Erotische Träumereien

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Als ob Grace als Leiterin einer Privatschule nicht schon genug Probleme hätte! Jetzt ist auch noch etwas aus ihrem Büro verschwunden, das niemand hätte sehen sollen: eine Kurzgeschichte über ihre ganz persönlichen erotischen Fantasien mit Adam Bowen - einem umwerfend attraktiven Geschäftsmann, der im Schulausschuss sitzt. Ein saftiger Skandal, wenn das Manuskript in falsche Hände gerät. Ob Adam es mitgenommen hat? Eine peinliche Vorstellung! Beim gemeinsamen Dinner will Grace ihn fragen. Doch dazu kommt sie nicht, denn der Abend nimmt einen überraschenden Verlauf ...


  • Erscheinungstag 09.12.2007
  • Bandnummer 1489
  • ISBN / Artikelnummer 9783863498917
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Adam betrat ihr Büro, als wäre es seins. Er zog die Tür hinter sich zu und schloss sie ab. Sanft streichelte er Graces Wange und fuhr ihr durchs Haar. Langsam zog er ihren Kopf nach hinten. Sie erbebte unter seinen Berührungen und biss sich auf die Lippe, um ihn nicht anzuflehen, sie endlich zu küssen. Stephanie Grace, „Adams Geliebte“

Grace Stephens fiel es schwer, sich zu konzentrieren, wenn Adam Bowen sie mit seinen blaugrünen Augen anstarrte. Ihr Puls beschleunigte sich, und obwohl sie sich gut auf diese Besprechung vorbereitet hatte, brachte sie in seiner Gegenwart kein Wort heraus – was vielleicht daran lag, dass sie schon seit einiger Zeit heimlich für ihn schwärmte.

„Miss Stephens, ich fragte, was dieser Schulaufsichtsrat Ihrer Meinung nach unternehmen soll.“

Seine Stimme hatte einen tiefen, leicht rauen Klang. Aber sie passte zu ihm. Er war groß, fast einen Meter neunzig, muskulös und durchtrainiert. Stets war er braun gebrannt. Normalerweise schenkte er Grace keine Beachtung, daher war ihr nicht bewusst gewesen, welche Wirkung es auf sie haben würde, im Zentrum seiner Aufmerksamkeit zu stehen.

„Mr. Bowen“, erwiderte sie und blickte auf ihre Unterlagen. Sobald sie den Blick von Adam abwandte, kehrte auch ihre Konzentration zurück. Verflixt, ermahnte sie sich, du bist die Schulleiterin der Tremmel-Bowen-Schule – einer sehr renommierten Bildungseinrichtung in der texanischen Stadt Plano. Es war eine Institution, die schon viele einflussreiche Politiker und Wirtschaftsgrößen hervorgebracht hatte.

In letzter Zeit war die Schule jedoch leider mehr durch Skandale aufgefallen.

Reiß dich zusammen!

Grace räusperte sich und stand auf. Dabei wünschte sie sich, sie wäre ein klein wenig größer als einen Meter sechzig. Sie ging nach vorn, wo ihr Assistent Bruce ihren Laptop und einen Projektor aufgestellt hatte. Der stellvertretende Schulleiter, Jose Martinez, rieb sich ungeduldig den Nacken, während sie nervös ihre Unterlagen sortierte. Nicht nur ihr Job war in Gefahr, sondern auch die Arbeitsplätze von Bruce, Jose und die der fünfundsiebzig Lehrer.

„Entschuldigen Sie bitte die Verzögerung. Ich musste meine Gedanken sammeln, bevor ich Ihnen und den übrigen Mitgliedern des Gremiums gegenüber Stellung beziehen kann.“

Sie war unglaublich nervös. Der Gedanke an die Schande und die drohende Arbeitslosigkeit genügte, um sie ins Schwitzen zu bringen. Doch sie hatte nicht vor, zu dem Leben zurückzukehren, dem sie unter so großen Mühen den Rücken gekehrt hatte. Allein der Gedanke daran half ihr, sich wieder auf das Naheliegende zu konzentrieren.

„Tremmel-Bowen ist seit Langem eine Schule, auf die Diplomaten und führende Politiker ihre Kinder schicken, damit sie die Ausbildung und den letzten Schliff erhalten, um selbst einflussreiche Persönlichkeiten zu werden.“

„In den letzten Jahren hat dieser Ruf aber erheblich gelitten“, warf Sue-Ellen Hanshaw ein. Die Vorsitzende des Elternrates war eine ehemalige Schönheitskönigin, und in ihrer Gegenwart kam Grace sich immer wie eine graue Maus vor. Sue-Ellens Make-up war stets makellos, ihr Haar perfekt gestylt und ihr Körper natürlich in der besten Verfassung, die man für Geld kaufen konnte.

„Das ist mir bewusst. Wir haben in diesem Jahr eine Reihe von Veränderungen vorgenommen, um die Schule wieder auf Kurs zu bringen. Aber bedauerlicherweise hatten wir jetzt diesen kleinen Zwischenfall.“

„Ich würde ihn nicht gerade als klein bezeichnen“, erwiderte Malcolm O’Shea. Als aktivstes Aufsichtsratsmitglied besaß Malcolm die Macht, die anderen zu beeinflussen, und nur mit seiner Zustimmung konnte die drohende Schließung der Schule verhindert werden.

Was natürlich nicht in seinem Interesse lag. Es war das im Internet veröffentlichte Foto seiner Frau Dawn gewesen, was zu dem jüngsten Skandal geführt hatte. Auf dem Foto sah man sie in einer äußerst kompromittierenden Umarmung mit einem anderen Lehrer. Wie zu hören war, lief Malcolms und Dawns Scheidung bereits.

Zu Graces Unbehagen starrte Adam sie noch immer an, und in seinen Blicken lag mehr als der übliche Anflug von Langeweile. Er sah verärgert aus, was sie ihm nicht verdenken konnte. Schließlich war sie letztendlich dafür verantwortlich, dass zwei ihrer Lehrer von Schülern in flagranti erwischt worden waren. Es wäre ihr vielleicht gelungen, die Schüler im Zaum zu halten, wenn nicht ein Foto des Vorfalls auf der Homepage der Schule veröffentlich worden wäre. Diese Handys mit eingebauter Kamera waren ein Fluch.

Die Erinnerung an diesen Vorfall trieb ihr erneut vor Verlegenheit die Röte ins Gesicht. Dawn hatte versucht ihr zu erklären, dass sie sich von ihren Gefühlen hatte mitreißen lassen. Angeblich hatte sie vergessen, wo sie sich befand, aber das hatte Grace ihr nicht abgekauft. Sie hatte auch schon den einen oder anderen Mann geküsst – wenn auch nicht so sehr viele –, aber niemals hatte sie vergessen, wo sie war.

Adam räusperte sich, und Grace schluckte nervös. Sein Ausdruck verriet Entschlossenheit; sie wusste, er und die anderen Mitglieder waren gekommen, um ihr schlechte Nachrichten zu überbringen.

Die Schule, die seinen Namen trug, und die einmal den Ruf genossen hatte, eine der renommiertesten des Landes zu sein, war jetzt in Skandale verwickelt und stand zudem vor dem finanziellen Ruin. Etwas, was sich sein Urgroßvater, der zusammen mit Angus Tremmel die Schule vor mehr als hundert Jahren gegründet hatte, sicherlich nicht so gedacht hatte. Und als Schulleiterin war sie diejenige, die dafür verantwortlich war. Aber sie hatte einen Plan ausgearbeitet – einen Plan, in dem nichts davon stand, dass sie in Adams tiefblaue Augen starren sollte.

Sie holte tief Luft. „Ich möchte Ihnen allen danken, dass Sie so kurzfristig Zeit für diese Besprechung hatten. Ich verstehe Ihre Haltung, die Schule schließen zu wollen. Allerdings hoffe ich, dass Sie Ihre Meinung noch einmal ändern und uns eine zweite Chance einräumen, nachdem ich Sie mit den Plänen vertraut gemacht habe, die wir ausgearbeitet haben, um die Schule zu retten.“

Sie ließ den Blick über die anderen Mitglieder des Gremiums gleiten, zu dem auch Eltern und Schüler gehörten und lächelte entschlossen und zuversichtlich. Die wenigsten von ihnen sahen aus, als wären sie von ihrer kleinen Rede beeindruckt. Und Malcolm gab sich nicht einmal den Anschein, als wäre er an irgendwelchen Rettungsplänen für die Schule interessiert.

„Wir haben die Verträge von Dawn O’Shea und Vernon Balder gekündigt. Natürlich ist ein Verhalten, wie es diese beiden Lehrer an den Tag gelegt haben, an einer Schule nicht tragbar. Es gibt strikte Regeln, die intime Kontakte zwischen Lehrern verbieten. Beide haben die Gründe für ihre Kündigung verstanden. Ich habe auch den anderen Kollegen klargemacht, dass es keine Ausnahmen für unsere Regelungen gibt.“

„Das waren sicherlich richtige und notwendige Maßnahmen, aber das reicht nicht, um die Entscheidung des Schulaufsichtsrates zu ändern, Miss Stephens“, erklärte Malcolm.

Grace war enttäuscht von seinem Kommentar, hatte aber nichts anderes erwartet. Es war eine persönliche Demütigung für Malcolm gewesen, als die Fotos von Dawn erst im Internet und dann in der Lokalpresse veröffentlich worden waren. Verständlicherweise war er auf Rache aus.

„Was Malcolm meint, ist, dass wir uns auch um die finanzielle Situation der Schule Sorgen machen. Wie Sie wissen, hat der Vorfall viele Familien veranlasst, ihre Kinder von der Schule zu nehmen, sodass wir das Schulgeld zurückzahlen mussten. Deshalb ist das Budget für das laufende Schuljahr äußerst knapp“, fügte Adam hinzu.

Grace nickte. Es war Januar, und somit Beginn des zweiten Semesters – bedauerlicherweise waren die Einschreibungen um die Hälfte zurückgegangen. Eltern wollten nicht, dass der Ruf ihrer zukünftigen Führungskräfte durch irgendwelche Skandale beeinträchtigt wurde. Grace war sich schmerzlich bewusst, dass es der Schule kaum gelingen würde, die Betriebsausgaben bis zum Ende des Schuljahres im Mai aufzubringen.

Nebenbei fiel ihr auf, dass dies die erste Unterhaltung war, die sie mit Adam führte, in der es nicht nur einsilbige Antworten gab. „Das weiß ich. Ich habe bereits mit der Buchhaltung zusammengesessen, und ich denke, wir haben einen Plan ausgearbeitet, der uns bis zum Ende des Schuljahres über Wasser halten wird.“

„Selbst wenn wir die Schule bis zum Ende des Semesters geöffnet lassen, werden wir im Herbst vor genau der gleichen Situation stehen wie jetzt.“

Graces Mut sank. Obwohl der Schulaufsichtsrat diesem Treffen heute zugestimmt hatte, hatten die Mitglieder sich anscheinend schon zu einer Schließung entschieden, und es schien nichts zu geben, womit Grace sie umstimmen konnte. Aber kampflos aufzugeben war nicht ihr Stil.

„Dem stimme ich nicht zu, Mr. Bowen“, sagte sie. „Unsere verbliebenen Schüler möchten im nächsten Jahr wiederkommen, und wir haben bereits in Zusammenarbeit mit dem Schülerrat eine intensive Rekrutierungskampagne gestartet.“

Grace hatte ihr gesamtes Leben damit zugebracht, dieses eine Ziel zu erreichen – ein anständiges Leben zu führen und hier an der Schule zu arbeiten. Sie war froh über den konservativen Ruf, den sie hier genoss. Sie hatte endlich etwas anderes sein wollen, als die vermeintlich sündige Tochter eines Predigers.

Hastig schob sie den Gedanken beiseite. Sie wollte jetzt ganz gewiss nicht an das schreckliche Klischee denken, aber ihre Muter war tatsächlich mit einem Handelsvertreter durchgebrannt. Als Jenny Stephens verschwand, war Grace noch zu jung gewesen, um ihre Mutter zu bitten, sie mitzunehmen. Ihr Vater hatte daraufhin sichergestellt, dass Jenny nur noch wenig Zeit mit Grace verbringen durfte. Obwohl er Grace immerhin mit zu der Beerdigung ihrer Mutter genommen hatte, nachdem diese an einem Aneurysma gestorben war.

Grace rieb sich den Nacken und versuchte sich zu konzentrieren, doch der Duft von Adams Aftershave lenkte sie ab und benebelte ihre Sinne.

„Ich möchte Ihnen gern unseren gesamten Aktionsplan präsentieren, bevor der Aufsichtsrat eine endgültige Entscheidung trifft“, sagte sie.

„Deshalb sind wir hier, Miss Stephens.“

Adams BlackBerry vibrierte, und er zog ihn näher zu sich, um einen Blick darauf zu werfen. Wieder ließ Grace sich ablenken. Diesmal von Adams großen Händen mit den langen Fingern und den gepflegten Fingernägeln – die sehr viel besser aussahen als ihre eigenen, denn die waren abgeknabbert.

„Entschuldigen Sie“, sagte Adam in die Runde. „Ich müsste Miss Stephens mal kurz draußen sprechen.“

„Natürlich, dann haben Bruce und ich Zeit, die Präsentation für unseren Plan zur finanziellen Konsolidierung vorzubereiten. Reichen Ihnen fünfzehn Minuten?“, fragte Jose.

„Ja, ich denke schon“, erwiderte Adam und bedeutete Grace voranzugehen.

Grace spürte, dass er dicht hinter ihr ging, denn seine Hand lag auf ihrem Rücken, als er sie hinaus auf den Flur geleitete. Selbst durch ihre Kleidung hindurch konnte sie die Hitze seiner Berührung spüren. Sie hoffte, dass nichts von dem, was sie vorhin gedacht hatte, sich auf ihrem Gesicht spiegelte und bemühte sich, ruhig zu atmen. Du bist bei der Arbeit, ermahnte sie sich, erotische Gelüste haben hier nichts zu suchen.

„Was kann ich für Sie tun, Mr. Bowen?“, fragte sie und versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, als darauf, wie perfekt Adams breite Schultern sein Jackett ausfüllten.

„Ich hatte Sie doch schon mehrmals gebeten, mich Adam zu nennen“, sagte er.

„Es wäre nicht korrekt“, entgegnete sie, während sie versuchte zu ignorieren, dass die Farbe des dunkelblauen Hemdes Adams Augen noch leuchtender und durchdringender erscheinen ließ.

„Und Sie sind immer korrekt, Grace?“

Ja, traurigerweise war sie das. Sie nickte. Zu schade, dass andere Mitglieder des Kollegiums sich nicht genauso verhielten. „Was sicherlich nicht schlecht ist, angesichts der Probleme, mit denen unsere Schule im Moment zu kämpfen hat.“

Er lächelte gequält. „Ich müsste kurz Ihren Computer benutzen, um eine E-Mail auszudrucken und eine Antwort darauf zu verschicken.“

Sie führte ihn den Flur entlang zu ihrem Büro, loggte sich ins Internet ein und machte Adam dann den Platz frei. „Ich werde draußen warten, falls Sie etwas brauchen.“

Adam rief sein E-Mail-Programm auf und las die Nachricht, die Lana, seine Assistentin, ihm geschickt hatte. Jede Firma bereitete ab und zu Kopfschmerzen, aber in letzter Zeit war die Leitung von AXIOM kein Spaß mehr, vor allem wenn es um „Viper“ ging.

„Viper“ war eine der ersten Bands, die unter Adams Label ihre Songs veröffentlicht hatte, und er verspürte eine gewisse Loyalität den Bandmitgliedern gegenüber. Zugegeben, die letzten anderthalb Jahre waren hart für die Band gewesen. Die Mutter von Leadsänger Stevie Taylor war an Krebs erkrankt und gestorben. Stevie hatte seinen Kummer in immer wilderen Partys und mit immer mehr Alkohol ausgelebt. Leider wurde er unter Einfluss von Alkohol gewalttätig. Bei seiner letzten Eskapade in einem Pariser Hotel waren nicht nur drei Hotelangestellte, sondern auch die Polizei verwickelt gewesen.

Adam rieb sich die Schläfe, während die Liste derjenigen, mit denen er reden musste, immer länger wurde. Er musste dringend mit Mitch Hollaran, Stevies Anwalt, und mit Nico DeTrio, dem Anwalt von AXIOM, ein Konferenztelefonat führen.

Er griff zum Telefon und rief Lana an, um ihr zu sagen, wie sie mit Stevie verfahren sollte, der letztlich mehr Sorgen bereitete, als er und seine Band wert waren. Aber da Adam mit „Viper“ seine erste eigene Million verdient hatte, ertrug er so einiges, was er bei anderen Bands nicht toleriert hätte. Er drückte eine Taste und wartete auf das ausgedruckte Dokument.

Als er sich vom Drucker wegdrehte, stieß er gegen Graces Schreibtisch. Ihr Büro hatte eine angemessene Größe, war jedoch für den riesigen Eichentisch eindeutig zu klein. Zwei Mappen fielen herunter, und Papiere flatterten zu Boden.

Adam bückte sich, um sie aufzusammeln und warf dabei einen Blick auf die Seiten. Die Worte Brust und Mund stachen ihm ins Auge, und er zog die das Blatt Papier etwas weiter aus der Mappe, um genauer lesen können. Erstaunt stellte er fest, dass es sich um eine äußerst pikante Geschichte handelte, die damit begann, dass der Chef und die Sekretärin sich auf einem Konferenztisch leidenschaftlich umarmten. Die Geschichte trug den Titel „Adams Geliebte“ und war von Stephanie Grace. Nicht schwer zu erraten, dass es sich dabei um Graces Pseudonym handelte.

Noch viel interessanter war die Tatsache, dass Adam, der Held, eine erstaunliche Ähnlichkeit – sowohl äußerlich als auch was den sozialen Status betraf – mit ihm selbst hatte. Und der Name der Heldin war Grace.

Er las die erste Szene zu Ende und spürte, dass die Bilder, die Grace kreiert hatte, eine unerwartete Erregung in ihm hervorriefen. Es waren fast fünf Seiten purer Erotik.

Als es an der Tür klopfte, stopfte Adam die Papiere hastig zurück in die Mappe und legte seine eigenen darüber. „Herein.“

Grace stand in der Tür und sah genauso aus wie immer. Aber zum ersten Mal registrierte Adam sie wirklich. Nicht als Schulleiterin, sondern als Frau. Ihm fiel auf, dass die Seidenbluse, die sie trug, der ihrer Heldin ähnelte. Aber bei der echten Grace wurde die Bluse von einem weiten Blazer bedeckt.

„Es tut mir leid, wenn ich Sie unterbreche, aber Mr. O’Shea würde gern weitermachen. Sind Sie gleich so weit, oder sollen wir unsere Besprechung nach dem Mittagessen fortführen?“

Adam hatte keine Eile, zu der Besprechung zurückzukehren. Viel lieber hätte er über den Inhalt des Ordners nachgedacht, aber er wusste, dass die Situation der Schule geklärt werden musste. Also folgte er Grace den Flur entlang und bemühte sich, seine Gedanken wieder auf die Schule zu konzentrieren. Noch immer sah er die professionelle Fassade, die Grace ihm und der Welt präsentierte, doch sein Bild von ihr hatte sich verändert. Jetzt hatte er einen Blick hinter ihre Fassade erhaschen können.

In ihren Augen lag ein Anflug von Verletzlichkeit, als sie vorn stand, die Hände verschränkte und darauf wartete, dass die Teilnehmer der Runde ihr ihre Aufmerksamkeit schenkten. Als sie sprach, war ihre Stimme weich, aber fest. Weder laut noch dröhnend. In dieser Frau steckte so viel mehr, als er je vermutet hätte.

Sie schaute den Vorsitzenden des Schülerrates an, und auf einmal veränderte sich ihre gesamte Haltung. Ihre Augen begannen zu funkeln. „Wir sind nicht gewillt, die Schule aufgrund eines kleinen Fehlers schließen zu lassen. Ich habe das gesamte Wochenende mit unserem Kollegium und dem Schülerrat verbracht, und wir alle sind dafür, die Schule weiter bestehen zu lassen. Der Plan, den wir ausgearbeitet haben, ist vielschichtig.“

„Das ist bewundernswert, Miss Stephens, aber …“

„Lassen Sie sie ausreden, Malcolm“, meinte Adam. „Dann können wir ihren Plan analysieren.“

„Es ist nicht nur mein Plan, wir alle haben ihn erarbeitet.“

„Auch der Elternrat?“, fragte Malcolm.

„Wir haben einige Dinge auch mit den Eltern abgestimmt, Malcolm.“

„Warum lassen Sie Sue-Ellen nicht für den Elternrat sprechen?“

„Ja, wir sind bereit, mit den Lehrern zusammenzuarbeiten und diesen Plan umzusetzen“, erklärte Sue-Ellen ein wenig widerstrebend.

Adam lehnte sich nun auf seinem Stuhl zurück und hörte Grace zu, während sie von den finanziellen Rahmenbedingungen, den gemeinnützigen Aspekten und neuen Richtlinien und Standards für Lehrer sprach. Sie sprühte vor Leben, und man konnte sehen, dass ihr die Schule am Herzen lag.

„Ich danke Ihnen, Grace“, sagte Adam, als sie ihre Präsentation beendet hatte.

„Ja, vielen Dank. Ich habe jedoch das Gefühl, dass es zu wenig ist und zu spät kommt“, ergänzte Malcolm.

„Malcolm, warum vertagen wir nicht die endgültige Entscheidung, ob die Schule geschlossen werden soll oder nicht, bis zur nächsten offiziellen Sitzung?“, schlug Adam vor.

„Das halte ich für eine gute Idee“, meinte Grace.

Adam bat die Anwesenden um ein Votum, und Malcolm war der Einzige, der sich gegen eine Vertagung aussprach. Kurz darauf wurde die Sitzung beendet, und langsam leerte sich das Besprechungszimmer. Adam wartete, bis nur noch er und Grace im Raum waren.

„Wir sehen uns später“, sagte sie jedoch nur, bevor sie an ihm vorbei in Richtung ihres Büros eilte.

Adam wusste, er sollte sie einfach gehen lassen. Es war keine gute Idee, den Rest der Geschichte, die er in ihrem Büro gefunden hatte, zu lesen. Grace zu folgen war eine noch schlechtere Idee, aber sie hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Und nicht nur aufgrund der Leidenschaft, die sie an den Tag legte, um die Schule zu retten.

Sie verließ das Zimmer, und zum ersten Mal betrachtete er sie wirklich. Sah den weiblichen Körper, der sich unter ihrer langweiligen und viel zu weiten Kleidung verbarg. Entdeckte die wohlgeformten Waden und ihren Hüftschwung. All das zusammen stellte eine Verlockung dar, die er bisher nicht wahrgenommen hatte.

Adam folgte Grace in ihr Büro, wo sie mit ihrem Assistenten Bruce redete.

„Grace, kann ich Sie kurz sprechen?“

Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte. Bruce verließ das Zimmer, und sie schloss die Tür hinter ihm.

„Was gibt es?“

Sie setzte sich auf einen der Besucherstühle. Als sie die Beine übereinanderschlug, rutschte ihr Rock übers Knie. Erst jetzt stellte Adam fest, dass sie keine Strumpfhose trug. Die nackte Haut wirkte seidig glatt – und sehr verführerisch.

Adam wusste nicht, wie er auf die erotische Geschichte, die er vorhin gelesen hatte, zu sprechen kommen konnte. Sie enthüllte die Verletzlichkeit der Frau, die ihm gegenübersaß. Eine Verletzlichkeit, von der er nicht wollte, dass jemand anderes sie wahrnahm.

Ihre Geschichte war sinnlich, aber auch sehr süß, und sie offenbarte weit mehr von der Autorin, als diese sich vermutlich wünschen würde.

Schlagartig wurde Adam klar, dass er Grace nicht mit der Geschichte, die er heimlich in seine Aktentasche gesteckt hatte, konfrontieren konnte. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und betrachtete Grace ausgiebig. Sie rutschte unruhig hin und her und errötete leicht. Schließlich holte sie tief Luft und wandte den Blick ab.

Noch heute Morgen hatte Adam sich nichts weiter erhofft, als dass die Besprechung möglichst schnell vorüber war, damit die Schule offiziell geschlossen werden konnte. Das letzte Band, das ihn noch an seine Lebenslüge fesselte. Aber jetzt … jetzt wollte er in der Stadt und in der Schule bleiben. Und er wollte mehr über Grace Stephens herausfinden.

„Ich denke, wenn wir zusammenarbeiten, könnte es uns gelingen, Malcolm und die restlichen Mitglieder des Schulaufsichtsrates davon zu überzeugen, Ihnen und der Schule eine weitere Chance zu geben.“

Grace riss die Augen auf. „Was? Ich dachte, Sie wollten …“

Er lächelte sie an. „Es sind neue Erkenntnisse ans Licht gekommen, und ich denke, dass mit ein wenig Aufmerksamkeit sowohl Sie, als auch die Schule profitieren werden.“

„Das klingt ja mysteriös, Mr. Bowen.“

„Nein, ist es nicht. Wir können beim Mittagessen darüber reden, Grace.

Sie neigte den Kopf, um Adam eingehend zu betrachten. „Seien wir doch mal ehrlich. Warum sind Sie wirklich daran interessiert, mir zu helfen?“

Ihre Wangen waren gerötet. Eine kleine Haarsträhne hatte sich aus der Spange in ihrem Nacken gelöst und fiel verführerisch auf ihre Wange.

Er wollte verdammt sein, aber er war sehr interessiert – vor allem daran, Grace besser kennenzulernen. Die äußerst verlockenden Einblicke, die er hatte erhaschen können, auf das, was sich hinter der Fassade der züchtigen Schulleiterin verbarg, hatten ihn neugierig gemacht.

„Adam? Hören sie mir überhaupt zu?“

„Natürlich. Wir können alles beim Essen besprechen“, wiederholte er.

Er wollte mehr über Grace erfahren. Und er hatte immer all das bekommen, was er hatte haben wollen. Manchmal hatte er einen hohen Preis dafür zahlen müssen, aber gelohnt hatte es sich letztendlich immer. Hier konnte er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, zum einen die Schule wieder auf eine solide finanzielle Basis stellen – Geld zu verdienen war schon immer eine seiner Stärken gewesen. Und zum anderen konnte er die echte Grace Stephens kennenlernen. Die Seite an ihr, die sie vor der Welt versteckte.

„Warum starren Sie mich so an?“, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Einen Augenblick lang lenkte ihn dieser Anblick ab. „Ich stelle nur gerade fest, wie hübsch Sie sind.“

Sie strich sich verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr und schaute ihn zweifelnd an. Insgeheim wünschte er sich, dass sich auf seiner Miene das spiegelte, wonach sie suchte. Vermutlich überlegte sie, ob er die Wahrheit gesagt und seine Aussage ernst gemeint hatte, oder ob er log.

„Mr. Bowen, geht es Ihnen nicht gut?“

„Mir geht es hervorragend. Ich werde veranlassen, dass mein Chauffeur uns am Schultor erwartet. Wir können dann Ihre Pläne für die Schule und andere Sachen diskutieren.“

„Was für andere Sachen?“, fragte sie mit einem leichten Anflug von Panik in der Stimme. „Wollen Sie, dass ich kündige? Ich denke nicht, dass dies das Beste für die Schule wäre. Ich bin eine gute Schulleiterin, Adam.“

„Nein, Grace. Ich möchte nicht, dass Sie kündigen.“ Es gefiel ihm, wie sie seinen Namen aussprach. Aber sie tat es nur, wenn sie mit Leidenschaft bei einer Sache war. Nämlich wenn sie von der Schule sprach; wenn sie sich gehen ließ und die Nervosität vergaß, die sie in seiner Gegenwart immer an den Tag legte.

Was würde wohl passieren, wenn sie sich öfter gehen ließ?

„Was möchten Sie dann?“

„Sie, Grace.“

2. KAPITEL

Er wischte die Papiere von ihrem Schreibtisch und hob sie auf die glänzende Oberfläche. Langsam öffnete er die Knöpfe ihrer Bluse und strich dann genüsslich über ihren Körper. An ihrem Bauchnabel hielt er kurz inne, bevor er weiter hinunterglitt zum Bund ihres Rockes und dann seine Reise nach oben wieder antrat. Zärtlich fuhr er über die Körbchen ihres eisblauen BHs und streichelte dann sanft die Wölbungen ihre Brüste. Stephanie Grace, „Adams Gebliebte“

Grace schluckte und erinnerte sich daran, dass Adam noch vorhin vorgehabt hatte, ihr zu kündigen. Bestimmt hatte er sich nichts dabei gedacht, als er gemeint hatte, dass er sie wollte. Es war vermutlich nur eine prompte Antwort gewesen. Was würde eine erfahrene Frau tun?

Grace hatte keine Ahnung. Im Grunde war sie ein Mädchen vom Lande, das sich in seinen Büchern vergrub und seinen Träumen nachhing. Mit den Aufmerksamkeiten eines Mannes, und zwar der Art von Aufmerksamkeit, die sie in Adams Augen zu sehen glaubte – Interesse und Faszination –, wusste sie schon gar nicht umzugehen.

„Grace?“

„Ja?“

„Habe ich Ihnen Angst gemacht?“

Himmel, ja, das hatte er. Aber sie war die Leiterin dieser Schule und hatte vor, es auch zu bleiben. Also würde sie ihn nicht sehen lassen, dass sie durchaus nicht so selbstsicher war, wie sie immer tat. „Natürlich nicht. Sie erwähnten das Mittagessen …“

„Ja, das habe ich, aber ich möchte nicht, dass Sie vor mir Angst haben.“

„Ich habe keine Angst vor Ihnen, Adam.“ Hatte sie wirklich nicht. Vielmehr hatte sie Angst vor der Verführerin, vor der ihr Vater, der Prediger, sie immer gewarnt hatte. Die Frau, die sich unter der unförmigen Kleidung verbarg. Die Frau mit der Sanduhrfigur und dem Aussehen, das Männern den Kopf verdrehte. Seit sie dreizehn Jahre alt war, hatte sie es bereut, diesen Körper zu besitzen, und jetzt, da sie Adams Aufmerksamkeit erregt hatte, war sie nicht sicher, was sie tun sollte.

Lieber wollte sie ihn weiterhin heimlich und aus der Ferne anhimmeln.

„Grace …“

„Was?“, fragte sie, nicht sicher, wie lange sie ihn schon angestarrt hatte.

Autor

Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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