Heiße Nächte mit dem Milliardär

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Verlangen, unbezwingbare Sehnsucht - und Angst: Die widersprüchlichsten Gefühle stürmen auf Sabine ein. Denn vor ihrer Tür steht unvermittelt Gavin Brooks! Vor drei Jahren hatte sie eine heiße Affäre mit dem attraktiven New Yorker Milliardär, bis sie sich von ihm trennte. Ihre Welten waren so unterschiedlich, dass Sabine einfach nicht an ein Happy End glauben konnte, auch wenn sie die Nächte mit Gavin nie vergessen hat. Aber warum ist er jetzt in ihr bescheidenes Apartment nach Brooklyn gekommen? Kann es sein, dass er ihr größtes Geheimnis herausgefunden hat?


  • Erscheinungstag 19.05.2015
  • Bandnummer 3
  • ISBN / Artikelnummer 9783733721176
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Jetzt solltest du aber endlich Feierabend machen, sonst kommst du noch zu spät.“

Überrascht sah Sabine Hayes von der Kasse auf zu ihrer Chefin, der Modedesignerin Adrienne Lockhart Taylor. Seit dreizehn Monaten arbeitete Sabine nun schon als Managerin für Adriennes Modeboutique. „Ich bin gleich fertig.“

„Komm, überlass mir einfach die Kasse, und mach dich auf den Weg. Ich bleibe, bis Jill kommt, und halte dann auf dem Heimweg bei der Bank an. Du musst Jared doch bis achtzehn Uhr abholen, oder nicht?“

„Ja.“ Der Kindergarten würde jede Minute zusätzlich berechnen, die Sabine sich verspätete. Nachdem sie Jared nach Hause gebracht und mit ihm Abendbrot gegessen hätte, würde die Babysitterin für sie einspringen. Zwar liebte Sabine ihre Nebentätigkeit als Yogalehrerin, aber an den Abenden, an denen sie unterrichtete, war ihr Zeitplan immer sehr straff. Alleinerziehende Mutter zu sein war wirklich kein Job für Weicheier. „Ist es denn wirklich in Ordnung für dich, wenn du die Abrechnung für mich machst?“

Adrienne beugte sich über den Tresen. „Jetzt fahr schon“, erwiderte sie.

Rasch sah Sabine auf ihre Armbanduhr. „Okay“, gab sie nach, legte den Inhalt der Kasse in die Banktasche und reichte sie ihrer Chefin. Gott sei Dank war Adrienne an diesem Nachmittag in das Geschäft gekommen, um sich um die neue Dekoration zu kümmern. Die Trendboutique war berühmt für ihre außergewöhnliche Schaufenstergestaltung, in der stets Adriennes Vorliebe für sexy Mode im Vordergrund stand. Sabine war überglücklich, hier arbeiten zu dürfen.

Die meisten Boutiquenbesitzer hatten die Bewerberin mit Nasenpiercing und blauen Haarsträhnen keines zweiten Blickes gewürdigt – ungeachtet der Tatsache, dass ihr Piercing aus einem geschmackvollen Diamanten bestand und ihr Haar in einem exklusiven Friseursalon in Brooklyn gestylt worden war.

Selbst als Sabine in den sauren Apfel gebissen, das Piercing zu Hause gelassen und die Haare umgefärbt hatte, war sie in jedem Geschäft in der Fifth Avenue abgewiesen worden. Es gab mehr als genug arbeitsuchende qualifizierte Verkäuferinnen, die scharf auf einen Job in einem der Trendläden waren, in denen man genug verdiente, um auch als alleinerziehende Mutter ein Kind in New York großziehen zu können.

Noch immer dankte Sabine ihrem Glücksstern für den Tag, an dem sie zufälligerweise Adrienne auf der Straße begegnet war. Damals hatte sie der fremden Frau spontan ein Kompliment für ihr schönes Kleid ausgesprochen und war aus allen Wolken gefallen, als Adrienne ihr verraten hatte, es selbst entworfen zu haben. Daraufhin hatte sie Sabine eingeladen, sie nachmittags in ihrer Boutique zu besuchen.

Als Sabine der Einladung gefolgt war, war sie hin und weg gewesen von der inspirierenden Atmosphäre des Geschäfts. Hochwertige Mode mit Pfiff – da hatte Sabine nicht lange gezögert und ihre Bewerbung eingereicht, nachdem sie von Adrienne erfahren hatte, dass die Designerin eine Leiterin für die Boutique suchte. Der Job war nicht nur überdurchschnittlich gut bezahlt – Adrienne war darüber hinaus auch eine fabelhafte Chefin. Ihr war völlig gleichgültig, welche Haarfarbe Sabine hatte – im Augenblick zierten fliederfarbene Highlights ihre Frisur –, und sie reagierte stets verständnisvoll auf die besonderen Bedürfnisse einer alleinerziehenden Mutter.

Schnell griff Sabine nach ihrer Tasche, winkte Adrienne zum Abschied zu und verließ das Geschäft durch den Hinterausgang. Obwohl der Kindergarten nur ein paar Blocks entfernt lag, musste sie sich ziemlich beeilen und den anderen Fußgängern ausweichen, die offenbar alle Zeit der Welt zu haben schienen.

Endlich hatte sie ihr Ziel erreicht und öffnete das Tor, das auf den kleinen Hof führte. Hastig lief sie den Treppenaufgang hinauf und betätigte genau drei Minuten vor sechs den Türöffner. Kurz darauf befand sie sich bereits auf dem Weg zur U-Bahn, ihren kleinen Sohn auf dem Arm.

„Hey, mein Kleiner“, sagte sie. „Hattest du einen schönen Tag?“

Jared nickte begeistert. Erstaunt stellte Sabine wieder einmal fest, wie sehr er in den vergangenen Wochen gewachsen war. Mittlerweile hatte er so gut wie keinen Babyspeck mehr im Gesicht und sah seinem Vater von Tag zu Tag ähnlicher. Als sie Jared das erste Mal in den Armen gehalten und in seine braunen Augen geblickt hatte, da hatte sie geglaubt, in Gavins Gesicht zu sehen. Sie hoffte inständig, dass er die Attraktivität seines Vaters, aber das mitfühlende Herz seiner Mutter geerbt hatte.

„Was möchtest du heute Abend denn gerne essen?“

„Spa…ketti.“

„Schon wieder Spaghetti? Das hatten wir doch erst gestern. Irgendwann siehst du bestimmt selbst mal so aus wie eine Nudel.“

Lachend umklammerte Jared ihren Hals, und Sabine atmete tief den beruhigenden Duft des Babyshampoos ein, bevor sie ihren Sohn auf die Stirn küsste. Er hatte ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt, doch für nichts auf der Welt würde sie ihn wieder hergeben.

„Sabine?“, rief da jemand plötzlich hinter ihr, als sie an einem Restaurant vorbeiging und schon beinahe den Eingang zur U-Bahn-Station erreicht hatte.

Sofort blieb sie stehen und drehte sich erstaunt zu dem Mann im marineblauen Anzug um, der an einem der Tische auf dem Bürgersteig saß und ein Glas Wein trank. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht an seinen Namen erinnern. Woher kannte sie ihn bloß?

„Du bist es also wirklich“, sagte er, stand auf und kam auf sie zu. Als er ihre verwirrte Miene bemerkte, lächelte er. „Du hast keine Ahnung, wer ich bin, stimmt’s? Ich bin Clay Oliver, ein Freund von Gavin. Wir sind uns vor ein paar Jahren auf einer Vernissage begegnet.“

Plötzlich fröstelte Sabine, und sie lächelte gezwungen. „Oh, klar“, erwiderte sie und drehte Jared so, dass er dem besten Freund seines Vaters den Hinterkopf präsentierte. „Ich glaube, ich habe dir damals Champagner über das Hemd geschüttet, kann das sein?“

„Ja!“, rief er, offensichtlich erfreut darüber, dass sie sich erinnerte. „Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?“ Neugierig betrachtete er das Kind auf ihrem Arm. „Anscheinend bist du ziemlich beschäftigt gewesen.“

„Ja, ziemlich.“ Sabine hatte das Gefühl, dass ihr das Herz vor Aufregung aus der Brust springen würde, und verzweifelt sah sie über die Schulter zu der U-Bahn-Station. „Hör mal, ich habe leider keine Zeit, weil mein Babysitter auf mich wartet. War nett, dich wiederzusehen, Clay. Mach’s gut.“

Nachdem sie ihm hastig zugewunken hatte, drehte sie sich um und eilte die Treppen zur Station hinunter. Sie kam sich vor wie eine Verbrecherin, die vom Tatort floh. Nervös sah sie sich auf dem Bahnsteig um. Anscheinend war Clay ihr nicht gefolgt – das hoffte sie zumindest. Doch sie würde sich erst richtig sicher fühlen, wenn sie sich wieder im Herzen Brooklyns und außerhalb von Gavins Einflussbereich befand.

Ob Clay sich Jared genau angesehen hatte? War ihm die Ähnlichkeit aufgefallen? Sie betete, dass das nicht der Fall war.

Als sie kurz darauf mit noch immer wild klopfendem Herzen in der U-Bahn saß und Jared umarmte, der auf ihrem Schoß saß, versuchte sie, sich zu beruhigen.

Es war beinahe drei Jahre her. Bald würde Jared seinen zweiten Geburtstag feiern, und bisher war es Sabine gelungen, Gavin zu verheimlichen, dass er einen Sohn hatte. Die ganze Zeit über war sie weder ihm noch einem seiner Bekannten über den Weg gelaufen. Sie verkehrten auch nicht gerade in denselben Kreisen – denn zwischen ihnen beiden lagen Welten. Nachdem sie sich von ihm getrennt hatte, hatte er sie weder angerufen noch eine SMS an sie geschickt. Ganz offenbar vermisste er sie nicht allzu sehr.

Trotzdem war Sabine seitdem nie mehr ganz zur Ruhe gekommen, denn sie wusste, dass Gavin früher oder später herausfinden würde, dass er einen Sohn hatte. Falls Clay es ihm nicht schon an diesem Abend erzählte, würde es eben ein anderes Mal geschehen, wenn sie zufällig wieder einem seiner Freunde über den Weg lief. Je älter Jared wurde, desto weniger ließ sich die Ähnlichkeit mit seinem Vater verleugnen.

Dann würde es lediglich eine Frage der Zeit sein, bis Gavin wutentbrannt bei ihr auftauchte und sein Recht einforderte. Bisher hatte er schließlich immer bekommen, was er wollte. Doch Sabine wusste, dass es ihm dieses Mal nicht gelingen würde. Jared war ihr Sohn. Gavin hingegen war ein Workaholic, der überhaupt keine Ahnung hatte, was er eigentlich mit einem Kind anfangen sollte. Ganz bestimmt wollte Sabine ihren Sohn nicht von irgendwelchen Nannys und Internatslehrern erziehen lassen – denn genau so hatte die traurige Kindheit seines Vaters ausgesehen.

Nachdem sie an der nächsten Station in den Bus umgestiegen waren, erreichten sie ein paar Minuten später Sabines kleine Wohnung in der Nähe des Marine Parks in Brooklyn, wo sie seit fünf Jahren wohnte. Zwar war es nicht der nobelste Ort der Welt, dafür aber relativ sicher und sauber. Außerdem gab es in unmittelbarer Nähe einen Supermarkt. Je älter Jared wurde, desto enger wurde es leider in dem Apartment, aber sie kamen schon zurecht.

Bevor ihr Sohn geboren worden war, hatte Sabine den größten Teil ihres Schlafzimmers als Atelier benutzt. Doch nach Jareds Geburt hatte sie die Leinwände zusammengepackt und ein fröhliches Wandbild über die Krippe gemalt. Jared hatte viel Raum zur Verfügung, und nicht weit von der Wohnung entfernt gab es einen Park, in dem er herumtoben und im Sand buddeln konnte.

Im Grunde hatten Jared und sie ein ziemlich schönes Leben – zumal sie bei ihrer Ankunft damals in New York am Boden zerstört gewesen war und kein Dach über dem Kopf gehabt hatte. Damals hatte sie als Kellnerin gejobbt und sich die restliche Zeit ihrer Kunst gewidmet. Heute musste sie zwar jeden Penny umdrehen, aber sie kamen zurecht.

„Spa…ketti!“, rief Jared triumphierend, als sie die Wohnung betraten.

„Okay, ich mache dir ja Spa…ketti.“ Sabine setzte ihn vor den Fernseher und schaltete die Lieblingssendung ihres Sohnes ein, zu der er tanzte und sang, während sie das Essen zubereitete.

Nachdem Jared seine Mahlzeit beendet und Sabine sich umgezogen hatte, blieben nur noch wenige Momente, bevor ihre Flurnachbarin Tina eintreffen und den kleinen Mann für die Nacht fertig machen würde. Normalerweise schlief Jared schon tief und fest, wenn Sabine wieder nach Hause kam. Sie fand es zwar schrecklich, ihren Sohn nicht ins Bett bringen zu können, doch er brauchte dringend seinen Schlaf, weswegen sie ihn nicht bis zu ihrer Rückkehr warten ließ.

Laut klopfte es an ihrer Tür. Tina schien zeitiger dran zu sein als gewöhnlich – was Sabine nur recht sein konnte, denn dann erwischte sie den früheren Bus und konnte sich vor dem Unterricht noch ein wenig aufwärmen.

„Hey, Tina …“, begann sie, nachdem sie die Tür geöffnet hatte, verstummte jedoch sofort, als sie nicht wie erwartet ihre zierliche Nachbarin vor sich stehen sah.

Oh, nein – das durfte doch nicht wahr sein!

Gavin.

Ihr wurde mit einem Mal schwindelig, und Halt suchend griff sie nach dem Türrahmen. Übelkeit stieg in ihr auf, und trotzdem erwachten einige Regionen ihres Körpers schlagartig zum Leben – Regionen, die sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Bereits damals hatte Gavin es meisterlich verstanden, ihren Körper in einen ekstatischen Rausch zu versetzen, und offenbar hatte sich in all den Jahren nichts an dieser Tatsache geändert.

Furcht. Verlangen. Panik. Lust. All diese Emotionen stürzten sie in ein wahres Gefühlschaos. Mühsam versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen und sich ihre Bestürzung nicht anmerken zu lassen. Auf gar keinen Fall durfte Gavin wissen, was für eine verheerende Wirkung seine Anwesenheit auf ihren Hormonhaushalt hatte. Das würde er nur schamlos zu seinem Vorteil ausnutzen. Also setzte sie ein, wie sie hoffte, unschuldiges Lächeln auf und versuchte, ihre aufgewühlten Gefühle in den Griff zu bekommen.

„Hallo, Sabine“, sagte Gavin, und seine tiefe Stimme war genauso wohlklingend, wie Sabine sie in Erinnerung gehabt hatte.

Sie konnte immer noch nicht recht glauben, dass dieser attraktive, reiche Mann, mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre gehabt hatte, wirklich in diesem Moment vor ihrer Tür stand. Mit seinem maßgeschneiderten grauen Anzug und der glänzenden blauen Krawatte repräsentierte er stilsicher den Chef des weltweit agierenden Transportunternehmens BXS Shipping. Intensiv musterte er sie, und Sabine hatte den Eindruck, dass er im Vergleich zu früher ein wenig gealtert zu sein schien. Kleine Sorgenfalten waren um seine Augen herum und auf seiner Stirn zu erkennen. Oder lag das nur daran, dass er so furchtbar wütend war?

„Gavin!“, rief sie gespielt überrascht aus. „Mit dir habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich dachte, du bist Tina. Das ist meine Nachbarin, weißt du? Wie hast du denn …“

„Wo ist mein Sohn?“, unterbrach er ihren Wortschwall. Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass er ziemlich verärgert war. Seine sinnlichen Lippen waren fest zusammengepresst. Als Sabine ihn damals verlassen hatte, hatte er für einen kurzen Moment auch so ausgesehen, aber er war schnell über den Abschiedsschmerz hinweggekommen. Jetzt allerdings schien er sich wirklich für etwas zu interessieren – jedoch nicht für sie, sondern vielmehr für ihr gemeinsames Kind.

Offenbar hatte die Nachricht sich schnell verbreitet. Es waren kaum zwei Stunden seit ihrer Begegnung mit Clay vergangen.

„Dein Sohn?“, wiederholte sie, während sie verzweifelt nach einer plausiblen Ausrede suchte. Jahrelang hatte sie Zeit gehabt, sich auf diesen Moment vorzubereiten, doch jetzt erwischte es sie trotzdem wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

Rasch schlüpfte sie auf den Flur hinaus und zog die Eingangstür zu ihrem Apartment so dicht heran, dass sie sich durch einen schmalen Spalt vergewissern konnte, dass es Jared gut ging. Sie presste den Rücken gegen den Türrahmen in dem verzweifelten Versuch, eine Barriere zwischen Gavin und Jared zu bilden. Er würde sie schon über den Haufen rennen müssen, falls er sich gewaltsam Zutritt zu ihrer Wohnung verschaffen wollte.

„Ja, Sabine“, sagte Gavin und trat einen Schritt auf sie zu. „Wo ist das Baby, das du seit drei Jahren vor mir geheim hältst?“

Verdammt, sie war immer noch so schön, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte. Ein bisschen älter vielleicht, ein bisschen sinnlicher gerundet, aber immer noch die fröhliche, unverbrauchte Künstlerin, die ihm auf der Vernissage den Kopf verdreht hatte. Der Fitnessanzug, den sie an diesem Abend trug, betonte ihre wunderbaren weiblichen Kurven überaus reizvoll. Schmerzhaft wurde er sich wieder bewusst, was ihm fehlte, seitdem sie ihn verlassen hatte.

Die Menschen in Gavins Leben neigten häufig dazu, genauso schnell wieder zu verschwinden, wie sie aufgetaucht waren. Es hatte eine ganze Reihe Nannys, Tutoren, Freunde und Liebhaberinnen gegeben, als seine Eltern ihn von einer Privatschule auf die nächste geschickt hatten. Auch die dunkelhaarige Schönheit Sabine mit dem entzückenden Nasenpiercing hatte da keine Ausnahme gebildet. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was sie ihm damit antat, hatte sie ihn kurz und schmerzlos sitzen gelassen – nachdem sie ihm mitgeteilt hatte, dass sie beide einfach nicht zusammenpassten und viel zu unterschiedliche Lebensziele verfolgten.

Um ehrlich zu sein, waren sie beide tatsächlich völlig gegensätzlich, aber genau aus diesem Grund hatte er sich wie magisch von der lebensfrohen Sabine angezogen gefühlt. Deswegen hatte er auch fest daran geglaubt, dass sie bei ihm bleiben würde. Sie war nicht wie all die anderen reichen Mädchen, die einfach nur eine gute Partie an Land ziehen und dann ihr Leben mit Shoppingexzessen verbringen wollten. Das zwischen ihnen beiden schien wirklich etwas Ernstes zu sein. Etwas Besonderes.

Da hatte er sich leider völlig geirrt.

Ohne Einwände zu erheben, hatte er sie ziehen lassen, denn er hatte gelernt, dass es keinen Sinn machte, jemanden gegen seinen Willen zum Bleiben überreden zu wollen – doch die ganze Zeit über hatte er seitdem an sie denken müssen. Sie war in seinen Träumen präsent – den erotischen und auch den anderen. In stillen Momenten, wenn er Zeit hatte, seine Vergangenheit zu bedauern, schlich Sabine sich immer wieder in seine Gedanken. Mehr als einmal hatte Gavin sich gefragt, wie es ihr wohl ergehen mochte und was sie aus ihrem Leben gemacht hatte.

Nicht einmal in seinen kühnsten Vorstellungen wäre ihm in den Sinn gekommen, dass sie in der Zwischenzeit sein Kind zur Welt gebracht hatte und es großzog.

Herausfordernd sah sie ihn an. Das musste man ihr lassen – Rückgrat besaß sie. Das hatte er früher so sehr an ihr geliebt. Jetzt hingegen fand er diese Eigenschaft äußerst ärgerlich. „Er ist drinnen – und da bleibt er auch“, teilte sie ihm resolut mit.

Die Offenheit ihrer Worte traf ihn wie ein Faustschlag in den Magen. Es war also wahr. Er hatte wirklich einen Sohn! Clay hatte demnach recht gehabt. Gavin kannte seinen Freund noch aus Collegezeiten, als sie sich ein Zimmer geteilt hatten. Clay zählte zu den wenigen Konstanten in seinem Leben, hatte allerdings gelegentlich eine etwas seltsame Sicht der Dinge. So hatte er ihn, Gavin, kurz zuvor dazu gedrängt, Sabine so schnell wie möglich ausfindig zu machen und mehr über ihren kleinen Sohn herauszufinden.

Er hatte wirklich recht gehabt.

Und entgegen seinen Vermutungen machte Sabine keinerlei Anstalten, es zu bestreiten. Allerdings war sie schon immer gnadenlos ehrlich gewesen. Für seinen Geschmack hatte sie schon viel zu lange allein die Kontrolle über die Situation gehabt – Gavin war fest entschlossen, von nun an eine große Rolle im Leben seines Sohnes zu spielen.

„Er ist also wirklich mein Sohn?“ Auf jeden Fall wollte er es aus ihrem Mund hören. Natürlich würde er einen Vaterschaftstest machen lassen, ganz gleichgültig, was Sabine sagte.

Sabine schluckte schwer und nickte schließlich. „Er sieht dir total ähnlich.“

Das machte ihn nur noch wütender. Sie hatte also die ganze Zeit über gewusst, dass er Vater war – und es trotzdem vor ihm geheim gehalten! Offenbar hatte sie keinerlei Wert darauf gelegt, dass Gavin von seinem Kind erfuhr – und wenn Clay ihr nicht zufällig begegnet wäre, dann wüsste er es noch immer nicht.

„Hattest du eigentlich jemals vor, mir mitzuteilen, dass ich einen Sohn habe, Sabine?“, fragte er wütend.

Unnachgiebig musterte sie ihn mit ihren hellgrünen Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nein“, entgegnete sie schonungslos und machte keinen Hehl daraus, dass sie vorgehabt hatte, Gavin zu hintergehen. Ihr Verhalten war absolut provokant – doch seltsamerweise wurde Gavins Blick von ihren sinnlich gerundeten Brüste angezogen, deren Konturen sich verführerisch unter dem engen Sporttop abzeichneten.

„Was soll das heißen – nein?“, stieß er fassungslos hervor.

„Pscht! Nicht so laut!“ Besorgt sah sie durch den Türspalt ins Apartment. „Ich möchte nicht, dass er uns hört – oder einer von meinen Nachbarn.“

„Tja, tut mir wirklich leid, wenn ich dich vor deinen Nachbarn in Verlegenheit bringe. Aber ich habe eben erst erfahren, dass ich einen zweijährigen Sohn habe, den ich noch nie gesehen habe. Ich schätze, das gibt mir das Recht, ein wenig laut zu sein, meinst du nicht?“

Sabine holte tief Luft und verblüffte ihn ein weiteres Mal mit ihrer erstaunlichen Fähigkeit, die Ruhe zu bewahren. „Klar hast du Grund genug, wütend zu sein. Aber du änderst gar nichts, wenn du hier rumschreist. Ich lasse nicht zu, dass du das vor meinem Sohn tust.“

Unserem Sohn“, verbesserte Gavin.

„Nein“, erwiderte sie scharf. „Er ist mein Sohn. Ich habe ihn auf die Welt gebracht und alleine großgezogen. Du hast keinerlei Anspruch auf ihn und nicht das geringste Recht, mir seinetwegen Vorschriften zu machen. Hast du mich verstanden?“

Nun, das würde ziemlich schnell aus der Welt geschafft werden. „Im Augenblick ja. Aber glaub bloß nicht, dass du mit deinem egoistischem Verhalten auf Dauer durchkommst.“

Ihr porzellanfarbener Teint rötete sich leicht, und Gavin wusste nur zu gut, dass sie es nicht ausstehen konnte, wenn er Forderungen stellte. Zu schade für sie – sie würde sich in Zukunft wohl oder übel an den Gedanken gewöhnen müssen.

„Es ist Mittwochabend nach halb acht, deswegen kannst du darauf wetten, dass es eine kleine Weile doch so bleibt, wie ich es will.“

Unwillkürlich musste Gavin lachen. „Glaubst du im Ernst, dass meine Anwälte jetzt nicht mehr ans Telefon gehen würden? Ich bezahle ihnen so viel, dass sie alles tun, was ich von ihnen verlange.“ Er zog das Handy aus der Innentasche seiner Anzugsjacke. „Sollen wir mal Edmund anrufen und schauen, ob er erreichbar ist?“

Schockiert sah sie ihn an. „Komm schon, Gavin. Dein Anwalt wird auf einem Vaterschaftstest bestehen, und der dauert drei Tage. Wenn du mich unter Druck setzt, sorge ich dafür, dass du Gavin vorher nicht zu Gesicht bekommst. Wenn wir morgen gleich testen, dann müssten wir das Ergebnis bis Montag haben.“

Hilflos ballte er die Hände zu Fäusten. Sabine hatte Jahre gehabt, um sich auf diesen Moment vorzubereiten, und sie hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Frühestens am Montag, wenn das Ergebnis vorlag, konnte er seinen Anwalt einschalten und damit beginnen, seine Rechte als Vater einzufordern. Doch wenn er das erst einmal tat, sollte Sabine auf der Hut sein.

„Ich möchte meinen Sohn sehen“, beharrte er.

„Dann beruhige dich erst mal, und nimm den Finger von der Kurzwahltaste für deinen Anwalt.“

Kopfschüttelnd steckte er das Telefon zurück in die Tasche. „Bist du jetzt glücklich?“

Obwohl sie das offensichtlich nicht zu sein schien, nickte sie. „Aber vorher müssen wir noch ein paar Grundregeln besprechen.“

Mit Mühe gelang es ihm, eine unhöfliche Bemerkung zu unterdrücken. Nur wenige Menschen besaßen die Unverfrorenheit, ihm Regeln zu diktieren – Sabine war einer davon. „Ja.“ Sollte sie sich ruhig noch eine Weile über sein kleinlautes Verhalten freuen, denn schon bald würde ein anderer Wind wehen.

„Nummer eins – in Jareds Gegenwart wird nicht geschrien. Ich möchte nicht, dass er sich aufregt.“

Jared. Das war also der Name seines Sohnes. „Hat er auch einen zweiten Namen?“ Plötzlich interessierte ihn alles brennend, was mit seinem Kind zusammenhing.

„Thomas. Er heißt Jared Thomas Hayes.“

Was für ein Zufall – Thomas war auch sein zweiter Name. Ob Sabine das gewusst hatte? „Warum ausgerechnet Thomas?“

„Weil mein Kunstlehrer in der Highschool Mr Thomas hieß. Er war der Einzige, der mich ermutigt hat, mit meiner Malerei weiterzumachen. Außerdem ist es auch dein zweiter Name. Dann wäre da noch Regel Nummer zwei“, fuhr sie fort. „Erzähl ihm nicht, dass du sein Vater bist – zumindest nicht, bis es offiziell ist und wir uns auf einen passenden Zeitpunkt geeinigt haben. Ich möchte ihn nicht verängstigen oder verstören.“

„Wen hält er denn für seinen Vater?“, fragte Gavin.

Doch Sabine schüttelte nur den Kopf. „Er ist nicht mal zwei. Bisher hat er noch nicht danach gefragt.“

„Schön“, erwiderte er, ziemlich erleichtert darüber, dass sein Sohn bisher seinen Vater noch nicht vermisst zu haben schien. Aus eigener Erfahrung wusste er, wie schmerzhaft das war. „Genug Regeln. Ich möchte jetzt Jared sehen.“ Der Name des Jungen hörte sich fremd in seinen Ohren an, und er wünschte sich, endlich ein Gesicht dazu zu haben.

„Okay.“ Langsam trat Sabine zur Seite und ließ ihn vorbei.

Als Gavin über die Schwelle trat, fielen ihm die kleinen Veränderungen auf, die seit seinem letzten Besuch vor langer Zeit vorgenommen worden waren. Damals hatten Sabines Bilder an den Wänden gehangen, Pinsel und Farben waren überall im Apartment verstreut und das Ambiente des Raumes von künstlerischer Kreativität erfüllt gewesen.

Als er jetzt jedoch beinahe auf einen dicken blauen Kindermalstift getreten wäre, wurde ihm klar, dass sie so einiges verändert hatte. Die Möbel waren neuer, und auf dem Boden lag kunterbuntes Plastikspielzeug. Über den Fernsehbildschirm in einer Ecke des Zimmers flimmerte lautstark eine Kindersendung.

Sabine trat einen Schritt zur Seite, und endlich sah Gavin den kleinen dunkelhaarigen Jungen auf dem Fußboden, der wie gebannt auf den Fernseher blickte, den Kopf hin und her bewegte und vergnügt ein Lied mitsang.

Gavin schluckte und trat einen weiteren Schritt näher, sodass Sabine die Eingangstür schließen konnte. Anschließend ging sie zu dem kleinen Jungen hinüber und hockte sich vor ihn hin.

„Jared, wir haben Besuch. Lass uns Hallo sagen.“

Sofort legte das Kind den Spielzeuglaster weg, den es in der Hand gehalten hatte, stand auf und blickte zu Gavin. Die Ähnlichkeit war einfach überwältigend – der Kleine sah tatsächlich so aus wie Gavin, als er selbst in diesem Alter gewesen war. Es kam ihm vor, als wäre ein Foto aus seinem Babyalbum zum Leben erweckt worden. Die Wangen mit Tomatensoße verschmiert, die dunklen Augen, die ihn neugierig musterten – dieser Junge war ohne jeden Zweifel sein Sohn.

Der kleine Junge lächelte und entblößte dabei ein paar niedliche Milchzähne. „Hi.“

Einen Moment lang wusste Gavin vor Rührung nicht, was er erwidern sollte – seine Gefühle trafen ihn völlig unvorbereitet. Noch am Morgen war er mit dem Gedanken an seine neueste geschäftliche Transaktion aufgewacht, und jetzt traf er zum ersten Mal in seinem Leben seinen Sohn. „Hi, Jared“, stieß er schließlich hervor.

„Jared, das ist Mommys Freund Gavin.“

Zögernd trat Gavin dichter an das Kind heran und ging vor ihm in die Hocke. „Wie geht es dir denn, mein Großer?“

Hilflos hörte er sich den Wortschwall des Jungen an und versuchte, irgendetwas davon zu verstehen. Er meinte, so etwas wie Spaghetti, Schule und Zug heraushören zu können – alles andere kam ihm wie völliges Kauderwelsch vor, aber Jared schien es nicht zu stören, dass Gavin nichts sagte. Endlich hörte er auf zu reden und hielt Gavin das Spielzeugauto hin. „Mein Truck“, erklärte er stolz.

Autor

Andrea Laurence
Bereits im Alter von zehn Jahren begann Andrea Laurence damit, Geschichten zu schreiben – damals noch in ihrem Kinderzimmer, wo sie an einer alten Schreibmaschine saß. Sie hat immer davon geträumt, ihre Romane eines Tages in der Hand halten zu können, und sie arbeitete jahrelang hart, bis sich ihr Traum...
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