Wer bist du, geliebter Casanova?

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Bei seinem Anblick stockt Jillian der Atem - dieser Mann sieht ja noch besser aus als auf den Fotos! Nicht lange, und sie liegt in Codys Armen. Doch dann stellt sie zwei Dinge fest: 1. Er ist nicht der, für den sie ihn gehalten hat. 2. Die Nacht mit ihm hat Folgen …


  • Erscheinungstag 05.06.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733717551
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Jillian Ross bestellte eine Flasche des besten Weins des Hauses und lehnte sich in ihrem Stuhl an einem Tisch am Fenster zurück. Angesichts dessen, dass die Kneipe im Ortszentrum von Cheyenne, Wyoming, Thirsty Cow hieß und der beste Wein ein Cabernet war, den sie auch in ihrem Supermarkt bekommen hätte, schmeckte der erste Schluck überraschend gut.

Vielleicht lag es daran, dass das Bestellen des besten Weins auf der Speisenkarte ein Punkt war auf ihrer Liste Hundert Dinge, die ich in meinem Leben noch erledigen will – eine Reihe von Zielen, die sie während der Strahlentherapie bei ihrer Brustkrebserkrankung vor zwei Jahren formuliert hatte. Sie war fest entschlossen, jedes einzelne Ziel zu erreichen, und auch noch mehr, jetzt, da ihr das Leben noch einmal geschenkt worden war. Es war ungeheuer befriedigend, einen weiteren Punkt auf ihrer To-do-Liste abzuhaken, auch wenn sie sich nicht in einem Fünf-Sterne-Haus befand. Allein damit, dass sie sich in Cheyenne aufhielt, erfüllte sie sich einen Wunsch – denn eine Reise in den Westen der Staaten stand auch auf ihrer Liste.

Wenn sie es recht überlegte, nahm die Kategorie Reisen fast ein Drittel ihrer Liste ein. Sie hatte gehofft, dass ihr neuer Job als Location-Scout für Film und Fernsehen es ihr ermöglichte, die Welt zu bereisen – oder zumindest die Vereinigten Staaten. Zu schade, dass sie bereits Gefahr lief, diesen Job zu verlieren.

„Darf ich Ihnen sonst noch etwas bringen, Miss?“, fragte ein großer, etwas genervter Kellner in einem T-Shirt mit dem Logo des örtlichen College, als er ihr die Flasche Wein brachte.

Countrymusik dröhnte durch das Thirsty Cow, in dem sich am Freitagabend Rancher und Touristen drängelten, dazu Militärpersonal von der Luftwaffenbasis. Jillian war vor drei Tagen aus Pasadena gekommen, um sich mit einem reichen Besitzer einer Ranch zu treffen – dem medienscheuen und mächtigen Cody McNeill. Sie wollte versuchen, seine Meinung bezüglich möglicher Dreharbeiten auf seinem Gelände zu ändern. Ihre Mission wurde dadurch erschwert, dass er im Internet überhaupt nicht präsent war. Wie sollte sie intensiv für ihr Projekt werben, wenn sie keine direkte Verbindung zu ihm bekam?

Auf die formelle schriftliche Anfrage an den Manager seiner Ranch hatte sie eine knapp formulierte Ablehnung bekommen. Doch Jillians Chefin hatte sich in die Fotos der Black Creek Ranch verliebt – Fotos, die Jillian geschossen hatte, bevor sie gewusst hatte, dass das Land überaus gründlich bewacht wurde. Sie hatte keine Schilder gesehen. Und jetzt drängten die hohen Tiere in ihrem Unternehmen, den Deal unterschreiben zu lassen und die Black Creek Ranch zu buchen. Also war sie in der Stadt, um den reichen Rancher Cody McNeill dazu zu bringen, seine Absage zu revidieren.

„Ich habe alles, danke.“

Jillian würde niemals die ganze Flasche allein leeren, zumal sie Alkohol seit ihrer Erstdiagnose mied. Doch sie hatte die Zwei-Jahre-Marke erreicht, verdammt, und ihr gefiel es, eine Flasche auf dem Tisch zu haben und nicht nur ein Glas. Außerdem, wer war sie, dass sie die Weisheit ihrer Liste Hundert Dinge, die ich in meinem Leben noch erledigen will infrage stellte, die sie in einer Extremsituation erstellt hatte?

Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihr Tablet und befasste sich damit, wem das Land gehörte, das an die Black Creek Ranch grenzte. Cody McNeills Vater Donovan hatte einige Parzellen für seine drei Töchter und drei Söhne aufgeteilt, wodurch die Familie McNeill in alle Richtungen expandierte. Die angrenzenden Grundstücke wiesen ähnliche Merkmale wie die Black Creek Ranch auf, doch auf keinem stand eine ähnlich kultige alte Scheune wie die, in die sich Jillians Chefin verliebt hatte. Dennoch, es musste etwas geben, was Jillian tun konnte. Carson McNeill, einer von Codys Brüdern, besaß die Ranch nebenan. Sie gab seinen Namen in ihr Tablet ein. Und … Bingo.

Carson, das absolute Gegenteil von seinem Phantombruder, war in den sozialen Netzwerken vertreten wie der Rest der Welt auch. Seine Posts waren meist Updates die Ranch-Industrie betreffend, aber ab und zu gab es auch ein Foto des Mannes selbst. Diese wurden hauptsächlich von anderen Menschen gepostet, meist Frauen, aber angesichts des außerordentlich guten Aussehens des Mannes verwunderte das nicht.

Mit einem Wort? Lecker!

In der kurzen Zeit, die Jillian jetzt für die Filmindustrie arbeitete, waren ihr viele attraktive Männer über den Weg gelaufen. Carson McNeill sah mindestens genauso gut aus wie viele erstklassige Schauspieler, doch mit den staubigen Stiefeln, den Bartstoppeln und dem generell unordentlichen Erscheinungsbild fehlte ihm der Hollywood Glamour. Was in ihren Augen ein Plus war. Sein dunkles Haar, die stechend blauen Augen und sein charmantes Grinsen zogen ohne Frage die Aufmerksamkeit auf sich.

Ein Foto zeigte ihn, wie er mitten auf einer goldfarbenen Heuwiese ein Fass von einem Pickup zerrte, eine Ballenpresse hinter ihm, eine Handvoll Arbeiter um ihn herum. Ein anderes Foto zeigte Carson in einer Kneipe, wie er lässig auf einem Stuhl sitzend, die langen Beine ausgestreckt, die Füße gekreuzt, die Frauen – Plural! – neben sich angrinste. Es gab ein Foto, das von der Lokalzeitung gepostet worden war. Carson in jüngeren Jahren beim Bullenreiten, im Hintergrund eine Menge jubelnder Cowboys. Jillian könnte schwören, dass der Mann selbst in dieser Situation grinste.

Sicherlich könnte sie diesen offensichtlich freundlichen Rancher überreden, ihr dabei zu helfen, seinen Bruder für sich zu gewinnen, oder? Zufrieden mit ihrer neuen Entdeckung trank sie noch einen Schluck Wein, lehnte sich wieder zurück und erlaubte sich, einen Moment zu träumen, während die Musik zu einer langsamen Country-Ballade wechselte. Als einige Paare zum Two-Step auf die Tanzfläche traten, dachte Jillian über ihre Möglichkeiten nach. Wenn sie Cody McNeills Genehmigung bekommen könnte, auf seiner Ranch zu filmen, würde sie sich zukünftige Aufträge ihrer Chefin sichern. Und da diese in der Filmindustrie gut vernetzt war, gab sie vielleicht Jillians Namen an ihre Freunde weiter und empfahl sie als jemanden, der besondere Drehorte finden konnte und ein Gefühl dafür hatte, wonach Regisseure suchten.

Das bedeutete mehr Arbeit. Neue Reisen. Weitere Punkte, die auf ihrer Liste abgehakt werden konnten. Und noch besser, das bedeutete noch mehr Möglichkeiten, dem Krebs die rote Karte zu zeigen. Und das war es, was sie mehr als alles andere wollte. Über die Sache triumphieren, die sie fast zu Tode geängstigt hatte.

Sie starrte aus dem Fenster auf die Straße, um nicht die verliebt tanzenden Paare sehen zu müssen, während sie sich gleichzeitig an eine Phase in ihrem Leben erinnerte, die ohne Liebe gewesen war. Ihr damaliger Freund hatte sich direkt nach der Krebsoperation von ihr getrennt. Er könne mit der Chemo nicht umgehen, hatte er gesagt. Und schon gar nicht mit der Bestrahlung.

Das machte ihr immer noch zu schaffen. Er konnte nicht damit umgehen, als wäre er derjenige gewesen, der durch die Hölle gehen musste, und nicht sie.

Sie schloss die Augen, um die alten Dämonen zu vertreiben, und holte tief Luft. Als sie sie wieder öffnete, musste sie zweimal hinsehen.

Sie könnte schwören, dass sie draußen auf der Straße, an einem verregneten Abend in Cheyenne, Carson McNeill sah. Geistesgegenwärtig reckte sie den Hals, um zu sehen, wohin er ging. Von hinten sah der Kerl unglaublich gut aus, hatte die richtige Größe und Statur. Seine engen Jeans waren ein Fest für die Augen jeder Frau. Seine Stiefel und sein Stetson hatten eine andere Farbe, als sie online gesehen hatte, aber ein Mann konnte mehr als einen Hut haben, oder?

Jillian packte ihr Tablet in ihre selbst genähte Stofftasche. Neben die fast unberührte Flasche Wein legte sie ein paar Scheine. Der Kellner würde ein Wahnsinnstrinkgeld bekommen, da sie nicht auf das Wechselgeld warten konnte.

Nachdem sie sich durch die Menge zum Ausgang gekämpft hatte, öffnete sie die Tür und trat in den Regen. Sie sah gerade noch, wie der beigefarbene Stetson in einem Gebäude eine Ecke weiter verschwand. Sie drückte ihre Tasche an die Brust und wünschte, sie hätte sich die Zeit genommen, einen Pullover anzuziehen. In Cheyenne war es schon an einem schönen Tag windig, an einem regnerischen Abend frischte der Wind böig auf, und es wurde empfindlich kalt.

Sie erreichte das Haus, in dem Carson McNeill verschwunden war, und sah, dass es ebenfalls eine Kneipe war. Das Wrangler’s war nicht so überfüllt wie das Thirsty Cow, deshalb bemerkten die Stammgäste sie sofort, als sie hineingestürzt kam.

Alle fünf.

Aus der Jukebox ertönte Hank Williams, und der Kerl hinter der Bar mit Bart bis zur Brust war kein Student. Der drahtige alte Mann nickte Jillian zu und zapfte weiter ein Bier für die einzige andere Frau in der Kneipe – eine Lady mittleren Alters, gekleidet wie ein Biker in ihrer Lederweste über dem langärmeligen T-Shirt.

Das Wrangler’s war absolut nicht die Art von Kneipe, in der Jillian den fröhlichen, geselligen Carson McNeill vermutet hätte. Aber so ein gut aussehender Mann konnte nicht verwechselt werden. Er saß in einer Nische und hatte gerade sein Smartphone auf den Tisch gelegt und wischte mit dem Daumen über das Display.

Jillian wurde erst bewusst, dass sie den Mann anstarrte, als der Barkeeper ihr zurief: „Nehmen Sie irgendwo Platz.“ Mit einer Armbewegung deutete er auf die freien Tische.

Da es ihr peinlich war, beim Gaffen erwischt zu werden, rutschte Jillian schnell in eine Nische. Bisher hatte ihr Opfer nicht aufgeblickt, und sie fragte sich, wie es sich anfühlen würde, wenn sich der Blick aus diesen stechend blauen Augen auf sie richtete. Was seltsam war angesichts dessen, dass sie sich in Bezug auf Männer keine Illusionen mehr machte.

Teils war es Schuld ihres früheren Freundes, denn er hatte ihr die Männer gründlich verleidet. Aber hauptsächlich lag es an ihrer Krankheit und der Therapie, dass sie sich wie die vertrocknete Hülse einer Frau fühlte. Sie hatte Bücher darüber gelesen, was sie nach der Chemo und der Bestrahlung zu erwarten hatte, deshalb wusste sie, dass ihr jetziges Gefühl normal und nicht die schlimmste aller Nebenwirkungen war. Was spielte es für eine Rolle, wenn Sex und Männer keinen Reiz auf sie ausübten, solange sie auf ihre Karriere und ihre Genesung fokussiert war?

Aber jetzt, als sie verstohlene Blicke auf den großen, gut gebauten Cowboy zwei Tische weiter warf, vergaß Jillian fast, dass sie seit zwei Jahren keine sexuelle Erregung mehr verspürt hatte. Weil der Mann interessant war. Er trug ein blaues T-Shirt unter seinem grau-weißen Arbeitshemd, und sie war fasziniert von dem Muskelspiel unter der Baumwolle. Sein kantiges Kinn mit den dunklen Bartstoppeln machte sie neugierig, wie es wäre, ihn zu berühren.

Dann, um einem Abend voller Überraschungen noch einen draufzusetzen, blickte Carson McNeill von seinem Handy auf und schaute in ihre Richtung. Er kniff die Augen zusammen und strahlte eine ungeheure männliche Energie aus. Sie spürte den knisternden Funkenflug, und ein Prickeln jagte über ihre Haut. Ihr stockte der Atem, und sie konnte den Blick nicht von ihm wenden.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Aber nicht, weil ihr kalt war. Dieses Mal war es ein heißer Schauer.

Sie hatte plötzlich eine trockene Kehle, konnte nicht sprechen. Nur, dass es jetzt nicht daran lag, dass sie sich wie die ausgetrocknete Hülse einer Frau fühlte. Als sie den Mann anstarrte, der vielleicht den Schlüssel zu ihrer beruflichen Zukunft in der Hand hielt, merkte sie, dass ihre lange schlummernde Libido endlich ein Comeback erlebte.

Einen Moment lang fragte Cody McNeill sich, ob ihn die reizende rothaarige Frau in der Nische gegenüber mit seinem Zwillingsbruder verwechselt hatte.

Sein ganzes Leben lang hatte er beobachten können, dass Frauen Carson so anstarrten, als wäre er die Antwort auf all ihre Fantasien. Es war merkwürdig, wirklich, denn er und Carson waren eineiig und angeblich identisch. Für Menschen aber, die die Zwillinge kannten, konnten sie unterschiedlicher nicht sein. Selbst Fremde konnten sofort erkennen, dass Carson ein Charmeur war und Cody war … es nicht. Es lag an der Art, wie sie auftraten. Wie sie lachten. Carson war mit seiner unkomplizierten, unbekümmerten Art genau das Gegenteil von dem verantwortungsbewussten Cody.

Aber das hatte die Rothaarige irgendwie noch nicht gemerkt. Sie hatte ihn beobachtet, seit sie das Wrangler’s betreten hatte. Die Kneipe gefiel ihm. Das Essen war gut, und das Bier schmeckte. Vor einem Monat hatte er das Gebäude gekauft und baute jetzt den hinteren Teil zu einem Büro für sich um. Heute Abend brauchte Cody eine Auszeit von seiner Familie – hauptsächlich von seinem Zwillingsbruder. Seit Wochen stritten sie wegen des plötzlichen Auftauchens ihres Großvaters väterlicherseits, einem superreichen Hotelmagnat aus New York, der ihren Vater vor über zwanzig Jahren enterbt hatte. Carson wollte mit dem Mann Frieden schließen, während Cody nichts mit einem Menschen zu tun haben wollte, der ihren Dad betrogen hatte. Die Ankunft von Malcolm McNeill zerriss die ohnehin gespaltene Familie noch weiter, und Carson verschlimmerte die Sache noch, indem er den alten Mann in das Haupthaus der Creek Spill Ranch einlud. Im Prinzip gehörte das Anwesen ihrem Vater Donovan, auch wenn Carson den Alltagsbetrieb überwachte.

Diese Illoyalität machte Cody unglaublich wütend. Sein Zwillingsbruder dachte nur an sein Vergnügen, statt einmal über die Konsequenzen seines Handelns nachzudenken. Natürlich zog Carson genau deshalb diese bewundernde Aufmerksamkeit auf sich, die die Frau in der anderen Nische gerade zeigte. Carson sagte Ja zu jedem Vergnügen, das sich ihm bot. Normalerweise ging Cody das auf die Nerven. Doch in diesem Moment, als die lebhaften haselnussbraunen Augen einer attraktiven Frau jede seiner Bewegungen verfolgten, fragte Cody sich, warum er sich nicht mal ein Beispiel an seinem Bruder nehmen sollte. Carson hätte diese ausgesprochen sexy Fremde im Handumdrehen im Arm.

Zwischen seiner düsteren Stimmung und der Erkenntnis, dass er seinem Bruder gern eine Verehrerin abspenstig machen würde, tat er etwas, was er seit seiner Schulzeit nicht mehr getan hatte.

Er gab vor, sein eigener Zwillingsbruder zu sein.

„Darf ich Ihnen ein paar Tipps geben, was hier genießbar ist?“, fragte er lächelnd. Eine lahme Anmache, doch er hatte bei Carson oft genug gesehen, dass sie funktionierte.

Und sein Grinsen gab den Worten das richtige Maß an Leichtigkeit.

Die zierliche Schönheit in der Nische schien sprachlos zu sein. Obwohl sie klein von Statur war, strahlte sie eine starke Präsenz aus. Die Frau mit den rotgefärbten Haaren, der lebhaft gemusterten Bluse und den türkisfarbenen Cowboystiefeln fiel auf. Sie leuchtete wie ein Licht in der dunklen Bar.

„Genießbar?“ Das Wort kam krächzend über ihre Lippen, eine verspätete Antwort auf seine Frage.

„Auf der Speisenkarte“, erläuterte er und zog eine laminierte Karte mit den Vorspeisen aus dem Serviettenhalter.

So wie sie errötete, fragte er sich unwillkürlich, was sie gedacht hatte, was er meinte.

Und er wäre kein Mann, wenn ihn diese faszinierende Vorstellung nicht aus seiner düsteren Stimmung holen würde. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal eine Frau zum Erröten gebracht hatte, und er reagierte auf dieses verräterische Zeichen mit Erregung.

„Ich, ähm …“ Sie biss sich unsicher auf die Lippe, während sie ihre Gedanken zu sortieren schien. „Ich habe keinen Hunger, aber danke. Tatsächlich bin ich Ihnen hierher gefolgt, um mit Ihnen zu sprechen.“

Ach, zum Teufel. Er war noch nicht bereit, das Spiel zu beenden, das langsam interessant wurde. Aber es war eine Sache, einen Moment auf der Welle der irrigen Annahme der Frau zu reiten, er sei Carson. Eine andere war es zu lügen, und Codys Moralvorstellung ließ nicht zu, dass er so tief sank.

Das Lächeln, das so typisch für seinen Bruder war, erlosch in Codys Gesicht.

„Sind Sie sicher, dass Sie das wollen?“

„Dass ich was will?“ Sie runzelte verwirrt die Stirn.

Die Musik in der Bar wechselte zu einem alten Song von George Jones, und bei der langsamen Melodie kam ihm eine Idee, wie er eine Unterhaltung hinausschieben konnte, an der er nicht interessiert war.

„Dass Sie reden wollen.“ Er stand auf und streckte die Hand zu ihr aus. „Wir könnten stattdessen tanzen.“

Er schaute in ihre grün-goldenen Augen, wollte, dass sie Ja sagte. Sie brauchte jedoch so lange für die Antwort, dass er dachte, sie suchte nach einem guten Grund abzulehnen. Aber dann, Überraschung, umspielte ein süßes Lächeln ihre Lippen und verwandelte ihr Gesicht von hübsch in …

Wow.

Es war, als hätte jemand einen Schalter in ihr umgelegt und sie zum Leben erweckt.

„Das klingt großartig“, erwiderte sie mit einem atemlosen Lachen. „Danke.“

Sie legte ihre kühlen Finger in seine Hand, stand auf und ließ sich von ihm auf die Tanzfläche führen. Die Fläche war klein, und sie waren das einzige Paar. Cody drehte sie zu sich, dann zog er sie in seine Arme. Sie passte perfekt dorthin, auch wenn sie einen Kopf kleiner war als er. Sie hatte für ihn genau die richtige Größe, damit er sein Gesicht in ihrem Haar vergraben könnte. In den schimmernden roten Locken, die nach Blumen dufteten.

Sie legte den Kopf in den Nacken und sah ihn an, als sie begannen, sich zu der Musik zu bewegen. Sie überließ ihm die Führung, ihre Füße folgten seinen, als er sie in langsamen Kreisen über die Tanzfläche drehte.

Ein sinnliches Verlangen weckte ein neues Gefühl innerer Unruhe und erinnerte ihn an jeden einzelnen Monat, den er seit dem Ende seiner letzten Beziehung allein verbracht hatte. Zwölf insgesamt. Und er war von niemandem in Versuchung geführt worden, nachdem er die Treulosigkeit seiner Ex-Freundin entdeckt hatte – eine Untreue, die sie mit den Worten rechtfertigte, er wäre „zu kalt“, um von einer Frau geliebt werden zu können.

Heute Abend war er alles andere als kalt.

„Das gefällt mir“, sagte der Rotschopf in seinen Armen. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit einem Fremden getanzt habe.“

Fremder?

Cody hatte vermutet, dass sie ihn fälschlicherweise für Carson gehalten hatte. Kannte sie seinen Zwillingsbruder gar nicht?

„Sie haben meinen Freitagabend auch ausgesprochen verschönt. Es ist lange her, dass ich an etwas anderes als Arbeit gedacht habe.“

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Da frage ich mich natürlich, woran Sie im Moment denken könnten.“ Sie lächelte. „Vielleicht an die wundervolle Einrichtung hier? Oder ist Ihnen gerade eingefallen, wie gern Sie die Musik von George Jones mögen?“

Er lachte. „Ich finde es tatsächlich toll, wenn in einer Kneipe noch alte Klassiker gespielt werden. Aber die Kunstlederpolsterung entspricht nicht unbedingt meinem Geschmack.“ Sein Blick glitt über ihr Gesicht, und er freute sich darauf, sie wieder zum Erröten zu bringen. „Aber ich dachte gerade eher an Sie als an sonst etwas.“

Seine Direktheit überraschte sie offensichtlich. Sie knabberte kurz an ihrer Unterlippe, bevor sie seinem Blick begegnete. „Es ist lange her, dass ich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand.“

Es gab da eine Geschichte. Er hörte es in ihrer Stimme. Sah es in ihren Augen.

„Sie sind nicht liiert?“ Er musste das wissen, bevor er weitermachte. Aber sein Puls raste schon. „Ich sehe keinen Ring, aber ich muss trotzdem fragen.“

„Ich bin absolut ungebunden. Was ist mit Ihnen? Wartet niemand zu Hause?“

„Die Einzigen, die mich im Moment vermissen könnten, sind die Schäfer auf meiner Ranch, die lieber den Abend frei hätten.“ Er schwebte mit ihr über die Tanzfläche. Ihr Knie berührte ab und zu seins auf eine Art, die ihm ordentlich einheizte. „Aber keine Freundin. Keine Frau.“

Nachdem diese Formalitäten geklärt waren, konnte er den Moment einfach genießen. Das absolut unerwartete Vergnügen, eine wunderschöne Fremde in den Armen zu halten. Er wollte sie jetzt nicht loslassen. Er wollte sie mit nach draußen in die frische, vom Regen gereinigte Luft nehmen und sie küssen. Wollte herausfinden, ob sie so gut schmeckte, wie er sich das vorstellte.

„Die Sterne stehen günstig für uns, nicht wahr?“ Sie sah ihn an, ein wundervolles Strahlen in den Augen.

Er konnte sich nicht erinnern, dass ihn eine Frau jemals so angesehen hätte. Als wäre er die Antwort auf eine Frage. Eine Antwort, die ihr gefiel.

„Es scheint so.“ Er wollte sie nicht mit nichtssagenden Anmachsprüchen abschrecken und auch nicht den Anschein erwecken, als wäre er der Typ, der in einer Kneipe ständig Frauen aufriss. Aber als jetzt ein langsames Country-Liebeslied erklang, fragte sich Cody, ob er sie überreden könnte, sich auf einen Flirt einzulassen und der magischen Anziehungskraft zu folgen, wohin auch immer sie führen würde. „Und da sie das erste Mal gut für mich stehen, möchte ich Ihnen gern noch eine Frage stellen.“

Er blieb mitten auf der Tanzfläche stehen. Zog Jillian noch näher an sich und begann dann, sich unendlich langsam mit ihr zu bewegen.

Sie folgte ihm, wobei sie ihn unverwandt ansah. Sie war total auf ihn fokussiert. Ihre grün-goldenen Augen, umrahmt von dunklen, langen Wimpern, erinnerten ihn an frisches Gras und Frühling.

„Sicher. Fragen Sie.“

„Wünschen Sie sich manchmal, Sie könnten die Erwartungen, die alle Welt an Sie stellt, vergessen und einfach … einfach Ihr eigenes Abenteuer erleben?“

Sie senkte einen langen Moment den Blick. Doch als sie ihn wieder ansah, entdeckte er in ihren Augen eine vorher nicht dagewesene Neugier.

„Möchten Sie ein Abenteuer mit mir erleben?“ Sie klang ungläubig. Aber vielleicht auch interessiert.

„Ja, das möchte ich.“ Diesen unerhörten Vorschlag hätte er einer Einheimischen nie gemacht – einer Frau, die ihn oder seine Familie kannte. Doch ihr stand Touristin und vorübergehend auf die Stirn geschrieben. Bestimmt konnte es nicht schaden, den Flirt mit ihr zu vertiefen. „Was halten Sie davon, geltende Regeln einfach mal zu vergessen?“

Er ließ ihre Hand kurz los, um ihr Kinn anzuheben, um ihr Gesicht in dem schummerigen Licht auf der Tanzfläche zu sehen. Interesse blitzte in ihren Augen auf.

Er beugte sich näher zu ihr. „Erlebe heute Abend dein eigenes Abenteuer mit mir.“

2. KAPITEL

Das war Kismet.

Normalerweise war Jillian nicht der Typ Frau, der auf einen Märchenzug aufsprang. Die Krebserkrankung hatte jede romantische Vorstellung zerstört, die sie von der Welt und ihrem Platz darin gehabt hatte. Heute war sie realistisch. Und pragmatisch.

Aber wie sonst sollte sie den Vorschlag dieses Mannes betrachten, ein Abenteuer mit ihm zu erleben, und das zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben, an dem sie verzweifelt das Drehbuch ihres Lebens neu schrieb. Dieser Liste mit den Lebensabenteuern verdankte sie vielleicht sogar ihre körperliche Gesundheit.

Wenn also Carson McNeill die tiefste Sehnsucht ihrer Seele anzapfte und vorschlug, geltende Regeln einfach mal zu vergessen, dann musste es irgendwie Schicksal sein. Nenn es Vorsehung oder vielleicht Glück. Ganz bestimmt könnte sie ihre berufliche Angelegenheit vertagen – für eine kleine Weile –, um dieser unbeschreiblichen Anziehungskraft nachzugehen. Dass er von einem Abenteuer sprach, ihr persönliches Mantra in diesem Jahr, sah Jillian als den Handschuh, den das Schicksal ihr hinwarf.

Und den musste sie aufheben.

Ganz abgesehen davon, dass sie sich ungeheuer zu diesem Mann hingezogen fühlte. Sie hatte dieses heftige Verlangen nicht mehr gespürt seit … eigentlich noch nie. Dieses weiche Gefühl in den Knien war bisher einmalig. Die Benommenheit und das Kribbeln auf der Haut. Um sie herum verblasste alles.

Die Angelegenheit mit den McNeills würde warten müssen.

Und wenn es sich als Fehler herausstellte, dann würde sie einen anderen Weg finden müssen, an Cody McNeill heranzukommen. Ohne die Hilfe dieses charismatischen Bruders.

Mit anderen Worten, wenn sie diesen Moment nicht bejahte, dann würde sie es für immer bereuen.

„Ja“, sagte sie und strich über sein Flanellhemd. „Ich bin dabei.“

Autor

Joanne Rock
<p>Joanne Rock hat sich schon in der Schule Liebesgeschichten ausgedacht, um ihre beste Freundin zu unterhalten. Die Mädchen waren selbst die Stars dieser Abenteuer, die sich um die Schule und die Jungs, die sie gerade mochten, drehten. Joanne Rock gibt zu, dass ihre Geschichten damals eher dem Leben einer Barbie...
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