Im sinnlichen Bann einer Betrügerin?

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Unternehmer Lucas Deschamps verführt die bildhübsche Visagistin Blair aus purer Berechnung: Nur so kann er herausfinden, ob sie seine Firmengeheimnisse an die Konkurrenz verrät! Doch je näher er sie kennenlernt, umso mehr scheint sich sein Verdacht zu zerstreuen. Blair wirkt einfach viel zu liebenswert und ehrlich! Bis Lucas sich nach einer unvergesslich sinnlichen Nacht jäh fragen muss: Ist sie wirklich so unschuldig, wie sie tut? Oder ist er in den Bann einer besonders raffinierten Betrügerin geraten?


  • Erscheinungstag 15.02.2022
  • Bandnummer 2224
  • ISBN / Artikelnummer 9783751508896
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Blair Westcott war ganz sicher nicht der Typ Frau, der für die Konkurrenz spionierte.

Lucas Deschamps stand im Schatten hinter den Scheinwerfern, die das Set im West Village ausleuchteten, während sein Team ein Fotoshooting für Deschamps Cosmetics vorbereitete. Blair führte den Eyeliner-Pinsel mit sicherer Hand. Die Visagistin trug ihr schulterlanges blondes Haar in einem Pferdeschwanz, der über ihre linke Schulter fiel, als sie sich vorbeugte, um am Make-up der brasilianischen Olympiateilnehmerin zu arbeiten.

Seine Aufmerksamkeit galt jedoch nicht der international gefeierten Volleyballspielerin, sondern ausschließlich Blair, deren schwarze Schürze ihre schmale Taille betonte. Sie lachte und plauderte bei der Arbeit. Ihre Wärme schenkte der anderen Frau Gelassenheit, genauso wie bei allen anderen Menschen, denen Blair begegnete.

Abgesehen von Lucas natürlich. Gelassenheit war das Gegenteil von dem, was er empfand, wenn die talentierte Visagistin in seiner Nähe war. Seine Mutter – die Gründerin der Firma – hatte Blair eingestellt, ohne ihn zu fragen. Nicht dass Cybil Deschamps seine Zustimmung gebraucht hätte, denn genau genommen gehörte die Firma immer noch ihr. Aber Lucas’ Vater versuchte, die kleinere Marke aufzukaufen, um seiner Ex-Frau Steine in den Weg zu legen. Lucas hatte seiner Mutter einen Einstellungsstopp empfohlen, falls sein zwielichtiger Vater versuchte, einen Spion in die Firma zu schleusen. So etwas traute er dem Kerl durchaus zu.

Könnte Blair diese Spionin sein? Bei Lucas hatten die Alarmglocken geschrillt, als er erfahren hatte, dass sie vorher bei einer Kosmetikfirma gearbeitet hatte, die ihren Sitz auf Long Island hatte und zu einem Luxusmarkenkonzern gehörte, den Lucas’ Vater führte. Lucas verkniff sich seinen Frust und überlegte, was er über die Visagistin wusste, die gerade ein Tablett mit Lidschattenpaletten durchsuchte.

Vor allem kam ihm Blair Westcott viel zu süß vor. Zu freundlich und warmherzig, um echt zu sein. Sie buk Kekse und Törtchen für das Personal von Deschamps Cosmetics. Seit sie vor sechs Wochen angefangen hatte, tauchte sie mindestens einmal in der Woche mit Plastikdosen voller selbst gebackener Cookies oder Cupcakes bei der Arbeit auf. Wer machte denn so was? Er versuchte sich vorzustellen, wie sie im Berufsverkehr in der Bahn diese riesengroßen Behälter balancierte, aber vergeblich.

Auf jeden Fall war das alles so ungewöhnlich, dass er sich fragte, was sich hinter ihrem fröhlichen Auftreten verbarg. Er hatte den Verdacht, dass es seit beinahe sechs Wochen einen Maulwurf in der Firma gab – genau seit Blair eingestellt worden war. Also hatte er sie unter die Lupe genommen. Seiner Erfahrung nach war niemand so fürsorglich und süß wie sie, ohne unlautere Absichten zu verfolgen.

„Möchtest du es dir schon mal ansehen, Lucas?“

Der angenehme Klang ihrer Stimme riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Sie zeigte auf die Sportlerin, die sie für das Fotoshooting geschminkt hatte. Dann trat sie einen Schritt zurück, um ihm freie Sicht zu ermöglichen. Zu dumm nur, dass es ihm unmöglich war, seinen Blick von ihr loszureißen. Sie hatte einen unglaublich vollen Schmollmund. Ihre Wangen waren gerade rund genug, damit ihre Grübchen einen überraschten, wenn sie lächelte. Aber es war ihre hochgewachsene, kurvige Gestalt, die die Inspiration seiner geheimen Fantasien war. Wie sie sich kleidete, hatte etwas unverhohlen Weibliches an sich, indem sie ihren ganzen wundervollen Körper betonte. Der rosafarbene, bauschige Rock und die strenge weiße Bluse waren typisch für ihre Garderobe und hätten einfach nicht so verdammt verführerisch sein dürfen.

Sie hob die Augenbrauen und machte ihn so darauf aufmerksam, dass er sie angestarrt hatte.

Er spürte, dass er die Stirn bereits gerunzelt hatte.

Sie lächelte nur noch strahlender und erklärte: „Du hast ein so finsteres Gesicht gemacht, dass ich dachte, ich frage lieber nach, ehe ich bei Antonia vollkommen falsche Farben benutze.“

Trotz ihrer charmanten Art bemerkte er, dass sie ihn herausfordern wollte. Vielleicht war es sogar ein Hauch von „Fahr zur Hölle“, und es war nicht das erste Mal, dass er diesen Blick sah, der so schnell wieder verschwand, wie er aufgetaucht war. Alle anderen bekamen nur ihre süße Seite zu sehen. Er hätte schwören können, dass sie auch ganz schön Feuer hatte.

„Das Make-up ist perfekt“, versicherte Lucas der jungen Olympiateilnehmerin. Wahrscheinlich war es das Sicherste, sich ganz auf sie zu konzentrieren. „Wir wissen es wirklich sehr zu schätzen, dass du bei dieser Kampagne mitmachst.“

„Es ist mir ein Vergnügen.“ Antonia nickte ihm eifrig zu, ehe sie sich vorbeugte, um sich in dem beleuchteten Spiegel anzusehen. „Ich bin froh, dass Blair dafür gesorgt hat, dass ich aussehe wie ich selbst, und mir nicht alle meine Sommersprossen zugekleistert hat. Es wäre nicht das erste Mal.“

„Deine Sommersprossen sind wunderschön.“ Blair sah über Antonias Schulter hinweg in den Spiegel. Allerdings war es Lucas’ Blick, den sie erwiderte. „Wir würden nicht einmal im Traum daran denken, sie abzudecken“, säuselte sie.

Oder vielleicht klang das nur in seinen Ohren so, weil er bei der Vorbesprechung für dieses Shooting gesagt hatte, dass die Nahaufnahme der Wimperntusche dramatischer aussehe, wenn die Haut um das Auge herum so makellos wie möglich sei. Er hatte es nicht als Verbannung von Sommersprossen, sondern als eine kreative Entscheidung betrachtet, die das Produkt zur Geltung bringen sollte. Aber der Art Director und Blair waren anderer Meinung gewesen.

Offenbar genoss Blair es, dass sie recht gehabt hatte.

„Sind wir bald fertig?“, fragte er ein wenig zu scharf. „Wir sollten Antonias Zeitplan nicht durcheinanderbringen.“

„Natürlich.“ Blair zog Antonia schwungvoll den Schutzumhang von den Schultern. „Jermaine kann sich am Set um ihre Haare kümmern.“

Lucas nickte und trat aus dem Scheinwerferlicht hinaus. Er war mehr als bereit, sich die Ergebnisse der heutigen Arbeit auf seinem Laptop anzusehen. Sich auf die Aufnahmen zu konzentrieren war sicherer, als Blair zuzusehen. Bis er herausgefunden hatte, was sie vorhatte, durfte er es sich nicht erlauben, ihr zu vertrauen.

Er hätte allerdings zu gern gewusst, ob auch sie ein Knistern zwischen ihnen wahrgenommen hatte.

Ihm blieb nur noch ein Monat, um seiner Mutter zu helfen, die nächsten Schritte bei Deschamps Cosmetics einzuleiten. Sie mussten sich die Unterstützung des Vorstands sichern, wenn es darum ging, die Übernahme durch den Konzern seines Vaters zu verhindern. Je schneller er das klären konnte, desto besser. Lucas musste sich auch um seine eigene Firma kümmern, ein Start-up, das hochqualifizierte Freelancer mit Firmen zusammenbrachte, die Aufträge zu vergeben hatten. Er hatte seine eigene Karriere unterbrochen, um seiner Mutter zu helfen. Er wollte endlich wiedergutmachen, dass er ihr nicht sofort, nachdem er die Wahrheit erfahren hatte, erzählt hatte, was für ein Lügner und Betrüger sein Vater war. Nur noch ein Monat, dann hatte er die Schuld getilgt. Er hoffte nur, dass er sich dann auch von Blair Westcotts Einfluss befreit haben würde.

Aber um ganz sicher zu gehen, zog er sein Handy aus der Tasche und schickte ihr eine persönliche E-Mail. So wie sie ihn heute vor dem Sporttalent herausgefordert hatte, glaubte Lucas, dass die Zeit gekommen war, ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken.

Um fünf bei mir im Büro.

Blair Westcott war gerade erst zurückgekehrt ins Büro in Midtown. Sie las die unheilverkündende Betreffzeile der E-Mail gleich ein zweites Mal. Die Mail enthielt keinen Text. Nicht einmal die Signatur, die sonst automatisch hinzugefügt wurde, wenn jemand bei Deschamps eine Firmenmail schrieb.

Nicht, dass Blair eine Signatur gebraucht hätte, um zu wissen, wer sie nach Feierabend in seinem Büro sehen wollte. Lucas Deschamps, der wahrscheinlich die Kosmetikfirma seiner Mutter übernehmen würde, hatte seit ihrem allerersten Zusammentreffen etwas gegen sie.

Verdammt.

Sie durfte jetzt nicht an Lucas und den misstrauischen Blick aus seinen braunen Augen denken. Nachdem sie den Laptop zugeklappt hatte, ging sie zur Snackstation in der Mitte des Großraumbüros hinüber und nahm sich eine dünne, frisch gewaschene Decke vom Stapel, der in einem Weidenkorb lag. Auf diesem Stockwerk war es immer ein bisschen zu kühl. Die Firma war stolz auf die entspannte Arbeitsatmosphäre, die unter den Kreativen herrschte. Blair konnte sich daher auch während der Bürozeiten in eine Decke wickeln und sich in einen der Loungesessel vor der Fensterfront setzen, von dem aus sie auf den Hudson hinuntergucken konnte. Aus dem zweiundvierzigsten Stock sah sie den Kreuzfahrtschiffen und Lastkähnen zu, die an der Freiheitsstatue vorbeifuhren, während hinter ihr ein paar Kollegen ein Brainstorming zu Lippenstiftbezeichnungen machten und dabei Tischtennis spielten.

Gerade als sie es sich auf dem Loungesessel bequem machte, signalisierte ihr Handy mit einem Ton, dass sie eine Nachricht bekommen hatte.

Kommst du am Wochenende?

Die Nachricht von ihrer Mutter machte ihr ein schlechtes Gewissen. Sie musste daran denken, dass ihre Mutter ganz allein und krank in dem kleinen Holzhaus war, das Blair für sie gemietet hatte, damit sie es nicht so weit zu einem guten Krebszentrum hatte. Blair hatte ihr Studium abgebrochen und das Haus ihrer Mutter in Long Island verkauft, als bei ihrer Mutter Eierstockkrebs festgestellt worden war. Anders hätte sie die Operation nicht bezahlen können. Da Amber Westcott keine Krankenversicherung hatte, waren die Kosten für die Behandlung schnell durch die Decke gegangen. Das Krebszentrum, in dem ihre Mutter jetzt behandelt wurde, hatte einen guten Ruf und zudem noch den Vorteil, dass es sich in einer Gegend befand, in der die Lebenshaltungskosten nicht so hoch waren. Am Wochenende fuhr Blair mit dem Zug am Hudson entlang und stieg an einer Station aus, wo sie ein Taxi bis in die ersten Ausläufer der Catskills nehmen konnte.

Aber die Miete für die Hütte und die Fahrtkosten waren nichts im Vergleich zu den Kosten für die Chemotherapie. Schnell schrieb Blair zurück:

Auf jeden Fall! Du fehlst mir! Ist so weit alles okay?

Bin ehrlich gesagt ziemlich müde. Du solltest am Wochenende mal zu Hause bleiben, Schätzchen. Ich schlafe sowieso die ganze Zeit.

Blair hatte einen Kloß im Hals.

Noch ein Grund mehr, zu kommen und mich um dich zu kümmern.

Ihre Finger zitterten ein wenig, als sie weitertippte – es gefiel Blair überhaupt nicht, dass sie nicht rund um die Uhr bei ihrer Mutter sein konnte. Ihr Vater hatte vor zehn Jahren, nachdem er sich hatte scheiden lassen, sofort wieder geheiratet, also konnten sie auf ihn nicht zählen. Und Blair war ein Einzelkind. Das bedeutete, dass ihre Mom sie gerade wirklich brauchte, obwohl eine ihrer Freundinnen in der Nähe wohnte und sie zu den Terminen für die Chemo brachte. Es war nicht dasselbe, wie die eigene Familie um sich zu haben.

Ich kann dir Hühnersuppe kochen, die magst du doch.

Schreib mir am Freitag noch mal, mal sehen, wie es mir dann geht. Ich leg mich jetzt hin.

Blair schickte ihr ein paar Kuss-Emojis. Sie zog die leichte Fleecedecke fester um sich und schloss die Augen, um sich gegen die Sorge um die Gesundheit ihrer Mutter zu wappnen.

Trotz der finanziellen Probleme wegen der Krebstherapie konnte Blair das ungewöhnliche Jobangebot, das sie vor drei Tagen von ihrem vorherigen Arbeitgeber bekommen hatte, nicht annehmen. Nicht, wenn die Aufgabe darin bestand, strategische Informationen über Deschamps Cosmetics an die Konkurrenz weiterzugeben. Das war von Grund auf unmoralisch. Sie hätte sich den Vorschlag nicht einmal angehört, wenn der Job nicht bedeuten würde, dass sie die Chemotherapie bezahlen könnte. Die ehemalige Kollegin, die sie angerufen und ihr diesen Vorschlag unterbreitet hatte, hatte ihr zuerst Hoffnungen gemacht und gesagt, dass sie einen Nebenjob für sie habe, der die Antwort auf all ihre Gebete sei. Aber Blair wusste genau, dass sie keine Spionage betreiben würde.

Vor allem, weil sie den Job bei Deschamps nur hatte annehmen können, weil Cybil Deschamps ihr gleichzeitig eine bezahlbare Wohnung vermittelt hatte. Cybil war mehr als die Gründerin von Deschamps Cosmetics. Sie war auch eine bekannte Society-Lady, die wohltätige Projekte unterstützte. Sie hatte eine ihrer Immobilien in Brooklyn versuchsweise für ein Wohnprojekt für Frauen zur Verfügung gestellt. Blairs Wohnung und ihre Mitbewohnerinnen waren zurzeit das Beste in ihrem Leben. Deshalb war Cybil der letzte Mensch, den Blair ausspioniert hätte, ganz gleich, wie viel Geld man ihr dafür bot.

Ihre ehemalige Kollegin hatte jedoch darauf bestanden, dass Blair noch eine Woche über das Angebot nachdachte. Allein deswegen fühlte Blair sich schuldig, obwohl sie es nicht angenommen hatte. Das Gespräch war umso seltsamer gewesen, weil die Frau sie daran erinnert hatte, dass ihre Unterhaltung vertraulich war und noch immer unter die Geheimhaltungsvereinbarung mit ihrem früheren Arbeitgeber fiel. Das kam Blair unrechtmäßig vor, weil sie nicht mehr für About Face arbeitete, aber sie hatte nicht widersprochen, weil sie ohnehin mit niemandem darüber reden wollte.

„Hey, Blair“, rief ihr einer ihrer Kollegen über den Lärm der Tischtennisspieler hinweg zu. „Morgen ist Mittwoch. Cookie-Tag, oder?“

Sie stand auf und drehte sich um. Einige Köpfe drehten sich in ihre Richtung. Ihre Kollegen interessierten sich eindeutig für ihr Gebäck. Sie rang sich ein Lächeln ab, um ihre innere Unruhe wegen ihrer Mom und ihre ständige Sorge wegen der Krankenhausrechnungen zu verbergen. Außerdem war das Backen ihr Ausgleich.

„Cookies oder Cupcakes. Ich mache beides gern.“ Sie sah sich nach einer Gruppe um, die sich um einen Konferenztisch versammelt hatte – sie alle schienen sich ebenso sehr für dieses Gespräch zu interessieren wie die Jungs an der Tischtennisplatte. „Irgendwelche besonderen Wünsche?“

Ungefähr zwölf Antworten prasselten auf sie nieder. Sie wurde von allen Seiten mit Cookie- und Cupcakesorten bombardiert.

Sie streifte lachend die Decke ab, die sie sich wie ein Cape um die Schultern gelegt hatte, und faltete sie zusammen. Auch wenn sie heute Abend ohnehin in der Waschmaschine landete. Sie legte sie ordentlich über die Rückenlehne ihres Bürostuhls.

„Wie wär’s, wenn ich entscheide?“, schlug sie vor. Sie wusste, dass ihre Mitbewohnerinnen sich genauso über Leckereien freuen würden. Tana und Sable hatten beide anstrengende Jobs, und Blair mochte es, wenn sie abends zum Essen zusammenkamen. Sie brauchte ihre Gesellschaft, um nicht verrückt zu werden. „Aber ich bringe zwei Gebäcksorten mit. Cupcakes und Cookies.“

Die Neuigkeit wurde mit Jubel und ein paar Pfiffen begrüßt. Sie hätte den Tag gern so fröhlich beendet, musste aber leider noch mit Lucas sprechen.

Mist.

Sie holte eine kleine Tasche aus ihrem Schreibtisch und widerstand dem Drang, sich zu kämmen. Stattdessen nahm sie eine Minzpastille aus ihrer Handtasche und sagte sich, dass sie das auch getan hätte, wenn sie einen Termin mit einer Frau gehabt hätte. Frischer Atem war bei einem Meeting unter vier Augen immer wichtig. Nicht nur, wenn man sich mit seinem lächerlich gut aussehenden Boss traf.

Sie ging am Fahrstuhl vorbei zum Treppenhaus, da sich die Vorstandsetage nur ein Stockwerk über ihr befand. Lucas saß im Vorstand von Deschamps Cosmetics und Cybil hatte mehr als einmal erwähnt, dass er in spätestens einem Jahr ihren Platz als CEO übernehmen würde. Doch bis vor Kurzem hatte Lucas nicht in diesem Büro gearbeitet. Er hatte seine eigene Firma, die nichts mit Make-up oder der Kosmetikindustrie zu tun hatte. Deshalb fragte Blair sich, ob er wirklich eines Tages die Firma seiner Mutter übernehmen würde oder ob das nur deren frommer Wunsch war.

So oder so war Blair dem großen, dunkelhaarigen Geschäftsmann gegenüber misstrauisch, der sie mit seinen hellbraunen Augen direkt zu durchschauen schien. Er beunruhigte sie nicht, es war eher … Verunsicherung. Sein grüblerisches Stirnrunzeln schreckte sie ganz und gar nicht ab, sie wollte ihm gerade deshalb nah sein. Ihn zum Lachen bringen.

Oder ihn küssen.

Hatte sie das gerade wirklich gedacht? Schnell verbannte sie diesen Gedanken in den hintersten Winkel ihres Gehirns, wo sie ihn hoffentlich nie wiederfinden würde. Niemals.

Sie durfte nicht so über ihren Boss denken, auch wenn er viel zu sexy war. Auch wenn Blair ganz heiß wurde, als sie sich durch die schwere Metalltür schob, die zur Vorstandsetage führte, und daran dachte, dass sie in seinem Büro mit ihm allein sein würde.

Glücklicherweise provozierten Lucas und sie einander, statt anzusprechen, wie die Temperatur anstieg, sobald sie sich einander auf ein paar Meter näherten.

Jetzt, als ihre High Heels im Teppich vor der verlassenen Rezeption vor Lucas’ Büro versanken, steckte Blair sich noch eine Pfefferminzpastille in den Mund. Die war für die Nerven. Wenn es um Lucas ging, kam es einzig und allein darauf an, dass sie ihren Job machte. Sie konnte es sich nicht leisten, auf das Geld zu verzichten, während sie auf der Suche nach weiteren Nebenjobs war.

Sie atmete heftig aus und hob die Hand, um zu klopfen, doch da wurde die Tür so schnell aufgerissen, dass die Milchglasscheibe darin leise schepperte.

„Komm schon rein.“ Er stand in der Tür, wie immer unglaublich heiß.

Sie spürte, wie sie zu lächeln begann, und ihr wurde klar, dass sie es aufrichtig meinte. Es war nicht die aufgesetzte Freundlichkeit, die sie vor ihren Kollegen zur Schau trug. Auch nicht das fröhliche Gesicht, das sie machte, wenn sie bei ihrer Mom war und das Krankenhauspersonal bei Laune halten wollte. Irgendetwas an Lucas’ ungewöhnlichem Verhalten schien ihr zu sagen, dass sie sich nicht so anzustrengen brauchte. Das war eine enorme Erleichterung.

„Danke, Lucas.“ Sie duzten sich, weil er das bei ihrem ersten Zusammentreffen gefordert hatte. Sie schob sich an ihm vorbei in sein Büro und hielt mit beiden Händen ihren rosafarbenen Rock fest, damit er Lucas nicht streifte, als sie an ihm vorbeiging.

„Du hast dich da draußen rumgedrückt“, erklärte er nach einem kurzen Schweigen. Dann folgte er ihr ins Büro und zeigte auf die beiden grau gepolsterten Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen. „Ich habe durch die Scheibe etwas Rosafarbenes vorbeihuschen sehen.“

„In Zukunft drücke ich mich nur noch irgendwo herum, wenn es absolut nötig ist.“ Sie ließ sich auf einen der Stühle fallen. Zu ihrer Überraschung setzte Lucas sich neben sie und nicht hinter seinen Schreibtisch. „Worüber wolltest du mit mir reden?“

Ihr Herz hämmerte, als er sich so nah neben sie setzte. Er hatte das Jackett seines maßgeschneiderten grauen Anzugs ausgezogen, den er während des Fotoshootings angehabt hatte, und trug jetzt nur noch ein gut sitzendes schwarzes Button-Down-Hemd ohne Krawatte. Die Hose hatte marineblaue Nadelstreifen, was sie nie bemerkt hätte, wenn sein Knie nicht nur eine Handbreit neben ihrem gewesen wäre. Er roch sogar teuer – sein Aftershave war angenehm rauchig, aber so dezent, dass sie sich zu ihm hätte beugen müssen, um den Duft richtig zu erfassen.

War sie ihm schon einmal so nah gewesen? Ihr Mund war ein wenig trocken und sie wünschte, sie hätte noch eine Pfefferminzpastille gehabt. Stattdessen schluckte sie schwer, während ihr Blick an seiner breiten Brust hinauf zu seinen Schultern wanderte, über denen sich der schwarze Baumwollstoff seines Hemds spannte. Sein markantes Kinn verlieh ihm einen entschlossenen Gesichtsausdruck und seine hohen Wangenknochen waren ein Geschenk seiner atemberaubend schönen Mutter. Er hatte volle und sinnliche Lippen.

Sie schluckte noch einmal.

„Ich habe ein Problem und ich hoffe, dass du mir dabei helfen kannst“, fing Lucas an und sah ihr direkt in die Augen.

Hoffentlich hatte er nicht gemerkt, wie sie ihn gemustert hatte.

„Gern, wenn ich kann.“ Sie verschränkte ihre Hände auf ihrem Schoß und machte ein verbindliches Gesicht. Professionell.

„Gut.“ Sein Kiefer spannte sich an, und er ballte eine Hand zur Faust. „Ich brauche nämlich deine Hilfe, um einen Maulwurf in dieser Firma zu finden.“

Sie hatte das Gefühl, sie würde einen Fahrstuhlschacht hinunterfallen. Ihr Herz schlug schneller. Sie blinzelte.

„Einen Maulwurf?“, wiederholte sie und fragte sich, ob er erfahren hatte, dass sie von der Konkurrenz angesprochen worden war.

Ihr wurde das Angebot am Telefon unterbreitet, aber vielleicht hatte jemand mitgehört. Sie hatte natürlich nichts falsch gemacht. Es gab keinen Grund für die Schuldgefühle, die sie empfand. Keinen Grund, das Jobangebot, das sie abgelehnt hatte, überhaupt zu erwähnen, denn sie war ganz bestimmt nicht der Maulwurf. Leider hatte sie nicht nachgeforscht, ob es richtig war, dass das Gespräch noch unter die Geheimhaltungsvereinbarung mit About Face fiel. Deshalb war sie sich nicht sicher, wie viel sie ihm anvertrauen konnte.

Doch Lucas’ Blick fühlte sich forschend, sogar fordernd an. Sie konnte fühlen, wie er sie von oben bis unten ansah.

Ihr wurde heiß im Nacken. Sie konnte es sich nicht leisten, diesen Job zu verlieren. Konnte es sich nicht leisten, dass die Deschamps sie in Verdacht hatten zu spionieren.

„Ja. Ich glaube, dass wir einen Spion unter uns haben, Blair.“ Er hob eine seiner dunklen Augenbrauen und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Hilfst du mir dabei, ihn zu finden?“

2. KAPITEL

Lucas wollte Blairs Reaktion ganz genau beobachten.

Aber obwohl er vorgehabt hatte, auf ihrem Gesicht nach Anzeichen von Schuldgefühlen Ausschau zu halten, wurde er irgendwie davon abgelenkt, dass ihre schlanken Finger dicht über ihrem Knie mit dem Saum ihres rosafarbenen Chiffonrocks spielten. Sie zeichnete mit einer Fingerspitze gedankenverloren den Saum nach und zog damit seine Aufmerksamkeit auf ihre wunderschönen Beine.

Damit setzte sie in seinem Kopf eine Spirale von sinnlichen Gedanken in Gang, die erst wieder zum Stillstand kam, als sie wieder etwas sagte.

„Ich bin mir nicht sicher, wie ich dir bei so einer Aufgabe helfen könnte.“ Das hatte sie mit einer Klarheit gesagt, deren kühler Tonfall nicht zu seiner überhitzten Fantasie passte. „Ich bin doch noch gar nicht so lang hier.“

Als er seine Aufmerksamkeit wieder auf ihr Gesicht richtete, sah er dort nichts als Gelassenheit. Jede Hoffnung, die er sich auf einen verräterischen Gesichtsausdruck gemacht hatte, verbrannte im Feuer seines Verlangens zu Asche. Ihm war eine Gelegenheit entgangen, aber er war immer noch fest entschlossen, seinen Plan durchzuziehen. Er musste vor allem über ihre Aktivitäten auf dem Laufenden bleiben. Und sonst? Sie sollte wissen, dass er sie beobachtete.

Falls sich herausstellte, dass Blair die Spionin war, musste er vorsichtig sein.

„Genau deswegen denke ich, dass das die richtige Aufgabe für dich wäre.“ Lucas zwang sich, sich zurückzulehnen, sodass er mehr Abstand zwischen sie brachte und seine unanständigen Gefühle zügeln konnte. „Du hast keine Vermutungen gegenüber deinen Kollegen?“

Sie runzelte die Stirn und verzog ihre rosigen Lippen. „Du auch nicht, oder? Nach allem, was ich beim Kaffeeholen gehört habe, bist du doch nur in die Firma gekommen, um deiner Mutter zu helfen.“

„Das stimmt.“ Er senkte seinen Blick, um ihre vollen Lippen nicht mehr anzustarren und sah sich in dem spärlich möblierten Büro um, in dem er sich für die nächsten Wochen eingerichtet hatte. Er war vorübergehend in die Firma gekommen, um seiner Mutter zu helfen, aber falls Deschamps am Monatsende doch vom Konzern seines Vaters übernommen wurde, würde Lucas keinen weiteren Tag mehr in diesem Büro verbringen. „Ich bin im Vorstand von Deschamps Cosmetics, offiziell bin ich kein Angestellter. Als meine Mutter mich um Hilfe gebeten hat, um die Firma aus ihren Schwierigkeiten zu holen, konnte ich kaum ablehnen.“

„Also hast du keine Vermutungen den Angestellten gegenüber, genauso wie ich“, stellte sie fest und verschränkte die Arme über ihrer seidigen weißen Bluse. „Warum kannst du die Angestellten nicht selbst ausspionieren?“

Wenn es nur so einfach wäre.

„Weil ich der Sohn der Gründerin bin. Wenn ich hereinkomme, ist das das Ende aller Klatschgeschichten.“

Autor

Joanne Rock
<p>Joanne Rock hat sich schon in der Schule Liebesgeschichten ausgedacht, um ihre beste Freundin zu unterhalten. Die Mädchen waren selbst die Stars dieser Abenteuer, die sich um die Schule und die Jungs, die sie gerade mochten, drehten. Joanne Rock gibt zu, dass ihre Geschichten damals eher dem Leben einer Barbie...
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Brooklyn Nights