Im Sturm meiner Gefühle

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Paul Drennan ist charmant, gut aussehend, sexy - und aus mehreren Gründen der absolut Falsche für Bonnie! Nach einer atemberaubenden Liebesnacht trifft sie eine Entscheidung: Sie kann und will ihm seine Freiheit nicht rauben, selbst wenn es ihr das Herz bricht …


  • Erscheinungstag 12.10.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733735005
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Auf dem Wochenmarkt herrschte an diesem warmen Dienstagvormittag im Juli reges Treiben. Bonnie Carmichael ließ sich nur zu gern vom Angebot an frischem Obst, Gemüse und duftenden Kräutern inspirieren. Sie liebte den Wochenmarkt mit seinen bunten Farben und verführerischen Gerüchen.

Samstags war die Auswahl an Ständen sogar noch größer, doch am Wochenende hatte Bonnie weniger Zeit, da sie mit ihren beiden älteren Geschwistern ein kleines Hotel führte, das Bride Mountain Inn. Die Küche war ihr Revier, also gehörte auch das Einkaufen zu ihren Aufgaben, und die meisten der Marktverkäufer kannten sie mittlerweile mit Namen.

Sie sprach gerade mit einem Biobauern und schnupperte genüsslich an einer Tomate, als jemand sie so hart anrempelte, dass sie die Frucht fallen ließ.

„Oh, das tut mir sehr leid, ich bin selbst geschubst worden“, sagte eine männliche Stimme weit über ihrem Kopf. „Alles in Ordnung?“

Bonnie blickte auf und wollte ihm versichern, dass ihr nichts passiert war. Doch als sie Paul Drennan erkannte, blieben ihr die Worte im Hals stecken.

Schon wieder er?

Es war nicht das erste Mal, dass sie mit Paul zusammenstieß. Als sie ihn im Mai kennengelernt hatte, hatte sie eine große Schachtel metallener Flaschenkorken getragen und ihn einfach nicht gesehen. Er war mit seiner Tochter Cassie im Inn gewesen, die dort im August heiraten wollte. Bonnie war auf dem Hosenboden gelandet, und die Flaschenverschlüsse hatten sich mit lautem Getöse über den ganzen Fußboden verteilt – ein Moment, der ihr jetzt noch peinlich war.

Das zweite Mal, ein paar Wochen später, hatte Paul nicht aufgepasst und sie umgerannt. Es hätte sie also nicht überraschen sollen, dass auch ihre dritte Begegnung mit einem Zusammenstoß begann. Und dass sie sich auch beim dritten Mal unwillkürlich zu ihm hingezogen fühlte. Schon bei der ersten Begegnung, als sie vom Boden aus zerknirscht zu ihm aufgeschaut hatte, war bei ihr der Blitz eingeschlagen. Und sie hatte kribbelnde Funken gespürt, als er ihr die Hand hinstreckte und ihr aufhalf. Jetzt war es wieder so: Ihr Herz schlug schneller, als sie ihn so unvermittelt vor sich stehen sah.

Paul hatte dichtes, dunkelbraunes Haar mit ein paar grauen Fäden an den Schläfen und jadegrüne Augen, die amüsiert funkelten.

„Wenn das so weitergeht, werden Sie bald Polizeischutz beantragen“, sagte er mit dieser tiefen Stimme, die ihr immer einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. „Aber ich schwöre Ihnen, ich mache das nicht absichtlich.“

„Ich glaube Ihnen“, erwiderte sie lachend. „Aber lustig ist es schon, oder?“

Paul nahm die Serviette, die der Biobauer ihm reichte, und hob die zermatschte Tomate auf. „Die bezahle ich natürlich“, erklärte er, woraufhin der Verkäufer abwinkte.

Bonnie ließ sich ein Kilo Tomaten der mehrfarbig gestreiften Sorte einpacken und zahlte. Sie hatte schon mehrere Tüten am Arm, und Paul streckte schnell die Hand nach der neuen aus. „Ich helfe Ihnen besser beim Tragen.“

Bevor sie etwas sagen konnte, hatte er ihr alle Tüten bis auf eine abgenommen. Sie lächelte zu ihm auf und musste dabei den Kopf ganz schön weit in den Nacken legen. Mit seinen eins neunzig überragte er sie um fast dreißig Zentimeter; noch dazu trug sie heute zu ihrem mintfarbenen Top und dem bunten Sommerrock flache Sandalen.

„Danke.“

„Immer gern. Wie läuft es im Bride Mountain Inn?“, fragte er, als er neben ihr zum nächsten Stand ging.

„Die letzten Wochen war ziemlich viel los. Juni und Juli sind beliebte Monate zum Heiraten.“

Das Inn war auf Hochzeitsfeiern spezialisiert und wurde dafür gern gebucht.

„Und es ist gut, wenn es viele Hochzeiten gibt, oder?“, hakte er nach, während sie sich verschiedene Kürbisse ansah.

„Aber ja.“ Sie suchte sich einen der orangeroten Hokkaido-Kürbisse aus und ließ ihn sich einpacken.

„Die sehen lecker aus. Ich weiß leider überhaupt nicht, wie man sie zubereitet“, bemerkte er.

„Oh, das ist ganz leicht. Man kann fast alles mit ihnen machen – überbacken, grillen, kochen …“

Sie wusste nicht, ob sich Paul überhaupt fürs Kochen interessierte, doch er nickte aufmerksam. „Ich mag sie in jeder Form, ich kann sie nur nicht zubereiten. Würden Sie einen für mich aussuchen? Dann schaue ich mal im Internet nach einem Rezept.“

„Natürlich.“ Sie erklärte ihm fachmännisch, worauf er beim Kauf achten sollte, als wäre er irgendjemand, der sie um Hilfe gebeten hatte, und nicht der Mann, der ihr bei jeder Begegnung Herzklopfen bescherte.

Paul bezahlte und packte den Kürbis in seine Einkaufstasche, an der noch ein Preisschild hing.

Er lachte, als er ihren Blick bemerkte. „Wie Sie sehen, bin ich zum ersten Mal auf dem Wochenmarkt. Meine Tochter hält mir ständig vor, ich würde mich nicht gesund genug ernähren, und da dachte ich, hier bekomme ich was Frisches. Sonst mache ich mir nämlich immer nur Tiefkühlgemüse in der Mikrowelle warm und brate mir ein Stück Fleisch dazu. Oder ich hole mir was vom Chinesen. Aber Cassie wohnt bis zur Hochzeit bei mir, deshalb versuche ich, was Gesundes zu kochen.“

„Mein Bruder ist auch so. Wenn ich ihm nichts koche, lebt er von Spaghetti oder Kartoffeln aus der Mikrowelle.“

Pauls Lächeln war umwerfend. „Ja, das gehört auch zu meinem Standard-Repertoire.“

Hinter ihr räusperte sich jemand laut, und Bonnie wurde bewusst, dass sie den Zugang zum Kürbisstand versperrte. Mit einer schnellen Entschuldigung ging sie weiter.

Paul deutete auf ein kleines Café am Marktplatz, wo unter bunten Sonnenschirmen Bistrotische standen. „Darf ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen? Oder haben Sie es eilig?“

Bonnie zögerte nur kurz. Er hatte ihr die Möglichkeit geliefert, Nein zu sagen, aber tatsächlich wurde sie im Moment nicht so dringend im Hotel gebraucht. Dienstags war immer wenig los, was Bonnie in den hektischen Sommermonaten eine willkommene Verschnaufpause bot. Da sie als einzige der drei Geschwister direkt im Hotel wohnte, hatte sie manchmal das Gefühl, vierundzwanzig Stunden am Tag im Dienst zu sein. Deshalb hatte sie vor Kurzem beschlossen, sich öfter mal eine Auszeit zu gönnen. Ein freundlicher Kaffee mit einem Kunden war sicherlich noch kein großer Schritt in diese Richtung, aber immerhin ein kleiner Anfang. Dass dieser spezielle Kunde auch noch so unglaublich attraktiv war, erhöhte natürlich den Reiz.

„Nein, ich habe es nicht eilig“, erwiderte sie. „Kaffee klingt gut. Lassen Sie mich nur die Tüten ins Auto bringen.“

Er trug ihr die Einkäufe zum Parkplatz und half ihr, sie in ihren Wagen zu laden. Dann gingen sie in das Café, wo gerade draußen ein Tisch frei wurde. Bonnie setzte sich schon mal, während er drinnen die Bestellung aufgab und kurz darauf mit einem Kaffee und einem Muffin für sich und einem Eiskaffee für Bonnie zurückkam.

„Es ist ein Vollkornmuffin mit Beeren“, sagte er. „Das ist doch gesund, oder?“

Da der Mann kein Gramm Fett zu viel am Leibe hatte – was ihr bei den ersten beiden Begegnungen auch schon aufgefallen war –, lächelte sie nachsichtig.

„Ja, ja, reden Sie sich das nur ein.“

Lachend nahm er einen Bissen. „Ich werde es heute beim Abendessen wieder ausgleichen. Ich esse bei der Familie meiner Tochter. Holly – die Mutter meiner Tochter – kocht immer sehr gesund.“

Bonnie hatte Cassies Mutter, Holly Bauer, und ihren Mann Larry schon bei einem Besprechungstermin im Mai kennengelernt. Wenn sie sich richtig erinnerte, waren die beiden und ihre Tochter blendend mit Paul ausgekommen.

„Es ist schön, dass Sie sich so gut mit Ihrer Exfrau verstehen“, sagte sie. „Wir hatten auch schon Hochzeiten, wo Exehepartner sich geweigert haben, nebeneinander zu sitzen oder sich überhaupt zu begrüßen.“

„Holly und ich waren nie verheiratet“, gab Paul zu. „Ich war erst achtzehn und Holly siebzehn, als Cassie zur Welt kam. Die typische High-School-Liebe. Beim Abschlussball sind uns leider die Sicherungen durchgebrannt. Im ersten Jahr auf dem College haben wir dann festgestellt, dass wir doch kein Traumpaar sind, aber immerhin sind wir gute Freunde geblieben.“

„Verstehe.“ Sie hatte gedacht, Paul sähe für sein Alter ziemlich jung aus – schließlich hatte er eine einundzwanzigjährige Tochter –, doch nun stellte sich heraus, dass er viel jünger war als gedacht. Neununddreißig? Also nur elf Jahre älter als sie. „Und Holly ist trotz der frühen Schwangerschaft Anwältin geworden. Respekt.“

„Ja. Ihre Familie hat sie sehr unterstützt, und ich natürlich auch, aber Holly hat auch sehr hart gearbeitet, um das Studium zu schaffen und trotzdem für unser Kind da zu sein. Larry hat sie im Jurastudium kennengelernt, und sie haben geheiratet, als Cassie sechs war. Ein Jahr später haben sie Zwillinge bekommen.“

„Eine tolle Frau. Es ist schön, dass Sie um Cassies willen Freunde geblieben sind.“

„Oh, das war auch für mich gut. Holly und Larry waren so lieb, mich immer an ihrer Familie teilhaben zu lassen, sodass ich eine große Rolle in Cassies Leben spielen konnte. Und sogar die Zwillinge nennen mich Onkel Paul. Sie haben fast so viele Wochenenden mit mir verbracht wie Cassie. Larry ist ein großartiger Vater, aber er hat kein großes Interesse an Sport. Also war ich derjenige, der mit den Kindern Baseball gespielt hat oder reiten ging. Die meisten Menschen finden ein solches Arrangement seltsam, aber für uns hat es gut funktioniert.“

Bonnie fand es eher charmant. Allerdings fragte sie sich, wie andere Frauen in Pauls Leben darauf reagiert hatten, dass er ein so enges Verhältnis zur Mutter seiner Tochter hatte. Für einen Außenstehenden war es bestimmt nicht leicht, in dieser Familie einen Platz zu finden. Ob es eine Frau in Pauls Leben gab? Aber ihr fiel kein Weg ein, das unauffällig herauszufinden.

Sie hatte sich die letzten Jahre wirklich zu sehr mit dem Hotel beschäftigt. Vor drei Jahren hatten sie es von ihrem Großonkel geerbt und nach einem Jahr Renovierung feierlich wiedereröffnet. Es war eine anstrengende Zeit gewesen, die ihr wenig Raum fürs Privatleben ließ. Offenbar hatte sie inzwischen völlig vergessen, wie man flirtete. Und dass sie übers Flirten hinausgekommen war, musste Ewigkeiten her sein.

Also war diese kleine spontane Kaffeepause eine gute Übung. Oder vielleicht sogar ein vielversprechender Anfang? Jedenfalls hatte sie nach ihren ersten beiden Begegnungen viel an Paul gedacht.

„Das hört sich an, als hätte es Cassie und den Zwillingen an nichts gefehlt“, nahm sie den Faden wieder auf. „Schön, wenn Kinder so aufwachsen können.“

Paul nickte. „Ja. Es war eine gute Zeit. Aber jetzt ändert sich vieles. Für Cassie genau wie für mich.“

Kopfschüttelnd biss er wieder in seinen Muffin. „Normalerweise erzähle ich nicht gleich jedem meine Lebensgeschichte bei einer Tasse Kaffee. Aber da Sie ja die Hochzeit ausrichten, hilft es Ihnen vielleicht zu wissen, dass diese Brauteltern ruhig nebeneinandersitzen können. Wir machen alles mit, was Cassie und die Hochzeitsplanerin sich ausdenken.“

Bonnie lachte. „Das ist gut zu wissen. Aber mit den Hochzeiten habe ich gar nichts zu tun. Dafür ist meine Schwester zuständig. Ich kümmere mich mehr um den regulären Hotelbetrieb – die Übernachtungsgäste, das Frühstücksbüffet, den Sonntagsbrunch und das Sonntagsdinner. Und mein Bruder pflegt das Haus und das Grundstück und beschafft, was immer die Bräute als Dekoration möchten.“

„Das haben Sie ja gut aufgeteilt.“

„Wir stehen uns als Geschwister sehr nahe und waren immer auf Gerechtigkeit bedacht. Da war es auch für das Hotel das Beste so.“ Sie wusste, dass Logan und Kinley dem aus vollem Herzen zustimmen würden.

Er lachte. „Ja, kann ich mir vorstellen.“

Zuerst hatten ihre Geschwister ein wenig gezögert, das alte Hotel zu übernehmen, zu renovieren und neu zu eröffnen, zumal es davor über achtzehn Jahre lang leer gestanden hatte. Ihr Großonkel Leo Finley hatte sein Bestes getan, das Haus zu erhalten, doch nach dem Tod seiner geliebten Frau war ihm einfach alles über den Kopf gewachsen. Da er wusste, dass es immer Bonnies Traum gewesen war, den Hotelbetrieb wieder aufzunehmen, hatte er das Haus zu gleichen Teilen ihr, ihrem Bruder und ihrer Schwester vermacht.

Bonnie hatte alles darangesetzt, Kinley und Logan davon zu überzeugen, das Erbstück wieder flottzumachen. Wenn sie sich etwas wirklich in den Kopf gesetzt hatte, gab sie niemals auf.

„Wir freuen uns sehr, dass Cassie sich unser Haus als Ort für ihre Feier ausgesucht hat“, sagte sie aufrichtig. „Ich verspreche Ihnen, dass wir alles tun, um ihre Erwartungen zu erfüllen.“

„Das glaube ich Ihnen sofort. Cassie hatte auch gleich ein gutes Gefühl.“

„Das freut mich. Sie ist wirklich nett.“

Damit hatte sie offenbar Pauls Schwachstelle gefunden. Sein Lächeln vertiefte sich, und seine grünen Augen strahlten. „Ich bin natürlich voreingenommen, aber sie ist wirklich was Besonderes. Genauso klug wie ihre Mutter. Und talentiert. Sie studiert Modedesign und wurde gerade in ein Eliteprogramm in London aufgenommen.“

Dass ein Mann so von seiner Tochter schwärmte, gefiel Bonnie gut. Auf ihrer Liste der Eigenschaften ihres Traummannes stand „Familiensinn“ ganz oben. Sie hatte sich immer eine eigene Familie gewünscht, aber bevor sie sich wirklich auf jemanden einließ, wollte sie sich ganz sicher sein, dass er wirklich bereit dafür war. Nicht wie ihr eigener Vater, der Frau und Kinder verlassen hatte, als Bonnie vier war, um seinen Traum zu leben und durch die Weltgeschichte zu reisen.

„Offenbar sind Sie sehr stolz auf Ihre Tochter. Und Sie scheinen allen Grund dazu zu haben.“

Er lächelte ein wenig verlegen. „Ich weiß, ich gebe furchtbar an mit ihr. Und ich kann es kaum glauben, dass sie jetzt heiraten und dann nach England gehen wird. Eigentlich wäre es mir lieber, wenn sie und Mike noch ein paar Jahre warten würden, aber davon will sie nichts hören. Dabei kommt es mir vor, als hätte ich sie erst gestern noch ins Bett gebracht und ihr ihr Lieblingsmärchen vorgelesen, nachdem ich ihr verbotenerweise Eiscreme zum Abendbrot serviert habe.“

„Und lassen Sie die Zwillinge auch verbotene Dinge essen?“

Er zwinkerte ihr zu. „Warum bin ich sonst wohl ihr Lieblingsonkel?“

Bonnie genoss das Gespräch sehr. In letzter Zeit war sie zu oft mit ihrem verschlossenen, ernsthaften älteren Bruder zusammen gewesen, und es machte Spaß, ganz ungezwungen mit jemandem zu plaudern. „Kommunikativ“ und „Sinn für Humor“ standen auf Platz zwei und drei ihrer Traummann-Liste.

„Wo wir gerade vom Essen sprechen …“ Sie blickte auf die Einkaufstüte zu seinen Füßen. Sollte sie den Vorschlag wirklich machen? „Ich weiß nicht, ob Sie Zeit und Interesse haben, aber ab nächster Woche gebe ich im Inn einen Kochkurs über regionale Küche. Wir treffen uns die nächsten drei Dienstage von sechs bis acht. Es geht um den richtigen Einkauf, professionellen Umgang mit Messern, Garmethoden und Haltbarmachung.“

Kinley hatte ihr erzählt, dass Paul Lehrer an einer High-School war. Deshalb hatte er wohl auch heute frei. Vielleicht suchte er ja noch nach einer anderen Ferienaktivität?

Paul hob die Augenbrauen. „Sie geben Kochunterricht?“

„Na ja, eine Frau, die bei mehreren Events bei uns war, hat mich dazu überredet, für sie und ihre Freundinnen einen Kurs zu halten. Es ist Platz für sechs Teilnehmer, aber eine ist abgesprungen, also wäre was frei.“

„Das klingt toll, und ich habe die nächsten Wochen auch nichts vor. Ich würde sehr gern kochen lernen. Und Cassie hätte bestimmt auch nichts dagegen.“

Dass er so schnell zusagte, überraschte Bonnie. Hatte er wirklich so großes Interesse daran? Oder wollte er einfach mehr Zeit mit ihr verbringen? Ein schmeichelhafter Gedanke.

Sie sagte ihm, was der Kurs kostete, und er nickte. „Ja, ich bin dabei.“

„Sie unterrichten an der High-School, oder?“

„Ja, ich bin Mathelehrer. Im Sommer leite ich ein paar Projekte, aber dienstagsabends habe ich frei. Muss ich mich noch irgendwo anmelden?“

„Nein, kommen Sie einfach nächsten Dienstag im Inn vorbei. Aber Vorsicht, ich bin keine ausgebildete Pädagogin, der Unterricht wird also ziemlich locker sein. Und Sie sind der einzige Mann in der Gruppe.“

Er lachte laut. „Damit komme ich schon klar.“

Sie gab ihm ihre Visitenkarte mit ihrer Handynummer – falls er vorher noch Fragen hatte, wie sie beiläufig erwähnte. Dann trank sie ihr Glas aus und schaute auf die Uhr. „Ich sollte jetzt besser aufbrechen, sonst wird mir das Gemüse im Auto welk. Vielen Dank für den Kaffee. Das war richtig schön.“

„Finde ich auch.“ Er stand gleichzeitig mit ihr auf. „Und ich freue mich auf Dienstag. Sie können mir bestimmt viel beibringen.“

Sein Unterton überraschte sie. Flirtete er etwa mit ihr? Aber wahrscheinlich bildete sie sich das nur ein. Dennoch lächelte sie auf dem Heimweg vor sich hin. Sie freute sich schon jetzt auf den kommenden Dienstag.

Wahrscheinlich war sie zu jung für ihn. Paul kannte Bonnie Carmichaels genaues Alter nicht, aber sie sah nicht viel älter aus als seine Tochter. Für sie war er wahrscheinlich nur der Vater der Braut. Der sie außerdem ständig umrannte.

Der erste Zusammenstoß mit ihr hatte ihn doppelt überrascht, denn ihre Schönheit hatte ihm einen zusätzlichen Schlag versetzt. Diese riesigen blauen Augen mit den langen Wimpern, die perfekt geformte Nase und das herzförmige Gesicht, umrahmt von welligen blonden Haaren … Besonders groß war sie nicht, aber sie hatte wunderschöne Kurven. Sein erster Gedanke war einfach nur „wow“ gewesen.

Vielleicht war sie heute nur mit ihm Kaffee trinken gegangen, um ihn als Teilnehmer für ihren Kurs zu werben. Andererseits schien sie seine Gesellschaft genossen zu haben. Er hatte ziemlich viel über sich selbst geredet, fiel ihm etwas verspätet ein. Hoffentlich war sie von seiner Lebensgeschichte nicht allzu gelangweilt gewesen, denn er hätte sich gern noch einmal mit ihr verabredet.

Natürlich würde das dann kein Date sein. Eine feste Beziehung war momentan das Letzte, was er suchte. In ein paar Wochen heiratete seine Tochter, und dann war er ein freier Mann. Zum ersten Mal seit einundzwanzig Jahren kamen dann seine Wünsche an erster Stelle. Da würde er sich ganz bestimmt nicht mit einer festen Beziehung belasten – schon gar nicht mit einer Frau, die einen Ehemann suchte und Kinder wollte, wie das bei Frauen in Bonnies Alter oft der Fall war.

Allerdings schien Bonnies Hauptinteresse darin zu liegen, das Inn in die schwarzen Zahlen zu bringen – vielleicht bedeutete das ja, dass sie einem kleinen, unverbindlichen Abenteuer mit jemandem wie ihm nicht abgeneigt war?

Die Haustür öffnete und schloss sich, dann kam seine Tochter herein. Da ihr Verlobter bereits viel Zeit in London verbrachte, war Cassie vor zwei Wochen bei Paul eingezogen, als ihr Mietvertrag auslief. Er genoss es, noch einmal richtig viel Zeit mit ihr zu verbringen, bevor sie so weit wegzog.

„Hallo, Dad! Hast du schon was gegessen?“, fragte Cassie. „Ich habe Salat mitgebracht. Hey, ist das Gemüse, was du da in den Kühlschrank packst?“

„Ich war auf dem Wochenmarkt. Und gleich wirst du dich noch mehr wundern: Ich habe mich für einen Kochkurs mit regionalen Produkten angemeldet.“

Cassie schlug übertrieben überrascht die Hände vor den Mund. „Nein, was ist nur in dich gefahren?“

„Na ja, in ein paar Wochen bist du nicht mehr hier, um meine gesunde Ernährung zu überwachen, da muss ich das wohl selbst tun. Bonnie Carmichael gibt den Kurs im Bride Mountain Inn.“

„Hoffentlich hast du sie nicht wieder umgerannt.“

„Doch, ein bisschen“, gab er kleinlaut zu.

„Also ehrlich, Dad, das muss aufhören, sonst cancelt sie noch meine Feier.“

Obwohl er wusste, dass sie Witze machte, schüttelte er den Kopf. „Nein, da ist sie ganz Profi. Man merkt doch sofort, wie viel ihr das Hotel bedeutet.“

„Stimmt. Kinley ist auch sehr ehrgeizig, aber sie sieht das mehr als berufliche Herausforderung. Für Bonnie ist das Inn ihr Zuhause, ihr ganzes Herz hängt daran.“

Schon immer war Cassie bemerkenswert gut darin gewesen, Menschen einzuschätzen, und auch diesmal hatte sie recht. Er hatte Bonnies Augen leuchten gesehen, als sie über das Hotel sprach, in dem sie lebte und arbeitete.

Er selbst hatte sich nie irgendwo ganz heimisch gefühlt. Zuhause war in den letzten einundzwanzig Jahren immer der Ort gewesen, an dem sich seine Tochter befand. Jetzt, wo sie wegzog, musste er sich wohl endlich mal überlegen, wo er gerne sein wollte. Es gab ihm ein Gefühl von Freiheit, dass ihn nach August nichts mehr hier hielt und er in der Welt herumreisen konnte.

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass du wirklich einen Kochkurs machst“, bemerkte Cassie zwischen zwei Bissen Salat.

„Tja, Bonnie hat mich auch schon gewarnt, dass ich der einzige Mann sein werde – bei sechs Teilnehmern insgesamt.“

Seine Tochter grinste breit. „Oh, vielleicht lernst du dann ja jemanden Interessanten kennen. Single, nett und dann noch eine gute Köchin …“

Cassie versuchte schon seit ihrer Verlobung, ihn zu verkuppeln. Wahrscheinlich hatte sie Sorge, er würde einsam sein, wenn sie wegzog. Was bestimmt auch der Fall sein würde … zumindest anfangs. Aber er brauchte keine Hilfe, um eine Frau zu finden. Deshalb verriet er Cassie auch nicht, dass der interessanteste Teil des Kochkurses für ihn darin lag, dass Bonnie Carmichael ihn hielt.

„Ich wünsche es dir jedenfalls“, erwiderte Cassie plötzlich ernst. „Ich hatte solches Glück, so tolle Eltern zu haben, und es ist mir bewusst, dass ihr eure eigenen Interessen meinetwegen immer zurückgestellt habt. Ich hoffe, Mike und ich kriegen es mit unseren Kindern genauso gut hin wie ihr.“

Autor

Gina Wilkins
Die vielfach ausgezeichnete Bestsellerautorin Gina Wilkins (auch Gina Ferris Wilkins) hat über 50 Romances geschrieben, die in 20 Sprachen übersetzt und in 100 Ländern verkauft werden! Gina stammt aus Arkansas, wo sie Zeit ihres Leben gewohnt hat. Sie verkaufte 1987 ihr erstes Manuskript an den Verlag Harlequin und schreibt seitdem...
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