Verführ mich, mein geliebter Don Juan!

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Feurige Küsse auf ihre Alabasterhaut zu setzen, ist das Einzige, woran Playboy-Milliardär Alejandro Corderó denkt, als er die unschuldige Sienna auf einem Ball in seinen Armen hält. Dabei sollte er sie im Auftrag seines besten Freundes nur beschützen … und nicht verführen! Doch als die rothaarige Schöne Tage später in Barcelona überraschend vor ihm steht, und ihn genau darum bittet, schenkt Alejandro ihr heiße spanische Nächte voller Lust und Sinnlichkeit. Vergessen ist seine Loyalität – aber warum zeigt ihm Sienna plötzlich die kalte Schulter?


  • Erscheinungstag 06.09.2022
  • Bandnummer 2560
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509923
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Auf der Hochzeitsfeier von Olivia und Luca

„Alejandro, ich brauche deine Hilfe.“

Luca strahlte wie ein Frischvermählter, dabei hatte die eigentliche Trauung schon vor Monaten stattgefunden. Das Fest heute diente dazu, sein Eheglück mit jedem zu feiern, dem er jemals begegnet war – so sah es mit Blick auf die außerordentlich große Gästeschar jedenfalls aus.

Inmitten der elegant gekleideten Hochzeitsgäste stach Alejandro wie ein Fremdkörper hervor. Nicht weil er anders angezogen gewesen wäre – wie die meisten Männer hier trug er einen Smoking. Nein, Alejandro fiel auf, weil er war, was er war. Seine Ausstrahlung war die eines Mannes, der es aus eigener Kraft aus desolaten Verhältnissen nach ganz oben geschafft hatte. Er hatte erfahren, was äußerste Armut bedeutete, und schämte sich nicht dafür. Noch nie hatte er einen Hehl aus seiner Herkunft gemacht. Die hier versammelte Geldelite Europas mit ihrem geerbten Vermögen, die nicht die leiseste Ahnung davon hatte, wie hart das Leben sein konnte, rang ihm nicht mehr als einen verächtlichen Zug um den Mund ab. Diese Leute waren das genaue Gegenteil von ihm. Ihr Reichtum und ihre Privilegien stießen ihn ab – vor allem, weil sie Teil auch seines Familienvermächtnisses waren. Einer Familie, die ihn nie gewollt, geschweige denn anerkannt hatte.

„Es geht um Sienna, Olivias Schwester.“

Alejandros eisblaue Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und sein Blick folgte dem seines Freundes hin zu einer Frau, die abseits der anderen Gäste stand. Äußerlich war sie das genaue Gegenteil ihrer Schwester. Lucas Frau war groß, gertenschlank und hellblond, Sienna hingegen klein und kurvenreich. Sie hatte helle Haut und flammend rotes Haar. Alejandro ließ den Blick langsam über sie wandern, bevor ihm bewusst wurde, was er da tat.

„Lass das“, knurrte Luca warnend. „Sonst überlege ich es mir anders.“

„Was soll ich denn tun?“

„Olivia liebt ihre Schwester über alles und hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt ihr gegenüber.“

Alejandro hob eine Augenbraue. „Für mich sieht sie aus, als könnte sie auf sich selbst aufpassen.“

„Schon möglich.“

„Sehr überzeugt klingst du nicht gerade.“

„Ich möchte einfach, dass meine Frau diese Hochzeitsfeier mehr genießen kann als unsere erste. Und das wird sie nicht, wenn sie sich Sorgen um Sienna macht.“

Noch einmal sah Alejandro zu der rothaarigen Frau. Neugier keimte in ihm auf. Ihr Gesicht war wie aus Alabaster, und die großen Augen hatten die Farbe von geschliffenen Smaragden. Zwar lächelte sie, doch Luca hatte recht: In ihren Zügen lagen Traurigkeit und Verletzlichkeit. Beide Gefühle kannte Alejandro gut genug, um sie sofort zu erkennen.

Grimmig verzog er den Mund zu einem schmalen Strich. „Und was genau erwartest du von mir?“

„Gut, dass du fragst. Ich möchte, dass du dich um Sienna kümmerst.“

Alejandro richtete den Blick wieder auf seinen Freund. „Du willst, dass …“

„Auf gar keinen Fall! Wofür hältst du mich? Für einen Kuppler?“ Warnend hob er eine Hand. „Genau genommen verbiete ich dir sogar, sie auch nur anzufassen. Als einer deiner One-Night-Stands eignet sie sich nicht.“

Alejandro strich sich über den Unterkiefer. „Du verbietest es mir?“ Er verzichtete auf den Hinweis, dass verbotene Früchte üblicherweise die verlockendsten waren.

„Ja. Alles, worum ich dich bitte, ist, Sienna vor ihrer furchtbaren Mutter zu bewahren.“

Alejandro sah zu der Frau, auf die Luca deutete. Sie war überwältigend schön und sah viel jünger aus, als sie in Wirklichkeit sein musste. Und sie schien sich dessen bewusst zu sein.

„Was ist denn so furchtbar an ihr?“, erkundigte er sich.

„Das zu erklären, würde jetzt zu lange dauern.“

„Du hast es wohl eilig, zu deiner Braut zurückzukehren.“

„Meiner Frau“, stellte Luca, glücklich lächelnd, richtig. Er sah seinen Freund nachdenklich an, bevor er sich zu ihm beugte, obwohl sie so weit abseits standen, dass niemand sie hören konnte. „Angelica, so heißt die Mutter, hat Sienna schon den ganzen Tag niedergemacht. Bisher hat Olivia den Mund gehalten, aber es ist ihr verdammt schwergefallen. Ich befürchte ernsthaft, dass sich meine äußerst liebenswürdige, geduldige Frau beim nächsten falschen Wort in einen feuerspeienden Drachen verwandelt.“

„Wäre das so schlimm?“

„Vermutlich nicht. Wenn du mich fragst, würde es Angelica nicht schaden, in die Schranken verwiesen zu werden. Aber Olivia ist zu gutherzig, und sie würde sich sofort dafür hassen. Deshalb bitte ich dich, Sienna von Angelica fernzuhalten, damit Olivia nicht die Beherrschung verliert.“

Niemand auf der ganzen Welt bedeutete Alejandro mehr als Luca. Er war der einzige Mensch, dem er voll und ganz vertraute und auf den er sich blind verließ. Und dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit. Luca war der Einzige, der wusste, wie Alejandros Leben früher ausgesehen hatte. Er wusste über Alejandros Mutter Bescheid – darüber, wie sie ihr Geld verdient und gelebt hatte, und darüber, wie sie gestorben war –, und er wusste, wie Alejandros Zuhause ausgesehen hatte. Niemandem sonst hatte er Einblicke in diese Zeit seines Lebens gewährt, und Luca war ebenso offen ihm gegenüber gewesen. Für nichts auf der Welt würde Alejandro diese Freundschaft jemals gefährden.

„Na schön“, willigte er ein, wenn auch nicht ganz ohne Groll. Er war schließlich kein Babysitter.

Aber es war nur für einen Abend. Was sollte da schon schiefgehen?

1. KAPITEL

„Du siehst aus, als wärst du am liebsten ganz woanders.“

Sienna verzog das Gesicht, bevor sie sich zu dem Sprecher hinter ihr umwandte. Sie hatte vor, diesem Eindruck vehement entgegenzutreten, aber ihre Sprachfähigkeit verließ sie in dem Moment, als sie den Mann ansah, dem die Stimme gehörte. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich einem attraktiven Mann gegenübersah, aber das Wort „attraktiv“ war definitiv unzureichend, um ihn zu beschreiben.

Um seine geschürzten Lippen lag ein zynischer Zug, und seine Augen waren so blau wie der Himmel an einem Sommertag, mit silbernen und schwarzen Sprenkeln. Sofort hatte sie das Gefühl, sich darin zu verlieren. Sein Gesicht war perfekt symmetrisch und sein Unterkiefer so kantig, als wäre er aus Stein gemeißelt, die Brauen dicht und dunkelbraun, genau wie sein leicht gewelltes Haar. Der Smoking, den er trug, wirkte wie ein Kostüm, denn er konnte die schiere Kraft des Mannes, seine Maskulinität, nicht verbergen.

„Hochzeiten sind auch nicht gerade mein Ding“, erklärte er, und Siennas Blick fiel auf seinen Mund.

Sie betrachtete den Schwung seiner Lippen, bis ihr Magen wie zugeschnürt war und sie sich zwingen musste, woanders hinzusehen. Sonst würde sie noch Gefahr laufen, etwas wirklich Verrücktes zu tun und ihn zu küssen …

Ihr Atem ging schwer und fühlte sich heiß an, und vor ihren Augen schienen Sterne zu tanzen. Um inneren Halt zu finden, sah sie zu den übrigen Gästen. Dabei begegnete sie dem missbilligenden Blick ihrer Mutter, mit dem sie das Äußere ihrer Tochter zum hundertsten Mal kritisch beäugte.

Vom Regen in die Traufe …

„Sprichst du Englisch?“, versuchte der Fremde es erneut, und trotz ihres zugeschnürten Magens gelang es Sienna, ihn anzulächeln.

„Ja.“ Dass sie auch mehrere andere Sprachen beherrschte, behielt sie für sich – allein das eine Wort hervorzubringen, war in ihren Augen eine beachtliche Leistung.

„Dann willst du, was die Hochzeit angeht, einfach diplomatisch sein?“

„Nein. Meine Schwester ist die Braut.“ Sie zeigte auf Olivia, die mit ihrem Mann zu einer langsamen Melodie tanzte. „Ich freue mich sehr für sie.“

„Das sehe ich“, kommentierte er ironisch.

Siennas Augen weiteten sich, dann lachte sie hell auf. Bei diesem Klang stellte sich ihr Gesprächspartner aufrecht hin, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, während er ihr erst ins Gesicht und dann auf das Dekolleté ihres Brautjungfernkleides sah.

Seine Musterung war kurz, aber unübersehbar gewesen, und eine Hitze, wie Sienna sie noch nie empfunden hatte, breitete sich in ihr aus. Sie schluckte in dem Versuch, sie zu lindern, doch andererseits fühlte es sich so gut an! Sienna kämpfte um ihre Selbstbeherrschung, aber gleichzeitig genoss sie dieses Gefühl, ihre körperliche Reaktion auf diesen wildfremden Mann.

„Bist du immer so direkt?“, fragte sie.

„Ja.“

Ihre Mutter würde jetzt sagen, es wäre unhöflich, so neugierig zu sein. Aber Sienna war geradezu berühmt dafür, die Ratschläge ihrer Mutter zu ignorieren, und so fragte sie: „Warum?“

„Was wäre denn die Alternative? Lügen?“

„Nein. Aber vielleicht gesellschaftliche Konventionen.“

„Konventionen werden überbewertet.“ Er hob die breiten Schultern, sodass Sienna nicht wusste, ob sie lachen oder bewundernd aufseufzen sollte. Zum Glück entschied ihr Körper sich für Ersteres.

„Und woher kennst du das glückliche Paar?“ Ein Anflug von Besorgnis schlich sich in ihre Augen, als sie ein weiteres Mal zu Olivia und Luca blickte.

„Luca ist mein ältester Freund.“

„Wieso warst du dann nicht sein Trauzeuge?“

„Und wer ist jetzt direkt?“

„Ist es denn ein Geheimnis?“

„Nein, gar nicht.“

„Also?“

„Ich halte nichts vom Heiraten. Es wäre heuchlerisch von mir gewesen, heute da vorne neben ihm zu stehen.“

„Selbst diese dreißig Minuten?“

„Ich glaube nicht an die Ehe und habe keinen Respekt vor dieser Institution. Ich halte sie für unnötig. Einen ungeeigneteren Trauzeugen als mich gibt es nicht. Deshalb habe ich höflich abgelehnt.“

„Aber gefragt hat er dich.“

Der Mann nickte leicht. „Allerdings ohne große Hoffnungen auf Erfolg. Luca weiß, wie ich denke.“

Das Blut in Siennas Adern war noch immer wie Lava. „Was sagtest du, wie du heißt?“

„Ich sagte gar nichts.“

Sie streckte die Zunge aus. „Und wörtlich nimmst du anscheinend auch alles.“

In seinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, das absolut unwiderstehlich war.

„Fragst du mich gerade nach meinem Namen, bonita?“

„Ich glaube schon.“

„Alejandro.“

Die Art, wie er seinen Namen aussprach, sandte Sienna einen erregten Schauer über den Rücken. Regungslos ließ sie ihn auf sich einwirken. Die gutturale Betonung der vorletzten Silbe wirkte wie ein Aphrodisiakum auf sie.

Aphrodisiakum?

Dieses Wort zählte nicht gerade zu Siennas üblichem Wortschatz. Schließlich sprach sie nicht jeden Abend mit einem gut aussehenden Mann, und sie hatte in keinster Weise Erfahrung damit, was die volle Aufmerksamkeit eines Mannes körperlich in ihr anrichtete. Es war, als würde sie nach und nach in Flammen aufgehen.

„Und du bist …?“

Sie blinzelte verständnislos. „Ich bin … Was genau meinst du?“

Jetzt war er derjenige, der lachte. Es war ein kurzes, raues Geräusch, das eine echte Gefahr für ihre ohnehin angegriffene Selbstbeherrschung darstellte. Und für ihren Realitätssinn. Denn warum, um alles auf der Welt, sollte ein Mann wie er sich mit ihr unterhalten? Es war vollkommen unmöglich, dass er dieselbe Faszination und dasselbe Verlangen verspürte wie sie.

„Dein Name“, half er ihr auf die Sprünge und hielt ihr die Hand hin. „Wie heißt du?“

„Oh. Sienna.“ Sie spürte, wie sie rot anlief. Wie sehr sie das hasste! Wenn Olivia errötete, sah sie wunderschön und kokett aus, wie ein ätherisches Märchenwesen. Sienna jedoch hatte das Gefühl, mit ihren roten Haaren und den Sommersprossen einfach nur fleckig auszusehen.

„Sienna“, wiederholte er ihren Namen, langsam und mit schwerem Akzent. War er Spanier?

Noch immer hielt er ihr die ausgestreckte Hand hin. Sie ergriff sie so langsam, als bedeute der schlichte Akt des Händeschüttelns eine sich anbahnende Katastrophe.

„Hast du Lust zu tanzen?“

„Tanzen?“ Sie sah zu der provisorischen Tanzfläche auf einer Terrasse in Rom, die von Lichterketten erhellt wurde. Um sie herum standen Blumenkübel, in denen duftender Jasmin blühte. Ihr sackte der Magen nach unten. Tanzen bedeutete Anmut und koordinierte Bewegungen – keine Begriffe, mit denen Sienna ihren Stil beschreiben würde.

Anderseits aber verhieß es auch Nähe. Berührungen. Die Möglichkeit, mit den Händen über den muskulösen Oberkörper dieses Mannes zu streichen, zu fühlen, wie …

Um Himmels willen, er fragt dich schließlich nicht, ob du mit ihm schlafen willst!

Und wenn er es täte? Was würde sie dann sagen? Dummerweise glühten ihre Wangen bei diesem Gedanken noch heißer, also schloss sie fest die Augen, um ihn und den Rest der Welt auszublenden.

„Es ist keine Raketenwissenschaft“, sagte er so nahe, dass sie seinen Atem an ihrem Ohr spürte. „Ich führe dich.“

Er wusste es. Er wusste, dass sie völlig unerfahren war. Und nervös.

Aber wie auch nicht? Niemand würde sie für eine gesellschaftlich gewandte, anspruchsvolle Frau halten, für die Anlässe wie dieser zur Tagesordnung gehörten.

Sei einfach du selbst.

Olivias Rat von vorhin ging ihr durch den Kopf, doch anstatt sich dadurch gestärkt zu fühlen, musste Sienna lächeln. Sie selbst zu sein hieße, dass sie Jeans und ein zu großes Sweatshirt anhätte und mit ihrem Hund unterwegs wäre.

Sie wandte sich Alejandro zu und sah ihn an. Sofort wünschte sie, sie hätte es nicht getan, denn wieder riss seine umwerfende Schönheit ihr beinahe den Boden unter den Füßen fort.

„Eigentlich tanze ich nicht.“ Noch während sie das sagte, ließ sie den Blick über sein Gesicht und anschließend über seinen Oberkörper wandern. Sie konnte es nicht abwarten, ihn dort zu berühren, herauszufinden, ob seine Muskeln wirklich so fest waren, wie sie es sich vorstellte.

„Macht es dir keinen Spaß?“

Woher sollte sie das wissen? Bis auf einige wenige Partys an der Schule, bei denen sie meistens unbeweglich an der Wand gestanden oder Getränke geholt hatte, damit niemand sah, wie fehl am Platze sie sich fühlte, hatte Sienna keinerlei Erfahrung mit Tanzveranstaltungen.

„Ich sollte …“ Sie suchte nach einer Entschuldigung, sich zu entfernen, obwohl sie nichts lieber wollte, als in Alejandros Nähe zu sein. Sie sah fort und zeigte vage in die Richtung ihrer besten Freundin Gertie.

Das Letzte, was sie erwartet hatte, war, dass er sie berührte. Nein, nicht einfach berührte. Mit einer Bewegung, die so intim war, dass es Sienna den Atem raubte, verschränkte er seine Finger mit ihren.

In ihr verschob sich etwas. Sie schwang herum, um ihn anzublicken. Ihr Mund war leicht geöffnet, und sie hatte die Augen weit aufgerissen. Plötzlich fühlte sie sich mutig. Furchtlosigkeit ergriff Besitz von ihr und weckte in ihr den Wunsch, sich auf alles einzulassen, was diese warme Sommernacht in Rom ihr zu bieten hatte.

Er beobachtete sie mit verhülltem Blick. Anders als Sienna verstand Alejandro es anscheinend meisterhaft, seine Gefühle und Gedanken zu verbergen.

„Komm und tanze mit mir, bonita. Nur ein Lied.“

Seine Finger fühlten sich warm und stark an, seine Hände waren deutlich größer als ihre. Pochenden Herzens schaute sie darauf herab.

„Okay“, willigte sie schließlich ein. Sei einfach du selbst. „Aber mach mir keine Vorwürfe, wenn du danach neue Füße brauchst, weil ich so oft darauf getreten bin.“

Sein Lächeln brachte ihre Seele zum Leuchten.

„Deal.“ Er hob ihre Hand zum Mund und hauchte einen Kuss drauf.

Jede Faser ihres Körpers stand in Flammen. Wie konnte ihr so heiß sein, wenn ihr doch gleichzeitig ein prickelnder Schauer über den Rücken lief?

Sie hatte nicht gelogen. Eine geborene Tänzerin war Sienna Thornton-Rose wirklich nicht, und aus einem Grund, den er nicht genauer benennen konnte, fand Alejandro das … anziehend. Warum das so war, wollte er erst analysieren, wenn sie ihm körperlich nicht mehr so nah war. Mit jeder Bewegung spürte er ihre üppigen Kurven enger an sich. Brüste, die so schön geformt waren, dass er sich nur mit Mühe davon abhalten konnte, sie zu umfassen. Er wollte sie spüren, sie nackt sehen und die Brustspitzen in den Mund nehmen …

Als einer deiner One-Night-Stands eignet sie sich nicht.

Alejandro biss die Zähne aufeinander und zwang sich, zu Olivia und Luca am anderen Ende der Tanzfläche zu sehen. Alles, was Luca wahrzunehmen schien, war seine Frau.

Weil er dir vertraut.

Gut so. Alejandro hatte nicht vor, dieses Vertrauen zu erschüttern. Aber Luca hatte ihn gebeten, sich um Sienna zu kümmern, dafür zu sorgen, dass sie Spaß hatte. Und den hatte sie offensichtlich nicht. Jedenfalls noch nicht.

Zu seiner Überraschung erhöhte sich sein Adrenalinspiegel, als er seine Hände um ihre Taille legte. Mit großen grünen Augen sah sie ihn an und blinzelte mit diesen langen, schwarz getuschten Wimpern, während sie die Stirn in Falten legte und den üppigen Mund leicht verzog. Obwohl sie so anders war als die Frauen, mit denen er sich sonst traf, hatte sie etwas an sich, was seinen Atem schneller gehen ließ.

Ob sie auch an anderen Körperstellen als auf dem Nasenrücken Sommersprossen hatte? Hatten ihre Wimpern eigentlich die Farbe wie ihre Haare, ein leuchtendes Rot? Und welche Farbe hatte ihr Haar weiter unten?

Himmel! Seit er wusste, dass Sienna für ihn tabu war, wurde er schier wahnsinnig. Alejandro konnte an nichts anderes denken als an das in ihm wachsende Verlangen. Doch sein ganzes Leben war von Selbstbeherrschung geprägt, und er weigerte sich, Schwäche zu zeigen und der Versuchung nachzugeben. Luca hatte sich deutlich genug ausgedrückt.

„Entspann dich“, riet er Sienna, obwohl seine eigene innere Anspannung seine Worte verhöhnte. „Lass dich einfach auf den Rhythmus ein. Lass ihn deine Seele berühren.“

„Ich würde mich entspannen, wenn du nicht die Fleisch gewordene Mischung aus einem spanischen Gott und einem Hollywood-Star wärst“, entgegnete sie bissig. Dann wurde sie rot, als wären ihre Worte ihr peinlich, doch ihr Blick blieb unbeirrt auf ihn gerichtet.

Warum ihr Eingeständnis ihm so gut gefiel, wusste Alejandro selbst nicht. Er war sich seiner Wirkung auf Frauen durchaus bewusst. Sein Ruf als begehrter Junggeselle war legendär, und üblicherweise konnte er sich die Frauen, die er näher kennenlernen wollte, mühelos aussuchen. Doch Siennas schlichtes Kompliment, ihre Gereiztheit darüber, dass sie ihn attraktiv fand, löste den Wunsch in ihm aus, sie herauszufordern. Sie in Versuchung zu führen.

Oh, mierda. Er durfte wirklich nicht vergessen, was Luca gesagt hatte. Doch ehrlich gesagt war sein bester Freund gerade der Mensch, an den er am allerwenigsten denken wollte.

„Aber stand denn ein Tanz mit einem Gott nicht ganz oben auf deiner Wunschliste?“, neckte er sie und zog sie näher an sich heran, auch wenn der vernünftige Teil in ihm ihn dafür verfluchte.

Er spürte, wie sie den Atem ausstieß, fühlte ihn seine Wange streifen, und sofort fragte er sich, wie sie wohl beim Höhepunkt klang, wenn sie seinen Namen ausrief …

Er unterdrückte einen Fluch, als er spürte, wie er hart wurde.

„Komischerweise nicht“, antwortete sie steif.

„Entspann dich“, wiederholte er seine Aufforderung, doch als sie das nicht tat, umfasste er ihr Kinn und hob es an, sodass er ihr in die Augen schauen konnte. „Sieh nicht weg“, befahl er.

Ohne den Blick von ihr zu nehmen, senkte er die Hand wieder zu ihrer Taille und führte sie zum Rhythmus der Musik. In ihm baute sich eine körperliche Erregung auf, die er normalerweise binnen kürzester Zeit hätte befriedigen können.

Aber nicht heute Abend, rief er sich ins Gedächtnis. Nicht mit ihr.

Das Brautjungfernkleid war ausnehmend schön; das war ihm bereits in der Kirche aufgefallen. Auf anderen Hochzeiten, zu denen er eingeladen gewesen war, hatte die Braut immer darauf geachtet, garderobenmäßig unerreicht zu sein. Doch Olivia hatte für ihre Schwester ein Kleid ausgewählt, das Siennas Vorzüge in jeder Hinsicht unterstrich. Von dem tiefen Smaragdgrün bis hin zu dem fließenden Stoff, der sich wie eine zweite Haut an ihre runden Brüste schmiegte und ihr dann weich bis zu den Knien fiel. Am liebsten hätte Alejandro den Chiffon mit beiden Händen gepackt und hochgehoben, seine Hände unter den Saum geschoben und ihren Po umfasst …

Jesús. Er vergaß völlig, um was es ging. Luca würde ihn umbringen, wenn er so weitermachte. Ach was, er würde sich selbst umbringen, wenn er seinen besten Freund hinterging.

„Darin bist du wirklich gut“, riss Sienna ihn aus seinen Gedanken.

„Im Tanzen?“

„Nein. Darin, Frauen zu verzaubern.“

Ihre Ehrlichkeit ging ihm nah. Und sie amüsierte ihn. Doch sie rührte auch an etwas, was er lange nicht mehr verspürt hatte. An seinen Beschützerinstinkt, der ihn an all die Nächte erinnerte, in denen er sich um seine Mutter geängstigt und gewünscht hatte, es gäbe etwas, was er für sie tun könnte.

„Mache ich das denn?“

„Frag bitte nicht. Es ist noch schlimmer, wenn du es gar nicht erst versuchst.“

Er lachte, und dieses Lachen schien Wirkung auf sie zu haben. Sienna hörte auf zu tanzen und sah ihn einfach nur an. Noch nie war die Versuchung stärker gewesen. Ihr Mund war üppig und zartrosa, er schrie förmlich danach, geküsst zu werden.

„Ich tanze einfach mit einer schönen jungen Frau“, gab er schulterzuckend zurück.

Es war, als hätte er sie geschlagen. Sienna ließ ihn los und trat zurück. Sie wurde so blass, dass ihre frechen Sommersprossen zu leuchten schienen.

„Ich sollte gehen und sehen, ob eine unserer Tanten noch etwas zu trinken braucht.“ Ihr Lächeln war gezwungen, verschwunden waren die Spontanität und Fröhlichkeit, die Alejandro eben noch gesehen hatte. Er wusste nicht, wie ihm geschah. Zwar redete er sich ein, dass er erleichtert sein sollte – immerhin brauchte er Raum, um die zwischen ihnen herrschende Anziehungskraft in den Griff zu bekommen –, doch er war es nicht. „Entschuldige mich bitte.“

Bevor er Sienna zurückhalten konnte, hatte sie sich bereits abgewandt. Er sah sie mit kerzengeradem Rücken durch die Menge verschwinden, als müsse sie ihm und der Welt etwas beweisen. Mit gerunzelter Stirn und einer klaffenden Leere tief in seinem Inneren sah Alejandro ihr nach.

2. KAPITEL

Schön? Sienna schäumte vor Wut, als sie die Feier verließ und zum Tiber ging, der sanft im Licht des Vollmondes dahinfloss.

Fast wäre sie Alejandro in die Falle getappt. Sie hatte ihm seine geübte Verführung abgekauft. Sie hatte geglaubt, er wollte mit ihr tanzen und dass er sie so sah, wie sie wirklich war.

Und schön war sie nun einmal nicht. Sienna machte sich nicht absichtlich klein, sie war einfach realistisch. Immerhin war Angelica Thornton-Rose ihre Mutter und Olivia ihre Schwester. Neben den beiden wäre es anmaßend, irgendeinen Anspruch auf Schönheit zu erheben. Sienna war der Dorn zwischen zwei Rosen, das hässliche Entlein neben zwei eleganten, anmutigen Schwänen. Die Hoffnung, sich auf magische Weise selbst in einen zu verwandeln, hatte sie schon vor langer Zeit aufgegeben, und sie war ganz sicher nicht auf die Lügen und Schmeicheleien irgendeines Hochzeitsgastes angewiesen. Egal, welche Gefühle er in ihr auslöste.

„Hast du Sisi gesehen?“ Olivias schönes Gesicht wirkte ruhig, doch in ihren Augen spiegelte sich Sorge wider.

Alejandro sah die Braut an und versuchte, Ähnlichkeiten zwischen ihr und ihrer Schwester zu entdecken, doch er fand keine. Olivias Gesicht war herzförmig und perfekt symmetrisch, ihre tiefblauen Augen lagen auf attraktive Weise weit auseinander, und ihre Haare waren so hell, dass sie fast weiß schimmerten. Allerdings hatte sie keine entzückenden Sommersprossen auf der Nase, die Tiefe des Ozeans suchte Alejandro in ihren Augen vergeblich, und im Vergleich zu Siennas verführerischem vollen Schmollmund waren ihre Lippen schmal und eher langweilig.

„Meine Schwester“, half Olivia nach, die sein Schweigen falsch interpretierte.

„Wir haben dich mit ihr tanzen sehen.“ Lucas Stimme klang warnend und bittend zugleich.

Es bedurfte nicht seines herausfordernden Blickes, damit Alejandro anbot, sich auf die Suche nach Sienna zu machen.

„Wenn ihr möchtet, sehe ich, ob ich sie finde.“

„Das musst du nicht. Ich sollte selbst nach ihr sehen und schauen, ob alles in …“

„Lass ihn gehen“, mischte Luca sich ein. „Du weißt, wie sehr Sienna es hasst, wenn du dir Sorgen um sie machst.“

Dabei war Alejandro überzeugt, dass Olivias Bedenken unnötig waren. Obwohl er nur wenige Minuten mit Sienna verbracht hatte – es waren höchstens zehn gewesen –, hatte er sofort gespürt, was für eine starke Frau sie war. Er glaubte nicht, dass sie jemanden brauchte, der für sie nach dem Rechten sah, aber das änderte nichts daran, dass er wissen wollte, wo sie war. Auch wenn seine Motive kaum selbstlos waren.

„Es ist eure Hochzeit und das Mindeste, was ich für euch tun kann, nachdem ich schon abgelehnt habe, Trauzeuge zu sein.“ Während er das sagte, lächelte er grimmig, denn er fühlte sich wie der Wolf im Schafspelz. Lucas dankbarer Gesichtsausdruck machte es nicht gerade besser. Was würde sein Freund wohl sagen, wenn er wüsste, dass er Sienna nur finden wollte, weil er in den Genuss ihrer Nähe kommen wollte, nicht etwa wegen der Besorgnis ihrer Schwester und ihres Schwagers?

„Aha. Du bist also doch noch da.“

Gerade als ihr Puls sich wieder beruhigt hatte, drang Alejandros Stimme durch die warme Nachtluft zu Sienna und fuhr wie eine Naturgewalt durch sie hindurch. Langsam drehte sie sich zu ihm um – sie brauchte Zeit, um sich zu wappnen. Es war schon schwer genug gewesen, inmitten der anderen Hochzeitsgäste mit ihren Gefühlen fertigzuwerden. Hier, alleine mit ihm, am Fluss, im silbrigen Mondschein und mit dieser spektakulären alten Stadt im Hintergrund, befürchtete sie, von seiner gottgleichen Ausstrahlung überwältigt zu werden.

Er hielt ihr ein Glas mit Champagner hin, und instinktiv griff sie danach – wie man es eben tat, wenn einem ein Getränk gereicht wurde. Allerdings ließ er das Glas nicht sofort los, sodass sich ihre Finger berührten. Sofort verspürte Sienna am ganzen Körper ein elektrisierendes Prickeln.

„Danke.“ Sie hob das Glas zum Mund und trank eilig, als könnte sie so das Feuer in ihrem Inneren löschen.

Er zuckte träge mit den Schultern und trat näher an sie heran, bis er einen Hauch zu nahe neben ihr stand. Sein maskuliner Duft, die Wärme seines Köpers und seine magnetische Aura waren so stark, dass Sienna sich am liebsten fallen gelassen hätte.

Sie hielt das Glas mit beiden Händen fest und sah wieder über den Fluss. Sie versuchte gar nicht erst, sich weiszumachen, ihr Herz schlüge normal.

„Du bist vor mir weggelaufen.“

Autor

Clare Connelly
<p>Clare Connelly liebt Liebesromane – von Jane Austen bis E L James. Nachdem sie lange erfolgreich Selfpublisherin war, ging 2017 ihr Traum in Erfüllung, als ihr erstes Buch bei einem Verlag erschien. Seitdem ist sie nicht mehr zu stoppen. Clare liest und schreibt leidenschaftlich gerne, und lebt in einem kleinen...
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