „Pop-Pop kommt hierher in die Stadt und besucht uns.“

„Ja!“

Kinley hoffte inständig, dass Penny das Thema damit auf sich beruhen ließ. Sie blieb bis zur Frühstückspause der Kleinen und verabschiedete sich dann mit einer Umarmung und einem Kuss von ihr.

Irgendwie brachte sie das Meeting mit dem Basketballspieler und seiner Verlobten hinter sich. Es gelang ihr, die Braut dazu zu überreden, sich die Skizzen des Kleids anzusehen, das sie schon hatten anfertigen lassen. Meredith mochte den Entwurf, hatte aber noch ein paar Änderungswünsche.

Gedankenversunken fuhr Kinley anschließend zur Bluebonnet Bakery, um über die Torten für die Caruthers-Hochzeit zu sprechen.

Sie sah einen vertrauten Pick-up mit dem Logo der Rockin’ C Ranch vor dem Gebäude stehen, aber das hatte sicher nichts zu bedeuten. Bestimmt hatte die Ranch mehrere Pick-ups dieser Art. Wahrscheinlich gehörte der Wagen Hunter.

Als sie jedoch die Konditorei betrat, stellte sie fest, dass ihr Gefühl sie nicht getrogen hatte. Nate stand am Tresen, zusammen mit seinem mittleren Bruder Ethan, mit Hunter und einer Frau, die wohl dessen Verlobte war. Derek, der zweitälteste der Caruthers-Brüder, war Chirurg und hatte wahrscheinlich keine Zeit, Torten zu probieren.

„Hallo, alle zusammen“, sagte Kinley.

Sie musste das Ganze professionell angehen. Das konnte sie.

„Hi, ich heiße Ferrin Gainer“, stellte die junge Frau sich vor. „Es freut mich, dich kennenzulernen.“

„Ich freue mich darauf, euch bei der Planung eures großen Tags zu helfen. Ich habe vereinbart, dass wir die Verkostung im Hinterzimmer machen.“ Kinley deutete in die Richtung. „Geht schon vor, ich komme gleich nach.“

Alle gingen hinüber. Alle bis auf Nate.

„Was machst du hier?“, fragte sie ihn.

„Ich bin der große Bruder des Bräutigams. Er hat mich gebeten zu kommen, also bin ich hier“, sagte Nate. „Deswegen wollte ich, dass wir uns vorher treffen. Nur, um einiges klarzustellen. Wie gesagt – ich habe mich blöd verhalten, und es tut mir leid. Ich möchte nicht, dass bei Hunters Hochzeit irgendetwas zwischen uns steht.“

Oh.

Das klang so vernünftig. Ihr wurde klar, dass ihre Rückkehr nach Cole’s Hill mehr Folgen hatte, als sie hätte ahnen können. Wegen Nate drohte sie ihre Professionalität zu verlieren. Zum einen, weil ihr Puls sich bei seinem Anblick beschleunigte. Zum anderen, weil er der Vater ihrer Tochter war und sie es ihm noch nicht gesagt hatte. Dieses Geheimnis zu wahren konnte sie teuer zu stehen kommen.

„Tut mir leid, ich bin heute ein wenig gereizt. Das muss wohl am Jetlag liegen.“ Bei einem Zeitunterschied von nur einer Stunde zwischen Las Vegas und Texas wusste sie selbst, dass das weit hergeholt war.

„Das macht doch nichts, das geht jedem mal so. Nach der Verkostung können wir irgendwo zusammen etwas trinken und reden. Das ist wohl mehr als überfällig.“

Sie nickte. Sie musste vorher kurz mit Pippa sprechen, der Nanny, und sicherstellen, dass Penny am Abend versorgt war. „Ich habe noch einen Termin, aber dann können wir uns auf einen Drink treffen.“

Es wäre so viel einfacher gewesen, Nein zu sagen, wenn Nate nicht so … so nett und charmant wäre. Und wenn es Penny nicht gäbe. Aber sie war nun einmal da. Kinley hatte eine Entscheidung gefällt. Eine Entscheidung, die sie vielleicht noch einmal überdenken musste.

2. KAPITEL

Torten probieren! Manchmal fragte sich Nate, wie weit es mit seiner Familie gekommen war. Er gönnte Hunter sein Glück und die Hochzeit, aber das alte Leben war ihm lieber gewesen. Die Caruthers konnten ebenso gut arbeiten wie feiern. Anständige Mütter brachten ihre Töchter vor ihnen in Sicherheit.

„Was meinst du?“ Hunter zog Nate beiseite.

„Wozu?“

„Den Torten. Welche gefällt dir besonders?“

Nate schüttelte den Kopf. „Mir gefällt die Idee, dass die Torte des Bräutigams an ein Fußballfeld erinnert.“

„Darüber haben wir doch schon vor einer Viertelstunde geredet. Wo warst du mit deinen Gedanken?“

Er sah zu der hübschen Rothaarigen hinüber, die ihnen die verschiedenen Füllungen und Arten von Tortenguss zeigte. Kinley. Sie beschäftigte ihn viel zu sehr. Es war dumm gewesen, sie auf einen Drink einzuladen, aber nun konnte er keinen Rückzieher mehr machen.

„Lass es lieber“, sagte Hunter.

„Was meinst du?“ Nate wusste sehr wohl, was sein Bruder im Sinn hatte.

„Sie gehört quasi zur Familie“, sagte Hunter. „Marcus ist wie ein Vater für uns. Du lässt besser die Finger von ihr!“

Zu spät. Nate erinnerte sich nur zu deutlich an das gemeinsame Wochenende mit Kinley. Er konnte es nicht vergessen – das wollte er auch nicht. Er versuchte sich einzureden, dass es in seiner Erinnerung sicher besser war, als es in Wirklichkeit gewesen war. Aber er wusste, dass das nicht stimmte. Er musste daran denken, wie Kinley ihm am Morgen in der Bank die Hand gereicht hatte – und an die Gefühle, die er bei der Berührung verspürt hatte.

„Ich sehe sie ja nur an.“

„Dann pass auf, dass es dabei bleibt“, sagte Hunter streng.

Nate schlug seinem Bruder auf die Schulter. „Du hast mir nichts zu sagen.“

„In diesem Fall schon. Ferrin möchte, dass diese Hochzeit etwas ganz Besonderes wird. Und das heißt, dass keiner von euch dreien querschießt. Also reiß dich zusammen.“

„Wann hat sich einer von uns je zusammengerissen?“ Nate grinste. Er hatte nicht die Absicht, Hunter bei seiner Hochzeit irgendwelche Steine in den Weg zu legen. Er selbst hatte zwar nichts mit Hochzeiten im Sinn, aber er mochte Ferrin und war überzeugt, dass sie perfekt war für seinen Bruder. Hunter hatte das Dasein als Single nicht so genossen wie die anderen Brüder. Die Freundin, die er am College gehabt hatte, war ermordet worden, und der Verdacht war auf ihn gefallen. Zehn Jahre hatte es gedauert, bis der wahre Täter gefunden wurde. Die einzigen Frauen, mit denen Hunter dann zusammen gewesen war, waren Frauen gewesen, die einen gewissen Kick aus der Situation zogen … bis Ferrin in sein Leben trat.

Autor

Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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