Spiel der Leidenschaft

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Bei diesem sexy Rodeoreiter bleibt keine Frau ruhig sitzen: Jede Bewegung von ihm ist Erotik pur! Cutter Reno vermittelt den Eindruck, bei keinem Abenteuer Nein zu sagen, aber stimmt das wirklich? Auch Peggy, die mit ihm die schönste Nacht ihres Lebens verbrachte, weiß nicht, wie es in ihm tatsächlich aussieht. Genau das ist der Grund für ihr Zögern, seinem erneuten heißen Begehren nachzugeben, denn sie erinnert sich sehr deutlich an den tiefen Schmerz, der sie lange begleitete, nachdem Cutter sie verlassen hatte. Risiko oder Flucht?


  • Erscheinungstag 16.02.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745837
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Cutter Reno hatte sich immer vorgestellt, dass er eines Tages nach Sundown in Montana zurückkehren würde, seit er es vor sechs Jahren verlassen hatte. Er hatte Erinnerungen, die ihn mit der Stadt verbanden, gute und weniger gute, und er hatte Freunde hier.

Was er sich jedoch keinesfalls vorgestellt hatte, war, dass der Grund für seine Rückkehr ausgerechnet die Parade zum Unabhängigkeitstag sein würde. Und noch weniger hätte er sich träumen lassen, dass er jemals diese Parade anführen würde.

Aber er hatte ja auch nicht damit gerechnet, die Meisterschaften des größten Rodeo-Cowboy-Verbandes mehrmals hintereinander zu gewinnen. Seine daraus resultierende Popularität hatte seinen alten Freund Sam Perkins veranlasst, ihn ausfindig zu machen und ihn zu bitten, während der Parade in Sundown als „Grand Marshall“ zu fungieren.

Cutter setzte sich im Sattel zurecht und lächelte den Menschen zu, die die Straße säumten. Er versuchte, nicht an die Wettbewerbe und die Preisgelder zu denken, die er wegen seiner Aufgabe hier verpasste.

„Der halbe Bezirk wird auf den Beinen sein, um dich bei der Parade zu sehen“, hatte Sam ihm prophezeit, als sie sich am Vorabend im „Dusk to Dawn“ getroffen hatten. „Sie wird aber auch riesig.“

Bei einer Einwohnerzahl von vierhundertdreiundsiebzig war die Parade für die kleine Stadt in Montana eine große Sache, vermutete Cutter. Wenn er sich nicht täuschte, war sie vier Häuserblocks lang – ein neuer Rekord, Sam zufolge. Die Beteiligten des Zuges bewegte sich mit unverdrossener Begeisterung die mit rot-weiß-blauen Fähnchen geschmückte Hauptstraße entlang. Eine der Attraktionen war der einundzwanzigköpfige Spielmannszug der Schule.

„Eigentlich wären wir zweiundzwanzig, wenn Billy Capper beim Softball-Turnier gestern nicht eins auf die Nase bekommen hätte“, hatte Snake Gibson, ein alter Cowboy, erklärt, als er sich in der Bar zu Cutter und Sam gesellte. Immerhin hatte Sundowns Mannschaft gegen die aus dem Nachbarort Shueyville gewonnen, und so war Billys Fehlen zu verschmerzen.

Die rot uniformierte Band schlug sich auch ohne ihn tapfer und gab ihr Bestes, deshalb war es Cutter ein wenig peinlich, als er merkte, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren.

Fast alle Augen, berichtigte er sich im Stillen, als er sich einer sechs Jahre alten Erinnerung gegenübersah, die eigentlich längst verblasst sein sollte. In dem Moment, als er Peggy Lathrop entdeckte, vergaß Cutter, dass die Sonne vom Himmel brannte und er in seinem grau-schwarz-karierten Hemd schwitzte.

Die Musik der Band, das Gelächter und die Zurufe der Zuschauer wurden für ihn zu Hintergrundgeräuschen, und er reagierte vollkommen automatisch, als sein brauner Wallach wegen eines Luftballons, der sich selbstständig gemacht hatte, scheute. Er nahm nur noch die Frau mit dem kastanienbraunen Haar wahr, die der Parade folgte, seinem Blick jedoch beharrlich auswich.

„Sieht er nicht aus wie ein schnurrender Kater?“

Peggy Lathrop verschränkte ihre Arme vor der Brust und bedachte ihre Freundin Krystal Perkins mit einem flüchtigen Lächeln. „Der Vergleich ist gar nicht so schlecht, aber ‚streunender Kater‘ trifft es eher – das war er schon immer.“

Und er scheint sich kein bisschen verändert zu haben, ergänzte sie im Stillen. Sie beobachtete, wie Cutter Reno der jubelnden Menge von seinem Wallach aus, den ihm die Organisatoren für die Parade zur Verfügung gestellt hatten, zuwinkte. Mit Mühe riss sie ihren Blick von seiner schlanken Gestalt und seinem trägen, verführerischen Lächeln los.

Nein, es schmerzte nicht, ihn wieder zu sehen. Und sie war auch nicht mehr wütend auf ihn. Es wäre für sie jedoch leichter, ihm zu verzeihen, wenn er nicht so genau wüsste, welche Wirkung er auf Frauen hatte. Ebenso genau wusste er, worauf er aus war: mit ihnen schlafen und dann verschwinden.

„Sieh ihn dir bloß mal an“, fuhr Krystal voller Bewunderung fort. „Himmel, was ist er attraktiv.“

Peggy hatte sich bisher bemüht, genau das nicht zu tun. Sie straffte ihre Schultern und warf Krystal einen missbilligenden Blick zu. Deren letzte Bemerkung mochte die Freundin flatterhaft erscheinen lassen, doch sie war die am glücklichsten verheiratete Frau, die Peggy kannte.

„Wenn Sam dich derart von Reno schwärmen hört, wirst du womöglich selbst zur streunenden Katze, die sich einen neuen Platz zum Schlafen suchen muss.“

Lachend schob Krystal ihren zweijährigen Sohn, der ein Eis schleckte, auf ihrer Hüfte höher. „Es ist doch kein Verbrechen, sich die Verpackung anzusehen“, erwiderte sie, während Grant sich mit Eis bekleckerte. „Solange es keinen anderen Mann für mich gibt als den Daddy meines kleinen Lieblings hier.“

Als Grant hörte, dass von seinem Vater die Rede war, probierte er gleich seinen derzeitigen Lieblingssatz aus: „Wo ist Daddy? Wo ist Daddy?“ Seine braunen Augen strahlten.

„Daddy ist auf dem Feuerwehrauto, mein Süßer. Pass auf. Er kommt jetzt bald vorbei. Und bis dahin hat Mom ein Auge auf den ollen streunenden Kater, okay?“

Peggy schnaubte ungehalten. „Sieh zu, dass du eines Tages so wirst wie dein Daddy, Grant.“ Liebevoll tätschelte sie dem Kleinen den Rücken. „Gute Männer wie er sind schwer zu finden.“

Und noch schwerer zu halten, dachte sie, während ihr Blick unbeabsichtigt an Cutter Renos hinreißendem Lächeln hängen blieb.

Peggy erstarrte, als ihre Blicke sich trafen. Das erfreute Aufleuchten in Cutters himmelblauen Augen ging ihr durch und durch – und ihr Herz begann heftig zu klopfen.

Sie riss sich von seinem Anblick los und nahm ihre fünfjährige Tochter fest an die Hand. Dabei sagte sie sich, dass sie keineswegs davonlief. „Komm, Shell. Dort drüben ist Grandpa Jack. Wir wollen ihn mal fragen, ob er einen guten Platz für das Feuerwerk heute Abend gefunden hat.“

„Aber ich will noch die Parade zu Ende sehen“, protestierte Shelby und bewegte sich in ihren abgetragenen roten Cowboystiefelchen keinen Zentimeter von der Stelle.

Peggy sah auf ihre Tochter hinunter. Unter ihrem lavendelfarbenen Cowboyhut lösten sich ein paar blonde Löckchen aus ihren kurzen Zöpfen. Ihr gelber Sommeranzug war genauso mit Eis bekleckert wie Grants Hemd. Von der Hitze und der Aufregung glühte ihr Engelsgesichtchen ganz rosig, und ihre auffallend blauen Augen funkelten, weil sie unbedingt ihren Kopf durchsetzen wollte.

„Ich wette, von Grandpas Schultern aus kannst du viel besser sehen.“

Peggy wusste, dass der Punkt an sie ging, als Shelby schnurstracks zu Jack Lathrop hinüberlief, der mit ein paar Bekannten an einer Hausecke stand.

„Sag Krystal und Grant Auf Wiedersehen“, ermahnte Peggy ihre Tochter.

Ohne sich aufhalten zu lassen, kam Shelby der Aufforderung nach.

Peggy verdrehte die Augen und lächelte ihre Freundin entschuldigend an, doch weil Krystal die Stirn runzelte, verging ihr das Lächeln. „Was ist?“

„Hast du schon entschieden, ob du ihn treffen wirst?“

Peggy starrte auf ihre nackten Füße in den Sandaletten und begutachtete ihre rot lackierten Nägel. Es war zwecklos, verschämt zu tun. Seit Sam, Krystals Mann, der Vorsitzender des Festausschusses war, überglücklich berichtet hatte, dass sein alter Kumpel Cutter Reno die diesjährige Parade anführen werde, hatte Krystal ihr mit dieser Frage in den Ohren gelegen. „Nicht, wenn ich es vermeiden kann.“

Krystals Miene wurde vorwurfsvoll.

„Ich muss los“, sagte Peggy, bevor Krystal ihr ihre Argumente dafür aufzählen konnte, weshalb Peggy mit Cutter reden sollte.

„Okay. Keine weiteren Fragen, zumindest was Cutter betrifft. Aber bleibt es bei deiner Zusage zum Picknick vor dem Feuerwerk heute Abend?“

Peggy kniff ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Kommt Cutter auch?“

Krystal nickte.

„Dann lasse ich diesen Teil der Party lieber ausfallen, danke.“

„Peggy …“

„Sag es nicht“, fiel Peggy ihr ungehalten ins Wort, doch sofort tat es ihr leid. „Entschuldige. Aber misch dich bitte nicht ein, okay? Ich muss so mit der Sache umgehen, wie ich es für richtig halte.“

Ehe das Gespräch noch weiter aus dem Ruder lief, umarmte sie Krystal kurz und gab Grant ein Küsschen. „Vielleicht sehen wir uns beim Feuerwerk. Danke, dass du heute Morgen auf Shell aufgepasst hast.“

Sorgsam darauf bedacht, den Cowboy hoch zu Ross mit dem schwarzen Hut und den engen Jeans nicht zu beachten, bahnte Peggy sich ihren Weg durch die Menge zu dem Mann hinüber, der Shelby an der Hand hielt, und den sie selbst Daddy und ihre Tochter Grandpa nannte. Dabei sagte sie sich, dass Cutter morgen weg sein und ihr Leben wieder seinen normalen Gang gehen würde, genau wie ihr Herz wieder ganz normal schlagen würde.

Oh Mann, die hübsche Peggy Lathrop, dachte Cutter, als er sie am Straßenrand entlanggehen sah. Sie war immer eine Augenweide gewesen, aber in den letzten sechs Jahren hatte ihre Figur sich noch vervollkommnet. Knallenge abgeschnittene Jeans betonten ihre schlanken Hüften und ihre langen gebräunten Beine. Ein winziges weißes Top mit Spaghetti-Trägern lenkte den Blick automatisch auf ihre unglaublich schönen Brüste. Und zwischen dem Top und dem Bund ihrer Jeansshorts war ab und zu ein wenig nackte Haut zu sehen.

Während sein Pferd im Tempo der anderen dahintrottete, tat Cutter sein Bestes, Peggy nicht aus den Augen zu verlieren. Unter dem geflochtenen Stetson, der ihr Gesicht teilweise beschattete, fiel ihr das seidige glatte Haar über den Rücken fast bis zur Taille. Die Sonne ließ die kastanienbraune Pracht in unzähligen Lichtreflexen aufleuchten. Als Cutter endlich einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen konnte, war er davon genauso angetan wie von ihrer Figur – und verlor sich augenblicklich in Erinnerungen an einen süßen Sommertraum mit der langbeinigen Peggy.

Er schob seinen Hut zurecht und gestand sich schmunzelnd ein, dass er bei dem Gedanken an eine alte Flamme, die eigentlich nie ganz erloschen war, richtig sentimental wurde. Sie hatten vor sechs Jahren eine kleine Affäre gehabt, im Sommer seines zweiten Jahres als Profi in der Rodeo-Cowboy-Association. Er war damals ganz berauscht davon, zum jüngsten Sieger des Jahres ernannt worden zu sein und war sozusagen als Held nach Hause gekommen. Und da hatte er festgestellt, dass die kleine Peggy inzwischen erwachsen war. Als er wieder wegfuhr, war er Sieger in nicht nur einer Hinsicht.

Ohne den Blick von Peggy zu wenden, nahm er die Zügel in die linke Hand und rieb mit der rechten über seinen Oberschenkel. Ausgeschlossen, dass Peggy sich nicht mehr erinnerte. Er hatte es in ihren Augen gesehen, als sich ihre Blicke kurz kreuzten, und er hatte darauf gewartet, dass sie ihn anlächelte. Stattdessen hatte sie sofort wieder weggeschaut.

Er dagegen konnte sich nicht satt sehen an ihr. Er mochte in den letzten Jahren zu beschäftigt gewesen sein und hatte deshalb nur gelegentlich an die heißen Sommernächte, die sie gemeinsam verbracht hatten, gedacht, aber er hatte sie nicht vergessen. Vom Tau feuchtes Gras … Vollmond … leise, hingebungsvolle Seufzer. Peggy wieder zu sehen, beschwor diese Erinnerungen in allen Details herauf. Ihre Unschuld damals hatte ihm fast den Verstand geraubt und ihre Hemmungslosigkeit hatte ihn trunken vor Lust gemacht.

Herrje, hatten sie sich wild und leidenschaftlich geliebt. Cutter konnte nicht umhin sich zu fragen, was die hübsche Peggy wohl heutzutage so machte.

„Cutter! – Cutter, hier!“

Er fuhr herum und lächelte freundlich, als Dutzende Kameras klickten. Dann tippte er an seinen Stetson, um einen kleinen Cowboy am Straßenrand zu grüßen, der ihn fasziniert anlächelte.

Peggy hatte nicht gelächelt. Sie hatte absolut keine Miene verzogen. Mit ihren schönen braunen Augen hatte sie glatt an ihm vorbeigesehen, während er sich von der heftigen Erregung erholen musste, die ihn bei ihrem Anblick wie ein Blitz aus heiterem Himmel durchzuckt hatte.

Er wusste nicht recht, was er davon halten sollte, denn er war es gewohnt, angelächelt zu werden. Verflixt. Die meisten Frauen taten sogar noch viel mehr. Peggy hatte vor sechs Jahren sehr viel mehr getan. Sie beide hatten es genossen. Und jetzt wollte sie ihn nicht einmal anlächeln. Er war sich nicht sicher, ob ihn das kränkte, ärgerte oder einfach nur verblüffte.

Cutter verfolgte, wie Peggy sich mühelos ihren Weg durch die Menge bahnte. Er sah sie einer Rothaarigen in ihrem Alter zulächeln und gleich darauf zu seinem Missfallen auch einigen Rancharbeitern, die ihr bewundernd nachschauten.

Der Knall eines zerplatzenden Luftballons ließ seinen Wallach nervös hin und her tänzeln und sich schließlich auch noch aufbäumen. Cutter beruhigte ihn mit leisen Worten und einer starken Hand, was den Zuschauern Laute der Bewunderung entlockte. Gleichzeitig begann der Spielmannszug eine schwungvolle Version der Nationalhymne zu spielen.

Als Cutter sich umschaute, war Peggy verschwunden, ohne Lächeln – das er der hübschen Peggy aber noch entlocken würde, bevor er die Stadt am nächsten Tag wieder verließ.

Jeder lächelte Cutter Reno zu. Jeder.

„He, Peggy Sue. Ich dachte mir doch gleich, dass du das bist, Darling.“

Der Zuruf, der nicht nur amüsiert, sondern auch unglaublich arrogant klang, erreichte Peggy in der sternenklaren Nacht aus etwa zehn Metern Entfernung. Auch wenn sie am liebsten weitergegangen wäre und so getan hätte, als habe sie nichts gehört, war das eine schlechte Idee, denn sie war zusammengezuckt und dann erstarrt wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zusammenzureißen und ihm gegenüberzutreten.

Langsam drehte sie sich um und nahm sich vor, nicht auf den faszinierenden Anblick zu reagieren, den er bot. „Hallo, Cutter.“

Das Feuerwerk war vor knapp fünf Minuten zu Ende gegangen, und es roch noch stark nach Schwefel. Pick-ups und andere Wagen füllten die schmale Straße, die aus Sundowns Baseball-Park hinausführte, in dem das Feuerwerk jedes Jahr abgebrannt wurde. Peggy war froh, dass Shelby bereits mit ihren Großeltern aufgebrochen war, bei denen sie auch übernachten würde. Sie schlief schon halb in den Armen ihres Großvaters, noch bevor der letzte Sternenregen zu Asche verglüht war.

Der Mann, der jetzt auf Peggy zukam, hatte sie in einer Sommernacht wie dieser auch einmal in den Armen gehalten – als sie jünger war und weniger klug und viel anfälliger für den Charme eines Rodeo-Cowboys als heute.

Er sieht immer noch umwerfend aus, gestand sie sich widerwillig ein. Markant und ein bisschen wie ein einsamer Wolf und durch und durch männlich. Ja, das war Cutter. Angefangen bei seiner hochgewachsenen, breitschultrigen Gestalt, bis hin zu seinem federnden Gang, seinem bildschön geschnittenen Gesicht und dem dunkelbraunen Haar unter seinem schwarzen Stetson, hatte er eine unglaublich maskuline Ausstrahlung und Sex-Appeal.

Er wirkte unnahbar … bis er lächelte. Das ließ seine schönen Gesichtszüge weich werden und den Blick aus seinen faszinierenden blauen Augen warm. Dieser Anblick erinnerte Peggy an viel zu vieles. Zum Beispiel daran, wie gern er damals lachte, wie er sie neckte und wie er sie verrückt machen konnte mit seinen heißen Küssen. Und sie wünschte, sie könnte vergessen – sogar verzeihen – wie leicht es ihm gefallen war, sie zu verlassen.

Peggy atmete tief durch, um sich zu wappnen, schob die Hände in die Taschen ihrer Jeans und zwang sich, ihm geradewegs in die Augen zu sehen.

„Du siehst gut aus, Darling“, sagte er, als er auf sie zukam und direkt vor ihr stehen blieb.

Er kam ihr absichtlich so nah, dessen war Peggy sich sicher, wobei er sie nicht einschüchtern wollte, das würde Cutter nie tun, auch wenn er das bei seiner Größe von gut einsachtzig im Vergleich zu ihren einssechsundsechzig durchaus gekonnt hätte. Nein, das war nicht seine Art. Aber Cutter hatte sie schon immer gern berührt, und jetzt war er drauf und dran, sie zur Begrüßung in die Arme zu schließen.

„Du siehst auch gut aus, Cutter.“ Wie beiläufig wich Peggy einen Schritt zurück. Nein, sie würde ihren Entschluss, ihn auf Distanz zu halten, nicht von seinem Kompliment oder von seinem intensiven, wohlwollenden Blick untergraben lassen. Sie wollte nicht von Cutter Reno umarmt werden. Zumindest würde sie nie zugeben, dass sie sich tief im Inneren genau das wünschte.

Eine ganze Weile sagte er nichts. Er stand nur da, sein Gesicht im Schatten der Hutkrempe verborgen. Doch Peggy brauchte sein Gesicht nicht zu sehen, um zu wissen, dass er versuchte, aus ihrer Reaktion schlau zu werden.

„Ich war überrascht, dich hier in Sundown anzutreffen, Peggy“, meinte er vorsichtig. „Ich dachte, dass du nach dem College in die Stadt ziehen wolltest. Du hattest den Plan, Wirtschaftsprüferin oder so etwas zu werden, richtig?“

Ja, sie hatte einmal vorgehabt, ein Diplom zu erwerben und als Partnerin in einem Wirtschaftsprüfungsbüro zu arbeiten.

„Na ja, du weißt ja, wie das ist. Pläne ändern sich.“

Wenn man im fünften Monat schwanger und allein ist, dann ändern sich Pläne in der Tat, dachte sie. Wenn dir morgens speiübel ist und dir das Herz bricht, weil dein Baby keinen Daddy haben wird, und der Mann, in den du dich idiotischerweise verliebt hast, dich vollkommen vergessen hat, dann belegt man keine Wirtschaftsprüfungskurse.

Da er davon sicher nichts hören wollte, und da sie ohnehin nicht die Absicht hatte, es ihm zu erzählen, riss sie sich von ihren Erinnerungen los und straffte ihre Schultern.

„Deine Pläne offenbar nicht“, sagte sie schnell, um das Gespräch auf ihn zu lenken. „Du hast genau das getan, was du vorhattest. Die Nationalmeisterschaft zu gewinnen, das ist schon eine Leistung.“

Achselzuckend starrte er sie weiterhin an, als versuche er, nicht nur jede Einzelheit ihres Gesichts zu erfassen, sondern auch jeden ihrer Gedanken. „Ich hatte eben Glück.“

Seine Bescheidenheit gefiel ihr, auch wenn ihr das nicht behagte. Man brauchte mehr als Glück, um als Rodeo-Profi nach ganz oben zu gelangen. Man brauchte Ehrgeiz, Mut und natürlich auch eine Portion Glück, gepaart mit dem festen Vorsatz, sich durch nichts aufhalten zu lassen. Wie etwa durch eine Frau.

„Eine nette Geste von dir, nach Hause zu kommen, um als Marshall die Parade anzuführen.“ Ihr war bewusst, dass sie schon tiefer in ein Gespräch mit ihm verstrickt war, als sie es gewollt hatte. „Sam war über deine Zusage überglücklich.“

Cutter lächelte, und Peggy sah schnell auf ihre Stiefel, weil ihr dieses Lächeln einen Stich versetzte. Ihr Herz begann wieder wie wild zu klopfen.

„Ich konnte eine Pause gut gebrauchen. Und irgendwie ist es schön, wieder mal hier zu sein. Ich habe Sam oder einige der anderen Kumpel … oder dich seit …“ Er zögerte, ehe er leise fortfuhr: „… na ja, sagen wir, seit längerer Zeit nicht mehr gesehen.“

„Ja.“ Peggy sah ihm kurz in die Augen. „Seit längerer Zeit.“ Sechs Jahre waren eine lange Zeit, aber sie würde dieses Thema auf keinen Fall vertiefen.

„Und wie geht es deiner Mom, Cutter? Ich habe sie irgendwie aus den Augen verloren, seit sie weggezogen ist. Wann war das noch gleich? Vor fast fünf Jahren, oder?“

Er verschränkte die Arme vor seiner Brust. „So ungefähr. Es geht ihr gut, und es gefällt ihr in Cheyenne. Jedenfalls war das bei meinem letzten Besuch noch so. Aber ich sehe sie nicht allzu oft.“ Er hob kaum merklich die Schultern. „Du weißt ja, wie das ist. Ich bin viel unterwegs.“

Ja. Sie wusste es. „Tja, so ist Rodeo eben.“

Das folgende Schweigen war so undurchdringlich wie die Nacht, so unausweichlich wie die Erinnerung an ihre Liebesstunden. In der Ferne lachte jemand, ein Knallkörper explodierte. Peggy drehte sich nach dem Geräusch um. Sie musste gehen. Jetzt gleich.

„Tja …“

„Also …“, sagte Cutter im gleichen Moment und schnitt ihr so das Wort ab.

Er lächelte.

Sie nicht.

Cutter neigte den Kopf zur Seite und versuchte es erneut: „Also, wer ist denn der Glückliche, der dich nach Sundown zurückgelockt hat?“ Er lächelte nicht mehr, sondern schien ehrlich interessiert.

Peggy schaute an ihm vorbei Richtung Stadtpark, wo die Musiker der Country-Band gerade ihre Instrumente aufbauten, um zum Tanz aufzuspielen.

„Tja, als ich das letzte Mal zählte, war es noch an jedem Finger einer“, sagte sie leichthin.

Cutter lachte leise. Es klang so vertraulich, als tauschten sie Geheimnisse aus. „Das bezweifle ich keine Sekunde. Heißt das, du bist noch frei und ungebunden?“

So frei und ungebunden wie eine allein erziehende Mutter sein kann, dachte Peggy, hielt ihren Ärger jedoch zurück. Der galt jedoch nicht Shelby. Shelby war ihr ganzes Glück. Ihr Ärger galt Cutter und der Tatsache, dass er nie gezwungen gewesen war, bestimmte Entscheidungen zu treffen und nie seine Träume aufgeben musste. Und sie ärgerte sich darüber, dass er offenbar nur allzu gern da weitermachen würde, wo sie damals aufgehört hatten – solange es ihm in den Kram passte.

Du bist ein Mistkerl, Cutter Reno, dachte sie, schwieg aber. Es würde nichts bringen, ihn zu beschimpfen.

„Tja dann, Cutter … War nett, wieder mal mit dir zu plaudern, aber ich muss los, okay? Randy wird sich schon wundern, wo ich bleibe.“ Sie ging an ihm vorbei.

„He, warte.“ Er hielt sie am Arm fest und drehte sie lachend zu sich um. „Randy? Du meinst, Randy Bubba Watkins?“ Seine Augen blitzten amüsiert, weil er sich zweifellos den o-beinigen Bubba mit den vorstehenden Zähnen vorstellte, dessen Name Peggy spontan eingefallen war. „Du und Bubba? Ihr habt etwas miteinander?“

Er nahm ihr das nicht ab und lag damit absolut richtig, denn sie und Randy würden nie etwas anderes sein als gute Freunde.

„Warum nicht?“ Peggy reckte das Kinn vor und vertraute darauf, dass Angriff immer noch die beste Verteidigung war. Gleichzeitig löste sie Cutters Hand von ihrem Oberarm. Sie musste sich bemühen, gleichgültig darüber hinwegzusehen, dass ihr bei seiner Berührung ein wohliger Schauer über den Rücken gelaufen war. „Randy ist ein guter Mann. Er ist amüsant, und er ist nett. Und er bleibt, wenn du weißt, was ich meine.“

Kaum war ihr die letzte, viel zu vorwurfsvolle Bemerkung entschlüpft, da erkannte Peggy ihren Fehler. Genau wie sie erkannte, dass Cutter sie sehr genau verstanden hatte und merkte, wie ärgerlich sie auf ihn war, denn er war nicht nur nicht geblieben, er hatte sich in all den Jahren, seit er sie und Sundown verlassen hatte, auch kein einziges Mal bei ihr gemeldet.

Cutter schob seinen Hut zurück. „Peggy … in dem Sommer damals …“

„Ich wünschte, wir könnten noch ein wenig plaudern, wirklich“, fiel sie ihm ins Wort, ehe er sie so wütend machen konnte, dass sie etwas Unverzeihliches tat und ihm womöglich noch zeigte, wie sehr sein Aufkreuzen in Sundown sie aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, „aber ich muss los.“

Sie machte sich erneut auf den Weg. „Pass gut auf dich auf“, rief sie ihm noch über die Schulter zu, damit er bloß nicht glaubte, sie würde sich weiter Gedanken um ihn machen.

Peggy beschleunigte ihre Schritte, als sie Randy entdeckte. Randy war ebenso überrascht wie erfreut, als Peggy ihm einen Arm um die Taille legte und munter über die Band zu plaudern begann und ihn an den Tanz erinnerte, den er ihr versprochen hatte. Nach außen wirkte sie fröhlich und ausgelassen, doch in Gedanken sagte Peggy sich immer wieder, dass sie nicht davonlief, dass Cutter nicht die Macht hatte, sie weglaufen zu lassen.

Cutter blieb allein in der Dunkelheit zurück. Er sah Peggy verwundert nach und versuchte zu ergründen, wie enttäuscht er darüber war, dass sie ihm die kalte Schulter gezeigt hatte.

Der glückliche Bubba, dachte er auf dem Weg zu seinem Pick-up. Er überlegte, ob die Nacht für ihn zu Ende war oder erst anfing. Vom Park her waren einige Trommelschläge und Riffs einer Bassgitarre zu hören.

Cutter dachte an sein einsames Hotelzimmer, und er dachte an die hübsche Peggy, die zum Tanzen gegangen war – mit Bubba.

„Ach, zum Henker!“ Cutter fischte die Wagenschlüssel aus seiner Hosentasche und stieg in den Pick-up. Grinsend fuhr er los. „Wenn Bubba tanzen kann, kann ich es auch.“

2. KAPITEL

„Streunender Kater, jawohl“, schimpfte Peggy am nächsten Tag auf dem Rückweg von der Arbeit vor sich hin.

Auch wenn sie es nicht wollte, sie konnte einfach nicht aufhören, an Cutter zu denken. Vor allem daran, wie er sich beim Tanz am Vorabend für all die Häschen, die ihn grenzenlos anhimmelten, in Positur geworfen hatte.

„Ja, streunender Kater trifft es ganz genau“, sagte sie sich erneut, als sie in die Straße abbog, die zu Krystals Haus führte. Krystal war nicht nur ihre beste Freundin, sie passte auch auf Shelby auf, während Peggy in der Futtermittelhandlung ihres Vaters die Buchführung erledigte.

Zu schade, dass sie Cutter nicht schon vor sechs Jahren durchschaut hatte. Mit achtzehn hatte sein Lächeln ihr signalisiert, dass er sie für etwas Besonderes hielt, und sie war bis über beide Ohren verliebt in ihn gewesen. Schließlich war er ein Rodeo-Cowboy und ein Draufgänger. Ein Junge aus dem Ort, der als Sieger aus der weiten Welt zurückgekehrt war. Und er war derart attraktiv, dass es ihr schon einen Stich versetzte, wenn sie ihn nur anschaute.

Sie atmete tief durch und presste eine Hand gegen ihre Brust, während sie sich einredete, dass sie seinetwegen jetzt keinerlei Stiche verspürte. Jetzt, wo er zurück war – wieder als Sieger. Und noch attraktiver.

Mit grimmiger Miene hielt Peggy vor Krystals Haus an. Er mochte ja zurück sein, aber eine Vorstellung wie im Sommer damals würde es ganz bestimmt nicht geben.

Sie war so dumm gewesen. Zum Unabhängigkeitstag gastierte das Rodeo acht Tage lang im Ort. Da sie schon in Cutter verknallt war, als er sein letztes Jahr auf der Highschool absolvierte und sie ihr zweites, war sie eine ziemlich leichte Beute für ihn gewesen. Er hatte das gewusst. Und er hatte es ausgenutzt. Nur fünf Tage hatte es gedauert, bis sie ihr Unschuld verloren hatte.

Leider war er damals wirklich gut, dachte sie, während sie aus ihrem klapprigen, alten Wagen ausstieg und durch Krystals Vorgarten ging. Lieb und aufmerksam. Ernsthaft und hartnäckig. Er hatte ihr alles über Sex beigebracht. Und dann auch über Liebeskummer.

Autor

Cindy Gerard
<p>Als Cindy Gerard anfing, ihr erstes Manuskript zu schreiben, wollte sie vor allem eins: es auch beenden. Der Gedanke, es zu verkaufen, kam ihr viel später. Und erst, als sie einen Verlag gefunden hatte, der es veröffentlichen wollte, wurde ihr klar, dass es nicht bei diesem einen Werk bleiben würde....
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