Verräterische Versuchung

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Schwanger! Fassungslos starrt Kim auf den verräterischen Teststreifen. Ihre Gedanken rasen. Warum hat sie den Test ausgerechnet jetzt gemacht, statt sich auf die alles entscheidende Präsentation vor millionenschweren Investoren zu konzentrieren? Wie soll sie die nächste Stunde bloß überstehen? Doch als Kim mit eiserner Beherrschung den Konferenzsaal betritt, entdeckt sie sofort: der brasilianischen Tycoon Diego Pereira ist ungeladen erschienen - ihr Noch-Ehemann und Vater ihres Kindes! Mit brennenden Blicken sieht er sie an, als kenne er längst ihr Geheimnis …


  • Erscheinungstag 17.03.2015
  • Bandnummer 2171
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701512
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Kimberly Stanton starrte auf das weiße Plastikstäbchen, das auf dem glänzenden Rand des Marmorwaschbeckens lag. Der Schock saß ihr tief in den Knochen und drang ihr langsam ins Bewusstsein. In dem zartlila Waschraum zwischen weichen Handtüchern und duftenden Rosenschalen wirkte das Stäbchen wie ein gefährlicher Fremdkörper.

Die Minuten zogen sich wie eine Ewigkeit dahin, und das Stimmengemurmel hinter der geschlossenen Tür verursachte ein hohles Echo.

Ihr Herz schlug immer schneller und lauter, und in ihrer Magengegend meldete sich ein stechender Schmerz. Sie klammerte sich hilfesuchend an den kalten Stein der Ablage, als sie merkte, wie ihre Knie allmählich nachgaben.

Das Wort, vor dem sie sich am meisten gefürchtet hatte, erschien im Sichtfenster: schwanger!

Da gab es keinen Irrtum mehr, keine ungenaue Farbe oder ein missverstandenes Symbol. Nein, schwanger bedeutete schwanger.

Klar und deutlich.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und ihre Knie zitterten. Sie stützte sich auf den Waschtisch, beugte sich weit vor und rang nach Luft, während ihr Puls ohrenbetäubend in ihrem Kopf hämmerte.

Dieser eine kleine Fehler – den sie ja praktisch zweimal begangen hatte – sollte sie also für den Rest ihres Lebens heimsuchen? Aber manche Dinge ließen sich eben nicht ändern. Dummheit wurde bestraft, genau wie Naivität.

Mit letzter Kraft drehte sie an dem glänzenden Chromwasserhahn und hielt dann beide Hände unter das eiskalte Wasser.

Einatmen, ausatmen! sagte sie sich immer wieder – womöglich hätte sie es sonst einfach vergessen. Wasser abschalten! Ein Papiertuch zum Trocknen

Erschrocken zuckte sie zusammen, als ihr Blick plötzlich in den Spiegel fiel. Ihre Haut war bleich und fahl, und unter den Augen zeichneten sich tiefdunkle Schatten ab. Außerdem wirkte sie fast unnatürlich dünn, und ihre Wangenknochen traten sichtbar hervor. Sie sah aus, als stünde sie am Rand eines Nervenzusammenbruchs, und vielleicht entsprach das sogar der Realität. Allerdings war dies der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um die Nerven zu verlieren. Der Zusammenbruch würde also warten müssen.

Mit den Zeigefingern massierte sie ihre pochenden Schläfen. Jetzt war keine Zeit, um sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Sie musste es ausblenden und später wieder hervorholen … sobald sie allein war und einigermaßen logisch denken konnte.

Mit klarem Kopf werde ich die Situation schon wieder in den Griff bekommen! Schließlich habe ich reichlich Erfahrung darin, mit schmerzhaften Schockzuständen umzugehen.

Allerdings fragte Kimberly sich ernsthaft, weshalb sie ausgerechnet heute diesen Test hatte machen müssen, nachdem er schon seit einer Woche in ihrer Handtasche lag. Das passte nicht zu ihrem rationalen Naturell. In letzter Zeit verlor sie häufiger die Übersicht, das durfte keinesfalls zur Gewohnheit werden!

Mit zitternden Händen frischte sie ihr Make-up auf und strich dann ein paar Mal über den glatten Stoff ihres Outfits. Diese Geste beruhigte sie etwas, und sie war bereit, sich wieder unter ihre Gäste zu mischen: ein paar ausgewählte Investoren, die sich für Kimberlys Web-Startup The Daily Help interessierten.

Sie musste ihre Präsentation halten und anschließend den Finanzplan für die nächsten fünf Jahre erläutern. Es musste ihr einfach gelingen, sie dazu zu bewegen, in das neue Unternehmen zu investieren – auch wenn Startups zurzeit wie Pilze aus dem Boden schossen.

Am wichtigsten war: Die Investoren durften sich auf keinen Fall durch den kürzlich veröffentlichten Skandal – der Kim selbst, ihre Zwillingsschwester Olivia Stanton und den bekannten Alexander King betraf – negativ beeinflussen lassen. Dass die potenziellen Anleger Kims Einladung trotz dieser Ereignisse gefolgt waren, wertete sie als gutes Zeichen.

Ein letztes Mal rückte sie ihren Blazer zurecht und verließ auf wackligen Beinen den Waschraum. Den Schwangerschaftstest warf sie in den Müll.

Im Flur bog Kim um die nächste Ecke und besorgte sich als Erstes ein Glas Wasser. Dann nickte sie lächelnd einem alten Freund aus Harvard zu.

Es war eine gute Entscheidung gewesen, den Konferenzsaal in einem der nobelsten Hotels von Manhattan zu buchen, auch wenn ihr sparsamer Finanzmanager wegen dieser kostspieligen Ausgabe die Stirn gerunzelt hatte. Doch Kim glaubte kaum, dass sie in den weitläufigen Kellerräumen, die ihrem Unternehmen als Heimat dienten, die Chance gehabt hätte, Investoren eine goldene Zukunft zu prophezeien.

Sie warf einen Blick auf die elegante Armbanduhr – ein Geschenk ihres Vaters zum Harvard-Abschluss – und gab anschließend allen Anwesenden zu verstehen, dass sie gleich mit der Präsentation beginnen würde.

Dabei hätte sie diesen Augenblick gern länger hinausgezögert. Denn nach getaner Arbeit wäre sie gleich wieder allein mit ihren Gedanken, und dann ließ sich ihr akutes Problem nicht mehr verdrängen.

Gegen Ende des Vortrags passierte es. Kim kam ohne erfindlichen Grund aus dem Konzept und sah sich hektisch um. Was hat meine Aufmerksamkeit abgelenkt? Ein Flüstern der Zuhörer? Ein fragender Gesichtsausdruck oder die Erinnerung an die entsetzlichen Minuten im Waschraum?

Um etwas Zeit zu gewinnen, räusperte sie sich und trank mit einem entschuldigenden Lächeln einen Schluck Wasser. Schnell fand sie zu ihrer alten Form zurück und beendete die Präsentation mit Bravour. Nachdem das Oberlicht wieder eingeschaltet war, atmete sie erleichtert auf und stellte sich den zahlreichen Fragen ihrer Gäste.

Mit den ersten Tagesordnungspunkten hatte sie gerechnet und sich dementsprechend vorbereitet. Sorgfältig dosierte sie die Zusatzinformationen und belegte jede einzelne mit diversen Grafiken und Statistiken, um die Entscheidungsfreudigkeit ihrer Investoren in spe bestmöglich anzufeuern.

Kim sprühte regelrecht vor Adrenalin und Tatendrang. Ihre harte Arbeit zahlte sich endlich aus, und sie freute sich auf weitere Erfolge und Herausforderungen. Dann fiel ihr Blick auf ihn, und es traf sie wie ein Blitzschlag. Er war also der Grund für ihre plötzliche Konzentrationsschwäche gewesen.

Diego Pereira. Der Mann, der sie verführt und ohne einen Blick zurück im Stich gelassen hatte. Der Mann, dessen Baby sie unter dem Herzen trug.

Wie versteinert blieb sie auf ihrem Podium stehen und hatte den Eindruck, ein Abgrund würde sich direkt vor ihr auftun. Jedes Mal, wenn Diego in ihr Leben trat, schien sie ihren gesunden Menschenverstand abzulegen.

Instinktiv presste sie eine Hand auf ihren Bauch und spürte – ohne ihn weiter anzusehen –, wie Diego sie anstarrte. Sie brachte es nicht über sich, ihm in die mysteriösen, goldenen Augen zu sehen. Niemals würde sie ihm verzeihen, dass er wieder und wieder mit ihren Gefühlen spielte.

Also blickte sie entschlossen geradeaus und widmete sich den Fragen ihrer Zuhörer. Es wurde eine höchst anstrengende halbe Stunde, aber Kim schlug sich wacker. Die ganze Zeit über war ihr bewusst, wie gespannt Diego auf den Moment wartete, in dem sie sich vor versammelter Mannschaft blamierte und die Fassung verlor.

Wenigstens machte er es ihr leicht, ihn vorübergehend zu ignorieren, denn er blieb schweigend in der letzten Reihe sitzen.

Wenige Minuten nach ihrem Schlusswort verließ sie eilig den Konferenzsaal, ohne Diego eines einzigen Blickes zu würdigen. Warum war er überhaupt hier? Welches grausame Schicksal führte ihn ausgerechnet an dem Tag hierher, an dem sie erfahren hatte, dass sie schwanger war?

Regungslos beobachtete Diego Pereira Kim, die energisch die Tür des Raums hinter sich schloss. Sie wirkte nervös, und das gefiel ihm. Immerhin zeigte es deutlich, dass er ihr nicht gleichgültig war.

Dann blätterte er ihre Mappe durch und musste zugeben, dass ihr Geschäftsmodell ihn zutiefst beeindruckte. Obwohl ihr professionelles Auftreten ihn kaum überraschte, schließlich hatte er sie als ausgesprochen gewissenhaft und zuverlässig kennengelernt … zumindest in beruflicher Hinsicht.

Ihr heutiger Vortrag war innovativ, sehr spezifisch und außergewöhnlich interessant gewesen. In nur drei Jahren hatte sie die simple Idee einer Ratgeberkolumne zu einem exklusiven Informationswebportal weiterentwickelt – mit mehr als einer Million Mitgliedern und noch einmal einer knappen Million Anwärtern in der Warteschleife dieser Mitgliederliste. Ihre Firma hatte großes Potenzial.

Er schloss die Augen und dachte an ihr reizvolles Erscheinungsbild: ein schwarzer Hosenanzug, der ihre langen Beine betonte, und eine ebenfalls höchst elegante Seidenbluse. Nur war dieses Bild meilenweit von der Frau entfernt, die noch vor wenigen Wochen in seinen Armen voller Erregung um Gnade gefleht hatte.

Während er ihrer souveränen Präsentation gefolgt war, hatte er ganz vergessen, was ihn eigentlich nach New York geführt hatte. Ihre sichtbare Reaktion auf seine Anwesenheit hatte ihn völlig von seinen ursprünglichen Plänen abgelenkt.

Ganz kurz war sie ins Wanken geraten, hatte sich aber schnell wieder gefangen und ihre Präsentation durchgezogen. Sie war eben stark, stolz und ungewöhnlich … diese Frau, die er damals geheiratet hatte.

Außerdem war sie wunderschön, intelligent, kultiviert und eine brillante Geschäftsfrau. Die Perfektion in Person, gleichzeitig konnte sie kalt wie ein Stein sein.

Für Diego selbst war es höchste Zeit, weiterzuziehen und dieses Kapitel endlich hinter sich zu lassen. Allerdings hatte ihn Kims Nervosität berührt und seine bittere Feindseligkeit etwas besänftigt.

Mit dem Fahrstuhl fuhr er in den zehnten Stock und schloss dort mit der goldenen Schlüsselkarte, die er einem Pagen gegen ein großzügiges Trinkgeld abgeschwatzt hatte, Kims Suite auf.

Leise zog er die Tür hinter sich wieder ins Schloss und atmete den sanften Lilienduft ein, an den er sich noch gut erinnerte. Er holte so tief Luft, wie er konnte, um die Erinnerung an Kims Sinnlichkeit wachzurufen. Sein ganzer Körper erbebte vor Genuss, und Diego kam sich wie ein Junkie vor, der nicht genug von seiner Droge bekommen konnte.

Neugierig sah er sich in der Suite um, die mit Luxusmöbeln aus Mahagoni und hellem Leder eingerichtet war. Auf dem Tisch in der Sitzecke lag ein Stapel mit Mappen, daneben stand Kims hochmoderner Laptop. Die schlichte schwarze Designerhandtasche hatte sie achtlos aufs Sofa geworfen.

Die Räumlichkeiten wirkten genauso makellos wie ihre Bewohnerin: erstklassig, exklusiv und ohne das geringste Anzeichen von Wärme.

Hinter ihm wurde eine Tür geöffnet, und er drehte sich auf dem Absatz um. Kim stand vor ihm und wankte leicht, als sie ihn entdeckte. Ihre glänzenden Lippen bebten, und sie hielt eine Hand an ihren Bauch gepresst. Mit der anderen fuhr sie sich über die bleiche Stirn.

Den Blazer hatte sie schon abgelegt und die Ärmel ihrer weißen Bluse hochgekrempelt. Er starrte ihre schlanken, gebräunten Unterarme an. Noch vor wenigen Wochen waren sie um seinen Nacken geschlungen gewesen … An einem Handgelenk funkelte ihre kostbare Uhr, am anderen ein goldenes Armband, das zu ihrer feinen Kette passte. Das winzige Amulett dieser Kette ruhte im Schatten zwischen ihren festen Brüsten.

Diego schluckte und zwang sich, ihr ins Gesicht zu sehen. Die Erinnerung daran, wie Kim unter seinen Berührungen in Ekstase geraten war, wühlte ihn auf. Die Erinnerung an ihre weiche, duftende Haut und an den schweißtreibenden Sex … Und in ihren schokoladenbraunen Augen entdeckte er dieselbe Leidenschaft, die gerade seinen eigenen Verstand vernebelte.

Sie lehnte sich erschöpft gegen den Türrahmen, und er war mit einem Satz bei ihr.

„Geht es dir nicht gut, beldade?“ Normalerweise achtete seine kleine Schönheit auf ein perfektes Erscheinungsbild, aber im Moment schien sie völlig neben der Spur zu sein.

Sie rückte von ihm ab und nestelte nervös am Revers ihrer Bluse herum. Noch eine ungewohnte Geste, die ihm verriet, dass hier irgendetwas im Busch war.

„Nein, natürlich nicht“, antwortete sie mit einem Schulterzucken. „Wie auch, wenn ich hier von dir überfallen werde?“

Gelassen sah er sie an. „Mein Anblick macht dich doch nicht etwa krank?“

Mit gespreizten Fingerspitzen stützte sie sich auf dem Sideboard ab. „Dein Anblick erinnert mich nur an eine Dummheit, die ich lieber vergessen würde.“

Sein Grinsen war teuflisch. „Selbst die guten Augenblicke, in denen du vor Lust laut aufgeschrien hast?“

Endlich zeigte sich etwas Farbe auf ihren Wangen. Mit steifen Schritten wankte sie auf einen Ledersessel zu und ließ sich hineinfallen. „Warum bist du hergekommen, Diego?“, fragte sie und richtete sich unbeholfen auf. Dann schlug sie die Beine übereinander, was ebenfalls nicht ganz so elegant wirkte wie üblich.

Trotzdem machte sie einen relativ gefestigten Eindruck. Keine Spur mehr von Wut oder Frust. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie noch halbnackt in Diegos Bett gelegen und sich seinen kühlen Vortrag darüber angehört, dass er endgültig fertig mit ihr sei …

Heute warf sie ihm dieses Verhalten nicht einmal vor. Dabei war das Ganze erst einen Monat her. Ihre Gelassenheit brachte ihn allmählich aus der Ruhe. Wie konnte das sein? In ihm war sofort die alte Leidenschaft erwacht, Kim dagegen wirkte fast unbeteiligt.

Er stellte sich breitbeinig direkt vor sie hin, und zwar so, dass Kim zwischen seinen Schenkeln gefangen war. Dann zeigte er auf den Stapel Mappen neben sich. „Dein Angebot klingt brillant.“

„Das musst du mir nicht sagen“, konterte sie wie aus der Pistole geschossen.

Ihr Selbstvertrauen kam kaum überraschend, denn in geschäftlicher Hinsicht war seine Noch-Ehefrau eben absolut unschlagbar. „Ist das die Antwort, die all deine potenziellen Investoren von dir an den Kopf geworfen bekommen?“

Sie schnaubte verächtlich. „Das ist meine Standardantwort für einen Mann, von dem ich weiß, dass er mir vor allem großen Schaden zufügen möchte!“

„Wie kommst du denn darauf? Habe ich das jemals getan?“

„Du hattest deine Rache doch schon, Diego. Obwohl unsere Ehe seit sechs Jahren vorbei ist, hast du mir die Scheidung verweigert, um meine Hochzeit mit Alexander zu verhindern. Vor vier Wochen hast du mich dann verführt und danach fallenlassen wie eine heiße Kartoffel. Reicht dir das noch nicht?“

„Da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Immerhin scheint dich das keine Sekunde lang aus dem Konzept gebracht zu haben.“

Der Blick aus ihren tiefbraunen Augen flackerte leicht. „Ich habe meine Schwester und Alex in einen furchtbaren Skandal verwickelt und damit alles in Gefahr gebracht, was Alex wichtig ist.“

„Damit leiden wieder einmal andere, aber nicht du. Ich habe den Eindruck, dich selbst kann rein gar nichts irritieren.“

Sie blickte zur Seite. „Na, schön. Du hast mich gedemütigt, und ich kam mir wie eine Idiotin vor. Besser?“

Tatsächlich hatte er sie leiden sehen wollen, und nun war ihr die innere Wut auch endlich anzumerken. Aber für ihn kam es trotzdem zu spät.

„Vielleicht“, brummte er und streifte sein Jackett ab.

„Was muss ich tun, damit du wieder verschwindest?“, wollte sie wissen. „Damit du mich und meine Firma endgültig in Ruhe lässt?“

„Ich denke, du hast genüg Selbstvertrauen? Befürchtest du etwa, ich könnte deine ehrgeizigen Karrierepläne durchkreuzen?“

„Natürlich, falls du dir fest vornehmen solltest, mir beruflich zu schaden.“ Ihre Stimme klang verzerrt. „Und allein darum geht es dir doch, oder? Jeder, der dich im Leben enttäuscht, wird zur Bestrafung ruiniert. Und nun bin ich eben an der Reihe.“

Sie faltete die Hände im Schoß und schob mit dieser Bewegung unbewusst ihre Brüste ein kleines Stück zusammen. Sofort fiel Diegos Blick auf ihren Ausschnitt, und er kämpfte um Selbstbeherrschung.

„Vor sechs Jahren warst du von dem Gedanken besessen, dich an deinem Vater zu rächen“, fuhr sie fort. „Dir war völlig egal, wem du damit noch schadest. Die feindliche Übernahme seiner kleinen Baufirma kann man wohl als dein Meisterstück bezeichnen. Herzlichen Glückwunsch, du hast sie in ein wahres Imperium verwandelt! Energiegewinnung, Bergbau … Doch wenn man den Medienberichten Glauben schenkt, bist du bloß ein skrupelloser Bastard, der alles und jeden niedertrampelt, der ihm in die Quere kommt – deinen eigenen Vater eingeschlossen.“ Sie stand auf und durchquerte das Zimmer. „Für mich macht es keinen Sinn, unnötige Zeit zu verschwenden, indem wir um den heißen Brei reden. Also, was immer du vorhast, tu es ruhig! Aber ich werde mich nicht kampflos ergeben. Mein Unternehmen …“

„Bedeutet dir einfach alles, richtig? Du bist ein Paradebeispiel für Frauen, die in beruflicher Hinsicht genauso skrupellos agieren können wie Männer“, provozierte er sie.

„Das ist wohl kaum als Kompliment gemeint?“

„Ganz und gar nicht.“

Mit beiden Händen umklammerte Kim die Fensterbank hinter sich. „Wir sind quitt, Diego. Wollen wir es nicht dabei belassen?“

Er kam auf sie zu, und mit jedem Schritt wurde seine Lust auf sie größer. Völlig unmöglich, sich gegen den immensen Sexappeal zu wehren, den sie ausstrahlte. Und wenn er sie in diesem Moment spontan küsste, würde Kim ihn bestimmt nicht wegstoßen. Das sah er an ihrem Blick. Wann immer er sie berührte, hatte er sofort das Gefühl, diese Frau mit Haut und Haaren zu erobern. Ihre Gedanken, ihre Gefühle und ihre ganze Seele.

Frustriert ballte er die Hände zu Fäusten. Denn es würde weder ihm noch ihr in irgendeiner Form nützen, der gemeinsamen Leidenschaft nachzugeben. Und er verachtete sich für den bloßen Impuls, Kim berühren zu wollen. Und dafür, dass er sich nach sechs Jahren wieder mühelos von ihr um den Finger wickeln ließ … genau wie letzten Monat. Nur um am Ende mit einem bestürzenden Brief in den Händen dazustehen …

Nie wieder! Er wollte einen Neuanfang, ohne ständig von den Erinnerungen an diese Frau verfolgt zu werden. Heute war er mit einem bestimmten Plan hergekommen, den er nicht aus den Augen verlieren durfte.

„Ich bin hier, um einen Fehler zu korrigieren“, verkündete er.

Unbewusst griff Kim sich an den Hals. „Einen Fehler?“

Diego legte einige Papiere auf den Tisch, die er in einer Ledermappe unter dem Arm bei sich getragen hatte. „Du musst der Scheidung noch schriftlich zustimmen.“

Kim zuckte unter einem Schmerz zusammen, den sie sich schon sehr lange nicht mehr gestattet hatte. Dabei war dies doch genau das, was sie seit sechs Jahren anstrebte. Sie wollte ihrerseits einen alten Fehler aus dem Weg räumen – einen dummen Traum, der ohnehin nie eine Chance gehabt hatte.

„Mein Personal hat die Kopien, die du in der Villa vorbeigebracht hast, nicht mehr finden können“, erklärte er.

Weil ich die Papiere nach unserer gemeinsamen Nacht zerrissen habe, dachte sie.

Sie hatten sich nicht geliebt, sondern harten, wilden Sex gehabt. Sex aus Rache. Von der Sorte: Sieh dir genau an, was du damals weggeworfen hast! Für eine Frau von überdurchschnittlicher Intelligenz war es schon erstaunlich, dass sie nach all der Zeit wieder auf Diego hereingefallen war.

Mit bebenden Fingern griff sie nach den Dokumenten. Das war es also. Diego würde ihr endgültig den Rücken kehren, und sie musste sich nie wieder mit den Dummheiten auseinandersetzen, die sie im Namen der Liebe begangen hatte. Jetzt war zum Greifen nah, worauf sie so lange gehofft hatte. Und trotzdem brachte sie es nicht über sich, nach einem Stift zu greifen.

„Die hättest du mir auch durch deinen Anwalt zukommen lassen können“, bemerkte sie leise, und ihr Herz wurde schwer. „Dafür hättest du nicht persönlich auftauchen müssen.“

Seine ganze Haltung drückte wieder die alte Überheblichkeit aus, die Kim von Anfang an missfallen hatte. Er kam ihr wie ein blutrünstiger Hai vor, der sie mit regloser Miene umkreiste.

„Und mir die Gelegenheit entgehen lassen, dir von Angesicht zu Angesicht Lebewohl zu sagen?“ Er trat ganz dicht an sie heran. „Was sagt das über uns aus, wenn wir uns nach sechs Jahren wiedersehen und nur wenige Stunden später gemeinsam im Bett landen? Oder eher an der nächstbesten Zimmerwand …“

Ihr Magen überschlug sich fast, und ihre Haut kribbelte. Er hatte recht. Sobald er in ihrer Nähe war, konnte Kim an nichts anderes als Sex denken. Glühend heißen, entfesselten Sex, der den Verstand ausschaltete und den sie später zutiefst bereute.

Aber sie würde eher sterben, bevor sie das zugab. Entschlossen zückte sie einen Kugelschreiber und unterschrieb die erste Seite. Dann sah sie angriffslustig zu ihm hoch. „Bei uns ist das ein reiner Stimulationsreflex, ein Pawlow’scher Reflex, wenn du so willst. Ganz egal, wie viele Jahre vergehen: Sobald ich dich sehe, muss ich an Sex denken. Vielleicht weil du mein erster Mann gewesen bist. Oder weil du deine Sache so verdammt gut machst.“

Mit einem leisen Rascheln fielen die Unterlagen zu Boden, als Diego Kims Handgelenke packte und sie mit einem Ruck an sich zog. „Und der Segeltörn? Die vielen Wochen, die du gemeinsam mit mir verbracht hast? Das war wohl nur die wilde, trotzige Rebellion einer Konsumprinzessin, die ihrem Vater eins auswischen wollte?“

Ein stechender Schmerz regte sich in ihrer Brust, und sie schluckte gegen die aufsteigenden Tränen an. Sie hasste sich für den naiven Glauben von damals. Als hätte er sie wirklich und wahrhaftig geliebt! Und sie hasste sich auch dafür, dass sie vor vier Wochen seinetwegen erneut den Verstand verloren hatte.

Lange war es ihr gelungen, ihre Emotionen in Schach zu halten, doch jetzt drohte Kim buchstäblich an ihnen zu ersticken. Sie krallte sich an seinem Hemd fest und sah ihm tief in die Augen.

„Gut, dass dein Weg dich hierher gebracht hat!“, zischte sie. „Ich habe dir nämlich auch etwas Wichtiges mitzuteilen!“

2. KAPITEL

„Du hast Neuigkeiten für mich?“, wunderte sich Diego und legte seine Hände auf Kims, um ihren Griff zu lockern. „Was gibt es denn so Wichtiges? Hast du dir einen neuen Mann geangelt, nachdem dir deine Schwester den letzten gestohlen hat? Glaubst du, das würde mich interessieren?“

„Ich bin schwanger.“

Er rührte sich nicht … blinzelte nicht einmal. Kein einziger Muskel bewegte sich in seinem Gesicht, und Kim überfiel ein tiefes Gefühl der Genugtuung. Sie hatte ihm diese unerträgliche Überheblichkeit austreiben wollen, und das war ihr auch gelungen. Doch gleich darauf meldete sich ihr schlechtes Gewissen, und sie geriet – im wahrsten Sinne des Wortes – ins Wanken.

Meine Güte, so unverblümt habe ich es gar nicht hinausposaunen wollen! Schließlich wusste sie selbst nicht, wie sie mit der Tatsache umgehen sollte, dass sie ein Kind bekam.

Was sagt das über meinen Charakter aus, wenn der erste Vorteil dieser Schwangerschaft für mich darin besteht, Diego einen gehörigen Schrecken einzujagen? Andererseits war sie ihm nichts schuldig, erst recht nicht, nachdem er sie wie einen Fußabtreter behandelt hatte. Ihr hatte sich gerade eine günstige Gelegenheit geboten, die Neuigkeiten loszuwerden, und für Zweifel war es jetzt ohnehin zu spät. Außerdem machte es ihm vielleicht gar nicht viel aus. Er hatte sich an ihr gerächt, stand nun mit den Scheidungspapieren vor ihr und war drauf und dran, anschließend für immer aus ihrem Leben zu verschwinden.

„Ist es von mir?“, fragte er ruhig.

Jetzt kam es darauf an, dass sie die Fassung behielt. Denn Diego war ein Meister darin, ihre Gedanken zu lesen. „Weshalb sollte ich dir sonst davon erzählen?“

„Du hast wenige Stunden, nachdem wir uns wiederbegegnet sind, mit mir geschlafen“, erwiderte er, und sein Blick wurde kalt. „Dein Bräutigam hat dir einen Schnüffler auf den Hals gehetzt, und deine Zwillingsschwester musste vor dem Traualtar deinen Platz einnehmen. Dir ist demnach einiges zuzutrauen.“ Er machte ein paar Schritte um den Couchtisch herum. „Und gleich nachdem ich dich verlassen hatte, bist du zu ihm zurückgekrochen. Nur hatte er dich schon ausgewechselt, sozusagen als Retourkutsche. Daher frage ich dich noch einmal: Ist dieses Baby von mir?“

„Das stimmt nicht. Alex und ich …“ Völlig überfordert von der Situation brach sie ab, und ihr schlechtes Gewissen lastete schwer auf ihren Schultern. Die Medien, die gesamte Öffentlichkeit und sogar ihr eigener Vater hatten ihre geliebte Schwester verurteilt, obwohl allein Kim für den gesamten Schlamassel verantwortlich war.

Diego wusste genau, was sie getan hatte, während Liv vor Gott und der Welt die Rolle ihrer Zwillingsschwester gespielt hatte. Und natürlich machte es auf ihn den Eindruck, als wäre Kim reumütig zu Alex zurückgegehrt … als wäre sie von einem Bett zum nächsten gehüpft.

Allerdings irrte er sich da gewaltig! Noch bevor Diego seine wahren Motive offengelegt hatte, hatte Kim sich offiziell von Alexander getrennt. Aber das wusste Diego natürlich nicht.

Mit den hochgezogenen Augenbrauen kehrte auch die Arroganz in seine Miene zurück. „Das ist eine einfache Frage, beldade, die nur du mir beantworten kannst.“

„Alex und ich …“, begann sie noch einmal. „Wir …“

„Alles, was ich will, ist dein Ehrenwort. Dein privates Liebesleben interessiert mich nicht.“

Ihr Liebesleben existierte zwar nicht, aber das ging ihn überhaupt nichts an. „Selbstverständlich ist es von dir“, brachte sie schließlich hervor.

Schweigend nickte er und biss die Zähne zusammen.

Autor

Tara Pammi
<p>Tara schreibt sexy Romanzen mit anbetungswürdigen Helden und sexy Heldinnen. Ihre Heldinnen sind manchmal laut und rebellisch und manchmal schüchtern und nerdig, aber jede von ihnen findet ihren perfekten Helden. Denn jede Frau verdient eine Liebesgeschichte! Tara lebt in Texas mit ihrem ganz persönlichen Helden und zwei Heldinnen in der...
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