Verlobung auf Sizilianisch

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Keine Flirts, Drinks oder Dramen, sonst verliert Taylor ihre Traumrolle. Nichts leichter als das, denkt die auf ihren Ruf bedachte Schauspielerin. Sie hat nicht damit gerechnet, Luca Corretti auf einer Hochzeitsfeier in Sizilien zu begegnen. Schamlos flirtet der berüchtigte Playboy mit ihr - und wirft damit all ihre Prinzipien über den Haufen … Als Taylor sich nach einem Kuss aus seinen Armen löst, ist es zu spät: Ein Paparazzi-Foto geht um die Welt, das skandalöse Einblicke gewährt. "Wir sind verlobt!", behauptet sie in ihrer Not. Und ahnt nicht, was diese Lüge nach sich zieht …


  • Erscheinungstag 08.07.2014
  • Bandnummer 2134
  • ISBN / Artikelnummer 9783733700751
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Zach! Wo, zur Hölle, bleibst du? Lass mich nicht hängen! Ohne dich stehe ich das hier nicht durch. Ich kann jeden Moment schwach werden und Kohlenhydrate zu mir nehmen. Und das wäre das Ende von diesem Kleid. Melde dich, wenn du den Notruf erhältst!“ Fast wäre Taylor das Handy aus den schweißnassen Fingern gerutscht.

Lieber Himmel! Es war doch nur eine Hochzeit! Eine Ansammlung von Leuten, die ihr ebenso wenig bedeuteten wie sie ihnen. Also nichts, was sie derart aus der Fassung bringen sollte. Außerdem war sie ohnehin nur hier, weil der Produzent des Films, in dem sie die weibliche Hauptrolle spielte, darauf bestanden hatte.

Taylor versuchte, wenigstens einmal tief durchzuatmen, doch ihr hautenges Kleid ließ das nicht zu. Unglaublich, dass der Designer sie tatsächlich in diesen Traum aus jadegrüner Seide eingenäht hatte und verlangt hatte, benachrichtigt zu werden, sobald sie ein natürliches Bedürfnis verspürte. Doch diese Blöße würde sie sich niemals geben, was bedeutete: kein Essen, kein Trinken.

Nicht, dass ihr derlei fremd wäre! Ihre Mutter hatte ihr schon sehr früh eingebläut, dass allein eiserne Disziplin zum Erfolg führte.

Während die sizilianische Sonne erbarmungslos vom wolkenlosen Himmel auf sie niederbrannte, wurde Taylor wieder einmal bewusst, wie sehr sie derartige Events verabscheute. Dazu kamen der nagende Hunger und das viel zu enge Outfit – kein Wunder, dass ihre Nervosität und Gereiztheit von Minute zu Minute zunahmen. Und wem verdankte sie das alles? Allein Santo Corretti, ihrem Produzenten!

Ob er das mit Absicht gemacht hat? Der geplante Film war sein Baby. Wahrscheinlich hatte er den Designer extra angewiesen, sie in ihr Kleid einzuschweißen, um sicherzustellen, dass ihr kein Mann zu nah kam und damit ihr Comeback zerstörte.

Wäre Zach jetzt hier, würde er sich königlich amüsieren. Denn so hatte er sie noch nie gesehen, weil sie in den letzten Jahren vor allem Jeans und T-Shirts getragen und sich bewusst von jedem Medienzirkus ferngehalten hatte. Fast hätte sie tatsächlich vergessen, wie sehr sie die Falschheit und Häme hinter höflichem Lächeln und Bussi-Bussi-Gehabe hasste.

Taylor unterdrückte den kindlichen Drang, an den Nägeln zu kauen, starrte auf die perfekt manikürten Finger und bemerkte frustriert, dass ihre Hände zitterten. Schon allein deshalb sollte sie lieber kein Champagnerglas halten, sonst würde sie womöglich noch ihr Kleid ruinieren. Oder – was noch schlimmer wäre – das eines anderen Gastes. Wie ihr das ausgelegt würde, wusste sie aus bitterer Erfahrung. Gleichzeitig ärgerte es sie, dass sie überhaupt einen Gedanken daran verschwendete, was andere Leute von ihr hielten.

Die letzten Jahre hatten ihr gezeigt, was wirklich zählte im Leben. Dort draußen, in der normalen Welt, gab es Menschen mit echten Problemen. Ihre waren künstlich aufgebauscht worden, und sie lagen weit zurück in der Vergangenheit. Damals war sie sehr jung, naiv und verletzlich gewesen. Sie hatte den falschen Leuten vertraut und unkluge Entscheidungen getroffen. Inzwischen war sie eine andere. Und wenn man ihr die Gelegenheit dazu gab, würde sie es auch allen beweisen.

Und genau darum ging es heute. Sie hatte sich freiwillig in die Manege zurückgetraut, und jetzt wartete das begierige Publikum darauf, sie stolpern zu sehen. Also: keine Fehler, kein verspritzter Champagner, egal wodurch auch immer. Dies war der Preis, den sie zahlen musste, wenn sie an ihre früheren Erfolge anknüpfen wollte.

Trotz aller Entschlossenheit gelang es Taylor nicht ganz, die aufsteigende Panik zu unterdrücken. Darum griff sie erneut zum Handy. „Hey, Zach …“ Ihre Stimme schwankte bedenklich. „Ich wollte dich noch wissen lassen, dass hier Unmengen heißer Frauen rumlaufen. Aber beeil dich, damit dir nicht der Hauptpreis durch die Lappen geht! Wenn das allein noch nicht Anreiz genug ist, dann appelliere ich an dein Mitleid. Ich kann nämlich nur zur Toilette, wenn jemand die Naht an meinem Kleid auftrennt. Du wirst dich ohnehin kranklachen, wenn du mich siehst. Ruf bitte zurück, ja?“

Es machte Taylor Angst, wie dringend sie seine Unterstützung brauchte. Zach war es gewesen, der sie dazu ermutigt hatte, ihren Traum nicht aufzugeben und die unterbrochene Schauspielkarriere wieder aufleben zu lassen. Doch mit dem Traum gingen leider auch die dazugehörigen Albträume einher. Wenn sie nun nicht damit fertig wurde, wieder im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen und sich jeden Schritt, jedes Wort und jede Geste genau überlegen zu müssen? So sehr sie es vermisst hatte, vor der Kamera zu stehen, der dazugehörige Zirkus hatte ihr nicht gefehlt.

„Taylor!“ Santo Corretti, der den zweifelhaften Ruhm genoss, mit jeder Hauptdarstellerin seiner letzten fünf Filme im Bett gewesen zu sein, steuerte über den perfekt getrimmten Rasen auf sie zu. „Du bist spät dran.“

„Weil man mich noch in das Kleid einnähen musste, das du für mich ausgesucht hast.“ Dass sie eine halbe Stunde draußen vor dem Tor gestanden hatte, um genügend Mut aufzubringen, sich in die Höhle des Löwen zu wagen, behielt sie lieber für sich. „Außerdem macht es die Presse meiner Erfahrung nach noch viel heißer, wenn man sie warten lässt.“

„Vergiss nur nicht, dass du hier bist, um den Film zu promoten, und nicht, um dich in Szene zu setzen“, kam es kühl zurück. „Ich will Publicity, aber nur positive. Auf keinen Fall darfst du zulassen, dass deine Vergangenheit zum Thema wird.“

Hatte sie es nicht geahnt? Keine zwei Minuten Konversation, und sie wurde allein darauf reduziert! Es gab einfach kein Entkommen. Taylor war in aller Öffentlichkeit gestrauchelt und gefallen und musste es seitdem aushalten, dass man sie zuerst nach ihren begangenen Fehlern beurteilte. Santo bildete da keine Ausnahme.

Ihr Magen krampfte sich zusammen, was sie daran erinnerte, dass sie heute noch nichts gegessen hatte. „Anlässlich einer Hochzeit, zu der sich annähernd der gesamte Corretti-Clan versammelt, werden die Paparazzi sicher lohnenswertere Alternativen für skandalträchtige Schlagzeilen finden.“ In ihrem früheren Leben wäre ihr Santo sicher begehrenswert erschienen, doch aktuell mied sie jede Art von Schwierigkeiten, anstatt sie zu suchen. Sie hatte ihre Lektion gelernt.

„Wer hätte das gedacht!“, spottete ihr Produzent. „Taylor Carmichael, furchtlose Rebellin und freizügiges Betthäschen, kann tatsächlich noch erröten, wenn es die Situation erfordert. Ich werte das mal als Indiz für dein überragendes Schauspieltalent. Mach es dir ruhig zunutze, Verletzlichkeit steht nämlich ganz oben in der Publikumsgunst. Vielleicht verzeiht man dir damit sogar deine zweifelhafte Vergangenheit.“

„Die geht nur mich allein etwas an“, erwiderte Taylor betont kühl, um sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr seine unsensible Bemerkung sie verletzt hatte. „Also, wen soll ich als Erstes um den Finger wickeln?“

„Wolltest du nicht jemanden mitbringen?“

Taylor lächelte dünn, als Santo sich suchend umsah. „Meinen Freund Zach, der sich leider verspätet.“ Und den sie in der Tat umbringen würde, wenn er nicht bald auftauchte!

„Dein Job heute ist es, dich unter die Leute zu mischen, und nicht, dein Liebesleben zu pflegen. Vergiss das nicht.“

„Zach ist nicht …“ Sie brach ab, wütend auf sich selbst, weil sie es für nötig hielt, sich zu verteidigen. Doch Santo nickte zufrieden.

„Gut, denn etwaige Affären haben am Set nichts zu suchen. Dieser Film wird aus zwei Gründen einigen Staub aufwirbeln. Einmal weil ich ihn produziere, zum anderen weil du mitspielst. Die Leute werden schon allein ins Kino gehen, um dein Comeback kritisch unter die Lupe zu nehmen. Wenn ich recht behalte und mich nicht in dir täusche, werden sie zugeben müssen, dass du eine fantastische Schauspielerin bist. Also vermassel es nicht.“

Trotz der Hitze lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.

Wie sie es hasste, dass jedermann sie als eine Art Eigentum betrachtete, egal ob Presse, Agenturen oder Produzenten. Ab sofort würde sie den schwarzen Fleck auf ihrer Weste polieren, bis er glänzte wie pures Gold, und so konventionell und unauffällig sein, dass sich die Paparazzi zu Tode langweilten. „Dann solltest du mich am besten vernünftig briefen“, erwiderte sie betont sachlich. „Wer sind heute die wichtigsten Personen? Wen soll ich besonders beeindrucken?“

„Alle. Taylor Carmichael, endlich zurück aus ihrem Exil! Die Gerüchteküche brodelt ganz schön hoch, und jeder ist scharf darauf, von dir Details zu hören.“

„Dafür hast du schon gesorgt, möchte ich wetten.“

Santo lachte kurz auf. „Du bist so etwas wie mein Ass im Ärmel, und ich habe meine Karten schon immer gut auszuspielen gewusst. Also, die Taktik ist, sich bedeckt zu halten und geheimnisvoll zu bleiben. Keine Interviews ohne meine ausdrückliche Genehmigung.“

„Okay.“ Bereitwillig verbannte Taylor ihre Vergangenheit wieder in die Versenkung, wo sie seit Jahren geruht hatte. Wenn es nach ihr ginge, würde sie auch für immer dort bleiben. Doch bereits Santos nächste Worte machten das zur Illusion und verursachten ihr körperliche Übelkeit.

„Sie werden dich bedrängen und versuchen, dich zu provozieren. Immerhin bist du der Star, der seine eigene Mutter gefeuert hat.“

„Ich habe mich von meiner Managerin getrennt“, korrigierte Taylor ihn. „Dass es sich dabei um meine Mutter handelte, hatte damit nichts zu tun.“

„Wenn jemand seine Karriere und sein Leben derart brutal gegen die Wand fährt, bedeutet das für die breite Masse immer eine Art morbider Faszination.“

„Danke!“ Der Schmerz war scharf und nahm Taylor kurz den Atem, bevor er sich sengend in ihrem ganzen Körper ausbreitete.

„Was hast du in den letzten Jahren überhaupt gemacht?“

Angespannt beobachtete sie eine Biene, die über einer Rose schwebte und sich behutsam auf ein Blütenblatt niederließ, um an den süßen Nektar zu gelangen. „Den Ball flach gehalten.“

Die ebenso ausweichende wie flapsige Antwort schien ihrem Produzenten nicht zu gefallen. „Dann bleib dabei. Ich möchte nämlich nicht, dass mein Film …“

„Entspann dich, Santo.“ Langsam reichte es Taylor. „Wenn es einen Skandal um deinen Film geben sollte, dann sicher nicht aus meiner Richtung.“

„Jeder wartet nur darauf, dass du strauchelst“, sagte er hart. „Also denk daran, keinen Alkohol …“

„Hast du mich deshalb einnähen lassen?“

„Unsinn.“ Offensichtlich hatte er keinen Sinn für ihren Galgenhumor. „Das Kleid zeigt dein größtes Kapital, deinen Körper.“

Okay, sieh es einfach als Kompliment für andauernde, eiserne Disziplin an! versuchte Taylor sich zu motivieren. „Ich dachte, du hättest mich wegen meines schauspielerischen Talents engagiert?“

Die Bitterkeit in ihrer Stimme ließ ihn aufhorchen. „So ist es auch“, entgegnete er versöhnlich, „gutes Aussehen hat trotzdem noch nie geschadet. Und nichtsdestotrotz wüsste ich gern, wo du dich in den vergangenen zwei Jahren versteckt hast. Warst du vielleicht in einer Reha oder sowas?“

Na bravo, da kam das nächste Klischee! Die Rehabilitations-Klinik: Auffanglager und Durchgangsstation gestrauchelter Promis. Natürlich musste das angesichts der brodelnden Gerüchteküche jeder annehmen.

„Tut mir leid, aber ich habe Order, nicht über meine Vergangenheit zu sprechen.“

Santo lächelte dünn. „Du bist eine sehr schöne Frau, Taylor, und wirst dich männlicher Aufmerksamkeit kaum erwehren können. Vergiss nicht, dass es ihnen nicht um dich geht, sondern darum, deine Geschichte an die Presse zu verkaufen. Du hast es schon einmal vermasselt.“

Ein weiterer Schlag in die Magengrube. „Damals war ich noch schrecklich jung und dumm genug, den Falschen zu vertrauen. Das ist vorbei. Und was die Männer betrifft …“ Anscheinend sorglos hob sie die Schultern. „Sei versichert, hier ist nicht einer, der attraktiv genug wäre, um mich in Versuchung zu führen.“

Frustriert stürzte Luca Corretti ein weiteres Glas Champagner hinunter. Sich anständig zu benehmen, war nicht nur grottenlangweilig, sondern auch unglaublich anstrengend. Anstatt sein normales Tempo zu fahren und jede Sekunde weidlich auszunutzen, sah er sich zum ersten Mal im Leben gezwungen, auf die Bremse zu gehen. Was bedeutete, er hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden sieben Partyeinladungen absagen müssen und noch vor dem Morgengrauen im Bett gelegen. Dass er dabei nicht allein gewesen war, zählte nicht.

Was seine scharfäugigen Beobachter betraf, hatte er sich damit wohl absolut untadelig verhalten. Öffentlich ein Kleinkind zu küssen und seinen Lockenkopf zu tätscheln, wäre so ziemlich das Einzige, was Luca verweigern würde, um den Vorstand des Familienunternehmens zu beeindrucken. Ein florierendes Modeunternehmen reichte dem Direktorium des Corretti-Konzerns offenbar nicht als Reputation, um ihn für die Leitung eines weiteren Firmenzweigs zu qualifizieren.

Und jetzt hatte man ihn auch noch dazu verdonnert, anlässlich der Hochzeit seines Cousins in Familie zu machen! Luca seufzte und überlegte, wann er den seichten Champagner endlich gegen einen anständigen Whisky eintauschen konnte.

Bin ich eigentlich der Einzige, der Hochzeiten hasst? Diese alberne Demonstration romantischer Verblendung, die man gemeinhin als Liebe bezeichnete! Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit würde er sich von hier wegstehlen, bevorzugt in Begleitung der rothaarigen Brautjungfer, die ihm sofort ins Auge gestochen war.

„Luca! Ich habe dich überall gesucht. Wo bist du nur gewesen?“

Bevor er reagieren konnte, umfingen ihn weiche Arme und hüllten ihn in eine blumige Parfumwolke ein. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre ihm gar nicht der Gedanke an Gegenwehr gekommen, doch im Bewusstsein, dass er momentan unter Beobachtung stand, befreite er sich sanft, aber bestimmt aus der Umklammerung.

„Ich habe mich vor dir versteckt, Penny. Allerdings offensichtlich erfolglos …“

„Ich heiße Portia.“

„Wirklich? Kein Wunder, dass ich mich nicht erinnere.“

Das brachte ihm ein animiertes Kichern ein. „Du niederträchtiger Schuft!“

„Mit der Einschätzung stehst du in jedem Fall nicht allein da.“ Während er sein Champagnerglas in einem Zug leerte, dachte Luca krampfhaft über eine Stressreduktion nach, die nichts mit Alkohol oder Sex zu tun hatte.

Portia lächelte lasziv und suchte seinen Blick. „Wegen letzter Nacht …“

„Letzte Nacht?“ Mit einem schnellen Rundumblick versicherte er sich, dass sie nicht von anderen Gästen belauscht werden konnten, und ersetzte Portias Champagnerglas geschickt durch eines mit Orangensaft. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon du redest. Die letzte Nacht habe ich mit einem guten Buch im Bett verbracht.“

Portia lachte rau auf. „Und wie virtuos du meine Seiten umgeblättert hast! So gut fand ich es vorher noch nie. Du bist wirklich ein Genie.“

„Das habe ich dem Vorstand auch gesagt. Aber unglücklicherweise ist man dort anderer Meinung. Aus unerfindlichem Grund scheinen sie anzunehmen, dass sexuelle Aktivitäten meine geistigen Fähigkeiten beeinträchtigen, weshalb man mir eine Art mentalen Keuschheitsgürtel verordnet hat.“

„Sie müssen doch nichts davon erfahren. Lass uns von hier verschwinden, Luca.“

„Aber ich liebe Hochzeiten!“, log er dreist. „Und ich liebe meinen Cousin. Auf keinen Fall kann ich gehen, bevor er und …“ Wie, zum Teufel, hieß noch die Braut? „Bevor er und seine Traumfrau sich nicht das Jawort gegeben haben.“

„Du liebst Hochzeiten? Wirklich?“

„Hochzeiten treiben mir grundsätzlich Tränen in die Augen“, versicherte er völlig aufrichtig. „Die Vorstellung, dass sich zwei Menschen ewige Liebe und Treue schwören, lässt mich jedes Mal zusammenbrechen und heulen wie ein kleines Baby.“

„Ich hätte nie gedacht, dass du so romantisch bist.“ Portias Stimme bebte verdächtig. „Und ich bin wirklich froh, dass die Gerüchte über den Hass und Streit zwischen dir und deinem Cousin gar nicht stimmen. Du bist längst nicht so schlecht, wie jeder behauptet.“

„Ich … schlecht?“ Sein verletzter Blick hätte einen Stein erweichen können. „Im Vergleich zu einigen Anwesenden bin ich ein Heiliger!“, behauptete er dreist und hoffte nur, dass sie keine Namen hören wollte, was ihn in ziemliche Verlegenheit gebracht hätte.

„Wow, du bist ja ein regelrechter Softie … außer an den Stellen, wo es wirklich zählt“, murmelte sie und rückte wieder näher an ihn heran.

Wie bin ich nur auf die Idee verfallen, mich mit einem der Hochzeitsgäste einzulassen? Was als kurzes Vergnügen geplant gewesen war, sah diese anhängliche Schönheit offenbar als Fortsetzungsroman an. Er musste sie loswerden, ehe ihm der Corretti-Vorstand erneut die rote Karte zeigte. Doch offenbar wollte sich Portia nicht so einfach abschütteln lassen.

„Dann muss ich wirklich bis heute Abend warten?“, gurrte sie.

Luca sah ein, dass es keinen Sinn hatte, länger drumherum zu reden. „Die Definition eines One-Night-Stands ist, dass er nur eine Nacht lang dauert, Principessa.“

„Was ist los, Luca? Gefalle ich dir etwa nicht in diesem Kleid?“

Unversehens setzte sein Herz einen Schlag aus.

Findest du mich hübsch, Luca? Sehe ich besser aus als sie? Wird er mich attraktiv finden und lieben, wenn ich das hier trage?

„Luca?“

Nur mühsam befreite er sich aus den dunklen Fängen der Vergangenheit. „Du siehst umwerfend aus“, sagte er flach und atmete innerlich auf, als ein anderer Gast Portias Aufmerksamkeit einforderte und er sich verdrücken konnte. Während er noch über ein sicheres Versteck nachgrübelte, fiel ihm eine spektakuläre Blondine am anderen Ende der Terrasse auf, die heftig umschwärmt wurde. Luca trat einen Schritt zur Seite, um besser sehen zu können, erkannte sie aber erst, als die Frau den Kopf wandte.

Taylor Carmichael … wer hätte das gedacht. Sich unerwartet jemandem gegenüberzusehen, dessen Ruf noch schlechter war als seiner, hob seine Laune beträchtlich. Presseberichten zufolge hatte sie in ihrer Glanzzeit alle Laster der Welt in einer Person vereinigt: Sex and Drugs and Rock’n’ Roll …

Und dann war sie plötzlich für Jahre von der Bildfläche verschwunden. Was sie wohl in der Zwischenzeit getan hatte? Nichts langweilig Bürgerliches, entschied Luca für sich. Taylor Carmichael war auf jeden Fall jemand, neben dem er wie ein Heiliger wirkte. Oder zumindest fast! Während er sie quer über die Köpfe der anderen Gäste hinweg beobachtete, fiel ihm wieder ein, dass sie in Santos nächstem Film die weibliche Hauptrolle spielen sollte.

Was für ein heißes Gerät! Allein die Vorstellung, diese blonde Mähne fächerförmig auf seinem Kopfkissen ausgebreitet zu sehen, setzte ihn automatisch in Gang. Rechtzeitig, auf halbem Weg, fiel Luca zum Glück ein, dass er immer noch unter Beobachtung stand. Also schwenkte er lässig ab und verwickelte einen männlichen Gast in eine langweilige Konversation über die aktuelle Wirtschaftslage.

Wenn Taylor auch nur annähernd in der Lage gewesen wäre, genügend Luft zu holen, hätte sie lauthals losgekreischt.

„Sie armes Ding!“ Die schrille Stimme der Frau war so zuckersüß, dass einem die Zähne wehtaten. „Diese Hochzeit muss für Sie doch die reinste Tortur sein.“

„Warum?“ Eisern hielt Taylor an ihrem verbindlichen Lächeln fest und wünschte sich brennend, Zach würde endlich auftauchen. „So ein Fest ist doch die perfekte Gelegenheit, interessante Menschen zu treffen.“

„Nicht zu viele Versuchungen für jemanden wie Sie?“ Ein bezeichnender Blick auf das volle Wasserglas in Taylors Hand. „Sie Ärmste wagen ja nicht einmal, einen winzigen Schluck Champagner zu trinken, aus Angst, die Kontrolle zu verlieren und damit wieder alles zunichte zu machen. Es muss unglaublich hart sein, wenn …“

„Ist es nicht.“

Damit brachte sie ihr penetrantes Gegenüber wenigstens für einen Moment zum Schweigen, doch noch bevor Taylor sich erholen konnte, geriet sie bereits in die Fänge der nächsten Megäre.

„Taylor Carmichael!“ Diesmal war die Stimme nicht süßlich, sondern scharf wie ein Rasiermesser. „Wie oft haben wir uns alle gefragt, was aus Ihnen geworden sein mag! Sie müssen uns unbedingt erzählen, was an den schrecklichen Geschichten dran ist, die über Sie kursieren.“

‚Wir uns alle‘ erwies sich als ein Rudel weiblicher Wölfe – in Designer-Outfits und mit schillernden Juwelen behängt –, das sich immer enger um sie schloss.

Zach, wo bist du?

In aufsteigender Panik tastete Taylor nach dem Handy in ihrer Tasche und drückte eine Taste, wodurch der Klingelton ertönte. „Oh … Sie verzeihen?“ Mit einem entschuldigenden Lächeln zog sie das Handy hervor und schaute kurz aufs Display. „Ein wichtiger Anruf. Hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen. Wir sehen uns sicher später in der Kirche …“

Das Handy am Ohr plauderte sie betont heiter mit sich selbst und versuchte zu ignorieren, dass Santo sie offenbar auf Schritt und Tritt beobachtete. Sollte er doch! Sie war entschlossen, sich nichts zuschulden kommen zu lassen. Ihr Fokus lag allein auf der bevorstehenden Filmarbeit, die sie so schmerzlich vermisst hatte.

Und Taylor kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, dass sie alles andere ausblenden konnte, sobald sie auf dem Set stand.

Was sie jetzt brauchte, war eine kleine Verschnaufpause, um den nächsten Attacken der aufdringlichen Hyänen standzuhalten. Immer noch das Handy wie ein Schutzschild umklammernd, schlenderte Taylor anscheinend absichtslos über die Terrasse auf der Suche nach einem weniger überfüllten Ort. Der im englischen Stil angelegte Garten, nur wenige Steinstufen unter ihr, erschien geradezu ideal.

Was gab es Friedvolleres als ein schattiges Plätzchen im Freien? Ein grünes Labyrinth aus hohen Hecken bot willkommenen Schutz vor der sizilianischen Sonne und den neugierigen Blicken der anderen Hochzeitsgäste.

Sobald sie außer Sichtweite war, streifte Taylor die hochhackigen Sandaletten von den Füßen und seufzte ekstatisch auf, sobald sie das weiche Gras unter ihren nackten Füßen spürte. Mit geschlossenen Augen lauschte sie dem Gesang der Vögel.

Genieße jeden einzelnen Moment, der sich dir bietet. War es nicht das, was Zach mir immer wieder predigt? Blende alles aus, es geht allein um das Hier und Jetzt.

Langsam beruhigte sich ihr Puls, doch was blieb, war das nagende Hungergefühl – ihr ständiger Begleiter, seit sie den Filmvertrag unterschrieben hatte. Taylor wollte sich gerade zu ihrer wiedergewonnenen Kontrolle gratulieren, da prallte sie gegen eine breite Männerbrust.

Maledizione! Dabei hatte ich wirklich gehofft, du hättest den Wink verstanden!“ Kräftige Hände umklammerten ihre Schultern und verhinderten, dass sie fiel.

„Was für einen Wink?“ Sie erkannte ihn auf den ersten Blick. Luca Corretti, unverschämt attraktiver Millionär und notorischer Playboy. Einschlägigen Berichten nach war er Siziliens größte Touristenattraktion. Und ganz sicher der letzte Mann auf der Welt, mit dem sie unter den gegebenen Umständen gesehen werden wollte.

„Mi dispiace, Tesoro.“ Sein Lächeln war wirklich umwerfend. „Ich dachte, Sie wären jemand anders.“

„Nun, das bin ich nicht“, stellte Taylor klar. „Und wenn Sie mich loslassen würden, könnte ich meinen Spaziergang fortsetzen und Sie sich wieder verstecken oder was immer Sie sonst vorhaben.“

„Ich flüchte vor meiner Vergangenheit.“

Er auch? Taylor hob skeptisch die Brauen. „Ein ziemlich ehrgeiziges, wenn nicht aussichtsloses Unterfangen, angesichts Ihrer Reputation, möchte man meinen.“

„Halb so wild, da es sich nur um die jüngste Vergangenheit handelt“, relativierte er ohne eine Spur von Schuldbewusstsein oder Verlegenheit. „Genauer gesagt, um letzte Nacht. Abgesehen davon glaube ich kaum, dass ausgerechnet Sie sich ein Urteil zu diesem Thema anmaßen können, Taylor Carmichael. Ihre Vergangenheit ist doch mindestens so despektierlich wie meine.“

Ihren Namen aus seinem Mund zu hören, krampfte ihren Magen erneut zusammen. „Sie wissen also, wer ich bin?“

„Aber sicher! Ich habe Sie sogar schon annähernd nackt gesehen.“ In den dunklen Augen blitzte es herausfordernd auf. „Dieser Film über den Teenager, der von zu Hause weggelaufen ist. Santo Cielo, waren Sie sexy!“

Warum erwähnte er gerade dieses Machwerk? Über zwanzig Filme hatte sie gedreht, doch er musste sie auf die schlimmste Erfahrung ihres Lebens ansprechen. „Das ist schon sehr lange her.“

„Aber diese unglaublich langen Beine sind immer noch dieselben …“ Seine dunkle Stimme war wie ein Streicheln, und Taylor wurde heiß und kalt zugleich. „Ganz zu schweigen von anderen Teilen Ihres atemberaubenden Körpers. Himmel, was habe ich damals den Produzenten beneidet, der Ihre Vorzüge nicht nur am Set genießen konnte, wie man munkelte. Wie hieß er noch? Ah ja, Rafaele, der glückliche Hund!“

„Ich … darüber möchte ich nicht sprechen.“

„Warum nicht? Sie haben ihn fallen lassen, und er hat Sie aus Rache an die Presse verscherbelt. Wen interessiert’s?“

Sie. Damals genauso wie heute. Aber wem sollte sie einen Vorwurf machen? In dem Moment, als sie die Filmrolle akzeptiert hatte, die Santo ihr angeboten hatte, war es mit den Anrufen und Textnachrichten wieder losgegangen. Egal, wie oft sie die Nummer wechselte, immer gelang es Rafaele, sie aufzuspüren. Legte er tatsächlich mal eine Pause ein, dann nur, um wieder durchzustarten, sobald sie sich zaghaft der Hoffnung hingab, er hätte es endlich satt, sie zu terrorisieren.

Himmel! Das verflixte Kleid war wie eine Boa Constriktor, die ihr die Luft zum Atmen abschnürte! Gepeinigt versuchte Taylor, das Thema zu wechseln. „Wie sieht denn Ihre jüngste Vergangenheit aus, damit ich ihr aus dem Weg gehen kann? Blond? Brünett? Ich hege nämlich nicht den leisesten Wunsch, auch noch mit einer eifersüchtigen Frau aneinanderzugeraten.“

„Ich auch nicht! Warum, glauben Sie wohl, habe ich mich hier versteckt?“ Er zitterte übertrieben und zwinkerte Taylor so dreist zu, dass ihr Herz einen unverhofften Sprung machte. Dann nahm Luca Corretti die grünen Wände aus gestutzter Hecke misstrauisch in Augenschein. „Ich hoffe nur, das Direktorium hat keine verborgenen Kameras installiert. Ich und mein guter Ruf stehen nämlich unter Beobachtung. Darum bin ich gezwungen, mich untadelig zu benehmen.“

Trotz Stress und Frust musste Taylor lächeln. „Und das sieht dann so aus?“

„Ich gebe wirklich mein Bestes, obwohl es mich fast umbringt“, versicherte er, während sein Blick verlangend auf ihrem Mund ruhte. „Besonders in diesem Moment.“

Taylor spürte, wie ihr Blut schneller floss. Gegen ihren Willen fühlte auch sie sich geradezu magisch von seinem Mund angezogen. Ein klassisch geschnittener, entschlossener Mund, sensibel und fordernd zugleich. Von Luca Corretti geküsst zu werden, war bestimmt eine Erfahrung wert. Wenn die Gerüchteküche nicht trog, verfügte er über hinreichende Routine auf diesem Gebiet.

Entsetzt über ihre ausschweifenden Gedanken, wandte sie sich zum Gehen. „Ich hoffe aufrichtig, es gelingt Ihnen, Ihrer aktuellen Vergangenheit zu entfliehen“, sagte sie mit freundlicher Ironie. „Viel Erfolg dabei.“

„Danke, das kann ich nur zurückgeben. Ich nehme nicht an, dass Sie ihr auf dem Weg hierher begegnet sind?“

„Mir ist niemand besonders aufgefallen. Wie sieht sie denn aus?“

„Enttäuscht … verzweifelt?“

Taylor schüttelte den Kopf und hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken. „Sie beide waren heute Nacht zusammen?“

Luca schnitt eine Grimasse. „Offenbar nicht die ganze Zeit …“

Autor

Sarah Morgan
<p>Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 21 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen.</p>
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