Versuchung mal zwei - Verliebe dich nie in Zwillinge!

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DIAMANTEN FÜR DIE FALSCHE BRAUT? von LYNNE GRAHAM
Alissa soll den russischen Milliardär Sergej heiraten – an Stelle ihrer Zwillingsschwester! Wider Erwarten verliebt sie sich beim ersten Treffen in Sergej, der sie leidenschaftlich umwirbt. Wird sie ihn wieder verlieren, wenn er hinter den Schwindel der Schwestern kommt?

EIN TRAUM VON EINEM MANN von CARA SUMMERS
War das ein erotischer Traum? Maddie laufen immer noch Schauer über den Rücken, als sie im Apartment ihrer Zwillingsschwester erwacht. Doch ihr fantastischer Lover liegt leibhaftig neben ihr, und sein wunderbares Lächeln gibt ihr zu verstehen: Das war erst der Anfang …

EIN STREIT, EIN KUSS UND GANZ VIEL LIEBE von CAROLE MORTIMER
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LUST, INTRIGEN UND EIN TRAUMMANN von BARBARA DUNLOP
Hals über Kopf verliebt Kalissa sich in den attraktiven Riley Ellis. Der smarte Unternehmer aus Chicago umwirbt sie heiß, und in seinen Armen spürt Kalissa eine Leidenschaft, wie sie sie noch nie erlebt hat! Er gibt ihr das Gefühl, die schönste Frau der Welt zu sein. Bis sie eine schreckliche Entdeckung macht: Ihr Traummann ist der Erzfeind von Shane Colborn, dem frischgebackenen Ehemann ihrer Zwillingsschwester. Schon lange versucht Riley, seinen Rivalen zu übertrumpfen. Hat er sie nur erobert, um der Familie Colborn nah zu sein - um sie endlich zu besiegen?Hals über Kopf verliebt Kalissa sich in den attraktiven Riley Ellis. Der smarte Unternehmer aus Chicago umwirbt sie heiß, und in seinen Armen spürt Kalissa eine Leidenschaft, wie sie sie noch nie erlebt hat! Er gibt ihr das Gefühl, die schönste Frau der Welt zu sein. Bis sie eine schreckliche Entdeckung macht: Ihr Traummann ist der Erzfeind von Shane Colborn, dem frischgebackenen Ehemann ihrer Zwillingsschwester. Schon lange versucht Riley, seinen Rivalen zu übertrumpfen. Hat er sie nur erobert, um der Familie Colborn nah zu sein - um sie endlich zu besiegen?

NIE MEHR EINSAM? von SUSAN FOX
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  • Erscheinungstag 09.02.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751521598
  • Seitenanzahl 800
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

Diamanten für die falsche Braut? erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christina Seeger
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2009 by Lynne Graham
Originaltitel: „Ruthless Magnate, Convenient Wife“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA , Band 1197
Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban

Umschlagsmotive: AS Inc, Akarawut /shutterstock

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2021

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751513029

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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1. KAPITEL

Von zwei Wagen mit Leibwächtern abgeschirmt, reiste Ölmilliardär Sergej Antonovich in einem schweren schwarzen Geländewagen mit getönten Scheiben. In einem russischen Dorf wie Tsokhrai würde so ein Konvoi normalerweise Aufsehen erregen. Doch alle wussten genau, wer sich dahinter verbarg, denn Sergejs Großmutter war im Ort verwurzelt, und ihr Enkel besuchte sie stets am Ostersonntag.

Sergej blickte auf die Fahrbahn, die er von einem Feldweg zu einer breiten Straße hatte ausbauen lassen, da er den Transporterfordernissen der Autofabrik gerecht werden musste, die er in der ländlichen Gegend errichtet hatte, um Arbeitsplätze zu schaffen. Als er hier noch wohnte, war der Weg im Winter unter Schlamm versunken und oft nur noch von Bauernkarren befahrbar gewesen. Wenn es geschneit hatte, war das Dorf häufig wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten. Selbst jetzt fiel es Sergej noch schwer, sich vorzustellen, dass er mehrere Jahre seiner Kindheit in Tsokhrai verbracht hatte. Für den Stadtjungen war es ein Albtraum gewesen, urplötzlich in die öde Landgegend verpflanzt zu werden. Mit dreizehn war er bereits einen Meter achtzig groß gewesen, ein Bandenmitglied und angehender Gangster, der Gesetze brach, um überleben zu können.

Seine Großmutter Jelena, eine kleine Frau von knapp einem Meter fünfzig, konnte weder lesen noch schreiben und war damals bettelarm. Dennoch verdankte Sergej ihr alles – was er geworden war und im Lauf der Jahre erreicht hatte, wäre ohne die unermüdliche Unterstützung dieser kleinen Kämpfernatur undenkbar gewesen.

Die Kolonne hielt vor einem bescheidenen Haus mit wettergegerbtem Schindeldach und Unterstand, das sich hinter einer wuchernden Hecke verbarg. Die Leibwächter, Muskelpakete, die selbst an dunklen Tagen Sonnenbrillen trugen und nie lächelten, sprangen als Erste aus den Wagen, um die Umgebung zu sichern.

Endlich stieg Sergej aus, sein eleganter Maßanzug aus Seide und Mohair umspielte seine kraftvolle Gestalt und die breiten Schultern. Seine Exfrau Rosalina hatte diese Pilgerfahrt seinen „alljährlichen Bußgang“ genannt und sich geweigert, ihn zu begleiten. Doch dieser Besuch war unendlich wichtig für seine Großmutter, die nicht einmal zuließ, dass Sergej ihr ein neues Haus baute. Jelena ist die einzige Frau, die noch nie einen Rubel von mir gewollt hat, musste Sergej sich grimmig eingestehen. Längst hatte er erkannt, dass die meisten Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts von Geldgier und Machtdenken beherrscht wurden.

Während Sergej über den Weg zum Haus schritt, wichen die Dorfbewohner von der Tür zurück, und ehrfürchtiges Schweigen legte sich über die Versammelten. Jelena, eine rundliche Frau Anfang siebzig mit wachen Augen, begrüßte ihn ohne Umstände, und nur ihr warmherziger Ton und der Kosename „Sascha“ verrieten, wie viel ihr einziger Enkel ihr bedeutete.

„Wie immer kommst du allein“, beklagte Jelena sich und führte ihn an den Tisch, an dem zum Ende der vierzigtägigen Fastenzeit ein reiches Ostermahl gedeckt war. „Komm und lang ordentlich zu.“

Sergej runzelte die Stirn. „Ich habe noch nicht …“

Schon hatte seine Großmutter begonnen, ihm eine mächtige Portion auf den Teller zu geben. „Denkst du, das wüsste ich nicht?“

Der bärtige orthodoxe Priester saß bereits an der Tafel, die mit Blumen und bemalten Eiern geschmückt war. Wohlwollend lächelte er dem jungen Mann zu, der den baufälligen Turm der Dorfkirche hatte erneuern lassen. „Komm und iss, Junge.“

Da Sergej gewusst hatte, welches üppige Festtagsmahl ihn erwartete, hatte er das Frühstück ausfallen lassen. Er aß mit gutem Appetit und kostete das würzige Osterbrot und den Kuchen. Zwischendurch wurde er immer wieder von Besuchern seiner Großmutter angesprochen und lauschte geduldig ihren Bitten um Rat, Unterstützung und Geld, da er in der Gemeinde als großherzig und mitfühlend bekannt war.

Mit kaum verhohlenem Stolz stand Jelena dabei und beobachtete, wie die jungen Frauen im Raum seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken suchten. Das war auch verständlich. Mit den markanten Zügen, seiner Größe und der durchtrainierten Gestalt war Sergej ein fantastisch aussehender Mann. Und wie stets nahm er das Interesse der Dorfschönen gleichmütig hin. Amüsiert dachte seine Großmutter an die Scharen verliebter junger Mädchen, die ihn schon als Junge auf Schritt und Tritt belagert hatten. Nichts hatte sich geändert. Seiner starken Ausstrahlung konnte sich keiner entziehen.

Es überraschte Sergej, dass diesmal besonders viele attraktive Bewunderinnen um ihn her schwirrten, und er fragte sich, ob Jelena etwas damit zu tun hatte. Dabei war er nur wegen seiner Großmutter gekommen. Jetzt fiel ihm auf, dass sie jedes Mal, wenn er sie besuchte, etwas älter und müder wirkte. Natürlich wusste er, dass sie enttäuscht war, weil er keine Frau mitgebracht hatte, doch die Damen, die ihm an seinen Wohnsitzen überall auf der Welt Vergnügen bereiteten, hätte er seiner geliebten alten Großmutter nie vorzustellen gewagt. Sie wünschte sich verzweifelt, dass er erneut heiratete und eine Familie gründete. Leute, die ihn nur als arroganten, kaltblütigen Geschäftsmann kannten, wären verblüfft gewesen, wenn sie erfahren würden, dass er es für seine Pflicht hielt, Jelena jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Welchen Dank hatte sie schließlich nach all den Jahren von ihrem einst so rebellischen, starrköpfigen Enkel erhalten? Mit ihrer Liebe und Fürsorge hatte sie sein Leben in neue Bahnen gelenkt, während sie selbst einfach und anspruchslos geblieben war. Sein unermesslicher Reichtum und Erfolg bedeuteten ihr nichts, obwohl er ihr einziger lebender Verwandter war. Jelenas Mann war ein Trinker gewesen, der sie geschlagen hatte, ihr Sohn ein Autodieb, und auch ihre Schwiegertochter war dem Alkohol verfallen gewesen.

„Du sorgst dich um Jelena, mein Sohn?“, fragte der Geistliche. „Bring ihr eine Frau und Kinder ins Haus, damit machst du sie glücklich.“

„Das ist leichter gesagt als getan“, scherzte Sergej und wandte den Blick vom aufreizenden Ausschnitt der Schönen ab, die herbeigeeilt war, um ihm Kaffee nachzuschenken.

„Mit der richtigen Frau ist es ganz einfach.“ Der Priester lachte vergnügt, er war stolzer Vater von sechs Kindern.

Doch Ehe und Familie waren das Letzte, was Sergej vorschwebte. Rosalina zu heiraten war ein kostspieliger Fehler gewesen. Schlimmer noch, selbst zehn Jahre nach der Scheidung kam er nicht darüber hinweg, dass sie sein Kind hatte abtreiben lassen, um ihre Figur zu halten. Er hatte Jelena nie davon erzählt … das hätte ihr das Herz gebrochen. Dennoch wusste er, dass sie allmählich schwächer wurde und ihre Tage gezählt waren. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Irgendwann würde sie nicht mehr da sein, um ihm zu sagen, dass der Lärm seines landenden Hubschraubers ihr Schwein verschreckte und die Hennen vom Legen abhielt.

Der bloße Gedanke, die geliebte Großmutter zu verlieren, war erschreckend und belastete sein Gewissen. Wer hatte mehr für ihn getan und am wenigsten dafür bekommen? Wenn jemand es verdiente, ein strampelndes Baby auf dem Schoß zu halten, war es Jelena Antonovich.

Während Sergej am Nachmittag noch immer über das Problem nachdachte, fragte seine Großmutter ihn unvermittelt, ob er Rosalina je wiedergesehen hätte. Geschickt schaffte er es, das Thema abzubiegen und sich nichts anmerken zu lassen. Er war ein Einzelgänger, war es immer gewesen, und scheute vor tieferen privaten Beziehungen zurück. Geschäfte zu machen lag ihm, der Kitzel eines neuen Abschlusses oder einer Übernahme reizte ihn, er empfand es als Herausforderung, Überflüssiges auszumerzen, in leistungsarmen Bereichen Gewinne zu erwirtschaften, es bereitete ihm ungeheure Befriedigung, einen finanziellen Rundumschlag vorzunehmen. Ginge es in der Ehe doch auch wie im Geschäftsleben um klar umrissene Bedingungen und Verträge, die keine Missverständnisse oder Irrtümer zuließen!

In diesem Augenblick klickte es bei ihm, und er dachte: Warum nicht? Warum, zum Teufel, konnte er sich nicht eine Frau zulegen und sie vertraglich dazu verpflichten, ein Kind mit ihm zu haben – genau wie er Geschäfte abschloss? Der Versuch, auf die altmodische Art vorzugehen, war katastrophal gescheitert.

„Gibt es da jemanden?“, hakte Jelena vorsichtig nach, als hätte ihr die Frage nach seinem Privatleben den ganzen Tag über auf der Seele gebrannt.

„Vielleicht“, hörte Sergej sich sagen. Vielleicht war da wirklich ein Hoffnungsschimmer, ein Ansatz für eine neue Entwicklung in seinem Leben …

Schon begann der Plan in seinem Kopf Gestalt anzunehmen. Diesmal würde er die Ehe professionell und völlig analytisch angehen. Er würde eine Liste mit den Bedingungen aufstellen, die seine zukünftige Frau zu erfüllen hatte, und seine Anwälte beauftragen, einen entsprechenden Ehevertrag aufzusetzen. Dabei sollten sie einen Arzt und einen Psychologen hinzuziehen, die unpassende Kandidatinnen von vornherein aussortierten. Natürlich würde er sich nur auf eine Kurzehe einlassen … und er musste sich das Sorgerecht für das Kind sichern. Doch das war ein zweischneidiges Schwert. Er wollte keine Frau, die für Geld alles tat, aber sie musste bereit sein, ihm ein Kind zu schenken und es ihm zu überlassen – sobald er genug davon hatte, für Jelena glückliche Familie zu spielen.

Irgendwo auf der Welt musste es doch eine Person geben, die genau in sein Eheraster passte! Und wenn er die Vorgaben präzise formulierte, brauchte er die Frau möglicherweise nicht einmal vor der Hochzeit zu treffen.

Die Vorstellung beflügelte ihn. Sobald er wieder im Schutz der getönten Scheiben seines Geländewagens saß, begann er, die ersten Klauseln auf seinem Notebook zu formulieren.

Als Alissa ihre Schwester Alexa aus dem fremden roten Sportwagen steigen sah, wusste sie nicht, ob sie aufgebracht, verblüfft oder erleichtert sein sollte. Sie flog förmlich die Treppe hinunter – eine schlanke junge Frau mit goldblondem Haar und klaren grünblauen Augen.

Kaum hatte sie die Tür des Cottages aufgerissen, als sie ihre Schwester auch schon mit Fragen bestürmte. „Wo warst du all die Wochen über? Du hattest versprochen anzurufen! Warum hast du es nicht getan? Ich war krank vor Sorge um dich. Und woher, um Himmels willen, hast du den Sportflitzer?“

Mit einem amüsierten Funkeln in den Augen kam Alexa näher. „Hallo, Zwilling. Ich freue mich auch, dich wiederzusehen.“

Aufatmend umarmte Alissa ihre Schwester. „Ich habe mich halb zu Tode geängstigt“, gestand sie. „Warum hast du nicht angerufen? Was ist mit deinem Handy?“

„Es hat den Geist aufgegeben, und ich habe eine neue Nummer.“ Alexa krauste die Nase. „Hör mal, die Situation wurde zu kompliziert, ich wollte lieber warten, bis ich dir etwas Genaues sagen kann. Und als es dann endlich so weit war, hielt ich es für einfacher, gleich nach Hause zu kommen und dir alles von Angesicht zu Angesicht zu berichten.“

Verständnislos sah Alissa ihre Schwester an. Typisch Alexa! So war es immer gewesen. Schon als sie noch klein waren, hatte sich bald gezeigt, dass sie zwar eineiige Zwillinge, aber in ihrem Wesen grundverschieden waren. Alexa war zielstrebig, ehrgeizig und kampflustig, sodass sie mehr Feinde als Freunde hatte. Alissa wiederum zeigte sich ruhig, beständig, nachdenklich und verantwortungsbewusst. Jetzt, mit dreiundzwanzig, waren die Zwillinge auch nicht mehr so leicht zu verwechseln. Alexas goldblondes Haar war schulterlang und stufig geschnitten, während Alissa ihres länger und meist zum Pferdeschwanz gebunden trug. Alexa bevorzugte modische, sexy Kleidung und genoss es, Aufmerksamkeit zu erregen. Alissa wiederum kleidete sich konservativ und reagierte eher zurückhaltend, wenn Männer sich um sie bemühten.

„Wo ist Mum?“ Alexa ließ ihren Mantel fallen und eilte in die Küche.

„Im Geschäft. Ich bin heute Nachmittag früher nach Hause gekommen, um die Buchführung zu machen“, erklärte Alissa und stellte den Wasserkessel auf. „Liege ich richtig, wenn ich annehme, du hast in London eine Stelle gefunden?“

Alexa lächelte zufrieden und lehnte sich an die Küchenanrichte. „Klar. Ich bin unschlagbar im Verkaufen von Luxuswagen und habe Starprovisionen kassiert. Wie geht’s Mum?“

Alissa verzog die Lippen. „Den Umständen entsprechend, würde ich sagen. Jedenfalls höre ich sie nachts nicht mehr ständig weinen.“

„Sie kommt also langsam darüber hinweg … wurde aber auch Zeit“, bemerkte Alexa erleichtert.

Alissa seufzte. „Ich glaube, das wird Mum wohl nie, erst recht nicht, da Dad sich mit seiner Neuen ständig im Ort zeigt. Außerdem sind da Mums Schulden und das Haus, das sie verkaufen muss …“

Nun strahlte Alexa. „Hör mal, Schwesterherz … willst du die gute oder die schlechte Nachricht zuerst hören? Auf dem Weg hierher bin ich beim Anwalt vorbeigefahren und habe ihm gesagt, er solle für das Haus einen finanziellen Vergleich aushandeln. Außerdem habe ich ihm genug Geld für alle offenen Rechnungen gegeben. Und jetzt der Knalleffekt: Ich habe das Geld, um unseren gewissenlosen Vater auszuzahlen!“

„So darfst du von Dad nicht reden“, erwiderte Alissa unbehaglich und versuchte, das Gehörte zu verarbeiten. „Aber natürlich verstehe ich, dass du so denkst.“

„Meine Güte, warum so zartfühlend?“, hielt Alexa ihr vor. „Mum verliert ihren Sohn und ich meinen Freund bei einem schrecklichen Unfall, sie pflegt Dad während seiner Krebskrise, und was ist sein Dank? Er zieht mit einer Friseurin los, die seine Tochter sein könnte!“

„Du sagst, du hättest genug Geld, um Dad auszuzahlen und die Rechnungen zu begleichen? Wie ist das möglich? Du warst doch nur drei Monate fort.“ Alissa kamen Zweifel. Nur zu gern würde sie alles glauben, doch der Verstand sagte ihr, dass ihre Schwester in der kurzen Zeit unmöglich so viel Geld verdient haben konnte, nicht einmal als Verkaufsgenie.

„Nun: Ich habe bei dem neuen Job eine dicke Vorauszahlung herausgeholt. Wie gesagt, es ist genug Geld da, um Mums Rechnungen zu begleichen und Dad auszuzahlen“, versicherte Alexa ihrer Zwillingsschwester.

An so viel Glück wagte Alissa einfach nicht zu glauben. „Und obendrein konntest du dir nicht nur den Sportwagen da draußen leisten, sondern auch noch eine neue Designergarderobe?“

Alexas Lächeln verschwand, gespielt vorwurfsvoll betrachtete sie ihre Schwester. „Das Etikett in meinem neuen Mantel ist dir also gleich aufgefallen?“

„Das nicht. Er sieht einfach sehr teuer aus.“ Vorsichtig kam Alissa näher. „Was ist das für ein Job, bei dem man dir so viel bezahlt?“

„Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?“, erwiderte Alexa ausweichend. „Ich habe uns gerettet. Jetzt besitze ich genug Geld, um Mums Probleme zu lösen, sodass sie Sicherheit und ihre Selbstachtung zurückerlangen kann.“

„Dafür wäre ein Wunder nötig.“ Alissa war misstrauisch, ihre Schwester trug entschieden zu dick auf.

„Um ein Wunder zu vollbringen, muss man heutzutage kämpfen, schwer arbeiten und Opfer auf sich nehmen.“

Argwöhnisch sah Alissa ihre Schwester an, die diesbezüglich nie die geringste Neigung gezeigt hatte. „Wie soll ich das verstehen?“

„Na ja, das Ganze ist ziemlich kompliziert. Um den Job zu bekommen, musste ich mich erst mal als du ausgegeben.“

Alissa glaubte, sich verhört zu haben. „Du hast dich unter meinem Namen beworben? Wieso denn das?“

„Du hast studiert, und ich brauchte deinen Abschluss, um den Anforderungen zu entsprechen“, gestand Alexa. „Da musste ich mich natürlich auch unter deinem Namen bewerben, sonst hätten sie den Schwindel schnell entdeckt.“

Die Unverfrorenheit, mit der ihre Schwester vorgegangen war, entsetzte Alissa. „Aber das ist … Betrug, Schwindel …“

Gelassen winkte Alexa ab. „Was auch immer. Jedenfalls dachte ich, ich versuch’s einfach – und es hat geklappt. Aber dann habe ich jemanden kennengelernt …“

„Du gehst wieder aus?“ Überrascht atmete Alissa ein. Nachdem Alexas Freund Peter und ihr Bruder bei dem Autounfall ums Leben gekommen waren und dann noch der schockierende Auszug ihres Vaters hinzukam, war ihre Zwillingsschwester so aufgebracht und verbittert gewesen, dass sie Männern abgeschworen hatte. Natürlich hatte Alissa verstanden, dass die Tragödie ihrer Schwester das Herz gebrochen hatte – schließlich war Peter, der Nachbarssohn, wie ein Familienmitglied bei ihnen ein und aus gegangen.

„Hat der Mantel dich so beeindruckt, dass du das hier nicht gesehen hast?“ Alexa streckte ihr die Hand hin: An ihrem Ringfinger funkelte ein Verlobungsdiamant.

Im ersten Moment war Alissa sprachlos. „Du bist verlobt … so schnell?“

„Und schwanger“, gestand Alexa.

„Meine Güte!“ Alissa betrachtete ihre Schwester, ihr Bauch wirkte noch ganz flach. „Und das sagst du mir erst jetzt?“

Unbehaglich verzog Alexa das Gesicht. „Ich sagte doch, dass alles sich ein bisschen verkompliziert hat. Nachdem ich mich um die Stelle beworben hatte, lag ich im Rennen und bekam den Job, aber davon wollte ich Harry – so heißt er – lieber nichts sagen. Er ist ein vermögender Gutsherr, der die Ländereien seiner Familie verwaltet. Sie sind begeistert von mir und der Sache mit dem Baby. Es stört sie überhaupt nicht, dass ich nicht zum Landadel gehöre. Aber natürlich hätten Harry und seine Familie kein Verständnis für meinen kleinen Schwindel. Ich hatte den Vertrag schon unterschrieben und das viele Geld bekommen, ehe ich Harry traf …“

„Hör mal, Alexa“, unterbrach Alissa den Redestrom ihrer Schwester, „ich verstehe kein Wort. Was genau ist mit der Stelle und dem Geld, das du bekommen hast?“

Alexa setzte sich an den Küchentisch und trank einen Schluck Tee, ehe sie antwortete. „Ich hätte nie gedacht, dass ich den Job bekomme. Eigentlich hatte ich mich nur aus Neugier beworben. Genau genommen ist es auch gar kein Job“, gestand sie zögernd.

Alissa ließ sich auf den Stuhl neben ihrer Schwester sinken. „Was ist es dann? Doch hoffentlich nichts … Unmoralisches?“

„Ehe ich dir alles erkläre … denk an das viele Geld, das Mum aus der Klemme helfen wird“, beschwor Alexa sie. „Das ist ihre einzige Rettung, und ich habe den größten Teil ihrer Schulden bereits bezahlt. Ich musste nur bereit sein, einen superreichen Russen zu heiraten und seine Frau zu spielen.“

„Aber wieso würde ein Mann dich dafür bezahlen? Reiche Russen müssen sich heutzutage die Geldjägerinnen mit Gewalt vom Leib halten“, bemerkte Alissa trocken.

„Der Mann will alles rein geschäftlich regeln, nach dem Motto: Das ausgehandelte Geld wird vor Vertragsunterzeichnung bezahlt. Und für die spätere Scheidung erhalte ich eine dicke Abfindung. Er wollte unbedingt eine gebildete attraktive Engländerin heiraten, und da kam ich ins Spiel. Fast hätte ich seinen Anwälten verraten, dass er für so viel Geld uns beide haben könnte.“

Alissa überhörte den geschmacklosen Scherz. „Lass uns eins klarstellen: Du willst diesen Mann nur des Geldes wegen heiraten?“

„Wegen Mum!“, widersprach Alexa ihr heftig. „Nur für sie habe ich das alles getan!“

Steif saß Alissa da und dachte über die Erklärung nach. Auch sie hatte Opfer für ihre geliebte Mutter gebracht. Schweren Herzens hatte sie ihre interessante Stellung als Bibliothekarin in London aufgegeben, um zu Hause auszuhelfen. Sie und Alexa hingen maßlos an ihrer Mutter, die unter schrecklichem finanziellem und seelischem Druck stand und immer hoffnungsloser wurde. Jenny Bartlett, die einst so fröhliche, unternehmungslustige Frau, war nach den vielen Schicksalsschlägen nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Eine Katastrophe nach der anderen hatte die einst so glückliche Familie in den letzten beiden Jahren grausam heimgesucht. Erst waren Stephen und Alexas Freund Peter bei dem schrecklichen Autounfall ums Leben gekommen, danach hatten die Ärzte bei ihrem Vater Krebs diagnostiziert. Monate voller Ängste und schwächenden medizinischen Behandlungen waren gefolgt. Die ganze Zeit über hatte ihre Mutter sich als starke Frau erwiesen und alles getan, damit ihre Familie nicht in einem Meer der Verzweiflung versank. Damals hatte sie nicht ahnen können, dass ihr Mann sie wenige Monate, nachdem er den Krebs besiegt hatte, nach dreißigjähriger Ehe wegen einer Jüngeren verlassen und die Hälfte des Wertes ihres Hauses und des Geschäfts fordern würde, um sich mit seiner Geliebten ein neues Leben aufzubauen. All das hatte Alissa miterleben müssen und mit ihrer Mutter gelitten.

Natürlich war dadurch ihr Glaube an ihren Vater, den sie als aufrechten, vertrauenswerten Mann gekannt hatte, ins Wanken geraten. Obwohl er als Wirtschaftsprüfer gut verdiente, forderte er jetzt von seiner Frau die Hälfte des Hauses, das sie von ihren Eltern geerbt hatte – und die Hälfte des Geschäfts, das sie allein aufgebaut hatte.

Geld und die Gier nach immer mehr, dachte Alissa benommen. Das konnte einst vertraute Menschen in Fremde verwandeln und sie dazu bringen, unentschuldbare Dinge zu tun. Jetzt schien Alissa in ähnliches Fahrwasser geraten zu sein.

„Zahl das Geld zurück“, drängte sie ihre Schwester. „Deswegen kannst du unmöglich einen völlig Unbekannten heiraten.“

„Na ja, im Moment könnte ich ihn sowieso schlecht heiraten“, gab Alexa locker zu bedenken. „Schließlich erwarte ich ein Baby von Harry. Er möchte, dass wir in zwei Wochen vor den Traualtar treten.“

Alissa nickte nur. Die unerwartete Ankündigung überraschte sie nicht. Bei Alexa ging wieder einmal alles blitzschnell. Innerhalb von drei Monaten hatte sie sich verliebt, war schwanger geworden und heiratete ebenso überstürzt. Geduld hatte sie noch nie bewiesen, und wenn sich ihr Hindernisse in den Weg stellten, ignorierte Alexa sie einfach.

„Du musst den Russen an meiner Stelle heiraten“, ließ sie die Bombe platzen, „sonst bin ich gezwungen abzutreiben.“

Entsetzt sprang Alissa auf. „Was redest du da? Ich soll den Mann heiraten, damit du um eine Abtreibung herumkommst? Forderst du das allen Ernstes von mir?“

Alexas Miene wurde trotzig. „Nein, natürlich nicht, Allie. Aber was soll ich tun? Ich habe einen juristisch bindenden Vertrag unterschrieben und dafür viel Geld bekommen. Das meiste davon habe ich jedoch längst ausgegeben, sodass ich es gar nicht mehr zurückzahlen kann. Was bleibt mir also anderes übrig?“

Das Geständnis entsetzte Alissa noch mehr. „Ausgegeben?“

„Den größten Teil für Mum. Na gut, ich habe mir das Auto gekauft und ein paar andere Dinge. Ich dachte an das Opfer, das ich bringe, wenn ich den Russen heirate, da wollte ich mir auch etwas gönnen. Schließlich bin ich es, die Mum rettet, nicht du.“ Herausfordernd warf Alexa den Kopf zurück. „Du bist schockiert über meine Handlungsweise, aber was hast du getan, außer moralischen Beistand zu leisten und Kontoauszüge durchzugehen? Ich habe die Dinge in die Hand genommen, also sieh mich nicht so verächtlich an, weil ich bereit bin, für Geld einen Fremden zu heiraten. Das Einzige, was uns retten kann, ist Geld, Geld und nochmals Geld. Und zwar möglichst viel davon.“

Je lauter Alexa sprach, desto bleicher wurde Alissa. Matt setzte sie sich wieder. „Ich sehe dich nicht verächtlich an. Du hast ja recht. Immerhin hast du etwas bewirkt, ich nicht. Und wir brauchen wirklich dringend Geld …“

Verständnis heischend ergriff Alexa ihre Hand. „Verdiene ich es nicht, glücklich zu werden?“

„Natürlich.“

„Nach Peters Tod war ich überzeugt, nie mehr glücklich sein zu können, ich dachte, mein Leben wäre vorbei, ich hätte besser mit Peter und Stephen sterben sollen“, gestand Alexa schmerzlich. „Doch nun habe ich Harry gefunden, und alles könnte gut werden. Ich liebe ihn, möchte ihn heiraten und mein Baby bekommen. Jetzt lebe ich wieder und möchte es genießen.“

Mitfühlend drückte Alissa ihrer Schwester die Hand. „Natürlich, Alexa, natürlich.“

„Wenn Harry herausfindet, was ich unterschrieben habe, wird er nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Dann ist alles aus!“ Alexa schluchzte herzerweichend. „Er ist ein aufrechter, anständiger Mann und würde nie verstehen, warum ich das getan habe.“

Auf einmal kam Alissa die Situation seltsam vertraut vor. Als sie noch Kinder waren, hatte Alexa öfter in der Patsche gesessen, und sie hatte ihrer Schwester heraushelfen müssen. Mehr als einmal hatte sie die Schuld für etwas auf sich genommen, das Alexa verbockt hatte. Schon damals war ihr bewusst gewesen, dass sie mit dem Temperament ihrer Zwillingsschwester oft nicht mithalten konnte. Andererseits war sie, Alissa, charakterlich die Stärkere und warf die Flinte nicht so schnell ins Korn, wenn es brenzlig wurde. Alexa war eine Draufgängerin, doch auch sehr verletzlich. Jetzt wurde sie mit dem Chaos nicht mehr fertig, in das sie sich manövriert hatte.

„Harry muss doch nicht unbedingt alles wissen.“ Alissa fühlte sich unbehaglich, weil sie ihrer Schwester zu Heimlichkeiten riet.

„Hör mal, Allie“, flüsterte Alexa. „Wenn ich den Russen nicht heirate, muss ich ihm das Geld zurückzahlen, und das kann ich nicht. Oder glaubst du im Ernst, ein Mann wie Sergej Antonovich würde sich um so viel Geld bringen lassen?“

„Sergej Antonovich? Der russische Milliardär?“, wiederholte Alissa beunruhigt. „Das ist der Mann, der dich heiraten will? Meine Güte, er wird doch ständig von Supermodels und Schauspielerinnen umschwärmt. Warum sollte er eine Frau, die er noch nicht einmal kennt, dafür bezahlen, dass sie ihn heiratet?“

„Weil er früher bereits einmal verheiratet war, aber die Sache ging schief. Jetzt will er nur noch eine Zweckehe, auf rein geschäftlicher Basis. Mehr weiß ich nicht.“ Schuldbewusst wich Alexa dem Blick ihrer Schwester aus. „Das alles habe ich nur von seinem Anwalt. Mehr brauche ich nicht zu wissen, sagte er, es handle sich da nur um einen Job … einen etwas ungewöhnlichen vielleicht, aber trotzdem ein Job.“

„Ein Job“, wiederholte Alissa missbilligend.

„Wenn du in meinen Vertrag mit Sergej Antonovich einsteigst, kann ich Harry heiraten, wir behalten das Geld, und Mums Leben normalisiert sich wieder. Du musst wissen, der Russe hat mich noch nicht getroffen, da merkt er bestimmt gar nicht, dass wir die Rollen getauscht haben – dass du nicht die Frau bist, die seine Anwälte ausgesucht haben …“

„Was auch immer … das Ganze ist völlig verrückt, ich kann es nicht tun“, wehrte Alissa hilflos ab.

„Ich habe mich unter deinem Namen beworben, Allie“, erinnerte ihre Zwillingsschwester sie. „Deshalb werden die Anwälte über dich herfallen, wenn du den Vertrag nicht einhältst.“

Jetzt platzte der sonst so beherrschten Alissa der Kragen. „Es ist mir egal, was du getan hast, ich habe keinen Vertrag unterschrieben!“

„Na ja, gewissermaßen doch … weil ich deine Unterschrift gefälscht habe“, gestand Alexa kühn. „Tut mir leid, aber wir stecken beide bis zum Hals in Schwierigkeiten. Wenn wir nicht im Lotto gewinnen, können wir das Geld nicht zurückzahlen. Diese Heirat ist die einzige Möglichkeit, das Haus für Mum zu retten. Ein Darlehen zu bekommen ist jetzt in der Krise unmöglich …“

„Mum hätte das Geld sowieso nicht zurückzahlen können“, musste Alissa zugeben.

Die wenigen wertvollen Möbel und der Familienschmuck waren längst verkauft worden. Und das Haus war bis unters Dach mit Hypotheken belastet, weil Jenny im Dorf Verkaufsräume für das Kunstgewerbecafé erworben hatte, das sie eröffnen wollte. Und für ihr Haus hatte sich bisher kein ernsthafter Interessent gemeldet. Die Zeiten waren schlecht, obendrein hätte das Haus von Grund auf modernisiert werden müssen.

Das Schweigen wurde immer bedrückender, und Alissa stand auf. „Es regnet, und ich habe Mum versprochen, sie abzuholen, wenn das Wetter umschlägt.“

Alissa stieg in den alten Kombi ihrer Mutter und fuhr los. Als sie auf dem Parkplatz vor dem Kunstgewerbecafé hielt, bemerkte sie eine vollbusige Brünette, die ihren grellgelben Schirm öffnete. Ihr kurzer Rock hätte selbst eine Tingeltangeltänzerin geschockt. Beim Anblick der Frau klingelten bei Alissa sämtliche Alarmglocken. Es handelte sich um Maggie Lines, die Freundin ihres Vaters. Eilig stieg Alissa aus dem Wagen und klopfte an die verschlossene Cafétür.

„Was wollte die denn hier?“, fragte sie ihre Mutter, die sie einließ.

Die Augen der zierlichen blonden Jenny Bartlett waren gerötet und glitzerten verdächtig. Ihr Gesichtsausdruck und die bebenden Hände verrieten, dass sie mit den Nerven am Ende war. „Sie war hier, um mit mir zu sprechen“, berichtete sie aufgelöst. „Zu mir nach Hause wollte sie nicht kommen, sie hat gewartet, bis wir schließen.“

Alissa war außer sich. Schlimm genug, dass ihr Vater eine Geliebte hatte – zuzulassen, dass sie seine verlassene Frau belästigte, war der Gipfel! „Du hast es überhaupt nicht nötig, auch nur ein Wort mit Maggie zu wechseln, Mum. Sie ist Dads Problem, nicht deins. Die Frau darf ihre Nase nicht in Dinge stecken, die sie nichts angehen.“

„Der Kampf zwischen unseren Anwälten würde die Kosten nur noch weiter hochtreiben, wollte sie mir einreden.“

„Und was wollte sie letztendlich wirklich?“ Behutsam nahm Alissa ihrer Mutter das Tischtuch ab, das diese nervös knetete.

„Geld, das deinem Vater zusteht“, erklärte Jenny niedergeschlagen. „Und obwohl ich davon nichts hören wollte, hat Maggie recht. Gesetzlich steht ihm die Hälfte von allem zu, was unsere Familie besitzt. Aber was soll ich tun, wenn sich kein Interessent für das Haus findet?“

„Sie hätte nicht herkommen dürfen, Mum. Du hättest gar nicht mit ihr sprechen dürfen.“

„Sie tritt zwar sehr forsch auf, aber ich habe keine Angst vor ihr, Alissa. Und du solltest dich lieber nicht einmischen. Es ist gut möglich, dass dein Vater Maggie heiratet und mit ihr eine Familie gründet. So etwas kommt ständig vor, deshalb solltest du auf keinen Fall Partei ergreifen.“

In ihren Augen schimmerten Tränen, und Alissa drückte ihr mitfühlend die Hand. „Ich hab dich sehr lieb, Mum, und es tut mir furchtbar weh, dich leiden zu sehen.“

Jenny Bartlett bemühte sich, tapfer zu lächeln. „Mit der Zeit werde ich darüber hinwegkommen. ‚Das Leben muss weitergehen‘, sagt Maggie. Aber im Moment ist alles noch so frisch. Ich liebe ihn immer noch, Alissa“, gestand sie leise. „Das Schlimmste ist, dass ich meine Gefühle nicht einfach abschalten kann.“

Tröstend umarmte Alissa ihre zierliche Mutter. Auch ihr war zum Weinen. Erinnerungen an glückliche Zeiten stiegen vor Alissas geistigem Auge auf. Es war so unfair, dass ihre Mutter, die sie alle ihr Leben lang geliebt und unterstützt hatte, ihr Zuhause und das Geschäft verlieren sollte. Dann war sie mittellos und besaß nichts mehr. „Alexa ist nach Hause gekommen, Mum. Mit guten Nachrichten. Sie hat einen Mann kennengelernt und denkt ernsthaft daran …“

Überrascht hob ihre Mutter den Kopf. „Wirklich …?“

„Ja. Und für deine Geldsorgen haben Alexa und ich eine Lösung gefunden“, hörte Alissa sich sagen. „Möglicherweise musst du das Haus nun doch nicht verkaufen.“

„Wie soll ich das verstehen?“, fragte ihre Mutter zweifelnd.

„Es gibt noch Wunder.“ Blitzschnell überlegte Alissa. Wie konnten sie ihrer Mutter Alexas unverhofften Geldsegen glaubhaft erklären?

Ihre Kühnheit erstaunte sie selbst. Sie war der vernünftige Zwilling, handelte nie impulsiv oder riskant. Doch die Familie hatte Vorrang, und um ihrer Mutter willen wollte sie den schrecklichen Scheidungskrieg würdig beenden. Nachdenklich sah sie zu, wie Jenny das Geschäft abschloss.

Will ich Sergej Antonovich wirklich heiraten? fragte Alissa sich bang. Oder hatte sie ihrer Mutter falsche Hoffnungen gemacht?

Als Alissa wenige Minuten später das Haus betrat, zwang Alexa sie zu einer Entscheidung.

„Während du fort warst, hat einer der Anwälte des Russen angerufen“, flüsterte sie ihr zu, während sie das Abendessen vorbereiteten. „Sergej Antonovich will mich vor der Hochzeit treffen. Du musst dich also schnell entscheiden, ob du Mum helfen möchtest oder nicht.“

Alissa dachte an das Baby, das ihre Schwester erwartete. Es war kaum anzunehmen, dass sie es behalten würde, wenn die Beziehung zu dessen Vater zerbrach. Andererseits war sie, Alissa, in jeder Hinsicht frei und ungebunden und konnte problemlos heiraten.

Vor langer Zeit hatte sie sich insgeheim in Alexas Freund verliebt und schrecklichen Liebeskummer durchlitten. Seitdem war sie nur noch lockere Bindungen eingegangen und hatte sich schnell zurückgezogen, wenn ein Mann sie sexuell zu bedrängen versuchte. Und wirklich interessiert hatte sie danach keiner mehr. Im Gegensatz zu Alexa, die ständig auf Männerjagd war, suchte Alissa bei einem Mann tiefere Werte und war meist allein.

Doch ihre Familie bedeutete ihr alles. Sie hatte Qualen ausgestanden, als sie machtlos zusehen musste, wie diese auseinanderzubrechen drohte. Jetzt lag es in ihrer Hand, das zu verhindern. Würde sie die Kraft aufbringen, sich entgegen ihren Prinzipien für Geld auf diese Ehefarce einzulassen? War das weniger verwerflich, weil sie daraus persönlich keinen Gewinn zog? Durfte sie die Möglichkeit ungenutzt verstreichen lassen, die drückendsten Probleme ihrer Mutter zu lösen?

Natürlich würde sie mit Geld ihren Vater nicht nach Hause zurückholen und den Verlustschmerz ihrer Mutter auch nicht lindern, aber ihre Mum konnte sich damit ein neues Leben aufbauen, in ihrem Elternhaus wohnen bleiben und ihr Geschäft behalten.

Die hoffnungsvollen Überlegungen besiegten Alissas Zweifel.

Vielleicht wurde es sogar ganz lustig, Ehefrau zu spielen.

Ihr Entschluss war gefasst. „Also gut, Alexa. Ich mache mit.“

2. KAPITEL

Stirnrunzelnd betrachtete Sergej das Foto mindestens zum zehnten Mal an diesem Vormittag. Diese Alissa war wirklich sehr attraktiv – aber irgendwie ließ ihr Anblick ihn kalt.

Inzwischen bereute er seine voreilige Entscheidung. Nachdem er festgestellt hatte, dass seine Anwälte den Hintergrund seiner möglichen Braut nicht näher durchleuchtet hatten, wollte er das Versäumte persönlich nachholen, ehe er seine Heiratspläne weiter vorantrieb. Genau genommen gefiel die schlanke Blondine ihm aus einem ganz einfachen Grund nicht: Sie sagte ihm nichts.

Er hatte die Aufzeichnungen ihrer Bewerbungsgespräche und ihr psychologisches Profil gelesen, doch je mehr er über sie erfuhr, desto weniger Lust hatte er, eine Ehe mit ihr einzugehen, und sei es auch nur für kurze Zeit. Das Dumme war, dass sie alle Kriterien des Fragebogens bestens erfüllte, insofern hatten seine Leute ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die junge Frau war unbestreitbar attraktiv, gebildet, elegant und weltgewandt. Aber er hatte vergessen, die Anforderungen für die Rolle vorzugeben, die sie spielen sollte. Eigentlich hatte er sich fast nur auf Äußerlichkeiten beschränkt und keine Vorgaben zu erwünschten Charaktereigenschaften und inneren Werten gemacht. Aus dem Psychoprofil ging nämlich hervor, dass diese Alissa auch egoistisch, eitel, trotz ihrer Bildung ziemlich dumm – und eiskalt war.

Doch seit wann suchte er bei seinen Beziehungen zu Frauen Gefühle? Dennoch war er bisher noch bei keiner mit so vielen unerfreulichen Zügen konfrontiert worden. Jelena war nicht dumm und würde unter der schönen Oberfläche einer solchen Ehefrau bestimmt gleich die hässliche Wahrheit spüren.

Deshalb hatte Sergej beschlossen, die Ehekandidatin erst einmal persönlich unter die Lupe zu nehmen, statt den noch größeren Fehler zu begehen, sie in einer Woche unbesehen zu heiraten. Er würde nichts dem Zufall überlassen. Falls die junge Frau seinen Anforderungen nicht in jeder Hinsicht entsprach, konnte er den Vertrag immer noch rückgängig machen.

Sergej unterdrückte eine Verwünschung. Sollten seine sorgfältig ausgeklügelten Pläne sich nun doch noch in Nichts auflösen …

„Das bin ich einfach nicht“, erklärte Alissa unbehaglich seufzend und betrachtete sich erneut kritisch im Spiegel. Sie war vorübergehend zu ihrer Schwester gezogen, damit sie ihren Rollentausch besser durchziehen konnten.

„Du sollst ja auch nicht du selbst, sondern ich sein – jedenfalls optisch“, hielt Alexa ihr gereizt vor. „Und in deinem braven Aufzug kannst du unmöglich bei dem Milliardär antanzen, nachdem ich mich für die Hochzeit rechtzeitig toll ausstatten sollte und das Geld dafür bekommen habe. Jetzt muss ich dir fast meine gesamte Garderobe überlassen, damit du die Maskerade glaubhaft durchziehen kannst.“

Alissa atmete tief durch. Diesen Ton kannte sie bei Alexa nur zu gut. „Ich will deine Sachen aber gar nicht, sie sind nicht mein Stil …“

„Du hast doch gar keinen Stil“, bemerkte ihre modebewusste Zwillingsschwester abschätzig. „Du trägst nur billige, bequeme Sachen, und die kannst du dem verwöhnten Russen beim besten Willen nicht zumuten. Um diese Scharade überzeugend durchzuziehen, musst du imagegerecht auftreten.“

„Wenn man mir jetzt noch Flügel anstecken würde, sähe ich wie ein Weihnachtsengel aus!“, protestierte Alissa entsetzt und drehte sich, sodass der Minirock ihres schwarzen Kleides hoch wirbelte und viel von ihrer pinkfarben unterlegten Spitzenstrumpfhose sehen ließ. Das Gewebe kratzte und störte sie, und in den pinkfarbenen, vorn offenen Stilettos konnte sie nur Trippelschritte machen. Außerdem war ihre Figur voller als die ihrer Schwester, und ihre Brüste zeichneten sich prall in dem knapp sitzenden Oberteil ab. „Das Kleid ist viel zu eng für mich.“

„Es passt dir wunderbar. Ich bin nun mal schlanker, da kannst du nicht erwarten, darin so auszusehen wie ich. Und vergiss nicht, dass du nicht zu viel essen darfst, wenn du es trägst“, ermahnte Alexa ihren Zwilling. „Ich überlasse dir meine neuen Sachen, schließlich bin ich schwanger und könnte sie sowieso nicht mehr lange tragen. Und pass auf, dass du den teuren Mantel nicht irgendwo hängen lässt, überall lauern Diebe.“

Es klingelte an Alexas Apartmenttür, und ein großer, bulliger Mann stand vor Alissa. Unten warte der Wagen auf Miss Alissa, kündigte er an. Alexa zeigte sich nicht. Der Fremde sprach kaum Englisch und das wenige auch nur mit sehr holprigem Akzent, sodass Alissa ihre Bemühungen schnell aufgab zu erfahren, wie er hieße, für wen er arbeite und wohin er sie bringe. Doch während der Fahrt ließ der Mann die Trennscheibe herunter, drehte sich vom Fahrersitz kurz zu ihr um und deutete auf sich. „Borya“, stellte er sich vor.

„Alissa“, erwiderte sie freundlich und ließ sich nicht anmerken, wie nervös sie war.

Vor einem Nachtklub hielt das Fahrzeug, wo bereits eine lange Schlange ausgefallen gekleideter Menschen darauf wartete, eingelassen zu werden. Borya geleitete Alissa fürsorglich an den Türstehern vorbei ins Innere des Klubs. An der Garderobe blieb sie stehen und streifte sich den Mantel ab, weil sie an die Mahnung ihrer Schwester dachte, gut auf das teure Stück zu achten. Daraufhin überschüttete Borya sie mit einem Redeschwall, doch da Alissa kein Wort verstand, übergab sie der Garderobiere kurz entschlossen den Mantel.

„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte sie das fröstelnde Mädchen, das in sein Taschentuch hustete.

„Ich habe mich erkältet, und hier drinnen ist es eiskalt“, erwiderte die junge Frau unglücklich. Alissa fühlte mit ihr. Als Studentin hatte auch sie öfter schlecht bezahlte Jobs übernommen, um über die Runden zu kommen.

In einem privaten Nebenraum sah Sergej sich, umgeben von seinen Sicherheitsleuten, auf einem riesigen Plasmafernsehschirm ein Fußballspiel an. Sobald seine zukünftige Frau mit Borya eintrat, beobachtete er sie verstohlen und vergaß das Spiel.

Einschätzungen wie „hinreißend“ und „atemberaubend“ schossen ihm durch den Kopf, das Foto entsprach überhaupt nicht ihrer wahren Schönheit. In Wirklichkeit war diese Alissa weit mehr als attraktiv … sie war unglaublich weiblich, hatte ein klares, herzförmiges Gesicht mit feinen Zügen, geheimnisvolle bläulich-grüne Augen und volle, sinnliche Lippen. Das goldblonde Haar fiel ihr offen über die Schultern, und ihr Kleid betonte ihre schmale Taille und die Rundungen ihrer erstaunlich vollen Brüste.

Erregung durchflutete ihn, und er vergaß, dass er die junge Frau auf dem Foto abgelehnt hatte. Es wurde ihr keineswegs gerecht, sie war wunderschön und unendlich begehrenswert.

Als Alissa den großen, auf dem Sofa ausgestreckten dunkelhaarigen Mann bemerkte, blieb sie unsicher stehen, und Borya musste sie sanft vorwärtsschieben. Langsam, wie in Zeitlupe, richtete der Fremde sich auf. Er sah fantastisch und sehr männlich aus, war bemerkenswert athletisch gebaut und musste fast einen Meter neunzig groß sein. Das dunkle Haar trug er glatt aus dem gebräunten Gesicht gekämmt, er hatte eine kühne, arrogant anmutende Nase, hohe, ausgeprägte Wangenknochen und ein markantes Kinn. Alissa stand einfach nur da und sah ihn an, sie wagte kaum zu atmen. Einem so urtümlichen Mann begegnete man heutzutage nur noch selten. Als er ihr in die Augen blickte, begann ihr Herz unruhig zu pochen.

„Kommen Sie, setzen Sie sich“, forderte Sergej sie leise auf. „Ich sehe mir gerade ein Spiel meines Vereins an. Mögen Sie Fußball?“

„Nein“, gestand Alissa und betrachtete ihn erneut. Er hatte die Ärmel seines schwarz gestreiften Designerhemds aufgekrempelt, dazu trug er eine gut geschnittene schwarze Hose. Das Jackett lag achtlos auf dem Boden, die Krawatte hing vom Couchtisch herunter. Auf Anhieb war Alissa klar, dass dieser Mann nicht viel von Ordnung, Vorschriften oder Einschränkungen hielt. Er verströmte geballte Kraft und Energie und schien es gewöhnt zu sein, alle und alles zu beherrschen.

Alissas offenes Eingeständnis überraschte Sergej. Um sich bei ihm einzuschmeicheln, gaben Frauen sich meist als leidenschaftliche Fußballfans aus. „Sie mögen Fußball nicht?“, wiederholte er, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihren Patzer auszubügeln.

„Ich habe mich nie dafür interessiert und wollte auch in der Schule nicht mitspielen.“ Alissa nahm sein Jackett auf und legte es zusammengefaltet weg, damit sie sich setzen konnte. Die auf den Boden baumelnde Krawatte störte sie, doch sie zwang sich, sie liegen zu lassen. Schließlich war sie nicht sein Dienstmädchen. „Ich war nicht besonders sportlich.“

Alissa war zierlich und feingliedrig, und die bloße Vorstellung, dass dieses zarte Geschöpf sich auf dem Fußballfeld herumbalgte, erschien Sergej lachhaft. Herrisch schnippte er mit den Fingern, und der Kellner, der an der Tür wartete, eilte herbei und lauschte ergeben, als Sergej eine Flasche rosa Wodka bestellte. Eine Magnumausgabe wurde gebracht, und Gläser wurden gefüllt. Alissa nahm eins entgegen und hätte Sergej gern tausend Fragen gestellt, die ihr auf dem Herzen lagen, doch sie fürchtete, sich zu verraten, weil sie keine Ahnung hatte, was gespielt wurde. Vorsichtig probierte sie einen Schluck und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie es nicht gewöhnt war, Wodka zu trinken.

„Wodka mögen sie offenbar auch nicht?“, bemerkte Sergej locker und fragte sich, warum sie so verkrampft und in sicherer Entfernung von ihm auf dem Sofa saß.

Ich entspreche nicht seinen Erwartungen, dachte sie und trank das Glas tapfer in einem Zug aus. Die hochprozentige Flüssigkeit brannte wie Feuer in ihrer Kehle, und Alissa hatte das Gefühl, sich nie mehr davon zu erholen.

Eine zweite Flasche Alkoholisches und frische Gläser wurden gebracht.

„Versuchen Sie den Scotch, vielleicht ist er eher nach Ihrem Geschmack“, schlug Sergej ihr vor.

„Danke … aber ich trinke kaum Alkohol“, gestand Alissa und behielt ihr leeres Wodkaglas vorsichtshalber in der Hand. Bloß kein weiteres „Feuerwasser“ mehr! war alles, was sie denken konnte.

„Genießen Sie den Alkohol, solange Sie es noch können“, riet Sergej ihr umgänglich.

Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Was meinte er damit? Dass er ihr keinen Alkohol mehr anbieten würde, sobald sie den Ehevertrag unterschrieben hatte?

Ein einhelliger Aufschrei der im Raum versammelten Fußballfans riss sie aus ihren Überlegungen.

„Aha, jemand hat ein Tor geschossen?“, vermutete sie lächelnd und vergaß Sergejs seltsame Bemerkung. Ihre Schwester Alexa hätte bestimmt nicht mucksmäuschenstill neben ihm ausgeharrt! „Wie schön …“

„Alissa“, klärte Sergej sie nachsichtig auf. „Es war die Gegenmannschaft, nicht unsere, die das Tor geschossen hat.“

Ihr schoss das Blut in die Wangen. „Oje …“

Er ergriff ihre Hand, die sie auf dem Sofa unwillkürlich zur Faust geballt hatte, und versuchte, Alissa sanft, aber bestimmt zu sich heranzuziehen.

Panik stieg in ihr auf. „Was … soll das?“, fragte sie alarmiert.

Doch Sergej hob sie einfach zu sich herüber und strich ihr das blonde Haar aus dem Gesicht. Ihre Wangen glühten, ihre Pupillen wurden ganz groß, und sie atmete schneller. So verhält sich eigentlich keine erfahrene Frau, dachte er fasziniert. „Was denken Sie, was es soll?“, fragte er belustigt.

Alissa wurde heiß, sie blickte ihn an und bewegte sich unbehaglich. Wenn sie jetzt versuchte, von ihm abzurücken oder ihn abzuweisen, würde dieser dominante Mann das als Herausforderung verstehen. Sie spürte, dass ihre Brustspitzen verräterisch gegen den Stoff ihres Oberteils drückten und presste die Schenkel zusammen. Natürlich wusste sie, was mit ihr los war. Sie fühlte sich zu diesem Mann hingezogen, aber das war rein körperlich. Die Vernunft warnte sie, sich von ihm überrollen zu lassen.

„Du bist sehr sexy.“ Sergejs Stimme klang heiser, er ließ den Finger sinnlich langsam über ihre volle Unterlippe gleiten. Diese Frau machte ihn verrückt, sie roch so wunderbar, und er begehrte sie über alle Maßen. „Komm heute Nacht mit zu mir. Warum warten?“

Erschrocken sah Alissa ihn an, dann senkte sie schnell den Blick. Sie kannten sich erst wenige Minuten, und schon erwartete er, dass sie die Nacht mit ihm verbrachte. Warum bis zur Hochzeit warten? sagte er sich. In diesem Moment hätte sie Alexa erwürgen können. Was, zum Teufel, hatte ihre Zwillingsschwester bei diesem Mann unterschrieben? Und wie sollte sie, Alissa, herausfinden, was er vorhatte, ohne zu verraten, dass sie keine Ahnung von den Abmachungen hatte, sodass der ganze Schwindel im Handumdrehen auffliegen konnte.

Zwischen ihnen schien die Luft förmlich zu knistern. Während Alissa noch verzweifelt überlegte, wie sie sich verhalten sollte, zog Sergej sie an sich und küsste sie begehrlich. Ihr war, als hätte sie einen Stromschlag erhalten, und sie begann zu beben. Noch nie war sie so geküsst worden, es machte ihr Angst, wie stark sie empfand. Geschickt öffnete Sergej ihren Mund mit der Zunge und erkundete dessen feuchte Tiefen. Erschauernd ließ Alissa es zu, alles in ihr begann zu pulsieren, selbstvergessen schob sie die Finger in sein dichtes dunkles Haar und wünschte sich, dass der Kuss nie enden möge. Wie müsste es sein, sich an Sergejs muskulösen, harten Körper zu schmiegen und …

„Genug, milaya moya .“ Unvermittelt gab Sergej sie frei und betrachtete ihre geröteten Wangen, den verklärten Ausdruck in ihren Augen. Sie war eindeutig stark erregt. Er mochte Frauen, die sich in seinen Armen verloren. Schon versuchte er, sich ihren herrlichen Körper in seinem Bett vorzustellen. Die Hochzeit, vor der ihn zu grausen begonnen hatte, erschien ihm jetzt höchst erstrebenswert. Seine Frau zu schwängern, versprach ein überaus vergnügliches, erregendes Unterfangen zu werden.

Verwirrt blinzelte Alissa. Unglaublich, dass sie sich von diesem Mann so leidenschaftlich hatte küssen lassen … und nicht mehr aufhören wollte!

„Das Spiel“, erklärte Sergej bestimmt, als wäre es das Wichtigste auf der Welt.

Meine Güte! Er meint den Fußball! wurde Alissa bewusst. Das idiotische Spiel war ihm wichtiger als sie! Wütend presste sie die Lippen zusammen, dann besann sie sich und erwiderte übertrieben liebenswürdig: „Schön, wenn ein Mann Prioritäten zu setzen weiß.“

Sergej hätte das als Sarkasmus gedeutet, wenn er nicht daran gewöhnt wäre, dass Frauen ihn nie kritisierten, ihn eher zu beeindrucken versuchten. „Nach dem Spiel gehe ich mit dir in den Nachtklub hinunter.“

Finster blickte Alissa auf den Fernsehschirm. Hoffentlich verlor seine Mannschaft! Vor einem Raum voller Männer hatte sie sich von ihm küssen lassen und alles um sich herum vergessen, sogar die Rolle, die sie spielen sollte. Wie konnte sie sich so etwas von einem Mann bieten lassen, den sie kaum kannte? Hätte er Alexa auch einfach von sich geschoben, um das hirnlose Fußballspiel nicht zu verpassen?

Alissa versuchte sich zu beruhigen. Sie benahm sich wie ein eifersüchtiger Teenager, dabei sollte sie sich lieber Gedanken machen, wieso Sergej ihr vorgeschlagen hatte, die Nacht mit ihm zu verbringen, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt.

Es war ein Job – wenn auch ein ziemlich ausgefallener –, aber Intimitäten gehörten nicht dazu.

Auf einmal störte es Sergej, dass Alissa sich sichtlich langweilte. Schlimm genug, dass seine Mannschaft am Verlieren war. Mehr noch, trotz der Millionen, die er in seinen Fußballklub gepumpt hatte – dieses Tor war einfach grauenvoll!

Geduldig begann er, Alissa das Spiel zu erklären. Kaum zu fassen, wie ahnungslos sie war! Sie kannte nicht die einfachsten Begriffe! Nein, sportlich war sie wirklich nicht! Und sie hatte nicht einmal versucht herauszufinden, was ihn interessierte, um sich als unterhaltsame Begleiterin zu erweisen. Unglaublich, dass sie so bequem war. Keine Russin, die einen Mann erobern wollte, hätte sich so einen Kardinalfehler geleistet. Andererseits war er überzeugt, dass Alissa ihm im Bett viel Vergnügen bereiten würde. Als starker Mann würde er sie eben nach seinen Wünschen formen müssen.

Mit gemischten Gefühlen ließ Alissa sich von Sergej zum Aufzug führen. „Der Klub ist ja riesig“, bemerkte sie.

„Ich habe ihn ausbauen lassen, um zusätzlich Räume für wichtige Persönlichkeiten bereitzustellen. Er ist sehr beliebt, und das Personal ist geschult, alles zu bieten, was Russen erwarten.“ Sie betraten den Lift, wo Sergej seine mögliche Braut in den verspiegelten Wänden von allen Seiten begutachten konnte. Nichts an ihr war enttäuschend, sie war klein, doch an genau den richtigen Stellen verführerisch gerundet.

„Ihnen gehört dieser Klub?“, fragte Alissa überrascht.

„Ja. In ganz London gab es keinen, der meinen Ansprüchen genügte.“

Ein Mann mit so viel Selbstbewusstsein war ihr noch nie begegnet. Sergej Antonovich gab sich nur mit dem Besten zufrieden. Deshalb hatte er sich einen eigenen Nachtklub gekauft und ihn nach seinen persönlichen Vorstellungen umgestalten lassen. Für einen so anspruchsvollen Mann musste es unerträglich sein, dass seine erste Ehe gescheitert war. Ging er deshalb den zweiten Heiratsversuch so nüchtern und geschäftsmäßig an? Das ist eher unwahrscheinlich, entschied Alissa. Sein Vertrag sah höchstens zwei Ehejahre vor, wie Alexa ihr erklärt hatte, und normalerweise heiratete man doch eigentlich nicht mit einem bereits festgesetzten Scheidungstermin vor Augen. Warum wollte Sergej Antonovich überhaupt heiraten?

„Du bist so still“, bemerkte er, während die Lifttüren aufglitten und Stimmengewirr und dröhnende Musik ihnen entgegenschallte.

Ab jetzt gab es keine Gelegenheit mehr, sich ungestört zu unterhalten. Alissa erkannte Männer, die zu Sergejs Sicherheitsteam gehörten und einen Tisch für ihn reserviert hatten.

Doch kaum überquerte Sergej die Tanzfläche, um zu dem Platz zu gelangen, als er auch schon stürmisch von Damen umringt wurde. So etwas hatte Alissa noch nie gesehen. Sie wurde einfach abgedrängt und blieb verblüfft abseits stehen, während ihn mehrere Schöne kichernd oder aufreizend lächelnd mit Beschlag belegten und ihn mit herausfordernden Schritten zum Tanzen zu animieren versuchten. Kein Wunder, dass der Mann es gewöhnt zu sein schien, im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen. Er konnte sich seinen Bewunderinnen nicht entziehen, aber das wollte er offensichtlich auch gar nicht.

Alissa war zu stolz, um sich etwas anmerken zu lassen. Sie setzte sich an den Tisch, an dem Borya sich bereits zwischen den anderen Männern niedergelassen hatte, und beobachtete Sergej verstohlen, der, wie sie feststellen konnte, sichtlich in seinem Element war. Aber natürlich, er war ja auch ein ausgewiesener Frauenheld. Im Lauf der Jahre hatte sie sein Foto oft genug in der Regenbogenpresse gesehen, jedes Mal in Gesellschaft einer anderen Schönheit – beim Verlassen von Nachtklubs, auf einem Jachtdeck oder vor dem eindrucksvollen Antonovich-Gebäude, in dem sich die Londoner Zentrale seines Imperiums befand. Obwohl bekannt war, dass er nichts von Treue hielt und bei keiner Frau lange blieb, hatte sich eine endlose Folge weiblicher Berühmtheiten nicht davon abhalten lassen, sich an ihn zu hängen.

Sergej sah sich nach Alissa um. Er traute seinen Augen nicht. Sie war einfach weitergegangen und hatte sich gesetzt! So gleichgültig hatte ihn noch keine Frau behandelt. Er war wütend. Und in einer Woche wollten sie heiraten! Gerade hatte er entsprechende Pressemitteilungen herausgegeben, und da saß seine Braut, nahm keine Notiz von ihm und hielt sich überhaupt nicht an die Rolle, die sie laut Vertrag spielen sollte. Keine vernünftige Frau, die vorgab, einen Mann zu lieben und heiraten zu wollen, würde ihn inmitten einer Schar aufreizender, nur zu williger Schönheiten allein lassen.

Mit ausdrucksloser Miene trank Alissa winzige Schlucke von ihrem Wodka, während Sergej mit immer neuen aufdringlichen, zu allem entschlossenen Damen tanzte. Er sieht fantastisch aus, besitzt Reichtum und Macht, aber er hat weder Stil noch Manieren, dachte Alissa verächtlich. So benahm man sich nicht … schon gar nicht öffentlich und in Gegenwart seiner Braut! Vielleicht musste er deshalb eine Fremde dafür bezahlen, den Job zu übernehmen. Keine Frau mit einem Funken Würde und Stolz ließ sich so etwas gefallen.

Und dann seine arrogante Annahme, sie würde glücklich sein, bei ihrer ersten Begegnung einer Horde Fußballern zuschauen zu dürfen, die einen idiotischen Ball über einen schlammigen Platz jagten. Wären sie unter anderen Vorzeichen hier, hätte sie Sergej Antonovich einfach abhaken und nach Hause gehen müssen! Stattdessen überlegte sie nun, wie lange sie hier noch sitzen und sich zum Narren machen lassen sollte, während der eingebildete Macho sich mit einem Geschwader sexhungriger Schönheiten amüsierte – der Typ Frau, den er offensichtlich bevorzugte.

Gereizt trommelte Alissa mit den Fingern auf das Tischtuch: Noch zehn Minuten, dann würde sie aufstehen und gehen.

Irritiert blickte sie auf, als jemand ihr die Sicht versperrte. Ein gut aussehender blonder Mann im eleganten Anzug forderte sie zum Tanzen auf, obwohl Borya ihn zu verscheuchen versuchte. Der Fremde wollte mit ihr tanzen. Wieso eigentlich nicht? Warum sollte sie hier wie eine Gefangene bei Sergejs Leibgarde herumsitzen und sich langweilen? Kurz entschlossen stand Alissa auf und verließ den Tisch mit ihrem Tanzpartner.

Sergej hatte wenig Erfahrung mit Frauen, die sich der gleichen Waffen bedienten wie er. Erstaunt musste er mit ansehen, wie seine Braut hingebungsvoll mit einem anderen Mann tanzte. Mit Blicken, die kälter waren als der sibirische Winter, beobachtete er, wie Alissa die wohlgeformten Hüften wiegte und sich temperamentvoll drehte, sodass ihr kurzer Rock hochflog und ihre langen schlanken Beine in den pinkfarbenen Spitzenstrümpfen freigab.

Gefährlich langsam schlenderte Sergej über die Tanzfläche auf das Paar zu, entführte Alissa ihrem Tanzpartner mit einer scharfen Kopfbewegung und legte ihr besitzergreifend die Hände auf die Schultern.

„Was, zum Teufel, soll das Spielchen?“, fragte er sie drohend, als die Musik kurz pausierte, um dann umso dröhnender wieder einzusetzen.

Auf sein angriffslustiges Verhalten war Alissa nicht gefasst. Es überraschte sie nicht, dass der Blonde, mit dem sie getanzt hatte, sich schleunigst in Sicherheit brachte. In dieser Stimmung war es Sergej durchaus zuzutrauen, dass er tätlich wurde. Mit einer schnellen Schulterbewegung schüttelte sie seine Hände ab und ging davon. Sie würde auf der Stelle nach Hause fahren, egal, was der Casanova davon hielt. In Gesellschaft dieses herrschsüchtigen Machos würde sie nicht eine Minute länger verbringen.

Sergej wusste nicht, ob er wütend oder fassungslos sein sollte. Weigerte Alissa sich doch tatsächlich, seinen Wünschen entgegenzukommen! So etwas war ihm noch nie passiert! Entschlossen folgte er ihr und holte sein Handy aus der Tasche, weil es klingelte. Es war der Eigentümer der Detektei, die Alissas Hintergrund weiter durchforsten sollte. Eine vollständige, gründlichere Überprüfung der Zielperson würde mehr Zeit erfordern, als vor der Hochzeit noch möglich sei, erklärte er entschuldigend.

Sergej betrachtete die zierliche Gestalt, die entschlossen vor ihm herging, ihren wippenden kurzen Rock, die trotzige Körperhaltung … und sagte die weitere Überprüfung ab.

In diesem Augenblick wurde ihm klar, was geschehen war. Er wollte mit ihr schlafen – zur Hölle mit dem Risiko!

Vor der Garderobe blieb Alissa stehen. Sie hatte nicht die Absicht, sich Alexas Zorn zuzuziehen, indem sie den kostbaren Mantel ihrer Schwester zurückließ.

„Wohin gehst du?“, hörte sie Sergej hinter sich drohend fragen.

„Nach Hause. Mit Neandertalern gehe ich grundsätzlich nicht aus. Du gehörst eindeutig in eine Höhle!“, erwiderte Alissa scharf.

„Wir sind nicht einfach nur verabredet“, erinnerte Sergej sie eisig. Mit einem Neandertaler auf eine Stufe gestellt zu werden, sollte wohl witzig sein, aber er fand es schlichtweg beleidigend.

Ungeduldig trat er näher und erklärte der Garderobiere: „Nun machen Sie schon! Wir haben es eilig.“

„Benimm dich!“, forderte Alissa streng. „Es geht ihr nicht gut, da musst du sie nicht auch noch anbrüllen. Wir sind hier nicht in der Armee.“

Das fand Sergej noch viel weniger lustig. Er atmete tief durch und beherrschte sich nur noch mühsam.

Borya und seine Männer hatten sich bereits am Ausgang postiert. Ihnen war nicht entgangen, was sich fünf Meter von ihnen entfernt abspielte. Welche Frau wagte es, ihn, Sergej Antonovich, zu kritisieren, ihn zu ermahnen, sich zu benehmen? Und einfach davonzugehen!

Sergej blickte zur Garderobiere, die in ein Taschentuch hustete und sich offenbar am liebsten in einem fernen Winkel verkrochen hätte. Wen interessierten schon die Gesundheit oder die Gefühle einer niederen Angestellten?

Alissa …

Sie war mitfühlend und so ganz anders als die selbstbezogenen Schönheiten, mit denen er sich sonst abgab. Nur widerstrebend gestand er sich diese Erkenntnis ein. Ihr Verhalten erinnerte ihn an Jelena, zu der die Nachbarn stets kamen, wenn jemand krank war oder die Kinder beaufsichtigt werden mussten. Hier hatte er es endlich mit einer Person zu tun, die sich unter seiner Anleitung zu der Frau entwickeln konnte, die er seiner Großmutter vorführen wollte.

Alissa bemerkte, dass Sergej der Garderobiere als stumme Abbitte einen größeren Geldschein hinlegte. Wie sehr wünschte sie sich, das Mädchen würde ihm den Schein einfach ins Gesicht schleudern und eine Entschuldigung fordern. Aber natürlich tat die junge Frau das nicht. Ehrfürchtig stammelte sie ein Dankeschön und steckte das Geld blitzschnell ein.

Sergej nahm Alissas Mantel entgegen und half ihr höflich hinein.

Einen Moment erstarrte Alissa, als seine kraftvollen warmen Hände dabei ihren Nacken streiften. Die leichte Berührung elektrisierte sie, ihr wurde heiß, und sie musste an seinen Kuss denken.

Geschickt zog Sergej sie rückwärts an sich, fuhr mit seinen Händen über ihre Arme und umschloss schließlich ihre Finger. Als er Alissa fester an sich drückte, erbebte sie und konnte einfach nicht mehr steif dastehen.

„Draußen wartet die Presse, und für eine Viertelstunde kannst du es genießen, berühmt zu sein“, flüsterte er ihr beschwörend ins Ohr. „Es wird Zeit, deine Rolle als meine Braut zu spielen und glücklich zu lächeln.“

Alissa war verwirrt. Die Presse? Darauf war sie nicht vorbereitet. Unwillkürlich musste sie daran denken, wie sehr ihre Schwester den öffentlichen Auftritt genossen hätte. „Ich darf dich also nicht ohrfeigen?“, versuchte sie zu scherzen.

Sergejs sinnliches Lachen ging ihr durch und durch. „Nein.“

„Oder schmollen?“

„Das würde ich nicht dulden, milaya moya . Ebenso wenig, wie ich gestatte, dass ein anderer Mann sich an dich heranwagt, während du mit mir zusammen bist“, setzte er täuschend sanft hinzu. „Bei mir gibt es Grenzen, und du wirst dich daran halten. Muss ich mich noch deutlicher ausdrücken?“

Ein eisiger Schauer überlief Alissa, doch sie ließ sich weder einschüchtern noch beherrschen. „Bist du der geborene Tyrann oder arbeitest du noch an dieser Rolle?“, erwiderte sie ironisch.

Die spöttische Abfuhr verschlug Sergej einen Moment die Sprache. Grimmig blickte er auf Alissas Gold schimmernden Kopf, der ihm nicht einmal bis zur Schulter reichte. Nachdenklich fuhr er fort, ihre Handgelenke zu streicheln. Alissa war so zart wie eine Puppe, dennoch rebellierte sie ständig gegen ihn. Woher nahm sie diesen Mut?

„Dein Schweigen verrät, dass du von Natur aus so bist.“ Alissa fragte sich, wieso sie dauernd das Bedürfnis verspürte, sich gegen Sergej aufzulehnen. Lag es an der Wirkung des Wodkas? Oder, weil er das Bad inmitten seiner Bewunderinnen genossen hatte, ohne sich darum zu scheren, wie verletzend sein Verhalten auf sie wirken musste? Oder, weil sie sich trotz seines Machogehabes stark zu ihm hingezogen fühlte?

Ehe sie wusste, wie ihr geschah, umfasste Sergej ihre Taille, hob Alissa hoch und drehte sie so, dass sie ihn ansehen musste. „Wenn ich mit dir fertig bin, bist du eine glühende Fußballfanatikerin.“

Es machte Alissa wütend, wie ein Kind hochgehoben zu werden. Mit zornig funkelnden Augen blickte sie ihn an. „Träum weiter!“

„Und wenn du dich erst an mich gewöhnt hast, wirst du dich ebenso eifersüchtig und unersättlich an mich klammern wie alle anderen Frauen, die ich gekannt habe“, fuhr Sergej selbstgefällig fort.

Es störte Alissa, dass er sie weiter umfasst hielt. Empört ballte sie die Hände zu Fäusten. „Eine Frau wie ich ist dir noch gar nicht begegnet.“

In seinen dunklen Augen flammte es auf. „ Stoy! Stopp!“, warnte er sie kalt. „Hast du vergessen, warum du bei mir bist?“

Das hatte sie tatsächlich. Sie senkte den Blick und war ganz still. Jetzt galt es, sich zu beherrschen. Sergej Antonovich hatte ihre Schwester dafür bezahlt, eine Rolle zu spielen, und bis jetzt hatte sie, Alissa, ihm nur ständig widersprochen und sich mit ihm angelegt. Langsam atmete sie durch, um sich zu beruhigen.

„Das ist schon besser“, erklärte er zufrieden und bedeckte ihre vollen Lippen mit seinen.

Eigentlich wollte Alissa die Lippen nicht öffnen, doch die Versuchung war zu groß. Selbstvergessen drängte sie Sergej entgegen und erwiderte den Kuss, genoss die prickelnden Empfindungen, das Gefühl, zum Leben zu erwachen. Was seine Zunge in ihrem Mund tat, ließ sie erschauern, sie wünschte sich mehr …

„Gehen wir jetzt nach draußen.“ Atemlos hob Sergej den Kopf und nahm Alissas Arm.

Als sie ins Freie traten, richtete sich eine Phalanx von Kameras auf sie, Fragen prasselten auf sie ein, und im ersten Moment wich Alissa erschrocken zurück und suchte Schutz bei Sergej. Endlich brachte sie ein unsicheres Lächeln zustande, während die Leibwächter ausschwärmten, um zu verhindern, dass jemand dem Paar zu nahe kam. Erst als sie sicher in der Limousine hinter den getönten Scheiben saßen, wagte Alissa wieder durchzuatmen. Nach Sergejs Kuss war sie immer noch leicht benommen.

„Der Rummel hat dich erschreckt“, bemerkte Sergej und betrachtete ihre bleichen Züge. „Er hat dir Angst gemacht. Warum?“

„Weil ich große Auftritte nicht mag und eher zurückhaltend bin.“

„Den Eindruck hast du in den Vorstellungsgesprächen aber ganz und gar nicht gemacht.“

Auf einmal war Alissa hellwach. Bisher hatte sie sich in ihrer Rolle sicher gefühlt, weil sie wusste, dass Sergej und ihre Zwillingsschwester sich noch nie begegnet waren. Doch offensichtlich waren diese Gespräche aufgezeichnet worden, er kannte ihren Inhalt und hatte sich eine entsprechende Meinung über seine zukünftige Frau gebildet. „Bei Vorstellungsgesprächen versucht jeder, sich von der besten Seite zu zeigen“, erwiderte sie ausweichend.

Sergej ging nicht darauf ein, doch er spürte, dass Alissa vorsichtig geworden war. „Du musst lernen, lockerer zu werden. Schließlich fliegen wir in knapp einer Woche nach Russland und heiraten.“

„Russland“, wiederholte Alissa matt. Würde sie die Scharade durchziehen können, die Alexa ihr aufgezwungen hatte?

„Das ist für dich.“ Sergej reichte ihr ein Päckchen. „Damit können wir nun jederzeit in Kontakt treten. Bisher habe ich mich im Hintergrund gehalten, aber damit ist jetzt Schluss, milaya moya .“

Zwanzig Minuten später war es Alexa, die das Päckchen aufriss. Staunend nahm sie das Handy heraus und stieß einen Triumphschrei aus. „Donnerwetter! Das ist ja fantastisch! Sergej hat dir eins der teuersten Handys der Welt geschenkt. Sieh mal hier!“ Sie reichte ihrer Schwester das Gerät. „Das sind echte Diamanten.“

„So?“ Alissa teilte ihre Aufregung nicht. Sicher, es waren kostbare Diamanten, aber wozu sie auf einem Handy gut sein sollten, war ihr schleierhaft. So etwas empfand sie höchstens als Protzerei.

„Das Ding dürfte viele Tausend Pfund gekostet haben!“, stellte Alexa ehrfürchtig fest. „Eigentlich steht es ja eher mir zu“, bemerkte sie unvermittelt und warf Alissa einen bedeutsamen Blick zu. „Schließlich habe ich den Job an Land gezogen, und jetzt bekommst du alles, was ich verdient hätte.“

Alissa interessierte das Handy nicht weiter. Bang dachte sie an die bevorstehende Hochzeit. „Was meinst du, warum sucht Sergej Antonovich überhaupt eine Ehefrau? Bist du nicht neugierig?“

Alexas Miene wurde ausdruckslos, sie verzog nur leicht die Lippen. „Eigentlich nicht. Solange er nichts Ungesetzliches vorhat, ist es mir gleichgültig. Vielleicht hat er dadurch einen Geschäfts- oder Steuervorteil. Oder er kann etwas erben. Vielleicht will er auch nur heiraten, um die aufdringlichen Damen abzuschütteln, die ihn überall belagern.“

„Irgendwie erschien Sergej mir gar nicht wie ein Mann, der in den Hafen der Ehe zu flüchten versucht“, gestand Alissa. „Er wollte auch, dass ich die Nacht mit ihm verbringe.“

Schockiert sah Alexa sie an. „So? Er fand dich attraktiv? Das muss dich überrascht haben. Und wieso bist du nicht bei ihm geblieben, statt nach Hause zu kommen?“

Alissa wurde verlegen, sie hatte entschieden zu viel enthüllt. „Die Sache ist die … warum wollte er es? Sex war doch gar nicht abgemacht.“

Alexa beschäftigte sich immer noch angelegentlich mit dem Handy. Obwohl sie bei den letzten Worten leicht zusammengezuckt war, warf sie Alissa nur einen kurzen Blick zu. „Überleg doch mal, Schwesterherz“, erwiderte sie abschätzig. „Wie willst du seine Frau werden, ohne mit ihm ins Bett zu gehen?“

So weit hatte Alissa noch gar nicht gedacht. Entsetzt presste sie die Lippen zusammen. „Ich hatte keine Ahnung, dass wir auch hinter geschlossenen Türen ein Ehepaar spielen sollen.“

„So naiv kannst du doch unmöglich sein! Der Mann hat ein ganzes Heer von Angestellten, und natürlich sollen alle denken, ihr führt eine richtige Ehe. Aber selbstverständlich liegt es an dir, was hinter geschlossenen Türen geschieht.“

Alissa entspannte sich etwas. „Er hat vorher also nicht zur Bedingung gemacht … dass es zu ehelichen Intimitäten kommt?“

„Natürlich nicht. Wofür hältst du mich?“, fragte Alexa scharf. „Aber wenn ein attraktiver Mann und eine Frau im selben Zimmer schlafen, nimmt die Natur meist ihren Lauf … du weißt schon, was ich meine, Allie.“

Das Problem war, dass sie es nicht wusste, weil sie im Gegensatz zu ihrer Zwillingsschwester in dieser Hinsicht noch keinerlei Erfahrung besaß.

Ihr Schweigen verriet Alexa genug. „Du kannst doch unmöglich noch Jungfrau sein!“, rief sie ungläubig.

Abwehrend straffte Alissa die Schultern. „Warum nicht?“, fragte sie aufsässig. „Der Richtige ist mir einfach noch nicht begegnet, warum sollte ich mich dessen schämen?“

„Kaum zu glauben, dass wir Zwillinge sind – wir sind grundverschieden!“, stellte Alexa fassungslos fest. „Warum machst du aus Sex so eine große Sache? Kein Wunder, dass du noch ledig bist. Bei dir muss ein Mann vollkommen sein, sonst lässt du ihn nicht an dich heran. Mit unserem Rollentausch wird es also wohl doch nicht klappen.“

„Was willst du damit sagen?“

„Ich hatte gedacht, du wärst die richtige Ehekandidatin für Sergej. Aber jetzt sieht es so aus, als ob ich die Rolle doch selbst übernehmen muss“, bemerkte Alexa sachlich. „Da wir ihm das Geld nicht zurückzahlen können, werde ich eine Abtreibung vornehmen lassen müssen.“

Entsetzt sprang Alissa auf. „Das kann ich nicht zulassen!“

„Uns bleiben nur zwei Möglichkeiten“, erinnerte ihre Schwester sie brutal. „Du heiratest ihn an meiner Stelle, damit wir das Geld behalten können – oder ich lasse die Schwangerschaft abbrechen und halte den Vertrag mit Sergej Antonovich ein.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich es mache“, beteuerte Alissa. Sie wusste, wie impulsiv ihre Schwester sein konnte und befürchtete, sie könnte tatsächlich abtreiben lassen.

„Aber du scheust schon vor der läppischsten Kleinigkeit zurück“, hielt Alexa ihr anklagend vor.

„Mit einem Mann das Schlafzimmer zu teilen, würde ich nun wirklich nicht als ‚läppische Kleinigkeit‘ bezeichnen …“

„Na toll! Gib mir das Gefühl, ein Flittchen zu sein, weil ich keine große Sache daraus mache. Gut, ich habe schon mit vielen Männern geschlafen und du nicht. Aber musst du deswegen so moralisch und überlegen tun?“

„Ich tue weder moralisch noch überlegen“, verteidigte Alissa sich entsetzt. „Im Gegenteil …“

Alexa ließ sie nicht ausreden. „Jedenfalls musst du dich jetzt schnell entscheiden. Also? Willst du Mum helfen oder nicht, Allie?“, forderte sie ihre Zwillingsschwester eiskalt heraus.

Möchte ich dem Baby, das sie erwartet, nicht auch eine liebende Tante sein? fragte Alissa sich verunsichert. Sie hatte Harry, den Vater des Kindes, vor Kurzem kennengelernt, als er sie beide zum Essen eingeladen hatte. Er war Alissa auf Anhieb sympathisch gewesen, sie hatte den Eindruck, dass er ihre eigenwillige Schwester aufrichtig liebte. Im Moment wirkte Alexa jedoch unberechenbar, ihre Stimmungen und Gefühlslagen schwankten ständig, aber das mochte natürlich an der Schwangerschaft liegen.

Alissa bemerkte, dass ihre Schwester, die sich von Luxusgütern leicht beeindrucken ließ, es immer noch nicht über sich brachte, das sündhaft teure Handy aus der Hand zu legen.

Und da Alissa wollte, dass ihre Schwester glücklich wurde und ihr Baby behalten konnte, atmete sie tief durch und warf alle Bedenken über Bord.

„Na gut, Alexa. Natürlich möchte ich Mum helfen. Ich mache es … egal, was es kostet.“

3. KAPITEL

Nur wenige Stunden nach dem Gespräch mit Alissa griff Sergej sich ein Handtuch und verließ das Bad, wo er sein heißes Blut unter der kalten Dusche abgekühlt hatte. Es war vier Uhr morgens, er hatte kaum geschlafen, sich erregt hin und her gewälzt, und wie ein sexhungriger Teenager eine Frau gebraucht. Die Erkenntnis amüsierte ihn keineswegs, es verwirrte und frustrierte ihn, wie verzweifelt er Alissa Bartlett begehrte.

Stirnrunzelnd loggte er sich in sein Notebook ein und rief ihr Foto auf. Es irritierte ihn, dass die Frau auf dem Bild wie Alissa aussah … und irgendwie auch wieder nicht. In Wirklichkeit war Alissas Haut zarter, das Gesicht etwas runder, die Augen wirkten strahlender, ihr Lächeln bezaubernder. Wie waren diese optischen Abweichungen möglich? Aber vielleicht war das Foto schon etwas älter und aufgenommen worden, als sie noch dünner war. Jedenfalls fand er nicht, dass es ihr schmeichelte …

Doch obwohl er verrückt nach dieser Frau war, durfte er die Fakten nicht außer Acht lassen: Alissa Bartlett war eine unbekannte Größe, die mehr Unwägbarkeiten ins Spiel brachte, als er erwartet hatte. Es bereitete ihm Unbehagen, dass sie sich zu behaupten wusste und auf ihre Unabhängigkeit bedacht war. Dabei war er sicher gewesen, sein Ehevorhaben bis ins Kleinste genial durchdacht zu haben, sodass eigentlich nichts schiefgehen konnte. Er war überzeugt gewesen, mit Alissa die richtige Wahl getroffen zu haben. Doch als er versucht hatte, die trotzige kleine Blondine – hatte sie es doch tatsächlich gewagt, vor seinen Augen mit einem anderen Mann zu tanzen! – in seine Pläne einzubauen, schlug ihre Rebellion unerwartet hohe Wellen. Jetzt warnte ihn ein unbestimmbares Gefühl, dass er sich bei Alissa verrechnet hatte, dass sie ihm vermutlich eher Ärger machen würde, als die ideale Lösung seines Problems darzustellen.

Sollte ich jetzt nicht lieber aussteigen? fragte Sergej sich gereizt. Dummerweise gefiel Alissa ihm über alle Maßen, eine Frau wie sie würde er kaum noch einmal finden. Er hatte genug von raffinierten, geldgierigen Geliebten und war im Lauf der Zeit in der Wahl seiner Bettgefährtinnen sehr viel anspruchsvoller und vorsichtiger geworden. Aber es war absurd: Obwohl er sich über Alissa ärgerte, hatte er seit mehr als zehn Jahren keine Frau so begehrt wie sie.

Auch seine Risikobereitschaft war wieder aufgeflammt. Warum sollte er bei Alissa nicht etwas wagen? Er sah sie vor sich – in dem kurzen schwarzen Kleid, dessen tiefer runder Ausschnitt die Ansätze ihrer festen Brüste preisgab, während sie über die Tanzfläche wirbelte, sodass ihre schlanken Beine zu sehen waren. Die bloße Vorstellung machte ihm zu schaffen. Ihm gefiel das Kleid, doch Jelena wäre schockiert gewesen. So freizügig zeigte eine Dame sich nicht in der Öffentlichkeit. Er würde mit Alissa shoppen gehen und ihr eine züchtigere Garderobe kaufen. In wenigen Tagen konnte sie das kleine Schwarze nur für ihn tragen, und es würde ihm eine Lust sein, es ihr auszuziehen und ihren herrlichen Körper zu genießen.

Und da er so scharf auf die verbotene Frucht war, musste er das Wagnis eingehen, Alissa zu heiraten. Er war bereit, seine Freiheit zu opfern, um seine Großmutter glücklich zu machen, aber warum sollten dabei für ihn nicht auch höchst lustvolle, erregende Tage und Nächte herausspringen?

Alissa fuhr aus dem Schlaf auf, weil jemand sie an der Schulter packte. Ein Telefon klingelte, sie richtete sich auf Alexas unbequemem Sofa auf, wo sie eine unruhige Nacht verbracht hatte. Benommen nahm sie ihre Schwester wahr, die ihr das diamantbesetzte Handy hinhielt.

„Meine Güte, nun geh schon endlich ran!“, drängte Alexa. „Ich kann mich ja schlecht melden. Bestimmt ist er das, und er sollte besser nicht erfahren, dass es mich gibt.“

Alissa übernahm das Handy. „Hallo?“

„Ich möchte mit dir einkaufen gehen“, kündigte Sergej ihr nur an. „Um zehn hole ich dich ab.“

Damit war das Gespräch beendet.

Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. In knappen Worten berichtete Alissa ihrem Zwilling, was Sergej gesagt hatte, und blickte resigniert auf das Telefon. Es war weniger ein Geschenk, sondern eher eine bequeme Kommandostelle für Sergej.

„Natürlich ist er herrisch“, erklärte Alexa hochtrabend. „Ohne andere herumzukommandieren, hätte er kaum die vielen schönen Milliarden verdient. Der Mann ist reich und mächtig, er weiß, was er will und wann er es will.“

„Mir bleibt nicht viel Zeit“, erinnerte Alissa ihre Schwester. „Da werde ich mich lieber anziehen.“

Alexa seufzte gereizt. „Und das sollte ich dir besser nicht allein überlassen.“ Sie hielt es für geraten, darüber zu wachen, dass ihr modefauler Zwilling auch die richtigen Sachen auswählte.

„Was hast du denn?“, fragte Alissa besorgt.

„Ich beneide dich glühend“, verriet Alexa anklagend. „Ein Milliardär geht mit dir einkaufen, dabei hätte ich die Glückliche sein können.“

Alissa betrachtete ihre missmutige Zwillingsschwester. „Bald wirst du Harry heiraten. Er liebt dich, und du liebst ihn und kannst dich auf das Baby freuen. Bei Sergej ist alles nur Schau, und selbst die wird nicht lange anhalten.“

„Wenn ich mir das Foto von Sergej Antonovich auch nur ansehe, werde ich neidisch“, gestand Alexa finster. „Und ich bin es wirklich nicht gewöhnt, dich zu beneiden. Welcher Mann hat dich angesehen, wenn ich in der Nähe war? Ich war immer die Attraktivere, die Umschwärmte von uns beiden.“

Das Geständnis machte Alissa betroffen. Am liebsten hätte sie Alexa angeboten, an ihrer Stelle einkaufen zu fahren, doch für einen erneuten Rollentausch war es jetzt zu spät.

Schon klingelte es an der Apartmenttür, Borya kam Alissa abholen.

Nachdenklich folgte sie dem Leibwächter nach unten. Es stimmte ja, Alexa war immer die Attraktivere von ihnen beiden gewesen. Sie war modelschlank, stets fabelhaft zurechtgemacht, und die Männer flogen nur so auf sie. So war es immer gewesen. Das hatte Alissa besonders schmerzlich empfunden, während sie heranwuchsen.

Unwillkürlich musste sie daran denken, wie sie sich vor Jahren in den Nachbarsjungen Peter verliebt hatte, für den sie jedoch nur als Alexas Schwester existiert hatte. Wegen ihrer Schwärmerei für Peter hatte sie sich damals schuldig gefühlt und Qualen ausgestanden, weil sie es für unloyal und beschämend gehalten hatte, den Freund ihrer Schwester zu lieben. Niemandem hatte sie von ihrer heimlichen Liebe erzählt, nicht einmal, als Alexa ihren Peter mit anderen Männern betrogen und keine Gelegenheit zum Flirten ausgelassen hatte. Ihre Schwester hatte es mit der Treue nie sehr ernst genommen, sich jedoch schrecklich aufgeregt, nachdem ihr Vater mit einer anderen Frau durchgebrannt war.

Alissa wurde aus ihren Gedanken gerissen, weil sie Sergej auf dem Rücksitz der Luxuslimousine entdeckte. Jetzt kam er ihr noch größer und umwerfender vor, als sie ihn in Erinnerung hatte. Ihr Mund fühlte sich trocken an, und in ihrem Bauch kribbelte es.

„Alissa.“ Forschend betrachtete Sergej sie. Irgendwie wirkte sie angespannt und unglücklich, und das gefiel ihm nicht. Er war es gewöhnt, strahlend begrüßt und angehimmelt zu werden. Wieder war sie viel zu auffällig gekleidet, dennoch verfolgte er fasziniert, wie sie sich in dem kurzen engen Rock und den hochhackigen Stiefeln abmühte, in den Wagen zu steigen, ohne dass man einen Blick auf ihren Slip erhaschte.

Doch verstimmt oder unpassend gekleidet … sie sah fantastisch aus! Was machte sie für ihn so unwiderstehlich?

Waren es ihre großen geheimnisvollen Augen, deren Farbe mit dem Licht von Türkis bis zu Tannengrün wechselte? Ihre zarte und doch so überaus weibliche Figur, die aufregend gerundeten Brüste und Hüften?

„Warum fahren wir einkaufen?“, fragte sie Sergej ohne vorherige Höflichkeitsfloskeln.

„Die letzte Anprobe des Brautkleides ist fällig. Außerdem sollten wir bei der Gelegenheit auch gleich deine Garderobe aufstocken.“

Alexa hatte also bereits Anproben hinter sich? Warum hatte sie ihr das verschwiegen? Der Gedanke beunruhigte Alissa. Und was meinte Sergej mit der letzten Bemerkung? „Wieso brauche ich mehr Garderobe?“

„Was du trägst, ist zu offenherzig und freizügig“, ließ Sergej sie wissen.

Ihr schoss das Blut in die Wangen, sie grub die Fingernägel in die Handflächen, um nicht scharf zu reagieren. Aber natürlich hatte er recht. Hätte sie sich von Alexa bloß nicht zu dieser Kleiderwahl überreden lassen! Bei ihren vollen Brüsten und Hüften wirkten enge Oberteile und Miniröcke viel aufreizender als bei Alexa mit ihrer superschlanken Figur.

Sergej machte eine einlenkende Handbewegung. „Du siehst darin sehr sexy aus, milaya moya , doch bei meiner Frau wünsche ich mir ein eleganteres, zurückhaltenderes Auftreten.“

Dreißig Minuten später durchlebte Alissa eine der schrecklichsten Stunden ihres Lebens, als die Designerin und ihre Assistentinnen vergeblich versuchten, ihr in ein Traumgebilde von Hochzeitskleid zu helfen.

„Ich glaube, ich habe wohl etwas zugenommen“, erklärte Alissa verlegen, während die Damen gemeinsam versuchten, das viel zu enge Kleid an den kritischen Stellen aufzutrennen, weil sie kaum noch atmen konnte.

Unvermittelt gab die Seide nach, und alle sahen sich erschrocken an.

Unbehagliches Schweigen folgte.

„Ich nehme Ihre Maße noch einmal, darf ich?“ Die Designerin strahlte tapfer.

Die Sache war Alissa entsetzlich peinlich, sie kam sich wie ein Pummelchen vor. Geduldig ließ sie erneut Maß nehmen und verfolgte beunruhigt, dass die Angaben sehr viel höher ausfielen.

„Keine Sorge“, versicherte die Frau ihr schließlich bewundernswert beherrscht. „Selbstverständlich wird das Kleid rechtzeitig bis zur Hochzeit fertig.“

Sicher lag es an dem kleinen Vermögen, das Sergej für die Robe bezahlt haben musste, dass die Designerin nicht zu jammern begann. Das Ganze war Alissa unsagbar peinlich, im Allgemeinen wurden Bräute vor der Hochzeit doch vor lauter Aufregung eher dünner.

„Das hat aber lange gedauert“, bemerkte Sergej, als Alissa zu ihm zurückkehrte. Aufatmend legte er das Exemplar der Financial Times weg.

„Das Kleid passte nicht“, berichtete Alissa. „Verschiedenes muss geändert werden.“

Überrascht zog Sergej die Brauen hoch. „Hast du abgenommen?“

Ratlos erwiderte Alissa das Erstbeste, was ihr einfiel: „Im Gegenteil. Ich bin voller geworden. Da werde ich wohl auf Diät gehen müssen.“

„Nicht, solange du mit mir zusammen bist, milaya moya “, widersprach Sergej entschlossen. „Ich lasse nicht zu, dass du dir die tollen Kurven herunterhungerst.“

Ihr entging nicht, dass er einen begehrlichen Blick auf die prallen Rundungen warf, die sich unter ihrem Pullover abzeichneten. Alissa wurde über und über rot und versuchte, die erotische Spannung zwischen ihnen herunterzuspielen. „Ich esse nun mal gern“, gestand sie. „Vor allem Schokolade.“

Für Sergej war es neu, eine Frau vor sich zu haben, die zugab, viel von gutem Essen zu halten. Er war Damen gewöhnt, die sich vorher nach dem Kaloriengehalt einer Speise erkundigten, ehe sie überhaupt ans Essen dachten.

Im nächsten exklusiven Designersalon wurde ihnen Champagner serviert, während eine umfangreiche Modelparade vor ihnen ablief. Schließlich probierte Alissa ein leuchtend rotes Jackenkleid an. Es passte ihr genau und war im Stil sehr viel konservativer, als es ihrer Schwester gefallen hätte. Unsicher verließ Alissa die Kabine, um sich Sergej zu präsentieren. Längst war ihr klar, dass er bei allem mit bestimmen wollte – entschieden mehr, als ihr lieb sein konnte.

„Das gefällt mir schon besser“, erklärte er amüsiert. „Noch etwas Pelz darum herum, und du gibst einen süßen Nikolaus ab.“

„Nein, bitte keinen Pelz“, wehrte Alissa ab und setzte neugierig hinzu: „Habt ihr in Russland auch einen Nikolaus?“

Ded Moros – Väterchen Frost. Und er kommt im neuen Jahr in Begleitung einer Schneefee“, klärte Sergej sie lächelnd auf. „Bis ich zu meiner Großmutter kam, kannte ich das Fest nicht einmal. Aber natürlich kannst du Weihnachten feiern, wie du willst, solange du mit mir zusammen bist.“

Solange du mit mir zusammen bist …

Erneut eine sanfte Mahnung, dass sie nur vorübergehend seine Frau sein würde, und auch das nicht wirklich. In wenigen Wochen ist Weihnachten, fiel Alissa ein. Wo würde sie dann leben? Sie fühlte sich verletzlich und stand ganz still, weil Sergej sie verlangend betrachtete. Hitze durchströmte sie, ihr wurde bewusst, wie stark sie sich zu ihm hingezogen fühlte.

Auf Sergejs Wunsch probierte Alissa ein Modell nach dem anderen an, während er laufend telefonierte, knappe Anweisungen auf Russisch erteilte, sie dabei jedoch nicht aus den Augen ließ. Sein Interesse schmeichelte ihr, es fiel ihr zunehmend schwerer, die bevorstehende Ehe nur als Job zu betrachten, weil dieser Mann alles auf eine so persönliche Ebene brachte.

Eine Stunde später brachte der Chauffeur Sergej ein Päckchen, als Alissa sich ihrem zukünftigen Mann ein letztes Mal in einem traumhaften türkisfarbenen Seidenabendkleid präsentierte. Sergej sah nur noch sie, Verlangen überflutete ihn wie eine Sturzwelle. Durch den zarten Stoff zeichneten sich ihre harten Brustspitzen deutlich ab. Er atmete tief ein, sprang auf und winkte Alissa zu sich heran.

„Komm näher“, sagte er, als sie wenige Schritte vor ihm stehen blieb.

Mit einem Papiertaschentuch tupfte er ihr behutsam den Lipgloss ab. „Weniger ist mehr“, bemerkte er rau.

Erstaunt sah Alissa ihn an; auf den Kuss, der nun folgte, war sie nicht vorbereitet. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, schob Sergej die Finger in ihr Haar und küsste sie verzehrend. Seine Begierde übertrug sich auf sie, Alissa vergaß alles um sich herum und schmiegte sich an ihn.

„Der richtige Augenblick, aber der falsche Ort.“ Als Sergej sie sanft von sich schob, war sie enttäuscht.

„Warum?“, flüsterte sie. Wieder hatte er sie einfach geküsst und Empfindungen in ihr wachgerufen, die sie nicht fühlen wollte und sich nicht erklären konnte.

„Im Moment kann ich dir nicht mehr geben … nur das, milaya moya .“ Spielerisch schob er ihr eine Praline in den Mund und beobachtete Alissa.

Die sahnig süße Schokoladenleckerei war köstlich, schwärmerisch schloss Alissa die Augen, um den Genuss bis ins Letzte auszukosten. „Dafür könnte ich sterben“, gestand sie lustvoll.

Ihr einfach nur zuzusehen war ein erotisches Vergnügen! Diese Frau war so unglaublich sinnlich und schaffte es immer wieder auf neue Weise, ihn zu erregen. Am liebsten hätte er sich mit ihr an einen verlassenen Ort zurückgezogen, um sie wieder und wieder zu nehmen, bis sein Verlangen gestillt war. Nur mit Mühe beherrschte er sich. Aber war es nicht auch aufregend, sich vorher auszumalen, was er mit ihr tun würde, wenn es so weit war …?

So hatte er noch nie empfunden.

Irgendwo in der Nähe klingelte beharrlich ein Telefon und riss Alissa aus ihrer Genusswelt. „Das ist mein Handy“, wurde ihr bewusst.

Eine Verkäuferin brachte ihr das Gerät aus dem Umkleideraum.

Es war Alexa, die anrief. Atemlos erklärte sie: „Mum hat herausgefunden, dass du Sergej nächste Woche heiratest. Eine ihrer Freundinnen hat ihr eine Zeitung mit einem Foto von dir und Sergej gezeigt. Sie ist ziemlich schockiert …“

„Das kann ich mir denken.“ Alissa bewegte sich unbehaglich, weil Sergej direkt neben ihr stand. „Und was hast du ihr gesagt?“

„Dass du mit ihm ausgegangen bist, als du noch in London gearbeitet hast. Ihr hättet euch dann jedoch getrennt, deshalb hättest du ihn nie erwähnt.“ Alexas Stimme klang etwas ratlos. „Aber jetzt sei er zurückgekommen und ihr wärt wieder zusammen. Was hätte ich sonst sagen sollen?“

„Das Ganze wird immer komplizierter“, erwiderte Alissa anklagend.

„Was ist denn los?“ Sergej passte es nicht, ausgeschlossen zu werden.

„Meine Mutter hat ein Foto von uns beiden in der Zeitung gesehen, sie ist schockiert …“

„Sprichst du gerade mit ihr? Nein?“ Schon übernahm er das Kommando. „Dann lass sie ans Telefon holen, damit ich mit ihr reden kann, milaya moya .“

Alissa versuchte, ihn davon abzubringen, doch er ließ sich nicht beirren. Ihr blieb nichts anderes übrig, als das Gespräch mit ihrer Schwester zu beenden und die Nummer ihrer Mutter zu wählen, die sie prompt mit vorwurfsvollen Fragen überschüttete. „Sprich selbst mit ihm, Mum“, riet Alissa ihr schließlich seufzend.

Sergej nahm ihr das Handy aus den bebenden Fingern und schaffte es tatsächlich, sich Jenny Bartlett als idealer Schwiegersohn zu verkaufen, der es kaum erwarten konnte, die Mutter seiner Braut endlich kennenzulernen. Alissa stand angespannt daneben. Kaum zu glauben, wie geschickt er die Situation handhabte und die Dinge auch buchstäblich prompt ins Rollen brachte. Er bestand darauf, Jenny auf der Stelle einen Wagen zu schicken, der sie abholen und nach London bringen sollte, damit sie gemeinsam zu Abend essen könnten.

Nachdem alles besprochen war, reichte er Alissa das Handy zurück.

„Jetzt verstehe ich, wieso du dich in ihn verliebt hast, Liebes“, erklärte Jenny Bartlett ihrer Tochter überwältigt. „Sergej Antonovich weiß, was er will. Ich freue mich darauf, ihn persönlich kennenzulernen.“

„Soweit ich mich erinnere, lassen deine Eltern sich gerade scheiden“, bemerkte Sergej, nachdem Alissa das Handy abgeschaltet hatte.

„Ja“, erwiderte sie nur. Über das Thema wollte sie lieber nicht sprechen.

An diesem Abend kehrte Alissa nicht in Alexas Apartment zurück. Sergej setzte sie in seinem ultraeleganten Penthouse ab, damit sie sich umziehen konnte, während er zu einer Besprechung ins Büro fuhr.

Alissa schlenderte durch die weitläufigen Räume und bewunderte erlesene Gemälde und Kunstgegenstände, ehe sie ihre neue Garderobe auspackte und ein elegantes grünes Kleid auswählte, das sie an diesem Abend tragen wollte.

Es belastete sie, ihre Mutter zu täuschen, indem sie vorgab, in Sergej verliebt zu sein. Doch sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Vom ersten Moment an übernahm er die Regie, und schnell wurde klar, dass er mit seiner ruhigen, selbstverständlichen Art ihre Mum ebenso beeindruckte wie alle anderen.

Als ihre Mutter jedoch erwähnte, Alexas Heirat würde am selben Tag stattfinden wie Alissas, war sie verblüfft, dann sagte sie sich, dass ihre Zwillingsschwester sich absichtlich für dieses Datum entschieden hatte, um Sergej nicht zu begegnen.

„Komischer Zufall“, bemerkte er.

„Eine Katastrophe“, erklärte ihre Mutter gequält. „Schließlich kann ich nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig sein. Schon jetzt bin ich vollauf mit den Vorbereitungen für Alexas großen Tag beschäftigt, und da sie schwanger ist, kann ich sie doch nicht im Stich lassen …“

„Natürlich nicht.“ Beruhigend drückte Alissa ihrer Mutter die Hände. „Das verstehen wir doch …“

„Aber ich würde so gern an beiden Hochzeiten meiner Töchter teilnehmen.“

„Leider sind unsere Vorbereitungen schon so weit gediehen, dass wir das Datum unmöglich noch verlegen können“, ließ Sergej entschuldigend einfließen.

„Trotzdem gäbe es eine Lösung“, schlug Jenny hoffnungsvoll vor. „Was haltet ihr von einer Doppelhochzeit hier in England?“

Alissa war entsetzt. Wenn Sergej ihrer Schwester begegnete, wusste er, dass sie und Alexa eineiige Zwillinge waren, und dann musste er Verdacht schöpfen!

„Ich fürchte, das wird nicht möglich sein.“ Sergej berichtete von seiner altersschwachen Großmutter, die Russland noch nie verlassen habe und sich jetzt schon auf eine traditionelle Hochzeit in St. Petersburg freue.

Eine höfliche Notlüge, dachte Alissa. Erstaunlich, wie erfinderisch Sergej war, sobald es brenzlig wurde. Wenn ihre Mutter an ihrer Farce von Hochzeit teilnahm, würde alles nur noch stressiger werden. Schon jetzt fange ich an, Mum etwas vorzumachen, gestand sie sich schuldbewusst ein.

Schließlich schlug Sergej vor, im darauf folgenden Monat in London erneut eine Hochzeitsfeier im großen Stil abzuhalten, damit er Alissas Familie und Freunde kennenlernen könne. Nun strahlte Jenny und vergaß ihre anfängliche Enttäuschung. Ihren nachfolgenden Vorschlägen war anzumerken, dass sie sich nicht nur auf die Hochzeit freute, sondern auch von dem Mann begeistert war, den Alissa heiraten wollte.

Nach dem Essen beschloss Alissa, mit ihrer Mutter nach Hause zu fahren. Sergejs Gesichtsausdruck verriet, dass ihm das gar nicht gefiel, doch Alissa dachte nicht daran, ihn in sein Penthouse zu begleiten, wo sie mit ihm allein sein würde. Ihre Eheschließung war ein Job, eine rein vertragliche Angelegenheit, mehr nicht. Sergej musste sich daran gewöhnen, dass sie ihn auf Abstand hielt. Und mit ihren Schachteln voller teurer Kleider in Alexas Apartment zurückkehren wollte sie nicht, um nicht erneut den Neid ihrer Zwillingsschwester zu erregen.

„Wir sehen uns doch noch vor der Trauung?“, fragte Sergej, als sie auf dem Gehsteig neben dem Mercedes standen, in dem Alissas Mutter auf Alissa wartete.

„Entschuldige, aber ich möchte gern noch einige Tage zu Hause verbringen, ehe wir nach Russland fliegen.“ Alissa war bleich und sah Sergej Verständnis heischend an. Vorsichtig wich sie etwas zurück, weil die Leibwächter sich wieder um sie postiert hatten.

„Das kann ich verstehen, milaya .“ Sergej hielt ihre Hand fest, als sie sich das blonde Haar aus dem Gesicht streichen wollte. „Aber du weißt doch sicher, dass ich mir etwas anderes gewünscht hätte?“

Sein eindringlicher Blick machte sie schwach, es ärgerte sie, dass Sergej diese Wirkung auf sie hatte.

„Irgendwann muss ich ja auch mal Freizeit haben“, erwiderte sie forsch und warf herausfordernd den Kopf zurück.

„Freizeit?“, wiederholte Sergej warnend.

„Schließlich ist es ein Job, da werde ich ja wohl nicht vierundzwanzig Stunden an sieben Tagen der Woche im Dienst sein.“

Er stand ganz still, und sein Blick wurde kalt. In diesem gefühlvollen Augenblick hätte Alissa nichts Schlimmeres tun können, als ihn kühl an ihre vertragliche Abmachung zu erinnern. Erstaunlich, dass er das seit einer Weile vergessen hatte! Ihre Reaktion tat weh und erinnerte ihn an die harte, berechnende Art, die er von ihren Geschlechtsgenossinnen gewöhnt war. Offensichtlich war er nicht großzügig genug gewesen.

„Anscheinend hast du das Kleingedruckte in unserem Vertrag nicht gelesen“, erinnerte er sie abschätzig. „Sobald du meinen Trauring am Finger trägst, hast du tagtäglich rund um die Uhr für mich da zu sein.“

Ohne ein weiteres Wort ging er davon.

Wie versteinert blieb Alissa auf dem Gehweg zurück und wusste nicht, ob sie erleichtert oder betroffen sein sollte. Am liebsten wäre sie Sergej nachgerannt, um die Misstöne zu bereinigen und sich zum Abschied umarmen zu lassen. Doch ihr Stolz hielt sie davon ab. Sie war nicht sein Spielzeug, das er nach Lust und Laune aus der Versenkung hervorholen konnte, sondern die Frau, die ihm schon bei der ersten Begegnung im Klub die Stirn geboten hatte. Warum war sie dann so enttäuscht und fühlte sich so verloren …?

4. KAPITEL

Als Alissa von ihrem Spaziergang zurückkehrte, überfiel ihre Zwillingsschwester sie aufgeregt, sobald sie das Haus betreten hatte. „Wo warst du?“

„Du hast noch geschlafen, als ich aufstand. Ich musste Verschiedenes einkaufen, und anschließend bin ich spazieren gegangen.“

„Spazieren gegangen?“ Alexa war fassungslos. „Am Nachmittag fliegst du nach Russland, und dir fällt nichts Besseres ein als ein läppischer Spaziergang?“

Alissa presste die Lippen zusammen. „Ich weiß nicht, wie lange ich fortbleiben werde. Vieles hier wird mir fehlen.“

„Mum ist mittags vorbeigekommen. Inzwischen weiß sie, woher wir das Geld haben!“, platzte Alexa heraus.

Entsetzt sah Alissa sie an. „Und woher kann sie das wissen?“

„Natürlich hat sie keine Ahnung, dass deine Ehe nur ein Job ist“, erwiderte ihre Schwester ungeduldig. „Aber obwohl ich es war, die dem Anwalt das Geld gegeben hat, ist sie überzeugt, dass du es von Sergej bekommen hast, um Dad auszuzahlen.“

Alissa stöhnte auf. „Meine Güte! Wie soll ich mich da herausreden?“

„Mach dir da keine Sorgen! Sergej ist steinreich, bald ist er Mums Schwiegersohn und gehört zur Familie. Deshalb habe ich ihr gesagt, er hätte dir das Geld gegeben, es sei deine Sache, was du damit anfängst. Danach habe ich Mum davon abgebracht, ihn anzurufen und darauf anzusprechen.“

Alexas Talent, sich aus kritischen Situationen herauszulavieren, war legendär. Kopfschüttelnd betrachtete Alissa ihre Zwillingsschwester.

Die hielt ihrem Blick triumphierend stand. „Wieder einmal musstest du gar nichts tun. Ich habe uns gerettet.“

Alissa beherrschte sich nur mühsam. Ihr war es zu verdanken, dass ihre Schwester in vierundzwanzig Stunden ihren Harry heiraten konnte, dennoch führte diese sich auf, als wäre sie es, der Unrecht getan worden war. „Nein, meine Liebe, diesmal bin ich es, die uns gerettet hat“, widersprach Alissa. „Du hast den Vertrag ohne mein Wissen unterschrieben, und jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als Sergej zu heiraten.“

„Donnerwetter! Was für ein Opfer!“, spottete Alexa. „Er sieht super aus, ist steinreich und unerhört großzügig. Sieh dir nur die Geschenke an, die er dir schickt, ganz zu schweigen von den vielen Blumen! Und diesen tollen Mann heiratest du morgen!“

Verletzt schwieg Alissa und ging nach oben. Sie hasste es, mit Alexa zu streiten und musste sich damit abfinden, dass ihrer Zwillingsschwester Geld und Luxus wichtiger zu sein schienen als ihr Harry oder sogar das Baby.

In den letzten Tagen hatte Sergej seiner zukünftigen Frau jeden Morgen Blumen und unerwartete Geschenke geschickt. Wollte er Alissas Mutter mit seiner Großzügigkeit davon überzeugen, dass sie ein ganz normales Brautpaar waren? Inzwischen besaß Alissa eine diamantbesetzte Uhr, ein Set Designerkoffer und einen Diamantverlobungsring, der Alexa so neidisch machte, dass sie Harry angefahren hatte, als er sie am Abend zur Trauungsprobe abholen kam.

Versucht Sergej einfach nur, allen den verliebten Bräutigam vorzuspielen? fragte Alissa sich verunsichert. Er hatte sie jeden Tag angerufen, gab sich jedoch enttäuschend wortkarg und sachlich, wenn er mit ihr sprach. Er sei in New York und hätte gerade ein Geschäft zum Abschluss gebracht, oder er erging sich über seinen Fußballklub und die Spieler. Um die unbehaglichen Gesprächspausen zu überbrücken, hatte Alissa über belanglose Dinge geplaudert und sich danach über sich selbst geärgert.

Andererseits stellte Sergej ihr ab und zu Fragen, die sie in Bedrängnis brachten.

„Wie viele Männer hat es in deinem Leben gegeben?“, hatte er sie einmal direkt gefragt und damit aus der Fassung gebracht.

„Einen oder zwei“, hatte sie ihm schließlich widerstrebend geantwortet und sich mit einer forschen Gegenfrage aus der Affäre zu ziehen versucht. „Warst du je bis über beide Ohren verliebt?“

„Du meinst so sehr, dass es für mich keine andere mehr gab? Nein, ganz bestimmt nicht“, hatte Sergej ihr selbstzufrieden versichert, als würde richtigen Männern so etwas gar nicht passieren.

„Warum hast du dann geheiratet?“, platzte Alissa heraus, obwohl sie sich auf so persönliche Dinge lieber nicht versteigen wollte.

Am anderen Ende der Leitung folgte unbehagliches Schweigen.

„Sie war die schönste Frau, die mir je begegnet war“, hatte Sergej ihr schließlich abweisend enthüllt. Das ist doch viel zu oberflächlich! hätte Alissa ihm am liebsten vorgehalten, jedoch sicherheitshalber geschwiegen.

So hatten diese Telefonate sie dem Mann, den sie heiraten wollte, keinen Schritt nähergebracht. Nach wie vor war er ihr ein Rätsel, ein Fremder – unberechenbar und ein Buch mit sieben Siegeln –, was sie mit jedem Tag neugieriger und rastloser machte. Immer neue Fragen stürmten auf sie ein: Was für ein Mensch war Sergej Antonovich? Was ärgerte oder freute ihn, was machte ihn glücklich?

Am Nachmittag verabschiedete Alissa sich zu Hause von ihrer Mutter und Alexa.

Ihre Schwester war gereizt und verstimmt, und Alissa wünschte ihr und ihrem Verlobten alles Glück dieser Erde, ehe sie allein zum Flughafen fuhr. Doch natürlich war sie nie wirklich allein, seit sie mit Sergej zusammen war. Er bestand darauf, dass sie stets von zwei Leibwächtern begleitet wurde, wie auch jetzt auf der Fahrt zum Flughafen.

Unterwegs klingelte ihr Handy. Als sie sich meldete, erkannte sie zu ihrer Überraschung die Stimme ihres Vaters. „Deine Mutter hat mir verraten, dass du heute Nachmittag nach Russland fliegst. Ich bin am Flughafen und muss mit dir sprechen.“

„Am Flughafen?“, wiederholte Alissa verblüfft.

„Lass uns einen Kaffee trinken gehen“, schlug Maurice Bartlett vor. „Ich bin extra hergekommen, um dich zu treffen. Wir haben uns ewig nicht gesehen.“

Nachdem Alissa die Reiseformalitäten erledigt hatte, betrat sie im langen schwarzen Mantel und Stiefeln das Café, in dem sie mit ihrem Vater verabredet war. Als er sie entdeckte, erhob er sich und eilte ihr zur Begrüßung entgegen. Prompt schoben sich die Leibwächter zwischen Vater und Tochter.

„Das ist schon in Ordnung“, erklärte Alissa den Männern und versuchte, sie wegzuscheuchen. „Ich kenne den Herrn. Bitte lassen Sie uns allein.“

Die beiden Männer wechselten unsichere Blicke und zogen sich widerstrebend zurück.

Forschend betrachtete ihr Vater Alissas Züge und ergriff ihre Hände, als fürchtete er, sie könnte kehrt machen und ihn stehen lassen. Er war ein gut aussehender blonder Mann und wirkte sehr viel jünger, als es seinem tatsächlichen Alter entsprach. „Danke, dass du gekommen bist, Alissa. Ich wusste, dass du nicht so hart und unversöhnlich bist wie deine Schwester.“

„Was du in den letzten Monaten getan hast, verzeihe ich dir nicht – aber ich konnte dich nicht abweisen“, gestand Alissa ihm. „Trotz allem bist du immer noch mein Vater.“

„Kaum zu glauben, wie lange wir uns schon nicht gesehen haben.“

Entsetzt spürte sie, dass ihr die Tränen kamen. „Das lag nicht an mir. Du hast uns verlassen …“

„Nicht euch. Ich habe eure Mutter verlassen.“ Bewegt zog er Alissa in die Arme und drückte sie an sich, als sie zu weinen begann. „Aber ich kann es nicht ertragen, dich und Alexa ebenfalls zu verlieren. Auch für mich waren die letzten Monate nicht einfach …“

Sanft schob er Alissa auf einen Stuhl und eilte davon, um Kaffee zu holen. Sie kam sich wie eine Verräterin vor, die sich ins feindliche Lager begab. Der Schmerz, den ihr Vater ihnen allen zugefügt hatte, war immer noch zu frisch. Sie atmete ein paarmal tief durch und blinzelte die Tränen fort.

Ihr Vater setzte sich zu ihr und ergriff ihre Hand. „Vielleicht fühlst du dich besser, wenn ich dir sage, dass es mit Maggie aus ist“, gestand er ihr schuldbewusst.

Alissa schwieg, die Nachricht tröstete sie nicht. All der Kummer war also umsonst, dachte sie schmerzlich. „Ich habe nur wenige Minuten Zeit“, warnte sie ihren Vater.

„Wie kommt es, dass du dich in einen Milliardär verliebt hast?“, schlug er einen scherzhaften Ton an. „Bei deiner Schwester hätte mich das weniger erstaunt.“

Dankbar spielte Alissa mit. „Alexas Zukünftiger ist ein wunderbarer Mann. Harry vergöttert sie.“

„Hoffentlich kann er sich ihr gegenüber durchsetzen. Alexa ist oft starrköpfig, und irgendwie kann ich sie mir als brave Ehefrau und Mutter nicht recht vorstellen“, gestand ihr Vater.

Anklagend hielt Alissa ihm vor: „Wir waren früher so eine glückliche Familie.“ Als sie sah, dass er schuldbewusst den Blick senkte, kamen ihr erneut die Tränen.

In diesem Moment bemerkte sie in der Nähe zwei Reporter, die ihre Kameras auf sie richteten. Ihr fiel Sergejs Warnung vor aufdringlichen Paparazzi ein. „Ich muss gehen“, erklärte sie schnell und stand auf.

Ihr Vater umarmte sie und küsste sie auf die Stirn. „Es tut mir leid“, sagte er niedergeschlagen. „Sehr, sehr leid, Liebes. Manchmal weiß man erst, was man hatte, wenn man es verloren hat.“

Vorsichtig befreite Alissa sich aus seinen Armen und ging davon. Fast war sie erleichtert, als die Leibwächter sich wieder zu ihr gesellten. Ihr Vater war ein Schwächling, der nicht zu wissen schien, was er wollte. Noch vor zwei Monaten hatte er ihnen allen erklärt, ohne Maggie Lines nicht leben zu können. Wollte er jetzt zu Alissas Mutter zurückkehren? Oder erlag er wieder nur einer Laune des Augenblicks?

Es lenkte Alissa ab, zum ersten Mal in einem Privatjet zu reisen. Sie genoss die Ruhe und den großzügigen Platz in der Kabine, während die Crew ihr jeden Wunsch von den Augen ablas. Erst sah sie sich einen Film an und blätterte Hochglanzzeitschriften durch, dann wurde ihr ein lukullisches Mahl serviert, gefolgt von einer Schachtel belgischer Pralinen. Nachdem sie eine der Köstlichkeiten probiert hatte, schloss sie den Deckel tapfer wieder. Doch schließlich konnte sie der Versuchung nicht widerstehen und gönnte sich eine weitere und noch eine …

Irgendwann während des Fluges rief Sergej sie an.

„Danke für die Pralinen“, sagte Alissa, „aber eigentlich sollte ich mit dir schimpfen. Inzwischen habe ich schon die Hälfte vertilgt.“

„Hatte ich dir nicht versprochen, dich für Weihnachten zu mästen?“, neckte Sergej sie.

„Das ist nicht witzig“, widersprach sie vorwurfsvoll. „Bei Pralinen muss man mich vor mir selbst schützen, um meine Willenskraft ist es nicht sonderlich bestellt.“

„Heute Abend habe ich eine Besprechung“, kündigte er ihr an. „Ich werde dich vor der Hochzeit also wohl nicht mehr sehen.“

Damit hatte Alissa nicht gerechnet, sie musste sich eingestehen, dass sie enttäuscht war. Dabei spielte sie letztlich nur eine Rolle, für die Sergej sie bezahlte. Wieso verdrängte sie das immer wieder? Und warum ging er ihr nicht aus dem Kopf? Sicher, er sah fantastisch aus, aber sie durfte nicht vergessen, dass er ein herrischer Macho war und bei Frauen Neandertalermanieren an den Tag legte …

Am frühen Abend landete der Jet in St. Petersburg am Flughafen Pulkovo.

Hier war es sehr viel kälter als in London. In einer Luxuslimousine wurde Alissa durch die Straßen der Stadt gefahren. Noch nie hatte sie so viele berühmte alte Bauten nebeneinander gesehen. So war sie nicht allzu überrascht, als der Wagen vor einem prachtvollen klassischen Herrenhaus hielt.

Hier sei Sergejs Wohnsitz, erfuhr sie.

Fast andächtig stieg sie die Eingangstreppe empor, in der eisigen Luft bildete ihr Atem weiße Nebelwölkchen. Dann betrat sie eine herrlich warme, weitläufige Empfangshalle mit blankem Parkettfußboden. Zitronenfarbene Wände, Stuckarbeiten und zurückhaltende, erlesene Möbel … dieses Ambiente empfand Alissa nach der ultramodernen Einrichtung von Sergejs Londoner Penthouse als angenehm gemütlich.

Die stilvolle Ausgestaltung setzte sich oben fort, wo Alissa in ein grüngolden eingerichtetes Gästezimmer geführt wurde, in das man auch ihr Gepäck brachte. Das angebotene Essen lehnte sie ab und unterdrückte ein Gähnen. Sie hatte einen langen Tag hinter sich und war todmüde.

Zwei Hausmädchen erschienen, um ihre Sachen auszupacken, und sie flüchtete vor dem geschäftigen Treiben ins luxuriöse Bad. Es war wunderbar entspannend, sich im heißen Wasser zu aalen. Alissa blieb länger darin, als sie vorgehabt hatte. Fast war sie eingeschlummert, als lautes Klopfen an der Tür sie auffahren ließ.

„Ja?“ Auf unsicheren Beinen kletterte sie aus der Wanne und griff sich ein Handtuch.

„Ich bin’s, Sergej. Ich muss mit dir sprechen.“

Überrascht und mit gerötetem Gesicht hüllte sie sich in den flauschigen weißen Bademantel, den sie hinter der Tür entdeckt hatte.

Barfuß verließ sie das Bad und kam sich ohne Make-up irgendwie nackt vor. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt, sich das feuchte Haar zu kämmen, das sie sich einfach hochgesteckt hatte.

Ihr stockte der Atem, als sie Sergej vor sich hatte. Er trug einen eleganten anthrazitfarbenen Anzug und kam mit grimmiger Miene auf sie zu. Übergangslos schleuderte er Fotos auf ihr Bett. „Erkläre mir das!“, forderte er aufgebracht.

Alissa blickte zu den Fotos und trat näher. Verständnislos betrachtete sie die Bilder, die sie mit ihrem Vater im Flughafencafé zeigten. „Was gibt es da zu erklären?“

Sergejs anklagender Blick ließ sie erbleichen. „Wie kannst du das fragen?“, herrschte er sie ungehalten an.

Sein Verhalten gefiel Alissa gar nicht. „Schrei mich nicht an!“, wies sie ihn zurecht.

Fassungslos sah Sergej sie an. „Ist das alles, was dir dazu einfällt?“

Alissa zuckte die Schultern, sodass Strähnen ihres goldblonden Haares sich lösten und ihr über die Schultern fielen. „Ich habe dir nichts zu sagen. Du platzt einfach hier herein, während ich bade …“

„Ich habe angeklopft!“, widersprach er ihr scharf.

Sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu und wechselte auf die andere Seite des Bettes. „Was fällt dir ein, mich grundlos anzuschreien?“

„Wenn ich dich mit einem anderen Mann Händchen halten und in seinen Armen weinen sehe, habe ich allen Grund dazu!“, hielt Sergej ihr wütend vor und folgte ihr ums Bett herum.

„Ich lasse mir nicht drohen.“ Aufgebracht nahm sie eine Kristallvase von einem Beistelltisch. „Wenn du noch einen Schritt näher kommst, schlage ich sie dir über den Kopf.“

Ungläubig runzelte Sergej die Brauen. „Bist du verrückt geworden?“

„Ich kann mich gut verteidigen.“

„Warum, zum Teufel, glaubst du, mich dir mit der Vase vom Leib halten zu müssen?“, fragte Sergej. „Ich bin nicht gewalttätig.“

Alissa dachte nicht daran, die Vase zurückzustellen. „Nein?“

Auf einmal wirkte er ernüchtert, erstaunlich ruhig sah er sie an. „Natürlich nicht. An einer Frau würde ich mich niemals vergreifen.“ Ehe sie reagieren konnte, packte er blitzschnell zu, entwand ihr die Vase und stellte sie auf das Tischchen zurück. „Du ängstigst dich schnell.“

„Überrascht dich das?“, hielt Alissa ihm empört vor. „Du stürmst hier herein wie ein wilder Stier …“

Sergej stieß eine Verwünschung auf Russisch aus und nahm ein Foto auf. „Hör auf, um den heißen Brei herumzureden. Wer ist der Mann?“

Etwas gefasster gürtete Alissa ihren Bademantel fester und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mein Vater.“

„Spar dir die Lügen!“, fuhr Sergej sie an und betrachtete das Foto genauer. „Der Mann dürfte kaum älter sein als ich …“

„Dad würde sich bestimmt geschmeichelt fühlen, wenn er das hörte, aber lassen wir das. Warum prüfst du die Sachlage nicht erst, ehe du über andere herfällst?“

„Ich falle nicht über andere her.“ Widerstrebend musste Sergej sich eingestehen, dass er gegen seine Gewohnheit übereilt gehandelt hatte. Was war nur auf einmal in ihn gefahren? Unbehaglich bewegte er sich. „Wenn der Mann wirklich dein Vater ist … warum weinst du dann und hältst seine Hand?“

„Es war ein ziemlich emotionaler Moment, ich hatte ihn seit Wochen nicht mehr gesehen oder gesprochen.“ Alissa war immer noch aufgebracht. „Du führst dich auf, als wäre es üblich, dass Frauen dich hinter deinem Rücken betrügen.“

„So ist es nicht.“ Sergej fragte sich, wieso die Fotos von Alissa mit dem anderen Mann ihn hatten rot sehen lassen.

„Du bist nicht einmal mein fester Freund“, hielt sie ihm vor.

„Dafür werde ich morgen dein Ehemann sein.“

Herausfordernd warf Alissa den Kopf zurück. „Verzeih meine Offenheit, aber die Aussicht versetzt mich nicht gerade in atemlose Begeisterung.“

„Du sollst auch nicht begeistert sein“, erwiderte Sergej in unnachahmlicher Arroganz. „Ich bin, wie ich bin und werde mich nicht ändern.“

Drückendes Schweigen folgte dem Wortgefecht. Alissas Verhalten schien ihn dennoch aus dem Konzept gebracht zu haben.

„Deine Reaktion spricht Bände.“ Sie ging zum Gegenangriff über. „Wenn du klug wärst, würdest du aus deinen Fehlern lernen.“

Unvermittelt regte sich ihr schlechtes Gewissen. Warum musste sie stets das letzte Wort behalten, wenn sie mit Sergej aneinandergeriet? Eine schlechte Angewohnheit – und ein schlechter Start für ihre Beziehung. Sergej würde nicht aufhören zu kämpfen, weil er es so gewöhnt war. „Entschuldige, das war ein Schlag unter die Gürtellinie und nicht fair …“

„Seit wann sind Frauen fair?“, hielt Sergej ironisch dagegen.

„Mit solchen Äußerungen treibst du die Dinge nur auf die Spitze und erreichst nichts.“ Alissa konnte nicht umhin, seine seidigen langen Wimpern zu bewundern. „Na gut, es war falsch von mir, dir keine klare Antwort gegeben zu haben.“

Von Frauen hatte Sergej noch nie klare Antworten erhalten. Alissas Erklärung entlockte ihm nur ein müdes Lächeln.

„Aber mein Dad ist nun mal mein Dad. Ich konnte schließlich nicht ahnen, dass jemand uns für ein Liebespaar halten würde“, versuchte sie, sich zu rechtfertigen. „Seit meine Eltern sich getrennt haben, hatte meine Beziehung zu ihm stark gelitten. Deshalb war unsere Begegnung ziemlich … aufwühlend.“ Ihre Stimme bebte leicht.

„Wieso?“

„Wieso was?“

„Schließlich bist du erwachsen. Was deine Eltern tun, ist ihre Sache.“

„Enge Familienbande mögen dir fremd sein, Sergej, aber wir stehen uns alle sehr nahe.“ Entsetzt bemerkte Alissa, dass ihr erneut die Tränen kamen. Seit wann war sie so sentimental? „Das Ganze geschah völlig unvorbereitet. Vaters Fortgehen war ein schrecklicher Schock für uns. Aus heiterem Himmel erklärte er, sich in eine andere Frau verliebt zu haben, wenige Stunden später zog er bei ihr ein.“

Verwundert blickte Sergej auf die Tränen, die ihr über die Wangen rannen. Sie war unglaublich empfindsam, so ganz das Gegenteil von dem Psychoprofil, das seine Beauftragten von ihr erstellt hatten. Außerdem schien sie mit allen zu fühlen – außer mit ihm. Ihn hatte sie sogar angeschrien und mit einer Vase bedroht.

Nun wurde ihm die Komik der Situation bewusst, und er musste lächeln. Impulsiv beugte er sich zu Alissa und hob sie hoch.

„Was soll das?“ Beunruhigt klammerte sie sich an seine Schultern.

„Ich will dich trösten … oder so etwas Ähnliches.“ Sergej ließ sich mit seiner leichten Beute aufs Bett sinken und fand das gar nicht so übel.

„Mum ist so unglücklich, und ich kann ihr nicht helfen“, gestand Alissa unter Tränen und wischte sich wütend die feuchten Wangen. Sie fühlte sich erschöpft, der Tag war lang und anstrengend gewesen.

„Sie wird einen anderen kennenlernen und wieder glücklich werden“, prophezeite Sergej und atmete den frischen Duft ihres Haares tief ein. Der Ausschnitt ihres Bademantels war etwas verrutscht und gab die verführerisch gerundeten Ansätze ihrer festen Brüste frei. Ein Anblick, der sein Verlangen schürte.

„So einfach ist es nicht. Sie liebt Dad.“

„Es ist nicht einfach, weil ihr es kompliziert macht, Alissa.“ Sanft bog Sergej ihren Kopf etwas zurück und rieb sein raues Kinn liebkosend an ihrem Hals. Alissa erschauerte. „Deine Haut ist so unglaublich zart, milaya moya .“

Jetzt hätte sie sich zurückziehen müssen, um Sergej auf Abstand zu halten, doch sie konnte seinen Liebkosungen nicht widerstehen. Er ging so unglaublich sanft mit ihr um, und irgendwie spürte sie, dass das eigentlich nicht seine Art war. Ihre Brustspitzen prickelten, sie war wie elektrisiert.

Dann bedeckte Sergej ihren Mund mit seinem und küsste sie verzehrend. Feurige Ströme jagten durch ihren Körper, aufstöhnend schob sie die Finger in sein dunkles Haar, auf einmal konnte sie ihm nicht nahe genug sein. Schwer atmend ließ er eine Hand unter den Aufschlag ihres Bademantels gleiten und liebkoste die rosige Brustwarze, bis sie hart wurde. Alles in Alissa pulsierte, nie gekannte Empfindungen wurden in ihr wach. Sergej küsste sie, bis sie atemlos war und sich benommen an ihn klammerte.

Das Summen eines Handys rief sie in die Wirklichkeit zurück. Verlegen schob sie Sergej von sich und zupfte sich die Aufschläge des Bademantels zurecht. Bebend verließ sie das Bett, um Sergej und den gefährlichen Empfindungen zu entrinnen, denen sie fast erlegen wäre.

Er nahm sein Handy auf und meldete sich.

Nachdem er das Gespräch beendet hatte, fragte Alissa: „Was ist mit der Besprechung heute Abend?“

„Ich habe sie abgesagt. Ein Londoner Regenbogenblatt hatte mir die Fotos geschickt. Offenbar hatte man gehofft, ich würde mich von dir trennen und die Hochzeit platzen lassen, sodass sie einen noch sensationelleren Aufmacher bringen könnten“, setzte er ironisch hinzu.

Enttäuscht schwieg Alissa. Nach Sergejs Küssen und Liebkosungen bebte sie immer noch und wünschte sich Dinge, die sie bisher weder gekannt noch gewollt hatte. Er hatte die Frau in ihr geweckt, zwischen ihnen herrschte eine gefährliche erotische Spannung.

Das nun folgende drückende Schweigen machte Alissa Angst.

Sergej war es gewöhnt, die Dinge locker zu nehmen, doch jetzt wünschte er sich nichts mehr, als Alissa wieder in den Armen zu halten. Er wehrte sich gegen die Vorstellung, sie könnte Macht über ihn besitzen. So etwas gab es bei ihm nicht. „Du möchtest, dass ich gehe?“, fragte er rau.

Alissa konnte ihn nur stumm ansehen. Das wollte sie ganz und gar nicht, obwohl es besser so wäre. Gebannt betrachtete sie Sergejs Züge. Es erregte sie, dass er sie wollte, ihr das Gefühl gab, etwas Besonderes zu sein. Nie hätte sie erwartet, einem Mann wie ihm zu begegnen. Von Sergej Antonovich begehrt zu werden, der die schönsten Frauen der Welt besessen hatte, war ein überwältigendes Gefühl.

„Alissa …?“, drängte er.

„Ja“, brachte sie matt hervor.

Er kam zu ihr herüber und berührte mit dem Finger ihren Hals, wo eine Ader heftig pochte. „Morgen bist du meine Frau, milaya moya “, erinnerte er sie sinnlich. „Rund um die Uhr, an sieben Tagen der Woche. Ich kann es kaum erwarten.“

Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb Alissa gebannt stehen.

Später ging sie benommen ins Bett und versuchte zu vergessen, wie Sergejs Hände sich an ihrem Körper angefühlt hatten …

5. KAPITEL

Am nächsten Morgen wurde Alissa zeitig geweckt und mit einem Frühstück im Bett verwöhnt. Dann rief ihre Mutter an, um ihr alles Gute zu wünschen. Im Hintergrund hörte Alissa geschäftiges Hochzeitstreiben, und sie war verletzt, als Alexa vorgab, zu beschäftigt zu sein, um ans Telefon zu kommen und mit ihrer Schwester zu sprechen.

Danach duschte Alissa, eine Kosmetikerin und eine Hairstylistin warteten bereits auf sie. Alles lief nun offenbar nach Plan ab. Profis übernahmen die Regie, ihr Haar wurde gestylt, die Nägel lackiert, Make-up folgte. Sie konnte dem Zeremoniell nicht entkommen, doch alles erschien ihr seltsam unwirklich, als hätten diese Dinge nicht wirklich etwas mit ihr zu tun. Erst als eine Assistentin der Designerin das Brautkleid hereinbrachte, begann Alissa zu begreifen, was mit ihr geschah, und bekam es ein wenig mit der Angst zu tun.

Das kostbare weiße Traumgebilde war glatt geschnitten und mit unzähligen Kristallen besetzt, die im Licht wie Tausende Sterne funkelten. Ebenso beeindruckt war Alissa von den dazu passenden perlenbestickten Brautschuhen und den edlen Spitzendessous, die sie tragen sollte. Im ersten Moment befürchtete sie, das Kleid könnte ihr nicht passen, doch es saß wie angegossen, und sie atmete auf. Auch der zarte Tüllschleier, der von ihrer Blütenkrone wie eine Schleppe bis zum Boden wallte, war atemberaubend. Als Alissa sich endlich im Spiegel betrachten konnte, fand sie sich so schön wie noch nie.

Dann führte man sie nach unten und half ihr in eine Limousine. Als sie vor einem mächtigen öffentlichen Gebäude abgesetzt wurde, erschauerte sie in der eisigen Luft. Eine junge Frau, die fließend Englisch sprach, begrüßte sie in der belebten Eingangshalle und stellte sich als Lukina vor, sie sei eine von Sergejs Assistentinnen.

„Wo sind wir hier?“, fragte Alissa verwirrt.

Die Frage schien die Brünette zu befremden. „Im Standesamt, in dem die Trauung stattfindet. Haben Sie das Mitteilungsschreiben nicht erhalten, das ich Ihnen vor einiger Zeit zugeschickt hatte? Darin habe ich Ihnen alles aufgeführt, was heute stattfindet, darunter waren auch nützliche Hinweise für Sie persönlich.“

Alissa wurde verlegen. Wieder einmal hatte ihre Zwillingsschwester es versäumt, sie über wichtige Dinge aufzuklären. „Entschuldigung, das hatte ich vergessen.“

„Mr Antonovich liegt sehr viel daran, dass Sie besonders auf seine Großmutter Jelena den allerbesten Eindruck machen“, legte Lukina ihr ans Herz. „Er ist ihr einziger Enkel, für sie ist heute ein ganz besonderer Tag.“

Alissa wurde noch verwirrter. Wieso musste man sie ermahnen, nett zu Sergejs Großmutter zu sein? War das nicht selbstverständlich?

Nervös betrat sie den Raum, in dem sie getraut werden sollte. Im Hintergrund setzte der Hochzeitsmarsch ein, als Sergej im eleganten dunklen Anzug auf sie zukam und ihr ein kleines Rosenbouquet überreichte, das sich in seinen kraftvollen Händen rührend zart ausnahm.

Die gesamte Hochzeit war bis ins kleinste Detail so geplant und organisiert, wie Jelena es sich nur wünschen konnte. So hatte Sergej ein betont weibliches, romantisches Brautkleid ausgewählt, weil er sicher war, dass es seiner Großmutter gefallen würde, die eine solche Pracht selbst nie getragen hatte. Dennoch hatte er nicht geahnt, wie atemberaubend das schimmernde Kleid und die schlichte Blütenkrone Alissas reine Schönheit erblühen lassen würden. Wie eine Märchenprinzessin sah sie aus, und obwohl der Vergleich ihm ein Lächeln entlockte, konnte er den Blick nicht von ihr abwenden.

Unter seiner bewundernden Musterung verkrampfte sie sich und erschauerte. Dann nahm er ihre Hand, und erst jetzt bemerkte Alissa eine zierliche ältere Dame im leuchtend blauen Jackenkleid, die sie gebannt beobachtete und ihr zulächelte. Das musste Sergejs Großmutter sein!

Höhepunkt der kurzen Zeremonie war der Ringwechsel. Hinterher trug das Hochzeitspaar sich in ein Register ein, erst danach stellte Sergej seiner Großmutter seine junge Ehefrau vor. In ihrem leuchtenden Jackenkleid wirkte Jelena viel jünger, und sie strahlte vor Glück und Lebensfreude.

Gemeinsam mit dem Brautpaar stieg sie in die Limousine, die sie zur Kirche brachte, und jetzt kam Sergej auch dazu, die zahlreichen Fragen seiner Großmutter zu beantworten und zu übersetzen.

Ob Alissa Kinder möge, wollte die alte Dame wissen, und Alissa versicherte ihr, sie nicht nur zu mögen, sie wünsche sich auch zwei oder drei eigene. Danach überschüttete Jelena die junge Braut mit weiteren Fragen. Ob sie gern koche? Aber sicher, nur backen sei nicht ihre Stärke. Könne sie nähen? Eigentlich nur Knöpfe annähen, musste Alissa eingestehen. Und Sticken oder Stricken? Sticken leider nicht, gab Alissa zu, aber Stricken mache ihr Spaß, seit sie für das Baby einer Freundin Strampelsachen entworfen habe. Sergej war Frauen gewöhnt, die über keinerlei häusliche Talente verfügten, er hegte den Verdacht, dass Alissa seine Großmutter nur beeindrucken wollte. Doch als er schließlich Mühe hatte, den einen oder anderen Handarbeitsausdruck zu übersetzen, war er sich dessen nicht mehr so sicher und bemerkte erfreut, dass Jelena seine Braut wiederholt anstrahlte.

„Sie hat sich die Mühe gemacht, für das Baby einer Freundin zu stricken. Dann ist sie eine gute Frau. Du hast die richtige Wahl getroffen“, lobte Jelena ihren Enkel und zupfte ihm die Fliege zurecht, ehe er ihr aus dem Wagen helfen konnte. „Und sie ist wunderschön. Widme deiner Ehe so viel Zeit wie deinen Geschäften, dann werdet ihr ein Leben lang glücklich sein.“

Der wohlmeinende Rat, wie er seine Frau ein Leben lang halten könne, verschlug Sergej einen Moment die Sprache. Bisher war es für ihn eher ein Problem gewesen, die Damen wieder loszuwerden. Begleitet von Braut und Großmutter betrat er die überfüllte Kirche.

Es machte Alissa verlegen, Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu sein. Sie war hypernervös und fürchtete, etwas falsch zu machen, als sie im Vorbeigehen links und rechts neugieriges Flüstern hörte. Warum hat Alexa mich gedrängt, Sergej zu heiraten und mir dennoch wichtige Hinweise vorenthalten? fragte sie sich jetzt. Hatte ihr Zwilling insgeheim gehofft, sie würde sich blamieren?

Der Geistliche segnete die Ringe, dann wurden dem Brautpaar Kerzen überreicht. Während des Rituals hielten Alissa und Sergej sich bei den Händen. Als Höhepunkt der Trauung tranken sie gemeinsam Wein aus einem Pokal und erhielten den priesterlichen Segen.

„Nach dem ganzen Palaver fühle ich mich jetzt richtig verheiratet“, murrte Sergej, während sie die Kirche verließen.

„Das hast du doch alles schon einmal erlebt“, erinnerte Alissa ihn. Es verursachte ihr Gewissensbisse, mit dem feierlichen religiösen Zeremoniell nur eine Scheinehe eingegangen zu sein.

„Beim ersten Mal gab es nur eine standesamtliche Trauung“, klärte Sergej sie auf und setzte stöhnend hinzu: „Jetzt müssen wir noch den Empfang durchstehen.“

„Bist du nicht gern unter Menschen?“ Alissa störte seine flapsige Art. Nur gut, dass sie keine echte Braut war, sonst hätte seine gleichgültige Einstellung sie verletzt.

Autor

Lynne Graham
<p>Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen. Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem Schreiben....
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