Hochzeit mit einem Fremden?

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Erst war der sexy Unbekannte nur ihr Retter, dann der aufregendste Liebhaber ihres Lebens! Die gewissenhafte Nanny Victoria ist fassungslos, wie konnte sie nur so leichtsinnig den Küssen eines Fremden verfallen? Zum Glück wird sie ihn nie wiedersehen. Doch ihre Hoffnung zerplatzt, denn ihr neuer Auftraggeber, der sie als Flugbegleitung für seine kleine Schwester engagiert, ist niemand Geringeres als Scheich Rashid Al Kharim, ihr heißer Verführer und zukünftiger König von Qajaran! Noch bevor sie in seinem Wüstenreich landen, überrascht er sie mit einem skandalösen Angebot …


  • Erscheinungstag 13.09.2016
  • Bandnummer 2249
  • ISBN / Artikelnummer 9783733706999
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Das ewige Auf-und-ab-Gehen war genug.

Rashid Al Kharim brauchte etwas Stärkeres.

Er musste sich komplett verlieren, musste den Schmerz betäuben, den die Eröffnungen des heutigen Tages ausgelöst hatten. Selbst wenn es nur für einige kurze Stunden wäre.

Er musste den Vater vergessen, der nicht vor dreißig Jahren gestorben war, wie er bisher immer geglaubt hatte. Und er wollte auch nicht mehr an das Kind denken – seine Schwester –, das jetzt scheinbar in seine Verantwortung überging.

In ihm rumorte quälende Rage. Mit einem dumpfen Laut ließ er die Tür seiner Hotelsuite in Sydney hinter sich ins Schloss fallen und steuerte die Aufzüge an, drückte ungeduldig den Rufknopf. Er wusste genau, was er jetzt brauchte.

Eine Frau.

Gott, sie verabscheute Nachtclubs.

Draußen auf der Straße hatte es wie eine Fluchtmöglichkeit vor ihrer Wut gewirkt, aber hier drinnen war es dämmrig und laut, und es gab auch viel zu viele lüsterne Männer, die eigentlich zu alt waren, um sich an einem Ort aufzuhalten, an dem das Durchschnittsalter der Frauen nicht mehr als neunzehn betragen konnte – wobei Tora mit ihrer Anwesenheit diese Zahl schon sicher erhöht und die der Absatzhöhe wiederum um einige Zentimeter heruntergezogen hatte. Das hielt diese alten Kerle aber nicht davon ab, ihr unmissverständlich zuzugrinsen.

Allerdings lag diese Bar hier gleich in der Nähe des Büros ihres Cousins, und nach einer vollen Stunde, in der weder ihr Toben noch ihre Tränen irgendeinen Unterschied bewirkt hatten, brauchte sie einfach einen starken Drink, über dem sie eine Weile brüten konnte.

Du lieber Himmel, jetzt blinzelte ihr einer von diesen Typen auch noch zu. Igitt!

Auf dem Barhocker drehte Tora sich um, zog ihren Rock weiter herunter und bestellte sich einen Cocktail.

Sie hasste Bars. Wirklich.

Aber noch mehr hasste sie ihren Cousin. Von wegen Finanzberater! Ein mieser Lügner und Betrüger, das war er. Hoffentlich kam der Drink schnell, damit endlich die Wirkung des Alkohols einsetzen konnte und die schäumende Wut betäubte.

Sie musste sein höhnisches Grinsen vergessen, nachdem sie sich geweigert hatte, sich noch länger hinhalten zu lassen, und darauf bestanden hatte, dass er ihr klipp und klar sagte, wann sie endlich an das Erbe ihrer Eltern herankam. Sie musste seinen kalten Blick vergessen, als er sie ungerührt darüber informierte, dass sie mit ihrer geleisteten Unterschrift, die sie für eine reine Formalität gehalten hatte, in Wirklichkeit ihm die Vollmacht über das Geld gegeben hatte. Woraufhin er das Geld „für sie investiert“ hatte. Nur war diese Investition dann den Bach runtergegangen. Was hieß, dass kein einziger Cent mehr von den zweihundertfünfzigtausend Dollar übrig war. Nichts mehr von dem Geld, das sie versprochen hatte, Sally und Steve zu leihen.

„Man sollte eben immer das Kleingedruckte lesen“, hatte er hämisch gesagt, und sie, die sie in ihrem ganzen Leben noch nie gewalttätige Anwandlungen verspürt hatte, hatte sich in dem Moment ernsthaft überlegt, ob das nicht eine gute Alternative wäre.

„Blut ist dicker als Wasser“, hatten ihre Eltern gesagt und Matthew, ihren Neffen, als Finanzberater bestimmt. Tora hätte Matthew nie gewählt, hatte sie ihren Cousin schon als Kind nicht gemocht, hatte sich immer unwohl in seiner Gegenwart gefühlt.

Aus gutem Grund, wie sie jetzt wusste.

Der georderte Cocktail wurde vor sie hingestellt, und sie klammerte die Finger um den Glasstiel. Wie sollte sie Sally beibringen, dass der zugesicherte Kredit jetzt nicht mehr zustande kommen konnte, weil Cousin Matthew mit ihrem Geld spekuliert und alles verloren hatte? Ihr wurde übel, wenn sie daran dachte. Die beiden hatten sich auf sie verlassen. Nun, dann würde sie einen anderen Weg finden müssen. Sie würde bei der Bank vorstellig werden. Bei allen Banken.

Sie hob das Glas an die Lippen, musste sich beherrschen, um den Cocktail nicht hinunterzustürzen, aber sie nahm einen kräftigen Schluck. Ein Lichtstrahl aus der Discokugel blendete sie, sie kniff die Augen zusammen. Als sie die Lider wieder hob, drängte sich einer von diesen alten Kerlen neben sie an die Bar, mitsamt seinem Bierbauch und dem schütteren Pferdeschwanz, stützte seine Hand auf den Sitz ihres Barhockers.

„Hi, Süße. Du scheinst den Drink ja nötig zu haben. Soll ich dir noch einen spendieren?“

Von der anderen Seite der Bar verfolgten seine Freunde feixend das Schauspiel mit. Und plötzlich schien Tora ein Taxi nach Hause und die angebrochene Flasche Riesling in ihrem Kühlschrank eine viel bessere Option, als hier in der Bar das Vergessen zu suchen.

Sie griff nach ihrer Handtasche …

Dieser Club war zu laut. Und zu dunkel. Rashid bereute seinen Entschluss bereits, die Treppe in die Kellerbar gleich neben seinem Hotel hinuntergestiegen zu sein. Während sich die unzähligen Fragen noch immer in seinem Kopf überschlugen, ließ er den Blick über die Tanzfläche wandern. Die blutjungen Dinger da trugen mehr Make-up als Kleidung. Nein, hier würde er die Ablenkung, die er suchte, bestimmt nicht finden. Er mahlte mit den Zähnen. Das hier war reine Zeitverschendung.

Er wandte sich schon zum Gehen, als sein Blick auf die Frau fiel, die allein an der Theke saß. Vermutlich war sie attraktiv zu nennen, auch wenn sie eher wie eine Bibliothekarin aussah. Die adrette Bluse und der strenge Knoten passten überhaupt nicht hierher. Aber auf jeden Fall war sie über die Pubertät hinaus und sah aus wie eine Frau.

Er wollte sich gerade einen Weg durch die Menge bahnen, als sich ein Mann zu ihr stellte und den Arm an ihren Rücken legte.

Rashid unterdrückte das Knurren und wandte sich wieder ab. Er mochte ja wütend sein, aber er war nicht auf Streit wegen einer Frau aus.

„Ich brauche keine Gesellschaft“, versuchte Tora ihren hartnäckigen Verehrer abzuwimmeln. Natürlich wäre es nett gewesen, eine Schulter zu haben, an der sie sich hätte ausheulen können, es hätte sicherlich gutgetan, sich alles über ihren betrügerischen Cousin von der Seele zu reden, aber nicht, wenn die Schulter in dieser Aufmachung daherkam. Und außerdem war sie nicht deswegen hier.

„Schade. Wo wir uns doch so gut verstehen.“ Als er sah, dass sie ihre Tasche aufnahm, stellte er sich vor sie, blockierte ihr damit den Weg.

„Ist mir glatt entgangen.“ Jetzt gab es also noch etwas, das sie auf ihre Hassliste setzen konnte – lüsterne alte Kerle, die sich für Gottes Geschenk an die Frauen hielten. „Wenn Sie dann jetzt so freundlich wären, mir aus dem Weg zu gehen.“

Er lehnte sich vor. „Komm schon, Süße, warum denn so eilig?“ Sein Bieratem schlug ihr entgegen, und angewidert wandte sie das Gesicht ab.

In diesem Moment sah sie ihn. Er bewegte sich wie ein Schatten in der Dunkelheit. Das Licht der rotierenden Kugel an der Decke warf Strahlen auf sein blauschwarzes Haar und ließ seine dunklen Augen aufblitzen. Er war groß, sah sich um, als wäre er auf der Suche nach jemandem … oder nach etwas. Zwar drehten sich Köpfe zu ihm um, aber niemand schien ihn für sich beanspruchen zu wollen.

„Wie wär’s denn, wenn ich dir noch einen von diesen Cocktails ausgebe?“, wiederholte sich der Mann neben ihr lallend.

Ja, wenn er nüchtern wäre und so aussehen würde wie der Typ, der gerade hereingekommen war … vielleicht.

„Ich bin mit jemandem verabredet“, log sie und rutschte von dem Hocker, sorgfältig darauf achtend, dass sie ihrem betrunkenen Bewunderer nicht zu nahe kam. Hoppla! Selbst mit den relativ flachen Absätzen wankte sie leicht. Wie es schien, war der Cocktail doch nicht umsonst gewesen.

„Hat er dich versetzt, was?“ Noch immer wollte der Typ nicht aufgeben. „Na, jetzt hast du ja mich, damit du nicht versauerst.“

„Tut mir leid“, behauptete sie, nur für den Fall, dass Mr. Bieratem hier noch weiter debattieren wollte, „aber er ist gerade hereingekommen.“ Und damit ließ sie ihn stehen, entschlossen, ihm den Beweis zu liefern.

Rashid ließ noch einen letzten Blick über den Raum gleiten, obwohl er bereits sicher war, dass er die gesuchte Ablenkung hier nicht finden würde. Also drehte er sich um … als jemand seinen Arm packte.

„Na endlich“, sagte eine weibliche Stimme hinter ihm. „Du kommst spät.“

Er wollte schon sagen, dass sie ihn verwechselt haben musste, und sie abschütteln, als sie eine Hand an seinen Nacken legte und seinen Kopf zu sich herunterzog. „Spielen Sie bitte mit“, wisperte sie an seinem Ohr.

Es war die Frau, die an der Theke gesessen hatte – der einzige Grund, weshalb er sie nicht von sich stieß – und die erste Überraschung. Die zweite Überraschung war, dass Miss Bücherwurm sich als Miss Courage entpuppte. Das Beste jedoch hob sie sich bis zuletzt auf: Ihr Kuss war die größte Überraschung überhaupt. Nach einem kurzen Moment wollte sie sich zurückziehen, doch das wusste er zu verhindern. Ihre Lippen waren weich und voll, sie schmeckte nach Frucht und Alkohol und Sommer, ganz warme weiche Frau, und noch würde er sie nicht loslassen. Also schlang er den Arm um sie, legte seine Hand an ihren Po und presste sie an sich. Dieses Mal war sie es, die überrascht war und an seinem Mund nach Luft schnappte.

Oh ja, genau das brauchte er. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee gewesen, heute Abend hierherzukommen.

„Gehen wir“, sagte sie entschlossen, wenn auch vielleicht ein wenig hektisch. Sie löste sich von ihm und sah noch einmal zurück zu dem Platz, wo sie gesessen hatte. Er folgte ihrem Blick, sah die Gruppe Männer, die sich jetzt an der Theke versammelt hatten und ihrem Kumpanen tröstend auf die Schultern klopften. Rashid fragte sich, was der Typ zu ihr gesagt haben mochte, dass sie so durcheinander war. Aber eigentlich war es ihm gleich. Er legte den Arm um ihre Schultern und manövrierte sie durch die Leute zur Treppe und zum Ausgang. Er hatte genau das, wonach er gesucht hatte.

Toras Herz hämmerte laut, sie war überzeugt, dass andere es nur deshalb nicht hören konnten, weil das Dröhnen der Bässe noch lauter war. Der Alkohol musste doch mehr Wirkung auf sie gehabt haben als erwartet. Warum sonst sollte sie wohl auf einen komplett Fremden zugegangen sein und ihn geküsst haben?

Doch sie wusste, es lag nicht nur am Alkohol, sondern auch an ihrer Wut, die sich noch immer nicht gelegt hatte. Erst ihr hinterlistiger Cousin, dann dieser Nachtclub, der nichts anderes war als ein Fleischmarkt, und auch noch dieser Widerling, der der irrigen Ansicht war, sie würde auch nur eine einzige Minute in seiner bierseligen Gesellschaft verbringen wollen. Da hatte es nicht gereicht, sich nur umzudrehen und zu gehen, sie hatte dem Knilch beweisen wollen, dass sie keineswegs eine bedauernswerte einsame Frau war, die sich über jede Aufmerksamkeit freute. Na, das war ihr wohl auf jeden Fall gelungen.

Allerdings hatte sie nicht mehr geplant gehabt als ein Begrüßungsküsschen auf den Mund, sozusagen ein Signal für die Altherren-Gruppe, um zu zeigen, dass sie nicht allein hier war. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Fremde tatsächlich so intensiv in das Spiel einsteigen würde. Auch war sie von der eigenen Reaktion überrumpelt worden. Der Geschmack des Mannes hatte sie überwältigt. Die Berührung hatte sie regelrecht benebelt. Und wie ihre Haut überall zu prickeln begann, sobald er sie an seine Seite zog … das war sicherlich nicht uninteressant.

Sie zwang sich, die Hand, die sie an seine Hüfte gelegt hatte, ruhig zu halten. Was keineswegs einfach war, wollten ihre Finger doch fühlen und erkunden. Himmel, sie musste schnellstens hier raus, brauchte dringend frische Luft, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Sie würde sich bei diesem Fremden bedanken und zusehen, dass sie nach Hause kam, bevor sie heute Abend noch irgendetwas Verrücktes anstellte.

Und dann fiel die Tür des Nachtclubs auch schon hinter ihnen zu, sie standen auf dem Bürgersteig, nur erhielt Tora nie die Chance, sich bei dem Fremden zu bedanken, denn er zog sie sofort in einen dunklen Hauseingang und küsste sie wieder. Und sie ließ es zu, denn es war nicht mehr der Alkohol, der sie berauschte, auch nicht mehr die Wut, die in ihr brodelte, sondern es lag ausschließlich an ihm.

Wahnsinn, konnte sie nur noch denken, bevor er mit seinem geschickten Mund ihre Lippen dazu verführte, sich für ihn zu öffnen. Sie sollte das hier aufhalten, ermahnte sie sich, als seine Zunge ihre zu einem erotischen Tanz aufforderte. So etwas tat sie nämlich nicht. Sie standen ja vielleicht im Schatten, aber sie befanden sich dennoch in der Öffentlichkeit. Was, wenn Matthew auf dem Nachhauseweg sie sah?

Sobald Tora an ihren Cousin dachte, schäumte die Wut wieder auf. Was interessierte es sie, was ihr aalglatter Cousin dachte? Sollte er es ruhig sehen! Und damit presste sie sich enger an den Fremden. Und als er dann mit seinem heißen Mund über ihren Hals und hin zu ihrem Ohr fuhr und ihr ganzer Körper sich in eine erogene Zone verwandelte, war ihr sowieso alles gleich.

„Schlaf heute Nacht mit mir“, murmelte er heiß an ihrem Ohrläppchen. Sein Atem strich über ihr Haar, fachte damit die Flammen an, die an ihrem Inneren leckten. Fast wünschte sie, er hätte nichts gesagt, sondern sie schlicht in seine Höhle gezerrt. Dann hätte sie nicht überlegen müssen, hätte keine Entscheidung treffen müssen. Das Ganze war verrückt. Sie ließ sich nicht mit Fremden ein, die sie in einer Bar traf, und verbrachte die Nacht mit ihnen.

„Ich kenne nicht einmal deinen Namen.“ Mehr als diese atemlosen Worte brachte sie nicht hervor, verweigerte der Verstand ihr doch den Dienst, während alles in ihr laut „Ja“ schrie.

„Ist das wichtig?“

Jetzt im Moment? Der Mann hatte recht. Er hätte ihr sagen können, er sei Jack the Ripper, und es hätte keinen Unterschied gemacht. Trotzdem …

„Ich sollte nach Hause gehen.“ Angestrengt versuchte sie sich daran zu erinnern, dass sie ein anständiges Mädchen war. Verschwommen fiel ihr auch wieder etwas von einem Taxi, einer eisgekühlten halben Flasche Wein und einem betrügerischen Familienmitglied ein, aber es war mühsam, sich an Details zu erinnern.

Und war es nicht genau das, um was es heute Abend ging?

Er zog sich von ihr zurück, Zentimeter nur, aber selbst dieser knappe Abstand erschuf ein eiskaltes Vakuum. „Ist es das, was du willst? Nach Hause gehen?“

Seine plötzlich harschen Züge schienen körperlichen Schmerz auszudrücken, so als koste es ihn übermenschliche Anstrengung, sich zu beherrschen. Immerhin besaß er die Kraft, sich zu beherrschen. Was würde er wohl alles mit diesem großen muskulösen Körper anstellen können, den er mit eiserner Willenskraft kontrollierte? Das Konzept als solches war erregend. Der perfekte Fremde. Kraftvoll, möglicherweise gefährlich, aber er ließ ihr die Wahl.

Eine Wahl, die schwieriger nicht hätte sein können. Entschied sie sich für Verantwortungsbewusstsein und Sicherheit, dann würde sie zu Hause sitzen und über die Chance nachgrübeln, die sie verpasst hatte. Oder sie konnte mit diesem Fremden gehen, der sie all die Dinge vergessen machen würde, die sie vergessen wollte. Eine Nacht mit einem Fremden … Ihr Cousin wäre entsetzt über sie.

Und überhaupt … ihr ganzes Leben schon bewegte sie sich auf der sicheren Seite, und wohin hatte das geführt? Sie war noch nie ein Risiko eingegangen, und trotzdem hatte sie heute alles verloren.

Heute war nicht der Tag, um auf der sicheren Seite zu bleiben.

„Nein.“ Mit der Zungenspitze fuhr sie sich über die Lippen, schmeckte seinen unbekannten Geschmack. „Ich will die Nacht mit dir verbringen.“

„Eine Nacht“, sagte er, und sie hörte die Warnung darin. „Mehr kann ich dir nicht bieten.“

„Perfekt.“ Sie lächelte. „Mehr als eine Nacht will ich nicht.“ Morgen würde sie die Scherben zusammenfegen und sehen, wie sie weitermachen konnte.

Seine Augen blitzten im Licht der Straßenlaterne auf. Triumph. Hunger. Sacht steckte er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ich heiße Rashid.“

„Tora“, stellte sie sich vor und erschauerte.

Er nahm ihre Hand, führte sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. „Dann komm, Tora.“

2. KAPITEL

Nett.

Nur wie nebenbei registrierte Tora, dass Rashid sie durch das marmorgeflieste Foyer eines der ältesten und nobelsten Hotels in Sydney zog. Sehr nett. Eine Nacht im The Velatte zu verbringen war der Traum jedes Normalsterblichen. Ganz offensichtlich gehörte der Fremde nicht zu den „Normalos“. Aber das wusste sie ja bereits. Noch nie hatte allein die Nähe eines normalen Mannes ihren Puls zum Rasen gebracht, und bisher hatte kein normaler Mann ein solches Feuer in ihr entfacht nur mit einem Kuss. Wenn sie daran dachte, dass sie die Nacht mit diesem Mann verbringen würde, wurden ihr die Knie schwach.

Der Lift brachte sie in eines der oberen Stockwerke, und während der Fahrt hielt Rashid den Arm fest um ihre Taille geschlungen. Nur weil noch ein anderes Paar mit im Aufzug stand, küsste er sie nicht, denn in seinen Augen konnte sie sehen, dass er genau das tun wollte. Die Spiegelwände in der Kabine gaben ihr auch die Möglichkeit, den Mann neben sich genauer zu betrachten. Im Licht der Discokugel hatte sie nur harte Schatten und strenge Züge gesehen, doch jetzt erkannte sie auch die sanfteren Seiten – die vollen sinnlichen Lippen, die hohen Wangenknochen, die gerade Nase … eine faszinierende Kombination. Ihr fiel auch auf, dass seine Augen keineswegs schwarz waren, wie sie anfangs gedacht hatte, sondern dunkelblau, das tiefe dunkle Blau des weiten Ozeans an einem ruhigen Tag.

Der Mann war schön. Viel zu schön, um allein zu sein. Das brave Mädchen in ihr fragte sich, wieso er allein war, das soeben entdeckte böse Mädchen, das, das in schummrigen Nachtclubs Cocktails trank und sich wildfremden Männern an den Hals warf, jubelte, weil dieser schöne Mann für heute Nacht ihr gehörte.

Er schloss die Tür zu seinem Zimmer auf – das sich als Suite entpuppte. Modern und elegant in Grau und Creme gehalten, Stehlampen spendeten goldenes Licht. Oh nein, dieser Mann war definitiv kein Durchschnittsmensch. Entweder war er reich – oder sein Arbeitgeber extrem großzügig.

„Das ist ja riesig.“ Erneut fragte sie sich, wer dieser Mann war.

„Man hat mich upgegradet“, tat er gleichgültig ab, als wäre das eine Erklärung für eine Suite, die eines Königs wert war. „Einen Drink?“, bot er an.

Ihr Mund war staubtrocken, aber auch nur deshalb, weil jeder Tropfen Flüssigkeit in ihrem Körper sich gen Süden bewegte, seit er sie angefordert hatte, die Nacht mit ihm zu verbringen. „Gern. Irgendwas“, antwortete sie, und er bestellte Champagner beim Zimmerservice und begann, sein Hemd aufzuknöpfen, sobald er den Telefonhörer wieder aufgelegt hatte.

„Das Schlafzimmer ist hier“, meinte er und ging voran in ein Zimmer, das mit schimmerndem hellem und dunklem Holz eingerichtet war. Hinter einer großen Glasschiebetür lag eine Dachterrasse, aber beherrscht wurde der Raum von einem großen Bett mit blütenweißer Bettwäsche.

„So …“ Mit einer lässigen Bewegung warf er sein Hemd über einen Stuhl, drehte sich mit bloßer Brust zu ihr um, einer Brust, die bestens in ihren „Feuerwehrmänner“-Kalender gepasst hätte. „Zuerst eine Dusche?“

Tora stand da und starrte nur, sog diese männliche Poesie in sich hinein, diesen perfekten Torso mit den beeindruckenden Muskeln. Als seine Hand dann zu seinem Gürtel ging, nahm sie sich zusammen. Sollte sie nicht auch etwas tun? Anstatt ihn nur mit großen Augen anzustarren und darauf zu warten, dass sie verführt wurde?

Doch das hier hatte nichts mit Verführung zu tun. Hier ging es direkt zum Wesentlichen.

„Ja, sicher …“ In ihrem Magen flatterte es auf, aber das böse Mädchen behielt die Oberhand über die Brave, die entsetzt feststellte, wie weit außerhalb ihrer Liga sie hier spielte. Nicht nur, weil der Mann offensichtlich gut betucht war. Er zog sich vor ihr aus, ohne sich etwas dabei zu denken, und anscheinend erwartete er dasselbe von ihr. Also streifte sie ihre Schuhe ab, griff an die Knöpfe ihrer Bluse – und verharrte, wünschte, sie hätte heute Morgen etwas Reizvolleres unter dem langweiligen schwarzen Rock und der ebenso nüchternen Hemdbluse angezogen, doch sie trug noch langweiligere Unterwäsche. Nicht, dass sie eine komplette Ausstattung an Dessous hätte, aber irgendetwas mit ein bisschen Spitze hätte sie schon in ihren Schubladen finden können.

Sie schluckte unmerklich, streifte sich die Bluse von den Schultern. Sie fühlte sich schrecklich verlegen, als sie in BH und dem Rock von der Stange vor ihm stand. „Ich hatte mich heute Morgen nicht für einen solchen Anlass angezogen …“

Mit gerunzelter Stirn sah er zu ihr hin, während er sich die Jeans von den Beinen zog. Darunter trug er eng anliegende Boxershorts, die sich perfekt um sein Hinterteil schmiegten. Kein Gramm Fett, nirgendwo Röllchen oder Ausbuchtungen … nur genau da, wo sie auch sein sollten.

Ach du meine Güte, dachte sie, und ihr Mund wurde staubtrocken. Panisch fragte sie sich, wie lange es noch dauern konnte, bevor der Champagner kam. Es ging ihr nicht um den Alkohol, aber sie brauchte dringend etwas gegen den trockenen Mund.

„Deine Unterwäsche interessiert mich nicht.“ Barfuß kam er zu ihr, hob ihr Kinn mit zwei Fingerspitzen an und drückte sacht seinen Mund auf ihre Lippen, während er mit der anderen Hand ihren Knoten löste, sodass ihr das Haar über die Schultern fiel. Dann strich er mit den Fingern an ihrem Hals hinab, hinüber zu ihrer Schulter, schob die Finger unter den Träger ihres BHs und zog ihn an ihrem Arm herunter, setzte dann einen Kuss auf ihre Schulter. Zischend sog sie die Luft durch die Zähne. „Mich interessiert, was darunter liegt“, murmelte er an ihrer nackten Haut.

Seufzend erschauerte sie. Ihre Brüste spannten, sie fühlte seine Hand an ihrem Rücken, wo er den Verschluss ihres BHs löste. Und dann rutschte ihr Rock auch schon an ihren Beinen hinab, bevor ihr überhaupt bewusst geworden war, dass er den Reißverschluss aufgezogen hatte.

„Sehr interessiert sogar“, murmelte er und trat einen Schritt zurück, um sie gebührend zu betrachten. Dunkle Gewitterwolken brauten sich in den dunkelblauen Augen zusammen. Unvermittelt legte er die Hände auf ihre Brüste, rieb mit den Daumen über die aufgerichteten Spitzen und schickte damit gleich zwei elektrifizierende Blitze durch sie hindurch, die sich in ihrem Unterleib vereinten. Das Stöhnen war heraus, bevor sie es zurückhalten konnte.

„Was ist aus der forschen Frau geworden, die mich in der Bar überfallen hat?“

Das war eine Hochstaplerin. Tora schluckte. „Sie war wütend. Sie wollte etwas beweisen.“

„Ist sie immer noch wütend?“

„Ja. Aber jetzt will sie nur noch den Grund dafür vergessen.“

„Ah.“ Seine Augen blitzten auf, und dann schwang er sie auf seine Arme und trug sie ins Bad. „Ich kann sie vergessen lassen.“

Und der Fremde hielt Wort. Zugegeben, ihm standen Dampf, eine große begehbare Dusche und schäumendes Duschgel zur Verfügung, aber seine fertigen Hände und sein meisterhafter Mund ließen sie wirklich alles vergessen. Außer ihn, nach dem sie ein Verlangen verspürte, wie sie es nie zuvor empfunden hatte. Allerdings schien er dieses Gefühl nicht unbedingt zu erwidern.

Als er auch seine Shorts ausgezogen und den Wasserstrahl aufgedreht hatte, da hatte sie leise nach Luft geschnappt. Nicht aus Angst, sondern aus erregter Erwartung. Sie war keine Jungfrau mehr, sie wusste, wie so etwas ablief. Und wenn sie ehrlich war, dann hatte sie sich schon öfter gefragt, wie es sein musste, mit einem Mann zu schlafen, den Mutter Natur so großzügig ausgestattet hatte. Und dann hatte sie eigentlich auch erwartet, dass er nicht mehr als ein oder zwei Minuten für das Vorspiel einplanen und sie dann gleich hier in der Dusche nehmen würde.

Offenbar hatte er es nicht eilig.

Er küsste sie lang und gründlich, und unter den rieselnden Wasserstrahlen klammerte sie sich an seinen Schultern fest. Erst schob er die Finger in ihr nasses Haar, dann ließ er die Hände langsam über ihre Seiten hinunterwandern, schien dabei jede Kurve, jeden Knochen, jeden Zentimeter Haut genauestens erkunden zu wollen.

Und dann stöhnte sie schon wieder in seinen Mund, als er die Hand zwischen ihre Schenkel schob. Sie spürte ihn an ihren Lippen lächeln, dann wanderte er mit seinem Mund weiter hinunter, von ihrem Hals zu ihren Brüsten, über ihren Bauch, und schließlich kniete er vor ihr und fuhr mit der Zunge über ihre intimste Stelle.

Mit einem Wimmern hob sie das Gesicht in die Wasserstrahlen. Sie hatte geglaubt, sie wüsste über Sex Bescheid, aber … wie sehr sie sich da geirrt hatte. Sie kam sich vor wie eine unerfahrene Jungfrau. Sie kannte gar nichts …

… außer Vergnügen. Außer Fühlen. Welle um Welle rollte heran, riss sie mit an einen Ort, an den noch kein Mann sie gebracht hatte. Sie biss sich auf die Lippen, um den Lustschrei zurückzuhalten, doch vergeblich. Er ließ sich nicht aufhalten, genauso wenig, wie sich das explodierende Feuerwerk in ihr aufhalten ließ.

Rashid hielt und stützte sie, bevor ihre Knie nachgeben konnten. Ja, oh ja, dachte sie, als sie aus schwindelnden Höhen wieder zurück zur Erde schwebte. Sie wollte diesen Mann, wollte ihn tief in sich spüren, mehr, als sie jemals etwas gewollt hatte. Und jetzt fühlte sie ihn auch genau da, wo sie sich nach ihm sehnte.

Doch gerade, als sie glaubte, ihn endlich zu haben, zog er sich mit einem gemurmelten Fluch von ihr zurück und stieß die Tür der Duschkabine auf. Sie blinzelte, als er sie in ein riesiges Badelaken wickelte und hochhob.

„Was ist?“ Noch immer zitterte sie nach dem glorreichen Höhepunkt, war aber auch verunsichert, weil sie fürchtete, etwas falsch gemacht zu haben.

„Nichts.“ Er legte sie auf dem großen Bett ab. „Nichts, was nicht sofort in Ordnung zu bringen ist.“

Sie hörte das Reißen von Plastik, sah, wie er sich das Kondom überstreifte, und sie war froh und dankbar, dass wenigstens einer von ihnen noch denken konnte.

„Aber jetzt …“ Er drängte sich zwischen ihre Beine. „Wo waren wir stehen geblieben?“

Und die Jungfrau in ihr wandelte sich in eine lüsterne Sirene, als sie ihn umfasste und an ihr pulsierendes Zentrum führte. „Genau hier.“

Er stieß ein zustimmendes Knurren aus, dann drang er mit einem einzelnen kräftigen Stoß in sie ein, und Funken stoben hinter ihren geschlossenen Lidern auf.

Autor

Trish Morey
Im Alter von elf Jahren schrieb Trish ihre erste Story für einen Kinderbuch- Wettbewerb, in der sie die Geschichte eines Waisenmädchens erzählt, das auf einer Insel lebt. Dass ihr Roman nicht angenommen wurde, war ein schwerer Schlag für die junge Trish. Doch ihr Traum von einer Karriere als Schriftstellerin blieb....
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