Kann es diesmal Liebe sein?

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Elena! Sofort spürt Gage Striker das alte Verlangen in sich aufsteigen, als er seiner ehemaligen Geliebten gegenübersteht. Ihr Anblick löst ein elektrisierendes Kribbeln in seinem ganzen Körper aus. Doch Journalistin Elena ist eine Gefahr für ihn und sein Herzensprojekt, die Mesa Falls Ranch. Denn Elena wittert einen Skandal. Eine Enthüllung könnte alles zerstören, was Gage sich aufgebaut hat. Kann er Elena aufhalten … und der Versuchung trotzdem widerstehen? Oder ist das, was er empfindet, tatsächlich Liebe?


  • Erscheinungstag 19.01.2021
  • Bandnummer 2168
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503495
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Gage Striker war seit sechs Jahren nicht mehr im selben Zimmer wie Elena Rollins gewesen. Seit ihrer Trennung hatten sie nicht miteinander gesprochen. Sich nicht einmal eine SMS geschrieben oder telefoniert.

Und doch wusste er es sofort, als seine ehemalige Geliebte die Schwelle seines abgelegenen Hauses in Montana überquerte und als ungebetener Gast auf seiner Party erschien. Er spürte ihre Nähe, als würde ein Atemzug seinen Nacken streifen – ein Kribbeln, das all seine Nerven in Alarmbereitschaft versetzte.

Wie hatte sie sich Zugang verschafft? Er hatte einen Sicherheitsdienst angeheuert, um Eindringlinge fernzuhalten. Für diesen Fehler würden Köpfe rollen, gerade weil heute Abend viele Prominente unter seinem Dach auf der Mesa Falls Ranch zu Gast waren. Sie erwarteten, dass ihre Privatsphäre gewahrt bleiben würde. Aber erst einmal musste er Schadensbegrenzung betreiben. Sobald er Elena aufgespürt hatte.

Gemeinsam mit seinem Freund Weston Rivera, einem der Mitbesitzer der Ranch, stand Gage in dem weitläufigen Foyer. Die DJane hatte in dem großen Zimmer hinter ihnen einen Popsong aufgelegt. Eine Handvoll Leute tanzte. An der Haustür wurde es laut, weil eine der größten Berühmtheiten des Abends gerade mit ihrer Entourage eintraf. Chiara Campagna war ein Social-Media-Star und erregte mit ihrem glatten dunklen Haar und ihren großen Augen einiges Aufsehen, aber Gage schenkte ihr kaum Beachtung.

Ihm ging es um Elena.

Gäste strömten aus dem großen Zimmer ins Foyer und filmten mit dem Handy Chiaras Auftritt. Gerade nahm sie eine Magnolienblüte vom Begrüßungskomitee entgegen. Gage staunte darüber, wie viel Aufmerksamkeit sie erregte, vor allem da auch ein paar Hollywoodgrößen eingeladen waren. Die Party war eine PR-Veranstaltung, um die Nachhaltigkeitsinitiative der Ranch bekannter zu machen.

Zugleich diente sie als Tarnung. Die sechs Besitzer der Mesa Falls Ranch wollten verschleiern, dass sie sich dieses Wochenende trafen, um sich Auswege aus der Krise zu überlegen, in der sie sich zurzeit befanden. Seit die Schauspielerin Tabitha Barnes die Weihnachtsgala genutzt hatte, um explosive Anschuldigungen gegen einen früheren Gast von Mesa Falls zu erheben, interessierte sich die Regenbogenpresse viel zu sehr für die Ranch. Gage wartete darauf, dass das Interesse nachlassen und die Öffentlichkeit sich auf den nächsten Skandal stürzen würde. Aber seit bekannt geworden war, wie viel Zeit Alonzo Salazar vor seinem Tod auf der Ranch verbracht hatte, tauchten hier immer wieder Reporter auf der Jagd nach einer heißen Story auf.

Sehr zu Gages persönlichem Frust hatte Elena vor Kurzem eine neue Karriere als Journalistin begonnen. Er hatte den Verdacht, dass sie den Job nur angenommen hatte, um ihm heimzuzahlen, wie sie sich damals getrennt hatten. Obwohl Elena Rollins auch in ihrer kalifornischen Heimat über reichlich Klatsch und Tratsch hätte berichten können, hatte sie auf ihrem Social-Media-Account ein Foto von ihrem Flugticket nach Missoula in Montana gepostet. Laut der reißerischen Bildunterschrift war sie auf der Suche nach Antworten.

Darum wusste er schon die ganze Woche, dass sie es auf ihn abgesehen hatte.

Gage zwang sich, wieder seinen Geschäftspartner und die elegante Blondine an seiner Seite anzusehen. Die Frau kam ihm nicht bekannt vor, aber so besitzergreifend, wie Weston den Arm um sie legte, bedeutete sie ihm offensichtlich viel.

„Das sind viel mehr Gäste, als wir geplant hatten. Wir brauchen mehr Sicherheitspersonal“, bemerkte Gage und ließ den Blick noch einmal über die Menge im Foyer schweifen. Dann sah er Westons Gast an. „Ich bin übrigens Gage.“

„April Stephens“, antwortete die Frau und ließ den Blick zur hohen Decke schweifen, deren versteckte Lampen die Partygäste in ein warmes Licht tauchten. „Und danke für die Einladung. Ihr Haus ist sehr schön.“

„Danke.“ Er hatte mitgeholfen, das moderne Blockhaus zu gestalten, verbrachte aber nicht viel Zeit hier, weil er ständig auf Reisen war, um seine Geschäftsinteressen zu vertreten. Das Tausenddreihundert-Quadratmeter-Haus diente vor allem dazu, Gäste zu empfangen. „Ich weiß aber, dass das hier nicht die ideale Party für alle ist. Kommen Sie doch im Sommer noch einmal her, dann können wir die Schuhe ausziehen und am Pool grillen. Das ist schon eher was für mich.“

Er hatte die Ansicht seiner Eltern, dass der schöne Schein alles sei, nie geteilt. Zwar war er mit dem sprichwörtlichen silbernen Löffel im Mund geboren worden, hatte ihn aber weggeworfen, als ihm klar geworden war, wie sehr er ihn belastete. Mittlerweile war er selbst reich, stellte selbst die Spielregeln auf. Seltsam, dass er trotzdem noch Partys für die oberen Zehntausend gab. Aber wenigstens hatte er inzwischen das Sagen.

Weston beugte sich zu ihm hinüber und sagte: „Nur zu. Ich kann jede Hilfe gebrauchen, April davon zu überzeugen, mehr Zeit hier zu verbringen.“

Faszinierend, dass Weston sein Interesse an ihr so offen eingestand. Gage kannte ihn seit ihrer Schulzeit auf einem Internat, aber er konnte sich nicht an eine einzige Frau erinnern, die sein Freund so sehr hatte beeindrucken wollen.

Gage nickte, obwohl er sich selbst nicht vorstellen konnte, sich je wieder auf eine feste Beziehung einzulassen. Er wandte sich an April. „Kommen Sie unbedingt noch einmal her, wenn nicht so viel Trubel herrscht.“ Plötzlich schnippte er mit den Fingern, als ihm wieder einfiel, dass er schon von ihr gehört hatte. „April! Sie sind doch die Finanzermittlerin. Wie kommen Sie voran?“

Sie war die Privatdetektivin, die Devon Salazar damit beauftragt hatte, die mysteriösen Finanzen seines Vaters Alonzo zu durchleuchten. Tabitha Barnes hatte Gages ehemaligen Mentor als Autor eines Hollywood-Enthüllungsromans entlarvt, der ihrer Familie viel Ärger eingebrockt hatte.

„Der Fall ist abgeschlossen“, erklärte April. „Ich habe Alonzos Einkünfte weit genug nachverfolgt, um meinen Kunden zufriedenzustellen, also ist meine Arbeit in Mesa Falls offiziell beendet. Morgen fliege ich nach Denver zurück.“

Gage nickte. Ihm war klar, dass sie ihm keine Einzelheiten offenbaren würde. Er würde Devon Salazar morgen bitten, ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Vielleicht würde das, was April herausgefunden hatte, das Medieninteresse von der Ranch ablenken.

Doch der ermutigende Gedanke verflog sofort, als er spürte, wie sich ihm die Nackenhaare unter dem Hemdkragen aufstellten. Das Prickeln wurde immer stärker, bis er keine andere Wahl hatte, als sich umzudrehen.

Und seiner ehemaligen Geliebten in die Augen zu sehen.

Elena Rollins kam in einem ärmellosen scharlachroten Kleid aus Samt und Seide auf ihn zu. Ihr dunkles Haar war halb hochgesteckt, halb fiel es ihr offen über den Rücken. Ein paar glänzende Locken ringelten sich auf einer nackten Schulter. Sogar jetzt noch raubte sie ihm den Atem. Einen entsetzlichen Augenblick lang glaubte er, dass das Lächeln, das ihre roten Lippen umspielte, ihm galt.

Dann breitete sie weit die Arme aus.

„April!“, begrüßte sie Weston Riveras Begleiterin warmherzig und schlang einen Arm um sie, als wären sie alte Freundinnen.

Erst jetzt fiel Gage auf, dass Elena in der freien Hand ihr Handy auf Armeslänge von sich hielt, um alles zu filmen. War es ein Live-Video? Wut erfasste ihn. Gleichzeitig fragte er sich, woher, zum Teufel, sie April Stephens kannte.

„Bitte einmal für meine Follower lächeln“, wies Elena ihre Freundin an.

April zögerte. Es verwirrte sie offensichtlich, im Rampenlicht zu stehen.

„Wussten Sie nicht, was Elena für einen Job hat?“, fragte Gage, riss Elena das Handy aus den roten Klauen und steckte es in die Tasche seiner Smokingjacke. „Sie ist jetzt eine professionelle Bedrohung.“

Elena wirbelte zu ihm herum. Der Blick ihrer dunklen Augen nagelte ihn fest. Bitterböse starrten sie einander an. Vielleicht sagte Weston etwas zu ihm – Gage war sich nicht sicher –, aber dann gingen er und April davon. Jetzt war Gage mit seiner Ex allein, umgeben von mindestens fünfundzwanzig Gästen, die immer noch alles filmten, was Chiara Campagna tat.

„Das gehört mir“, fuhr Elena ihn an und reckte trotzig das Kinn. „Du hast kein Recht, es mir wegzunehmen.“

„Du hast auch kein Recht, hier zu sein, aber wie ich sehe, hat dich das nicht davon abgehalten, dich aufs Grundstück zu schleichen.“

Sie kniff die Augen zusammen. „Meine Videoaufnahme läuft wahrscheinlich noch. Vielleicht solltest du mir das Handy zurückgeben, wenn du Negativschlagzeilen vermeiden willst.“

Sie streckte die Hand aus und wartete darauf, dass er ihr das Handy gab.

„Wenn du ein Problem mit mir hast, warum besprichst du das nicht mit dem Sicherheitsdienst, den du hinters Licht geführt hast, um eingelassen zu werden?“ Er zeigte zur Tür. Rechts und links davon standen zwei Bodyguards in grauen Anzügen. „Das ist Hausfriedensbruch.“

Das Gedränge der Leute im Foyer ließ etwas nach, als Chiara Campagna und ihre Entourage ins große Zimmer hinübergingen. Sie blieb gleich hinter der offenen zweiflügligen Tür stehen, um Fotos mit ihren Freunden zu machen.

„Ist das eine Herausforderung, Gage?“ Elenas Stimme wurde rauchig. Bestimmt mit voller Absicht. Vermutlich wollte sie ihn aus dem Konzept bringen.

Bei mir funktioniert das nicht!

„Ich lasse dir die Wahl“, erklärte er, weil er ihr keinen öffentlichen Showdown bieten wollte. „Du kannst mit mir privat über das sprechen, was du in meinem Haus suchst, oder du kannst dich von meinem Sicherheitspersonal vom Grundstück eskortieren lassen. In keinem von beiden Fällen wird eine Kamera dabei sein.“

„Wie langweilig.“ Sie seufzte theatralisch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mit Kamera wäre es aufregender.“

Mit ihren dunklen Augen musterte sie ihn von Kopf bis Fuß.

Er rief sich ins Gedächtnis, dass sie gewonnen haben würde, sobald sie ihm unter die Haut ging. Aber er konnte nicht bestreiten, dass er einen Moment lang den Drang verspürte, sie bis zur Besinnungslosigkeit zu küssen.

„Na, Elena?“, hakte er nach. „Gehen oder gestehen?“

„Na gut.“ Sie hob die Hände, um anzuzeigen, dass sie kapitulierte. „Dann nimm mich mit in deine Höhle, Gage, und mach mit mir, was du willst.“ Sie neigte den Kopf zur Seite und sah ihn nachdenklich an. „Oh, warte mal.“ Sie biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. „Du darfst nicht mehr den bösen Jungen spielen, nicht wahr? Dafür hat dein Vater ja schon vor langer Zeit gesorgt. Er hat alle fragwürdigen Einflüsse ausgezahlt, damit sie seinen kostbaren Erben in Ruhe lassen.“

Der verführerische, verspielte Unterton war aus ihrer Stimme verschwunden. In ihrem Blick lag eisige Kälte.

Er hatte gewusst, dass sie noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hatte, weil sein Vater sie bestochen hatte, sich von ihm fernzuhalten.

Allerdings hatte er nicht geahnt, dass sie ihm gleich so einen Schlag unter die Gürtellinie verpassen würde.

Auf wackligen Beinen folgte Elena Gage durch sein weitläufiges Haus.

Er war weit über eins achtzig groß, athletisch gebaut und so eindrucksvoll wie eh und je. Seine breite Brust und seine muskulösen Arme füllten seinen Smoking aus. Während sie hinter ihm herging, nahm sie anerkennend zur Kenntnis, wie schmal seine Hüften waren und dass sein dunkles Haar den Kragen seines Jacketts streifte. Unmittelbar unterhalb seiner Manschetten erhaschte sie einen Blick auf die Tattoos an seinen Unterarmen. Früher hatte sie es geliebt, die verschlungenen Muster nachzuzeichnen. Sie hatte ihn gebeten, ihr die Geschichte jeder einzelnen Tätowierung zu erzählen. Und er hatte es getan. Sein neuseeländischer Akzent war für sie wie ein Aphrodisiakum gewesen. Oder vielleicht lag es auch schlicht und einfach an Gage selbst. Wahrscheinlich hätte sie ihn auch dann noch unglaublich sexy gefunden, wenn er wie jemand aus den Südstaaten oder aus Boston geredet hätte.

Damals hatte er eine unglaubliche Wirkung auf sie gehabt.

Und die hatte er auch heute noch, worauf sie überhaupt nicht vorbereitet gewesen war. Sechs Jahre waren seit ihrem eisigen Abschied vergangen. Gage hatte die Geschichte seines Vaters geglaubt, sie hätte sich von ihm bestechen lassen. Sie war so wütend darüber gewesen, dass er sie vorschnell verurteilt hatte, dass sie sich nicht die Mühe gemacht hatte, die Dinge richtigzustellen. Wenn er so wenig von ihr hielt, hatte er sie nie wirklich gekannt und beim besten Willen nicht geliebt.

Sie hatte sich eingeredet, dass ihre Trennung eine gute Sache wäre. Ein Augenöffner. Ja, sie war danach sogar verheiratet gewesen. Doch ihre Ehe hatte sich als kolossaler Flop erwiesen. Ihr Mann, ein berühmter Fernsehkoch, hatte sie mit seiner Assistentin betrogen, als Elena auf einer Konferenz gewesen war. Seitdem war sie pleite und gedemütigt. Sie war noch keine dreißig und trotzdem ein wandelndes Scheidungsklischee.

Traurigerweise hatte selbst die Untreue ihres Mannes sie nicht so verstört wie ihre Begegnung mit Gage heute Abend. Das sprach Bände. Es war von Anfang an eine schlechte Entscheidung gewesen, Tomas zu heiraten.

Sie verdrängte den Gedanken, während Gage sie ans andere Ende des Hauses führte. Die Musik verklang, als sie einen schmucklosen grauen Steinkorridor betraten, der von in die helle Holzdecke eingelassenen Lampen erhellt wurde. Die Baumaterialien waren edel und wirkten teuer. Elenas Absätze hallten in dem breiten Flur wider.

Bald erreichten sie ein Wohnzimmer mit grauem Steinkamin. Vielleicht war es auch ein Arbeitszimmer. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass der riesige Glastisch mit Stahlbeinen in Wirklichkeit ein Schreibtisch war. Ein großes Ledersofa stand gegenüber von einem Flachbildfernseher.

Die Umgebung war so kalt und abweisend wie ihr Gastgeber.

Gage schloss die Tür hinter ihnen und wandte sich ihr zu. Das Zimmer war schallgedämmt. Hier drinnen bekam man nichts von der lauten Party mit.

„Wärst du wohl so freundlich, mir zu sagen, was du hier machst?“, fragte er. Seine braunen Augen waren unergründlich, als er sie im Licht zweier ultramoderner Kronleuchter aus weißem Glas musterte. „Oder möchtest du, dass ich dir erst etwas zu trinken hole?“

Sein Gesicht wirkte kantiger, als sie es in Erinnerung hatte, vom markanten Kinn über die hohen Wangenknochen bis zu seinem spitzen Haaransatz. Ein ordentlich gestutzter Dreitagebart lag wie ein Schatten auf seinem Kinn. Er ging zu einem Einbauschrank unter dem Fernseher und öffnete die Holzklappe, um eine Minibar zu enthüllen. Es gab eine kleine Auswahl der besten Whiskys der Welt und Kristallgläser.

„Ich hatte zwar ein anstrengendes Jahr, habe meinen Kummer aber noch nicht in Bourbon ertränkt.“ Sie hielt nicht viel von Hochprozentigem, seit sie gesehen hatte, was der Alkohol ihrer Mutter angetan hatte. „Aber tu dir keinen Zwang an.“

Während er sich aus der einzigen geöffneten Flasche etwas einschenkte, erinnerte Elena sich lebhaft daran, wie Gages Lieblingsbourbon auf seiner Zunge schmeckte, wenn er sie küsste. Die Erinnerung – so unverhofft und intensiv, dass es sie schockierte – ließ unwillkommene Hitze in ihr aufsteigen, und sie kämpfte gegen den Drang an, auf Abstand zu Gage zu gehen.

Aber sie konnte es sich nicht leisten, sich anmerken zu lassen, wie sehr seine Nähe sie aus dem Konzept brachte.

„Allerdings“, dachte sie laut nach, weil dieser Mann und die Erinnerungen, die er in ihr weckte, viel gefährlicher für ihr Wohlbefinden waren als jeder Alkohol, „könnte ein kleiner Schluck vielleicht nicht schaden.“

Er warf ihr einen kurzen Blick zu, aber sie sah ihm nicht in die Augen. Sie tat, als würde sie sich plötzlich brennend für die Flammen im Kamin interessieren, und rang um Fassung.

Sie hörte Eiswürfel in einem Glas klirren. Dann das Plätschern des Whiskys. Das dumpfe Zufallen der Schranktür.

„Bitte sehr“, ertönte Gages Stimme oberhalb ihrer linken Schulter. „Ich habe Eis in deinen getan, um ihn ein bisschen zu verdünnen. Möchtest du dich hinsetzen?“

„Nein danke.“ Sie nahm das Glas, das er ihr reichte, und achtete darauf, dabei seine Finger nicht zu streifen. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, welche Wirkung es auf sie hatte, wenn er sie berührte. „Wir müssen ja nicht so tun, als wäre das ein Besuch unter Freunden.“

Sie schlang sich einen Arm um den Körper, hob mit der freien Hand das Glas an die Nase und ließ den Drink kreisen, während sie den Duft nach gerösteter Vanille und verkohlter Eiche einsog.

Beides passte nicht ganz zu ihrer Erinnerung an den Geschmack auf Gages Zunge.

„Das verliere ich schon nicht aus dem Blick“, versicherte er ihr und zeigte aufs Sofa. „Nimm Platz.“

Sie wollte sich nicht mit ihm streiten. Deshalb ging sie zum äußersten Ende des Sofas und setzte sich auf ein Polster. Er gesellte sich zu ihr, blieb aber auf Abstand. Er stellte sein Glas auf der Fensterbank hinter dem Sofa ab und drehte sich zur Seite, um Elena anzusehen. Sie tat es ihm nach.

„Magst du mir jetzt verraten, was dich herführt?“, fragte er und schob sich einen Finger unter die Fliege, um sie zu lockern.

Sie erinnerte sich, wie sehr er es verabscheute, förmlich gekleidet zu sein, obwohl das Leben seiner Familie im Rampenlicht es oft verlangte. Als sie zusammen gewesen waren, hatte er gerade sein Portfolio als Investor aufgebaut. Auch in der Rolle trug er oft Anzug und Krawatte. Heute war er so erfolgreich, dass er bestimmt anziehen konnte, was er wollte, aber er wurde trotzdem noch in Maßanzügen fotografiert.

Nicht, dass sie sich gezielt bemüht hätte, herauszufinden, was er so trieb. Dank seines Erfolgs in Silicon Valley fiel sein Name dann und wann auf den Hollywoodpartys, auf die sie mit Tomas immer gegangen war.

Verdammt.

Ihre Erinnerungen hatten ihre Gedanken abschweifen lassen. Jetzt konzentrierte sie sich wieder auf seine Frage.

„Da du mich als ‚professionelle Bedrohung‘ eingestuft hast, bin ich mir sicher, dass du weißt, warum ich hier bin.“ Sie hatte darauf geachtet, ihre Social-Media-Accounts mit Posts über ihre Reise nach Montana zu füllen, damit Gage davon erfuhr. „Als Reporterin habe ich die Chance gewittert, eine spannende Geschichte auszugraben.“

„Seit wann arbeitest du für die Klatschpresse?“

Sie zuckte die Schultern und unterdrückte den Schmerz, den der Gedanke daran weckte. „Seit mein treuloser Exmann unser Vermögen durch unnötige Prozesse blockiert, um mir das Leben zur Hölle zu machen. Ich habe einen Job angenommen, der mir schnell genug Bares einbringt, um davon leben zu können, bis alles geklärt ist.“

Diese Zusammenfassung ließ die finanziellen und emotionalen Härten ihrer Scheidung außer Acht. Sie hatte den Fehler gemacht, zu glauben, dass Tomas sich wie ein Erwachsener benehmen würde, und war sofort ausgezogen. Im Nachhinein hatte sie erkannt, dass es ein Fehler gewesen war, den gemeinsamen Wohnsitz zu räumen. Sie hatte nur gewollt, dass Tomas die Papiere unterzeichnete. Erst später war ihr klar geworden, wie kurzsichtig es gewesen war, davon auszugehen, dass er sich fair verhalten würde.

„Es tut mir leid, von der Scheidung zu hören.“ Das Mitgefühl in Gages Stimme klang echt. Er musterte sie, während er an seinem Drink nippte und das Glas dann wieder auf die Fensterbank stellte. „Aber für eine der klügsten Frauen, die ich kenne, gibt es doch Millionen von Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Warum willst du unbedingt für ein paar Dollar das Leben anderer Leute auf den Kopf stellen?“

„Ich werde mich nicht für ein sehr zweifelhaftes Kompliment bedanken, das mir doch nur ein schlechtes Gewissen machen soll.“ Warum sie sich für diesen Job entschieden hatte, ging ihn nichts an. Aber wenn es in ihrem Leben je den passenden Zeitpunkt für einen Job gegeben hatte, der als Ventil für ihre Verbitterung und Desillusionierung dienen konnte, dann jetzt. „Falls es dich beruhigt: Ich suche mir Zielpersonen aus, die es verdient haben, von der Öffentlichkeit verurteilt zu werden.“

„Es kann doch wohl nicht dein Ernst sein, dass ich in die Kategorie gehöre“, gab er zurück.

Gage Striker war ein Mann, der nie auch nur einen Moment lang zweifelte. Ein Mann, der nicht wusste, wie es sich anfühlte, wenn die Welt das Schlimmste von einem annahm und man um Respekt kämpfen musste.

Aber sie war nicht bereit, direkt die Klingen mit ihm zu kreuzen.

Noch nicht.

„Ich denke da eher an Alonzo Salazar, dessen Enthüllungsroman das Leben mehrerer Personen ruiniert hat. Der Mann hat Profit aus dem Leid echter Menschen geschlagen.“ Sie verlagerte ihre Sitzhaltung auf dem Ledersofa, um Gage noch direkter anzusehen und wieder nach ihrem Drink zu greifen. Die Seide ihres Kleids umspielte ihre Waden. Die Samtrüschen am Saum glitten über ihren Fuß, als sie die Beine übereinanderschlug.

Gage folgte ihren Bewegungen mit einem derart intensiven Blick, dass sie sich selbst viel zu deutlich wahrnahm.

Und ihn.

„Aber rein zufällig ist es nun mal so, dass deine Recherchen über Alonzo Salazar dich zu mir geführt haben.“ Er beugte sich zu ihr. „Das passt ein bisschen zu gut, um bloß Zufall zu sein, oder?“

Um die Antwort hinauszuzögern, nippte sie an dem Bourbon und kostete das Aroma aus. Karamell. Ein wenig Rauch, als sie schluckte.

Und da war es: das Brennen in der Kehle – mit einem Hauch von Kirsche. Der Duft von Leder. Der Geschmack ihres letzten Kusses.

„Es ist für mich nicht leicht.“ Sie widerstand dem Drang, sich das kühle Glas an die Stirn zu drücken, als ihre Haut sich dank seiner Nähe und der Erinnerung an ihre leidenschaftlichen Küsse erwärmte. „Meine Arbeit hier wäre viel einfacher, wenn unsere gemeinsame Vergangenheit nicht so … bitter wäre.“

„Bitter“, wiederholte er. „So nennen wir das also jetzt?“

„Ich würde nicht behaupten, dass wir Freunde sind. Du etwa?“ Sie stellte den Drink beiseite, um nicht mit dem Feuer zu spielen.

„Alles andere als das“, stimmte er entspannt zu. „Und das ist der wahre Grund dafür, dass du hier bist, Elena, egal, was du behauptest.“

Ihr Herzschlag beschleunigte sich angesichts seines streitlustigen Tonfalls. Ein Teil von ihr hatte immer bereut, ihm nicht gesagt zu haben, was genau sie von ihm hielt, bevor sie gegangen war.

„Und was ist der wahre Grund, Gage, da du mich ja offenbar so gut kennst?“

Sie hätte schwören können, dass sie sah, wie sich die Flammen des Feuers in seinen dunklen Augen spiegelten. Oder ist das ein boshaftes Funkeln?

„Wir wissen beide, dass du hier bist, um Rache zu nehmen.“

2. KAPITEL

Gage fragte sich, ob Elena ihm in die Augen sehen und es abstreiten konnte.

In ihrem blutroten Kleid saß sie neben ihm. Dunkle, glänzende Haarsträhnen ringelten sich um ihre Schultern wie Medusas Schlangen. Eine verlockende Ablenkung von der Bedrohung, die sie darstellte. Einer Bedrohung für seinen Namen, seinen Ruf und alles, was er sich mit harter Arbeit auf der Mesa Falls Ranch aufgebaut hatte.

„Rache wofür genau?“, fragte sie am Ende und schlug die Beine übereinander, sodass der lange Schlitz in ihrem Kleid aufklaffte und ihre schlanken Waden enthüllte. Die Samtriemen ihrer hochhackigen Sandaletten waren um ihre Unterschenkel gewunden. Die weichen Schleifen lockten seinen Blick auf ihre Füße. Rot lackierte Zehennägel lugten unter dem geschmeidigen Leder hervor.

Sie war atemberaubend, selbst dann, wenn sie sich nicht so herausputzte, dass sie alle Blicke auf sich zog. Heute Abend hätte er nicht einmal von ihr wegsehen können, wenn er es versucht hätte. Und, verdammt, ich muss es unbedingt versuchen.

„Für deinen verletzten Stolz. Für die Kränkung, dass mein Vater dich bestochen hat, damit du mich verlässt. Du warst wütend auf ihn.“ Und sie hatte nicht mit der Wimper gezuckt, als er sie gefragt hatte, ob sie das Geld genommen hatte. Die Art, wie sie trotzig das Kinn gereckt hatte, war für ihn eine Bestätigung seines Verdachts gewesen und hatte alle Gefühle erkalten lassen, die er bis dahin für sie empfunden hatte. „Und auf mich.“

Er hatte nie verstanden, warum sie so zornig auf ihn gewesen war, obwohl sie doch diejenige gewesen war, die verkauft hatte, was sie gehabt hatten. Später war ihm der Gedanke gekommen, dass sein Vater sie vielleicht angelogen und behauptet hatte, dass Gage sie nicht mehr in seinem Leben haben wollte. Aber zu dem Zeitpunkt war sie schon längst weg gewesen, und es hatte keine Rolle mehr gespielt.

Sie war nach Kalifornien zurückgekehrt, wo sie sich kennengelernt hatten, während er in Neuseeland geblieben war, um seinen Vater im Wahlkampf um einen Sitz im Parlament zu unterstützen. Für Gages Vater hatte die Politik ein Leben lang an erster Stelle gestanden. Sie war für ihn ein Weg, die Interessen der Familie Striker zu vertreten. Inzwischen war Gage viel vermögender als sein Vater, aber ihr Verhältnis war leider schlechter denn je.

„Es ist sechs Jahre her, dass wir miteinander Schluss gemacht haben“, rief sie ihm in Erinnerung und betrachtete ihre Fingernägel, als würde das Gespräch sie langweilen. „Ich bin darüber hinweg. Habe jemand anderen geheiratet.“

„Das ist ja auch toll für dich gelaufen.“

Ihr Schweigen verriet ihm, dass die spitze Bemerkung sie getroffen hatte. Zugleich machte es ihm klar, wie verdammt kleinlich das von ihm gewesen war. Sie hob den Blick. In ihrem Gesichtsausdruck lag ein Hauch von Schmerz, bevor sie die Barrieren wieder hochzog.

„Du hast recht, das war dumm von mir.“ Ihre ruhige Antwort überraschte ihn. Sie lehnte sich in die Sofakissen zurück. „Aber was ich damit sagen will, ist, dass ich nach all der Zeit bestimmt keine Rachepläne mehr schmiede.“

„Es steht mir nicht zu, deine Ehe zu kommentieren.“ Er kniff sich in den Nasenrücken. Der Druck in seinem Kopf war ein Zeichen, dass sie ihm unter die Haut ging. „Tut mir leid.“

Sie neigte den Kopf so gnädig wie eine Königin. „Und mir tut es leid, dass ich mich unter falschem Namen hier eingeschlichen habe. Aber angesichts unserer Vergangenheit war mir nicht wohl dabei, um eine Einladung zu bitten.“

Autor

Joanne Rock
<p>Joanne Rock hat sich schon in der Schule Liebesgeschichten ausgedacht, um ihre beste Freundin zu unterhalten. Die Mädchen waren selbst die Stars dieser Abenteuer, die sich um die Schule und die Jungs, die sie gerade mochten, drehten. Joanne Rock gibt zu, dass ihre Geschichten damals eher dem Leben einer Barbie...
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