Gestohlenes Glück mit dem Prinzen

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Die unbesonnene, aber unglaublich sinnliche Liebesnacht mit seiner Assistentin Clara hat süße Folgen? Prinz Alaric muss einen Skandal verhindern, der das Königreich erschüttern würde! Kurzentschlossen drängt er auf Heirat. Und während der Flitterwochen in seinem Chalet am Genfer See findet er mit Clara mehr Leidenschaft und Liebe, als er für möglich gehalten hat. Alaric ahnt nicht, dass bereits der nächste Eklat droht: Clara hat ihm verschwiegen, dass sie schon mal verheiratet war. Mit einem Mann, der unter mysteriösen Umständen ums Leben kam …


  • Erscheinungstag 02.05.2023
  • Bandnummer 2595
  • ISBN / Artikelnummer 9783751518505
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die glühende Wut überraschte Prinz Alaric Van Ambrose. So wütend wie jetzt kannte er sich nur, wenn es um seinen nutzlosen Erzeuger ging.

Aber es war nicht sein Vater, der ihn vom Monitor anstarrte. Nein, auf dem Bildschirm erblickte er Celestine Osborne. Noch dazu hing seine Ex-Verlobte auf der Tanzfläche eines New Yorker Clubs in den Armen von gleich zwei Männern.

Ein Mann umschlang ihre Taille und presste seine Hüften an ihren kaum bedeckten Hintern. Der andere Mann griff direkt unter ihre volle Brüsten, die aus dem tiefen Neckholder-Top herauszuspringen schienen.

Die meisten Frauen hätten in dieser Position wahrscheinlich versucht, sich vor dem grellen Blitz der Kamera zu ducken. Celestine jedoch sah den Fotografen mit ihren goldenen Augen unverwandt an. Ihr perfekt geformtes Kinn hielt sie trotzig erhoben und lächelte dabei selbstzufrieden.

Manche mochten ihr offensichtliches Selbstbewusstsein vielleicht sexy finden. Aber ihn erinnerten ihre perlweißen Zähne an einen Piranha.

Langsam löste Alaric seinen Griff um den Tablet-Computer und legte das Gerät auf seinen Schreibtisch. Während er Celestines Nummer wählte, betrachtete er das Foto auf dem Monitor als Ermahnung an sich selbst. Er konnte ihr skandalöses Verhalten nicht länger tolerieren. Die Verlobung hatten zwar ihre Väter arrangiert, aber er hatte geglaubt, sie beide hätten darin eingewilligt.

Doch bei ihrem letzten erbitterten Streit vor wenigen Tagen hatte Celestine ihn angeschrien, dass eine Ehe mit ihm das Letzte sei, was sie je wollte. Dann hatte sie ihre Verlobung nach neun Jahren beendet.

Alarics Wut über die vielen Jahre, die er damit verschwendet hatte, Celestines Eskapaden zu erdulden, war größer als seine Trauer über den Verlust seiner Verlobten. Nicht zuletzt, weil ihr Verhalten seinem Land schadete. Ihre Skandale wurden alle mit Linnaea in Verbindung gebracht. Währenddessen tat er alles, um das Land wieder aufzubauen, das sein Vater heruntergewirtschaftet hatte.

„Es tut mir leid, Eure Hoheit.“ Claras ruhige Stimme linderte seine Anspannung etwas.

Clara arbeitete seit sieben Jahren als seine Sekretärin. Sie war zuverlässig und professionell und hatte sich mit ihrem erstaunlichen Sprachtalent unentbehrlich gemacht.

Allerdings hatte sich im Laufe des letzten Jahres zwischen ihnen etwas verändert. Er wusste nicht, ob es an der wachsenden Spannung zwischen ihm und seinem Vater lag oder an Celestines zunehmend dreistem Verhalten. Vielleicht lag es auch an seiner Affäre mit einer spanischen Erbin, die er vor Kurzem beendet hatte.

In letzter Zeit fragte Prinz Alaric Clara immer häufiger nach ihrer Meinung in Regierungsangelegenheiten, und er genoss ihre Gesellschaft.

Das sollte ihm eigentlich eine Warnung sein. Clara war seine Angestellte und er zudem offiziell immer noch verlobt.

Genau das rief er sich in Erinnerung, als Clara sich jetzt seinem Schreibtisch näherte. Außerdem war Clara eine ausgesprochen schöne Frau. Normalerweise trug sie Hosenanzüge oder Rock und Jackett, was ihre Figur betonte und dennoch professionell aussah und zugleich so weit geschnitten war, dass ihm nicht allzu viele unangemessene Gedanken kamen.

Doch heute Abend … heute Abend trug sie ein Kleid, tiefblau wie die Nordsee kurz vor Sonnenaufgang. Der Stoff fiel leicht um ihren schlanken Körper, schmiegte sich an ihre sanften Rundungen und ergoss sich schließlich in einem Wirbel aus Seide um ihre Füße. Ein Blitz verbotenen Verlangens fuhr Alaric durch den Körper.

Ihr blassblondes Haar trug Clara normalerweise in einem strengen Knoten. Heute war es zu einem eleganten Dutt aufgesteckt. Weiche Locken hatten sich gelöst und umrahmten ihr elfengleiches Gesicht.

Clara streckte die Hand aus und berührte das Tablet. Celestines arrogantes Gesicht verschwand.

„Mir tut es nicht leid.“ Alaric lehnte sich in seinem Stuhl zurück und rieb sich mit einer Hand übers Gesicht. „Obwohl … ehrlich gesagt tut es mir leid. Ich bedauere, dass wir uns nicht früher getrennt haben. Linnaea verdient eine bessere künftige Königin.“

Clara öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, doch dann presste sie die Lippen zusammen.

Alaric hob eine Augenbraue. „Was ist?“

„Mir steht es nicht zu, die Angelegenheit zu kommentieren.“

Er lachte leise. In Gesellschaft anderer Menschen entspannte er sich nur selten, aber mit Clara fühlte er sich wohl. Die Frau nahm kein Blatt vor den Mund. Er wusste immer, wo er bei ihr stand. Er wusste auch, dass ihr sein Wohl genau wie das Linnaeas am Herzen lag.

„Hat Sie das jemals davon abgehalten, zu sagen, was Sie denken?“, fragte er.

Um ihre Mundwinkel zuckte ein Lächeln, und ihre Augen funkelten.

Funkelten? Wirklich?

„Auch Sie verdienen etwas Besseres, Eure Hoheit. Nicht nur Linnaea.“

Ihre Worte weckten die Erinnerung an jene Nacht vor elf Monaten, als sie ihm fast dasselbe gesagt hatte. Genau genommen hatte ihre Beziehung damals angefangen sich zu verändern, jedenfalls seine Beziehung zu ihr.

Er stand auf und trat an das deckenhohe Fenster hinter seinem Schreibtisch. Der See glitzerte silbern im kalten Licht des Mondes. Seit Ende Oktober lag die atemberaubende Landschaft von Linnaea in Schnee gehüllt.

Zwei Dinge hatte Alaric in seinem Leben geliebt: seine verstorbene Mutter Marianne und sein Land. Nur aus Liebe zu Linnaea hatte er der Verlobung mit Celestine überhaupt zugestimmt.

Über dem See schwebte träge ein Vogel. Die weiß gefleckten Flügel hoben sich hell vor dem Nachthimmel ab. Ein Uhu, der Spannweite nach zu urteilen. Alaric beneidete die Eule um ihren gemächlichen Flug. Meetings und Deadlines kannte das Tier nicht, keine Arbeit fesselte es an den Schreibtisch.

Auch hatte es keine Verlobte, die bedrohte, was er sich seit seinem sechzehnten Lebensjahr so hart arbeitet hatte. Schon damals war er alt genug, um zu erkennen, dass sein Vater Linnaea ganz bestimmt nicht helfen würde. Falls überhaupt irgendjemand ihr Land retten konnte, so war es verdammt noch mal nicht Daxon Van Ambrose.

Daxon liebte den Königstitel. Aber nicht die damit verbundene Arbeit. Lieber gab er das Geld mit vollen Händen aus, als die sich stetig leerende Staatskasse zu füllen. Aus diesem Grund hatte Alaric der Verlobung mit einer Frau zugestimmt, die er noch nie gesehen hatte.

Neun Jahre. Vor neun Jahren hatte er Celestine Osborne und ihren Vater zum ersten Mal getroffen. Vor neun Jahren hatte er den Vertrag unterschrieben und sich bereiterklärt, dem Makler Max Osborne das zu geben, was seine Milliarden nicht kaufen konnten: einen königlichen Titel für seine Tochter Celestine.

Im Vertrag waren zehn Jahre Ehe vereinbart. Max verpflichtete sich im Gegenzug, über verschiedene Projekte Geld in Linnaeas Wirtschaft zu pumpen. Nach der Heirat wollte er eine Mitgift von mehreren Milliarden Dollar zahlen.

Die Rolle der Königin war an den Meistbietenden verkauft worden.

Alaric ärgerte sich jetzt mehr über sich selbst als über Celestine. Ihre Väter hatten den lächerlichen Vertrag ausgearbeitet. Aber er hatte ihn unterschrieben. Damals war er sechsundzwanzig gewesen und mit Daxons Erlaubnis bereits teilweise an den Staatsgeschäften beteiligt. Celestine dagegen war gerade mal neunzehn und kaum aus der Schule. Blauäugig träumte sie von einem Leben als Prinzessin.

Für das Treffen damals hatte Daxon den pompösen und selten genutzten Thronsaal des Palastes ausgewählt. Er wollte seine Gäste beeindrucken. Alaric hatte auf den ersten Blick gewusst, dass Celestine zu jung war, um zu verstehen, worauf sie sich einließ.

Aber er hatte unterschrieben. Er hatte den Vertrag unterschrieben und nicht nur seine Seele, sondern auch die einer jungen Frau an zwei Teufel verkauft, deren Eigeninteressen ihnen wichtiger waren als das Wohlergehen des Landes.

Vor seinen Augen blitzte wieder das Bild aus dem New Yorker Club auf. Vielleicht hatte er vor neun Jahren einen Fehler gemacht, aber Celestine hatte ihre eigenen Entscheidungen getroffen. Im Laufe der Jahre war ihr Verhalten immer unberechenbarer geworden, die Berichte in den Zeitungen immer peinlicher, besonders seit sie das College verlassen hatte.

Alaric hielt seinen Blick auf die Berggipfel jenseits des Sees gerichtet. Ein vertrauter, verlässlicher Anblick. Er konzentrierte sich besser darauf als mit gesteigertem Interesse auf seine Sekretärin.

Seine persönliche Assistentin, korrigierte er sich selber und lächelte leicht. Clara konnte die Bezeichnung „Sekretärin“ überhaupt nicht leiden.

Ohne sich umzuwenden, erwiderte er: „Ich bin ein Prinz, Clara. Kein Held aus einem Märchen. Bei der Verlobung ging es nicht um Liebe oder die Frage, ob wir zusammenpassen. Es ging einzig ums Geld.“

Das letzte Wort spuckte er geradezu heraus. Sein Leben lang hatte er sich bemüht, sich von seinem Vater und dessen Vermächtnis zu distanzieren. Unter keinen Umständen wollte er Frauen wie Hemden wechseln, maßlos trinken und das wenige Geld, das Linnaea noch besaß, mit vollen Händen ausgeben.

Doch hier war er, besessen von Geld. Seine erste Reaktion nach der Trennung war Genugtuung, dass Celestine die Verlobung gelöst hatte. Denn in dem Fall erhielt Linnaea immerhin eine stattliche Summe von Osborne Construction. Das sagte einiges über seine Prioritäten. Was war er bloß für ein Mann geworden! Um ihres Vermögens willen hätte er fast eine sehr widerwillige Braut vor den Altar gezerrt.

Ekel vor sich selbst erfüllte ihn.

„Ich habe eine Presseerklärung vorbereitet …“

„Schicken Sie sie raus.“

Er spürte ihr Seufzen mehr, als dass er es hörte. „Ich brauche Ihre Zustimmung.“

„Gewährt.“

Sie stieß einen lauteren Seufzer aus. „So geht das nicht, Eure Hoheit.“

Über die Schulter warf er ihr einen abwehrenden Blick zu. Doch das hielt Clara nicht auf, die nun entschlossenen Schrittes durch den Raum ging. Je näher sie kam, desto angespannter wurde er.

Neben ihm blieb sie stehen und reichte ihm das Tablet. Statt Celestines Foto erschien jetzt dort ein Dokument auf dem Bildschirm. Ihm stieg ein verlockender, blumig süßer Duft in die Nase. Um sich abzulenken, konzentrierte er sich auf den Text.

Prinz Alaric Van Ambrose und Miss Celestine Osborne geben die einvernehmliche Auflösung ihrer Verlobung bekannt …

Alaric verzog die Lippen. Celestines schrille Stimme hallte noch immer in seinen Ohren wider. Unter „einvernehmlich“ verstand er eigentlich etwas anderes. Einen eiskalten Bastard wolle sie nicht heiraten und genauso wenig in einem zugefrorenen Hinterwäldlerland leben, hatte sie geschrien.

„Gut.“

Daraufhin verschwand das Tablet. Clara leider nicht. Aus dem Augenwinkel sah er, dass sie etwas tippte. Das Licht des Bildschirms beleuchtete ihr zartes Profil.

Er wusste genau, wann Clara von einer Mitarbeiterin und Vertrauten zu einem Menschen geworden war, auf den er sich verlassen konnte. Und zu einer Frau, die zu sehen ihn freute.

In den ersten Jahren ihrer Verlobung hatte Alaric Abstand zu seiner Verlobten gehalten. Celestine hatte so jung gewirkt. Beide hatten es nicht eilig gehabt zu heiraten, nicht, während Max’ Bauprojekte Linnaea endlich das dringend benötigte Geld einbrachten.

Nach der Vertragsunterzeichnung teilte Celestine ihm mit, dass sie die nächsten Jahre so leben wollte, wie es ihr gefiel, und sich durchaus auch mit anderen Männern treffen wollte. Da Alaric sie ohnehin kaum kannte, stimmte er bereitwillig zu.

Wie dumm von ihm.

Während er hinter den Kulissen damit beschäftigt war, Linnaeas Wirtschaft aufzubauen und gelegentlich diskrete Affären einging, begann Celestine sich in aller Öffentlichkeit zu amüsieren. Je näher das Ende der Verlobungszeit rückte, desto schlimmer wurde es.

In den letzten Jahren hatte Alaric seine Affären eingestellt und versucht, seine künftige Frau besser kennenzulernen. Aber ihm missfiel, was er sah: eine verwöhnte, verzogene Erbin, die alles mit ihrem Leben hätte anfangen können, aber stattdessen offenbar so leben wollte wie sein Vater. Doch er würde sein Wort nicht brechen und Linnaeas finanzielle Zukunft gefährden.

Vor einem Jahr hatte am Vorabend des alljährlichen Weihnachtsballs am Hofe ein Abendessen mit den höchsten Beamten Linnaeas stattgefunden. Auch Celestine war geladen. Sie erschien bereits angetrunken und in einem Kleid, das eher einem Hemd ähnelte.

Das Abendessen überstand Alaric. Mit Müh und Not. Nach dem Dessert eskortierte eine Palastwache Celestine auf ihr Zimmer. Ihr wurde untersagt, an der anschließenden Party teilzunehmen und das Königshaus noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Alaric entschuldigte sich bei den Gästen und tat, als sähe er nicht das Mitleid und die Herablassung in ihren Blicken. Dann suchte er Trost beim Training in seinem privaten Fitnessstudio in den Tiefen des Palastes.

Er war nur mit einer Jogginghose bekleidet und gerade dabei, einen Boxsack zu verprügeln, als Clara das Studio betrat. Schweiß lief ihm über Brust und Rücken. Er hörte nicht mit dem Training auf. Ausnahmsweise war es ihm egal, dass er sich nicht in königlichem Lichte zeigte.

Welche Rolle spielte es, wie die Leute ihn sahen, wenn die zukünftige Königin von Linnaea sich ein paar Stockwerke höher blamierte?

Clara lief nicht schreiend davon. Sie tadelte auch nicht, dass er den Tisch verlassen hatte. Nein, sie setzte sich in ihrer Abendgarderobe auf eine Hantelbank, faltete die Hände im Schoß und bot ihm das Gespräch an.

Er lehnte ab. Statt Gespräch brauchte er den Boxsack. Aber zum ersten Mal seit Jahren kümmerte sich jemand um sein Befinden. Als er brummte, er wolle lieber seine Ruhe, hatte sie ihm ein trauriges Lächeln zugeworfen, war aufgestanden und im Gehen begriffen. Das hatte ihn geärgert. Er wollte ihr Mitleid nicht, und das hatte er ihr auch gesagt.

„Ich bemitleide Sie nicht, Eure Hoheit. Es ist nur: Sie haben Besseres verdient.“

Selbst jetzt sandte die Erinnerung an ihr sanftes Lächeln immer noch einen Schauer über seine Haut.

„Die Presseerklärung ist raus.“

„Danke, Clara.“

Ihre Augen folgten seinem Blick. Die Eule flog nun in Richtung des Pinienwaldes auf der Südseite des Sees. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Ich kann immer noch kaum glauben, dass ich hier wohne.“

Die Ehrfurcht in ihrer Stimme ließ sein Herz weit werden. Niemand liebte sein Land so sehr wie er, aber Clara kam gleich an zweiter Stelle.

„Linnaea ist wie ein Märchen.“ In ihrer heiseren Stimme schwang eine Wehmut mit, die er noch nie zuvor gehört hatte.

Clara wühlte eine Menge Gefühle in ihm auf. Aber er hatte verdammt hart daran gearbeitet, sie unter Verschluss zu halten. Er redete sich ein, dass es nur am Stress lag und am Mangel an weiblicher Gesellschaft.

Aber wenn sie so sprach, wenn er die Bewunderung für sein Land in ihrer Stimme hörte und das Glück sah, das ihr Gesicht weicher machte und ihre wahre Schönheit hinter der professionellen Fassade offenbarte, fühlte er sich doch sehr zu ihr hingezogen.

„Märchen haben meistens ein Happy End.“

„Ursprünglich nicht.“ Clara lachte. „Die Urgeschichten waren sehr gruselig. Viel Blut und Hinrichtungen.“

Alaric hob eine Augenbraue. Normalerweise redeten sie über Gesetze oder aktuelle politische Ereignisse.

„Wenn mein Vater herausfindet, dass sein Vertrag mit Max Osborne geplatzt ist, kommt es womöglich auch in Linnaea zu einer Hinrichtung.“

Er verkniff sich ein Lächeln über Claras undamenhaftes Grinsen.

„Die Heirat Ihrer Schwester wird Linnaea Geld bringen. Außerdem hat der Schweizer Botschafter gerade mitgeteilt, dass er sich für ein Bündnis der beiden Länder einsetzen wird.“ Sie stieß ihn sanft mit der Schulter an – der Bruch mit dem Protokoll, das ihm ein Prickeln über die Haut sandte. „Ihre Arbeit sei Dank, Eure Hoheit.“

Er wollte ihre optimistische Sichtweise akzeptieren. Von seiner Halbschwester zu erfahren hatte ihn überrascht, aber ein Schock war es nicht. Angesichts der zahlreichen Affären seines Vaters war es erstaunlich, dass er nicht mehr Halbgeschwister hatte.

Seine Schwester Briony hatte einen Ehevertrag mit Cassius Adama geschlossen. Cassius stammte aus Linnaea. Aber als König Daxon seine Mutter verbannte, musste Cassius im Alter von acht Jahren seine Heimat verlassen. Im Exil hatte Cass ein Vermögen angehäuft und sogar einen königlichen Titel erworben.

Anfangs war Alaric gegen die arrangierte Verlobung seiner Halbschwester Briony mit dem Milliardär. Denn es gab zu viele Parallelen zu dem Arrangement, das sein Vater mit Max Osborn getroffen hatte. Er vertraute Cass immer noch nicht ganz, aber nach allem, was er in den letzten Wochen beobachtet hatte, schien er Briony wirklich sehr zu lieben.

Seine Halbschwester beeindruckte Alaric sehr. Sie hatte sich nicht nur erstaunlich schnell an das Leben am Hofe gewöhnt, sondern setzte sich auch sehr für die unterdrückten und bedürftigen Menschen in ihrer neuen Heimat ein.

Die Ehe von Briony und Cass würde Linnaea der finanziellen Unabhängigkeit ein Stück näherbringen. Aber Celestines Geld hätte noch mehr Unabhängigkeit bedeutet.

„Sind Sie eine heimliche Optimistin? Oder ist die Situation so schlimm, dass Sie meinen mich aufmuntern zu müssen?“

Wieder lachte Clara, aber in ihrer Stimme hörte er einen Ton, der eine dunklere Vergangenheit erahnen ließ. „Ich bin bestimmt keine Optimistin. Eher eine Realistin.“ Sie deutete auf das Fenster. „Aber das berührt selbst einen Realisten.“

Der Duft von Rosen und einem Hauch Gewürzen hüllte ihn ein, verzauberte ihn und entfachte ein Feuer tief in seinem Inneren. Ein Feuer, das verlangte, dass er die Locken anhob, die ihren Hals umspielten, und seine Lippen auf ihre Haut drückte, bevor er verrückt wurde.

Er musste Abstand zwischen sie bringen. Sofort.

Er begann sich abzuwenden. Ein zarter Druck auf seinem Arm hielt ihn auf.

Schau sie nicht an. Nicht!

Er konnte nicht mehr klar denken. Aber wie sollte er auch, nach allem, was in den letzten Wochen passiert war? Er hatte seine lange Zeit verschollene Schwester gefunden, die einen Ehevertrag zugunsten Linnaeas mit ihrem neuen Verlobten unterzeichnet hatte, seine Verlobte hatte mit ihm Schluss gemacht, und er musste weiterhin Daxons Eskapaden ertragen. Er war so angespannt, dass ihn jede Kleinigkeit aus der Fassung brachte.

Und er womöglich Dinge tat, die er besser unterließ.

„Alles wird gut, Alaric.“

Zum ersten Mal hörte er seinen Namen aus ihren Mund. Der Klang erfüllte den Raum, Spannung knisterte, und der Rest der Welt verschwand beim Anblick ihrer blassen Hand auf seinem schwarzen Ärmel.

„Clara …“

Seine Stimme klang heiser, rau, er stand kurz davor, etwas sehr Unkönigliches zu tun. Dabei sollte er sie auffordern, ihre Hand wegzuziehen, und so schnell er konnte zur Tür rennen.

Stattdessen schlossen sich ihre Finger fester um seinen Ärmel. Er hörte sie einatmen.

Dann blickte er auf, sah in arktisch blaue Augen, und die Welt stand in Flammen.

Bewegte er sich zuerst? Oder sie? Oder prallten sie einfach mit Lichtgeschwindigkeit zusammen? Sie starrten einander an, Verlangen überflutete sie und ertränkte sie in Lust. Im nächsten Augenblick waren ihre Körper so fest aneinandergepresst, dass er nicht mehr atmen konnte. Er ließ die Hände in ihr seidiges Haar gleiten, hielt sie fest und küsste sie.

Es war kein sanfter, höfischer Kuss. Nicht romantisch. Der Kuss war hart, besitzergreifend, fast strafend, als wolle er ihr das Tier zeigen, das sich unter seinem kontrollierten Äußeren verbarg und vor dem er sich insgeheim immer gefürchtet hatte.

Du bist wie dein Vater.

Dann hob sie die Hände und umfasste sein Gesicht, kühl und sanft. Ihre Berührung zügelte seine wütende Leidenschaft, die in seiner Brust schwelte, ein wenig. Dennoch zeichnete er mit seiner Zunge ihre Lippen nach und küsste sie noch einmal.

Auch stieß er sie nicht weg und befahl ihr zu gehen, bevor er etwas Dummes tat. Zum Beispiel, seine Hände von ihrem Haar zu nehmen, das jetzt in blonden Locken über ihren Rücken bis zur Taille fiel, und ihre Hüften gegen seine zu pressen.

Als er ihr Stöhnen hörte, vergaß er den letzten Rest seiner Vernunft. Er besaß gerade noch genug Kraft, um sich zurückzuziehen und seine Stirn gegen ihre zu legen. Seine Brust hob und senkte sich unter schnellen Atemzügen. „Clara, wir …“

Ihre Hände ruhten auf seiner Brust. Die Berührung brannte durch den dünnen Stoff seines Hemdes. „Alaric.“ Das rohe Verlangen in ihrer Stimme ließ seinen Griff fester werden. „Hör nicht auf.“

Der Brand auf seiner Haut war nichts im Vergleich zu dem Inferno, das jetzt bei ihren Worten in seinem Inneren aufflammte und jeden vernünftigen Gedanken versengte.

Er zog sie in seine Arme und küsste sie, während er sie gen Schreibtisch schob. Als er spürte, wie sie ihre Finger in seinem Haar vergrub, stöhnte er auf. Dann hob er sie auf seine Arme und setzte sie auf den Schreibtisch.

Die Seide ihrer Robe bauschte sich unter seinen Händen, kalt im Vergleich zu der elektrisierenden Wärme ihrer Schenkel. Seine andere Hand legte er um ihren Nacken, ohne ihren Kuss zu unterbrechen.

In seinem Hinterkopf meldete sich sein gesunder Menschenverstand. Fast hätte er vor dem Abgrund der Begierde innegehalten. Doch dann berührten seine Finger die seidige Haut zwischen ihren Schenkeln, feucht, heiß und nackt. Er erstarrte.

„Clara.“

Er erkannte seine eigene Stimme nicht wieder – rau und dunkel von einer Lust, die er noch nie zuvor erlebt hatte.

Sie presste ihre Hüften gegen seine Berührung. Seine Finger bewegten sich wie von selbst und streichelten ihre feuchte Hitze.

„Ich habe nicht …“ Ihre Stimme verlor sich, als sie Anstalten machte, sich zurückzuziehen. Unsicherheit huschte über ihr Gesicht. „Das hatte ich nicht geplant …“

Er brachte sie mit einem weiteren Kuss zum Schweigen. Sie trug kein Höschen. Ob sie das tat, um ihn zu quälen, oder aus einem anderen Grund, war ihm egal. Was zählte, war nur, dass sie ihm gehörte.

Die Bewegung ihrer Hüften passte sich dem Stoß seiner Finger an, als sein Daumen sanft ihre empfindsame Haut streichelte. Oh Gott, sie war so bereit für ihn. Als sie schauderte und aufschrie, spürte er ihr lustvolles Stöhnen an seinen Lippen.

Das ist genug. Es musste reichen. Er dufte es nicht weitergehen lassen …

Leise hörte er das Geräusch eines Reißverschlusses. Einen Moment später schlossen sich ihre Finger um seine harte Männlichkeit, und er stöhnte laut auf. Ihre Hand bewegte sich auf und ab, eine Bewegung, die ihn in Verlegenheit brachte.

Er packte ihr Handgelenk und hielt sie fest. „Kondom“, stieß er hervor.

„Ich nehme die Pille.“

Sie begann wieder nach ihm zu greifen und senkte den Kopf. Der Gedanke an ihre unglaublichen Lippen ließ ihn erschauern.

„Nächstes Mal.“ Er brachte sie zum Schweigen, indem er sie küsste. „Ich muss in dir sein“, flüsterte er an ihren Lippen.

Sie spreizte die Schenkel und bewegte ihre Hüften näher zur Tischkante. Er drang in sie ein, und sie schloss sich um ihn, als wäre sie für ihn gemacht. Stoß für Stoß nahm er alles, was sie ihm gab. Und sie verlangte mehr. Sie bog den Rücken durch und hielt sich an seinen Schultern fest.

„Alaric … ich kann nicht … ich bin so …“

Er schlang seine Arme um sie, vergrub eine Hand in ihrem Haar und küsste sie. Er spürte, wie sie sich fallen ließ. Kurz darauf folgte er ihr und nahm ihren Körper und ihre Seele in Besitz.

2. KAPITEL

Fünf Wochen später

Die Tests standen wie kleine Spielzeugsoldaten aufgereiht, insgesamt fünf Stück. Jeder Test sagte dasselbe.

SCHWANGER

Warum, überlegte Clara, während sie mit den Fingern auf den Rand des Waschbeckens trommelte, ist dieses Wort in Großbuchstaben geschrieben?

Als schrien ihr die Tests ihr entgegen, was für einen Fehler sie begangen hatte. Einen gigantischen Fehler! Sie hatte nicht geplant, in naher Zukunft ein Kind zu bekommen. Sie wusste noch nicht einmal, ob sie überhaupt jemals ein Kind haben wollte. Aber von ihrem Chef schwanger zu sein war schlicht katastrophal.

Sie drehte sich vor dem Spiegel. Ihr Bauch war noch flach. Dass sie so erschöpft war, lag bestimmt an der Arbeit, und Appetitlosigkeit war zu dieser Jahreszeit doch auch normal.

Vor Miles’ Todestag wälzte sie sich immer die ganze Nacht im Bett aus Angst vor den Alpträumen, die im Schlaf auf sie warteten. Obwohl ihre kurze Ehe mit dem Erben von Clemont Oil sehr unglücklich war, wurde sie die Schuldgefühle nicht los.

Das Gefühl, dass sie wenigstens zum Teil Schuld an Miles’ Tod trug.

Deshalb hatte sie im letzten Monat jeden Abend ein pflanzliches Schlafmittel genommen. Das Mittel versetzte sie in einen traumlosen Zustand, der ein normales Leben ermöglichte, bis der Jahrestag vorüber war und die Erinnerungen verblassten.

Autor

Emmy Grayson
Emmys Begeisterung für Romances begann, als sie die legendären Nancy Drew Krimiromane las, in denen die gleichnamige Heldin allerhand mysteriösen Fällen auf die Spur ging. Dabei blätterte Emmy beim Lesen immer wieder zu den romantischen Kapiteln mit Ned Nickerson zurück. Mehr als 20 Jahre später machte Harlequin Presents ihren Traum...
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