Unerwartetes Glück - stehst du zu mir?

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WENN ALLE ANDEREN SCHLAFEN ...
Was für eine Nacht: Erst lernt Sophie auf einer Party einen umwerfend attraktiven Mann kennen und triumphiert damit über ihre zickige Rivalin Penny. Dann trägt dieser Verführer à la James Bond sie auf Händen aus dem Saal - direkt in sein Bett, wo sie fantastischen Sex haben! Zwar ist am nächsten Morgen alles vorbei. Aber nicht nur die Erinnerung an Coopers blaue Augen, die sich beim Lieben vor Verlangen verdunkeln, bleibt. Denn Sophie erfährt, dass sie schwanger ist. Sie und Cooper: Wirklich nur für diese eine süße Nacht füreinander gemacht - oder für immer?

EINE FRAU FÜR GEWISSE STUNDEN
Hals über Kopf verliebt Freya sich in den charismatischen Multimillionär Zacharie Deverell. Er zeigt ihr das Leben der Reichen und Schönen - und entführt sie in seinem Luxuspenthouse in Monaco in eine faszinierende Welt der Leidenschaft. Bis Freya überraschend schwanger wird, und Zacharie die sinnliche Affäre mit einem Schlag beendet … Zwei Jahre später bringt das Schicksal sie erneut zusammen. Gegen ihren Willen verspürt Freya sofort wieder Zacharies einzigartige Anziehungskraft. Wie kann sie ihm nur widerstehen? Nicht noch einmal will sie nur eine Frau für gewisse Stunden sein …

EINMAL IST NICHT GENUG!
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LASS DICH LIEBEN - LUCY!
Der Moment ist gekommen: Die hübsche Lucy sieht ein, dass sie mit ihrem Lebensmotto "immer vernünftig sein" nicht weiterkommt! Jedenfalls nicht, wenn sie es schaffen will, ihren Boss James Hancock auf sich aufmerksam zu machen. Mit ihrem konservativen Kostüm und ihrer strengen Frisur sieht er in ihr nur seine vernünftige Sekretärin - und damit ist jetzt Schluss! Und wirklich geht ihr neuer Anblick - offenes Haar, sexy Kleid - James so unter die Haut, das er sie auf der Stelle verführt Willig gibt Lucy sich ihm hin - denn hat sie nicht genau davon geträumt? James kann nicht genug von ihr bekommen und es vergeht keine Nacht, in der er ihr das nicht zeigt. Nicht ohne Folgen - Lucy wird schwanger. Was soll sie nur tun? Denn trotz der zauberhaften Stunden hat James nicht von Liebe gesprochen...

SCHENK MIR DEIN HERZ, KEINE DIAMANTEN
Wenn der griechische Multimillionär Jed Sabbides sie in London besucht, schwebt die junge Phoebe im siebten Himmel. Noch nie war sie so glücklich wie mit diesem Mann! "Ich liebe dich", haucht sie, als er sie nach ihrem berauschenden Liebesspiel mit einem kostbaren Diamantcollier überrascht. Doch kaum gesteht sie, dass sie schwanger von ihm ist, wird Jed plötzlich vom heißen Liebhaber zum kalten Fremden. Phoebe ist zutiefst verletzt. War sie zu naiv und hat von einer gemeinsamen Zukunft geträumt, während sie für ihren Traummann nur eine vorübergehende Gespielin war?

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Alles fing so harmlos an: Seit Mariah und Rhys beide in dem hübschen Haus in New York wohnen, sind sie gute Freunde geworden. Dann, eines Abends, lieben sie sich. Und dadurch ändert sich alles. Denn bald weiß Mariah, dass sie schwanger ist, und Rhys gibt ihr deutlich zu verstehen, dass er mit einer Familie, mit Heirat überhaupt nichts im Sinn hat. Doch dann hat ihre Schwester einen Plan: Vielleicht bekennt Rhys sich zu seinen Gefühlen, wenn seine Eifersucht geweckt wird? Und wirklich sieht er es gar nicht gern, wenn Mariah sich mit anderen Männern trifft. Ein erstes kleines Geschenk - ein süßer kuscheliger Teddybär - soll ihr sagen, was er für sie empfindet...


  • Erscheinungstag 14.04.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733773908
  • Seitenanzahl 896
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Robyn Grady, Chantelle Shaw, Heidi Rice, Emma Darcy, Jacqueline Baird, Anne Mcallister

Unerwartetes Glück - stehst du zu mir?

Robyn Grady

Wenn alle anderen schlafen …

IMPRESSUM

JULIA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Brieffach 8500, 20350 Hamburg
Telefon: 040/347-25852
Fax: 040/347-25991

© 2008 by Robyn Grady
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 122009 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Alexa Christ

Fotos: gettyimages

Veröffentlicht im ePub Format im 12/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-518-3

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

1. KAPITEL

„Würden sich bitte alle unverheirateten Damen in der Mitte des Raums versammeln? Die Braut wird jetzt den Strauß werfen!“

Sophie Gruebellas Blick wanderte vom Rand ihres Weinglases zu dem DJ mittleren Alters hinüber, dann zu den aufgeregten Frauen, die sich auf der Tanzfläche in Position brachten. Als sie sich ein wenig aufrechter hinsetzte, raschelte ihr smaragdgrünes Abendkleid. Die Hände legte sie rasch in den Schoß.

Oh, nein. Auf keinen Fall. Sie freute sich ja sehr, dass ihre Freundin endlich ihren Traummann gefunden hatte. Wendy und Noah schienen absolut perfekt zueinander zu passen – ganz besonders in diesem Moment. Noah hauchte gerade seiner frisch angetrauten Ehefrau einen Kuss auf die Lippen, während Wendy ihre lange Schleppe aus dem Weg zog, um den Brautstrauß in die jubelnde Menge zu werfen. Doch was Sophie anbelangte, so hatte es sie schon mehr als genug Überwindung gekostet, überhaupt zu der Hochzeit zu kommen.

Praktisch jeder Anwesende hier wusste, dass sie vor drei Monaten schnöde verlassen worden war. Seitdem hatte sie sich fast jeden Abend mit einer Überdosis Schokolade und etlichen Liebesfilmen getröstet. Dabei machte sie das Happy End dieser Filme nur noch griesgrämiger, und sie hatte zehn Pfund zugenommen.

Die Demütigung, für eine jüngere, dünnere, attraktivere Frau verlassen worden zu sein, verlor allmählich an Gewicht. Gott sei Dank, glaubte sie nicht mehr, in Ted verliebt zu sein. Dennoch war der Schlag, der ihrer Selbstachtung versetzt worden war, beachtlich. Allein der Gedanke, sich jemals wieder zu verlieben – oder gar einem Brautstrauß hinterherzujagen –, bereitete ihr Übelkeit.

Die süßlichen Worte des DJs hallten erneut durch den Ballsaal, der überaus elegant geschmückt war. „Letzte Chance, meine Damen. Wer wird den Strauß fangen? Wer ist die Nächste, die heiratet?“

Sophie seufzte. Würde sie jemals ein ähnliches Glück erfahren wie das von Wendy und Noah? Würde sie es noch einmal wagen, sich zu öffnen und ihr Herz zu riskieren? Auch wenn sie es nicht gerne zugab – je mehr Zeit verging, desto unwahrscheinlicher kam es ihr vor.

Während Sophie noch ihren düsteren Gedanken nachhing, fiel ihr plötzlich ein Mann auf, bei dessen Anblick ihr Herz schneller schlug. Er war geradezu gefährlich attraktiv – ähnlich wie James Bond. Leicht rechts von ihr blieb er stehen. Die Smokingjacke, aus deren Innentasche er gerade ein Handy holte, betonte seine breiten Schultern. Sein Profil wirkte äußerst maskulin. Ungeduldig blickte er auf seine Armbanduhr, schüttelte den Kopf, sprach ein paar unverständliche Worte in sein Handy und beendete dann das Gespräch.

Ein geschäftlicher Anruf? Merkwürdig für einen Samstagabend. Sophies Blick durchflog den Saal. Seine Freundin musste irgendwo unter den aufgeregten Frauen sein, die auf den Brautstrauß warteten. Denn selbstbewusste, gutaussehende Typen, die noch dazu so sexy waren wie dieser dort, hatten immer eine Freundin – und zwar keine vom Typ Sophie Gruebella.

Rasch schob sie ihr Glas zur Seite.

Es war an der Zeit, dass sie ging.

Als sie gerade das letzte Stück Schokolade in ihre Handtasche steckte, das auf dem Tisch lag, ging ein kollektives Raunen durch die Menge. Und dann landete irgendetwas Buntes, Duftendes mitten auf ihrem Schoß. Sophie blickte nach unten und keuchte erschrocken auf.

Wie in aller Welt hatte Wendys Strauß bis zu ihr fliegen können? Und noch wichtiger – oh, Gott –, wo konnte sie sich verstecken?

Natürlich waren in diesem Moment alle Augen auf sie gerichtet, und der DJ trompetete: „Großartiger Wurf, Wendy! Lasst uns der kleinen, schüchternen Lady dort hinten am Tisch applaudieren.“

Nur mit Mühe ertrug Sophie den aufbrandenden Beifall und zwang sich zu einem schwachen Lächeln. Sie winkte sogar leicht. Als die Aufmerksamkeit endlich abebbte und sich die Paare wieder zueinander gesellten, eilten ihre Freundinnen Penny Newly und Kate Tigress zu ihr herüber.

Penny trug ein tief ausgeschnittenes silberfarbenes Kleid. Sie zog einen Schmollmund. „Ich fasse es nicht. Warum hast ausgerechnet du den Strauß gefangen?“

Kate schlug Penny leicht auf den Arm. „Sei nicht fies.“

Penny zuckte zusammen und rieb sich über den Arm. „Ich meinte ja nur, dass sie im Moment überzeugter Single ist. Irgendwie ist es eine Verschwendung.“

Schon zu Highschool-Zeiten war Penny für ihre blonde Mähne, ihren üppigen Busen und ihr mangelndes Taktgefühl bekannt gewesen. Dennoch …

Sophie atmete tief aus. „Du hast ja recht. Bei mir ist es wirklich am unwahrscheinlichsten, dass ich als Nächste heirate.“

Kate setzte sich und drückte Sophies Hand. „Du wirst auch wieder jemanden finden, Soph. Deinen Seelenverwandten. Einen Mann, der so gut zu dir passt, dass er praktisch dein Zwilling sein könnte.“

Sophie konnte sich ein ironisches Lächeln nicht verkneifen. „Können wir einen Zwilling finden, der weder über meine Figur noch über mein furchtbares Haar verfügt?“

Vorzugsweise jemanden, der gut gebaut und attraktiv war. Über Kates Schulter hinweg sah Sophie, wie James Bond mit einem Stirnrunzeln in die Menge blickte und seine Arme vor der Brust verschränkte. Sophie runzelte auch die Stirn. Wo war seine Freundin?

Kate, eine überaus begabte Friseurin, strich eine von Sophies Korkenzieherlocken zurück, die sich aus der Hochsteckfrisur gelöst hatte. „Nur zu deiner Information: Deine Locken sind ein Traum, und wenn du auch nur einen Zentimeter abschneidest, bekommst du es mit mir zu tun.“ Ihre aufgesetzte strenge Miene wurde weicher. „Du solltest zeigen, was du hast, und es nicht immer verstecken.“

Penny nickte dazu. „Und sobald dir deine Kleider wieder passen …“ Sie setzte eine beinahe mitfühlende Miene auf. „Nun, da warst immer schon recht hübsch. Wirklich.“

Kate warf Penny einen vorwurfsvollen Blick zu. Doch in diesem Moment setzte die Musik wieder ein, und ihre jeweiligen Freunde – Brüder, die sie vor einem Monat kennengelernt hatten – entführten Kate und Penny auf die Tanzfläche.

Sophie biss sich auf die Unterlippe und kämpfte gegen die Tränen an, die in ihren Augen brannten. Kate meinte es nur gut, aber sie wollte ihr Mitgefühl nicht. Wenn sie ganz ehrlich war, dann hatte sie es satt, im Selbstmitleid zu ertrinken.

Ja, in den vergangenen Wochen hatte sie ihrer einzigen längeren Beziehung hinterhergetrauert. Und nein, sie war kein Supermodel. Vielleicht würde sie nie die wahre Liebe finden. Vielen Menschen war dieses Glück nicht vergönnt. Womöglich sollte sie nicht länger darauf hoffen, Hochzeitsglocken läuten zu hören und sich stattdessen auf sich selbst besinnen.

Mein Gott, gar keine schlechte Idee! Wenn sie jetzt zurückblickte, erkannte sie, dass sie an Teds Seite eigentlich immer nur ein blasser Schatten ihrer Selbst gewesen war. Ein Anhängsel, das immer nickte und nie aufbegehrte. Eigentlich war es die immer wiederkehrende Geschichte ihres Lebens.

Doch damit war jetzt Schluss. Sofort. Nie wieder würde sie ihre Meinung zurückhalten. Und ganz bestimmt brauchte sie keinen Ehemann, der ihr Grenzen setzte und Regeln aufzwang.

Plötzlich fühlte Sophie einen wahren Adrenalinrausch über sich kommen. Nein, sie würde sich nicht länger darum kümmern, was andere Leute von ihr dachten – und Penny Newly schon mal gar nicht. Entschlossen stand sie auf.

Doch sie hatte kaum zwei Schritte auf den Ausgang zugemacht, als sich eine Hand um ihren Ellbogen legte und sie aufhielt. Verwirrt wirbelte sie herum und legte den Kopf in den Nacken. Ihr stockte der Atem, als sie in ein Paar blauer Augen blickte, die sie anlächelten.

James Bond drückte ihr den Blumenstrauß in die Hand. „Das haben Sie fallen gelassen.“

Als seine Finger die ihren streiften, spürte sie glühende Hitze. Seine Stimme klang tief und leicht rau. Langsam glitt sein Blick zu ihrem Mund hinunter, und in diesem Moment hatte Sophie das Gefühl, der Boden unter ihren Füßen beginne zu beben.

Gott sei Dank schaltete sich ihr Gehirn wieder ein, ehe sie sich vollends zur Närrin machte.

Offensichtlich hatte er bemerkt, wie ihr beim Aufstehen der Strauß vom Schoß gefallen war. Er verhielt sich nur wie ein Gentleman.

Sophie bemühte sich um ein zwangloses Lächeln und drückte ihm die Blumen wieder in die Hand. „Behalten Sie sie. Für Ihre Freundin.“ Oder deine Frau.

„Ich bin Single.“ Er legte den Strauß auf dem Tisch ab. „Eigentlich habe ich mich gefragt, ob Sie mit mir tanzen würden?“

Sophie blinzelte, dann warf sie einen verstohlenen Blick durch den Saal. Dieser Mann spielte in einer ganz anderen Liga. War das eine Art Scherz? Doch als sie wieder seinem Blick begegnete, strömte die sexuelle Anziehung, die mit einer flüchtigen Berührung begonnen hatte, wie flüssige Lava durch ihr Blut.

Betont lässig zuckte sie die Achseln. „Ich wollte gerade gehen.“

Daraufhin griff er nach ihrer Hand und führte sie einfach auf die Tanzfläche. „Dann habe ich ja Glück, dass ich Sie gerade noch rechtzeitig erwischt habe.“

Mitten auf der Tanzfläche angelangt, zog er sie in seine Arme und begann ohne ein weiteres Wort zu tanzen.

Sophie schloss automatisch die Augen.

Bleib jetzt bloß auf dem Teppich. Es ist nur ein Tanz.

Seine tiefe Stimme drang an ihr Ohr. „Ihr Kleid ist wunderschön.“

Sie hatte die Wange an seine Schulter gelegt. Innerlich schmolz sie dahin. „Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich es das letzte Mal getragen habe.“

„Die meisten Menschen tragen ja auch nicht täglich Abendgarderobe.“

Vielleicht nicht. Dennoch … „Sie sehen aber nicht so aus, als würden Sie diesen Smoking zum ersten Mal tragen.“

„Ja, er ist recht häufig im Einsatz. Allerdings hat er schon lange keine Hochzeit mehr gesehen. Es war ein sehr schöner Tag mit der kirchlichen Trauung, den Reden …“, er wirbelte sie mühelos herum, „… und dem Hochzeitswalzer.“

Ja – alles absolut perfekt. Bis hin zum gemieteten Rolls-Royce. Sophie ließ ihren Blick rasch durch den festlich geschmückten Saal mit seinen funkelnden Kristallleuchtern wandern. „Das alles muss ein Vermögen gekostet haben.“

„Ich bin sicher, dass es Noah jeden Penny wert ist.“

„Wendy auch.“ Da beide Brautleute keine Eltern mehr hatten, mussten sie die Kosten ganz allein tragen. Schon Wendys Designerkleid musste mehrere Tausende gekostet haben.

Ihr Tanzpartner senkte die Stimme. „Sie klingen nicht wirklich überzeugt. Finden Sie nicht, dass eine traditionelle Hochzeit mit allem Drum und Dran das Geld wert ist?“

Sophie presste die Lippen zusammen. „Es steht mir nicht zu, darüber ein Urteil zu fällen. Es ist nicht mein großer Tag.“

„Und wenn es Ihr großer Tag wäre?“

Mit Mühe unterdrückte sie ein Seufzen und wünschte, sie könnte sich wirklich aus vollem Herzen mit dem Brautpaar freuen. Aber die Geschichte mit Ted wirkte eben doch noch nach. „Ich bin im Moment nicht die richtige Person für eine solche Frage.“

„Wegen dieser Bemerkung, die Ihre gedankenlose Freundin vor ein paar Minuten gemacht hat?“

Als ihr die Bedeutung seiner Worte allmählich klar wurde, drehte sich Sophie der Magen um. Forschend blickte sie in seine blauen Augen. Hatte sie richtig verstanden? Allein es auszusprechen, tat schon weh. „Sie haben unser Gespräch mit angehört?“

Er hob eine Augenbraue. „Ich habe genug gehört.“

Sobald dir deine Kleider wieder passen … Recht hübsch. Wirklich. Irgendwie eine Verschwendung …

Das Gefühl der Demütigung war so groß, dass sich ihr die Kehle zuschnürte und ihre Wangen flammend rot wurden. „Haben Sie mich deshalb zum Tanzen aufgefordert? Aus Mitleid?“

Seine Unterlippe zuckte leicht. „Zuerst. Bis ich genauer hingesehen habe.“

Sophie blinzelte. Sollte das ein Kompliment sein? Oder bildete sie sich die Hitze zwischen ihnen nur ein?

„Und jetzt?“, wollte sie wissen.

Er zog sie ein wenig dichter an sich heran. „Ich habe Ihre Frage beantwortet. Jetzt sind Sie an der Reihe. Wie stellen Sie sich Ihre perfekte Hochzeit vor?“

Unverwandt schaute er ihr in die Augen und forderte sie zu einer Antwort heraus. Es mochte ja sein, dass sie sich in seinen Armen einfach himmlisch fühlte. Aber sie durfte keinesfalls vergessen, dass er nur Mitleid mit ihr hatte. Sophie, das altbackene Mauerblümchen. Sie war es derart leid, sich so zu betrachten! Und noch mehr hatte sie es satt, sich ständig Sorgen darum zu machen, wie sie aussah oder was andere Leute dachten – wohlmeinende Traumtypen wie er eingeschlossen.

Ob sie eine traditionelle Hochzeit wollte?

Trotzig hob sie das Kinn und äußerte ihre Meinung. „Bis zum heutigen Tag hätte ich gesagt, dass ich eine große Hochzeit mit großer Torte und großer Rechnung will.“

Seine Augen leuchteten auf. „Und das hat sich geändert?“

Sophie lächelte leicht. „Naja. Ganz tief im Inneren habe ich mir wohl schon immer eine Hochzeit am Strand gewünscht. Eine Party mit Fingerfood und nackten Füßen im Sand. Falls ich jemals heirate“, fügte sie rasch hinzu.

„Ganz sicher wollen Sie doch einen Ehemann? Eine Familie?“

Sie spürte ganz deutlich seinen muskulösen Körper, der sich sanft im selben Rhythmus mit ihrem bewegte. Die neue Sophie nahm die Herausforderung an und konterte mit einer Gegenfrage. „Ist es so ungewöhnlich für eine Frau, sich nicht binden zu wollen?“

Erneut drehte er sie elegant im Kreis. „Ganz offen gestanden, ja. Es sind die Männer, die normalerweise vor dem Altar zurückschrecken, nicht die Frauen.“

„Sprechen Sie da aus eigener Erfahrung?“

Ob er ein Playboy war? Zumindest verfügte er über alle notwendigen Attribute.

Er hob ein wenig das Kinn. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich vor, bald zu heiraten – mit großer Torte und großer Rechnung.“

Also gut, jetzt war sie verwirrt. „Sie sind Single, werden aber bald heiraten?“

„Ich habe eine Liste mit Anforderungen. Jetzt muss ich nur noch die Frau finden, die sie erfüllt.“

Sophie verschluckte sich fast. „Eine Liste? Überprüfen Sie sie doppelt und dreifach? Ich meine, das ist ein Scherz, oder?“

Sein ernster Blick war eigentlich schon Antwort genug. „Jeden Tag habe ich mit unglücklichen Paaren zu tun, die sich nicht genug Gedanken darum gemacht haben, ob sie auf lange Sicht zusammenpassen. Vor ein paar Jahren habe ich die Liste für einen völlig ratlosen Klienten zusammengestellt, um ihn gegen zukünftige Fehler zu schützen.“

So viel zum Thema Grenzen! Mein Gott, beinahe bedauerte sie seine zukünftige Braut. Welche Art Mensch ging derart leidenschaftslos und nüchtern an das Thema Liebe heran? „Was sind Sie? Ein Therapeut?“

„Scheidungsanwalt.“

„Ein Scheidungsanwalt mit einer Liste?“ Sein Gesichtsausdruck hätte herablassend gewirkt, wenn er nicht gleichzeitig so charmant gewesen wäre. Sophie entschloss sich zu völliger Unverblümtheit. „Ich habe noch nie etwas gehört, was weniger romantisch geklungen hätte.“

„Dann setzen Sie sich mal jeden Tag mit Leuten auseinander, die um jeden einzelnen Penny streiten und die Kinder als Unterpfand benutzen. Impulsive Liebe, überstürzte Ehen – viel zu häufig enden sie in Frustration, Reue und manchmal sogar Hass.“

Sophie überdachte seinen Einwand und fällte dann ihre Entscheidung. Nach der Sache mit Ted war sie zugegebenermaßen ganz schön abgestumpft und hatte einiges an Illusionen verloren. Dennoch … „Tut mir leid, aber wenn ich wählen müsste, dann würde ich mich lieber Hals über Kopf verlieben als eine Checkliste auszufüllen.“

Ein Schatten glitt über sein Gesicht, ganz kurz schaute er von ihr weg, um seinen Blick durch den Saal gleiten zu lassen. „Dann haben Sie recht. Sie sollten sich nicht binden.“

Sophie versteifte sich. An dich sowieso nicht.

Innerlich stählte sie sich gegen seine Anziehungskraft. „Nehmen wir mal an, Sie würden sich hoffnungslos verlieben, aber die Frau würde drei Punkte auf Ihrer Liste nicht erfüllen. Wäre sie dann aus dem Rennen?“, fragte sie interessiert.

„Sich zu trennen, wäre das Beste. Die Beziehung hätte auf die Dauer einfach keine Zukunft.“

Sie und Ted hatten viele gemeinsame Interessen gehabt, genauso wie ihre Eltern. Heute jedoch sprachen ihre Eltern nur noch das Nötigste miteinander. Andererseits hatten ihre Großeltern kaum Gemeinsamkeiten, und dennoch schauten sie sich auch nach jahrzehntelanger Ehe noch total verliebt an und gingen Händchen haltend über die Straße. Die Logik dieses Mannes war nicht unfehlbar, und das würde sie ihm auch sagen.

„Den Richtigen zu finden hat meiner Ansicht nach sehr viel mit Glück zu tun“, entgegnete sie.

Er hob eine Augenbraue. „Das ist Ihr gutes Recht, es so zu sehen.“

Rasch presste sie die Lippen zusammen. Nein, sie würde nicht fragen. Eher würde sie sich die Zunge abbeißen, als ihm diese Genugtuung zu verschaffen.

Obwohl sie sich nach Kräften bemühte, entschlüpfte ihr die Frage dennoch. „Was steht ganz oben auf Ihrer Liste?“

Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Eine Frau, die nicht streitsüchtig ist.“

Das genügte. Ob er nun das Zeug zum Traumtypen hatte oder nicht, ständig waren sie kurz davor, sich zu streiten. Warum sollte sie diese Tortur auch noch verlängern? Sie würde es ihnen beiden leicht machen.

Nachdem sie sich aus seinen Armen gelöst hatte, trat sie einen Schritt zurück und bemühte sich um einen sachlichen Ton. „Ich schätze, Sie haben die falsche Frau zum Tanzen aufgefordert.“

Er legte den Kopf leicht schief. „Warum? Weil wir unterschiedliche Ansichten darüber haben, wie sich ein Paar kennenlernen, wie sie umeinander werben und welche Art von Beziehung sie eingehen sollten?“

Lächerlich. Sie kannte ihn kaum zehn Minuten, dennoch zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen, als sie nickte.

Ein Lächeln spielte um seinen Mund, während er sich mit einem Finger über die Schläfe strich. „Das Problem ist nur, dass ich den Tanz genossen habe.“ Als er wieder einen Schritt auf sie zumachte, begannen ihre Knie zu zittern. Er streckte die Hand aus, und sein Gesichtsausdruck wurde weicher. „Waffenstillstand?“

Sie konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Sicher. Warum nicht?“

Vielleicht bildete sie es sich bloß ein, aber er schien ihre Hand einen Moment länger zu halten, als nötig gewesen wäre, ehe er mit dem Kopf in Richtung Tür wies.

„Ich brauche ein bisschen frische Luft. Begleiten Sie mich auf den Balkon?“ Um seine Mundwinkel zuckte es. „Natürlich auf rein freundschaftlicher Basis.“

Sophie zögerte. Sie sah das verschmitzte Lächeln in seinen Augen. Sollte sie mit ihm auf den Balkon gehen? Eigentlich stellte er für sie ja keine Gefahr dar, denn sie entsprach nicht seiner Liste. Dennoch empfand sie seine Gesellschaft als äußerst anregend. Wenn er nichts Besseres zu tun hatte, dann würde sie bestimmt nicht nach einem Grund suchen, um ihm einen Korb zu geben.

Sie erklommen drei Stufen und gingen durch eine große Flügeltür. Der Partylärm verschwand mit einem Mal. Gemeinsam überquerten sie die Veranda, die mit blühenden Zitronenbäumen und Hibiskuspflanzen geschmückt war, und traten ans Geländer, um den Blick auf Sydneys berühmten Hafen zu genießen. Nach ein paar Minuten lehnte er sich mit dem Rücken ans Geländer, verschränkte die Arme über der Brust und begegnete ihrem forschenden Blick.

„Wann haben Sie beschlossen, dass Sie heiraten wollen?“, fragte sie neugierig.

„Heute Abend.“

Sie hob eine Augenbraue. „Und das von einem Mann, der nicht impulsiv handelt?“

Sein hinreißendes Grinsen sagte, dass dieser Punkt an sie ging. „Ich kenne Noah seit der Schule. Bis vor kurzem hatten wir allerdings den Kontakt zueinander verloren. Ihn jetzt bei seiner Hochzeit wiederzusehen, hat mir deutlich gemacht, dass ich nicht jünger werde. Ich will eine Ehefrau. Kinder. Es ist an der Zeit.“ Er drehte sich wieder um und stützte die Ellbogen auf dem Geländer ab. „Und Sie? Ich bin sicher, dass Sie irgendwann Kinder haben wollen.“

Sophie verschränkte die Arme und lehnte sich neben ihm ans Geländer. „Ich liebe Kinder.“ Es war einer der Hauptgründe, weshalb sie Lehrerin geworden war. „Ich dachte immer, wenn die Zeit reif wäre, wenn ich den Richtigen gefunden hätte …“ Ihre Worte verebbten.

Wenn? Oder meinte sie falls?

Eines wusste sie immerhin mit Sicherheit: Sie würde niemals ja, ich will sagen, solange sie nicht hundertprozentig sicher war, eine unverbrüchliche Liebe gefunden zu haben – kein Kompromiss. Dummerweise kam es ihr in diesem Moment mehr als unwahrscheinlich vor, dass ihr das in nächster Zukunft gelingen sollte.

Sie trat von einem Fuß auf den anderen, weil es allmählich etwas frisch wurde. Rasch bemühte sie sich um Lockerheit. „Ich schätze, ich lege alle Pläne bezüglich einer Familie erst mal auf Eis.“

„Während ich sie vorantreibe.“ Seine Stimme senkte sich. „Es scheint, als kämen wir wieder auf keinen gemeinsamen Nenner.“

Schnell stieß sie sich vom Geländer ab. Sie hatte genug frische Luft geschnappt. „Wenn mir eine Frau einfällt, die Ihrer Liste entsprechen könnte, schicke ich sie vorbei. Vielen Dank für den Tanz.“

Er drehte sich um. „Wohin gehen Sie?“

„Es ist Zeit, nach Hause zu fahren.“ Das letzte Stück Schokolade in ihrem Kühlschrank rief nach ihr. Am Montag würde sie sich dann im Fitnessstudio anmelden. Vielleicht half ein neuer Körper dabei, ihre neue Einstellung zu festigen.

Sie war bereits zwei Schritte gegangen, als seine vorwurfsvolle Stimme sie innehalten ließ. „Sie lassen zu, dass die anderen sehen, wie Sie allein von hier weggehen?“

Verwirrt zuckte sie die Achseln. „Das war doch von Anfang an klar, dass das passieren würde.“

„Es gibt eine Alternative.“

Sofort erkannte sie die Bedeutung seiner Worte und erschauerte. Kein weiteres Mitleid, bitte. „Sie müssen mich nicht nach draußen begleiten.“

„Ich hatte etwas Spektakuläreres im Sinn“, versetzte er und stieß sich vom Geländer ab.

Rasch winkte sie ab. „Was auch immer es ist, für meinen Geschmack wurde mir an diesem Abend bereits genug Aufmerksamkeit zuteil.“

Er schien ihre Worte jedoch gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern drängte sie unaufhörlich in Richtung Tür. Sein Lächeln konnte man als geradezu teuflisch bezeichnen. Sophie musste schlucken. „Was haben Sie vor?“

Er grinste. „Süße Rache.“

In dem Moment, als sie wieder den Ballsaal betraten, hob er sie kurzerhand auf die Arme. Ihr entfuhr ein entsetzter Schrei. „Was machen Sie da?“

„Ich liefere Ihrer Freundin einen Abgang, den sie so schnell nicht vergessen wird.“

Plötzlich machte es klick. „Sie wollen mich vor allen Leuten aus dem Saal tragen?“

Er lächelte spöttisch. „Das ist nur die Hälfte des Ganzen.“

Sobald er sich in Bewegung setzte, wurde ihnen die uneingeschränkte Aufmerksamkeit aller Hochzeitsgäste zuteil. Sämtliche Gespräche verstummten, und alle Anwesenden starrten verblüfft auf das merkwürdige Bild, das sich Ihnen bot – die gerettete Jungfrau in den Armen ihres Ritters. Penny und Kate, die mit ihren Partnern zusammenstanden, staunten mit offenen Mündern. Nach ein paar Sekunden begann Kate zu lächeln.

Als sogar die Musik erstarb, ging ihr persönlicher Held unbeirrt weiter. Nicht ein einziges Mal schaute er nach rechts oder links. Die Menge bildete einen Korridor, um sie durchzulassen.

Sophie wusste nicht, wie sie reagieren sollte, doch so hilflos sie sich auch fühlte, sie genoss jeden einzelnen Augenblick, schlang die Arme um seinen Nacken und flüsterte: „Was soll ich meinen Freundinnen später sagen?“

Ohne eine Vorwarnung blieb er plötzlich stehen und senkte seine Lippen auf ihre.

Er küsste sie so tief, so ausgiebig, dass ein wahres Feuerwerk in ihrem Inneren explodierte. Als er den Kuss schließlich beendete, registrierte sie vage, dass die Menge begeistert Beifall klatschte.

„Sagen Sie ihnen einfach, dass Sie Sex wollten“, murmelte er, als sie den Raum verließen, „und dass ich der bislang heißeste Typ in Ihrem Bett war.“

2. KAPITEL

Cooper Smith blieb vor der Eingangstür des Festsaals stehen. Amüsiert betrachtete er die völlig verblüffte Frau in seinen Armen.

Er räusperte sich. „Ich glaube, die Leute haben die Show genossen.“

Er jedenfalls hatte es sehr genossen. Dieser Abgang war die erste komplett verrückte Sache, die er seit Ewigkeiten unternommen hatte. Irgendwo hatte er mal gelesen, dass es Balsam für die Seele war, hin und wieder aus allem auszubrechen. Und wenn man einmal damit angefangen hatte, war es offenbar ganz schön schwer, wieder damit aufzuhören. Obwohl das angesichts seiner beruflichen Erfahrungen zu diesem Thema eigentlich nicht so gut war.

Noch immer sah die Frau in seinen Armen ihn mit ihren großen grünen Augen erschrocken an. Doch nach ein, zwei Sekunden begann sie zu kichern. Es war geradezu ansteckend.

Schließlich wischte sie sich die Lachtränen aus den Augen und schöpfte mühsam Atem. „Mein Gott, Pennys Kinnlade ist vielleicht heruntergeklappt!“ Verwundert schüttelte sie den Kopf. „Ich kann nicht glauben, dass wir das wirklich getan haben.“ Plötzlich runzelte sie die Stirn. „Ich kann nicht glauben, dass Sie mich nicht vorgewarnt haben.“

„Sie hätten doch nur Einwände vorgebracht.“

Sophie warf ihm einen hochmütigen Blick zu. „Vielleicht nicht.“

Also, sie war wirklich konsequent. Jedenfalls widersprach sie ihm konsequent – so viel war klar.

Unter normalen Umständen hätte er sich auf diese ganze Sache niemals eingelassen. Doch der Anblick einer attraktiven Frau, die den Brautstrauß wie eine Art Todesstrafe in Empfang nahm, der war ihm unter die Haut gegangen. Alles in ihm schrie danach, sie zum Tanzen aufzufordern. Dass er ihre gemeinsame Zeit auch noch genossen hatte, war ein zusätzlicher Bonus – selbst nachdem ihre Starrköpfigkeit gezeigt hatte, dass sie definitiv nicht die Richtige für ihn war.

Sie machte sich nichts aus Traditionen, aus der Ehe oder dem Wunsch, eine Familie zu gründen. Und was noch bestürzender war … sie schien tatsächlich zu glauben, dass eine erfolgreiche Partnerschaft reine Glückssache war. Diese Frau war eine Zeitbombe, die jederzeit explodieren konnte. Nein, er brauchte jemanden, der wesentlich nüchterner an das Thema Liebe heranging.

Wie sagte doch das Sprichwort so schön: Der Mensch ist seines Glückes eigener Schmied.

Dennoch – ungeachtet ihrer Gegensätze, trotz der Tatsache, dass sich zwischen ihnen nichts entwickeln konnte – den Kuss bereute er jedenfalls nicht. Auch wenn so etwas ganz gewiss nicht noch mal vorkommen würde.

Er warf einen Blick auf die Fahrstühle gegenüber des Festsaals. Die Feier hatte in einem der angesagtesten Hotels in Sydney stattgefunden. Viele der Gäste hatten für eine Nacht hier ein Zimmer gebucht. „Also, hoch oder runter?“

„In die Lobby und dann zum Taxistand … also runter.“

Adrenalin rauschte noch immer durch seine Adern, er war überhaupt nicht müde. „Es ist zu früh, um nach Hause zu fahren.“

„Es ist beinahe elf Uhr.“

Noch nicht spät. „Sind Sie müde?“

Um ihren Mund zuckte es leicht. „Ich dachte es zumindest.“

Aha, die Lösung. „Trinken Sie noch einen Kaffee mit mir.“

„Ich trinke keinen Kaffee.“

Cooper hob eine Augenbraue. Wie hatte er das vergessen können? Wenn er nach links gehen wollte, würde sie nach rechts drängen.

Dennoch blieb er hartnäckig. „Dann vielleicht etwas Kaltes?“

„Ich sage Ihnen etwas – Sie lassen mich herunter, und ich denke darüber nach.“

Er stutzte, dann räusperte er sich. Wie hatte dieser kleine Umstand seiner Aufmerksamkeit entgehen können?

Rasch setzte er sie ab, woraufhin sie ihr Kleid glatt strich. Ihr Duft umschmeichelte noch immer seine Sinne – Zimt und vielleicht Vanille, eine Mischung aus würzig und süß, die unheimlich gut zu ihr passte.

Als sie den Kopf schief legte, um ihn besser betrachten zu können, fiel ihr eine Locke ins Gesicht. „Ich bin ganz ehrlich. Ich weiß nicht, wie ich diese Einladung auffassen soll.“

Er schob die Hände in die Taschen. „Wir wissen, dass wir in romantischer Hinsicht nicht zueinander passen. Also brauchen Sie keine Angst zu haben, dass wir gemeinsam ins Bett fallen.“ Schmerz zeichnete sich in ihren Augen ab, woraufhin er innerlich zusammenzuckte. Verdammt. Und er hatte ihre Freundin für taktlos gehalten. Rasch fuhr er fort. „Wir sind einfach zwei vernünftige Erwachsene, die gemeinsame Freunde haben und nach einer Hochzeit noch etwas zusammen trinken.“

Eine kleine Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen, während sie auf der Unterlippe kaute und ihn nachdenklich betrachtete.

Cooper nahm die Hände aus den Taschen und hob sie hoch. „Oder ich fahre mit Ihnen nach unten und besorge Ihnen ein Taxi.“

Das Misstrauen wich endlich aus ihrem Gesicht. Sie hatte die verführerischsten Lippen, die man sich vorstellen konnte – wie zum Küssen gemacht. Doch jetzt schweiften seine Gedanken ab.

Sie legte den Kopf zurück. „Rechts von der Lobby befindet sich das Hotelcafé. Ich schätze, ich kann noch schnell eine heiße Schokolade mit Ihnen trinken.“

Überrascht, aber erfreut drückte er den Fahrstuhlknopf. „Eine ganz schnelle Schokolade, also.“

In diesem Moment schob sich eine ältere Dame zwischen ihnen hindurch und drückte den Pfeil nach oben. „Das Hotelcafé schließt um zehn“, erklärte sie und nestelte an dem kirschroten Schal um ihre Schultern. „Wenn Sie eine heiße Schokolade trinken wollen, dann empfehle ich den Zimmerservice. Die beste Schokolade, die ich je gekostet habe.“

Ein Fahrstuhl öffnete sich, und die ältere Dame verschwand. Zur selben Zeit kam ein weiterer Lift an … auf der Fahrt nach unten.

Cooper fuhr sich mit der Hand übers Kinn. „Ich schätze, damit hat es sich erledigt.“

„Haben Sie etwas gegen den Zimmerservice?“

Er warf ihr einen langen, eindringlichen Blick zu. Ganz sicher hatte er sich verhört. „Wollen Sie damit sagen, dass Sie mit auf mein Zimmer kämen?“

„Das hängt davon ab. Haben Sie eines?“

„Zufälligerweise, ja.“ Obwohl er sich um Lässigkeit bemühte, musste ihm die Überraschung ins Gesicht geschrieben stehen.

„Wir sind beide über einundzwanzig“, versetzte sie ruhig. „Außerdem haben Sie mir gerade erklärt, dass Sie nicht einen Gedanken daran verschwenden, mich zu verführen. Falls Sie sich Sorgen machen – mir geht es nicht anders.“

Sie schaute ihn so frech an, dass er lächeln musste. Oder war ihr Blick sogar aufreizend? Wenn sie nicht eine solche Nervensäge wäre …

Aber sie hatte recht. Er besaß einen Plan. Eine Liste. Nichts und niemand würden ihn davon ablenken. Er würde sie nicht verführen, auch wenn andere es ganz sicher täten.

Ein paar Minuten später gelangten sie in das Stockwerk, in dem sich seine Penthousesuite befand. Er schloss das Apartment auf und ließ sie eintreten. Sie durchquerte den Wohnraum, um ans Fenster zu treten und den herrlichen Blick auf das berühmte Opernhaus von Sydney zu genießen.

„Für diese Hochzeit haben Sie ein ganzes Penthouse gemietet?“, fragte sie verblüfft. „Muss ganz schön was gekostet haben.“

Cooper zog das Smokingjackett aus und hängte es auf den Mantelständer. „Das Penthouse gehört mir.“

„Oh, nein, das glaube ich nicht.“ Ihre Skepsis verschwand. „In diesem Hotel?“

Er ging auf die elegante Bar zu und nickte nur.

„Das ist die Art Suite, in der sonst Filmstars wohnen“, murmelte sie ungläubig. „Leben Sie wirklich hier?“

Er griff nach dem Telefon und bestellte beim Zimmerservice zwei Tassen heiße Schokolade. Dann drehte er sich wieder zu ihr um und beantwortete ihre Frage. „Ich habe ein Haus in den nördlichen Vororten.“

Sophie machte es sich auf der eleganten Ledercouch bequem. Ihr smaragdgrünes Kleid war ein hübscher Kontrast zu den beigefarbenen Kissen. Sein Blick wanderte zu ihrem aufgesteckten Haar. Wie würde es wohl aussehen, wenn ihre dunklen Locken frei herabfielen? Ein Traum, ganz sicher.

„Offenbar kommen Sie aus reichem Hause“, bemerkte sie in diesem Moment.

Darüber hatte er eigentlich noch nie nachgedacht. „Meine Eltern waren wohlhabend, aber sicherlich nicht reich. Als sie vor fünf Jahren starben, musste ich für meine jüngere Schwester sorgen. Deshalb habe ich all meine Energie in meine Anwaltskanzlei gesteckt und gleichzeitig ein paar günstige Investitionen getätigt. Aktien, Fonds, Immobilien. Das Übliche.“

„Sie müssen trotzdem ganz schön viel Glück gehabt haben.“

Glück hatte wenig damit zu tun. Sein Erfolg basierte auf einer wohl überlegten Strategie.

Rasch schenkte er zwei Gläser gekühltes Wasser ein, ging zu ihr hinüber und reichte ihr eines. „Sie sind wirklich abergläubisch, nicht wahr?“

„Nur in manchen Dingen.“

„Wie zum Beispiel?“

„Verschüttetes Salz. Sie müssen es über ihre linke Schulter werfen, das bringt Glück.“

„Was ist mit schwarzen Katzen?“

„Die bringen auch Glück. Besonders wenn man ihnen dreimal über den Kopf streichelt.“ Sie nahm einen Schluck Wasser und sah in an. „Ich kenne übrigens nicht mal Ihren Namen.“

Er setzte sich neben sie und löste seine Fliege. „Cooper Smith. Und Ihr Name?“

„Sophie. Mehr brauchen Sie nicht zu wissen – ich hasse nämlich meinen Nachnamen.“

„Schlimmer als Smith kann er doch nicht sein?“

„Smith ist geradezu himmlisch im Vergleich zu meinem.“ Sie schlüpfte aus ihren silberfarbenen Stilettos und wackelte mit den hübschen Zehen. Sie waren tiefrot lackiert. Ein schöner Kontrast zu ihrer cremefarbenen Haut. „Meine Mutter sagte mir, ich solle mir darum keine Gedanken machen. Ich könnte den Namen sofort ablegen, wenn ich heirate.“

Jetzt war sie sich nicht mal sicher, ob sie überhaupt jemals heiraten würde.

Cooper verbannte sowohl ihre hübschen Zehen als auch das Thema Ehe aus seinen Gedanken. Entspannt lehnte er sich in die Kissen zurück. „Sie könnten Ihren Namen durch einen Antrag bei den Behörden ändern lassen.“

„Das ist doch ein bisschen übertrieben, finden Sie nicht?“

Er schnaubte kurz. War sie eigentlich auch nur ein einziges Mal einer Meinung mit ihm? Der arme Kerl, der sich in sie verliebte, war zu bedauern. Sie würde ihn die ganze Zeit nach ihrer Pfeife tanzen lassen.

„Also gut, Sie wissen, dass ich Anwalt bin“, wechselte er das Thema. „Was machen Sie beruflich, Sophie ohne Nachnamen?“

„Ich bin Lehrerin, und ich liebe meinen Beruf.“ Sie lächelte, so als hätte sie ein Geheimnis. „Na ja, zumindest an den meisten Tagen.“ Sie legte einen Arm auf die Couchlehne und seufzte leicht. „Teenager können ein wenig schwierig sein.“

Er hob eine Augenbraue. Wem sagte sie das. Er hatte eine davon zu Hause, die ständig versuchte, die Regeln zu brechen. Doch nicht mit ihm.

„Die Hälfte ist großartig. Sie machen ihre Hausaufgaben und richten ihren Fokus auf ihre Zukunft“, fuhr Sophie fort. „Die andere Hälfte denkt nur darüber nach, zu Hause vor dem Fernseher zu bleiben und Babys zu bekommen.“

Während sie sprach, glitt sein Blick über sie … Große, grüne Augen, eine kecke, kleine Nase, makellose Haut. Eine Welle des Verlangens durchströmte ihn.

Glühend heiß.

Rasch veränderte er seine Sitzposition und richtete sich ein wenig auf. Eine Nachwirkung dieses fantastischen Kusses. Nichts, womit er nicht umgehen könnte. Sie war attraktiv, ja – sexy sogar – aber keine Frau, mit der er etwas anfangen würde. Er hatte eine Liste, einen Plan, und jemand mit Sophies Charakterzügen passte da nicht rein.

Er räusperte sich. „Ihre Schüler … wenden sie sich an Sie, wenn sie Rat brauchen?“ Er hatte damals einen Lieblingslehrer gehabt, dem er sich anvertraut hatte. Auch seine Schwester Paige hatte eine besondere Lehrerin erwähnt.

Sophie nickte. „Ein Mädchen ganz besonders. Sie ist ein wahrer Schatz – sechzehn – ich glaube, ihr Freund setzt sie ein wenig unter Druck.“

Paige war auch sechzehn, aber Gott sei Dank gab es noch keinen Freund. Denn Cooper wusste ganz genau, wie Jungs in dem Alter tickten – strotzend vor Männlichkeit, kurzsichtig und voll gepumpt mit Testosteron. Doch wenn man mal ganz ehrlich war … „Ich denke, man kann es den Jungs nicht vorwerfen, dass sie ständig nur an eines denken, nämlich an …“

Sex. Verdammt, sie dachte an Sex, genau wie er in diesem Moment. Sein Blick glitt über Sophies eleganten Hals, den schneeweißen Ansatz ihrer Brüste, das silberne Bettelarmband an ihrem Handgelenk.

Mit größter Mühe richtete er den Blick auf das Glas in seiner Hand, das er nun so fest umklammert hielt, dass es jederzeit brechen konnte.

Um Himmels willen, Smith, reiß dich zusammen!

Sophies Arm, der auf der Sofalehne gelegen hatte, fiel auf ihren Schoß. „Ich weiß auch, dass der Mensch von seinen Trieben gesteuert wird, dass das sexuelle Verlangen so groß sein kann, dass man mit dem anderen verschmelzen will …“ Ihr Blick schweifte zu ihm herüber, woraufhin sie sich vorbeugte und die Stirn runzelte. „Geht es Ihnen gut? Sie sehen so aus, als würden Sie sich unwohl fühlen. Ist Ihnen heiß?“ Sie deutete mit einem Finger auf seinen Hemdkragen. „Sie sollten den obersten Knopf öffnen.“

Verlangen rauschte so heftig durch seinen Körper, dass er die nächsten Worte nur gepresst herausbekam. „Ich denke, ich lasse ihn lieber zu.“

Ihr besorgter Blick glitt über seine Stirn. „Vielleicht haben Sie sich einen Virus gefangen. Eine kalte Kompresse könnte helfen.“ Sie dachte eine Sekunde darüber nach, dann legte sie ihr kaltes Glas an seine Stirn. „Besser?“

Er stöhnte. Oh, Gott, ja.

Cooper schloss die Augen und schwelgte in dem wunderbaren Gefühl des kalten Glases auf seiner erhitzten Haut. Ihr weicher Körper war nur wenige Zentimeter von seinem stahlharten entfernt. Wenn sie wüsste, woran er dachte … wie würde sie wohl reagieren, wenn er …?

Ruckartig öffnete er die Augen.

Schluss jetzt!

Als er zurückzuckte, stieß er mit dem Arm gegen sie, woraufhin sich Wasser direkt in seinen Schoß ergoss. Sofort sprang er auf, und sie tat das Gleiche.

Ganz automatisch begann sie, über seine nasse Hose zu wischen, doch dann wurde ihr klar, was sie da tat. Nicht, dass er etwas gegen ihre Hände einzuwenden gehabt hätte – ganz im Gegenteil.

Rasch trat sie einen Schritt zurück und blinzelte heftig, während die Anziehungskraft zwischen ihnen beinahe greifbar war. Die Luft knisterte vor Elektrizität. Sein Blick landete auf ihren Lippen, die sie nervös mit der Zunge befeuchtete, ehe sie stammelte: „Ich … sollte jetzt wohl gehen.“

Es lag an der Hochzeit, dem Gerede über Sex, der Erinnerung an den sensationellen Kuss. Das erklärte, warum er eine derart starke Anziehung verspürte – hart, rasant, vollkommen irrational.

Sie bewegte sich, wollte gehen, und sofort streckte er die Hand aus und hielt sie fest. Langsam drehte sie sich zu ihm um, ihre Brust hob und senkte sich heftig, so als habe sie einen Hundert-Meter-Lauf hinter sich. In ihren Augen erkannte er dasselbe Verlangen, das auch ihn beherrschte. Richtig oder falsch – wahrscheinlich beides –, er musste danach handeln.

„Ich will nicht, dass du gehst.“ Eigentlich sagte er das schon den ganzen Abend zu ihr. Doch in dieser Minute war es ihm nie ernster damit gewesen.

Sie schluckte. „Warum?“

„Du weißt, warum“, stieß er beinahe grimmig aus.

Er sah, wie sie den Atem anhielt, wie sie die Situation abwog und im Geist noch einmal ihr Gespräch durchging. Ihre Worte waren nicht mehr als ein Wispern. „Wir sollten das nicht tun.“

„Ich habe meine Meinung geändert.“ Es gab keine andere Erklärung. „Ich denke, dass du es vielleicht auch getan hast.“

Um seine Vermutung zu testen, strich er leicht über die seidige Haut ihres Arms. Sofort züngelten die Flammen höher. Als sie sich nicht rührte, legte er einen Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Ihre Augen funkelten in dem sanften Licht. „Wir passen überhaupt nicht zusammen“, wandte sie ein.

So als würde er von einem übermächtigen Magneten angezogen, senkte er den Kopf und eroberte ihre verführerischen Lippen. Leidenschaftliches Verlangen durchströmte seine Adern. „Wir passen nicht zusammen – wieso denn eigentlich nicht? Haben wir uns gestritten? Das muss ich ganz vergessen haben“ murmelte er. „Ich kann mich nur an eine Sache erinnern: den Geschmack deiner Lippen.“

Als er sie erneut küsste, erwiderte sie den Kuss mit aller Inbrunst. Es dauerte lange, sehr lange, bis sie sich voneinander lösten. Sophie schlug die Augen auf und seufzte leise: „Ich erinnere mich auch.“

Cooper zog sie noch enger an sich, und ihr Körper – kurvig, verführerisch, einladend – schmiegte sich an ihn. An ihren Lippen murmelte er: „Ich möchte, dass du weißt, dass ich das hier nicht geplant habe.“

Sie wirkte sowohl ängstlich als auch entschlossen. „Es ist rein körperlich, richtig?“

Ja. „Rein körperlich.“ Übermächtig, unwiderstehlich. Hier ging es nicht um immer und ewig.

„Wir sind uns einig. Wir werden es nicht weiter verfolgen. Ich bin nicht das, was du willst. Du bist nicht das, was ich brauche. Wir haben keine Zukunft“, sagte sie.

„Aber wir können diese gemeinsame Nacht haben.“

Der nächste Kuss machte ihn atemlos. Danach klammerte Sophie sich hilflos an sein Hemd. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

Zum zweiten Mal an diesem Abend hob er sie auf seine Arme. Während er sie in sein Schlafzimmer trug, blickten sie sich unverwandt in die Augen.

„Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe“, murmelte sie, „da dachte ich, dass du gefährlich bist.“

„Und jetzt?“

Sie berührte seine Wange. „Jetzt weiß ich es.“

3. KAPITEL

Cooper hielt sie fest umschlungen. Ohne sie abzusetzen, knipste er im Schlafzimmer das Licht mit dem Ellenbogen an. Ein sanfter Schimmer erhellte den Raum.

Sophie stockte der Atem, als sie plötzlich das gefährliche Funkeln in Coopers Augen erkennen konnte. Die dunklen Stoppeln an seinem Kinn. Die Muskeln unter seinem Hemd. Und weiter unten …

Keiner von ihnen hatte das geplant. Natürlich – Sie war ihm zu seiner Suite gefolgt. Aber da war die Situation auch noch eine ganz andere gewesen. Cooper hatte mehr als deutlich gemacht, dass sie nicht seinen Anforderungen entsprach. Und sie selbst hatte ebenfalls kein Blatt vor den Mund genommen. Diese Sache mit der Liste war einfach unmöglich! Mehr noch – diese ganze Situation war unmöglich. Cooper und sie passten einfach nicht zusammen.

Doch ihr Körper war da ganz anderer Ansicht. So etwas war ihr noch nie zuvor passiert. Nicht mal in ihren Träumen. Lag es an ihrer Tanzhaltung – weil sie sich so eng an ihn geschmiegt hatte? Oder an ihrer Entscheidung, endlich einmal laut auszusprechen, was sie wirklich wollte? Und was genau sah Cooper eigentlich in ihr?

Wie auch immer, von einem derartigen Traummann begehrt zu werden, war äußerst schmeichelhaft. Sophie holte tief Luft. Jetzt war sie hier, und es gab keinen Weg zurück. Nein, sie würde jede einzelne Sekunde genießen und voll auskosten.

Und morgen würde sie nichts bereuen. Im Gegenteil. Es würde ihr Selbstvertrauen gehörig stärken. Und das hatte sie auch bitter nötig.

In der nächsten Sekunde unterbrach Cooper ihre Grübeleien. Er trug sie zu dem riesigen Bett herüber und setzte sie vorsichtig ab. Sanft legte er eine Hand an ihre Wange und hauchte einen zärtlichen Kuss auf ihren Mund. Seine Aufmerksamkeit wanderte zu ihrer Schulter. Langsam streifte er ihr den Spaghettiträger ihres Kleids ab. „Verdammt, ich kann einfach nicht genug von dir bekommen. Und ich sollte dringend die heiße Schokolade abbestellen.“

Als er sie erneut küsste und auch der andere Träger herabfiel, spürte Sophie, wie unerträgliche Hitze ihren ganzen Körper durchflutete. Auf keinen Fall durfte Cooper jetzt die Stimmung durch ein Telefonat ruinieren!

Ihr Kleid glitt zu Boden und legte sich wie eine duftige Wolke um ihre Füße. Ein Luftzug streifte ihre Brüste. Sophie erschauerte.

„Und was passiert, wenn wir die Tür einfach nicht aufmachen?“, flüsterte sie heiser vor Erregung.

Offenbar hatte Cooper es genauso eilig wie sie. Während er bereits die ersten Knöpfe seines Hemds öffnete, antwortete er: „Sie werden den Wink schon verstehen.“

Gebannt schaute Sophie zu, wie er das Hemd von den Schultern streifte und seinen muskulösen Oberkörper entblößte. Sofort zog er sie wieder in seine Arme und drängte sie auf die Matratze. Mit Händen und Lippen begann er, sie gekonnt zu verwöhnen. Sophie schnappte nach Luft, sie hungerte beinahe danach, jeden Zentimeter seines wundervollen Körpers zu berühren.

Voller Bewunderung beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln, als er aufstand, um erst die Smokinghose, dann die Boxershorts auszuziehen. Ob er sie wohl zu mollig finden würde? Schnell verbannte sie diesen Gedanken wieder. Eine Hand unter den Kopf gelegt, kuschelte sie sich in die Kissen und wartete mit angehaltenem Atem darauf, alles von ihm zu sehen.

Im nächsten Augenblick drehte er sich zu ihr um und schaute ihr in die Augen. Cooper Smith hatte den Körper eines Athleten – groß, fest, muskulös. Als ihr Blick tiefer wanderte, sah sie, dass er bereits stark erregt war.

Ihre ungenierte Musterung schien ihm zu gefallen. Er lächelte amüsiert und hielt einen Moment lang ganz still. Und dann – mit einer fließenden Bewegung – war er plötzlich neben ihr und zog sie auf sich.

Sophie stieß einen überraschten Schrei aus. Der in der nächsten Sekunde in ein lustvolles Stöhnen überging. Abgesehen von ihrem Höschen war sie vollkommen nackt. Gefangen von Coopers starken Armen blieb ihr nur eins zu tun: Sie spreizte die Beine rechts und links von seiner Hüfte und setzte sich vorsichtig auf ihn.

Ein beinahe andächtiger Moment verging, in dem sie einander tief in die Augen schauten, dann begann Cooper langsam, seine Hüften zu bewegen und sich an ihr zu reiben. Sophie ließ den Kopf zurückfallen, bog den Rücken durch und kam seinen Bewegungen entgegen. Das Gefühl war unbeschreiblich. Ihre Vereinigung wurde nur von einem winzigen Stück Seide verhindert.

Als das Verlangen immer größer wurde, setzte Cooper sich auf, umfasste ihr Gesicht mit den Händen und küsste sie leidenschaftlich. Seine Hände in ihrem Haar vergraben, murmelte er ihr heiser zu: „Ich will, dass du es öffnest.“

Mit einem Lächeln griff sie blindlings nach den Haarnadeln und zog sie heraus, sodass ihre Locken bis zu ihrer Taille hinabfielen. Noch mehr Freiheit!

Coopers bewundernder Blick verlieh ihr ungeahnten Mut. Sie machte einen sinnlichen Schmollmund und flüsterte verführerisch: „Bereit für den wilden Look?“

Er hob eine Augenbraue und wickelte sich eine ihrer Locken um den Finger. „Wild ist das richtige Wort.“ Ihr Hochgefühl verblasste sofort. Rasch schob Sophie sich die Locken aus dem Gesicht. Ihr Haar hatte sie schon immer gehasst. „Ist es zu wild?“

„Absolut ungezähmt.“ Er beugte sich vor, biss ihr spielerisch in den Hals und flüsterte rau: „Ich liebe es.“

Während Freude sie durchströmte, senkte er den Kopf und schloss seine Lippen um eine ihrer zarten Brustknospen. Sanft begann er, sie zu liebkosen, worauf Sophie spürte, wie tausend kleine Feuerwerke in ihrem Inneren explodierten.

Glühende Hitze erfasste sie. Mit einem Arm drückte Cooper sie auf die Matratze hinab und ließ seine Lippen tiefer wandern. Als er seine Zunge in ihren Bauchnabel tauchte, drohten Sophie beinahe die Sinne zu schwinden.

Unaufhaltsam bewegte sie sich auf einen Abgrund zu. So groß wurde ihr Verlangen, dass sie blindlings nach seinem Kopf griff und die Finger in seinem Haar vergrub. Gleich, gleich … Die Erfüllung war nur noch einen Herzschlag entfernt!

Doch Cooper war noch längst nicht bereit, das lustvolle Spiel zu beenden. Quälend langsam ließ er eine Hand über ihre Taille, ihre Hüfte gleiten, bis er schließlich bei der zarten Spitzeumrandung ihres Höschens angekommen war. Ohne auf ihr Flehen zu reagieren, streifte er ihr den Slip ab – Zentimeter für Zentimeter.

Unwillkürlich begann Sophie sich unter ihm zu winden. Sie war bereit für ihn. Mehr als bereit!

Cooper senkte den Kopf und folgte mit den Lippen der Spur seiner Hände. Als er an ihrem empfindsamsten Punkt angelangte, schrie sie leise auf. Einen kurzen Moment lang empfand sie so etwas wie Scham. Doch Coopers Zärtlichkeiten und sein sichtbares Vergnügen ließen sie ihre Verlegenheit schnell überwinden.

Sie schloss die Augen und gab sich ganz ihrer Begierde hin. Willig folgte sie seiner Führung, immer näher an den Rand der Klippe, dem freien Fall entgegen.

Als der Moment schließlich gekommen war, erschauerte Sophie wieder und wieder in Coopers Armen. Die Erfüllung, die sie verspürte, war so stark, dass sie vor Glück fast zu vergehen glaubte.

Als ihr Herzschlag sich einige Zeit darauf langsam wieder zu beruhigen begann, kuschelte sie sich mit einem zufriedenen Lächeln an Coopers Brust. Er beugte den Kopf und murmelte mit den Lippen dicht an ihrem Haar: „Und: Bereust du es schon?“

Ihr Herz machte einen Satz.

Ja – doch das würde sie nicht sagen. Eigentlich wollte sie es nicht mal denken. Sie hatte sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr so gut gefühlt. Aber es half nichts – sie musste sich der Wirklichkeit stellen. Und der Tatsache, dass das hier eine einmalige Angelegenheit war. Es gab nur diese eine Nacht. Danach würden Cooper und sie sich nie wiedersehen. Weil sie viel zu unterschiedlich waren, weil sie vollkommen gegensätzlich dachten. Cooper würde eine wunderschöne Frau finden, die seiner Liste entsprach, während Sophie Gruebella einfach ihr Leben weiterlebte.

Und der Silberstreif am Horizont? Sie würde ein ganz neues Leben führen. Die heutige Nacht war der eindeutige Beweis dafür. Von nun an würde sie ihre eigenen Regeln aufstellen. Die Sophie, die sich immer rumschubsen und manipulieren ließ, gehörte endgültig der Vergangenheit an. Sie konnte es gar nicht abwarten, Pennys und Kates Reaktion zu sehen.

Coopers Stimme war so tief, dass sie genauso gefährlich klang, wie er aussah. „Hallo? Frau Lehrerin? Ich warte noch immer auf eine Antwort.“

Langsam lächelte sie und schlang die Arme um seinen Nacken. Sie fuhr mit den Fingern durch sein dichtes schwarzes Haar und schüttelte den Kopf. „Nein, ich bereue nichts. Kein Zurück. Ich blicke nur nach vorne.“

Zärtlich strich Cooper mit dem Finger über die empfindsame Stelle an ihrem Hals. Obwohl Sophie noch immer ganz und gar von dem Gefühl ihres wundervollen Höhepunkts erfüllt war, reagierte ihr Körper sofort. Ihre Haut begann zu prickeln, und ihr Atem ging schneller. Sie war bereit für ihn.

Schon wieder. Aber was machte das schon? Schließlich hatten sie ja noch die ganze Nacht. Das Beste lag noch vor ihnen.

Während Cooper ihr tief in die Augen schaute, veränderte sich plötzlich sein Gesichtsausdruck.

„Du bist schön.“

Er sagte es ganz schlicht, ohne jegliche Aufgesetztheit, und für einen Moment stockte ihr der Atem. Ach, komm schon … Sie wusste, was hinter dieser Aussage steckte. Cooper mochte ja ein wahrer Verführer sein – erfahren, reich und sexy. Aber er besaß auch ein Gewissen. Und das befahl ihm, nett zu einer Frau zu sein, die er auf die allerintimste Art kennengelernt hatte, die zwischen Mann und Frau möglich war.

Sie ließ ihren Finger über die verführerische Kerbe in seinem Kinn wandern. „Eines weiß ich jedenfalls“, murmelte sie.

Eine kleine Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. „Und was ist das?“

Wärme erfüllte sie. „Diese Nacht werde ich nie vergessen.“

Cooper lächelte und ließ sie die gesamte Länge seines harten, erregten Körpers spüren. „Du brauchst also kein Andenken?“

Mit einem unschuldigen Augenaufschlag erwiderte sie: „Hättest du denn etwas für mich?“

„Oh, ja. Aber leider kannst du es nicht mitnehmen“, raunte er heiser.

Er griff nach ihrer Hand und führte sie nach unten …

Den Rest der Nacht und die Hälfte des folgenden Tages genoss Sophie Cooper Smiths außerordentliche Gastfreundschaft.

Sie tauschten weder Adressen noch sonstige Kontaktdaten aus. Genau so, wie sie es wollte. Er auch. Darin waren sie sich einig. Es gab keine gemeinsame Zukunft für sie. Es handelte sich um eine einmalige Nacht. Keiner musste so tun, als wäre es anders.

In den folgenden Wochen dachte Sophie oft an Cooper, doch sie zwang sich, keine sehnsüchtigen Erinnerungen zu pflegen. Bis sie an einem Samstagmorgen allein in ihrem Badezimmer saß und ungläubig auf den Teststreifen in ihrer Hand blickte.

Rosa. Zwei Linien. Positiv.

In acht Monaten würde sie Mutter werden.

Sophie legte den Kopf auf die Knie.

Und ob es ihm nun gefiel oder nicht – der wohlhabende Mr. Smith wurde Vater.

4. KAPITEL

Cooper sah mit einem Stirnrunzeln auf die Wanduhr in seinem Arbeitszimmer. Unruhig trommelte er mit einer Hand auf der Tischplatte, während er mit der anderen einen Stapel Akten zu sich heranzog.

Elf Uhr zwanzig. Er schob den Aktenstapel sofort wieder beiseite. Bald würde sein Überraschungsbesuch da sein. Die Frage war nur … was wollte Sophie so viele Wochen nach ihrer gemeinsamen Nacht von ihm?

Das Hotel hatte ihm ihre Nachricht übermittelt, dass er bitte zurückrufen möge. Was er auch prompt getan hatte. Allerdings war er doch sehr überrascht gewesen, als Sophie ihn um ein sofortiges Treffen bat. Sie hatte sogar angeboten, zu seinem Haus im Norden von Sydney zu kommen. Seit diesem Telefonat konnte er kaum mehr an etwas anderes denken.

Er hasste es, Zeit zu verschwenden, doch an diesem Morgen war er bereits um sechs Uhr aufgestanden. Um sieben Uhr hatte er sein Fitnesstraining erledigt und danach unzählige Tassen starken schwarzen Kaffee getrunken.

Er schaute auf die Uhr.

Elf Uhr einundzwanzig. Noch neun Minuten.

„Cooper, kannst du mir ein bisschen Geld geben?“

Beim Klang der fröhlichen Stimme hinter ihm zuckte er zusammen, sodass mehrere Akten vom Schreibtisch fielen. Als er sich umdrehte, sah er seine Schwester am Türrahmen lehnen. Sie trug eine tief sitzende Jeans, ein bauchfreies pinkfarbenes Top, und ihr kurzes blondes Haar war perfekt geschnitten. Sie kaute an einer Möhre herum.

Cooper verschränkte die Arme über der Brust. „Ist das alles, was du isst? Nur eine Möhre?“

Paige war von Natur aus klein und zierlich. Gerade deshalb brauchte sie ordentliche Mahlzeiten – das war zumindest Coopers Ansicht. Seine Schwester sah das natürlich ganz anders. Besonders seit sie wusste, dass sie zum Schüleraustausch nach Frankreich mitfahren durfte. Paige hatte in einer Zeitschrift gelesen, dass die Französinnen streng auf ihre Figur achteten. Und prompt fürchtete nun auch sie jedes Gramm zu viel. Cooper seufzte.

Paige reagierte darauf, indem sie die Augen verdrehte. „Ich esse zu wenig? Und was hast du bislang zu dir genommen … ungefähr zehn Tassen Kaffee?“

Rasch unterdrückte er ein Grinsen. Schlagfertiges kleines Biest. „Keine Ausreden. Du musst etwas essen, Paige.“

Seine Schwester stöhnte theatralisch auf und stieß sich vom Türrahmen ab. „Marion und ich gehen shoppen. Und danach ins Restaurant, okay?“

Seine Arme fielen herab. „Schon wieder eine Shoppingtour?“

Verblüfft starrte sie ihn an. „Warum sollte ich dich sonst um Geld bitten?“

Cooper fuhr sich mit der Hand übers Kinn. „Manchmal macht mir weibliche Logik wirklich Angst.“ Er stand auf, nahm seine Brieftasche aus dem Jackett und ging auf sie zu. „Wie viel brauchst du?“

„Eine Kreditkarte wäre einfacher.“

Er zuckte nicht mal mit der Wimper. „Zweifellos.“

Langsam entnahm er eine Karte aus seiner Brieftasche und reichte sie ihr. Doch Paige schüttelte nur den Kopf. „Doch nicht die.“

Er grinste. Seine Schwester war wirklich schlau. Dennoch streckte er ihr die Karte erneut entgegen. „Ja, die Karte hat ein Limit, aber ein sehr großzügiges, Paige. Ich bin sicher, dass du damit auskommen wirst.“

Paige wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. Sie lächelte süß und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. „Danke, Bruderherz.“

Keine große Sache. Himmel, solange es nur um Einkäufe ging, war das ja noch unproblematisch. Viel mehr fürchtete er den Moment, wenn das Thema Jungs aktuell werden würde. Denn dazu hatte er eine ganze Menge zu sagen.

Cooper stieß langsam den Atem aus. Mein Gott, wie sehr wünschte er sich, ihre Eltern würden noch leben. Dann müsste er nicht solche Dinge sagen wie beispielsweise diesen blöden Spruch hier: „Du lässt dich nicht von fremden Männern ansprechen, während du heute unterwegs bist.“

Paige stöhnte entnervt und verdrehte die Augen. „Müssen wir das jedes Mal durchkauen?“

Er ignorierte diese Frage und fügte schnell noch eine weitere Ermahnung hinzu. „Und wenn jemand versucht, dich in sein Auto zu ziehen, dann schreist du und trittst um dich …“

„Und ich laufe in entgegengesetzter Richtung davon. Ich weiß, Cooper, ich weiß.“ Paige steckte die Kreditkarte in ihre Designer-Handtasche. „Ich bin kein Baby mehr.“

Gereizt erwiderte er: „Ich habe hier die Verantwortung, und die nehme ich auch sehr ernst, Paige. Vielleicht gefällt es dir nicht, aber hier im Haus ist nur einer der Boss. Solange du unter meinem Dach lebst, bestimme ich die Regeln. Und ich erwarte, dass du sie befolgst.“ Seine Stimme verlor ein wenig an Strenge. „Also, denk dran … du kommst zurück, bevor es dunkel wird.“

In diesem Moment klingelte es an der Haustür. Paiges Gesicht hellte sich auf. Während sie sich bereits umdrehte, rief sie: „Ich öffne schon.“

Bevor sie ihm entwischen konnte, hatte Cooper sie auch schon am Arm gepackt und zurückgezogen. „Das ist für mich.“

Aber Paige entwand sich ihm geschickt und rannte los. Zum Glück hatte Cooper jedoch die längeren Beine. Und so gelang es ihm ohne große Mühe, sie einzuholen.

Lachend öffnete er die Haustür. Doch in der nächsten Sekunde verschwand das Lachen von seinem Gesicht.

Sophie stand mit weit aufgerissenen Augen steif auf der Schwelle.

Er hatte erwartet, dass sie strahlen würde, so wie beim letzten Mal. Aber in ihrer schwarzen Hose und der weißen Bluse wirkte sie eher ernst und blass. Ihre Haare, zu einem strengen Pferdeschwanz zurückgebunden, verstärkten diesen Eindruck noch. Dabei hatte er ihre wilden Locken doch so sexy gefunden. Damals, in jener Nacht, als Sophie sich über ihn gebeugt hatte und …

Stop! Daran durfte er gar nicht erst denken. Sexy oder nicht, es gab keine gemeinsame Zukunft für sie. Sophie und er passten genauso wenig zusammen wie Feuer und Wasser – die ganze Sache im Schlafzimmer mal ausgenommen.

Ungeduldig drängte Paige sich an ihm vorbei. Als sie Sophie erblickte, stieß sie einen kurzen Schrei aus. „Was machen Sie denn hier?“

Cooper legte eine Hand auf die Schulter seiner Schwester. „Paige, sei nicht unhöflich.“ Offensichtlich hielt Paige Sophie für eine Vertreterin oder etwas in dieser Art. Aber das war noch lange kein Grund, die guten Manieren zu vergessen. „Ich habe diese Dame erwartet.“

Paige schaute Sophie ungläubig an. „Sie kennen meinen Bruder?“

Nun zeigte sich auch in Sophies Gesicht zum ersten Mal eine Regung. Sie riss erstaunt die Augen auf und erwiderte nach einer kurzen Pause. „Cooper ist dein Bruder?“

Stöhnend schlug sich Paige mit der Hand auf die Stirn. „Jetzt verstehe ich. Cooper muss der Typ sein, für den Sie sich so schick machen.“

Sophie schien am liebsten im Erdboden versinken zu wollen. Verlegen zuckte sie die Schultern. „Wer sagt, dass ich mich für jemanden schick mache?“

Paige lachte. „Das ist doch glasklar. Alle Mädchen in der Schule sagen das. In den letzten Wochen haben Sie sich total verändert. Neue Kleider, neues Make-up, die Haare offen – nicht wie heute“, bemerkte sie mit einem kritischen Blick auf Sophies Pferdeschwanz. „Selbst ihr Gang hat sich verändert. Einfach super!“

Cooper, der verzweifelt versuchte, der Unterhaltung zu folgen, gab schließlich auf und hob die Hände. „Langsam, langsam. Kann mir mal einer erklären, was hier vor sich geht?“

Paige warf nur kurz über die Schulter: „Miss Gruebella ist eine Lehrerin an meiner Schule.“

Bei der Erwähnung ihres Nachnamens errötete Sophie, doch Cooper ließ sich keine Reaktion anmerken. Wenn man Gruebella hieß, tat man allerdings gut daran, nur den Vornamen zu nennen.

Du bist Miss Gruebella?“

Er hatte sich eine fünfzigjährige Dame mit grauem Haar und altmodischen Moralvorstellungen ausgemalt. Ganz sicher nicht eine wilde Brautjungfer, die einfach die Nacht mit einem Fremden im Hotel verbrachte. Ausgerechnet Miss Gruebella sollte jene Frau sein, die er einfach nicht vergessen konnte? Deren ganz spezieller Duft noch immer in seinen Kissen hing? Die ihn in seinen Träumen verfolgte?

Fast wünschte er, er hätte Sophie nie zum Tanzen aufgefordert. Das alles wurde langsam viel zu kompliziert. Eigentlich hätte es nur eine unvergessliche Nacht sein sollen, mehr nicht. Schließlich passten sie gar nicht zusammen. Und sosehr sein Körper auch nach ihr verlangte – diesmal würde er vernünftig sein. Er hatte die Stunden mit ihr sehr genossen. Doch wenn es um eine Beziehung ging, dann lautete die Antwort entschieden Nein.

So war es das Beste.

In diesem Moment fuhr ein glänzender schwarzer Mercedes hupend vor. Paiges Freundin, Marion Daniels, streckte den Kopf aus dem Beifahrerfenster. Sie zog die Nase kraus. „Sind Sie das, Miss Gruebella?“

Paige umklammerte ihre Handtasche und wandte sich an Sophie. „Sie sind doch nicht wegen dieser Sache hier, über die wir gesprochen haben, oder?“

Cooper wurde hellhörig. Er ließ seinen Blick zwischen den beiden hin-und herwandern. „Und worüber habt ihr zwei euch unterhalten?“

Sophies Gesichtsausdruck wurde weicher. Sanft berührte sie Paiges Arm. „Mach dir keine Sorgen, Paige. Ich bin hier, weil ich mit Cooper über etwas ganz anderes reden muss.“

Darüber schien Paige einen Moment nachzudenken. Dann lächelte sie plötzlich verschmitzt. „Okay, aber seien Sie brav!“ Lachend lief sie auf den Mercedes zu. „Und tun Sie nichts, was ich nicht auch tun würde!“

Als sich die Autotür hinter ihr schloss und Mrs. Daniels mit den beiden Mädchen davonfuhr, führte Cooper Sophie ins Haus. Verdammt, sie roch noch immer so gut …

Krampfhaft biss er die Zähne zusammen.

Aber nicht so gut, dass er ihr nicht widerstehen konnte. Wenn er einen Plan gefasst hatte, dann hielt er daran fest. Keine Umkehr.

Sophie trat über die Schwelle. „Die Welt ist wirklich klein. Es gibt eine ganze Reihe Leute mit Smith als Nachnamen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ihr verwandt seid.“

„Das ist verständlich“, stimmte er zu.

Als sie ein kleines Wohnzimmer durchquerten, legte er automatisch eine Hand auf Sophies Arm. Selbst durch den Stoff der Strickjacke spürte er die Elektrizität dieser Berührung. Die Versuchung, Sophie einfach in seine Arme zu reißen, diese schreckliche Jacke abzustreifen und dann jeden Zentimeter ihrer Haut zu liebkosen, war unheimlich groß.

Nein! Er durfte dieser Versuchung einfach nicht nachgeben. Cooper holte tief Luft, ließ Sophies Arm abrupt los und steckte die Hand stattdessen in die Hosentasche.

Während er neben ihr herging, fragte er beiläufig: „Und, Sophie, wie geht es dir?“

Sie schaute kurz zu ihm herüber. Ah, ja, an diese ausdrucksvollen Augen erinnerte er sich nur zu gut.

„Ganz gut“, entgegnete sie. „Und dir?“

Er zuckte die Achseln. „Ich versuche, Schwierigkeiten zu meiden.“

Mittlerweile waren sie an der Tür zu einer abgeschiedenen Terrasse angelangt, die er öffnete. Es handelte sich um seinen Lieblingsplatz, denn von hier hatte man einen wunderbaren Blick über den Garten mit seinen Orangenbäumen und dem Goldfischteich. Cooper liebte dieses Haus weit außerhalb von Sydney. So oft er konnte, kam er hierher, um die klare Luft einzuatmen und den blauen Himmel zu genießen. Und natürlich, um in seinem Leben wieder Ordnung und Kontrolle zu spüren. Von beidem brauchte er im Moment eine Doppelportion.

Nachdem Sophie Platz genommen hatte, kam er gleich auf den Punkt. „Als ich deine Nachricht erhielt, war ich, ehrlich gesagt, ziemlich überrascht.“

Sophie wich seinem Blick aus. „Ich wollte auch eigentlich gar nicht anrufen.“

Er lächelte amüsiert. „Warum hast du es dann getan?“

Verlegen rutschte sie auf ihrem Stuhl herum. „Es ist ein bisschen schwierig, das zu erklären.“

Wartete sie etwa darauf, dass er den ersten Schritt machte? Dass er vorschlug, sie sollten da weitermachen, wo sie aufgehört hatten? Nun, das würde nicht geschehen. Egal wie sehr ihre wilden Locken ihn bezauberten oder ihre sinnlichen Lippen ihn in Versuchung führten, er würde nicht schwach werden!

Je schneller sie die Sache klärten, desto schneller würde Sophie wieder verschwinden – und sie konnten beide ihr Leben fortsetzen.

Aus Gewohnheit legte er eine gewisse Strenge in seine Stimme. „Ich dachte, wir hätten uns in jener Nacht darauf geeinigt, dass wir beide unterschiedliche Pläne und Vorstellungen haben.“

Die Hände im Schoß gefaltet, wich sie erneut seinem Blick aus und nickte heftig. „Ja. Ja, das haben wir.“

Cooper betrachtete sie eingehender. War diese nervöse, beinahe schüchterne Frau dieselbe, die ihn mit ihrer Leidenschaft fast um den Verstand gebracht hatte? Ihre Nähe rief in ihm noch immer ein glühendes Verlangen hervor. Allein wenn er ihre zarten Hände betrachtete, die seinen ganzen Körper berührt und liebkost hatten … Jetzt erregte sie ihn sogar, ohne ihn zu berühren.

Er zwang sich, den Blick von ihr abzuwenden und stattdessen den Garten zu betrachten. Eigentlich der völlig falsche Ort für ein derartiges Gespräch. Ein Restaurant wäre wesentlich besser geeignet gewesen. Oder irgendein anderer neutraler Treffpunkt. Dort hätten sie sich zivilisiert unterhalten können, alles regeln, und danach hätte er sie nach Hause gebracht. Fall abgeschlossen.

Cooper beugte sich vor. „Das hier ist ein wenig unangenehm. Ich denke, wir sollten woanders hinfahren, um …“ Beinahe hätte er gesagt, um einen Kaffee zu trinken, aber natürlich hatte er nicht vergessen, was passiert war, als er das das letzte Mal vorgeschlagen hatte.

Endlich blickte sie zu ihm herüber. „Um irgendwo zum Lunch zu gehen? Ja, ich habe heute das Frühstück verpasst und bin tatsächlich etwas hungrig.“

Seine Gedanken wanderten sofort zu Paige und ihrem Grünzeug, das sie ständig knabberte. Daraufhin knurrte sein Magen laut und deutlich.

Sophie lächelte. „Es klingt so, als könntest du auch etwas vertragen.“ Dann wurde sie plötzlich ernst, beugte sich ebenfalls vor und umklammerte die Tischkante. „Aber Cooper, ich muss wirklich dringend mit dir reden. Das kann keine Minute mehr warten.“

Sie holte tief Luft und lachte dann nervös. „Mein Gott, das ist das Schwierigste, was ich je zu sagen hatte.“

Ihr besorgter Gesichtsausdruck … die Nervosität in ihrer Stimme …

Cooper fühlte, wie sich seine Muskeln anspannten. Steckte hinter Sophies Besuch doch mehr als ihre gemeinsame Nacht? War Paige in Schwierigkeiten, und Sophie traute sich nicht, es zu sagen? Ob seine Schwester in einem Fach versetzungsgefährdet war? Mathe bereitete ihr ein paar Probleme, aber er hatte mit ihr geübt, und auf dem letzten Zeugnis hatte sie eine Drei gehabt.

Paige bezeichnete Miss Gruebella als Vertraute.

Oh, Gott.

„Steckt Paige in Schwierigkeiten?“, presste er mühsam hervor.

Sophie biss sich auf die Unterlippe, während sie zu ihm aufschaute. „Nein, Cooper, Paige ist nicht in Schwierigkeiten. Wir sind es.“

Cooper atmete gerade erleichtert aus, als er ihre letzten Worte registrierte. Er runzelte die Stirn. „Was hast du gesagt?“

Sophie rang die Hände. „Du erinnerst dich, dass wir das Schlafzimmer in jener Nacht kaum verlassen haben … Natürlich waren wir vorsichtig. Aber auch der beste Schutz ist nicht zu einhundert Prozent sicher.“

Plötzlich machte es klick. Wie betäubt formte er die Worte. „Du bist schwanger?“

Sie hielt ein paar Finger hoch, damit er zählen konnte. „In sieben Monaten ist es so weit.“

Cooper versuchte, diese Information zu verarbeiten. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. Unmöglich. Das war nicht Teil seines Plans.

Sophie stöhnte. „Ich weiß, was du denkst. Du willst diese Komplikation nicht.“

Komplikation?

Komplikation!

Sie rutschte unruhig hin und her, schaute ihm aber diesmal fest in die Augen. „Ich habe bereits alles durchdacht. Diese Information hätte ich dir nie vorenthalten, aber ich werde dich auch nicht unnötig damit belästigen. Du kannst das Baby jederzeit sehen.“

Nur mit Mühe konnte er seine Ungläubigkeit verbergen, während sich ein anderer Gedanke breit machte. „Ist es okay für dich, Mutter zu werden?“ Als sie sich das letzte Mal darüber unterhalten hatten, schien sie unsicher gewesen zu sein.

„Zuerst war es ein gehöriger Schock.“ Ein kleines Lächeln spielte um ihren Mund. „Aber, ja, ich will dieses Kind unbedingt.“

Nun, das war immerhin eine gute Neuigkeit.

Dennoch bildete sich eine Falte zwischen ihren Augenbrauen. „Ich weiß, dass du jemanden finden wirst, und zwar bald – jemand, der mit dieser Situation sicherlich umgehen kann. Ich meine, wir leben schließlich nicht mehr im Mittelalter. Ich führe mein Leben weiter und du deines. Ich werde dafür sorgen, dass das Baby deine Pläne nicht ruiniert.“

Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar.

Sein Leben weiterführen? Jemanden finden? Eine Ehefrau?

Verdammt, was sollte das alles heißen? Wovon sprach Sophie da eigentlich? Dachte sie wirklich, sie könnten sein Leben für ihn regeln? Nun – falls es so war, musste sie sich auf eine Überraschung gefasst machen. Schließlich hatte er bei der ganzen Sache auch noch ein Wörtchen mitzureden.

Diese Frau erwartete sein Baby. In sieben Monaten würde er Vater sein. Sein Kind brauchte ihn – nicht zeitweilig, sondern zu hundert Prozent. Ja, ein Kind brauchte beide Eltern. Das hatte die Sache mit Paige ihn gelehrt.

Wie aus weiter Ferne drang Sophies Stimme zu ihm. „Diese Neuigkeit ist bestimmt ein Schock. Aber im Grunde ist das alles gar kein Problem. Zuerst bekomme ich ja Mutterschutzurlaub. Und danach werde ich mir eine Nanny besorgen. Mach dir keine Sorgen, Cooper. Es wird sich ganz schnell eine Routine einstellen.“

Hörte er richtig? Er holte tief Luft und schaffte es mit einiger Mühe, ruhig zu bleiben. „Eine Nanny? Das ist nicht nötig. Du musst nicht arbeiten.“ Sie würde mit dem Baby zu Hause bleiben. Sein Baby. Ihr gemeinsames Baby.

„Vielen Dank“, entgegnete Sophie sanft. „Ich wusste, dass du uns finanziell unterstützen würdest. Aber ich möchte wieder arbeiten. Ich werde meinen Beruf keinesfalls aufgeben. Natürlich wird es eine Umstellung …“ Sie legte eine Hand auf ihren flachen Bauch und lächelte. „Aber das kriegen wir schon hin.“

Cooper verspürte eine merkwürdige Mischung aus Freude und Wut. Einerseits erfüllte es ihn mit ungeheurem Stolz, Vater zu werden. Seine letzte Freundin hatte bezweifelt, dass er dazu überhaupt in der Lage war. Doch nun schien es so, als hätte Evangeline sich gründlich getäuscht.

Andererseits musste er nun eine Frau heiraten, die ihn in den Wahnsinn trieb. Sophie und er waren einfach viel zu unterschiedlich. Und dennoch musste er aus dieser Ehe irgendwie einen Erfolg machen. Alles andere war unwichtig. Denn sein Kind würde keinesfalls von einem allein erziehenden Elternteil großgezogen werden. Nein, sein Kind würde eine Mutter und einen Vater haben.

Er beugte sich über den Tisch und ergriff Sophies Hand. „Du hast recht. Wir kriegen das hin.“

Die Erleichterung war ihr deutlich anzusehen. „Oh Gott, Cooper. Ich hatte solche Angst. Ich dachte, du würdest total wütend werden. Weil uns so etwas passiert ist. Und du doch immer alles unter Kontrolle haben willst …“ Plötzlich lächelte sie. „Lass uns zur Feier des Tages essen gehen. Ich hätte Lust auf Spaghetti Carbonara mit warmem, knusprigem Brot und Schokoladeneis. Zwei Portionen.“

Er hatte eine Menge Geschichten über schwangere Frauen gehört. Sie waren bekannt für ihre Launenhaftigkeit und die merkwürdigsten Essensgelüste. Zusammen mit Sophies Widerspruchsgeist und ihrer Sturköpfigkeit ergab das eine fantastische Mischung!

Wie hatte ihm das nur passieren können?

Doch für diese Situation war er selbst verantwortlich. Jetzt musste er sich auf die Vorteile konzentrieren.

Erstens: Er hatte sich eine Familie gewünscht.

Zweitens: Sein Instinkt sagte ihm, dass Sophie eine gute Mutter sein würde.

Drittens: Paige mochte sie.

Plötzlich kam ihm eine Idee.

Der einzige Ort, an dem Sophie und er sich gut verstanden, war das Schlafzimmer. Wenn es ihm gelang, sie möglichst lange dort festzuhalten, verlor sich vielleicht irgendwann ihre Widerspenstigkeit.

Doch eins nach dem anderen. Zuerst musste er sich um ein paar Dinge kümmern.

„Nach dem Lunch suchen wir ein paar Schmuckgeschäfte auf.“

Sie hob eine Augenbraue. „Wie bitte? Warum das?“

„Wenn zwei Menschen sich verloben, Sophie, dann brauchen sie einen Ring.“

Mit weit aufgerissenen Augen schoss sie in die Höhe. Auch er erhob sich.

„Verloben?“, fragte sie.

War es wirklich ein solcher Schock? Ihr musste doch klar gewesen sein, dass er die Frage stellen würde. Verdammt noch mal, als Ehrenmann blieb ihm doch gar nichts anderes übrig!

„Cooper, ich glaube, du vergisst da etwas.“

Er holte tief Luft, griff nach ihren Händen und besiegelte sein weiteres Schicksal. „Sophie, willst du mich heiraten?“

Sie lachte. „Ganz bestimmt nicht.“

Im ersten Moment schien die Zeit still zu stehen. Dann packte er sie unsanft am Arm. Bei Gott, das war nicht der geeignete Augenblick, um Spielchen zu spielen. Ihm war die Sache ernst – ernster ging es gar nicht!

Am liebsten hätte er sie tüchtig geschüttelt. Doch er zwang sich, sie loszulassen, und erwiderte so gelassen wie möglich: „Natürlich wirst du mich heiraten. Du erwartest mein Kind.“ Das er auf jeden Fall aufwachsen sehen würde, komme was da wolle. Sophie und er würden vor den Traualtar treten, bald danach Eltern werden, und jeder wäre glücklich, verdammt noch mal!

Sophie betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn und sprach dann sehr langsam und betont deutlich. „Du hast da diese Liste. Erinnerst du dich, Cooper? Wir passen nicht zusammen. Da waren wir uns beide einig.“

Cooper ballte die Hände zu Fäusten. „Diese Situation verändert alles.“

„Inwiefern?“

„Wir müssen jetzt an das Baby denken.“

„Das tue ich.“

Er runzelte die Stirn. „Das ist nicht witzig, Sophie.“

„Lache ich etwa?“

Er bemühte sich um einen besänftigenden Ton. „Ich gebe ja zu, dass die Situation nicht gerade ideal ist. Aber du willst doch sicherlich, dass dein Kind einen Vater hat?“

„Mein Kind hat einen Vater. Ich werde nur keinen Ehemann haben.“

Mit zusammengebissenen Zähnen betrachtete er den Boden zu seinen Füßen und dachte angestrengt nach. Er war ein Stratege. Was er jetzt brauchte, war ein Plan, eine Trumpfkarte, die er ausspielen konnte.

Langsam trat er etwas näher an sie heran. „Denk doch mal an all die Vorteile, die so eine Ehe mit sich brächte. Oder hast du unsere gemeinsame Nacht schon vergessen, Sophie? Sicher erinnerst du dich noch, wie du gar nicht genug davon bekommen konntest. Wie du mich angefleht hast, weiterzumachen.“ Er trat noch etwas dichter an sie heran. „Du erinnerst dich? Oder muss ich deinem Gedächtnis etwas auf die Sprünge helfen?“

Die Röte schoss ihr ins Gesicht. Wütend erwiderte sie: „Oh, ich erinnere mich sehr gut. Vielen Dank, Cooper. Allerdings frage ich mich, wieso du denkst, dass Sex alles besser machen würde?“

Er ignorierte ihre letzte Bemerkung und erwiderte betont ruhig: „Du trägst ab jetzt eine große Verantwortung, Sophie. Und du weißt ganz genau: Ich kann dich und das Kind gut versorgen.“

„Das kannst du auch tun, ohne dass wir heiraten.“

Jetzt reichte es ihm. Dieses Gespräch war vollkommen lächerlich und dauerte schon viel zu lange. „Ich werde darüber nicht diskutieren. Dieser Punkt ist nicht verhandelbar.“

Traurig schüttelte sie den Kopf. „Es geht bereits los.“

Innerlich zählte er bis zwanzig. Dann fragte er beherrscht: „Was meinst du damit: Es geht los?“

„Du zwängst mir deine Regeln, Ansichten und Entscheidungen auf. Ich habe meine eigene Meinung, Cooper. Meine eigenen Träume. Und eine Zweckehe gehört ganz bestimmt nicht dazu.“

Ihr letzter Satz bestärkte ihn in seiner Überzeugung: Sophie war eine haltlose Träumerin. Und seine Aufgabe war es, sie mit der Realität bekannt zu machen. „Schon um des Kindes willen müssen wir dafür sorgen, dass es funktioniert.“

„Es wäre ein Riesenfehler, es auch nur zu versuchen.“

Warum war sie nur so unglaublich stur? „Ich werde dafür sorgen, dass es funktioniert.“

„Das haben meine Eltern auch immer gesagt.“

Allmählich riss ihm der Geduldsfaden. „Was haben deine Eltern damit zu tun?“

„Mein Vater und meine Mutter haben nur geheiratet, weil ich unterwegs war. Mein Vater wollte unbedingt das Richtige tun. Meine Mum hatte eigentlich ganz andere Pläne. Aber als sie dann versehentlich schwanger wurde, entschied sie, dass mein Vater der Mann fürs Leben war. Funktioniert hat das allerdings nie. Die beiden haben sich einfach nicht geliebt, und die Liebe ist auch später nicht gewachsen.“ Sie trat einen Schritt zurück. „Solange ich zurückdenken kann, war ich immer die Vermittlerin. Und genau aus diesem Grund möchte ich nur aus Liebe heiraten. Um diesen Fehler wiedergutzumachen.“

Cooper verspürte plötzlich tiefes Mitleid. Seine Eltern hatten ihn und Paige von ganzem Herzen geliebt. „Ich bin sicher, dass deine Eltern dich nicht als Fehler betrachten.“

Sophie warf ihm einen kurzen Blick zu. „Ich spreche davon, dass sie nur meinetwegen geheiratet haben.“

Cooper schüttelte den Kopf. „Was, wenn sie geheiratet hätten und glücklich gewesen wären?“

Ihr Lächeln sagte deutlich, wie wenig sie das überzeugte. „Was, wenn wir uns einfach darauf einigen, unterschiedlicher Meinung zu sein?“

Unmöglich. Er brauchte Zeit, um sie auf seine Seite zu ziehen, sie für seine Sicht der Dinge zu gewinnen. Plötzlich kam ihm ein Geistesblitz. „Wir machen einen Testlauf.“ Bis er sie so weit hatte, Vernunft anzunehmen.

Sophie betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Das ist ja völlig verrückt. Ich heirate doch nicht, um herauszufinden, ob ich mich scheiden lasse.“

Nein, nein.

Cooper trat einen Schritt näher. Diese ganzen Diskussionen brachten einfach nichts. Deshalb gab es nur eine Lösung: Er musste Sophie anderweitig überzeugen. Vorsichtig strich er mit der Hand über ihren Arm. „Ich rede davon, zusammenzuleben.“

Er schaute ihr in die Augen, sah die subtile Veränderung ihrer Körpersprache. Immerhin schien Sophie seinen Vorschlag in Erwägung zu ziehen.

Doch dann trat sie von ihm fort und entgegnete: „Kein Interesse.“

Frustriert schob er die Hände in die Taschen. Am liebsten hätte er sie gepackt und einfach in sein Schlafzimmer getragen. „Könntest du mal einen Moment zur Vernunft kommen? Du willst unserem Baby doch sicherlich die Chance geben, in einer normalen Familie aufzuwachsen?“

Ihre grünen Augen funkelten. „Die Menschen können die besten Absichten hegen, und dennoch funktioniert es nicht. Du bist Scheidungsanwalt. Da solltest du das am besten wissen.“

„Betrachte es als Experiment. Sagen wir drei Monate, um der wichtigsten Person in deinem Leben eine Chance zu geben … deinem Kind.“

Einen endlos langen Moment sah Sophie ihn nur an. Hin- und hergerissen.

„Drei Monate?“

Sie war kurz davor, nachzugeben. Gut. Und sollte sie das

Knistern zwischen ihnen vergessen wollen, dann musste er sie eben daran erinnern.

Langsam beugte er sich vor. Das Verlangen, das sie geteilt hatten, erfasste ihn mit aller Macht. Er küsste sie zwar nicht, aber er sog die Züge ihres Gesichts in sich auf – makellose Haut, verführerische Lippen, wunderschöne Augen, in denen er ertrinken konnte. Das würde sich nie ändern. Er zog sie an sich.

Zwar erwiderte sie seine Umarmung nicht, aber sie stieß ihn auch nicht von sich. „Cooper, wo auf deiner Liste befindet sich die Liebe?“

Nach einer kurzen Pause erwiderte er: „Seit heute habe ich eine andere Liste.“

Um ihre Mundwinkel zuckte es. „Netter Versuch, Cooper. Hat aber leider nicht geklappt.“

„Dann lass uns das hier versuchen.“

Er senkte den Kopf und küsste sie ebenso zärtlich wie leidenschaftlich. Tief in seinem Innern begann das Blut zu kochen, und Hitze erfasste seinen Körper. Für einen Moment war er wieder mit Sophie in seiner Hotelsuite, und der nächste Morgen schien Millionen Lichtjahre entfernt.

Mit etwas Glück würde diese Ehe ein voller Erfolg werden. Andererseits: Vielleicht brauchte er gar kein Glück. So, wie sich Sofie zitternd an ihn presste, hatte er durchaus eine gewisse Macht über sie. Und das war auch gut so.

Denn ein Scheitern war absolut indiskutabel. Er war es nicht gewohnt, zu verlieren. Und es würde nicht mehr lange dauern, bis Sophie das akzeptierte.

5. KAPITEL

Sophie war noch ganz benommen, als sie eine halbe Stunde später beim Restaurant ankamen.

Zwar warf sie einen bewundernden Blick auf die historische Fassade des Lokals, und auch der köstliche Duft nach frisch gebackenem Brot und würzigen italienischen Kräutern entging ihr nicht. Trotzdem musste sie unablässig an den überwältigenden Kuss denken, den sie geteilt hatten. Es wäre so leicht, sich Coopers Willen zu beugen …

Immerhin erwartete sie das Baby des Mannes. Deshalb war er bereit, sie zu heiraten. Doch allein die Vorstellung versetzte sie in Panik. Aus den falschen Gründen zu heiraten, hatte noch niemandem genutzt.

Am Eingang wurden sie vom Maitre in Empfang genommen, der ganz in Schwarz gekleidet war. Mit einem breiten Lächeln begrüßte er sie. „Hätten Sie lieber einen Tisch drinnen oder draußen?“

Cooper antwortete „draußen“, während Sophie gleichzeitig „drinnen“ sagte.

Sophie warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Der Wind ist eisig.“

Er begutachtete erst den Himmel, dann die Bäume am Straßenrand, die sich im Wind wiegten. „Es ist erfrischend.“

Auch sie betrachtete stirnrunzelnd die grauen Wolken. Demonstrativ wickelte sie sich fester in ihre Strickjacke.

Cooper versuchte dennoch sein Glück, indem er bemerkte: „Sie haben die Heizstrahler auf der Terrasse an.“ Sanft ließ er eine Hand über ihren Arm gleiten. „Wenn das nicht reicht, könnte ich dich warm halten.“

Ihr Körper schrie förmlich danach, Ja zu sagen, nachzugeben. Wenn sie ganz ehrlich war, dann träumte sie bereits seit etlichen Nächten davon, dass er sie erneut mit seiner Leidenschaft überwältigte – so wie er es mit dem Kuss in seinem Garten getan hatte. Doch sie blieb standhaft.

Cooper war wirklich gefährlich. Wenn sie ihrem Schwur treu bleiben wollte, stark und unabhängig zu sein, dann musste sie einen autoritären Mann wie ihn meiden. Leider war es dafür mittlerweile zu spät, was allerdings nicht hieß, dass man nicht noch Schadensbegrenzung betreiben konnte. Keinesfalls würde sie sich von ihm bezirzen lassen, ihn schließlich doch zu heiraten.

Heutzutage hatte eine Frau die Wahl – ihr standen viele Möglichkeiten offen. Niemand musste sich nur um eines Kindes willen oder aus Sicherheitsgründen einer lieblosen Ehe verschreiben. Ihr Baby wäre besser dran, ohne Vater aufzuwachsen, als in einem Haushalt, in dem sich Vater und Mutter immer nur stritten. Nie im Leben würde sie ihrem Sohn oder ihrer Tochter das zumuten, was sie selbst in ihrer Kindheit erlebt hatte. Mein Gott, wenn sie sich nur daran erinnerte, wie sie sich jedes Mal die Ohren zugehalten hatte, um die allabendlichen Auseinandersetzungen ihrer Eltern nicht mehr hören zu müssen.

Warum also zog sie Coopers Vorschlag eines dreimonatigen Testlaufs überhaupt in Erwägung?

Eine kalte Brise streifte ihr Gesicht, worauf sie sich an den Maitre wandte. „Wir nehmen einen Tisch drinnen, vielen Dank.“

Der junge Mann zögerte. Doch als Cooper nickte, griff er nach zwei Speisekarten und führte sie ins Innere des Restaurants, das elegant und gemütlich zugleich wirkte. Eine große Bar aus dunklem, glänzendem Holz dominierte den hinteren Teil des Raums. Frische Blumen schmückten die Tische mit den weißen Leinentischdecken. Doch es war vor allem die Wand zur Linken, die Sophies Aufmerksamkeit erregte. An ihr hingen zahlreiche Familienfotografien – alte wie neue.

Sophie hatte es eigentlich immer genossen, ein Einzelkind zu sein – man musste weder ein Schlafzimmer noch den Fernseher und schon gar nicht die Eltern teilen. Aber manchmal konnte es verdammt einsam sein. Wie es wohl wäre, in einer großen, lebhaften Familie aufzuwachsen? So wie jene, die auf dem Bild in der Mitte einen Kindergeburtstag feierten. Sie sahen alle so glücklich aus.

Sophie dankte dem Maitre, als der ihr einen Stuhl zurechtrückte. Nachdem sie Platz genommen hatte, stellte sie ihre Handtasche ab, legte die Hände auf den Tisch und spielte zerstreut an ihrem Armband mit dem Kleeblattanhänger herum.

Ein Sonnenstrahl fiel durchs Fenster direkt auf das Schmuckstück und brachte es zum Glänzen. Cooper beugte sich vor und studierte es interessiert. „Wer hat dir dieses Glücksarmband geschenkt? Eine verrückte Tante?“

Beim Wort „verrückt“ zuckte Sophie unwillkürlich zusammen.

Sie lehnte sich zurück, sodass der Maitre ihr eine Serviette auf den Schoß legen konnte. „Ich habe es selbst gekauft. Kurz vor der Hochzeit.“

Mit einem überheblichen Lächeln griff Cooper nach der Wasserkaraffe auf dem Tisch und füllte ihr Glas. „Und seitdem hast du es nicht mehr abgenommen?“

Oh, ja. Er war wirklich die Selbstsicherheit in Person.

Langsam hob sie das Glas. „Genau genommen lässt sich der Verschluss nicht mehr öffnen.“

Er zögerte kurz, ehe er sich ebenfalls Wasser einschenkte. „Ich verstehe.“

Nachdem er die Karaffe abgestellt hatte, bedeutete Cooper dem Maitre mit einer knappen Geste, dass er sich entfernen konnte. Der Mann hatte doch tatsächlich versucht, auch ihm eine Serviette auf den Schoß zu legen! Wo gab es denn so was? Mit einem empörten Schnauben griff Cooper nach der Speisekarte und studierte die Vorspeisen.

Als sie sah, dass er abgelenkt war, richtete Sophie hastig die Locken, die der Wind völlig zerzaust hatte. Dann wickelte sie sich noch mal ein wenig fester in ihre Strickjacke und griff ihrerseits zur Karte.

Obwohl ihr der Magen knurrte, konnte sie sich einfach nicht aufs Essen konzentrieren. Die Schwangerschaft würde ihr Leben und das von Cooper auf ewig verändern, aber es würde natürlich auch Auswirkungen auf Coopers Schwester haben – die zufälligerweise eine ihrer besten Schülerinnen war.

Entschlossen legte sie die Karte zur Seite. „Was glaubst du, wie Paige reagieren wird, wenn sie die Neuigkeit erfährt?“

Eigentlich konnte sie sich ihre Frage selbst beantworten – zweifellos würde der Teenager großes Interesse zeigen.

Als Paige nach einer Englischstunde zum ersten Mal an sie herangetreten war, um mit ihr über Sex und ihren Freund zu sprechen, da hatte Sophie ihr geraten, mit ihrer Mutter zu reden. Nachdem sie erfahren hatte, dass es bei Paige zu Hause nur einen überbesorgten Bruder gab, hatte sie die Vertrauenslehrerin der Schule empfohlen. Doch Paige ließ nicht mit sich reden – in dieser heiklen Angelegenheit wollte sie sich nur ihrer Lieblingslehrerin anvertrauen.

Cooper war bereits bei der Auswahl des Desserts angelangt. Kurz schaute er zu ihr herüber, wobei sein Blick ihr Gesicht zu streicheln schien. „Ich habe sie nur in den höchsten Tönen von Miss Gruebella reden gehört. Es scheint so, als hättest du überall deine Fans.“

Auch wenn ihr sein eindringlicher Blick durch und durch ging, bei der Erwähnung ihres Nachnamens zuckte sie wie immer zusammen. „Können wir nicht einfach so tun, als hätte ich keinen Nachnamen?“

Coopers sofortiges bereitwilliges Nicken ließ sie stutzen. Zum ersten Mal dachte sie im Zusammenhang mit ihrem Vornamen an seinen Nachnamen.

Sophie Smith?

Sie biss sich auf die Lippe, als sie den verrückten Impuls unterdrücken musste, nach einem Stift zu greifen und die Unterschrift auf der Serviette von Coopers Brotteller zu üben. Sie dachte immer noch darüber nach, als plötzlich ein anderer Gedanke aufblitzte. Unwillkürlich verkrampfte sich ihr Magen.

Welchen Nachnamen würde ihr Baby tragen?

Cooper legte seine Speisekarte ab. „Paige wird vermutlich gleich eine Party schmeißen wollen, wenn sie erfährt, dass sie Tante wird. Sie hat Babys schon immer geliebt.“

Das wusste Sophie auch. Paige hatte ihr bereits mehr als einmal verraten, wie sehr sie sich später eigene Kinder wünschte. Hoffentlich gab sie sich erst mal mit regelmäßigem Babysitten zufrieden. Sie hatte wirklich noch mehr als genug Zeit.

Wieder einmal musste Sophie daran denken, wie schlagartig sich ihr Leben verändert hatte. Oft hatte sie sich gefragt, ob sie eines Tages Mutter werden würde. Sie konnte immer noch nicht so recht glauben, dass es jetzt tatsächlich passiert war … und noch dazu auf diese Weise.

Cooper beugte sich vor und fragte leise, aber bestimmt: „Also, über was hast du mit Paige geredet? Was soll ich nicht erfahren?“

Zum Glück konnte er keine Gedanken lesen. „Vertrauliche Informationen – tut mir leid.“

„Lehrerin und Schülerin? Ähnlich wie das Beichtgeheimnis?“

„Vielleicht sogar noch heiliger.“

Er brach den Augenkontakt ab, um den Kellner heranzuwinken. „Paige ist aber nicht zufälligerweise die Schülerin, von der du mir auf der Hochzeit erzählst hast? Das Mädchen, das von seinem Freund unter Druck gesetzt wird?“

Sophie zwang sich dazu, völlig gelassen zu reagieren. Sie lachte sogar. „Gott bewahre, nein.“

Sie traute Paige zu, alle Aspekte zu bedenken, ehe sie „den nächsten Schritt“ wagte. Immerhin war Coopers Schwester beinahe siebzehn – eine neugierige junge Frau und kein Kind mehr. Dennoch war Sophie froh, dass Paige die nächsten paar Monate in Europa verbringen würde. Etwas von der Welt zu sehen, rückte diese erste große Liebe vielleicht ins rechte Licht.

Das brachte Sophie zurück zu ihrer eigenen Situation.

Cooper und sie hatten noch gar nicht darüber gesprochen, was alles erlaubt sein sollte, wenn sie sich tatsächlich auf den dreimonatigen Testlauf einließ. Sex oder kein Sex? Die Frage aller Fragen.

In ihrer Erinnerung durchlebte sie noch einmal die Nacht, die sie gemeinsam verbracht hatten. Sofort beschleunigte sich ihr Puls. Die ungeschminkte Wahrheit war, dass sie nur zu gerne noch einmal eine derartige Nacht erlebt hätte. Aber welche Frau hätte das nicht? Doch wenn sie Cooper erlaubte, mit ihr zu schlafen, dann würde er seine sinnliche Macht zweifellos dazu benutzen, um sie zu manipulieren. Der heutige Kuss hatte sie regelrecht umgehauen. Welcher Schutz blieb denn noch, wenn sich ein einfacher Kuss in wochenlangen, nein monatelangen atemberaubenden Sex verwandelte?

So sehr sie sich auch danach sehnte, ihn wieder zu berühren und seine nackte Haut an ihrer zu spüren – es wäre einfach nicht klug. Innerhalb kürzester Zeit würde sie zu allem nur noch Ja und Amen sagen.

Außerdem würde so ein Test nichts an ihrem Verhältnis ändern. Cooper wäre immer noch unerträglich autoritär, was sie ihm ständig vorhalten würde, woraufhin er nur noch unerträglicher werden würde und so weiter und so fort. Sollte sie sich also tatsächlich dazu entschließen, drei Monate unter seinem Dach zu verbringen, dann musste sie ihre fünf Sinne beisammen und ihre Kleider anbehalten.

Am besten stellte sie das gleich von Anfang an klar.

Sie holte tief Luft. „Cooper, ich muss dir sagen, dass …“

In diesem Moment klingelte sein Handy. Cooper legte einen Finger auf den Mund, griff in seine Jacketttasche und blickte aufs Display. „Tut mir leid, den Anruf muss ich entgegennehmen.“

Frustriert lehnte sich Sophie zurück. „Natürlich.“

Währenddessen kehrte der Maitre zurück. „Der Gentleman und Sie sind hoffentlich mit allem zufrieden? Ist Ihnen warm genug? Wir können auch das Feuer anmachen. Momentan sind Sie unsere einzigen Gäste. Daher können wir uns voll und ganz nach ihren Wünschen richten.“

Sophie blickte zu Cooper hinüber, der mit gesenktem Kopf, den Finger am Ohr, zu Boden schaute und telefonierte. Sie lächelte. „Ein Feuer wäre wunderbar.“

Der Maitre nickte und wandte sich ab. Cooper beendete das Gespräch. „Habe ich irgendetwas verpasst?“

Sie schlüpfte aus ihrer Strickjacke. „Nichts Wichtiges.“

Er legte das Handy auf dem Tisch ab und nickte. „Jetzt bin ich ganz Ohr.“

„Also schön, nehmen wir nur mal für einen kleinen Augenblick an, ich würde mich tatsächlich auf diese dreimonatige Probephase einlassen …“ Sie ignorierte das triumphierende Funkeln in seinen Augen. „Dann müssen wir festlegen, wie wir das mit dem Schlafen ma…“

Schon wieder klingelte das Handy. Cooper blickte erneut aufs Display und nahm den Anruf entgegen. „Entschuldige bitte.“

Sophie seufzte leise. War das ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie das Leben mit Cooper aussehen würde? Männer wie er waren in der Regel stark beschäftigt – oft hatten sie einsame Ehefrauen. Ihre Freundin Wendy musste das auch gerade feststellen. Noah hatte sogar ihre Flitterwochen in Singapur für einen dringenden Auftrag abgebrochen. Wendy behauptete, dass sie Verständnis dafür hatte – wenn eine Frau mit einem gewissenhaften und erfolgreichen Geschäftsmann verheiratet war, dann blieb ihr auch gar nichts anderes übrig.

Cooper beendete das Gespräch. Sein Blick begegnete Sophies. „Was wolltest du eben sagen?“

Sophie öffnete bereits den Mund, um zu antworten, da sah sie, wie er sich plötzlich umdrehte und interessiert zum Eingang sah. Dann lächelte er. „Sieh mal einer an, wer da kommt.“

Neugierig blickte nun auch Sophie zum Eingang. Im nächsten Moment krampfte sich ihr Magen zusammen, und Panik machte sich breit.

„Was macht sie denn hier?“, zischte sie und drehte sich rasch wieder um. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. „Hast du das etwa arrangiert?“

Seine Aufmerksamkeit blieb auf den Neuankömmling gerichtet. „Nein, aber ich wünschte, ich hätte es. Das wird ein Riesenspaß.“

Cooper schob bereits seinen Stuhl zurück und stand auf, um die hübsche Penny Newly zu begrüßen, die sie bereits am Eingang gesichtet hatte. Er legte den Zeigefinger an die Schläfe und täuschte ein schlechtes Gedächtnis vor.

„Kennen wir uns nicht irgendwoher?“, murmelte er nachdenklich, um gleich darauf mit den Fingern zu schnippen. „Natürlich! Die Hochzeit.“ Er wandte sich an Sophie. „Ihr kennt euch auch, nicht wahr, Sweetheart?“

Sophie wäre am liebsten im Erdboden versunken. Dies war einer der bedeutendsten Momente in ihrem Leben. Warum musste die taktlose Penny Newly ausgerechnet jetzt auftauchen? Und Cooper machte mit seinem theatralischen Auftritt alles nur noch schlimmer. Als hätte ihr dramatischer Abgang von der Hochzeitsfeier nicht schon für ausreichend Gesprächsstoff gesorgt.

Doch wenn sie ganz ehrlich war – in dem kaum besuchten Restaurant konnte sie Penny nicht dadurch brüskieren, dass sie sie ignorierte. Vielleicht war es gar keine so schlechte Idee, ihre Unsicherheit zu überwinden und den Vorteil zu nutzen.

Sophie holte tief Luft und wandte sich mit einem Lächeln an ihre Quasi-Freundin. „Penny!“, rief sie aus. „Ich wusste gar nicht, dass du auch in diesem Teil der Stadt unterwegs bist.“

Pennys Gesichtsausdruck zeigte deutlich ihre Neugier. Sie trat sofort näher, worauf Sophie ihr teures Parfum riechen konnte. Penny sah großartig aus. Das weiße Designerkleid hob sich vorteilhaft von ihrer gebräunten Haut ab. Ihre aschblond gefärbten Haare saßen wie immer perfekt.

Sophies freundliche Begrüßung nahm Penny mit einem nachlässigen Nicken zur Kenntnis. Dann richtete sich ihre Aufmerksamkeit sofort auf Cooper. Ein bewunderndes Lächeln spielte um ihre Lippen. „Ich erinnere mich sehr gut an Sie. Allerdings glaube ich nicht, dass wir einander schon vorgestellt worden sind.“

Cooper ergriff ihre Hand. „Dann wird es aber Zeit.“

Sophie hielt den Atem an.

Wag es ja nicht, zu viel zu verraten.

„Cooper Smith.“ Er blickte auf Sophie hinab. „Sophie und ich wollten uns gerade ein ausgiebiges Mittagessen gönnen. Das Frühstück haben wir verpasst.“ Sein Grinsen war äußerst charmant. „Sie wissen ja, wie das so geht.“

Penny hob eine Augenbraue und sah zweifelnd zu Sophie hinüber. Ein bisschen verspätet lachte sie, vollstes Verständnis vortäuschend. „Sie sind sich bei der Hochzeit zum ersten Mal begegnet?“

Cooper beugte sich zu ihr herüber. „Glauben Sie an das Schicksal?“

Pennys Brust hob und senkte sich, während sie ihm ihren schönsten Schlafzimmerblick zuwarf. „Ich denke schon … ja“, murmelte sie ein wenig atemlos.

„Mir geht es genauso.“ Bewundernd schaute er zu Sophie hinunter, die prompt die Augen verdrehte. Was für ein Schauspieler. Er zwinkerte ihr zu, ehe er sich wieder Penny zuwandte. „Möchten Sie sich zu uns setzen?“

Penny biss sich auf die Lippe, so als ziehe sie es in Erwägung, doch dann schüttelte sie den Kopf. „Ich bin mit jemandem verabredet. Aber das können wir bei meiner Party nächsten Monat nachholen.“

Sie warf einen Blick zu Sophie hinüber. Sophie grinste. Pennys Lippenstift war viel zu dunkel. Und inzwischen an den Rändern verwischt.

„Sophie-Schatz, ich bin sicher, dass ich dir eine Einladung zugeschickt habe …“, sagte Penny.

Was konnte sie darauf noch sagen? Sophie gab vor, nachzudenken. „Kann schon sein. Ich weiß nicht, ob ich eine Einladung gesehen habe.“

Doch Pennys Aufmerksamkeit gehörte bereits wieder Cooper. Sie sprudelte förmlich über. „Kein Problem. Ich schicke eine neue raus.“

Cooper neigte leicht den Kopf. „Ich freue mich bereits darauf, Sie dort wieder zu sehen.“

Als Penny mit schwingenden Hüften davonging, grinste er Sophie an. „Das dürfte die Gerüchteküche in Gang gesetzt haben.“

„Es überrascht mich, dass du mich nicht gleich noch mit einem Salto über deine Schulter geworfen hast.“

Cooper nahm wieder Platz. „Schade. Daran hätte ich denken sollen.“

Sie wollte ihn tadelnd anschauen, doch insgeheim hatte sie die Szene genossen. Cooper hatte ganz sicher eine ernste Seite an sich, aber mit ihm konnte man auch verdammt viel Spaß haben.

Er legte seine warme Hand über ihre, woraufhin sofort Schmetterlinge in ihrem Bauch zu tanzen begannen. „Jetzt rede mit mir.“

Seine tiefe Stimme jagte Schauer durch ihren Körper. Nur mit Mühe gelang es ihr, eine ausdruckslose Mine aufzusetzen. Es war bestimmt sicherer, ihre Hand zurückzuziehen. Und das würde sie auch tun … in einer Minute.

„Wenn ich also der dreimonatigen Probezeit zustimme …“

Er nickte und rückte näher an sie heran.

Sofort stockte ihr der Atem, und sie bekam weiche Knie. „Dann ist Sex tabu.“

Cooper blickte sie einen Moment lang schweigend an. Dann fragte er ruhig: „Gibt es ein Problem in der Schwangerschaft? Komplikationen?“

„Nein, nicht das, was du denkst. Dem Baby geht es gut.“ Sein bohrender Blick brachte sie ganz und gar aus der Fassung. Rasch fuhr sie fort: „Eins sollte dir klar sein: Ich glaube nicht, dass unser Testlauf irgendetwas ändert. Eine Ehe zwischen uns wird nicht funktionieren. Bei jedem anderen Paar hättest du schon längst zugestimmt.“

Er lächelte ungerührt und wischte ihren Einwand mit einer lässigen Handbewegung beiseite. „Das müssen wir nicht noch einmal besprechen. Unser Kind verdient die bestmögliche Chance.“ Mit dem Daumen strich er über ihren Handrücken, was die Schmetterlinge gleich wieder tanzen ließ. „Aber ein derartiger Test macht nur Sinn, wenn alle Bedingungen stimmen. Und das bedeutet: Sex ist definitiv im Spiel.“

Die Sehnsucht in ihrem Inneren drohte sie zu überwältigen, dennoch entzog sie Cooper mit einem Ruck die Hand. Ihre Wangen waren brennend rot. Heftig schüttelte sie den Kopf. „Keine Chance. Das würde nur unser Urteilsvermögen trüben.“

„Wir müssen aber darüber urteilen, ob wir unserem Kind ein sicheres, glückliches Zuhause geben können.“

Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Wenn er es so formulierte …

Rasch ballte sie die Hände zu Fäusten. Zur Hölle, er war Anwalt – mit allen Wassern gewaschen. Wenn jemand wusste, wie man mit Worten umzugehen hatte, dann er. Aber sie würde er nicht so einfach einwickeln, oh, nein, sie würde nicht von ihrem Standpunkt abrücken. „Du versuchst nur, mich zu verwirren.“

Lässig öffnete er einen Manschettenknopf und rollte den Ärmel seines Hemds auf. „Denk darüber nach“, entgegnete er. „Wir sind praktisch Fremde und dennoch für immer aneinander gebunden. Natürlich müssen wir uns besser kennenlernen. Und meiner Meinung nach ist es am besten, da anzusetzen, wo wir aufgehört haben … und wo wir uns am besten verstehen.“

Mit einiger Verzögerung merkte sie, dass sie ihn immer noch anstarrte. Das Hemd hob sich leuchtend weiß von seiner bronzefarbenen Haut ab. Seine Arme wirkten so kräftig … so stark. Unwillkürlich erinnerte sie sich daran, wie es sich angefühlt hatte, in diesen Armen zu liegen.

Erst als ihre Brustspitzen hart wurden, kehrte Sophie mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück. Jetzt mit ihm zu streiten, hatte keinen Sinn. Momentan fehlte ihr dazu einfach die Kraft. Also musste sie sich einfach immer wieder daran erinnern, dass er gefährlich war. Und dass sie heikle Situationen unbedingt vermeiden musste. Im Notfall konnte sie ihre Schlafzimmertür ja immer noch abschließen.

Sie hob den Kopf und blickte ihm gerade in die Augen. „Also gut. Paige geht in zwei Wochen nach Frankreich. Gestern hat sie mich gefragt, ob ich sie am Flughafen verabschieden würde. Das wäre ein guter Zeitpunkt, um unseren Testlauf zu beginnen. Doch bis dahin bitte keinerlei Kontakt.“ Rasch fügte sie noch hinzu: „Ich habe einiges zu organisieren und erledigen.“

Cooper lächelte triumphierend. „In Ordnung.“ Dann beugte er sich vor, um ihre Vereinbarung mit einem Kuss zu besiegeln.

Doch Sophie hob hastig die Hand. „Halt! Hast du vergessen, dass wir uns in Sachen Sex noch nicht einig sind?“

Mit einem teuflischen Funkeln in den Augen schob er ihre Hand zur Seite. „Küss mich – vielleicht hilft es meinem Gedächtnis auf die Sprünge.“

Ehe sie sich eine weitere Ausrede ausdenken konnte, hatte er sie auch schon an sich gezogen. Seine Lippen streiften die ihren und verharrten lange genug, um ihren Puls zu beschleunigen und ihren Widerstand zu lähmen. Erst als er begann, unter dem Tisch ihr Bein zu streicheln, löste sie sich erschreckt von ihm.

Innerlich kämpfte sie gegen die Hitze an, die er in ihrem Körper entfacht hatte. „Vergiss nie, dass ich dies wider besseres Wissen tue.“

Er schüttelte die Serviette aus und legte sie über seinen Schoß. „Zum Glück täuscht dich dein Wissen.“

6. KAPITEL

Zwei Wochen später trafen sich Sophie, Paige und Cooper am Flughafen.

Paige war sichtlich nervös, gab sich aber so cool wie möglich. Schließlich wollte sie vor ihrem großen Bruder nicht als Baby dastehen.

Sophie lächelte ihr aufmunternd zu und flüsterte in einem unbeobachteten Moment: „Mach dir keine Sorgen. Du kannst mich jederzeit anrufen.“

Paige schluckte schwer. „Klar. Ich freu mich ja auch total. Aber irgendwie habe ich auch Angst.“

Cooper war neugierig näher getreten und hatte die letzten Worte mitbekommen. Er legte Paige den Arm um die Schultern. „Zwei Monate in Frankreich sind doch ein unvergessliches Abenteuer.“

Sophie betrachtete Paige und ihren großen Bruder, die für einen kurzen Moment alle Streitereien vergessen hatten. Cooper sah heute Morgen einfach unglaublich gut aus! Rasch riss sie sich von seinem Anblick los und konzentrierte sich auf Paige, die für den langen Flug nach Paris in eine bequeme Jeans und eine weit geschnittene Designerbluse gekleidet war. Im Moment wirkte sie schmaler und verletzlicher als jemals zuvor.

Cooper drückte seine Schwester noch einmal ganz fest an sich. „Wenn du irgendwelche Probleme mit deiner Gastfamilie hast, dann wird eure Französischlehrerin sich sofort darum kümmern.“

Sophie fügte hinzu: „Es ist doch toll, dass Madame Laurent auch mitkommt, oder?“

Wenn es der Stundenplan erlaubte, verbrachten Sophie und Madame Laurent die Lunchpause gemeinsam im Lehrerzimmer. Bestimmt würde die quirlige Französin sich fragen, was ihre Kollegin heute am Flughafen zu suchen hatte. Um neugierige Fragen zu vermeiden, hatte Sophie ihr daher von sich und Cooper erzählt. Natürlich war es ihr nicht leichtgefallen, etwas derart Persönliches zu offenbaren. Aber Madame Laurent hatte sehr erfreut reagiert.

Vermutlich würde das ganz anders aussehen, wenn sie die Information über ihre Schwangerschaft enthüllte – zumal die Leute sowieso schon zu tuscheln schienen.

Paige biss sich auf die Lippe. „Die Zeit wird ganz schnell vergehen, oder?“

Ein liebevoller Schimmer trat in Coopers Augen, während er sanft über die Wange seiner kleinen Schwester strich. „Wir sind doch schon oft gereist. Glaub mir, die Wochen werden wie im Flug vergehen.“

Sophie lächelte Paige noch einmal beruhigend zu und lehnte sich für einen kurzen Moment an Cooper, der ihr eine Hand auf den Rücken gelegt hatte. Nur mit Mühe konnte sie sich davon abhalten, die Augen zu schließen – so intensiv war das glühende Verlangen, das er prompt in ihr weckte.

Wie vereinbart hatten sie sich in den vergangenen vierzehn Tagen nicht gesehen. Doch heute Morgen hatte er sie abgeholt und zum Flughafen mitgenommen. Natürlich ließ sich Sophie in Paiges Anwesenheit nichts anmerken. Aber allein Coopers Anblick reichte aus, um ihre Knie weich werden zu lassen. Die Luft zwischen ihnen schien vor unterdrückter Erregung nur so zu knistern. Und tief in ihrem Inneren verspürte Sophie die vertraute Hitze, die sich langsam in ihrem ganzen Körper ausbreitete.

Natürlich spielte Sex eine wichtige Rolle. Aber die Wärme, die Sophie jetzt empfand, hatte auch noch einen anderen Grund: Zum allerersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, Teil einer Familie zu sein – ein Gedanke, an den sie sich nur allzu schnell gewöhnen könnte.

Madame Laurents Stimme riss sie mit einem Ruck aus ihren Gedanken. Die Französin stand bei einer Gruppe Eltern und rief mit hektisch geröteten Wangen: „Mr. Smith, könnte ich Sie kurz sprechen?“

Cooper nickte und wandte sich dann an Sophie: „Ich bin gleich wieder da.“

Kaum war er weg, begann Paiges coole Fassade zu bröckeln. Mit düsterem Blick betrachtete sie den Flugsteig, den sie bald betreten würde. Dabei seufzte sie so tief, dass sie zu zittern begann. „Verdammt! Wenn ich nur Hallam nicht so lange allein lassen müsste.“

Hallam Gregson: Student im ersten Semester, Paiges Freund und die erste große Liebe ihres Lebens.

Sophie warf Paige einen aufmunternden Blick zu. „Er wird doch immer noch hier sein, wenn du zurückkommst.“

„Ich weiß, dass Sie nicht daran glauben, dass es hält“, erwiderte Paige ernst. „Aber Hallam und ich, wir lieben uns wirklich. Wie Romeo und Julia.“

Ein Schauer lief über Sophies Rücken. Das Stück hatte sie mit ihren Schülerinnen letztes Jahr durchgenommen. So ein trauriges Ende!

Offensichtlich brauchte Paige etwas Aufmunterung. Und eine Prise gesunder Menschenverstand konnte bestimmt auch nicht schaden. „Was hältst du davon, wenn du Hallam nach deiner Rückkehr sonntags mal zum Barbecue einlädst?“

Seit Monaten schon erzählte das junge Mädchen voller Leidenschaft von ihrem Freund. Doch die mehrwöchige Trennung würde vielleicht einiges verändern. Wenn Paiges Gefühle nach ihrer Rückkehr jedoch immer noch genauso stark waren, dann wäre es vielleicht an der Zeit, Hallam der Familie vorzustellen.

Sophie lächelte beruhigend. „Wenn du möchtest, könnte ich sogar vorher mit Cooper reden. Ihn ein wenig vorbereiten.“

Paige wurde ganz blass. „Nein, tun Sie das bitte nicht. Er würde ausrasten. Als Cooper vor zwei Jahren herausgefunden hat, dass ich einen Jungen geküsst habe, da ist er komplett durchgedreht.“

Das konnte sich Sophie nur zu gut vorstellen. Dennoch … „Ich bin sicher, dass er versteht, dass du mittlerweile kein kleines Kind mehr bist.“

Seine Schwester schien davon jedoch ganz und gar nicht überzeugt. „Cooper denkt doch immer noch, dass ich ein Baby bin. Als großer Bruder ist er echt super. Aber er versteht kein bisschen, wie ein Mädchen tickt. Jeden Tag hält er mir den gleichen Vortrag: Ich bestimme die Regeln, und du musst sie einfach nur befolgen, bla bla bla.“

In diesem Moment kam Cooper zurück. Mit einer Hand fuhr er sich durch das dichte, schwarze Haar.

Immer wenn sie ihn ansah, machte Sophies Herz einen Satz, und tiefe Sehnsucht erfasste sie. Die drei Monate mit ihm würden eine Tortur werden. Zumal sie sich geschworen hatte, seinen Verführungsversuchen auf gar keinen Fall zu erliegen. Cooper und sie mussten einen kühlen Kopf bewahren. Nur so konnten sie eine vernünftige Entscheidung über ihre gemeinsame Zukunft treffen.

Unglücklicherweise konnte sie sich kaum vorstellen, mit Cooper verheiratet zu sein, sie hatte aber überhaupt kein Problem damit, sich vorzustellen, wie sie miteinander ins Bett gingen. Wenn sie ganz ehrlich war, dann hatte sie seit ihrem letzten Treffen – abgesehen von ihrem Baby – kaum an etwas anderes gedacht.

Cooper wandte sich an Paige. „Ich habe gerade mit Madame Laurent gesprochen. Es geht los.“

Paige stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte Sophie ins Ohr: „Vielen Dank, dass Sie heute gekommen sind – und mir zugehört haben.“ Dann schlang sie die Arme um Coopers Taille. Er küsste sie aufs Haar und erwiderte die Umarmung. „Denk dran, Paige, dass du ordentlich frühstückst. Und nimm dich vor den französischen Jungs in Acht.“

Paige löste sich und ging zu den anderen hinüber. Mit glänzenden Augen drehte sie sich noch einmal um und winkte, ehe sie den Check-in-Bereich betrat. „Ich schicke euch eine Karte vom Louvre.“

Cooper winkte zurück. „Bon voyage! Ruf an, wenn du angekommen bist.“

Paige legte die Hände um den Mund, während sie die Sicherheitsschleuse betrat und sich dort in die lange Schlange einreihte. „Übrigens: Ich finde, ihr beiden seht klasse zusammen aus!“

Sophie atmete langsam aus. Dann sah sie Cooper vorsichtig an. Ihr fiel mal wieder auf, wie sexy sein Mund wirkte. Er lächelte spöttisch. „So. Ich schätze, jetzt sind wir beide allein.“

Als sie die Flughalle durchquerten, wurde Sophie ganz flau im Magen. Die heutige Nacht war die erste, die sie zusammen verbrachten. In Coopers Haus. Allein. Genau wie Paige war sie freudig erregt und zugleich zu Tode verängstigt.

Während Cooper sich kurz umblickte, trat sie blitzschnell auf eins der vielen Laufbänder des Flughafens. Cooper bemerkte erst einige Sekunden später, dass er seine Begleiterin verloren hatte. Verblüfft blieb er stehen und sah sich um. Sophie setzte ein betont trauriges Gesicht auf, winkte zum Abschied und ließ sich vom Laufband weiter forttragen.

Coopers Augen blitzten auf, ehe er zum Sprint ansetzte und schließlich mit einem eleganten Sprung über das Geländer hechtete und direkt neben ihr landete.

Überrascht und ein wenig verunsichert lachte Sophie auf, während er sich darum bemühte, die Balance wiederzufinden. Dann verschwand das Lächeln plötzlich von Coopers Gesicht, seine Augen nahmen eine dunklere Färbung an. Mit einem Ruck zog er Sophie in seine Arme und knurrte: „So schnell wirst du mich nicht los. Ich war drei Jahre lang Regionalmeister im Sprint.“

Sein Mund war nur wenige Zentimeter von ihren eigenen Lippen entfernt. Sophie atmete tief seinen männlich-herben Duft ein, und plötzlich hätte sie beinahe dem überwältigenden Drang nachgegeben, ihre Arme um seinen Nacken zu schlingen und ihn stürmisch zu küssen. Kein guter Start angesichts der Tatsache, dass sie ihm um jeden Preis widerstehen wollte.

Also bekämpfte sie den Impuls, strich sich stattdessen die Locken zurück und wechselte schnell das Thema. „Bist du viel gereist?“

Er trat zwar einen Schritt zurück, blieb ihr aber immer noch sehr nahe – seine Brust berührte beinahe ihre Schulter. „Ich kann nicht klagen, habe einiges gesehen. Und du?“

„Noch nicht. Aber ich will unbedingt noch den Eiffelturm, das Kolosseum und Big Ben sehen … eigentlich will ich alles sehen.“

„Auch wenn du in nächster Zeit sicherlich so schnell kein Flugzeug mehr betreten wirst.“ Er legte eine Hand auf ihren Bauch. „Das könnte vorzeitige Wehen auslösen.“

Sophie runzelte die Stirn. „Gilt das nicht erst ab der sechsunddreißigsten Woche?“ Molly Saunders, eine Kollegin, die im vergangenen Jahr ihr erstes Kind bekommen hatte, hatte ihr das erzählt.

Coopers Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, wie ernst ihm diese Sache war. „In deinem Zustand kann man gar nicht vorsichtig genug sein.“

Mit Mühe unterdrückte Sophie eine schnippische Entgegnung. Dachte Cooper wirklich, dass er so einfach über ihr Leben bestimmen könnte? Nun – falls das der Fall war, hatte er sich gründlich getäuscht! Und das würde ihm auch schon sehr bald klar werden! Entschlossen drehte sie sich um und ging in Richtung Ausgang.

Zehn Minuten später saßen sie in den weichen Ledersitzen seines Wagens. Cooper drehte den Zündschlüssel, und der Motor sprang mit einem leisen Surren an. Erleichtert lehnte Sophie sich in ihrem Sitz zurück. Ihr Rücken schmerzte, und sie hatte ganz und gar keine Lust auf eine erneute Auseinandersetzung.

Doch offensichtlich hatte sie sich zu früh gefreut. Denn statt loszufahren, drehte Cooper sich zu ihr um und musterte sie schweigend. Dann fragte er ruhig: „Wann wirst du mich übrigens deiner Familie vorstellen? Sie wollen doch bestimmt den Vater ihres zukünftigen Enkels kennenlernen.“

Ein kalter Schauer überlief Sophie. Unwillkürlich krampfte sie die Finger um den Griff ihrer Handtasche, wandte den Kopf ab und starrte blicklos aus dem Fenster. „Keine Eile. Sie wohnen ohnehin ein paar Stunden entfernt.“

Cooper wartete schweigend auf eine Erklärung. Als Sophie nur stumm aus dem Fenster starrte, legte er mit einem Seufzer den Rückwärtsgang ein und fuhr los. Während er den Wagen durch den dichten Verkehr manövrierte, warf er ihr einen kurzen Seitenblick zu. „Übertreibst du nicht ein wenig? Wir können dieses Treffen schließlich nicht ewig aufschieben. Außerdem werde ich ja dabei sein, wenn du es deinen Eltern erzählst.“

Sophie konnte sich die Szene bereits vorstellen – ihre Mutter unsicher, ob sie glücklich oder verzweifelt sein sollte, ihr Vater hin- und hergerissen zwischen Stolz und Sorge.

Sie seufzte resigniert. „Wahrscheinlich werden sie gleich auf einen Hochzeitstermin pochen.“

Sanft legte er eine Hand über ihre. „Wir werden ihnen bald einen Termin geben können.“

Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie darüber nach, ihm ihre Hand zu entziehen. Es behagte ihr nicht, dass er die Heirat für eine Selbstverständlichkeit hielt. Nein, es behagte ihr ganz und gar nicht.

Cooper war viel zu selbstsicher. Offensichtlich bekam er immer, was er wollte. Hindernisse wurden einfach aus dem Weg geräumt, notfalls auch mit ein wenig Gewalt.

Und trotzdem – seine Berührungen gingen ihr einfach unter die Haut. Er musste einfach nur ihre Hand berühren, und schon verspürte sie ein Kribbeln bis in die Zehenspitzen.

Doch das war nicht genug. Jedenfalls nicht für eine Ehe!

Sophie holte tief Luft, um zu einer Entgegnung anzusetzen. Doch im selben Moment fuhr Cooper mit dem Daumen sacht über ihre Handfläche.

Das Verlangen raubte ihr augenblicklich sämtliche Worte. Nur mit Mühe konnte Sophie ein Aufstöhnen unterdrücken. Ihr ganzer Körper schien in Flammen zu stehen. Flehentlich blickte sie zu Cooper hinüber.

Gelassen lehnte er in seinem Sitz, scheinbar ganz auf den Verkehr konzentriert. Nur der spöttisch verzogene Mundwinkel verriet, wie sehr er ihre Reaktion genossen hatte.

So lächelte ein Sieger.

Doch noch war der Kampf nicht verloren. So gelassen wie möglich erwiderte Sophie: „Freu dich bloß nicht zu früh. Ich bin noch meilenweit davon entfernt, einer Heirat mit dir zuzustimmen. Nur weil du es dir wünschst, heißt das noch lange nicht, dass es auch geschieht.“

Bisher hatte es wohl noch niemand gewagt, Cooper Smith seine Grenzen aufzuzeigen. Das war das Problem.

Folgerichtig warf er ihr einen völlig unbekümmerten Blick zu. „Das sehe ich anders.“

Sophie hob eine Augenbraue und musterte ihn von oben bis unten. „Sind alle Anwälte derart arrogant?“

„Sind alle Lehrerinnen derart dickköpfig?“, konterte er.

Enttäuschung erfasste sie. Lächerlich! Alle fünf Minuten gerieten sie in neue Streitereien. So konnte es einfach nicht weitergehen!

Rasch entzog sie ihm ihre Hand. „Du weißt wirklich, wie man einer Frau schmeichelt“, bemerkte sie sarkastisch.

Sein Blick glitt über die gesamte Länge ihres Körpers hinweg. Sophie spürte, wie Hitze sie erfasste und zu verbrennen drohte. Haltsuchend klammerte sie sich mit beiden Händen am Sitz fest. Wie machte Cooper das nur? Sie mit einem einzigen Blick zu entflammen.

„Ich habe das ernst gemeint, was ich neulich zu Penny gesagt habe“, entgegnete er. „Ich glaube an das Schicksal. Wir werden heiraten, weil wir ganz eindeutig dazu bestimmt sind. Es ist zwecklos, dagegen anzukämpfen.“

Sie rückte den Gurt ein wenig zur Seite, um sich zu ihm umdrehen zu können. „Soso. Dabei hast du mir doch gesagt, dass du nicht abergläubisch bist. Angeblich glaubst du doch nicht an das Glück.“

„Schicksal hat nichts mit Aberglauben zu tun, und noch weniger mit Glück. Was in unserem Leben geschieht, ist vorherbestimmt.“

Sie wollte ihm widersprechen, war sich aber nicht sicher, ob sie es wirklich konnte.

Also fuhr er fort: „Ich gebe ja zu, dass ich nicht damit gerechnet habe, auf diese Weise meine Frau zu finden und eine Familie zu gründen. Aber es ist nun mal passiert. Ich werde bestimmt nicht davor weglaufen. Und du solltest nicht dagegen ankämpfen.“

Sophie hörte seine Worte, und dabei setzte ihr Herzschlag ganz kurz aus. Urplötzlich kam ihr eine heikle Frage in den Sinn, auf die sie unbedingt eine Antwort brauchte. In jener Nacht, hatte Cooper da etwa beschlossen, dass er lange genug gewartet hatte? Dass es jetzt an der Zeit wäre, ein Kind zu bekommen?

Ehe sie es sich anders überlegen konnte, platzte sie heraus: „Ich muss dir eine Frage stellen … du hast all das hier doch nicht geplant, oder?“

Er warf ihr einen finsteren Blick zu. „Die Antwort kennst du doch wohl selbst – nein, das habe ich natürlich nicht getan. Wenn ich ganz ehrlich bin, wäre ich nie auf die Idee gekommen, du könntest schwanger werden.“ Er schaltete das Radio ein und drehte gleich die Lautstärke auf. „Es war Schicksal.“

Hmm …

„Manchmal passiert das eben. Trotz Verhütung. Und manchmal passiert es nicht, obwohl ein Paar es sich so sehr wünscht.“

Sophie saß mucksmäuschenstill da und wartete auf den Rest. Sie hatte das Gefühl, dass diese Geschichte sehr erhellend sein würde.

Cooper runzelte die Stirn, so als müsse er sich gut überlegen, was er erzählte. Plötzlich blinkte er rechts und bog auf den Seitenstreifen ab, wo er den Motor ausschaltete. Er drehte das Radio leiser, legte einen Arm lässig über die Rücklehne ihres Sitzes und schaute Sophie direkt in die Augen.

„Ich war zwei Jahre lang mit einer Frau zusammen. Sie wollte unbedingt schon Wurzeln schlagen. Ich war dazu noch nicht bereit. Wahrscheinlich glaubte sie, ein Kind würde all das ändern. Jedenfalls haben wir uns vor ein paar Monaten getrennt, weil sie unbedingt eine Familie gründen wollte. Laut ihrer Meinung war ich dazu ja nicht in der Lage.“ Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Bei unserem letzten Gespräch kam dann auch heraus, dass sie mich die ganze Zeit belogen hat. Sie wünschte sich so sehr ein Kind, dass sie einfach die Pille absetzte. Ohne mir etwas davon zu sagen.“

Sophie konnte ihre empörte Reaktion nicht unterdrücken. „Sie hat versucht, schwanger zu werden, ohne dein Wissen?“

„Offensichtlich tickte ihre biologische Uhr.“

Sie konnte es kaum fassen. Ein solches Verhalten war ungeheuerlich. Ein Kind durfte niemals dazu dienen, eine gescheiterte Beziehung zu retten! Was ihr jedoch noch viel mehr Probleme bereitete, war die Tatsache, sich Cooper mit einer anderen Frau vorzustellen. Am liebsten hätte sie ihn am Weitersprechen gehindert. Doch das hier war seine Geschichte. An ihrer Situation würde es zwar nichts verändern, aber sie schuldete es ihm, geduldig zuzuhören.

„Evangeline ging davon aus, dass alles meine Schuld war. Also entschied sie sich, unsere Beziehung endgültig zu zerstören. In jeder Hinsicht.“

Sophie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie Cooper sich gefühlt haben musste. Wütend. Verletzt. Besorgt. „Und du befürchtest jetzt, dass die meisten Frauen so sind?“

Er zuckte die Achseln. „An einer gescheiterten Beziehung ist nie nur einer schuld. Dazu gehören immer zwei. Aber ich wusste schon damals, dass ich irgendwann eine Familie wollte. Es schien nur nicht der richtige Zeitpunkt zu sein. Und offenbar auch nicht die richtige Frau.“ Seine Augen verdunkelten sich. „Also habe ich mich bei dieser Hochzeitsfeier entschlossen, nach der wahren Mrs. Smith zu suchen.“

Sophie lächelte schwach. „Und dann kam ich dir dazwischen.“

Cooper strich ihr ein paar Locken aus der Stirn. „So würde ich das nicht sehen.“

Die Geste ließ sie erschauern. Vielleicht sollte sie es einfach als Kompliment nehmen – doch die Wahrheit war viel zu offensichtlich. Sie hatte es von Anfang an gewusst, schon als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt und er ihr den Antrag gemacht hatte. Er wollte sie nicht um ihrer selbst willen heiraten, sondern wegen des Kindes. Cooper war überglücklich, endlich Vater zu werden, nachdem er lange gezweifelt hatte, ob das überhaupt möglich war. Und nun war ihm sein Wunsch endlich erfüllt worden … ein eigenes Kind.

Welche Rolle spielte es da schon, dass die Mutter nicht wirklich seine Traumfrau war?

Der Klang des Motors riss Sophie aus ihren düsteren Grübeleien. Cooper fuhr ein kurzes Stück auf dem Seitenstreifen weiter und kehrte dann auf die Straße zurück. Schweigend setzten sie die Fahrt fort, jeder in seine Gedanken versunken.

Kurz vor dem Ziel bog Cooper plötzlich ab und blieb vor einem winzigen Süßwarenladen stehen, in dessen Schaufenster sich Bonbongläser, Pralinenschachteln und andere Köstlichkeiten türmten. Er zog die Handbremse an und öffnete die Tür. „Es ist an der Zeit, die Stimmung zu versüßen.“

Während sie noch immer über ihr Gespräch nachdachte, folgte Sophie ihm nach draußen und setzte sich vor dem Laden auf einen der weißen Plastikstühle, die an zwei runden Tischen standen. Als Cooper zurückkehrte, lief ihr das Wasser im Mund zusammen – er hielt zwei riesige Eistüten in der Hand.

Begeistert klatschte sie in die Hände. „Schokolade-Vanille. Genau das, was ich jetzt brauche.“ Seit sie schwanger war, hatte sie einen permanenten Heißhunger auf Eis, und in diesem Moment kam ihr eine ordentliche Zuckerzufuhr gerade recht.

Nachdem er ihr ein Eishörnchen gereicht hatte, machte sie sich sofort darüber her. Ehe Cooper auch nur Platz genommen hatte, hatte sie bereits die untere Spitze des Hörnchens abgebissen.

Er runzelte die Stirn. „Beiß nicht die Spitze ab. Es wird die ganze Zeit tropfen.“

Sophie machte sich gar nicht erst die Mühe, etwas zu erwidern. Stattdessen griff sie nach seinem Handgelenk, zog seinen Arm zu sich hinüber und biss auch die Spitze seines Hörnchens ab. Das Eis schmeckte wirklich köstlich. „Und jetzt geht’s los“, lachte sie.

Sie ließ Coopers Arm los und führte ihr Eishörnchen zum Mund. Dann umschloss sie die Spitze mit den Lippen und saugte.

Cooper lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete sie amüsiert. „Interessante Technik …“

Er beobachtete interessiert, wie Sophie innerhalb weniger Sekunden ihr Eis verschlang und sich danach genussvoll über die Lippen leckte.

Kommentarlos reichte er ihr auch noch seine Portion und bemerkte dann trocken: „Wenn ich daran denke, dass ich Eis bislang immer geleckt habe anstatt es zu saugen – was für ein Fauxpas! Wir sollten das bei Gelegenheit noch weiter erforschen.“ Er ließ einen Finger aufreizend über ihren Arm gleiten. „Ich stehe gerne heute Nacht zur Verfüg…“

„Das hätte ich ja beinahe vergessen“, unterbrach sie ihn, ehe er dieses heikle Thema weiter ausführen konnte. „Pennys Einladung ist heute mit der Post gekommen.“

Rasch drehte sie sich zu ihrer Handtasche um und entnahm ihr einen pinkfarbenen Briefumschlag. Dabei fiel noch ein weiterer Umschlag heraus, den sie ebenfalls an diesem Tag erhalten hatte.

Achtlos legte sie das Schreiben des Schuldirektors zur Seite und öffnete stattdessen die Einladung. Betont geziert las sie vor: „Sie sind herzlich zu Penny Newlys Hollywood-Cocktailparty eingeladen.“ Sie warf Cooper einen fragenden Blick zu. „Die Party ist bereits morgen Abend. Als was sollen wir gehen?“

Sein herausforderndes Lächeln ließ ihr Herz schneller schlagen. „Das hängt davon ab, was du dich traust.“

Vielleicht lag es an ihrer Erziehung, jedenfalls wollte sie ganz bestimmt nicht zu gewagt auftreten. „Wir könnten als Clark Gable und Jean Harlow gehen. Aber wenn du Clark sein sollst, müssen wir unbedingt etwas mit deinen Ohren machen.“

„Uns fällt schon etwas ein, keine Sorge.“ Sein Blick fiel auf den anderen Umschlag, den sie zur Seite gelegt hatte. Neugierig griff er danach. „Was ist das?“

Sophie wollte im ersten Moment eine Antwort umgehen. Doch allmählich musste sie anfangen, Cooper Dinge anzuvertrauen. Sonst waren die nächsten drei Monate sinnlos.

„Ich habe heute einen Brief von meinem Direktor bekommen“, erwiderte sie. „Es scheint ganz so, als wären ihm ein paar Gerüchte zu Ohren gekommen.“

Cooper zog eine Augenbraue hoch. „Über uns?“

„Über das Baby.“ Als er ihr daraufhin nur einen fragenden Blick zuwarf, zuckte sie die Achseln. „Ich kann es mir nur so erklären, dass er etwas von seiner Tochter erfahren hat – sie ist eine meiner Schülerinnen aus der zehnten Klasse. Es war natürlich dumm von mir, aber nachdem alle den Klassenraum verlassen hatten, habe ich ein Strampelhöschen aus der Tasche geholt, das ich in der Mittagspause gekauft hatte. Ich lächelte und hielt es vor meinen Bauch. Genau in dem Moment kam Samantha rein, weil sie ihre Jacke vergessen hatte.“

Cooper schob ihr den Brief über den Tisch hinweg zu. „Du meinst, sie hat ihrem Vater davon erzählt“

„Ich glaube eher, dass sie ihren Freundinnen davon erzählt hat. Danach war es nur noch eine Frage der Zeit.“

„Und jetzt möchte der Direktor, dass du die Sache aufklärst?“

Sophie bemühte sich, ihre Nervosität unter Kontrolle zu halten – für das Baby war es nicht gut, wenn sie sich aufregte. Nachdenklich blickte sie auf das Schreiben. „Er kann mir nicht kündigen. Die Zeiten, in denen Lehrerinnen in solchen Situationen gehen mussten, sind lange vorbei. Aber wenn er ein Problem damit hat, dass ich als allein erziehende Mutter an seiner Schule unterrichte, dann kann er mir womöglich das Leben schwer machen.“

„Schwer genug, um dich zur Kündigung zu bewegen?“

Sie dachte einen Moment darüber nach und nickte dann.

Coopers Gesichtsausdruck verhärtete sich. „Ich werde mit ihm reden.“

Sophie hob eine Hand. „Es wäre mir lieber, du würdest es nicht tun.“ Obwohl ihr sein Beschützerinstinkt guttat, bestand die Gefahr, dass Cooper die Dinge nur verschlimmerte. „Außerdem muss es ja gar nicht so schlimm kommen.“ Sie lehnte sich zurück. „Vielleicht will er mich auch nur wissen lassen, dass ich die volle Unterstützung der Schule habe.“

Schokoladeneis war ihm über die Hand getropft. Cooper warf das Hörnchen in den nächsten Mülleimer. „Wie auch immer – morgen kannst du ihm sagen, dass er seine Stelle behalten kann.“

Auch Sophie warf den Rest ihres Hörnchens fort. „Warum sollte ich das tun?“

„Du brauchst den Job nicht.“ Er beugte sich vor, woraufhin sie sofort wieder weiche Knie bekam. „Als ich gesagt habe, dass ich mich um dich und das Baby kümmern würde, da war es mir so ernst wie noch nie zuvor im Leben.“

Entschlossenheit ließ seine Gesichtszüge noch markanter wirken. Nachdenklich betrachtete Sophie den Mann ihr gegenüber. Einerseits war sie wirklich gerührt von Coopers Fürsorglichkeit. Andererseits kam es natürlich überhaupt nicht infrage, sein Angebot anzunehmen.

Mühsam versuchte sie, sich aus seinem Bann zu lösen. „Ich habe es dir doch bereits gesagt … ich mag meinen Job. Ich mag die Schule.“

Er wischte sich die Finger an einem Taschentuch ab. „Es wird dir genauso gut gefallen, Zeit und Muße für unser Kind zu haben.“

Ihr Magen zog sich zusammen. Hörte er ihr überhaupt zu?

Sie versuchte es noch einmal. „Ich habe an der Uni wirklich hart gearbeitet. Ich liebe meinen Beruf und das, was ich mit ihm bewirken kann. Viele meiner Freunde sind ebenfalls Lehrer an meiner Schule. Es ist ein wichtiger Teil meines Lebens und dessen, was ich bin und was mich ausmacht. Ich würde es niemals aufgeben.“

Darauf entgegnete er lediglich: „Nur wenn der Direktor dich dazu zwingt.“

Alles in ihr rebellierte. Sie würde sich weder von ihm noch von ihrem Direktor in die Enge treiben lassen. Es war ja nicht so, als hätte sie keine anderen Möglichkeiten. „Dann suche ich mir einfach eine andere Stelle.“

Cooper wischte ihr sanft die Eisflecken von der Hand. „Wir werden sehen.“

Irritiert blickte sie ihn an. Da gab es nichts zu „sehen“. Sie wollte arbeiten. Keinesfalls durfte sie von seiner Großzügigkeit abhängig sein oder sich ihm verpflichtet fühlen. Doch wenn sie kündigte, wäre genau das der Fall. Sie müsste sich von Cooper Smith aushalten lassen.

Wenn sie ihren Job verlor oder keinen neuen finden konnte, wie würde sich das wohl auf ihre Beziehung auswirken? Unter seinem Dach zu leben, von Coopers Einkommen ernährt zu werden … Würde sie sich dann verpflichtet fühlen, sich seinen Wünschen zu beugen?

Wie hatte Paige Coopers Denkweise zusammengefasst?

Ich stelle die Regeln auf, und du musst sie einfach nur befolgen.

Natürlich war Paige noch ein Teenager, den Cooper beschützen wollte. Doch machte er zwischen seiner kleinen Schwester und ihr überhaupt einen Unterschied? Vor einigen Wochen hatte sie entschieden, dass sie nur noch ihrem eigenen Weg folgen würde, ihren eigenen Regeln. Ihre Meinung war immer noch dieselbe, und so sehr er es sich auch wünschte – Cooper würde daran nichts ändern.

Er nahm ihre Hand und umschloss sie warm und fest mit der seinen. „Sophie, du bist nicht mehr allein. Von jetzt an bin ich für dich da. Und für unser Kind. Wenn es Probleme gibt, dann sag mir einfach Bescheid. Ich kümmere mich darum. Verstehst du? Von nun an musst du dir um nichts mehr Sorgen machen. Ich werde dir alle deine Lasten und Sorgen abnehmen.

Sophie verstand nur zu gut.

Genau das beunruhigte sie ja so sehr.

7. KAPITEL

„Bist du fertig?“

Cooper trat einen Schritt von Sophies Schlafzimmertür zurück und warf einen kurzen Blick in den großen Spiegel am Ende des Gangs. Er sah ziemlich beängstigend aus mit diesem langen schwarzen Umhang, den hohen Stiefeln und dem offenen weißen Hemd voller Blutflecken. Zum Glück hatte er seine Fangzähne noch nicht eingesetzt.

Sophies melodische Stimme drang durch die Tür. „Sagtest du, dass du noch andere Kostüme mitgebracht hast, für den Fall, dass diese hier nicht das Richtige für die Party sind?“

Er strich sich über die ungewohnten Bartstoppeln an seinem Kinn, als sie die Tür einen klitzekleinen Spalt öffnete. „Ich werde einen Pelzmantel brauchen“, sagte sie. „Draußen ist es kalt, und dieses Outfit besteht nur aus sehr wenig Stoff.“

Ihr Gesicht wirkte ein wenig erhitzt. Gerötet. In ihren Augen las er Unsicherheit und Sorge.

Er atmete tief aus.

Als die Verkäuferin in dem Kostümverleih das Motto ‚Tanz der Vampire’ vorgeschlagen hatte, da hatte es einigermaßen ideal geklungen. Jetzt war er sich allerdings nicht mehr so sicher, ob er öffentlich als Dracula auftreten wollte. Dennoch konnte er es kaum abwarten zu sehen, wie gut seiner hübschen Begleitung ihr Kurtisanenkostüm stehen würde.

Er machte einen Schritt auf sie zu und atmete sofort ihren verführerischen Vanille-Duft ein. Mit einem Schlag fühlte er sich in jene Nacht zurückversetzt, die sie gemeinsam verbracht hatten und die man nur mit einem Wort umschreiben konnte: sensationell. Wenn es nach ihm ging, dann würden die kommenden Wochen ähnlich verlaufen.

Angefangen mit heute Abend.

Cooper ging noch näher auf Sophie zu. „Ich bin sicher, dass das Haus deiner Freundin über eine Zentralheizung verfügt.“ Außerdem würde er alles tun, um seine Jane warm zu halten.

Doch Sophie schien ihn gar nicht zu hören. Mit einer Hand umklammerte sie die Türkante, die andere Hand lag auf dem Rahmen. Langsam ließ sie ihren Blick über die bloße Haut seiner Brust gleiten.

Er spürte, wie das Blut schneller in seinen Adern pulsierte und sein Atem schwerer ging. Unwillkürlich trat er einen Schritt auf sie zu.

Sophie wich ein wenig zurück. „Ich weiß nicht, ob meine Freunde auf diesen Anblick vorbereitet sind.“

Blitzschnell packte er ihre Hand und zog sie zu sich heraus. Vielleicht kam er mit dem Vampirtanz doch noch zum Ziel.

Wilde, dunkle Locken umrahmten ihr Gesicht, aus dem ihre Augen wie jadegrünes Feuer herausstrahlten. Ein enges Korsett hob ihre wohl gerundeten weißen Brüste noch weiter an und betonte ihre verführerischen Hüften. Die immer noch schmale Taille, der sanft gerundete Bauch und die langen, schlanken Beine in den schwindelerregend hohen Pumps waren nackt. Am liebsten hätte er sie sich auf der Stelle über die Schulter geworfen, um sie in seine Gruft zu tragen.

Später am Abend würde er es definitiv tun.

Sie warf den Kopf zurück, um sich eine vorwitzige Locke aus dem Gesicht zu streichen – ein ganz klares Signal.

Ohne zu zögern nahm er die Einladung an und schob eine Hand in ihre ungezähmte Mähne. „Meine reizende Kurtisane“, murmelte er mit tiefer Stimme und ließ seinen Zeigefinger sanft über ihre Wange gleiten. „Sollen wir uns der Echtheit wegen noch ein wenig mit Blut übergießen?“

„Nur wenn es kleben bleibt und etwas mehr Haut bedeckt. Wenn ich so bei der Party auftauche, fallen die Leute in Ohnmacht.“

Brennend heißes Verlangen erfasste ihn. Er legte die Hände um ihre Hüften und zog sie an sich, um seine Lenden gegen ihren Unterleib kreisen zu lassen und das provokative Bild zu genießen, das sie dabei im Spiegel abgaben. „Hast du eigentlich eine Ahnung, wie verdammt sexy du bist?“, raunte er.

Im ersten Moment wollte sie sich von ihm lösen, doch dann hielt sie inne und schaute ihm in die Augen. Unsicher fragte sie: „Bin ich das?“

Mit den Daumen streichelte er über ihren Hals, während sein Blut immer heißer kochte. „Penny Newly sollte sich besser als Kermit der Frosch verkleiden, denn ansonsten wird sie ganz grün vor Neid und kann es nicht verbergen. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann habe ich eine bessere Idee.“ Er presste seine Lenden noch dichter an sie. „Lass uns unsere eigene kleine Party feiern.“

Sie blickte ihm in die Augen und betrachtete die anzügliche Pose ihrer beiden Körper. Ihre Brüste richteten sich auf, die Spitzen versteiften sich und drängten sehnsuchtsvoll gegen das steife Korsett, während sie sich darum bemühte, sich von ihm zu lösen und wieder in ihr Zimmer zu gehen.

Cooper ließ sie los, doch sein Grinsen blieb. Sie hatte das Schlafzimmer gewählt, das am weitesten von seinem entfernt lag – so als könne sie damit für dauerhaften Abstand sorgen.

Er wollte ihr bereits folgen und ihr Zimmer betreten, als er abrupt innehielt.

Daran hatte er ja gar nicht gedacht! Eine verdammt lange, überaus steile Treppe führte zu diesem Zimmer. Zwar gab es ein elegant geschwungenes Geländer, dennoch musste man beim Besteigen der Treppe Vorsicht walten lassen.

Er und Paige waren an die Treppe gewöhnt, aber ihre Haushälterin, die einmal die Woche kam, war kürzlich erst auf den Stufen ausgerutscht. Gott sei Dank hatte sich Joan nicht verletzt, aber sie war ja auch nicht schwanger. Wie er Sophie am Vortag bereits gesagt hatte, würde er in ihrem Zustand keinerlei Risiko eingehen.

Nachdenklich ließ er seinen Blick über das Geländer schweifen, während er weiterhin die möglichen Gefahren abzuschätzen suchte.

Morgen würde er Sophies Sachen in den Gästeflügel im Erdgeschoss bringen und er selbst in die angrenzende Suite ziehen. Spätestens am Ende der Woche würden sie sich sowieso das eine oder das andere Zimmer teilen.

Er folgte ihr ins Schlafzimmer.

Sophie stand vor einem weiß lackierten Frisiertisch und spritzte sich etwas Parfum ins Haar. Als sie ihn im Spiegel sah, wirbelte sie herum, wobei das Korsett leicht verrutschte und eine rosige Brustspitze sichtbar wurde. Sophie bemühte sich sehr darum, beherrscht und kontrolliert zu wirken, doch das leichte Zittern ihrer Unterlippe und die weit aufgerissenen Augen verrieten sie. Sie wollte, dass er ging. Mehr noch wünschte sie sich jedoch, dass er blieb.

Rasch legte sie eine Hand auf den Bauch und hob trotzig das Kinn. Selbst im Angesicht ihrer Niederlage widersetzte sie sich noch. „Ich habe dich nicht hereingebeten.“

Sein Blick glitt über ihren sexy Körper hinweg – die Natur hatte es wirklich gut mit ihr gemeint. Ihre Kurven fand er absolut perfekt. Lässig die Achseln zuckend, ging er auf sie zu. „Zu spät.“

Als sie einen Schritt zurückwich und ihr Kostüm kurz an der Kante des Frisiertischs hängen blieb, verengte sie die Augen und blickte ihn misstrauisch an. „Du wirst doch wohl nicht auch noch anfangen, mich zu beißen, oder?“

Ganz dicht vor ihr blieb er stehen. „Dein Hals ist wirklich sehr verführerisch.“ Er griff nach ihrer Hand und legte sie auf seine nackte Brust. „Habe ich dir das schon mal gesagt?“

Sie atmete heftig ein, sodass ihre Brüste sich noch weiter hoben. Das Korsett konnte nicht verbergen, dass sich ihre Knospen versteift hatten – am liebsten hätte er sie mit seiner Zunge gekostet. Mein Gott, er meinte förmlich ihren Geschmack auf den Lippen zu spüren.

Er wollte sie gerade an sich ziehen, da duckte sie sich unter seinem Arm hinweg und stob davon. In der Mitte des Raums blieb sie mit dem Rücken zu ihm stehen, den Kopf gesenkt, die Hände zu Fäusten geballt. „Gestern Abend war ich überrascht, dass du in meiner ersten Nacht hier keinen Annäherungsversuch gestartet hast. Jetzt scheinst du das unbedingt nachholen zu wollen.“

Die Beine gespreizt, verschränkte er die Arme über der Brust und genoss ihr Unbehagen, ihre Verlegenheit, denn er war sich sicher, dass er bald an seinem Ziel angelangt war. „Gestern war ein einschneidender Tag für dich. Ich wollte dir Zeit geben, dich an deine neue Umgebung zu gewöhnen.“

Ihre Antwort war voller Hohn. „Ganze vierundzwanzig Stunden? Wie überaus großzügig von dir.“

Cooper ließ die Arme zur Seite fallen und ging auf sie zu. „Ich hätte dir sicher noch einen weiteren Tag zugestanden, aber dein Kostüm hat meine besten Absichten über den Haufen geworfen. Offensichtlich hat es mich tatsächlich in einen Fürsten der Unterwelt verwandelt – im Moment registriere ich nur zwei Dinge.“

Er zog sie an sich und ließ sie die volle Länge seines erregten Körpers spüren.

Verlangen. Dominanz.

Da sie immer noch mit dem Rücken zu ihm stand, legte er das Kinn auf ihrem Kopf, während er mit den Händen an ihren Armen entlang strich. Sie war jetzt genau dort, wo sie hingehörte. Die vergangenen Wochen ohne sie in seinem Bett waren ihm wie eine endlose Ewigkeit vorgekommen.

Er wollte gerade seine Lippen auf ihre zarte Schulter senken, da entwich ihr eine Art Seufzer. Sie wirbelte herum und starrte ihn mit brandheißen Wangen an. In ihren Augen lag dieselbe Leidenschaft, die auch ihn beherrschte. Er lächelte. Es würde einfacher werden als er zuerst gedacht hatte.

„Cooper“, flehte sie, und er hörte den Schmerz in ihrer Stimme. „Ich kann nicht klar denken, wenn du das tust.“

Er bemühte sich um einen beruhigenden Ton. „Überlass das Denken mir.“

Sie hob die Hände – ein eindeutiges Stoppsignal. „Ich werde nicht zulassen, dass du solche Methoden benutzt, um mich zur Heirat zu überreden. Das ist nicht fair.“

Zu schade. Leider verspürte er keinerlei Schuldgefühl.

Offensichtlich erkannte sie, dass ihre Bitten auf taube Ohren stießen. Ihre Stimme klang beinahe schrill, als sie bemerkte: „Wir kommen zu spät zur Party.“

Cooper grinste. „Welche Party?“

Er hatte ihr gesagt, dass diese Geschichte zwischen ihnen Schicksal war, dass sie offenbar füreinander bestimmt waren. Sie entsprach vielleicht nicht dem, wonach er gesucht hatte, und auch er war nicht ihr Traumpartner. Aber sie sollten verdammt sein, wenn sie das nicht in anderer Hinsicht wettmachen konnten. Wenn er sie küsste, hatte sie keine Gelegenheit, ihm zu widersprechen.

Misstrauisch behielt sie ihn im Auge, während sie langsam auf die offene Tür zurückwich. „Das ist verrückt.“ Blindlings tastete sie nach dem Griff. „Ich habe meine Entscheidung gefällt. Diese Kostüme sind viel zu gewagt. Wir müssen uns umziehen.“

Sofort griff er nach Schnüren, die ihr Korsett zusammenhielten. „Wenn ich das gewusst hätte. Du hättest doch nur fragen müssen!“

Sophie riss entsetzt die Augen auf. „Nein! Ich meinte damit nur, dass wir unmöglich so zu der Party gehen können – und wir werden dorthin gehen, egal was du sagst oder denkst. Allerdings habe ich nicht vor, halbnackt vor den Leuten herumzustolzieren – auch nicht vor dir. Das werde ich nicht tun!“

Als sie praktisch mit dem Fuß aufstampfte, kratzte sich Cooper nachdenklich am Kinn. Verdammt, sie war aber auch dickköpfig.

Er gönnte sich einen letzten Blick auf seine aufreizende Kurtisane, dann drehte er sich so schnell auf dem Absatz um, dass sein schwarzer Umhang wehte. O nein! Er würde nicht zulassen, dass sie sich wieder hinter tausend Stoff-schichten versteckte.

Langsam ging er an ihr vorbei und verließ den Raum. „Bleib hier“, warf er ihr über die Schulter zu, „dein Kostüm ist perfekt. Ich hole dir schnell noch einen Mantel, dann fahren zu dieser Party und kehren früh ins Bett zurück.“

Sie versteckte sich hinter dem Türrahmen. „Wir? Bett? Nein, Cooper. Diese Tür hat ein Schloss, und das werde ich wenn nötig benutzen.“

Er lächelte. Als wenn ihn das aufhalten würde.

Dennoch sollte er vielleicht seine Taktik ändern. Vermutlich war es besser, sich zurückzuhalten und stattdessen ihre Fantasie anzuheizen. Ihr genug Zeit geben, um festzustellen, wie sehr sie sich danach sehnte, diese Nacht wieder aufleben zu lassen – immer und immer wieder. Seine Einstellung kannte sie bereits: Sie sollten sich besser kennenlernen. Das Bett war der beste Ort, um damit anzufangen. Sobald er sie einmal dort hatte, würde sich alles andere wie von selbst ergeben.

Ohne sich seine Gedanken anmerken zu lassen, erwiderte er geduldig. „Ich meinte, dass wir zu einer vernünftigen Zeit ins Bett gehen sollten, damit du dich ausschlafen kannst. Dann könnten wir morgen vielleicht früh aufstehen und den Tag mit einem Sprung ins Wasser beginnen?“ Als er ihr gestern den Garten gezeigt hatte, war sie von dem beheizten Pool ganz hingerissen gewesen.

„Wie früh ist früh?“, wollte sie wissen. Anscheinend traute sie ihm immer noch nicht. „Ich muss die ganze Woche über früh aufstehen. Sonntags schlafe ich normalerweise aus.“

Ah, na endlich eine Sache, auf die sie sich einigen konnten. „Was hältst du von acht Uhr?“

Sie zog eine Grimasse. „Unter ausschlafen verstehe ich etwas anderes“, entgegnete sie und zog an dem Samtband um ihren Hals. Der rubinrote Anhänger schmiegte sich zwischen ihre Brüste, woraufhin sich sofort wieder ein Ziehen in seinen Lenden bemerkbar machte. Cooper biss die Zähne zusammen. Er hatte entschieden, es langsam anzugehen und damit den Sieg davonzutragen.

„Normalerweise bleibe ich samstagabends länger auf und schaue mir die Krimis im Kabelfernsehen an“, erklärte sie und zog den Anhänger zwischen ihren Brüsten hervor – als wenn das einen Mann in seiner Situation nicht um den Verstand bringen könnte.

Erst nach ein paar Sekunden registrierte er, was sie gesagt hatte. Krimis gehörten absolut nicht zu seinen Lieblingssendungen. Da gab es wesentlich bessere Alternativen. „Ich schaue lieber die Spiele.“

„Quizsendungen?“

Er blinzelte. Wie kam sie denn darauf? „Ich meinte Football.“

Sie zuckte nicht mal mit der Wimper. „Du magst Football?“

„Die meisten Männer mögen Football.“

„Ich bin aber kein Mann.“

Allerdings nicht. Natürlich gab es eine Lösung für ihr Problem. „Wenn du Agatha Christie gucken willst und ich etwas anderes, dann gibt es genug Fernseher in diesem Haus, dass keiner von uns verzichten muss. Zwei oben und drei unten.“

Sie hob eine Augenbraue. „Guckst du viel Fernsehen?“

Wenn er ihre Frage jetzt bejahte, würde sie nur behaupten, wenig zu gucken. Außerdem war Fernsehen wirklich das Letzte, woran er im Moment dachte.

Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Wir sollten uns allmählich fertig machen.“

Sophie streckte sich. „Häng den Mantel einfach an den Türgriff“, sagte sie, während sie langsam die Tür schloss, „ich treffe dich in fünf Minuten unten. Ich hasse es, zu spät zu kommen.“

8. KAPITEL

„Du kommst häufig zu spät, nicht wahr?“

Mit einem Stirnrunzeln blickte Sophie auf die Uhr im Armaturenbrett von Coopers Wagen, während er durch die westlichen Vorortstraßen fuhr. Viertel vor neun. Auf Pennys Einladung hatte neunzehn Uhr als Beginn gestanden.

Gelassen erwiderte er: „Hin und wieder.“

Nur mit Mühe verkniff sie sich ein tiefes Seufzen. Sie hasste es, zu spät zu kommen.

„Musst du dich nicht mit Mandanten treffen und zu ganz bestimmten Zeiten bei Gericht sein?“, fragte sie. „Dort kannst du es dir doch sicher nicht erlauben, zu spät zu kommen?“

„Ich habe so meine Methoden, um das auszugleichen.“

„Wie das? Benutzt du Ausreden? Kaufst du Geschenke?“

Er warf ihr einen raschen Blick zu, der ungefähr so viel ausdrückte wie Du hast es erfasst. „Ich habe mein Handy so eingestellt, dass es mich eine halbe Stunde vorher an einen Termin erinnert, und meine Uhr geht sieben Minuten vor.“

Oha.

„Und dabei gerät nie etwas durcheinander?“

Er bog nach links. „Nie.“

Gerade wollte sie ihm sagen, wie verrückt das alles war, doch dann dachte sie, dass jeder Mensch das Recht besaß, er selbst zu sein. Bei ihrem dreimonatigen Testlauf ging es schließlich nicht darum, wer sich im Recht befand und wer nicht. Nein, es ging nicht um Schwarz oder Weiß, sondern vielmehr um die Grauzonen dazwischen – welche Dinge funktionierten für jeden Einzelnen und welche für sie gemeinsam? Nicht, dass sie wirklich die Hoffnung besaß, dass zwei Menschen, die so unterschiedlich waren wie sie und Cooper, eine Basis finden würden, die stabil genug für eine Ehe war.

Falls sie heirateten, würde Cooper sicherlich nichts an seinem Lebensstil ändern. Nichts und niemand konnte ihn dazu bewegen. Aber sie wollte ihre eigenen Entscheidungen treffen. Würde ihr das jemals vergönnt sein, wenn sie mit einem Mann wie Cooper verheiratet war? Sie hatte einen guten Job und viele Freunde. Sie musste nicht heiraten – schon gar nicht aus Zweckmäßigkeit.

Natürlich war es nicht ideal, allein erziehend zu sein. Aber ihr Baby würde damit immer noch besser zurechtkommen als mit zwei Elternteilen, die einfach nicht miteinander auskamen. Da musste sich Sophie nur an ihre eigene Kindheit erinnern, um absolut sicher zu sein. Mein Gott, wie oft hatte sie sich gewünscht, ihre Eltern würden endlich zugeben, dass jeder davon profitieren würde, wenn sie sich trennten.

Und falls Mr. Myers, der Schuldirektor, am Montag andeuten sollte, dass Hochzeitsglocken der Schule einige Peinlichkeiten ersparen würden, dann würde sie sich einfach eine neue Stelle suchen. Schließlich gab es genug Schulen, die nur zu froh waren, eine motivierte junge Lehrerin einzustellen. Auch wenn es sich dabei um eine allein erziehende Mutter handelte. Gott sei Dank lebten die meisten Menschen nicht mehr im Mittelalter.

Als sie bei Pennys Haus ankamen, hatten sie Glück und fanden einen Parkplatz ganz in der Nähe. Cooper stieg als Erster aus und griff auf dem Rücksitz nach dem letzten fehlenden Accessoire seines Kostüms. Er umrundete den Wagen und öffnete ihre Beifahrertür.

Nachdem er sich die langen weißen Fangzähne eingesetzt hatte, wirbelte er einmal herum und ließ sein langes schwarzes Cape aufflattern. Sein transsilvanischer Akzent war äußerst beeindruckend. „Bist du berrreit, Schöne der Nacht?“

Autor

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