Süße, nie gekannte Spiele

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Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung wird Sebastian als Geburtstagspräsent ersteigert. Ihm ist das alles peinlich – aber dann schaut er in die blauen Augen des Geburtstagskindes. Plötzlich kann er es kaum erwarten, dass die süße Brandi ihr „Geschenk“ auch auspackt!


  • Erscheinungstag 05.10.2014
  • ISBN / Artikelnummer 9783733786694
  • Seitenanzahl 149
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Zum ersten … zum zweiten … und zum …“

Spannung lag in der Luft, und dann rief die Auktionatorin laut: „Verkauft!“

Sebastian Sinclair beobachtete, wie der gerade erworbene Mann unter wildem Jubel der Frauen von der Bühne geführt wurde. Bald würde er an der Reihe sein.

Wie um alles in der Welt habe ich mich nur in diese Lage gebracht? fragte er sich. Einen Anzug zu tragen, zuzusehen, wie riesige Geldsummen achtlos den Besitzer wechselten und im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen – er hasste das alles. Es erinnerte ihn an seine Jugend und daran, dass er mit diesen oberflächlichen Reichen nichts gemeinsam hatte. Vor allem aber widerstrebte ihm die Vorstellung, zum Amüsement reicher Frauen wie ein teures Spielzeug verkauft zu werden – ganz gleich, was der Anlass war.

Er schien der einzige Mann zu sein, der über die Aussicht, sich präsentieren zu dürfen, nicht erfreut war. Die anderen, deren Alter von Ende zwanzig bis Anfang vierzig variierte, lächelten und stellten sich begeistert zur Schau. Inzwischen war nur noch ein Mann vor Sebastian an der Reihe, und seinen Muskeln und dem Dreitagebart nach zu urteilen, würde er nicht mehr lange dort sein. Die Frauen gerieten bei diesen Macho-Typen ganz aus dem Häuschen.

Allein deshalb trugen die Bauarbeiter wohl auch zerrissene Jeans und knallenge T-Shirts. Denn bequem arbeiten konnte ein Mann in so engen T-Shirts ganz sicher nicht. Die Gartenbauer trugen ebenfalls ihre Arbeitsstiefel und Jeans, und manche von ihnen hatten nicht einmal ein T-Shirt an. Der Zimmermann hatte einen schweren Werkzeuggürtel umgebunden, voll ausgerüstet mit Schraubzwinge, Nageltasche und einem überdimensionalen Hammer – zweifellos der erbärmliche Versuch, etwas zu symbolisieren. Sebastian schüttelte den Kopf.

Die Auktionatorin, eine Frau mit einem breiten Lächeln, das ihre Zähne entblößte, führte einen Mann über die Bühne, indem sie den Zeigefinger in seine Gürtelschnalle hakte und ihn umdrehte. Das Publikum tobte. Das Spotlight glitt über seinen Rücken, und die Frauen kreischten.

Sebastian fragte sich, ob diesen reichen Leuten der ernste Hintergrund dieser Wohltätigkeitsveranstaltung überhaupt bewusst war. Das Geld würde nämlich misshandelten Frauen zugutekommen. Er bezweifelte, dass sie sich über den Zweck im Klaren waren. Für die Gäste hier handelte es sich in erster Linie um eine Vergnügung und weniger um eine Spendenaktion, damit Notleidende Unterschlupf und Hilfe fanden. Für Sebastian dagegen war es eine persönliche Angelegenheit.

Der Muskelmann vor ihm sprang auf die Bühne. Offenbar konnte er es kaum erwarten, das Publikum in Stimmung zu bringen. Sebastian blieb mit einer Assistentin zurück und wartete auf sein Stichwort.

Er hatte sich nicht geirrt, der Bärtige wurde rasch versteigert. Das letzte Gebot übertönte ein Durcheinander von Gekreische und zweideutigen Witzen. Die Assistentin nahm Sebastians Arm und führte ihn vorwärts.

Als er die Bühnenmitte erreichte, wurde er in grelles Scheinwerferlicht getaucht. Er sah ins Publikum und war mit der Spendenfreudigkeit zufrieden. Die Gedankenlosigkeit der Frauen jedoch widerte ihn an. Sie waren alle gleich – herausgeputzt, oberflächlich, ordinär und nur auf ihren Spaß aus. Er verachtete sie alle.

Doch dann entdeckte er sie.

Sie stand allein da, eine kleine dunkelhaarige Frau mit auffallend großen Augen und einem faszinierten Ausdruck auf dem Gesicht. Sie lächelte nicht, als ihre Blicke sich trafen. Sie schrie keine Anspielungen oder Gebote wie die anderen Frauen, noch machte sie Witze oder lachte. Sie stand nur da und sah ihn an. Sebastian hörte die Stimme der Auktionatorin nicht mehr, nahm die Hitze der grellen Scheinwerfer nicht länger wahr. Seine Langeweile und sein Desinteresse waren von ihm gewichen. Sebastian wagte nicht zu blinzeln. Die Frau wirkte seltsam unschuldig, und er fand sie absolut unwiderstehlich. Vielleicht würde er sich bei Shay doch nicht mehr beklagen, sondern ihr im Gegenteil danken.

Sie wollte ihn.

Brandi stand in der Mitte unterhalb der Bühne. Die bisherigen Männer waren für sie nicht sonderlich bemerkenswert gewesen. Aber schließlich war sie auch nicht hier, um einen Mann zu kaufen. Sie nahm an dieser Wohltätigkeitsveranstaltung lediglich teil, um ihre Schwester, Shay, zu unterstützen. Normalerweise mied sie derartige Veranstaltungen, bei denen die Hormone der Leute verrücktspielten. Und es gab eine Reihe anderer Möglichkeiten, wie sie ihren Geburtstag lieber verbracht hätte.

Aber das alles spielte in diesem Moment keine Rolle. Der Mann auf der Bühne war unglaublich, und nachdem ihre Blicke sich getroffen hatten, konnte sie nicht mehr aufhören, ihn anzustarren. Eine unwiderstehliche Verbindung war zwischen ihnen entstanden, und Brandi fand weder den Willen noch die Kraft, einfach wegzugehen.

Die Auktionatorin lachte über einen Scherz, den Brandi nicht mitbekommen hatte. Dann drehte sie sich um und nahm den Mann am Arm, während sie in der andern Hand das Mikrofon hielt. Sie kuschelte sich an ihn. „Was für ein großzügiges Gebot!“, rief sie und klang sehr aufgeregt. Brandi war so damit beschäftigt gewesen, den Mann zu betrachten, dass sie die Höhe des Gebots nicht mitbekommen hatte. „Er ist jeden einzelnen Penny wert, Ladies! Also los, nicht so schüchtern! Der hier ist ein Prachtexemplar.“ Sie drückte seinen muskulösen Oberarm und sah staunend ins Publikum.

Der Mann schien sich nicht sonderlich geschmeichelt zu fühlen. Er strahlte Geringschätzung aus, und anstatt sich wie die übrigen Männer in Szene zu setzen, verschränkte er nur die Arme vor der Brust und spreizte die langen Beine. Seine unbezwingbare Haltung ließ ihn beeindruckend groß und männlich erscheinen.

Die Auktionatorin bemühte sich um seine Mitarbeit. Sie versuchte ihn zu einer Drehung zu bewegen, um ihn wie die anderen zu präsentieren. Das würde die ohnehin schon astronomische Summe in die Höhe treiben. Doch er widerstand ihren Anstrengungen mit Leichtigkeit. Der Auktionatorin gelang es nicht, ihn auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu bewegen.

Den Frauen gefiel es. Sie riefen weitere Gebote, machten unverblümte Anspielungen, was sie mit ihm anstellen würden, und feilschten untereinander.

Brandi war völlig gefesselt. Nie zuvor hatte sie das empfunden, zumindest nicht in den letzten acht Jahren. Und davor war sie zu jung gewesen. Doch jetzt ließ sich ihr Interesse nicht leugnen. Sicher, sie hatte heute eine Entscheidung getroffen, die ihr Leben verändern würde – hoffentlich zum Besseren. Aber dies hier? Sollte sie wirklich für diesen Mann bieten? Wie zur Antwort schüttelte sie den Kopf.

Der Mann schenkte ihr ein atemberaubendes Lächeln und nickte dann, als wollte er sie ermutigen. Brandi errötete vor Verlegenheit. Er konnte unmöglich wissen, was sie gedacht hatte! Sie schüttelte erneut den Kopf, was jedoch zur Folge hatte, dass sein Grinsen breiter wurde.

Grundgütiger, er war umwerfend! Und so groß und imposant und … Es durchströmte sie heiß. Sie versuchte zurückzuweichen, um die unsichtbare Verbindung zwischen ihnen zu unterbrechen, doch es gelang ihr nicht. Noch nie hatte sie auf diese Weise die Aufmerksamkeit eines Mannes erregt. Ihre Schwester, Shay, war so attraktiv und energiegeladen, dass Brandi neben ihr verblasste.

Doch jetzt hielt dieser unglaubliche Mann sie mit seinem Blick gefangen und ließ sie nicht mehr los. Brandi war gleichermaßen alarmiert und angenehm verwirrt. In diesem Moment trat Shay neben sie und hob fragend die schmalen Brauen. Der Mann sah automatisch zu Shay, die Brandi überragte.

Brandi empfand nicht direkt Eifersucht, denn sie und Shay standen sich sehr nahe. Es war eher Resignation. Zudem hatte sie kein Recht, einen Mann anzustarren und sein Interesse zu wecken, wenn sie es nicht erwidern wollte. Nicht erwidern konnte – noch nicht –, und schon gar nicht bei einem Mann wie ihm. Ihren Entschluss, diesen Geburtstag anders zu begehen, hatte sie noch nicht umgesetzt. Aber mit einem Mann wie diesem würde sie das auch nicht. Da er sie nicht mehr ansah, konnte auch Brandi sich mit einem bedauernden Seufzer abwenden.

Shay hörte es und lächelte. „Er ist sensationell, nicht wahr?“

Verwirrt sah Brandi zu ihrer Schwester auf. „Wer?“

„Der Kerl, den du anstarrst.“ Shay führte sie ein Stück von der Bühne weg. „Alle Frauen hier tun das Gleiche. Er ist auch nicht gerade der Typ, dem eine Frau keine Aufmerksamkeit schenken würde.“

„Es gefällt ihm da oben auf der Bühne nicht.“

Shay lachte. „Nein, vermutlich nicht. Aber hast du gesehen, wie die Frauen auf sein Desinteresse reagieren? Sie sind ganz verrückt nach ihm.“

„Dann wird er ja wohl viel Geld für deine Versteigerung zu wohltätigen Zwecken zusammenbringen“, entgegnete Brandi säuerlich.

„Darauf zähle ich fest.“ Shay warf Brandi einen Blick zu. „Ich könnte dir Geld leihen.“

Brandi schnappte nach Luft. „Du willst doch wohl nicht andeuten, ich …“

„Warum nicht?“

Eine solch lächerliche Frage verdiente nicht einmal eine Antwort. Andererseits ärgerte es Brandi, sodass sie trotzdem antwortete. „Du kennst den Grund. Hast du ihn dir mal angesehen? Er ist riesig und sieht finster aus, auch wenn er einen Anzug trägt. Außerdem hat er bisher nur ein einziges Mal gelächelt.“

„Ja, aber dieses Lächeln ist dir unter die Haut gegangen. Ich habe alles genau beobachtet. Gib es zu, Brandi, es gefällt dir, was du da siehst.“

Brandi nahm sich zusammen und erklärte: „Er macht mich nervös, und das ist kein gutes Zeichen.“

Shays Miene hellte sich auf. „Soll das ein Witz sein? Das ist doch ein fantastisches Zeichen!“

„Nein.“

„Aber …“

„Kein aber.“ Da sie wusste, dass ihre Schwester es nur gut mit ihr meinte, fuhr Brandi in sanfterem Ton fort: „Ich habe heute Morgen die Entscheidung getroffen, mein Leben in Ordnung zu bringen und wieder auszugehen.“

„Du meinst, du willst mit Männern ausgehen?“ Shay klang skeptisch und erfreut zugleich.

Brandi lächelte. „Ja. Wahrscheinlich mache ich mich selbst zum Narren. Ich werde mit jemandem beginnen, den ich gut kenne, dem ich vertraue und der nicht aufdringlich ist. Es wird höchste Zeit, dass ich wieder das Leben einer normalen Frau führe, auch wenn es mich große Überwindung kostet.“

Shay grinste. „Das halte ich für eine ausgezeichnete Idee. Und da dir der Mann auf der Bühne gefällt …“

Sie drehten sich beide um, da die Auktionatorin eine Salve von Geboten bestätigte. Jeden Moment würde der Mann versteigert sein. Brandi schüttelte traurig den Kopf. Shay verstand sie einfach nicht. Niemand in ihrer Familie tat das. Sie versuchte, sie nicht mit ihren Schwierigkeiten zu behelligen. Daher erwiderte sie nur knapp, es gehe ihr gut, wann immer danach gefragt wurde. Bis jetzt hatte diese Auskunft gereicht.

Brandi kehrte der Bühne den Rücken zu, um das Ende der Versteigerung nicht mitzubekommen. „Ich würde mir nie einen Mann kaufen. Das könnte ich nicht, das weißt du.“

Shay reckte sich zu ihrer vollen, beeindruckenden Größe. „Ich habe damit kein Problem.“ Und bevor Brandi aus ihrer plötzlich trockenen Kehle auch nur ein Wort herausbrachte, hob Shay den Arm und bot die höchste Summe des gesamten Abends.

Zunächst herrschte benommenes Schweigen, dann setzten laute Beschwerden und entnervtes Aufstöhnen über die astronomische Summe ein. Niemand konnte mehr bieten. Nach einigen Sekunden erteilte die Auktionatorin ihr sichtlich zufrieden den Zuschlag.

Die Launen des Schicksals waren manchmal schrecklich. Leise Verzweiflung beschlich Brandi.

„Na ja“, sagte Shay völlig ungerührt, „das war leicht, nicht wahr? Niemand hat es gewagt, höher zu gehen.“

Brandi sah sie an. „Hast du völlig den Verstand verloren? Du kannst jeden Mann bekommen, den du willst! Jedenfalls brauchst du nicht dafür zu bezahlen.“

„Aber ich wollte diesen Mann.“ Shay wedelte mit ihrer eleganten Hand. „Dies ist meine Veranstaltung, mein Projekt. Alle erwarteten, dass ich mitbiete. Ich könnte das Geld auch direkt spenden. Aber auf diese Weise bekommen die Männer Gelegenheit, ihre Unternehmen der anwesenden Presse vorzustellen und sich engagiert zu zeigen. Außerdem profitiert das Heim davon, da jedes Unternehmen kostenlose Arbeitsstunden versprochen hat. So haben wir Maler-, Maurer- und Gärtnerarbeiten für das neue Heim bekommen. Sie erhalten großartige Werbung, wir die kostenlose Arbeit, und jeder ist zufrieden.“

Ich nicht, dachte Brandi und fragte sich, was der Mann, den Shay ersteigert hatte, beisteuerte. Doch dann entschied sie, dass sie das gar nicht wissen wollte. Man konnte höchstens vermuten, womit ein gefährlich wirkender, großer Mann wie er seinen Lebensunterhalt verdiente.

„Es ist eine geschäftliche Veranstaltung“, fuhr Shay fort, „die jedem Vorteile bringt. Die Reiseagentur beispielsweise hat die Gatlinburg-Pauschalreisen gestiftet, weil es für sie eine hervorragende Werbung ist. Vor allem aber bekommen bedürftige Familien eine Unterkunft. Weißt du, wie viel Geld wir eingenommen haben?“

Brandi hatte Verständnis für Shays Begeisterung. Seit sie Witwe war, hatte sie sich unter die Elite der Gemeinde Jackson in Tennessee gemischt, um Spenden von den Reichen für die Armen zu sammeln. Das Geld ihres Ehemannes verschaffte ihr großen Einfluss, und sie hatte die Energie und das Geschick, es wirksam einzusetzen. Unglücklicherweise passte Shay mit ihrem attraktiven Äußeren und ihrer aufgeschlossenen Art ganz und gar nicht in das Bild einer matronenhaften Witwe. Viele Männer nahmen ihre Bemühungen nicht ernst, und viele Frauen sahen in ihr eine persönliche Bedrohung.

Brandi wusste, dass ihre Schwester unbedingt eine Aufgabe finden wollte, eine Möglichkeit, um das Vermögen ihres Mannes sinnvoll einzusetzen. Darin wollte Brandi, sie so gut es ging, unterstützen.

„Shay, du bist mir keine Erklärungen schuldig“, sagte sie, um die Freude ihrer Schwester nicht zu dämpfen. „Wenn du dir einen Mann kaufen willst … Nun, du kannst es dir leisten, und ich habe nicht das Recht, deine Entscheidung infrage zu stellen. Es tut mir leid.“ Es tat ihr leid, dass sie überhaupt hierhergekommen war. Jetzt wollte sie nur noch nach Hause, in Ruhe ihre Geburtstagstorte essen und vergessen, dass sie ihn jemals gesehen hatte.

Shay grinste. „Ich wollte nur, dass du meine Motive verstehst.“

Brandi nickte. Sie hatte Verständnis. Der Abend hatte viel Geld eingebracht, aber das hatte sie auch nie bezweifelt. Wenn ihre Schwester sich etwas vornahm, setzte sie es auch durch. In diesem Fall hatte sie sich einen sehr teuren Mann ersteigert.

„Aber warum ausgerechnet ihn?“, fragte Brandi. Shay hätte so viele Männer haben können, und jeder von ihnen wäre erfreut gewesen, von ihr erwählt zu werden. Wieso also hatte sie sich genau diesen ausgesucht, den zu ersteigern Brandi gern selbst den Mut gehabt hätte?

Nicht, dass es ihr etwas ausmachte. Brandi ging solchen Männern instinktiv aus dem Weg. Er war zu groß und imposant. Trotz seines Anzuges hatte sie deutlich seine Muskeln erkennen können. Was hätte sie schon mit ihm anfangen sollen? Erstaunlicherweise kamen ihr einige vage Ideen in den Sinn.

„Du hast selbst gesehen, wie unglaublich sexy er ist“, erwiderte Shay.

Sexy war noch untertrieben. Dabei hatte er sich nicht einmal in Pose geworfen oder gezwinkert wie die anderen Männer. Er hatte einfach nur dagestanden. Das genügte.

Shay nahm Brandis Hand und führte sie dorthin, wo die Männer den Frauen vorgestellt wurden, die sie ersteigert hatten. Brandi versuchte zurückzubleiben, doch das ließ Shay nicht zu. „Komm schon“, drängte sie, „unser Mann muss irgendwo am Ende der Reihe sein.“

Brandi blieb wie angewurzelt stehen. „Moment mal! Ich weiß ja nicht, was du vorhast, aber er ist nicht ‚unser‘ Mann!“

Shay zog sie einfach hinter sich her. „Das stimmt, denn er gehört dir.“

2. KAPITEL

„Vergiss es, Shay. Ich will damit nichts zu tun haben.“

„Brandi“, flüsterte ihre Schwester. „Die Presse ist überall, wie ich gehofft habe. Du willst meine Wohltätigkeitsveranstaltung doch nicht schlecht dastehen lassen, oder? Du weißt, wie schwer es schon ist, von diesen reichen alten Snobs akzeptiert zu werden und sie dazu zu bringen, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Hätte Phillip mich nicht als reiche Witwe zurückgelassen, würden sie nicht einmal mit mir reden. Und ohne etwas so Ausgefallenes wie die Versteigerung hätte niemand auch nur einen zusätzlichen Cent ausgegeben. Die Bedürftigen könnten ihnen nicht gleichgültiger sein, aber sie amüsieren sich eben gern. Also musste ich mir etwas einfallen lassen. Du weißt ja, wie überfüllt die Frauenhäuser in Jackson sind. Wir brauchten diese Versteigerung. Und wenn meine eigene Schwester sich jetzt sträubt, werde ich nie wieder dazu gewählt, eine solche Veranstaltung zu leiten.“

Brandi biss frustriert die Zähne zusammen, musste jedoch zugeben, dass Shay recht hatte. Es war wichtig, dass sie ihre Unterstützung zeigte. Deswegen war sie überhaupt gekommen. Seit Phillips Tod hatte Shay sich in Aktivitäten gestürzt, doch dieser Abend war der Höhepunkt, da so viele reiche, bekannte Leute gekommen waren. Die Versteigerung war unbestritten ein großer Erfolg und würde Shay neue Möglichkeiten als Organisatorin von Benefizveranstaltungen eröffnen. Brandi wollte und musste ihr helfen.

Wie Shay vorausgesagt hatte, war die Idee, dass Frauen Männer ersteigerten, ein Knüller. Deshalb waren auch sehr viele Reporter gekommen, gespannt und bereit, eine Story zu schreiben, die der Auktion die benötigte Publicity verschaffte.

Brandi hatte keine Ahnung, was Shay für Pläne mit ihrem Mann hatte, und sie war auch nicht sicher, ob sie das überhaupt wissen wollte. Aus irgendeinem Grund störte es sie, sich Shay und diesen Mann gemeinsam an einem ruhigen, romantischen Ort vorzustellen. So ungern sie es auch zugab, und so sehr sie ihre Schwester auch liebte – sie beneidete sie.

„Komm, Brandi, es wird dir Spaß machen.“

Sie reihten sich in die dicht gedrängte Gruppe der Frauen ein, die ihre „Einkäufe“ abholen wollten. Brandi beobachtete, wie Männer und Frauen sich paarweise zusammenstellten, während die Fotografen jede Bewegung festhielten. Die Frauen stellten sich in Pose, führten ihre eleganten Kleider und ihren Schmuck vor, und die Männer lächelten dazu, sahen sexy aus und waren stolz auf ihren Erfolg. Sie gaben sich alle so ungezwungen und waren ganz anders als Brandi. Alle schienen sich prächtig zu amüsieren.

Bis auf einen Mann.

Brandi erstarrte und war gebannt von diesem angespannten, ernsten Gesicht. Allein durch seine Größe hob er sich von den anderen Männern ab. Doch auch seine glatten schwarzen Haare und seine gebräunte Haut trugen dazu bei. Lediglich seine grünen Augen leuchteten – und fixierten Brandi.

Er hatte bereits seine Fliege gelockert und die obersten Knöpfe seines Smokinghemdes geöffnet. Dunkle Haare waren in der Hemdöffnung zu sehen. Brandi fragte sich, ob er überall so behaart war, und errötete sofort.

Er stand in lässiger Haltung da, die eine Schulter an die Wand gelehnt. Brandi vermutete jedoch, dass er nur lässig wirkte, in Wahrheit aber eher einem Raubtier auf dem Sprung glich. Brandi war fasziniert und erregt zugleich. Kurz hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln, ehe es wieder verschwand. Er musterte ihr Gesicht, dann ihren Körper. Brandi erinnerte sich an diesen Blick und wusste, was er zu bedeuten hatte, obwohl es Jahre her war, seit sie damit konfrontiert worden war. Jetzt hatte er zur Folge, dass sich ihr Magen zusammenzog. Sie überlegte, ob ihr schlichtes schwarzes Kleid ihn enttäuschte. Es reichte bis knapp über ihre Knie. Zu dem Kleid trug sie eine schwarze Strumpfhose und flache Pumps. Mit dem hohen Ausschnitt und den ellbogenlangen Ärmeln spiegelte es ihren zurückhaltenden, unkomplizierten und ruhigen Lebensstil wider.

Mehrere Frauen versuchten mit ihm zu sprechen, doch er ignorierte sie. Er stieß sich von der Wand ab und ging direkt auf Brandi zu. Sie überlegte, rasch zu verschwinden und Shay sich selbst zu überlassen. Die Aussicht, den beiden dabei zuzuschauen, wie sie sich miteinander bekannt machten, ließ sie keineswegs gleichgültig.

Doch plötzlich sah Shay in die gleiche Richtung wie Brandi und hielt sie auf, indem sie ihr eine Hand auf die Schulter legte. Mit dem freien Arm umarmte sie den Mann und küsste ihn mit vertrauter Zuneigung auf die Wange. Brandi konnte nur staunen.

„Sebastian, du warst fantastisch! Unsere größte Attraktion! Einen Moment lang habe ich befürchtet, mein Gebot würde einen Aufruhr verursachen. Einige der Ladys waren ziemlich enttäuscht, dass ich sie aus dem Rennen geworfen habe.“ Sie lachte und fügte hinzu: „Ich hatte recht, du bist ein Naturtalent.“

„Ich bin ein Idiot, dass ich mich von dir dazu habe überreden lassen“, erwiderte er. Er sah Brandi an, und seine Stimme bekam eine intimere Note. „Ich glaube nicht, dass ich dir für dein letztes Gebot dankbar sein werde.“

Brandi hob die Brauen. Wollte er damit andeuten, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn sie geboten hätte?

„Es wäre allerdings nett, wenn du mich vorstellen würdest“, sagte er. „Denn ihr beide scheint ja bereits gut miteinander bekannt zu sein.“

Shay grinste und machte keinen Hehl aus ihrer Zufriedenheit über sein Interesse. „Wir sind sogar verwandt. Sebastian, darf ich dir meine kleine Schwester vorstellen?“ Sie schubste Brandi leicht vorwärts.

„Deine Schwester?“, wiederholte er überrascht und es war offensichtlich, dass er die Ähnlichkeit zwischen ihnen vermisste.

„Sebastian ist ein guter Freund von mir“, erklärte Shay, die irgendetwas im Schilde führte, von dem Brandi nur wusste, dass es ihr sicher nicht gefallen würde. Begeistert verkündete Shay im gleichen Moment: „Herzlichen Glückwunsch, Brandi! Ich habe ihn für dich ersteigert!“

Sebastians erster Gedanke war, dass die Frau gleich ohnmächtig werden würde. Sie war leichenblass geworden, doch als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich sie zurück, und ihrer Miene war nicht mehr die kleinste Unsicherheit anzusehen. Ihr finsterer Blick machte ihm unmissverständlich klar, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte.

Zwar war er entrüstet, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Trotz ihrer offenkundigen Ablehnung konnte er sich von ihrem Gesicht einfach nicht losreißen. Aus der Nähe erkannte er, dass ihre großen Augen mit den langen, dichten Wimpern von einem sanften Blau waren. Ihre Nasenspitze wies leicht nach oben, und ihr schmales Kinn war ein klein wenig spitz. Ihre Wangen waren nach innen gewölbt, was ihr ein zartes Aussehen verlieh. Gleichzeitig drückte ihr Gesicht Entschlossenheit aus. Sie hatte außerdem einen sexy Mund, mit vollen, sinnlich geschwungenen Lippen, auch wenn sie nicht lächelte und, wie jetzt, eher entsetzt als erfreut wirkte. Ihre Haut war nicht so hell wie die von Shay, sondern wies eher einen zart pinkfarbenen Ton auf, und ihre kurz geschnittenen schwarzen Locken waren ungebändigt. Sebastian konnte sich gegen die plötzlich aufsteigende Sehnsucht nicht wehren. Doch diese Frau war noch immer über die Großzügigkeit ihrer Schwester bestürzt.

„Ich wäre nie darauf gekommen, dass ihr miteinander verwandt seid“, sagte Sebastian, um der Situation ihre Peinlichkeit zu nehmen. „Ihr seht euch überhaupt nicht ähnlich.“

Shay grinste. „Ich wurde adoptiert. Hast du das nicht gewusst? Wahrscheinlich habe ich es dir nie erzählt. Meine Stiefeltern dachten, sie könnten keine Kinder haben, daher adoptierten sie mich. Und sie behandelten mich immer wie ihr erstes Kind.“

„Du bist ihr erstes Kind“, meinte Brandi.

„Aber kurz nach meiner Adoption würde Mom schwanger. Brandi ist sozusagen ein Wunderkind.“

„Als Kind kann man sie kaum noch bezeichnen“, bemerkte Sebastian und stellte sich vor, sie auf ihren störrischen Mund zu küssen.

Brandi verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Zwar reichte sie ihm kaum bis zum Schlüsselbein, doch brachte sie es dennoch fertig, imposant zu wirken. „Sie müssen meiner Schwester schon verzeihen, Mr Sinclair. Gelegentlich übertreibt sie ihre Großzügigkeit. Aber ich will nicht … das heißt …“ Sie suchte nach den passenden Worten, was Shay die Möglichkeit gab, mehr Argumente vorzubringen.

„Ich kann ihn mir leisten, Brandi. Und er ist das perfekte Geschenk!“

Brandi starrte ihre Schwester an und schien noch entschlossener, Sebastian abzulehnen. Doch er kam ihr zuvor und wandte sich an Shay. „Es ist nicht untertrieben, wenn du von deiner ‚kleinen‘ Schwester sprichst.“

Shay war dankbar für den Themenwechsel. „Brandi sieht aus wie der Rest der Familie: klein und dunkelhaarig. Ich dagegen falle mit meiner schlaksigen Größe und den blonden Haaren aus dem Rahmen.“

„Ha!“ Brandi stemmte die Hände in die schmalen Hüften. „Du bist die Schöne, das weißt du ganz genau.“ Zu Sebastian gewandt sagte sie: „Shay spielt gern den Boss in der Familie und kommandiert uns alle herum. Wir lassen sie, weil es ihr so viel Spaß macht. Aber diesmal …“

Er streckte ihr die Hand hin. „Ich bin also ein Geburtstagsgeschenk? Ich muss zugeben, dass ich durch meine Arbeit schon in schlimmere Rollen geschlüpft bin.“

Sie schüttelte sie zweimal kurz und fest. „Nett, Sie kennenzulernen“, erwiderte sie und fügte im nächsten Atemzug misstrauisch hinzu: „Was haben Sie denn für eine Arbeit?“

Shay stieß Brandi in die Rippen und erklärte: „Sebastian besitzt eine Agentur für privaten Personenschutz. Daher auch die vielen Muskeln, die du bemerkt hast.“ Brandi errötete und funkelte ihre Schwester zornig an, doch Shay ignorierte es einfach. „Sebastian muss immer in Topform sein, da sein Job manchmal harten körperlichen Einsatz erfordert. Er ist aus dem Holz geschnitzt, aus dem die Helden sind. Nur weiß er es nicht.“

„Ich mache meinen Job wie jeder andere auch. Es ist nichts dabei.“

„Verstehst du, was ich meine?“, wandte Shay sich an Brandi und fügte halblaut hinzu: „Er wäre wirklich der perfekte Mann, wenn er nicht so ein Chauvi wäre. Sebastian hält nämlich alle Frauen für zart und zerbrechlich, und er will sie alle retten.“

Er kniff die Augen zusammen. „Oh, das weiß ich nicht. Dich zerbrechlich zu nennen, wäre wohl falsch.“

Shay boxte ihn scherzhaft und lachte. Brandi dagegen musterte ihn noch immer misstrauisch. Dann wandte sie sich an ihre Schwester, und obwohl sie die Stimme senkte, konnte Sebastian jedes Wort verstehen. „Ich weiß ja nicht, was du vorhast, aber vergiss es. Du hast ihn gekauft, also behalte ihn auch.“

„Aber ich will ihn nicht!“, entgegnete Shay. „Er ist ein großartiger Kerl. Leider sind wir uns viel zu ähnlich. Wir würden uns innerhalb kürzester Zeit erbittert streiten. So etwas habe ich schon hinter mir und will es nicht noch einmal.“

Autor

Lori Foster
Bisher hat die US-amerikanische Bestseller-Autorin Lori Foster über siebzig Liebesromane geschrieben. Unter dem Namen L.L.Foster schreibt sie Fantasy-Romane. Mit dem Schreiben begann Lori Foster erst im Alter von 30 Jahren, vorher dachte sie nie daran, eine Geschichte zu schreiben. Als sie mit einer Lungenentzündung das Bett hüten musste, brachte ihre...
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