Was lange währt, wird endlich Liebe!

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Allein am Fest der Liebe? Eigentlich ist Poppy überzeugter Single. Doch weil all ihre Freundinnen glücklich verliebt sind und keine Zeit mehr für sie haben, sehnt selbst sie sich auf einmal nach romantischen Stunden zu zweit. Nur mit wem? Spontan öffnet sie ein Flasche Wein und wird beim Schmücken ihres Weihnachtbaums immer sentimentaler. Da schneit überraschend ihr sexy Mitbewohner Isaac herein. Und plötzlich hat Poppy eine verrückte Idee … Der berüchtigte Womanizer ist jetzt genau der Richtige für sie! Natürlich nur für ein paar heiße, unverbindliche Küsse - mehr nicht!


  • Erscheinungstag 10.11.2015
  • Bandnummer 232015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733702212
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

1. Dezember. Operation Weihnachten

Weihnachtsmusik – erledigt.

Weihnachtsbaum und – schmuck vom Speicher – erledigt.

Eine Flasche guten Rotwein und Weinglas – erle… Hoppla, die Flasche ist ja schon fast leer. Besser zwei Flaschen Rotwein …

Poppy Spencer stellte den Weihnachtsbaum in der Zimmerecke neben dem Fenster auf und versuchte, die Drahtzweige so zu biegen, dass sie einer echten Tanne ähnelten. Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk kritisch. Seine besten Tage hatte der Plastikbaum definitiv hinter sich. Aber da ihre Mitbewohner zu beschäftigt mit ihrem jeweiligen Liebesleben waren, musste sie sich nun einmal darum kümmern, dass langsam Weihnachtsstimmung aufkam. Schließlich musste sie irgendetwas tun, um die einsamen freien Tage, die vor ihr lagen, zu überstehen.

„Du armes mitgenommenes Ding …“ Spreche ich jetzt tatsächlich schon mit einem Plastikbaum? Das passierte eben selbst einem nüchternen und vernünftigen Menschen, der plötzlich allein in einer Wohnung war, die bis vor Kurzem noch an die hektische Piccadilly Station erinnert hatte. „Aber bis die anderen wieder zu Hause sind, werden wir dich schon schön und strahlend hinbekommen, keine Sorge.“ Poppy prostete dem bemitleidenswerten Bäumchen zu, stieß mit ihrem Glas an einen der Zweige an und trank einen großen Schluck. „Auf abwesende Freunde.“ Sie hob ihr Glas und trank noch einen Schluck.

Die Kiste mit Kugeln und dem anderen Schmuck war in einem ähnlich traurigen Zustand. Eine Ecke war angeknabbert, die Girlanden verknäult und zernagt. Mäuse? Doch hoffentlich keine Ratten, oder? Ratten waren widerliche, Albträume verursachende Krankheitsüberträger, Mäuse ihre ekeligen kleinen Verwandten.

Also war sie doch nicht allein.

Poppy stand stocksteif und lauschte. Aber kein Huschen von Pfoten und kein leises Quieken waren zu hören. Nichts. Dabei herrschte in dieser Wohnung nie Stille. Nie.

Sie würde ihren großen Bruder bitten, die Wohnung nach vierbeinigen Eindringlingen abzusuchen. Alex hatte in Afghanistan gekämpft, er war der richtige Mann für diese Aufgabe und würde sich von Mäusen nicht abschrecken lassen.

Allerdings lag er im Moment an einem exotischen Strand in der Sonne, zusammen mit Lara. Und Isaac, der einzige andere männliche Mitbewohner, war … tja, wer wusste schon, wo Isaac steckte? Der Mann war wie ein Nachtschatten, ein Magier, im einen Moment noch hier und im nächsten verschwunden. Vermutlich war er wie immer damit beschäftigt, sein Portfolio von In-Bars zu erweitern, zeitgleich mit der Verlängerung seiner Liste kurzfristiger Eroberungen bei der holden Weiblichkeit.

Tori war mit Matt nach Südafrika geflogen, Izzy zu Harry gezogen. Und das war’s eigentlich. Alle ihre Freunde weg, glücklich, in festen Händen. Sie alle hatten ihre bessere Hälfte gefunden … wobei in Isaacs Fall der Plural galt.

War es zu viel verlangt, an diesem allgemeinen Glück teilhaben zu wollen? Mit jemandem zusammen zu sein, der bemerken würde, wenn sie starb? Zerquetscht unter einer verstaubten Kiste mit zerfressener Weihnachtsdeko oder erschlagen von einem sich lichtenden Plastikweihnachtsbaum. Mehr noch … würde es jemanden interessieren, ob sie je wieder Sex haben würde? Berichtigung: je Sex haben würde.

Sie sah schon die Schlagzeile vor sich.

Tote Ärztin nach drei Wochen gefunden! Niemand ahnte vom Tod Poppy Spencers, bis der Geruch …

Oder:

Medizinisches Wunder! Bei der Autopsie der verstorbenen Poppy Spencer entdeckten die Ärzte ein nachgewachsenes Jungfernhäutchen …

Sollte jemand sich tatsächlich Zeit nehmen und ihr zuhören, würde er bestimmt anführen, dass es viel Positives in ihrem Leben gab: ein guter Job – wenn auch mit hohem Krampfaderrisiko vom vielen Stehen –, gute Freunde – wenn auch im Moment abwesend –, eine Eigentumswohnung – wenn auch ein wenig zugig.

Und ein neuer Mitbewohner – ein pelziger. Um den sie sich selbst kümmern würde. Weil sie eine moderne und unabhängige Frau war und nicht etwa, weil sonst niemand hier war, der das übernehmen könnte.

Sie trank noch einen Schluck. Aber Mr Maus konnte warten, erst würde sie ihre Laune aufbessern und den Baum schmücken.

Mit dem ersten Griff in die Kiste holte Poppy eine große Kugel in Silber und Rot heraus – und wäre fast in Tränen ausgebrochen. Toris Einweihungsgeschenk! Tori mit ihrem Sinn für Stil kaufte immer die schönsten Geschenke.

Poppy vermisste sie entsetzlich.

„Nein.“ Noch ein Schluck Wein errichtete eine Barriere zwischen ihr und ihren prekären Emotionen. „Ist schon okay. Ich bin erwachsen. Allein sein macht mir nichts aus.“

Gab es dazu nicht auch ein Lied von einem großen alten Filmstar? Deutsch? Schwedisch? Poppy erinnerte sich nicht mehr genau. Überhaupt schien sich alles in ihrem Kopf zu drehen.

Sie nahm zwei Kugeln und hängte sie sich über die Ohren wie überdimensionale Ohrringe, drapierte sich eine Girlande wie eine Federboa über den pinken Pyjama. Übertrieben würdevoll hob sie das Kinn. „Ich will allein sein“, sagte sie theatralisch. „Oder heißt es, ich will allein sein?“

Sie sagte es laut, damit sie die Worte hören und fühlen konnte. Sagte es laut zu der Welt dort draußen, zu den rieselnden Schneeflocken, dem dunklen Himmel, den Leuten, die mit ihren chinesischen Take-away-Menüs auf die nächste Vorweihnachtsparty gingen. „Ist schon in Ordnung, geht nur zu euren Freunden und lacht und esst die fünfzig Frühlingsrollen zusammen. Kümmert euch nicht um mich. Ich bleibe hier, allein, und werde streunende Katzen adoptieren. Oder vielleicht häkle ich ab jetzt Überzüge für Toilettenpapierrollen, um mir die Zeit zu vertreiben. Häkeln ist nämlich wieder in. Außerdem trainiert es die Feinmotorik. Doch, mir geht es gut. Ich will allein sein. Doch, wirklich.“

„Na, in dem Fall ziehe ich mich besser gleich zurück. Gute Nacht.“

Poppy zuckte erschreckt zusammen. Isaac. Diese Stimme würde sie überall erkennen – fünfzig Prozent distinguiert, fünfzig Prozent ungehobelt, hundert Prozent aufreibend. Und immer unverkennbar. Er hatte das geradezu gruselige Talent, immer in ihren schwächsten oder peinlichsten Momenten aufzutauchen.

Die Girlande rutschte ihr von den Schultern, die Kugeln baumelten wild an ihren Ohren, und die Röte kroch rasant über ihren Nacken in ihre Wangen. Sie musste wie eine komplette Närrin aussehen. Aber vor Isaac war sie längst daran gewöhnt. In seiner Gegenwart kam sie sich immer albern vor.

Er dagegen … er sah aus wie ein Model … der raue, urige Typ. Er musste sich dringend rasieren und brauchte einen anständigen Haarschnitt. Sein normalerweise kurzes Haar stand in alle Richtungen ab. Die Kälte hatte seine Wangen rosig gefärbt. Vermutlich würden manche behaupten, dass er wie eine Putte aussah, aber mit einem Engel hatte er absolut nichts gemein. Schnee schmückte die Schultern seines Mantels. Frauen, die ihn nicht kannten, würde ihn sicher hinreißend finden … Poppy wusste es besser. Sein Aussehen täuschte.

Isaac ging schon so lange bei den Spencers ein und aus, dass er fast zur Familie gehörte. Außerdem hatte er die Angewohnheit, ständig zu den unpassendsten Zeiten aufzukreuzen und Poppy dann mit einem enttäuschten Kopfschütteln zu mustern. Nur berührte sie das nicht so, wie er es sich erhoffte. Daran war sie nämlich gewöhnt, da sie auch von ihren Eltern nichts anderes kannte – praktisch seit sie auf der Welt war.

Und jetzt lebte Isaac ab und zu in ihrer Wohnung, weil ihr großer Bruder Alex seinem Freund ein Zimmer vermietet hatte, ohne das vorher mit ihr zu besprechen.

Wie üblich schüttelte er enttäuscht den Kopf.

Poppy gab sich nonchalant, denn ein ernsthaftes Gespräch mit Isaac stand ganz unten auf ihrer Wunschliste. „Ah, der verlorene Mitbewohner ist zurückgekehrt.“

„Ich war nicht verloren, sondern hatte geschäftlich in Paris und Amsterdam zu tun.“

„Ja, manche haben eben Glück. Gerade gestern habe ich es bis nach Paddington geschafft für einen Schwangerschaftskurs, und neulich bin ich sogar bis in die Edgware Road gekommen.“ Sie liebte ihre Arbeit, aber dem Beruf der Frauenärztin mangelte es definitiv an Glamour. Reisen waren dazu nicht notwendig – außer vielleicht, wenn man in die Tiefen eines Dammschnitts oder eines Zervikalabstrichs eintauchte. Daher wusste Poppy auch, dass viele Frauen oft Sex hatten. Sie gehörte definitiv nicht dazu.

„Du kommst ja ziemlich herum. Das ist fast eine ganze Meile. Sehr abenteuerlustig.“ Die Feindseligkeit beruhte auf Gegenseitigkeit.

Er ließ die Reisetasche fallen und warf seinen Mantel darüber. Mit kühlen blauen Augen studierte er ihr Gesicht, die Weihnachtskugeln an ihren Ohren, erfasste die goldene Girlande – und ihren Flanellpyjama, der das unerotischste Kleidungsstück der Welt sein musste. Was unerheblich war. Isaac war ein Mitbewohner. Der Freund ihres Bruders. Mehr nicht.

Doch … seltsam, sein Blick schien keineswegs kühl, sondern vielmehr amüsiert. Die meisten würden wohl sagen, er hatte schöne Augen. Poppy nicht. Seine Augen waren zu blau. Zu kühl. Zu … wissend. Er schickte ihr eines seiner berüchtigten Lächeln. Was seine Wirkung bei ihr jedoch verfehlte. Nüchtern prüfte sie die Reaktion ihres Körpers. Nein, nichts.

Während ihrer Teenagerzeit hatte sie alles getan, um seine Aufmerksamkeit zu erregen – und musste den Eindruck einer nervtötenden kleinen Diva bei ihm hinterlassen haben. Irgendwann war ihr klar geworden, dass er nicht interessiert war. Und auch sie hatte das Interesse verloren, nachdem sie entdeckt hatte, dass es ältere und reifere Männer gab. Echte Männer, keine Teenagerjungen. Und dann … noch heute, acht Jahre später, brannte die Scham in ihr.

Auf jeden Fall hatte sie Isaac in dem ganzen erbärmlichen Drunter und Drüber aus den Augen verloren.

Er kam einen Schritt auf sie zu und zupfte die Girlande von ihren Schultern. „Tut mir leid, deine Hoffnungen zerstören zu müssen, Poppy, aber ich glaube, deine Tage als Rauschgoldengel sind vorbei.“

Sie nahm sich die Kugeln von den Ohren und hängte sie auf die dünnen Tannenzweige, hob die Girlande auf, die Isaac leicht angewidert hatte fallen lassen, und wickelte sie um den Baum.

„Der Baum scheint ein wenig Schlagseite zu haben.“ Ihm entging nicht, dass Poppy ebenfalls keineswegs auf sicheren Beinen stand. „Ähnlich wie du.“

„Hey, mich kannst du ruhig beleidigen, das bin ich ja von dir gewohnt, aber meinen Baum lass gefälligst in Ruhe.“ Sie sah zu der Weinflasche. Noch ein Glas konnte nicht schaden. „Dieser Baum und ich haben eine lange gemeinsame Geschichte, und niemand wird sich abfällig über ihn äußern. Könntest du mir das reichen?“ Sie zeigte auf das Glas und die Flasche. Dann fiel ihr ein, dass sie zumindest höflich sein konnte. Vielleicht kannte er sich mit Kammerjägerei aus?

„Möchtest du auch ein Glas? Es ist genug …“ Was denn, die zweite Flasche ist auch schon leer? „Bier, Eierpunsch?“

„Nein, danke. Ich war noch im Blue, für heute habe ich genug.“ Er musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. „Du auch, oder?“

„Ich hatte wirklich gedacht, dass da noch mehr drin ist. Hm. Ich …“ Komisch, es war ihr nie vorher aufgefallen, aber mit seinem Lächeln könnte er wirklich berühmt werden. Aus dem schlaksigen Teenager war ein attraktiver Mann geworden. Der jetzt schwankte … Ups, nein, sie war es, die schwankte. Wollte ich nicht gerade etwas tun? Ach ja, der Baum. „Ich werde noch den Baum schmücken, und dann gehe ich zu Bett.“

„Soll ich helfen?“

„Beim Zu-Bett-Gehen? Wohl eher nicht …“ Sie starrte auf die Hand, die er ihr hinhielt. Eine schöne Hand. Schlanke Finger, kurze saubere Nägel, leichte Schwielen.

Clever war er auch. Und erfolgreich. Der Mann hatte ein untrügliches Gespür dafür, wo welche Art von Bar den größten Erfolg haben würde. Last but not least war er der beste Freund ihres Bruders.

Und er kannte ihr dunkelstes Geheimnis.

Höchst unangenehm.

„Nein, danke.“ Sie wedelte seine Hand fort. „Ich mache hier noch zu Ende. Du kannst ruhig gehen.“ Für sie war es dringend nötig, dass er ging, denn die Erinnerungen brannten ihr unter der Haut.

Sie steckte die Hand wieder in die Kiste, entschlossen, weiter den Baum zu verschönern … und fasste an etwas Warmes, Pelziges, das aus der Kiste sprang, über den Boden huschte und unter dem Fernsehschrank verschwand.

„Iiih!“ Poppy sprang zurück, prallte gegen Isaacs Brust – die ihr viel breiter schien, als sie sie in Erinnerung hatte –, flüchtete sich auf den großen Ohrensessel und zog hastig die Füße unter, bevor ihr ein wildes Raubtier die Zehen abbeißen konnte. „Oh, Gott, was war das?“

Isaac ließ sich lachend auf die Knie nieder. „Eine Maus. Mit deinem gellenden Schrei hast du das arme Tierchen zu Tode erschreckt.“ Er schaute unter den Schrank, unter dem der kleine Nager verschwunden war, und bot Poppy somit freien Blick auf ein strammes Hinterteil in Jeans. Aus einem unerfindlichen Grund begann es in Poppys Magen zu flattern.

„Hast du sie?“

„Für eine Frau, die ihren Lebensunterhalt mit dem Skalpell verdient, stellst du dich wirklich an, und das wegen einer so kleinen Kreatur“, kam seine Stimme dumpf unter dem Schrank hervor. „Ich glaube, sie ist in ihr Loch geflohen.“

„Du glaubst? Ich kann nicht hier leben und glauben, dass keine Mäuse in der Wohnung sind. Ich will sicher sein können. Ich mag keine Mäuse. Nenn es irrational und übertrieben, aber ich ekle mich vor ihnen. Und wo eine ist, sind auch mehrere.“

„Dann bist du wenigstens nicht allein.“

„Mir geht es gut, mit mir ist alles in Ordnung.“

„Natürlich.“ Er richtete sich auf und grinste, als er sie da so zusammengekauert in dem Sessel sitzen sah. „Deshalb stehst du auch am Fenster und schreist unschuldige Passanten auf der Straße an.“

„Da sie auf der Straße sind, haben sie es nicht gehört.“

„Nein, aber wahrscheinlich sämtliche Nachbarn im Haus. Apropos … wo sind denn alle?“

„Ausgeflogen. Urlaub, Shopping … alle glücklich in trauter Zweisamkeit.“ Und mich haben sie allein zurückgelassen.

Er setzte sich zu ihr auf die Sessellehne und wollte damit wohl Verständnis und Mitgefühl heucheln, aber sie wusste genau, dass er sich über sie lustig machte. „Arme Poppy. Bist du einsam?“

„Unsinn. Es ist gut, dass sie Partner gefunden haben. Jetzt habe ich endlich Ruhe.“

„Gib’s zu, du spielst gern die Glucke. Du sorgst und kümmerst dich um alle … stellst den Baum auf, als Überraschung, wenn sie wieder nach Hause kommen. Richtig niedlich. Du bist nicht gern allein, stimmt’s?“

„Aus deinem Mund klingt das bedauernswert. Dabei brauche ich euch alle nur, um die Hypothekenraten zu bezahlen.“

Er beugte sich zu ihr. „Das sollte ein Witz sein. Du warst wenigstens so vernünftig und hast dein Erbe in Betongold gesteckt, statt es wie Alex mit vollen Händen aus dem Fenster zu werfen. Eine tolle Wohnung, wenn auch manchmal überbevölkert. Und zugig. Aber ein wenig Gesellschaft ist doch nett, oder?“

„Kommt auf die Gesellschaft an.“

„Schon kapiert. Tut mir leid, dass Alex mir das Zimmer zugesichert hat, ohne vorher mit dir zu reden. Aber keine Sorge, sobald die Renovierungen in meinem Apartment abgeschlossen sind, bist du mich los.“ Isaacs Grinsen verwandelte sich wieder in dieses nachsichtige Lächeln, und aus einem unerklärlichen Grund begann es plötzlich in ihrem Schoß zu ziehen.

Unmöglich. Es war einfach zu warm in der Wohnung. Oder es lag am Wein. In keinem Fall jedoch konnte es etwas mit Isaac Blair zu tun haben. „Ach ja, das schicke Penthouse in Kensington. Wie ich höre, soll es sehr exklusiv werden.“ Und bestimmt minimalistisch eingerichtet. Isaac bevorzugte Simplizität – vor allem in seinem Liebesleben. Nur nichts Komplexes oder Schweres. „Und wann ist es so weit?“ Sie durfte also hoffen.

„Vermutlich in zwei Monaten. Da über die Feiertage nicht gearbeitet wird, dauert es wohl noch bis Mitte, Ende Februar.“

Der Hoffnungsfunke erlosch. Aber die Miete für das Zimmer konnte Poppy gut gebrauchen. Alex mochte sein Erbe fast durchgebracht haben, aber zumindest hatte er Spaß dabei gehabt. Sie dagegen … So hübsch die Wohnung auch war, manchmal meinte Poppy, sie wie einen Mühlstein um den Hals zu spüren. Und auch jetzt fiel ihr das Atmen schwer – was aber eher an dem Ziehen in ihrem Unterleib lag und daran, dass sie allein mit Isaac war. „Fein. Sollte es noch länger dauern, verdopple ich die Miete ab dem ersten März.“

Seine Augen weiteten sich. „Du bist ein knallharter Verhandlungspartner, Dr. Spencer.“

„Genau.“

Ihre Blicke verhakten sich einander, und plötzlich schien die Luft wie elektrisch aufgeladen. Bilde ich mir das nur ein, oder spürt er es auch?

Isaac brach den Blickkontakt. „Also sind wir beide heute Abend allein hier?“

„Sieht so aus.“ Warum sollte ich deswegen nervös sein? Sie blickte zum Fernsehschrank. „Du und ich und unser pelziger Freund, einschließlich seiner ganzen Familie.“

„Ich besorge morgen Mausefallen und sage auch unten im Café Bescheid. Sie müssen wissen, dass wir ungebetene Gäste im Gebäude haben.“

„Oh, ich will nicht, dass ihnen etwas angetan wird, sie sollen nur verschwinden.“

„So wie ich, ja?“

Blitzmerker. Poppy konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. „Du kannst bleiben, wenn du die Nager unter Kontrolle hältst. Auf humane Art.“

„Zu mehr bin ich nicht nütze?“

„Ich bin sicher, du hast auch andere Qualitäten.“ Sein Mund, zum Beispiel … Oh ja, das war eindeutig zu viel Alkohol!

„Bisher hat sich noch niemand beschwert.“ Isaac stand auf und ging zu seiner Tasche.

Sie hatte ihn doch noch etwas fragen wollen … aber was? … Ach ja! „Moment!“

Die Tasche in der Hand, drehte er sich um. „Ja?“

„Ich habe ein Problem.“

Spöttisch hob Isaac eine Augenbraue. „Nur eines?“

„Nicht übermütig werden. Ich organisiere die Weihnachtsfeier unserer Abteilung, aber der Saal, den ich reserviert hatte, wurde doppelt gebucht. Meinst du, das Blue könnte uns am Freitag noch aufnehmen?“ Sie stützte eine Hand in die Hüfte und klimperte mit den Wimpern. „Bitte, bitte.“

Weder das Klimpern noch ihre verführerische Pose zeigten Wirkung auf ihn. „Du bist nur nett, weil du etwas von mir willst. Aber ich sehe morgen im Reservierungskalender nach. Sollte kein Problem sein, es ist ja noch ziemlich früh für eine Weihnachtsfeier.“

„Je näher Weihnachten rückt, desto mehr ist bei uns los. Die meisten wollen ein Weihnachtsbaby. Darum versuchen sie, die Geburt noch irgendwie herauszuzögern, oder sie beeilen sich absichtlich. Wir wollen die Feier hinter uns haben, damit wir konzentriert arbeiten können.“ Mit der Konzentration hatte sie im Moment allerdings Schwierigkeiten. „Und … könntest du mir den Gefallen tun und dafür sorgen, dass die Weihnachtsfeier, die ich organisiere, gut wird? Ich möchte mich wenigstens auf eine Sache freuen können.“

Sorge dafür, dass ich Spaß habe, Isaac! Habe ich ihn wirklich gerade darum gebeten? Himmel!

„Abgemacht. Aber jetzt muss ich wirklich ins Bett.“ Er drehte sich um.

Beim Anblick seiner Kehrseite mit den breiten Schultern und dem ansehnlichen Hinterteil seufzte sie sehnsüchtig – und zum Glück sehr leise. Gleichzeitig befiel sie das Bedürfnis, sich noch ein wenig länger mit ihm zu unterhalten. Sie wollte einfach nicht allein sein. Und dann war da ja auch noch dieses seltsame Prickeln in ihrem Unterleib …

Bis vor Kurzem hatte Poppy so gut wie nie an Sex gedacht, und jetzt … jetzt dachte sie häufig daran. Nicht nur weil sie auf der Gynäkologie- und Säuglingsstation arbeitete, sondern einfach, weil sie ein wenig Spaß nötig hatte. Vielleicht wusste Isaac, wie und wo sie den fand. „Isaac, warte.“

„Was denn noch?“

„Du hast doch Spaß, oder?“

Seine Miene konnte sie nicht enträtseln, als er sich wieder zu ihr umdrehte, irgendwo zwischen grimmig und verdutzt. Und verboten sexy.

„Ja. Ich arbeite hart, also erlaube ich es mir auch, hart zu feiern.“

„Genau das ist es. Ich arbeite schon so lange so hart, und ich möchte … auch mal etwas anderes haben. Es muss doch mehr geben. Ich bin sicher, dass ich vieles verpasse. Wie schaffst du das … ich meine … den Spaß zu genießen, ohne nach unten gezogen zu werden? Weißt du, wie ich das meine?“ Sie selbst war sich nicht sicher. Sie war zu benebelt, um klar zu denken. Außerdem war Isaac auf sie zugekommen und sah sie mit seinen blauen Augen an, auch wenn sie sein Gesicht nicht wirklich scharf sehen konnte. Aber sie wollte ihre Finger in sein Haar schieben und seinen Duft einatmen, seinen herben, sehr maskulinen Duft. „Ist da noch mehr, Isaac?“

„Ich sehe, wir sind bereits im dritten Stadium angekommen.“ Er ging in die Küche und kam mit einem Glas Wasser zurück. „Hier, trink das.“

Gehorsam trank Poppy das Wasser, auch wenn es nicht so gut schmeckte wie der Wein. „Drittes Stadium?“

„Es gibt fünf: Beschwipst, quirlig, dann kommt die Phase, in der man die ganze Welt erobern will, schließlich das Anlehnungsbedürfnis und zuletzt der Kollaps.“

Sie stellte das leere Glas ab. „Ich bin in keiner Phase.“

„Setze einen Fuß vor den anderen, am besten in Richtung deines Zimmers, und dann leg dich hin, und schlaf deinen Rausch aus.“

Insgeheim bezweifelte Poppy, dass sie überhaupt noch gerade stehen konnte, geschweige denn gehen. Laut jedoch sagte sie: „Das wird nicht nötig sein. Ich bin völlig in Ordnung.“

Sie hielt seinem Blick stand und erkannte die Herausforderung in seinen Augen. Und das Glühen. Wirklich sehr hübsch. Und so typisch Isaac. „Na schön, ich gehe.“ Natürlich konnte sie gehen. Sie würde Isaac beweisen, dass sie jede seiner Herausforderungen annahm.

2. KAPITEL

Phase drei. Das konnte kompliziert werden. Nachdem Isaac den ganzen Abend mit solchen Situationen hatte umgehen müssen, brauchte er sie nicht auch noch zu Hause. Trotzdem nahm er Poppys Hand und zog sie vom Sessel hoch. Sie wankte und fiel gegen ihn, schon zum zweiten Mal heute. Er stützte sie, als sie sich an ihn lehnte. Es war süß, dass sie einen altmodischen Schlafanzug trug, aber bei ihr wunderte ihn das nicht, so verklemmt, wie sie war.

Allerdings wunderte ihn, wie weich sich ihr Körper anfühlte. Kurven an all den richtigen Stellen. So, wie sie sich an ihn presste, ließ ihn das den kalten Londoner Winter prompt vergessen.

Verdammt, sie ist erwachsen geworden. Sicher, auch er war älter geworden, aber Poppy hatte er sich in der Zeit eigentlich nie richtig angesehen. Hatte es gar nicht gewollt, und auch sie hatte nicht das Geringste mit ihm zu tun haben wollen. Nicht seit jener Nacht, als er ihr das lange schwarze Haar aus dem Gesicht gehalten und sie sich in einen Rosenbusch übergeben und um einen anderen Mann geweint hatte. „Langsam.“

„Ups, ’tschuldigung.“ Sie sah ihn an, und etwas blitzte in den braunen Augen mit den dichten langen Wimpern auf: Vorsicht. Poppys Lebensmotto. Sie bewegte sich immer auf der sicheren Seite, behielt immer die Kontrolle, arbeitete immer auf ihr Ziel hin. Dieses Mal jedoch glitzerte noch etwas anderes in ihren Augen. Sehnsucht? Verlangen?

Es war das erste Mal seit Ewigkeiten, dass sie ihre konstante Achtsamkeit aufgab. Schon erstaunlich, was ein bisschen Wein bewirken konnte. Aber das war nicht sein Problem. Sie war nicht sein Problem. Er würde nur dafür sorgen, dass sie sicher ins Bett kam.

Er zog die Girlande auf dem Boden gerade. „Lauf an dieser Linie entlang, dann werden wir sehen, in welchem Stadium du bist.“

„Kein Problem, das schaffe ich.“ Mit einem feuerrot lackierten Zeh stupste sie an den Girlandenanfang wie eine Turnerin auf dem Schwebebalken. Rechter Fuß, linker Fuß … der rechte blieb schwebend in der Luft hängen, Poppy schwankte, kippte zur Seite und Isaac in die Arme. Sie hielt sich an seinen Schultern fest, und er erhaschte einen Hauch von frischer Zitrone, vermutlich Shampoo oder Duschgel. Die Frau roch gut. Und sie lächelte.

„Nochmal ups. Du kannst wirklich gut fangen. Danke, dass du hier bist, das ist nett. Du bist nett. Hinter deiner unnahbaren Maske, meine ich. Wir könnten Freunde sein, weißt du? Du weißt mehr über mich als alle anderen …“

„Schh …“ Er legte ihr einen Finger auf die Lippen. Sie glitt rasant in Phase vier über, und damit wollte er sich wirklich nicht beschäftigen müssen. „Geh an dieser Linie entlang, und dann sollte ich dich ins Bett bringen.“

„Gute Idee … Ist das eine Einladung?“ Ihre Lippen teilten sich leicht, als sie ihn anlächelte.

Er schüttelte den Kopf. „Nein. Sollten wir jemals zusammen im Bett liegen, Poppy – was nicht passieren wird –, dann möchte ich, dass du dich am nächsten Morgen daran erinnerst.“

Mit Poppy schlafen? Eine verrückte Idee. Trotzdem hielt sich der Gedanke …

Innerhalb von Sekunden war sein Verlangen geweckt. Sie bot sich ihm an … eine erwachsene attraktive Frau. Auch wenn ihm das gerade erst aufgefallen war. Er könnte mit ihr schlafen und so den Stress der letzten Woche etwas abbauen. Ihr den Spaß zeigen, nach dem sie sich offenbar sehnte.

Autor

Louisa George
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